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Rebellious

von

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That's why we won't back down,

we won't run and hide

'Cause these are the things that we can't deny

I'm passing over you like a satellite

So catch me if I fall
 

Rise Against – Satellite
 

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Sonnenstrahlen vermischten sich mit dem Geruch grüner Blätter und den Stimmen lachender Kinder, die Fußball spielend über das Gras jagten. Von irgendwo wurde ein rauchiger Duft herübergetragen, der ein wenig an Sommerfeste erinnerte. Es war einer dieser Tage im Spätfrühling, zu denen niemand zu Hause bleiben wollte, weil jeder das schöne Wetter nutzen musste, um rauszugehen und etwas mit Freunden zu unternehmen. Die frische Luft zu genießen – frei von jeglichen Zwängen.

Eigentlich war auch genau das der Grund, aus dem er selbst hier war, jetzt, zu einer Uhrzeit, zu der er, würde er sich vorbildlich verhalten, an einem anderen Ort sitzen sollte als hier draußen. An einem Ort voller Menschen, die einen Dreck um das Wetter gaben, weil sie einen zu jeder Jahreszeit mit dem selben arroganten Gesichtsausdruck betrachteten und herumkommandierten, als sei es verboten, einen eigenen Willen zu besitzen. Aber er hatte keine Lust auf diesen Ort, der einer Gehirnwäsche nahekam, und auf diese Menschen, die jeden Tag versuchten, ihm den gleichen Mist einzureden, ohne dabei ein einziges Mal zuzuhören, was er zu sagen hatte. Es war sinnlos, mit ihnen zu reden, weil ihre Ansichten festgefahren waren und ihnen sowieso nichts an ihm passte – seine Meinung, weil er die Frechheit besaß, sich diese nicht vorschreiben zu lassen. Sein Aussehen, weil ein rot und grün gefärbter Iro wohl ebenfalls gegen irgendeine ungeschriebene Regel verstieß. Und selbst sein Name, weil der es auch noch schaffte, ein eleganteres Bild von ihm zu vermitteln, als es der Wahrheit entsprach.

Andrew Charles Loopers. Ein Klang, der schon beinahe etwas Königliches an sich hatte. Andrew Charles. Mit Sicherheit hatte seine Mutter bei der Taufe nicht erwartet, einen solchen Versager großzuziehen, der offenbar ganz nach seinem versoffenen Vater kam und lieber im Park die Schule schwänzte, als etwas Ordentliches aus sich zu machen.

Aber in diesem Moment war das alles egal. In diesem Moment, in dem die warme Luft des bevorstehenden Sommers von den Gitarrenriffs seiner Lieblingslieder unterstrichen wurde, spielte das alles keine Rolle. Er konnte Stunden hier verbringen. Überall war es besser als in der Nähe dieser Menschen.

Die Augen geschlossen und ganz auf die Musik konzentriert, versank er in einer Sphäre fernab der Realität, die es oft genug nicht einmal wert war, mit wachem Bewusstsein erlebt zu werden. Es bestand immer die Gefahr, den Verstand zu verlieren.

Das Gebell eines Hundes drang, vorbei an den kleinen Lautsprechern seines Players, zu ihm vor, und er öffnete aus einem Impuls heraus die Augen. Eine Art Golden Retriever, vermutlich eher ein Mischling, tollte einige Meter von ihm entfernt zwischen den Bäumen herum, ließ sich dann prompt ins Gras fallen und wälzte sich ausgelassen. So beschissen die Welt auch oft sein mochte – ein Anblick wie dieser brachte es fertig, seine Stimmung in Sekundenschnelle aufzuhellen.

„Pepper!“, hörte er jemanden rufen, als er die Musik vorerst ausgeschaltet hatte, und konnte sich erschließen, dass es sich dabei wohl um den Namen des Hundes handeln musste, als er sah, wie dieser mit einem beeindruckenden Tempo auf ihn zugestürmt kam. Er konnte nicht viel älter als ein Welpe sein, der Größe und der ungestümen Art nach zu urteilen. Wedelnd und in einer spielerischen Pose stand der Hund plötzlich vor ihm und hatte, kaum dass er ihn dabei hätte aufhalten können, angefangen seinen Arm abzulecken.

„Na, Kleiner? Kennen wir uns, oder warum bist du so zutraulich?“

„Eigentlich isses kein Kleiner sondern eine Kleine“, hörte er die Stimme von eben unerwarteterweise direkt neben sich, was ihn dazu bewog, sich umzudrehen und denjenigen, zu dem sie gehörte, eingehend zu mustern. Eine schmale Statur, auffällige dunkle Augen und ebenso dunkle, etwa schulterlange Haare. Es war kein unbekanntes Gesicht.

„Dich kenn ich doch. Ich seh dich in den Pausen immer mit meinem Bruder rumhängen!“

Der Junge lächelte ziemlich breit; entweder aufgrund dieser Feststellung oder, was er eher vermutete, weil es ihn freute zu sehen, wie gut sein kleiner Hund sich auf Anhieb mit einem fast Fremden verstand.

„Ja, stimmt“, sagte er, ehe er sich zu ihm auf den Boden kniete, wohl um nicht ständig nach unten schauen zu müssen. „Ich bin Gordon. Joes bester Kumpel sozusagen... Eigentlich auch sein Einziger, glaub ich. Ich seh ihn jedenfalls nie mit irgendwem anders.“

„Das sieht meinem Bruder ähnlich. Er war nie der Typ für viele Freunde und ist sehr wählerisch, wen er sich als Gesellschaft aussucht.“

„Dann muss ich ja irgendwas Besonderes an mir haben“, lachte Gordon, stellte den Rucksack, den er zuvor auf dem Rücken getragen hatte, vor sich ab und holte eine Flasche Wasser heraus. Er musste gerade erst aus der Schule gekommen sein; vielleicht hatten er und Joe heute früher frei. „Haben wir beide nicht sogar irgendwann schon mal kurz miteinander gesprochen? Ist aber schon länger her, da waren deine Haare noch anders... Du heißt Andy, oder?“

„Genau“, gab er mit inzwischen deutlich besserer Laune zurück, während er das kleine Fellbündel, das mittlerweile halb an ihm hinaufgeklettert war, im Nacken kraulte. „Und das hier ist Pepper? Gehört sie dir?“

„Ja, ich hab sie erst seit ein paar Wochen. Sie ist-“

„Hier bist du! Ich hab dich gesucht. Haust einfach ab und verquatschst dich mit meinem Bruder, der... aus welchem Grund genau gerade hier ist?“

„Naja. Kannst du dir doch bestimmt denken“, gab Andy in einem hoffentlich nicht allzu genervten Tonfall zur Antwort, genauso wie Joe, der soeben dazugestoßen war, sich offensichtlich bemüht hatte, nicht allzu anklagend zu klingen. Joe war anders als er, er schrieb konstant gute Noten und die Lehrer mochten ihn. Ein Glück, dass er seinem älteren Bruder, zumindest in diesem Punkt, niemals nacheiferte.

„Okay“, sagte er letztlich nur. „Ist schon gut. Und... bleibst du noch länger hier oder kommst du gleich mit nach Hause? Mom hat mir gestern noch Geld gegeben, davon sollen wir uns nachher was zu Essen kaufen.“

„Weiß noch nicht. Mal sehen.“

„Wie alt bist du eigentlich?“, kam es ohne jeglichen Zusammenhang von Gordon, während er etwas aus seinem Rucksack fischte, das sich als Tennisball herausstellte. Andy rückte ein Stück zurück, um ihm genügend Platz zum Werfen zu lassen.

