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Was, wenn?
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Nur der Übersicht halber ... Wir setzen nach dem großen öffentlichen Streit ein.^^
Und ich möchte kurz vorwarnen, dass hier einige abstruse Theorien vorkommen, die vermutlich mit der Realität nichts zu tun haben.^^
Letzte Vorwarnung: Auftritt Juno! Komplett anzeigen

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... Und andere Probleme III

Diesmal versuchte Sephiroth es gar nicht erst mit Schlaf. Nachdem er seinen Teil erst von Natt und dann von Rufus hatte einstecken müssen, ohne etwas dazu sagen zu können, hatte er die Feier verlassen, ohne sich bei jemandem zu verabschieden. Er war in seine kleine, dunkle Wohnung zurückgekehrt, wo er allein sein konnte. Ohne Licht einzuschalten, sah er vom Fenster aus in die Dunkelheit Midgars herab und versuchte, an nichts zu denken, nichts zu fühlen, nicht daran zu denken, wie sie an diesen Punkt geraten waren. Stunde um Stunde verging, doch der Himmel blieb dunkel; die Nacht war lang.

Tief in seinem Gedankenmorast versunken, fuhr Sephiroth zusammen, als plötzlich das Licht in der Wohnung anging; er wirbelte alarmiert herum, das Herz schlug ihm bis zum Hals – doch es war nur Natt. Er war frisch bis zur Haarwurzel erblondet und er sah schuldbewusst drein. Sephiroth war überrascht, dass Natt ihn aufsuchte. Er sah seinen Mann fragend an. Der sagte nach ein paar Momenten der Stille: „Können wir reden?“

Sephiroth wies mit der Hand auf den Tisch zwischen ihnen. Sie setzten sich nebeneinander. Sephiroth wartete. Natt biss sich auf die Lippe und seufzte.

„Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll“, fing er an. Sephiroth wunderte das. Er hatte doch vorgeschlagen zu reden. Zögerlich fuhr Natt fort: „Es ist nur ... Ich kann überhaupt nicht glauben, dass ich das vorhin war. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.“

„Es ist ok“, erwiderte Sephiroth reflexartig. Er hatte schon längst sein Mantra entwickelt, um mit Natts Wut umzugehen.

„Sag das nicht immer“, widersprach ihm Natt; es war eine Bitte. „Es ist nicht ok. Gerade ich sollte ausgerechnet zu dir nicht so sein.“

Sephiroth schaute seinen Mann ausdruckslos an. „Das läuft jetzt seit zwei Jahren so.“

„Ja, ich weiß“, sagte Natt; seine Stimme brach und er vergrub das Gesicht in den Händen. Sephiroth sah ihm zu, tat aber nichts. Er konnte nicht mehr. Es dauerte, bis Natt die Hände wieder vom Gesicht nahm und Sephiroth mit einem verzweifelten Blick fixierte. „Kann ich mich irgendwie bei dir entschuldigen?“ Es entstand eine Stille, in der Sephiroth auf den Tisch zwischen ihnen starrte. Er wusste keine Antwort. Ihm fielen fast die Augen zu. „Sag doch bitte was“, sagte Natt und holte ihn aus seinen Gedanken.

Sephiroth sah Natt in die großen braunen Augen, in denen Schuld und Tränen glitzerten; einen solchen Blick hatten sie schon lange nicht mehr geteilt. Natts Gesicht war fahl; Sephiroth mochte es sich einbilden, doch es kam ihm vor, als würden sich bereits die ersten Falten abzeichnen; doch die Lippen erinnerten ihn doch an etwas ... und diese Augen ... sie waren es gewesen, was er vor fünf Jahren zuerst an Natt bemerkt, was ihn zuerst an ihm gefesselt hatte. Wenn er sich seinen Mann anschaute, konnte er nicht anders, als zu lächeln. „Ich liebe dich“ war alles, was ihm zu sagen einfiel.

Natts Augen weiteten sich vor Überraschung. „Nach allem“, sagte er mit erneut brüchiger Stimme, „nach allem, was ... passiert ist, ... sagst du ... das?“ In dankbarer Ungläubigkeit traten ihm Tränen in die großen Augen.

