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Friendzone

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Friendzone

Wes war nie ein Mann der vielen Worte. Das wusste er selbst und es war mitunter eines der Gründe, warum er schon damals kaum oder gar keine Freunde hatte.

Neben der Tatsache, dass er von Natur aus eine schroffe und distanzierte Art an den Tag legte, machte die Sache natürlich nicht einfacher.

Erst als er Team Krall den Rücken zugekehrt und Rui aus den Fängen von diesen Möchtegern Kidnapper befreit hatte, lernte er was Freundschaft wirklich bedeutete.

Er konnte sich stets auf Rui verlassen. Sie gab ihm nicht nur hilfreiche Tipps, wenn Crypto-Pokémon von den gegnerischen Trainern ins Kampffeld gebracht wurden, oh nein.

Sie verpflegte seine Pokémon, kochte zwischendurch wenn es möglich war für die beiden und stand voll und ganz hinter ihm in was er tat.

Auch als sie erfahren hatte, dass er ursprünglich von Team Krall war. Sie blieb - fast wie eine Klette - bei ihm und sah stets das Gute in allem und jedem. Sogar in ihm.

Während der gemeinsamen langen Reise, gewöhnte er sich mehr und mehr an ihrer Gegenwart und die Reise zu zweit würde ab morgen ein jähes Ende nehmen.

Sie hatten alle Crypto-Pokémon eingefangen und deren Herzen befreien können, nachdem sie Cipher besiegt hatten. Es gab also keinen weiteren Grund, warum sie weiter zusammen reisen sollten.

Er war dennoch ungehalten von der Tatsache, das ab morgen sich ihre Wegen trennen würden.
 

´Aber wir werden trotzdem in Kontakt und Freunde bleiben. Dank dem P☆DA.`

Erinnerte Wes sich an ihre Worte von heute Nachmittag.
 

Freunde.... Auf einmal klang das Wort „Freunde“ für ihn abwertend. Er konnte sich auch nicht erklären warum. Er mochte es momentan einfach nicht.

Er schnalzte mit der Zunge und drehte sich auf dem Rücken. Die Arme verstaute er hinter seinem Kopf.

Nachtara wurde durch die Bewegung seines Trainers geweckt und gab ein trübes Gähnen von sich.

Wes entschuldigte sich mit einem leisen `Sorry´ und riskierte einen kurzen Blick zu Rui rüber, die in dem anderen Einzelbett lag.

Ein Seufzer entrann ihm, als er seinen Blick von ihr abwandte und gedankenverloren die Decke anstarrte. Es tat ihm einerseits Leid, dass sie selbst in der letzten Nacht indem sie gemeinsam reisten, wieder in dem schäbigen Hotel von Pyrite übernachten mussten. Das Geld reichte nun mal nicht aus, um ein etwas exquisites Etablissement unter zukommen. Stattdessen wurde das Geld für Pokébälle und Items ausgegeben, die sie halt eher benötigten.
 

Wes kniff geblendet seine bernsteinfarbenen Augen zu, als plötzlich die Nachttischlampe anging.

„Kannst du nicht schlafen, Wes?“, erklang eine schläfrige feminine Stimme, die zu Rui gehörte.

Wes packte sich mit Daumen und Zeigefinger am Nasenrücken.

„Ich denke nach.“ , antwortete er ihr schlicht. Rui rieb sich schlaftrunken die Augen und setzte sich aufrecht.

„Worüber?“, wollte sie neugierig wissen und Wes schlug sich innerlich gegen die Stirn, als er ihr keine Schroffe Antwort gab.

„Ist nicht von belangen. Leg dich wieder hin.“, befahl er ihr mürrisch und kehrte ihr den Rücken zu. „Es wird morgen eine lange Fahrt nach Agate Village. Wir brauchen den Schlaf.“, ließ er sie wissen und Nachtara, der anscheinend die Bewegung seines Meisters satt hatte, hüpfte vom Bett seines Trainers runter, um auf das von Rui zu klettern. Dort murmelte er sich neben Psiana hin.

Schwermütig verzog Rui ihren Mund zur rechten Seite und starrte stur den Hinterkopf von ihrem Partner an.
 

Sie gab sich eigentlich nicht mit dieser Antwort zufrieden, aber extra nachbohren und einen sauren Wes wollte sie auch nicht riskieren. Sie würde einfach morgen nach horchen, was sein Anliegen war.

„Du hast Recht.“, gab sie stattdessen müde von sich und schaltete die Lampe aus, bevor sie sich erneut hinlegte.
 