„Siebzehn. Wieso?“

„Wahnsinn. Du bist echt nur ein Jahr älter als ich.“ Pepper war bereits freudig losgerannt, bevor der Ball überhaupt in der Luft gewesen war. „Wenn ich nicht wüsste, dass du noch zur Schule gehst, hätt ich dich für Anfang oder Mitte Zwanzig gehalten.“

„Aha? War das jetzt ein Kompliment oder soll das heißen, ich seh alt aus?“

„Nee, überhaupt nicht! Du siehst nur irgendwie nicht wie'n Schüler aus. Du bist so groß und hast Muskeln und so.“

„Die hab ich mir auch hart erarbeitet“, antwortete er, aus irgendeinem Grund amüsiert. Der Junge hatte etwas Verpeiltes an sich. Nein, nicht direkt verpeilt – eher... Ihm fiel kein vernünftiges Wort dafür ein.

„Ey, Joe! Wieso hast du uns nicht schon eher mal richtig vorgestellt oder zumindest mal mehr erzählt? Dein Bruder ist doch voll nett!“

Joe sah zuerst ihn, dann seinen besten Kumpel auf eine Art an, die etwas unbeholfen wirkte.

„Ja... keine Ahnung“, sagte er zögerlich. „Ich wollte einfach seine Privatsphäre respektieren, das ist alles.“

Andy glaubte ihm ohne Weiteres, dass das tatsächlich der einzige Grund dafür war.

„Du bist schon komisch manchmal“, meinte Gordon, woraufhin Joe bloß mit den Schultern zuckte und ziellos in die Gegend starrte. Das tat er immer, wenn ihn etwas verunsicherte.

„Also... Ich glaub, ich geh schon mal nach Hause und fang mit den Hausaufgaben an“, sagte er nach einer Weile schließlich, ohne auf die Aussage seines Freundes einzugehen. „Wenn ihr wollt, könnt ihr ja noch ein bisschen hier bleiben und euch unterhalten. Ich freu mich, wenn ihr euch gut versteht!“

„Klar, kein Problem! Viel Spaß bei den Hausaufgaben!“, rief Gordon ihm grinsend hinterher, als Joe sich bereits umgedreht und auf den Weg gemacht hatte. Ein flüchtiges Winken und ein abschließendes „Bis später!“, dann war er über die Brücke verschwunden, die aus dem Park herausführte. Pepper war inzwischen schon zum zweiten oder dritten Mal mit dem Ball in der Schnauze zu ihnen zurückgetapst.

„Ich weiß ja nicht, ob dir das schon mal aufgefallen ist, aber mein Bruder... Ich glaub, er tut sich manchmal schwer damit, menschliche Gefühle zu verstehen.“

„Ja, ich weiß, was du meinst“, antwortete Gordon, ohne lang zu überlegen. „Manchmal kommt er mir vor wie von 'nem anderen Stern. Aber ich bin auch nicht viel besser, glaub ich. Alles, was ich nicht hinkrieg, erklärt er mir und ist voll geduldig. Ich glaub... wenn ich ihn nicht kennengelernt hätte, wär ich jetzt jemand ganz anderes.“

Andy lächelte.

„Ich hab ihn auch sehr gern. Wir streiten fast nie und sind schon immer gut miteinander ausgekommen. Aber er hat diese Eigenart, dass er sich nicht wirklich in andere hineinversetzen kann.“

„Mh-hm“, machte Gordon scheinbar abwesend, nickte leicht und streichelte das Fell seines Hundes. Andy tat es ihm gleich; es fühlte sich flauschig und irgendwie schön an.

„Von mir aus hätte er ruhig was über mich erzählen können“, fügte er ergänzend hinzu. „Ich hab keine Geheimnisse oder so.“

„Echt nicht? Gar keine?“

Einen Moment lang dachte er nach, ob ihm irgendetwas einfiel, das er als 'geheim' bezeichnen würde.

„Eigentlich nicht“, gab er schließlich zurück, während sich wie automatisch Dinge vor seinem inneren Auge abspielten, die er in diesem Augenblick definitiv nicht sehen wollte. „Nee... Nicht wirklich. Nur ein paar kleine Problemchen, die ich nicht jedem direkt auf die Nase binden würde. Aber die hat doch jeder, oder?“

„Naja... Kommt drauf an, was für Problemchen du meinst, ne.“
 

Eine Zeit lang, die ihm wie mehrere schleichende Minuten vorkam, sagte keiner von ihnen mehr etwas. Er wusste nicht, wie er darauf hätte antworten sollen, weil sich das, was sich in seine Gedanken drängte, nicht zu den richtigen Worten formen wollte. Gordon schien zu merken, dass er an etwas Bestimmtes dachte, und beugte sich ein Stück zu ihm vor.

„Hey, wenn du über irgendwas reden willst, hör ich dir gerne zu“, bot er ihm an, mit etwas leiserer Stimme als zuvor. „Manchmal soll es doch gut sein, den Rat eines Außenstehenden zu hören oder so.“

„Das ist echt nett von dir, aber ich glaub, da kannst du mir nicht helfen. Es geht um meine... meine Ex-Freundin.“

„Oh. Hat sie dich verlassen?“

„Nein. Ich hab mit ihr Schluss gemacht.“ Viel zu real sah er ihr Gesicht vor sich, das ihn anschrie, nachdem er die Worte ausgesprochen hatte. Quälend real. „Ihr Lebensstil war... wie soll ich sagen... Sie war nicht mehr in der Lage, eine Beziehung zu führen.“

Ja, dachte er, das traf es auf den Punkt. Jemand, der niemals mit einem redete, wenn es am dringendsten notwendig war; der sich nie öffnete sondern stattdessen immer tiefer in Lügen versank und sich wahllos von irgendwelchen Typen ins Bett zerren ließ, war nicht fähig zu so etwas. Er hatte das Richtige getan.

„... Du hängst immer noch an ihr“, bemerkte Gordon, mehr wie eine Feststellung als eine Frage. „Und du machst dir Vorwürfe... oder?“

„Mann, bist du'n Psychologe oder so?“

„Nee, aber das seh ich auch so“, erwiderte er, inzwischen ebenfalls merklich unsicherer geworden, bevor er ein vorsichtiges „Wie heißt sie eigentlich?“ hinzufügte.

