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12 x Du und Ich

Seto & Joey | Puppyshipping
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel spielt im selben ›Universum‹ wie »Zombikalypse« und wirft einen Blick auf das Geschehene damals.
Viel Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen

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Das Leben ist kein Spiel [Intermezzo Zombikalypse] | April

Das Leben ist ein Spiel.

Das sagst du oft und jammerst nicht, weil es ungerecht ist. Jeder Mensch erhält sein Deck und niemals bekommen alle dieselbe Chance. Du nimmst die Herausforderung mit einem Grinsen an. Selbst, wenn du im Dreck landest. Niemals lässt du dir anmerken, wenn dich dein Unglück niederdrückt. Stattdessen begehrst du dagegen auf.

»Bist du glücklich?«, fragst du, während wir im Hotelzimmer spielen. Als wüssten wir nicht, wohin uns jeder Zug führt.

»Ich bin reich, berühmt und erfolgreich.«

Du lachst, weil du meine Ablenkung durchschaust, wie jede meiner Strategien, während deine nackte Haut über meine streicht. Das Bettlaken verdeckt nichts von dir und du genießt es. Du erwiderst meinen Blick und du kennst mich und trotzdem tue ich draußen so, als wären wir Fremde. Du liegst so nah, dass ich deine Wärme spüre, wie Hitze, die sich in meine Adern frisst. Ein Angriff, getarnt als Nichtigkeit. Jede deiner Bewegungen lässt meinen Atem stocken. Du weißt das und lächelst, während ich es überspiele. Du hauchst Verbundenheit auf meine Haut, deine Lippen berühren meine Schutzschilde und lassen diese schmelzen.

»Du könntest es einfach zugeben, weißt du? Wir könnten endlich frei sein.«

Ich schließe die Augen und stelle mir vor, wie es sein könnte.

»Wir könnten einfach zusammensein. Keine Lügen mehr, keine Ausreden, kein Spiel«, malst du weiter und ich spüre deine Haut auf meiner, deinen Puls in meinem. Ich stelle mir vor, wie es wäre, ohne das Spiel in den Schatten, ohne die Heimlichkeiten, als würden wir etwas Verbotenes wagen. Wie es mit dir wäre – vor allen.

»Du würdest verfolgt werden. Nichts, was du tust, wäre mehr privat«, atme ich gegen deinen Hals.

Du zuckst mit den Schultern und ich weiß, dass du nichts weißt. Ich rede mir ein, dass ich dich nicht teilen will mit der Öffentlichkeit, aber vielleicht ist es auch Furcht, dass diese ungesagten Spielregeln zischen uns unter dem Publikum da draußen brechen würden.

»Vielleicht«, flüsterst du und ich weiß nicht, wie oft wir an diesem Punkt geschwiegen haben. Einer der wenigen Augenblicke, in denen ich Unrecht behalten will.

»Seto?«, hauchst du und ich zähle deine Herzschläge dazwischen. »Schämst du dich für mich?«

Ich presse die Augenlider zusammen, als könne ich so die Migräne verhindern, die deine Worte verursacht, fasse mir an die Nasenwurzel und zähle deine Atemzüge. Ich suche Worte, die erklären, dass mein Innerstes bei dem Gedanken verbrennt. Wie ein ätzendes Gift durch mein Gedärm walzt und die Angst mit sich trägt, du würdest es eines Tages bereuen, was wir haben, was wir sind. Weil dich unser Spiel vor allen in eine Ecke drängt, aus der du mit keinem Zug mehr fliehen kannst. Ich suche nach den Worten. Du quälst dich in deine Klamotten und ich merke, wie sich die Matratze hebt, die Kälte, die meine Glieder durchzieht, als deine Wärme verblasst, und du gehst durch die Hoteltür und ich suche noch immer nach Worten.
 

Das Leben ist ein Spiel.

Also spiele ich, während ich vor den Kameras stehe. Während ich im Aufsichtsrat sitze. Während ich dich aus der Ferne beobachte und du meinen Blicken ausweichst. Ich taktiere. Bis du wieder durch diese Tür kommst und ich das Spiel aufgeben kann, das ich in der Öffentlichkeit spiele.

»Du bist doch noch gekommen«, sage ich und versuche die Überraschung, meine Erleichterung aus dem Ton zu streichen, hinter die Maske aus Gleichgültigkeit zu drängen, die mir in jedem Turnier einen Vorteil verschafft, während du durch die Tür schlüpfst und im Hotelzimmer stehst, genau so, wie wenn du zu spät zum Unterricht erscheinst oder einen Spielzug verpatzt.

Normalerweise würdest du jetzt einen viel zu flachen Witz von dir geben, der an eindeutiger Zweideutigkeit nicht zu überbieten wäre, stattdessen atmest du tief ein. Und aus.

»Nur, um dir zu sagen, dass ich das nicht mehr so will. So halb, so fast. Weißt du, dass wir das seit beinahe einem Jahr durchziehen? Als wäre ich ein peinliches Geheimnis. Bin ich nicht. Ich will alles.«

Oder nichts, stand zwischen uns. Du sprichst es nicht aus, weil das nicht nötig ist, schaust mich an mit diesem Blick, der alles in mir ausbrennt und neu entfacht, als stehest du kurz vor dem Sieg – oder einer Niederlage – und setzest alles auf eine Karte.