Wes lag währenddessen unzufrieden auf der Seite und ließ seine Augen für einen Augenblick nach links wandern, eher er diese vor Müdigkeit schloss.
 

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Wes war angenervt. Seitdem sie aus dem Hotel ausgecheckt hatten und mittlerweile seit drei Stunden mit seinem Motorrad unterwegs sind, redete Rui wie ein Wasserfall. In der Regel machte ihm das auch nichts aus. Doch sie faselte wirres Zeug, was er vorher von ihr nie gehört hatte. Irrelevante Informationen, wie „Ist das Wetter nicht herrlich?“ oder „Ich glaube, das ich übermorgen meine Periode bekomme.“ interessierten ihn nicht sonderlich. Warum erzählte sie ihm das überhaupt mit ihrer Periode? Was sollte er ihrer Meinung nach mit dieser Information tun?

Allgemein verwirrte ihr Geplapper ihn total.

„Weißt du, Wes.“, begann sie ihren Satz und sah ihn an.

„Ich werde es ganz schön vermissen mit dir zu reisen. Du bist zwar Wortkarg, aber deine Nähe genieße ich schon.“, sie wurde daraufhin von Psiana und Nachtara angestupst, die sich ebenfalls in dem Anhänger befanden.

„Natürlich werde ich euch auch vermissen.“, damit streichelte sie über die Köpfe der beiden Pokémon und lächelte sanft.

Wes schenkte ihr einen kurzen Seitenblick und seine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben.

„Wes? Du bist echt ein klasse Freund.“, gestand sie ihm ehrlich und prompt waren seine Mundwinkel im Keller gelandet.

Dabei dachte und erhoffte er sich, dass sie endlich etwas von Belangen reden würde.

Er ließ den Motor aufheulen und gab abrupt Gas, womit er seine Pokémon, sowie Rui, die ihn argwöhnisch musterte, überraschte.
 

´Was war bloß in ihn gefahren?`
 

Bevor sie losgefahren sind, hatte sie ihn auf gestern Nacht angesprochen. Er winkte darauf nur ab, bezahlte die Übernachtung und zog sich kurzerhand die Schutzbrille auf.

Direkter gesagt: Er hatte sie danach völlig ignoriert und nun versuchte sie ihn in eine Konversation zu bringen.

Da war ihr jedes Thema recht!

Wobei... bei genauerer Überlegung hätte sie ihre Periode einfach nicht mit einbeziehen sollen.

Aber das ist nun Nebensache. Sie würde sobald sie in Agate ankommen ihn zur Rede stellen. Sie wollte doch nicht im Streit von ihm Abschied nehmen. Sie kraulte Psiana hinter ihr Ohr und sah Wes nachdenklich an.
 

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Nach knapp viereinhalb Stunden Fahrt kamen sie auch endlich am Zielort an.

Ihre Großeltern hießen sie herzlich Willkommen und luden beide zum Mittagessen ein.

Während des Essens erzählte Rui ausführlich über ihr Abenteuer mit Wes und fügte hier und da ein paar -für sie- witzige Erinnerungen dazu.

Ihr Großvater Eagun lachte herzlich auf.

„Es freut mich sehr zu sehen, das du Spaß während eurer Reise hattest Rui und ihr beide so gut befreundet seid.“, Rui nickte zustimmig zu und lächelte, während Wes angespannt die Tomate mit der Gabel aufspießte.

Sie bemerkte seine Verkrampfung und beschloss deshalb nur noch zu sprechen, wenn sie angesprochen wurde. Danach herrschte Stille am Tisch, bis es Zeit war für Wes zu gehen.

Wes hatte sich höflich von Rui´s Großeltern verabschiedet und marschierten gemeinsam den Weg runter zu seinem Transportmittel.

Unten angekommen, drehte Wes sich zu Rui um und betrachtete sie gleichgültig.

„Das war´s dann wohl...“, bemerkte Wes und kratzte sich mit der linken Hand am Kopf.

„Scheint so.“, Rui versteckte ihre Arme hinter ihrem Rücken und lächelte ihn geknickt an.

„Na dann. Mach´s gut.“, er verabschiedete mit einem Zweifinger Salut und zog sich seine Brille auf. Seine beiden Pokémon saßen bereits in dem Anhänger drin und musterten interessiert ihren Meister und Rui.
 

Kurz bevor er sich auf sein Bike aufsetzen konnte, wurde er hektisch am Oberarm gepackt und nach hinten gezogen.

„Warte!“, Wes hob fragend eine Augenbraue in die Höhe. Er wollte eigentlich so schnell wie möglich weg, bevor er es sich anders überlegte.