„Christina“, antwortete Andy knapp. „Und ja, ich hänge noch an ihr. Sehr. Aber ich finde, jetzt bist du mal dran, mir was über dich zu erzählen. Wie sieht's denn bei dir so aus, hast du 'ne Freundin?“

„Naja... nee“, murmelte Gordon, während er scheinbar verlegen an seiner halbleeren Wasserflasche herumschraubte. „Ehrlich gesagt... Ich glaub, ich steh gar nicht auf Frauen.“

„Ach so. Na, ist doch auch cool.“ Komisch. Er hatte zwar nicht damit gerechnet, aber irgendwie überraschte es ihn auch nicht. „Ich find's eh überholt, zwischen Männern und Frauen solche Unterschiede zu machen. Ich mein, am Ende sind wir doch sowieso alle gleich.“ Etwas kitzelte seinen Arm – Peppers Schnurrhaare –, und kaum dass er zu ihr heruntersah, fing sie wieder an zu wedeln. „Nimm Pepper, zum Beispiel!“, ergänzte er improvisierend. „Bevor du mir gesagt hast, dass es eine Sie ist, hab ich sie für'n Männchen gehalten.“

„Das ist aber schon was anderes, findeste nicht?“

„Weiß nicht. Vielleicht sollten wir uns alle mal ein Beispiel an Hunden nehmen. Die denken weniger nach und haben trotzdem ein schönes Leben!“

Sie lachten beide, und dann war es wieder eine Weile lang still. Die Fußball spielenden Kinder waren inzwischen dazu übergegangen, sich gegenseitig von lautem Gebrüll untermalt mit unsichtbaren Energiestrahlen zu beschießen. Der Geruch nach Sommerfest lag noch immer in der Luft, vermischte sich jedoch kurz darauf mit etwas anderem, und ein Blick auf Gordon verriet, woher dieses Andere rührte – jedenfalls schien das zusammengerollte Papier, das er locker in einer Hand hielt und mit der anderen anzündete, eine recht schlüssige Erklärung dafür abzugeben. Andy sah flüchtig nach unten, um sich zu vergewissern, dass der Hund nichts abbekam, und lenkte den Blick schließlich wieder auf dessen Herrchen, das wiederum ihn fragend betrachtete.

„Rauchst du?“

„Manchmal. Aber sowas bisher noch nicht.“

Gordon antwortete darauf, indem er ihm das großzügig befüllte Teil in einer abwartenden Haltung entgegenstreckte. Er zögerte nur kurz, bevor er das stumme Angebot annahm und einen Zug probierte, der etwas auf irgendeine Art Intensives an sich hatte. Der Rauch verteilte sich in der warmen Luft, als er ihn langsam wieder ausatmete.

„Ist nicht übel, oder?“ Die Frage brauchte ein paar Sekunden, um komplett zu ihm vorzudringen. „Solltest dich nur nicht dabei erwischen lassen.“

„Normalerweise mach ich sowas nicht“, sagte Andy wahrheitsgemäß, kam jedoch nicht umhin zu denken, dass es sich aus seinem Mund irgendwie komisch anhörte. „Sonst trink ich eigentlich nur Bier. Bin wohl nicht so böse, wie manche denken... haha.“

„Du siehst auch eigentlich nicht sehr böse aus.“

„Nee, oder?“ Gordon hatte sich kurz von ihm weggedreht, um selbst eine Rauchwolke in die Luft zu pusten. Er war ziemlich nah. Das fiel ihm jetzt erst auf – sie saßen nah genug beieinander, dass einer von ihnen sich problemlos bei dem Anderen hätte anlehnen können. „Sag mal, das mit meinem Bruder“, hörte er seine eigene Stimme wie automatisch seine Gedanken aussprechen. „Seid ihr wirklich nur Freunde...? Oder noch mehr?“

Zwei Sekunden später fragte er sich, ob er diese Frage nicht lieber hätte für sich behalten sollen, als er den nachdenklichen Ausdruck in Gordons Gesicht sah. Sein Lächeln war schmaler geworden.

„Nur Freunde“, sagte er. „Joe ist- Ich glaube, er interessiert sich nicht für sowas. Also, gar nicht. Er redet nie über Mädchen oder Jungs oder so ein Zeug... Also fang ich bei ihm erst gar nicht damit an.“

„Du willst nichts Falsches sagen, was? Kann ich verstehen.“ Es stimmte, dass Joe sich für gewöhnlich nicht mit solchen Dingen beschäftigte. Den genauen Grund dafür kannte er nicht; er hatte auch nie ausführlich mit ihm darüber gesprochen. Vielleicht war er bloß ein Spätzünder, wer wusste das schon. „Naja, weißt du... Joe ist ja sowieso irgendwie einzigartig. Gib ihm doch einfach noch ein bisschen Zeit, vielleicht ergibt sich dann irgendwann von allein so ein Gespräch.“

„Vielleicht.“

Mehr gab sein Gegenüber nicht von sich. Sein Gesichtsausdruck hatte sich noch nicht wieder verändert, er saß bloß da, starrte schweigend in die Gegend und rauchte seinen Joint, bis er irgendwann plötzlich aufstand und mit den Worten „Ich komm gleich wieder“ irgendwo im Park verschwand. Andy hakte nicht weiter nach. Er war ohnehin selbst zu sehr damit beschäftigt, in die Gegend zu starren. Ob das die Wirkung von dem einen Zug war, den Gordon ihm spendiert hatte? Nein. Eigentlich hatte er sich auch vorher schon nicht viel anders gefühlt.
 

Nach einer Zeitspanne, die er nicht genau hätte benennen können, war Gordon wieder da. Er hatte seine Schritte gehört und jetzt stand er neben ihm, ohne sich nochmals hinzusetzen. Seine Hände waren leer, dafür war sein breites Lächeln wieder zurück.

„Lass uns zum Wasser gehen“, sagte er nur, ehe er bereits ohne weitere Erklärung losgelaufen war. Andy sah ihm mit dem Gefühl, irgendetwas verpasst zu haben, hinterher. Möglicherweise hatte der Qualm ihn ja doch ein bisschen vernebelt, oder aber dieser Kerl hatte einfach ein sehr schwankendes Temperament. „Komm mit!“, rief er ihm zu, nachdem er sich noch einmal zu ihm umgedreht hatte, womit er zumindest bezweckte, dass Pepper ihm auf Schritt und Tritt hinterherkam. Andy folgte ihrem Beispiel.

„Willst du baden gehen?“

Eine direkte Antwort darauf bekam er nicht. Gordon hatte sich an den Rand des Wassers gehockt und wischte mit einer Hand auf der Wasseroberfläche herum, als suche er dort etwas. Andy ließ sich gemächlich neben ihm nieder und sah ihm dabei zu, wie er mit beiden Händen eine Schaufel formte, die er etwas tiefer dort hineintauchte, nur um das Wasser danach durch seine Finger gleiten zu lassen wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal ein größeres Gewässer aus der Nähe sieht.

„Das ist erfrischend! Und schön kühl.“ Er sah glücklich aus, während er das sagte. Als habe er jegliche Sorgen in diesem Moment vergessen. „Willst du dich nicht auch ein bisschen abkühlen?“, grinste er plötzlich auf eine Art, die ziemlich verdächtig wirkte – und in der nächsten Sekunde hatte er ihm bereits, natürlich ohne eine Antwort abzuwarten, eine ordentliche Ladung besagter Abkühlung entgegengeschleudert. Das Wasser war wirklich nicht gerade warm. Vor Allem wenn man nicht damit rechnete, aus heiterem Himmel damit übergossen zu werden. Gordon lachte, während er das nasse Oberteil betrachtete, mit dem Andy nun dasaß, und sah dabei immer noch aus wie ein unbedarfter Bengel, der sich um Regeln nicht sonderlich kümmert und lieber alles tut, um Spaß zu haben. Es war, als hätte er zwei Seiten, die sich in Sekundenschnelle gegenseitig auswechseln konnten. Aus irgendeinem Grund gefiel ihm das. Er fragte sich, ob es schon einmal jemand geschafft hatte, in so kurzer Zeit einen solchen Eindruck bei ihm zu hinterlassen, verdrängte jedoch die Person, die ihm daraufhin einfiel, schnell wieder aus seinem Kopf.