„Wenn es nun mal die Wahrheit ist“, sagte Sephiroth schulterzuckend. Natt lächelte ihn in endloser Liebe an, während ihm stille Tränen des Glücks die Wangen herabliefen. Auch Sephiroth war gerührt. Er nahm Natts Hand sanft in seine und hauchte ihm einen zarten Kuss auf die Finger. In der gelösten Stimmung ihrer Versöhnung spürte er die bleierne Müdigkeit auf seiner Brust zurückkehren. „Und wie wär’s, wenn du mich jetzt schlafen gehen lässt? Am besten nehm ich mir morgen frei und dann ... schauen wir weiter ...“

Natt nickte in seinem stummen Glück. Selig lächelnd ließ sich Sephiroth von seinem Mann zu Bett bringen und innerhalb kürzester Zeit war er, Natt fest im Arm haltend, in einen friedlichen Schlummer hinübergeglitten.
 

Als Sephiroth aufwachte und nach draußen schaute, war die Sonne schon deutlich in Richtung Westen unterwegs. Verwundert stand er auf und verließ das Schlafzimmer; am Küchentisch saß, noch nicht ganz angezogen, Natt mit einer Tasse Kaffee. Er schmunzelte ihn an. „Das waren jetzt locker über zwölf Stunden“, sagte er.

Sephiroth fuhr sich durchs Haar. „Das werd ich dann wohl auch gebraucht haben“, sagte er und unterdrückte ein Gähnen. „Und du wirst es nicht glauben, ich fühl mich immer noch wie gerädert.“

„Ich mach dir ‘nen Tee?“, fragte Natt.

„Und ich geh ins Bad“, sagte Sephiroth mit einem Nicken. Als er später vor einer dampfenden Tasse Tee und einer großen Schüssel Müsli saß, wurde Natt plötzlich wieder ernst.

„Ich bin froh, dass du wieder mit mir redest“, sagte er.

„Was, ich mit dir?“, fragte Sephiroth und nahm den Löffel zur Hand. „Ich bin froh, dass du wieder mit mir redest – ohne mich gleich anzumaulen.“

Natt blickte schuldbewusst drein. „Das mit gestern tut mir leid.“

„Ist ok“, beschwichtigte ihn Sephiroth.

„Ich sag doch, du sollst das nicht sagen“, widersprach ihm Natt, der offenbar nicht aus seiner Schuld entlassen werden wollte. „Ich hoffe, das hatte keine Konsequenzen.“

Sephiroth seufzte. „Nach dir hat mich auch noch Rufus zusammengefaltet.“

„Oh.“ Natt sah aus, als ob es ihm wirklich arg leidtun würde. Er runzelte die Stirn. „Mir ist klar, ich hätte mich von Anfang an nicht so verhalten sollen, aber vielleicht brauchte es diesen Tiefpunkt gestern, damit es ... aufhört ... Es tut mir wirklich leid.“

„Schatz, wenn du nicht willst, dass ich sage, dass es ok ist, solltest du vielleicht aufhören zu sagen, wie leid es dir tut. Wir sind verheiratet, du musst dich doch bei mir nicht entschuldigen.“ Er nahm einen Schluck Tee und musterte Natt über den Rand der Tasse.

„Aber es kann ja wohl auch nicht einfach so alles wieder gut sein“, warf Natt ein.

Sephiroth seufzte und setzte die Tasse auf dem Tisch ab; er fuhr mit dem Finger über den Rand, während er überlegte, was er sagen sollte. „Was ich mir wünschen würde“, setzte er langsam an, nachdenklich, „wäre, dass wir das zusammen durchstehen. Nicht du leidest und ich bin schuld daran – wir leiden beide. Wir sitzen beide im selben Boot und keiner ist schuld daran, aber wir müssen zusammenhalten. Das ist alles. Wir haben uns dazu entschieden, und zwar zusammen, und jetzt ziehen wir das auch durch, zusammen.“

„Ich bin froh, dass du das sagst“, sagte Natt und Sephiroth ahnte, dass mehr dahintersteckte.

„Ach ja?“, fragte er daher.