»Nein«, erwidere ich und du starrst mich an, deine Mimik bröckelt, als sei dein tapferes Gesicht nur ein Pokerface, »ich meine damit«, räusperte ich mich, »nein, ich schäme mich nicht für dich. Ich befürchte nur, du wirst es irgendwann bereuen, jetzt nicht gegangen zu sein.«

»Vielleicht«, antwortest du und zuckst die Schultern und ein Grinsen breitet sich auf deinen Lippen aus, »aber das Leben ist ein Spiel und wenn wir schon aufgeben, bevor wir den letzten Zug gespielt haben, dann sind wir verdammt große Trottel.«

Ich verzichte darauf, zu diskutieren, dass ich niemals ein Trottel wäre, weil du zu viele Beweise für das Gegenteil kennst und ich vor dir das Spiel nicht spielen brauche, ich wäre ein unfehlbares Genie. Du kennst mich und mit einem Blick in deine Augen, weiß ich, dass du es weißt. Du lächelst gegen meinen Mund, dein Kuss noch auf meinen Lippen, und drückst meine Hand, als ich mein Smartphone zücke, um dem Termin mit der Journalistin zuzusagen, als würden wir gemeinsam dem Endgegner entgegentreten. Schulter an Schulter. Das Leben ist ein Spiel, funkelt in deinem Blick, als ich vor die Kameras trete und meine Spielzüge offenlege. Als wir zusammen Burger essen gehen und uns eine Horde Paparazzi folgt. Als du mich küsst, als würde uns niemand zusehen. Du spielst, als hinge nicht unser Ruf daran. Du grinst in die Kameras und sagst kein Kommentar. Als wir mit deinen Freunden im Garten grillen und am nächsten Tag, alle Spekulationen in der Zeitung lesen, wie lange unser Spiel wohl halten würde. Du ignorierst die Blicke, als wir durch die Stadt schlendern, um im Kino Zuflucht zu finden. Du lächelst durch all die Schlagzeilen hindurch. Als sie im Trash-TV diskutieren, wer von uns untreu werden, was ich in dir sehen, dass du nur mein Geld an mir attraktiv finden würdest. Du lachst über sie, während wir die Welt erobern und doch nur bei unseren Spielzügen bleiben. Unsere Strategie ist vorhersehbar. Rücken an Rücken.
 

Vielleicht sehe ich deswegen zu spät, wie irgendwann Müdigkeit das Funkeln in deinen Augen verschleiert.

Das Leben ist ein Spiel. Das hast du oft gesagt und nicht gejammert, weil es ungerecht ist. Jeder Mensch erhält sein Deck und niemals bekommen alle dieselbe Chance. Du hast die Herausforderung mit einem Grinsen angenommen. Selbst, als du im Dreck gelandet bist. Niemals hast du dir anmerken lassen, wenn dich dein Unglück niedergedrückt hat. Vielleicht habe ich deswegen zu spät gesehen, wie es uns beide unter sich begräbt. Vielleicht wollte ich es nicht sehen.

»Lass uns abhauen«, flüsterst du gegen meinen Hals, während wir umschlungen in meinem Schlafzimmer die Welt aussperren, und ich weiß nicht, wie oft ich an diesem Punkt geschwiegen habe. 

»Irgendwohin, wo uns niemand kennt«, hauchst du und ich winde mich unter deinen Worten und den Möglichkeiten. Wir können alles sein und niemand, verschwinden zwischen einer anonymen Masse, ein Versteckspiel auf Zeit. Freiheit auf Raten. Ein Wir nach Spielregeln, die wir nur zum Schein aushebeln.

»Nächste Woche könnten wir – nein, da ist die Konferenz, die Woche darauf könnten wir –«

Einer der wenigen Augenblicke, in denen ich Unrecht behalten soll.
 

Du stolperst in mein Büro, ohne anzuklopfen, so wie du es immer machst, plauderst von fremden Ländern und Städten und Plänen, die du verwirfst, um im selben Atemzug andere vorzuschlagen. Ich sitze in meinem Büro fest, von wo aus ich das Leben aus sicherer Distanz beobachte, Entscheidungen für hunderte von Menschen treffe, die für mich arbeiten, während du nicht einmal beschließen kannst, was du am nächsten Tag essen wirst. Du lebst an meiner Welt vorbei, obwohl du mehr in meiner Villa wohnst als in deinem Einzimmerapartment.

»Seto«, fragst du irgendwann, »wohin willst du?«

»Ich habe in zwei Minuten ein Meeting«, erwidere ich und weiß nicht, wie oft du diese Frage gestellt hast und ich dir keine Antwort gegeben habe.
 

Als ich wieder einmal nicht am Abend, sondern in der Nacht nach Hause komme, weiß ich, dass ich falschlag. Wahrscheinlich habe ich dir eine Antwort gegeben und du hast deine Sachen aus meinem Schrank geräumt und deine Wärme mit eingepackt. Es gibt keinen Abschied, weil mir nicht bewusst gewesen ist, dass ich dich das letzte Mal gesehen habe. Vielleicht habe ich geglaubt, du würdest immer auf mich warten. In einem Raum, verriegelt vor der Öffentlichkeit, in dem wir unser Spiel aufrecht erhalten können. Stattdessen brichst du die ungesagten Regeln und schleichst dich ganz unauffällig, ganz untypisch für dich vom Spielbrett, wo du doch sonst so schrill allen Platz für dich beanspruchst. Du ergreifst deine Chance und befreist dich, denn du begehrst gegen dein Unglück auf. Selbst, wenn ich dich unter meinem Alltag begrabe.

Ich habe dich nie gefragt, ob du glücklich gewesen bist und ab welchem Spielzug wir gescheitert sind.

Aber das Leben ist kein Spiel.

 



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