„Das kann ich auch!“, grinste er zurück, Gordons neckische Geste imitierend, völlig im Ungewissen darüber, welche Reaktion er dafür ernten würde – schließlich war der Junge unberechenbar. Als er aber sah, dass er ihn damit bloß noch mehr zum Lachen brachte, verspürte er eine seltsame Art von Erleichterung, die er nirgendwo so recht zuordnen konnte. Ein befreites Gefühl von Sorglosigkeit, so wie Gordon es selbst verspürt haben musste, als er sich hier herübergesetzt hatte; alles Schlechte der Welt weit in den Hintergrund schiebend. Und auf einmal fühlte es sich nicht mehr an, als seien sie eben erst dabei sich kennenzulernen, sondern so, als kannten sie sich schon seit einer Ewigkeit, als sei es selbstverständlich, dass sie jetzt, zu diesem Zeitpunkt, gemeinsam an diesem Ort waren.

Kindheit, schoss es ihm durch den Kopf. Es fühlt sich nach... Kindheit an.

Ja, vielleicht war es das. Ein Gefühl purer Leichtigkeit, nicht nachdenken zu müssen über das, was man tut. Etwas, das er wahrscheinlich schon seit einiger Zeit nicht mehr erlebt hatte. Wann das letzte Mal gewesen war, hätte er bei Weitem nicht sagen können.

Er wusste auch nicht annähernd, wie oft sie sich gegenseitig mit kaltem Wasser attackiert hatten, bevor sie es müde geworden waren und sich auf der Wiese ausgestreckt hatten, um ihre Sachen in der Sonne trocknen zu lassen. Das Gefühl hielt noch immer an, nur hatte sich inzwischen eine gewisse Nachdenklichkeit dazugemischt.

„Schon komisch irgendwie.“ Gordon hielt eine Weile lang inne, bevor er erläuterte, was er so komisch fand, verengte die Augen ein wenig und schirmte mit einer Hand die Sonnenstrahlen ab, die ihm hell ins Gesicht schienen. „Das ist das erste Mal, dass wir was zusammen machen. Aber ich wusste sofort, als ich dich hier sitzen gesehen hab, dass ich dich mag. Weil Pepper dich mag. Und sie hat immer Recht mit sowas.“

Andy dachte einen Moment lang über das nach, was Gordon eben gesagt hatte, drehte sich dann auf die Seite, weil er realisierte, dass die Sonne auch ihn blendete, und sah ihn einen weiteren Moment lang einfach an, wie er neben ihm auf dem Rücken lag und sich kurz darauf ebenfalls zu ihm umdrehte.

„Manchmal weiß man sowas schon sehr früh.“

„Ja, scheint so.“

Er hatte eine wahnsinnig blasse Haut, stellte er fest, wirklich blasse Haut, die einen starken Kontrast zu seinen dunkelbraunen Haaren und den dunklen Augen ergab. Kurz sah er Christina vor sich, er konnte nichts dagegen tun. Sie hatte oft genauso neben ihm gelegen und dabei schön ausgesehen, auf ihre eigene Weise. Gordon hatte absolut keine Ähnlichkeit mit ihr. Aber dieses Bild von ihm im weichen Gras, die Haare leicht nass und strähnenweise in sein Gesicht fallend, während er durch halbgeöffnete Augen irgendeinen unbestimmten Punkt fixierte – dieses Bild hatte irgendeine andere, seltsame Art von Schönheit. Andy war sich nicht sicher, ob es dieser Gedanke gewesen war, der ihn dazu verleitet hatte, oder ob es völlig unbewusst passiert war, dass seine Hand nun auf Gordons Taille lag und sachte darüberstrich, den feuchten Stoff unter seiner Haut spürend. Er hatte nicht geplant das zu tun oder auch nur in irgendeiner Form darüber nachgedacht, aber es fühlte sich nicht falsch an. Gordon schien keinen unbestimmten Punkt mehr zu fixieren; er hatte ihn offenbar dazu gebracht, ihn jetzt direkt anzusehen, jedoch lange nicht so überrascht, wie er es für einen Moment angenommen hätte. Und länger hatte er auch nicht die Gelegenheit dazu, sich Gedanken darüber zu machen, warum er das tat oder was in seinem Gegenüber gerade vorgehen könnte, weil im nächsten Augenblick bereits dessen Lippen auf seinen Eigenen waren, wie ein kühler Luftzug, der zunehmend kräftiger und wärmer wurde. Es fühlte sich immer noch nicht falsch an. Im Gegenteil. Es war wie ein Rausch; diese Nähe, das Ungewisse, der Geruch der nassen Grashalme, und wahrscheinlich gab es nicht einmal etwas, das sich genau in diesem Augenblick noch richtiger angefühlt hätte. Ein eigenartiger Gedanke, wenn man bedachte, dass er sich bisher nie wirklich etwas mit einem Jungen vorgestellt hatte. Aber das hätte ihm im Moment nicht egaler sein können.

Gordon war derjenige, der den Kuss etwas unbeholfen wieder löste und ihn dann mit einem Blick ansah, den Andy nur schwer deuten konnte. Das Gefühl, das ihn mit einem Mal überkam, war nicht weniger schwer zu deuten. In Worte gefasst war es möglicherweise irgendetwas zwischen „Völlig absurd“ und „Das Beste, was er jemals spontan getan hatte“. Ja, das klang ziemlich treffend.

„Puh“, machte Gordon langgezogen, womit er ihn aus seinen wirren Überlegungen herausriss. Er lag noch immer genauso da wie vor dem Kuss, als sei dazwischen gar nichts gewesen.

„Was ist? War ich so schlecht?“, brachte Andy dem wahrscheinlich mindestens genauso unbeholfen entgegen. Ein blöderer Spruch hätte ihm wohl nicht einfallen können.

„Nee, überhaupt nicht“, erwiderte Gordon, seinem Grinsen nach zu urteilen entweder amüsiert oder beeindruckt – hoffentlich eher Letzteres. „Mir ist nur gerade was klar geworden. Ich weiß jetzt, dass ich auf jeden Fall schwul bin.“

Okay. Der Typ machte wirklich kein Geheimnis aus dem, was er dachte – jedenfalls nicht bei genau den Dingen, bei denen die meisten Menschen das vermutlich tun würden.

„Ich bin mal so frei und nehm das als Kompliment“, gab Andy zurück, konnte sich ebenfalls ein bescheuertes Grinsen nicht verkneifen und fragte sich, ob wohl eher diese Situation oder doch eher der ganze Qualm von vorhin daran schuld war, dass er sich jetzt so high fühlte. Allerdings wurde er in dieser äußerst komplexen Frage wieder einmal unterbrochen, diesmal von einem Pfeifen, das nicht aus mehr als zwei oder drei Metern Entfernung von ihm zu kommen schien. Ein Pfeifen der Art, wie ein Kerl es tun würde, um einem hübschen Mädchen mitzuteilen, wie ansprechend er es findet. Andy warf einen flüchtigen Blick in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Zwei Jungs, die ungefähr in seinem Alter sein mussten, sprangen ihm ins Auge, einer gekleidet wie ein Möchtegern-Gangster – viel zu warm für das Wetter –, der Andere im ultra-engen Muskelshirt und mit einer Frisur, die vor lauter Gel im Sonnenlicht schimmerte. Sie schauten sie beide direkt an, daran bestand kein Zweifel.