„Ja, ich hab heute Morgen Neuigkeiten bekommen“, sagte Natt lächelnd. „Es gibt ein Schlupfloch.“

Sephiroth schnaubte. „Wie es schon Hunderte Schlupflöcher gab.“

„Ich vertraue meinem Informanten“, protestierte Natt.

„Dir würde ich auch sofort vertrauen, aber irgendeinem ‚Informanten‘, der irgendwo irgendwas gehört hat ...“

„Mein Informant“, sagte Natt und verschränkte selbstsicher die Arme, „ist sehr zuverlässig, weil er selbst Erfahrung hat.“

Damit hatte Sephiroth nun nicht gerechnet. „Ach ja?“, fragte er. „Was soll das also für ein Schlupfloch sein?“

„Na ja, es geht im Grunde um so eine Art Notfallpflege.“

„Was soll das sein?“ Sephiroth verstand eher Bahnhof.

„Ich weiß nicht, ob das ein Fachbegriff ist, aber es gibt Kinder, die in ihren Familien als akut gefährdet eingestuft werden, und die werden schnellst möglich aus dem Umfeld entfernt und dann in Notfallpflege gegeben, normalerweise nur für Wochen oder mal Monate, bis eine dauerhafte Pflegefamilie gefunden ist. Aber wenn man ein Kind im Notfall zur temporären Pflege übernommen hat, kann man es auch zur dauerhaften Pflege dabehalten und wenn es erst mal so weit ist, kann man es auch relativ leicht adoptieren.“

„Und was hat das mit uns zu tun?“, fragte Sephiroth, dem noch nicht ganz klar war, worauf Natt hinauswollte.

„Na ja, die Richtlinien, was Kinder in Pflege angeht, sind ganz andere als die zur Adoption – das heißt, auch wir sind berechtigt, ein Kind in Pflege zu nehmen.“

„Was, wirklich?“, fragte Sephiroth erstaunt.

„Ja“, bestätigte ihm Natt. „Siehst du, das hast du auch nicht gewusst. Und der Punkt, um den es am Ende geht, ist, ein Kind von Eltern, die es normalerweise zur Adoption freigeben würden, offiziell als Notfall als Pflegekind zu übernehmen. Dafür braucht man natürlich auch die richtigen Behörden, die mitspielen, und mein Informant hat mir Adressen von Behörden geschickt, die da eher kooperativ sind.“

„Ich mag deinen Informanten“, sagte Sephiroth anerkennend.
 

„So was ist wirklich möglich?“, fragte Sephiroth Genesis.

„Ja, das ist das bekannteste Schlupfloch, das zurzeit existiert“, bestätigte ihm Genesis. „Es gibt einen inoffiziellen Deal zwischen den biologischen und den künftigen Adoptiveltern, die Behörden bescheinigen offiziell einen Notfall, das Kind geht in temporäre Pflege über, dann in dauerhafte und zum Schluss können viele Paare ihr Kind adoptieren.“

„Ich hab noch nie davon gehört“, sagte Sephiroth erstaunt.

„Tja, Seph“, sagte Genesis, wie so häufig in einem überlegenen Tonfall, „seit wann interessierst du dich auch für Adoption?“

„Ähm“, machte Sephiroth ratlos.

„Schon gut“, beschwichtigte ihn Genesis und tätschelte ihm die Hand. „Trink du mal deinen Wein.“

Sephiroth verzog das Gesicht. „Vielleicht ist es besser, wenn nicht. Ich glaube, ein bisschen Brot ist noch übrig ...“
 

„Fehlen nur noch Eltern, die ihr Kind auf diese Weise in Pflege geben wollen“, gab Sephiroth zu bedenken, „die sind bestimmt nicht so einfach zu finden.“

„Ach, da bin ich mir nicht sicher“, winkte Natt ab. „Wenn man die richtigen Leute fragt, findet sich alles an.“

„Du bist ziemlich zuversichtlich“, staunte Sephiroth.