„Wieso hast du es so eilig? Bist du sauer auf mich?“, wollte sie plötzlich von ihm wissen.

„Nein. Wie kommst du darauf?“ , antwortete er ruhig und kassierte von ihr einen strengen Blick.

„Wie ich darauf komme? Du hast mich seit dem wir aus dem Hotel raus sind ignoriert und an geschwiegen. Und gestern Abend warst du so...komisch. Du bist mein bester Freund! Du kannst mir doch alles sagen.“, Wes kaute bei dem letzten Satz auf seine Unterlippe herum.
 

„Hab ich etwas falsch gemacht, das du mich nun so strafst?“

„Es ist nichts! Du hast überhaupt nichts falsch gemacht!“, fuhr er sie forsch an und sie trat einen Schritt zurück.

„Warum dann deine desinteressierte Art gegenüber mir? Ich verstehe das nicht. Ich dachte, wir wären Freunde.“

Wes knirschte mit den Zähnen und ballte seine Hände zu Fäusten.

In seinem Hirn brannte eine Sicherung durch. So hatte er auf jeden Fall das Gefühl, als er folgende Worte zu ihr sprach.

„Vielleicht will ich deine Freundschaft nicht?!“, bestürzt starrte Rui ihn an. Hatte sie richtig gehört?

„Ich will keine Freundschaft zwischen uns. Das wollte ich nie.“, gestand er bitter und Rui war den Tränen nahe.

„Warum sagst du so was?“, ihre Stimme bebte förmlich und sie hob zittrig ihre Hände vor der Brust.

Wes schwieg sie aber an und wandte seinen Kopf in eine andere Richtung.

Er riss danach kurzerhand seine Schutzbrille von seinem Kopf herunter und warf diese achtlos zu Boden.

„Du hast drei Sekunden, um mir ins Gesicht zu schlagen.“, sichtlich verwirrt starrte Rui ihren Partner an.
 

„Wa-..was?“, doch bevor sie realisierte was als nächstes geschah, war es bereits zu spät.

Wes eilte auf sie zu, umfasste mit seinen Händen etwas grob ihr Gesicht und presste hart seine Lippen auf die ihre.

Nach fünf Sekunden ließ er von ihr ab und nahm ein Stück Abstand.

„Eins...“, fing er an zu zählen und Rui war durcheinander wie noch nie.

„Zwei...“, zählte er weiter und Rui´s Wangen wurden knall rot.

„Huh?...Ich..ich mein. Du....ich...“

„Drei.“, immer noch perplex, blinzelte Rui ihn an und wusste nicht wirklich mit sich anzufangen.

„Ich hab bis drei gezählt und du hast keinen Anstand gemacht, mir eine Backpfeife zu verpassen. Dann werde ich....“, er beugte sich erneut zu ihr hinab und wie in Trance fielen ihr langsam die Augenlider zu, als er mit der rechten Hand ihr Kinn umschmiegte und diesmal behutsam sie küsste.

In der Reflektion des silbernen Visier´s sah man, wie Rui ihre Arme um seinen Körper schlang und ihn näher an sich heran presste.
 

Psiana hielt ihre Pfoten vor ihren Augen, während Nachtara teilnahmslos diese verdrehte und müde sich hinlegte. Rui war diesmal diejenige, die den Kuss unterbrach und Wes einen überwältigenden Blick schenkte. Er indes fuhr sich mit der flachen Hand durch sein Haar und leckte sich über seine Lippen.

„Ich will auch keine Freundschaft mit dir.“, verkündete sie und umarmte ihn holprig.

Verwundert über ihre Aussage weitete er seine Augen und Rui blickte zu ihm hinauf.

„Nimm mich auf deinen Reisen mit! Ich möchte an deiner Seite bleiben!“

Wes war nun an der Reihe perplex sie anzublinzeln. Mit so einer Reaktion von ihr hatte er nicht erwartet.

„Bist du dir sicher, dass du das willst?“, fragte er skeptisch und sie nickte nur energisch mit dem Kopf auf und ab.

„Mehr als alles andere auf der Welt!“

Selbstsicher grinste er sie an.

„Dann geh nach oben und pack fix deine Sachen.“, ihre Augen leuchteten auf.

„O...okay!“ , sie drehte sich um und fing an zu laufen. Blieb kurz daraufhin stehen und sah hinter sich.

„Und du fährst auch nicht ohne mich los?“ Er gab ihr lediglich den „Ist das dein Ernst?“ Blick und überkreuzte seine Arme vor der Brust.