„Los, weiter!“, rief der Schmierlappen mit der Hochglanzfrisur, während der Andere bloß vor sich hinkicherte und in die Hände klatschte. „Wo bleibt die Action?!“

„Redest du mit uns? Seid ihr Spanner oder was?“, schoss Andy zurück, eigentlich nahezu sicher, dass sie ihn und Gordon angesprochen hatten. Wen sollten sie schon sonst meinen?

„Warum gleich so aggro?“, kam es wieder von dem Schmierlappen, definitiv an ihn gerichtet. „Wir haben halt noch nie zwei Schwuchteln in freier Wildbahn gesehen, da darf man ja wohl mal gucken?“

„Haut einfach ab und geht wen anders anglotzen“, sagte Gordon knapp, offensichtlich bemüht, sich nicht allzu sehr aufzuregen. Er hatte sich aufgesetzt, die Arme verschränkt, schaute zur Seite – Ignoriermodus aktiviert.

„Wir glotzen an, wen wir wollen!“, machte der Schmier-Typ weiter, anscheinend nicht in der Stimmung, Ruhe zu geben und abzuziehen. „Was willst du sonst machen, hä?“, meldete sich jetzt auch sein Pseudo-Gangster-Freund zu Wort. „Uns verhauen? Wir prügeln uns nicht mit Mädchen!“

Gordons Augen schlossen sich leicht flackernd, ein Zeichen von Anspannung und unterdrückter Wut. Hoffentlich musste er sich Kommentare dieser Art nicht allzu oft anhören... Zeit ernst zu machen, dachte er von einer plötzlichen Entschlossenheit gepackt, die im besten Fall dazu führte, die Idioten möglichst ohne vorangehende Schlägerei loszuwerden.

„Das reicht jetzt, findet ihr nicht?“ Gangster-Boy und Poser-Boy wandten sich zu ihm um, als er langsam auf sie zukam, der Ausdruck in ihren Gesichtern glich zwei Autos. „Wollt ihr nicht lieber irgendwas Sinnvolleres machen als euch wahllos Leute zu suchen, die ihr provozieren könnt?“

Poser-Boy stieß ein gehässiges Glucksen aus.

Ihr seid es doch, die uns provoziert haben mit eurem abartigen Rumgeschwule! Sowas wie ihr sollte gar nicht geboren werden, ihr seid wie 'ne ansteckende Seuche!“

So viel Hass. Seine Stimme, seine Augen – der Typ triefte genauso vor Hass wie vor überschüssigem Gel und Parfum. Der Andere schien inzwischen deutlich weniger auf Konfrontation aus zu sein als noch eine Minute zuvor.

„Komm, lass uns gehen“, flüsterte er seinem Kumpel zu, der noch immer starr dastand, in einer Haltung, die eindeutig von Kampfbereitschaft zeugte. Erst als er zusätzlich zu dessen Aufforderung zwei Mal von Gangster-Boys Ellbogen in die Seite gestoßen wurde, drehte er sich um und schien sich zum Gehen wenden zu wollen – allerdings nicht ohne Andy vorher ein letztes Mal mit Gift versprühendem Blick in die Augen zu starren und ihm schlussendlich ebenso giftig vor die Füße zu spucken. Und das war's. Ende der Konversation.

„Fickt euch“, sagte er fast tonlos, als die beiden mehr oder weniger außer Hörweite waren. Nicht dass er es ihnen nicht auch ins Gesicht gesagt hätte.

Gordon war gerade dabei, sich vom Boden zu erheben, als er mit einem merkwürdigen Gefühl zu ihm zurückging. Streit war er gewohnt. Hirnlose Sprüche ebenfalls. Aber das gerade war anders gewesen, und so sehr er auch darauf hätte verzichten können, war es doch irgendwie ein verdammt gutes Gefühl. Als hätte es ihn in irgendetwas bestärkt.

„Sorry“, murmelte Gordon leise, den Blick leicht gesenkt.

„Sorry wofür?“

„Naja... für die Umstände und so“, antwortete er schief lächelnd und gleichzeitig unpassend kleinlaut. „Ich hätt' ja auch mal was machen können. Stattdessen hattest du die Typen jetzt am Hals.“

Andy machte einen weiteren Schritt auf ihn zu, damit Gordon ihm ins Gesicht sah. Ihn anzufassen, erschien ihm im Moment zu viel; so war er nah genug.

„Scheiß auf die Typen“, sagte er ehrlich. „Lass uns lieber überlegen, wie wir jetzt weitermachen wollen. Du und ich.“

„Du meinst... wegen vorhin?“ Näher ging er auf das 'Vorhin' nicht ein und schaute auf Andys bestätigendes Nicken hin irgendeinen Baum oder eine Wolke am Himmel an. „Hmm... weiß nicht. Du hängst doch noch so an deiner Ex, oder?“

„Und du stehst auf meinen Bruder.“ Das schiefe Lächeln wurde wieder breiter, hatte aber dennoch etwas irgendwie Trauriges an sich. Etwas... Einsames. Der Wunsch danach, diesen Jungen noch besser kennenzulernen und mehr über ihn zu erfahren, ließ sich immer weniger in den Hintergrund drängen. Warum nochmal hatte sich bisher nie eine Gelegenheit dazu ergeben? „Ich würde sagen, wir sollten jetzt langsam mal gehen. Willst du nicht noch'n bisschen mit zu uns kommen? Meine verehrte Mutter hat mir zwar verboten, Leute mit nach Hause zu bringen, aber für Joes Freunde zählt das ja nicht. Außerdem kriegt sie's eh nicht mit, sie ist heute den ganzen Tag nicht da und kommt erst morgen wieder.“

Einen Moment lang zögerte er, schien dann aber doch ziemlich erfreut über dieses Angebot.

„Wenn's echt okay ist... Klar, dann komm ich gerne mit. Ich muss nur vorher kurz Pepper bei meiner Nachbarin absetzen. Sie passt zum Glück immer gern auf sie auf, wenn sonst keiner da ist.“

„Kein Problem, ich kann warten.“

„Du kannst auch mitkommen, wenn du willst“, schlug Gordon vor, während er Pepper, die die ganze Zeit über unter einem Strauch nahe des Wassers gedöst hatte, wieder an die Leine nahm. Jetzt wirkte er nicht mehr einsam, denn da war wieder dieser Wandel. Dieser Stimmungswandel.

Andy dachte nicht lange nach, ehe er die Einladung annahm und den beiden aus dem Park heraus folgte.

„Ich bin wieder da!“

Die Antwort seines Bruders ließ einige Sekunden auf sich warten, vermutlich weil er, typisch für einen Musterschüler, in seine Hausaufgaben vertieft war. Ein kurzes „Hey“, danach schien er sich wieder ganz seinem Lernstoff zu widmen.