„Na ja, findest du das nicht auch einen ziemlichen Zufall?“, fragte Natt. „Wir vertragen uns, die Nachricht trifft ein. Vielleicht soll es jetzt endlich funktionieren.“

„Schatz“, sagte Sephiroth seufzend und legte seine Hand auf Natts, „bitte mach dir nicht schon wieder so große Hoffnungen. Ich kann es nicht ertragen, wenn sie schon wieder enttäuscht werden.“

Trotzdem bemühte Natt sich umgehend um Termine bei den ihm genannten Behörden, während Sephiroth sich bis zum Anfang des folgenden Jahres freinahm. Er begleitete Natt zu mehreren Beratungen, in denen ihnen im Grunde das Gleiche erzählt wurde, was auch schon Natt ihm gesagt hatte; daraufhin wurden sie vertröstet, man werde sie im Hinterkopf behalten, wenn sich etwas ergeben würde. Sie waren bereits bei ihrem sechsten Termin und der Umgang mit Natt war wieder deutlich schwieriger geworden, als sie zum ersten Mal eine interessante Information erhielten.

„Wir hätten da tatsächlich ein junges Mädchen“, sagte die Sachbearbeiterin. „Sie hat sich gerade gestern gemeldet.“

„Ein Mädchen? Armes Ding“, sagte Natt mitfühlend.

„Ja, sie ist gerade erst 16 und recht verzweifelt, aber auch ziemlich stur, von dem, was ich mitbekommen habe. Vielleicht könnte ich mit ihrem Einverständnis ein privates Treffen für Sie vereinbaren, aber Sie werden sicher verstehen, dass ich das Mädchen zuerst fragen muss. Wären Sie bereit, Kontaktdaten zu hinterlassen?“
 

Und plötzlich ging alles ziemlich schnell. Es war der Vater des Mädchens, der sich bei ihnen meldete, um ein Treffen zu vereinbaren, das bei Natt und Sephiroth stattfinden sollte; das Mädchen, Juno, und ihr Vater erschienen und Natt, so aufgeregt er gewesen sein mochte, entwickelte sofort einen Draht zur ziemlich taffen Juno. Während Natt ihr erklärte, dass sie es seit über vier Jahren erfolglos versuchten, machte Juno es sich auf ihrem Sofa gemütlich, als wäre sie bei sich zu Hause. Die Schwangerschaft sah man ihr noch nicht an, aber Sephiroth spürte, dass sie versuchte, erwachsen zu sein und Verantwortung zu übernehmen.

Das Mädchen war ihm sympathisch und Sephiroth bot ihr alles Mögliche an, um ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. „Du bist schlimmer als meine Mutter“, sagte sie irgendwann gelöst lachend.

Auch Natt gluckste. „Beste Voraussetzungen, oder?“

Sephiroth verabschiedete sich in die Küche, um mehr Tee zu kochen. Er hatte das Gefühl, das Treffen verlief gut. Natt und Juno verstanden sich gut, Junos Vater wirkte auch ganz zufrieden. Man hatte sich aber darauf geeinigt, dass nicht alles sofort entschieden werden müsse. Beim Abschied wirkte Juno aber ganz positiv. „Ich denke, ihr seid ganz cool“, sagte sie anerkennend nickend. „Von mir aus steht nichts im Weg, ich will einfach dieses Ding in meinem Bauch loswerden.“

„Schön, wie liebevoll du von deinem Kind sprichst“, scherzte Natt.

Juno warf ihrem Vater einen Blick zu. „Wenn alles glatt läuft, ist es euer Kind.“

Sephiroth spürte, wie Natt neben ihm erstarrte. Er legte ihm einen Arm um die Taille und sagte zu Juno: „Das musst du alles noch nicht heute festlegen. Schlaf noch mal drüber, aber wenn du dich entschieden hast, sind wir hier.“

„Jo, dann“, sagte Juno, „bis spätestens zur Geburt, denk ich.“ Sie und ihr Vater wandten sich zum Gehen und Sephiroth schloss leise die Tür hinter ihnen. Er wandte sich Natt zu.

„Hast du das gehört?“, hauchte der. „‚Unser Kind‘?“

Sephiroth nahm Natt sanft in den Arm. „Ja, hab ich. Zum ersten Mal.“

Natt standen Tränen in den Augen. „Ich wünsche mir so sehr, dass es klappt.“

„Ich mir komischerweise auch“, gab Sephiroth zu. „Hätte ich nicht gedacht.“ Natt boxte ihm liebevoll gegen die Brust.
 