Verlegen kicherte sie und rannte damit den Hang nach oben.
 

Wes schaute zu seinen Pokemon hinüber. Psiana miaute fröhlich ihrem Trainer zu, was man von Nachtara nicht erwarten konnte. Er gähnte gelangweilt und warf seinen Trainer einen spöttischen Blick zu.

Wes selber gab Nachtara einen überschwänglichen Blick und hob sein Visier vom Boden auf.

Den Dreck der sich darauf befand wischte er mit einer lockeren Handbewegung weg und setzte sie auf seinen Kopf.

Angestrengt rieb er sich anschließend am Kinn.

Wenn er jetzt richtig kombinierte.... ist er ab sofort nicht mehr Solo. Er war nun in einer Beziehung!

Enthusiastisch ballte er seine Hände zusammen und grinste.

Aber wartet mal....

Was macht man eigentlich in einer romantischen Beziehung? Gab es da eine Art Etiquette?

Ermüdet rieb er sich die Schläfen. Solange es nicht so anstrengend wird, sollte das kein Problem für ihn darstellen.
 

„Wes!“, auf flinken Füßen eilte sie den Hang hinunter und blieb wenige Meter vor ihm stehen.

„Du bist ja noch da.“, stellte sie verblüfft fest und lächelte breit.

„Ja, danke ebenfalls für dein Vertrauen.“, entgegnete Wes ihr trocken sarkastisch und setzte sein Visier über die Augen auf.

„Sorry. Ich dachte bloß...“

„Das ich die verarschen wollte? Dein scheiß ernst, Rui? Hätte ich das tatsächlich vorgehabt, wäre ich bereits seit Monaten über alle Berge.“ , erwiderte er ihr mürrisch und stieg auf sein Motorrad auf.

Sie zog einen Schmollmund und legte ihren Rucksack in den Fußraum des Anhängers.

Wes sah ihr dabei zu und schmunzelte leicht, als sie nicht so recht wusste, wie sie nun in den Anhänger steigen sollte.
 

Sie wollte ja nicht Nachtara wecken und Psiana verscheuchen.

„Rui. Beweg´ deinen Hintern zu mir rüber.“, befahl er ihr und grinste schelmisch.

Misstrauisch ging sie um das Zweirädrige Gefährt herum und zögerte.

„Na los!“, drängte er sie und wie von einer Tarantel gestochen setzte sie sich hinter ihm.

Die Wangen mit einem leichten Rotton übersät, wartete sie darauf das Wes los fuhr.

„Du musst dich schon an mir festhalten.“, bemerkte er belustigt.

„Oh...“, peinlich berührt umschlang sie ihre Arme um seinen trainierten Oberkörper und lehnte sich an ihm an.

Sie war heilfroh, dass er momentan ihr Gesicht nicht sehen konnte. Es würde sicherlich farblich die einer Tomate gleichen. Ein liebevolles Lächeln umschmeichelte ihre Mundwinkeln.
 

Wes ließ den Motor an und neigte etwas seinen Kopf in ihre Richtung.

„Sag mal, Rui.“

„Mhm?“

„Was haben deine Großeltern eigentlich dazu gesagt?“

„Das ich mit dir gehen werde? Das war für die in Ordnung. Sie vertrauen dir.“

„Nein. Ich meine wegen uns?“, erstaunt spitzte sie die Lippen.

„Nun. Opa Eagun sagte zu mir, dass wir es nicht übertreiben und vorsichtig dabei sein sollten.

Was auch immer das heißen mag.“, Wes nickte nur verständlich.

„Ja ja. Ich pass´ schon auf. Wann war noch mal deine Periode?“, witzelte er und erhielt ein verwirrtes „Was?“ ihrerseits.

„Was?“, tat er ahnungslos und fuhr los.

Irritiert zuckte Rui die Schultern und genoss einfach den Fahrtwind sowie seine Nähe.
 

Wes grinste triumphierend.

Hauptsache, er war nicht mehr in dieser komischen und für ihn nicht toleranten Friendzone.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Blue_StormShad0w
2018-08-01T07:34:12+00:00 01.08.2018 09:34
Guten Morgen.
Eine tolle, kleine Story!
Die Handlung zwischen Wes und Rui hier war wirklich toll beschrieben. Auch waren auch einige sehr unterhaltsame Stellen dabei, die einen echt zum schmunzel brachten. (^~^)
Einfach toll nur!
Antwort von:  Cairichi
01.08.2018 12:17
Guten Tag! Vielen lieben Dank für dein Feedback.
Es freut mich echt zu hören, dass dir der OS gefallen hat. :)


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