„Ich hab Gordon dabei“, fügte Andy hinzu, bevor er Joes Zimmertür öffnete und auf der Schwelle des Türrahmens stehen blieb. „Ich denk mal, das macht dir nichts aus, oder?“

„Kann ich gleich wieder bei dir abschreiben?“, fragte Gordon mit Hundeblick zwischen ihm und dem Türrahmen zu Joe vorgebeugt, der wiederum über ein Heft und zwei aufgeschlagene Bücher gebeugt an seinem Schreibtisch saß. Den Blick musste er sich bei Pepper abgeschaut haben, wenn sie versuchte, ein Leckerchen von ihm zu ergattern. Trotzdem verfehlte er bei seinem Bruder offenbar seine Wirkung.

„Wenn ich dich ständig nur abschreiben lasse, kannst du dich nicht verbessern. Das Thema hatten wir schon hundert Mal.“

„Du bist echt knallhart... Komm schon, Joe! Ich hab heute keinen Nerv auf Hausaufgaben.“

„Die Frage ist eher, wann du da überhaupt jemals Nerv drauf hattest“, gab Joe seufzend zurück, ließ sich dann aber scheinbar doch noch erweichen. „Von mir aus. Nach dem Essen. Aber versprich mir, dass du danach auch selbstständig noch lernst! Wenn du den Test morgen vergeigst, bist du selber dran schuld.“ Er machte einen Moment Pause, schaute wieder auf sein Heft und schielte schließlich noch einmal flüchtig zwischen ihnen beiden hin und her. „Und ihr kommt gut klar miteinander...?“

„Ja, voll gut!“, grinste Gordon bereits, bevor Andy auch nur über eine Antwort hätte nachdenken können. Auf dieses Ziehen in der Magengegend, das die Frage bei ihm ausgelöst hatte, war er nicht eingestellt gewesen. Fuck, lag das wirklich nur an diesem Ereignis im Park? Nur wegen einem harmlosen Kuss?

Während Andy sich um ein möglichst normales und natürliches Lächeln bemühte, schien Joe schon von der guten Laune seines besten Freundes angesteckt worden zu sein – jedenfalls wirkte er sichtlich zufrieden mit der Situation. In seltenen Fällen war es fast von Vorteil, dachte Andy, einen Bruder zu haben, für den die Gedanken und Gefühle anderer Menschen so etwas wie ein Buch mit sieben Siegeln darstellten. So bekam er jetzt wenigstens keine unnötigen Fragen gestellt, die alles noch komplizierter machen würden.

„Tja, also... Ich will dich dann auch nicht länger stören“, sagte er vage in Richtung Joe, und dann zu Gordon: „Willst du mit in mein Zimmer kommen? Wir könnten was zocken, wenn du Lust hast.“

Ein bestätigender Laut seitens Gordon nahm ihm glücklicherweise die Entscheidung ab, was sie stattdessen hätten tun sollen, hätte Gordon mit Videospielen nichts anfangen können. Sonderlich viel wäre ihm dazu wohl nicht eingefallen.

Bevor sie Pepper zu Gordons Nachbarin gebracht hatten, die wirklich einen sehr liebevollen Eindruck gemacht hatte, waren sie noch kurz in dessen eigener Wohnung gewesen, die er sich anscheinend mit seiner Mutter teilte. Weitere Familienmitglieder hatte er zumindest nicht erwähnt, und gesehen hatte Andy auch niemanden. Die Gelegenheit hatten sie allerdings genutzt, um sich die Kleidung und Haare zu föhnen, die im Sonnenschein allein nicht ausreichend getrocknet waren. Gordons Frisur war zwar größtenteils von einer schwarzen Mütze bedeckt gewesen, die offenbar ein fester Bestandteil seines Kleidungsstils war, die Spitzen hatten aber dennoch nicht wenig Wasser abbekommen und er hatte ein paar Minuten gebraucht, um alles wieder in Form zu bringen. Es hatte gut getan, die Abkühlung durch das kalte Wasser und die anschließende warme Luft. In der Schule war er heute zwar nicht gewesen, dafür aber im Park, in der Wohnung eines flüchtigen Bekannten, dem er rapide nähergekommen war, bei dessen Nachbarin, und jetzt waren sie zusammen hier – und das alles in nicht mehr als anderthalb Stunden. Diesen Tag konnte man durchaus als außergewöhnlich bezeichnen.

„Da wären wir“, verkündete er, mehr um seine eigene innere Anspannung etwas zu lockern, während er die Tür hinter sich leicht anlehnte. Sie zu schließen, würde die Anspannung wahrscheinlich bloß verstärken. „Ist etwas klein und nicht gerade aufgeräumt, aber fühl dich wie zu Hause. Deine Sachen kannst du abstellen, wo du willst!“

„Danke“, erwiderte Gordon, stand eine Weile unschlüssig vor der Tür herum und legte seinen Rucksack schließlich in die einzige freie Ecke des Raumes. Andy kramte unterdessen in einem Stapel durcheinandergeratener Spiel- und DVD-Hüllen, deren Anblick ihm wenigstens wieder ein vertrauteres Gefühl vermittelte und etwas Ablenkung verschaffte. Fragte sich, für wie lange.

„Magst du Rennspiele?“

Gordon zuckte mit den Schultern, direkt gefolgt von einem Nicken.

„Die mag doch jeder, oder?“

„Also, Mädels konnte ich damit noch nicht beeindrucken“, lachte er, was zwar auf Tatsachen beruhte – allerdings hatte er es auch noch nie versucht. Für gewöhnlich empfing er hier keinen Besuch, und das hatte Gründe.

„Darf ich mich aufs Bett setzen?“, fragte Gordon mit plötzlicher Zurückhaltung, abwartend vor besagtem Bett stehend, auf dem er selbst sich bereits eingerichtet hatte, nachdem seine ausgewählte Disc in der Konsole gelandet war. Andy sah mit todernstem Blick zu ihm auf.

„Nein. Ich hatte mir das selbstverständlich so vorgestellt, dass du 'ne Stunde lang da rumstehst, während ich es mir hier gemütlich mache.“

„Ich nehm an, das war jetzt ironisch gemeint...?“

„Frag doch nicht auch noch. Setz dich einfach.“ Ein weiteres Mal ließ er es sich nicht mehr sagen, nahm neben ihm Platz und schnappte sich dann den Controller, den Andy ihm schon seit einer Weile entgegenstreckte. Auf dem Bildschirm flimmerte längst das Einstellungsmenü, begleitet von einer gitarrenlastigen Musik, der er immer gern zuhörte, wenn er dieses Spiel spielte.

„Welchen Schwierigkeitsgrad willst du? Einfach, Mittel, Schwer, Experte?“

„Such du das ruhig aus. Ich werd mich schon einspielen.“

„Dann machen wir mal 'Mittel', das ist für den Anfang schwierig genug“, entschied er, wählte ohne zu überlegen sein Fahrzeug inklusive Fahrer – den mit den langen Haaren und voll-tattoowierten Armen, der sah am wildesten aus – und wartete dann, bis Gordon die gesamte Auswahl eingehend begutachtet hatte. Tatsächlich gab es einen Fahrer, der ihm annähernd ähnlich sah. Nicht im Gesicht, aber der Style war in Etwa derselbe – ein weit geschnittenes Shirt; eine Mütze, unter der ein paar ungleichmäßige Strähnen hervorragten...

„Bist du eigentlich ein Skater oder so?“ Gordon sah ihn scheinbar verwundert an, so als würde es ihn irritieren, woher diese Frage jetzt kam. „Du siehst'n bisschen aus wie einer“, ergänzte Andy deshalb, ein wenig über sich selbst lachend, weil er merkte, was für ein Klischee-Denken er da an den Tag legte. Wenigstens schien Gordon sich selbst nicht allzu ernstzunehmen.