Es vergingen ein paar Wochen, in denen sich Natt noch ein paarmal mit Juno traf, bevor endgültig feststand, dass sie Junos Kind, sollte es einmal auf der Welt sein, in mehreren Schritten adoptieren würden. Natt überraschte Sephiroth mit der Nachricht, als er erneut eines Freitags nach Hause kam und endlich gingen sie wieder dazu über, etwas nach ihrer Art zu feiern. Als Sephiroth aus seinem dösigen Zustand erwachte, lag Natts Kopf ruhend auf seiner Brust und seine Finger spielten mit Sephiroths Haar. „Darf ich dann jetzt eigentlich endlich meinen Leuten was davon erzählen, dass wir adoptieren?“, fragte er.

„Noch hat sie das Kind nicht bekommen“, sagte Natt streng. „Und noch befindet es sich auch nicht in unserer Obhut.“

„Also nein?“ Natt nickte ihm bestätigend zu. „Seit über vier Jahren belüge ich Freunde und Kollegen, du weißt, du verlangst viel von mir.“

Natt richtete sich auf und schaute ihn direkt an. „Wenn alles klappt, sind es noch ein paar Monate, gedulde dich.“

„Also geh ich einfach eines Tages zur Arbeit und erzähle: ‚Ach, übrigens, mein Mann und ich, wir haben jetzt ein Kind.‘ Oder was?“

„Ja, exakt“, sagte Natt. „Das hast du sehr gut verstanden.“

Natürlich kam Cloud trotzdem nicht umhin, etwas zu merken. „Du bist ja wieder so gut gelaunt“, stellte er eines Tages in der Teeküche fest. „Was ist los?“

„Ja, wir verstehen uns zu Hause endlich wieder gut“, gab Sephiroth zu, „aber ich darf dazu nichts weiter sagen.“

Cloud machte große Augen. „Wovon nichts sagen?“

„Cloud, das ist gerade der Sinn daran, dass ich nichts sage“, erinnerte ihn Sephiroth etwas genervt.

„Ich dachte, wir sind beste Freunde!“, entrüstete sich Cloud.

„Schon, aber ich komm aus einer sehr stressigen Zeit. Ich will’s mir nicht schon wieder verscherzen, es läuft so gut.“

„Dafür“, sagte Cloud mit allem Ernst, den er aufbringen konnte, „wirst du in der Hölle schmoren, das weißt du.“

„Ich glaube, ich schmore schon für meinen ganzen Lebensstil in der Hölle.“
 

Als Sephiroth an diesem Freitag recht spät nach Hause kam, fand er Natt bereits mit einem Glas Wein auf dem Sofa im Wohnzimmer sitzend vor; er wirkte etwas verstimmt. „Juno hat Ultraschallbilder geschickt“, sagte Natt auf Nachfrage, was nicht stimme.

„Aber das macht dich doch nicht niedergeschlagen.“

„Nein, das natürlich nicht“, räumte Natt ein. „Es ist ein Mädchen und Juno will sie Léa nennen, wenn wir einverstanden sind.“

„Léa“, wiederholte Sephiroth. „Ist doch ein ganz netter Name, oder nicht?“

„Ja ...“, sagte Natt langsam. „Ich hab nur Angst, dass sie doch eine Bindung zu dem Kind aufbaut und es am Ende behalten will.“

„Dann ist das so“, sagte Sephiroth, „du kannst rechtmäßigen Eltern nicht das Kind wegnehmen.“

„Nein, natürlich nicht“, stimmte Natt zu. Es entstand eine Pause, in der Natt an seinem Wein nippte und Sephiroth musterte. „Wie kannst du da nur so ruhig bleiben?“, fragte er.