„Ich hatte mal ein Skateboard, hab's aber nach kurzer Zeit 'nem Kumpel geschenkt, weil mir das mit dem Gleichgewicht halten zu anstrengend war“, grinste er, offenbar in Erinnerungen schwelgend. „Solche Klamotten trag ich aber trotzdem gern. Ich glaub, das ist der einzige Style, der mir wirklich steht.“

„Ach Quatsch.“

Er wirkte wieder so glücklich. Ob er sich darüber freute, wenn jemand an seinem Leben interessiert war? Einen Moment lang sagte Gordon nichts mehr, schaute ihn nur an, als versuche er seine Gedanken zu lesen.

„Und du?“, gab er doch irgendwann zurück. „Bist du wirklich ein Punk, oder siehst du nur so aus?“

„Hm“, machte Andy nachdenklich. „Gute Frage. Naja... Meine geschätzte Mom sagt jedenfalls immer, ich soll 'meine ätzenden Punk-Freunde von ihr fernhalten'. Die sind ähnlich drauf wie ich, manche'n bisschen krasser. Vielleicht bin ich dann auch einer.“

„Punk-Freunde... Woher kennst du die denn? In der Schule hab ich solche Typen noch nie gesehen.“

„Nee, die kenn ich auch nicht aus der Schule.“ Wär ja auch zu schön, wenn in der Schule noch etwas anderes als arrogante Lackaffen rumlaufen würde. „Eigentlich sind das auch gar nicht wirklich meine Freunde. Von den meisten weiß ich gar nicht viel. Wir hängen manchmal zusammen rum und reden. Kotzen uns über irgendwelchen Scheiß aus. Find ich aber besser, als alleine abzuhängen. Bei denen fühl ich mich wenigstens irgendwie... verstanden.“

Schon irgendwie traurig, dachte er plötzlich. Sich von oberflächlichen Bekanntschaften, die eigentlich nur dazu da waren, sich gegenseitig mit negativen Erfahrungen zu übertrumpfen, mehr verstanden zu fühlen als von der eigenen Familie. Sein Bruder... Ja, er mochte ihn wirklich, und er hörte ihm zu, wenn er ihm etwas erzählte. Aber die Auswahl an Themen, über die er wirklich mit ihm reden konnte, war begrenzt.

Und seine Mutter? Ha. Das war ein schlechter Witz. Das Einzige, das für sie wichtig war, war ein guter Ruf – und in dieses Bild würde er solange nicht hineinpassen, bis er anfing, genauso zu sein wie Joe. Selbst dann wahrscheinlich nicht, weil ihre Meinung zu ihrem ältesten Sohn schon seit Jahren offenbar so abgrundtief schlecht war, dass sich daran wahrscheinlich auch nichts mehr ändern würde.

Und Gordon? Fühlte er sich von Gordon verstanden? Konnte man das nach so kurzer Zeit überhaupt schon wissen? Er war sich nicht einmal sicher, ob er die Bedeutung dieses Wortes überhaupt noch kannte.

Andy seufzte leise, streckte sich einmal kurz und begab sich in eine etwas bequemere Sitzposition. Es machte keinen Sinn, so viel über solche Dinge nachzudenken. Am Ende hatte niemand etwas davon, weder er noch irgendwer sonst.

„Sollen wir dann anfangen zu spielen?“, fragte Gordon etwas zögerlich, ohne sich zu dem vorherigen Thema weiter zu äußern. Vermutlich wusste er dazu auch nichts mehr zu sagen und wollte lieber für Ablenkung sorgen. War vielleicht auch das Beste.

„Klar. Wenn du bereit bist! Kennst du die Steuerung?“

„Werd ich schon rausfinden. Leg mal los.“

„Okay, wenn du meinst.“
 

Die erste Runde gestaltete sich als nicht ganz einfach, weil er hin und wieder eine Frage bezüglich der Tastenbelegung beantworten musste und ohnehin gefühlt die Hälfte der Zeit auf Gordons Fahrzeug schaute anstatt auf sein eigenes. Von zehn Plätzen hatte Gordon den siebten erreicht, was unter dem Umstand, dass er vorher nicht einmal die Anleitung gelesen hatte, gar nicht schlecht war. Die nächste Runde verlief für ihn selbst nicht wesentlich besser – Vorführeffekt –, dafür schien Gordon sich mit einer unmöglichen Schnelligkeit einzuspielen. Jetzt wo er wusste, welche Taste welche Aktion auslöste, konnte man ihn durchaus als ernstzunehmenden Gegner betrachten. In Runde Drei erreichte er, sage und schreibe, den zweiten Platz. Entweder war er ein Naturtalent... oder er selbst war gar nicht so gut, wie er immer gedacht hatte.

„Beim nächsten Mal besiege ich dich!“

„Jaja, träum weiter.“ Wie automatisch ließ er sich von dem siegessicheren Grinsen seines neuen Mitspielers anstecken. Zum Glück war er, für den Fall der Fälle, kein schlechter Verlierer. „Gib's zu, du hast das Spiel selbst und machst nur einen auf Noob, damit ich doof dasteh!“

Gordon lachte und zupfte scheinbar verlegen an einer seiner Pony-Strähnen.

„Ich glaub, ich hab's tatsächlich schon mal bei 'nem alten Kumpel gezockt...!“

„Wusst ich's doch! Cheater!“

„Hey, mir ist das ja selbst gerade erst wieder eingefallen!“

„Würd ich an deiner Stelle jetzt auch sagen.“

„Ehrlich!“, beteuerte Gordon, immer noch lachend, als habe er den größten Spaß seines Lebens. Nein, das zu sagen, war vielleicht übertrieben – aber es war ein so unverfälschtes Lachen, so überhaupt nicht aufgesetzt, wie er es bei genügend anderen Menschen täglich erlebte. Es war einfach echt, und irgendwie machte ihn diese Erkenntnis gleichzeitig glücklich und traurig. Als würde ihm in diesem Moment endgültig verdeutlicht, wie falsch ein Großteil der Leute, die ihn umgaben – genau genommen alle, bis auf Joe und ein paar wenige andere Ausnahmen – eigentlich wirklich war. Als seien er selbst und Gordon in dieser Masse aus Mistkerlen und verlogenen Arschkriechern die einzigen Individuen, die sich noch nicht von irgendwem oder irgendetwas hatten verbiegen lassen.

Er musste verrückt sein, so etwas zu denken.

Ein Klopfen an der Tür und das darauffolgende Eintreten seines Bruders, wie üblich ohne eine Antwort abzuwarten, brachte wieder etwas Normalität in die Situation.