„Das macht das Alter“, sagte Sephiroth leichthin. „Hör mal, und wenn sie doch eine Bindung zu ihrer Tochter aufbaut und sie behält, dann ist das ok, dann stehen wir immer noch ohne Kind da, ja, aber dann kennst du zumindest einen recht zuverlässigen Weg, ok?“

Sephiroth sah Natt an, dass er unter der Ungewissheit litt. „Wir sind so nah dran.“

„Richtig, das sind wir. Es sind noch ein paar Monate, also gedulde dich.“
 

Léa kam etwas später als erwartet im August. Junos Vater sagte ihnen Bescheid, als es nach beinahe einem Tag Wehen bei Juno fast so weit war. Nachdem Juno Léa tatsächlich gesund und munter zur Welt gebracht hatte und auf ein Zimmer gebracht worden war, warteten Natt und Sephiroth, mit ihr sprechen zu können; offiziell hatten sie noch kein Recht auf Léa. Sephiroth spürte Natts Anspannung, als sie auf Junos Zimmer gelassen wurden; jetzt entschied sich, ob sein Plan aufgehen würde oder nicht.

Juno sah furchtbar mitgenommen aus; ihr verschwitztes Haar war noch nicht ganz getrocknet und sie war immer noch von der Anstrengung gezeichnet. Und doch schenkte sie ihnen ein schwaches Lächeln, als sie zu ihr kamen. „Wie geht’s dir, Juno?“, fragte Natt mit einem mitfühlenden Lächeln.

Juno stöhnte zur Antwort. „Ich will nie wieder ein Kind bekommen“, sagte sie dann noch. Sie nahm Natts Hand. „Ich glaube, sie haben sie zu den andern Babys gebracht.“

„Heißt das“, fragte Natt und Angst und Freude schwangen in jeder Silbe mit, „der Deal steht noch?“

Juno wirkte überrascht. „Ja, klar. Die Frau vom Jugendamt hat gesagt, wir machen das mit der Geburtsurkunde zusammen.“

Natt war erstarrt vor all den Emotionen, die auf ihn einstürmten. Alles, was er herausbrachte, war ein ehrliches: „Danke, Juno.“

„Ich danke euch“, sagte Juno, immer noch verwundert.

Sephiroth legte seinem Mann eine Hand auf die Schulter. „Komm, wir gehen sie mal suchen; du weißt doch bestimmt schon ganz genau, wo die Neugeborenenstation ist.“ Er zwinkerte Juno zu und gemeinsame mit Natt verließ er das Zimmer. Sie wechselten die Etage und betraten den Gang der Station, die sie anpeilten. Ein paar Schritte den Gang entlang fanden sie das Zimmer mit den Neugeborenen. Sephiroth warf einen Blick durch die Glasscheibe und entdeckte seine Léa fast sofort; sie war noch ganz verschrumpelt und rot und er hätte selbst ein ganz neugeborenes Kind nie für so klein gehalten, aber sie war wirklich winzig. Eine Schwester sprach sie an; sie wusste offenbar Bescheid und ließ sie zu ihrer Tochter durch.

Sephiroth sah Natt an, wie vollkommen und endgültig überwältigt er war, als er ihre Tochter nach beinahe fünf Jahren zum ersten Mal auf den Arm nehmen konnte. Er sprühte förmlich über vor Liebe und hielt Léa ganz nah an sich. Und auch Sephiroth konnte es kaum fassen. Er hätte es nicht für möglich gehalten, jemals auf ein Wesen zu treffen, bei dem er in Sekundenbruchteilen spürte, dass er bereitwillig einen Arm hergeben würde – ach was, beide Arme, wenn es nur für sie war. Für Léa. Seine Tochter.
 

„Du warst gestern übrigens sehr plötzlich weg“, bemerkte Lazard am nächsten Tag beim Mittagessen in der Kantine. „Ich konnte dich überhaupt nicht mehr erreichen.“

„Oh ja, das – ähm ...“ Gerade, als Sephiroth endlich loswerden wollte, was ihn seit Jahren beschäftigte, überkam ihn beim bloßen Gedanken an seine kleine Tochter ein unbändiges Grinsen über beide Ohren, das ihn unfähig machte zu sprechen.

„Was hast du genommen und ist noch was für mich übrig?“, fragte Rufus auf sein Glucksen hin.

„Nein, ist es nicht“, sagte Sephiroth, immer noch grinsend, indem er sich stark zusammenriss. „Es ist nur so ...“

„Erfahren wir jetzt endlich, was du niemandem erzählen durftest?“, half ihm Cloud auf die Sprünge. Sephiroth nickte. „Schieß los.“

„Also ... Seit heute Morgen ist es offiziell ... Wir sind Eltern geworden.“

Cloud stand der Mund offen. „Was, du?!“

Rufus schien sich zur Abwechslung mal aufrichtig zu freuen. „Wow, Seph, Glückwunsch!“

„Das ist großartig“, sagte auch Lazard.

„Warte kurz“, warf Rufus dann aber doch ein, „wie habt ihr das gemacht? Ist das legal? Ich beschäftige keine Kriminellen in so hohen Positionen.“

„Wovon redest du?“, fragte Sephiroth ratlos.

„Ist ja auch egal“, unterbrach ihn Lazard. „Wie alt ist denn das Kind?“

„Oh“, sagte Sephiroth, „keine 24 Stunden.“

„Ach, deshalb seid ihr umgezogen“, schloss Cloud. „Ihr macht das also über Pflege und dann Adoption?“, fragte er interessiert.

„Du wusstest von dieser Möglichkeit?“, fragte Sephiroth völlig entgeistert.

„Klar“, sagte Cloud nur. „Ich hab Kinder, die Kinder haben Freunde – und diese Freunde haben Eltern. Na ja, oder eben auch nicht ...“

„Cloud, tu mir und vor allem dir, wenn dir dein Leben lieb ist, einen Gefallen“, sagte Sephiroth, „und sag Natt niemals, dass du von dieser Option wusstest und es ihm nie erzählt hast.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Oh Cloud 🙄🙄🙄
Wer übrigens mehr von Cloud lesen will, sei auf meine etwas andere FF You Come When I Call You verwiesen: https://www.animexx.de/fanfiction/389349/?js_back=1
Cloud kommt als gerade 18-jähriger Rekrut zu Shin-Ra und direkt unter Sephs Fittiche -- wie das wohl ausgeht?

Meine Phantasie ist hier mit mir durchgegangen und hat vieles durcheinander geworfen, u.a. einen Zeit-Artikel, den ich vor gar nicht mehr so Kurzem gelesen hab, und eben Juno -- ihr wisst schon, der Film mit Ellen Page. In dem Artikel ging es um eine Frau, die sich eben zur Pflege solcher Notfallkinder bereiterklärt hat und wenn es einen Fall gibt, wird sie kontaktiert und ist für einige Zeit Mutter dieses Kindes, bis es in eine dauerhafte Pflegefamilie kommt. Für diesen Vollzeitjob kriegt sie eine mickrige Unterstützung von ein paar Hundert Euro oder so und wenn das Kind nicht mehr bei ihr ist, kriegt sie auch kein Geld mehr, aber durch ihre Verpflichtung kann sie natürlich keinen anderen Job machen. Die Lage ist recht prekär, ich denke, darauf wollte der Artikel aufmerksam machen. Ich find ihn jetzt aber auch nicht so ohne Weiteres. Und weil ich mich so schlecht erinnere, bin ich mir einfach nicht sicher, ob die Begriffe stimmen ...


„Warte kurz“, warf Rufus dann aber doch ein, „wie habt ihr das gemacht? Ist das legal? Ich beschäftige keine Kriminellen in so hohen Positionen.“
„Wovon redest du?“, fragte Sephiroth ratlos.
--> Das darf interpretiert werden ...

Keep on rockin' in Midgar.
Tobie

PS https://www.youtube.com/watch?v=AmyFucteKGE&ab_channel=HYPERBOLE
Hier in diesem Video erklärt Lena (nein, nicht DIE Lena) übrigens das Konzept von Co-Parenting, wofür es sogar Websiten gibt, wo sich Menschen mit Kinderwunsch treffen können. Es klingt nach einer superspannenden, zukunftsfähigen Alternative für Menschen mit entsprechend alternativen Lebensweisen. Schaut mal rein! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Lexischlumpf183
2019-09-20T05:06:40+00:00 20.09.2019 07:06
Ich liebe dieses Kapitel 😍😁😁
Antwort von:  tobiiieee
20.09.2019 08:57
Merci. :D


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