„Sorry, falls ich störe“, das sagte er jedes Mal – besonders ironisch, wenn er wirklich störte, „ich wollte nur fragen, ob ihr Lust habt, irgendwo essen zu gehen? Mit den Hausaufgaben bin ich fertig, und ich dachte, da wir noch nie was zu dritt gemacht haben...?“

Gordon zuckte die Schultern und nickte dann leicht, so wie er es auch auf die Frage hin, ob er Rennspiele mag, getan hatte. Andy verstand das als Zustimmung, zuckte selbst mit den Schultern und sagte: „MC Burger's?“

„Klar, können wir machen!“, gab Joe fröhlich zurück. Es war irgendwie schön zu sehen, wie begeistert er sich über die kleinsten Dinge freuen konnte. „Sollen wir dann direkt los? Oder seid ihr noch beschäftigt?“

„Im Moment gerade nicht, oder?“, fragte Gordon, Andy einen Bestätigung suchenden Seitenblick zuwerfend. Andy versuchte möglichst unauffällig sein Gesicht abzuwenden, als er merkte, wie heiß es sich augenblicklich anfühlte.

„Nee... Im Moment nicht. Dann können wir ja gehen, oder?“
 

Ein passender Sitzplatz war schnell gefunden – nicht der Stammplatz, an den er sich mit Joe setzte, wenn sie zu zweit hierherkamen, sondern ein Vierertisch am Fenster, an den sie sich eher seltener gesetzt hatten, wenn Zane mit dabei gewesen war. Zane war sein zukünftiger Mitbewohner und eine dieser wenigen Ausnahmen von Menschen, die er kannte, die wirklich in Ordnung waren. Vermutlich war er für Andy ungefähr das, was Gordon für Joe sein musste, wenn zwischen ihnen auch die ein oder andere Differenz bestand. Aber es gab keinen Zweifel daran, dass es nur besser werden konnte, wenn er mit ihm zusammenzog. Sobald er achtzehn war und die Schule beendet hatte, würden sie sich eine gemeinsame Wohnung suchen, in die auch Joe bald mit einziehen würde, wenn er alt genug war. Woher Zane das Geld nahm, um das alles zu finanzieren, war ihm ein Rätsel. Aber das spielte auch keine Rolle, solange sie nur endlich anfangen konnten, ihr eigenes Leben zu leben.

Joe kam nach kurzer Zeit mit einem Tablett und ihrem jeweiligen Mittagessen zurück, das er sorgfältig auspackte und, zumindest seinen Teil des Essens, auf seine eigene Art anrichtete. Was bedeutete, dass er seine vor ihm ausgebreiteten Pommes mit ein wenig Currysauce verzierte und das Fleisch in seinem Brötchen mit etwas Mayo bestrich. Andy sah ihm auch nach Jahren immer noch fasziniert dabei zu.

„Schmeckt's?“, erkundigte sich Gordon, der als Einziger keinen Burger und nur vier Chicken Wings bestellt hatte, hörbar skeptisch. Joe nickte, während er einen Bissen seines Spezial-Joe-Burgers herunterschluckte.

„Na klar! Aber bist du sicher, dass dir das reicht?“, entgegnete er, auf die Chicken Wings deutend. „Du kannst dir was von meinen Pommes nehmen, wenn du willst!“

„Danke, aber lass mal“, nuschelte Gordon, auf einem Stück Wing kauend. „Ich mag doch kein Curry. Außerdem hab ich eh nicht viel Hunger.“

„Echt nicht?“ Eine Weile lang sagte Joe nichts mehr, schien über irgendetwas nachzudenken und sah dann zu Andy, der ihm gegenübersaß. „Und, was habt ihr so gemacht bisher? Gezockt?“

Unter Anderem, dachte Andy. Eigentlich war ja gar nicht viel passiert. Sie hatten Spaß gehabt, als sie im Park gewesen waren. Vorher hatten sie gekifft. Naja, er selbst hatte nicht viel davon abbekommen, aber für Gordon schien das wohl irgendwie normal zu sein. Wenn er solche Sachen öfter tat, vielleicht war dann auch so ein Kuss für ihn nichts Besonderes. Vielleicht war das einfach ein spontaner Impuls gewesen, um zu testen, ob er wirklich auf Jungs stand. Vielleicht hatte er sich ja gar nichts weiter dabei gedacht. Und so langsam fragte er sich, warum er sich so viel dabei dachte. Wahrscheinlich war er bloß verwirrt und aufgewühlt, weil die Sache mit Christina noch nicht lange genug her war...

„Ähm... Gezockt, ja“, hörte er Gordon für sich antworten und verfluchte sich dafür, wie schnell er sich aus dem Konzept bringen ließ. „Irgendso'n Game mit geilen Autos, bei dem ich deinen Bro voll abgezogen hab.“

„Warte, warte – du warst gut, aber du hast noch kein einziges Mal gegen mich gewonnen!“

„Kommt noch.“

„Pass auf, wenn mein Bruder sich einmal richtig reinsteigert, greift er zu allen Mitteln, um zu gewinnen!“

„Stimmt doch gar nicht! Ey, erst erzählst du gar nichts über mich, und jetzt verbreitest du eiskalt Lügen! Was bist du nur für ein Bruder?!“

„Der Beste, den du hast?“

Joe gab ihm über den Tisch hinweg einen Knuff, woraufhin sie beide lachten und sich dann, zum ersten Mal in dieser Konstellation, über die verschiedensten Dinge unterhielten. Über die Schule, ihre Lehrer und wer von diesem Haufen am schrecklichsten war, über Videospiele, Fernsehserien und ihre Lieblingsfilmfiguren. Es war ein tolles Gespräch, weil die Chemie zwischen ihnen Dreien, als Gruppe, so sehr stimmte, dass er innerlich beschloss, unbedingt öfter mit den beiden herumzuhängen, auch wenn seine so seltsam euphorischen Gefühle in Bezug auf Gordon sich wieder beruhigt und normalisiert hatten. Morgen oder spätestens in ein paar Tagen würde er darüber sicher schon wieder ganz anders denken. Pubertät eben. So war das nun mal.

Eine ganze Weile redeten sie noch und vergaßen dabei hin und wider das Essen – bis Andy das Einrasten der Tür schräg hinter sich hörte, und dann zwei Stimmen, die ihm nur allzu bekannt vorkamen. Kein Zweifel. Das waren Gangster-Boy und Poser-Boy.

„Du weißt schon“, hörte er einen der beiden – vermutlich Poser-Boy – in einem protzigen Tonfall sagen, nachdem sie vorne ihre Bestellung aufgegeben hatten und nun warteten. „Die Alte da, eine Klasse unter mir. Becky... oder Betty...“

„Heißt die nich' Belinda?“

„Ja, stimmt. Becky war die Eine vom letzten Monat. Jedenfalls, die hab ich gestern voll klargemacht.“

„Korreeeekt, Alter, Respekt!“, rief Gangster-Boy übertrieben in die Länge gezogen, woraufhin ein klatschendes Geräusch ertönte, wahrscheinlich weil sie eine 'Wir-sind-dermaßen-krasse-Checker-und-klatschen-uns-saucool-gegenseitig-ab'-Geste vollführten. Wie auch immer der Fachbegriff für ein solches Gehabe lauten mochte.

Joe sah in Richtung der Stimmen, als sei dort ein Alien entlanggelaufen. Gordon starrte wie versteinert ins Leere, und Andy versuchte sich von außen nicht anmerken zu lassen, wie vergeblich er geistig versuchte, eine Antwort auf die Frage zu finden, was sie jetzt tun sollten. Wenn die Zwei sie hier sitzen sahen, würden sie Gordon und ihn definitiv wiedererkennen – sie waren nicht unbedingt unauffällige Erscheinungen, würde er behaupten –, und dass das Ganze nicht auf Ärger hinauslaufen würde, wagte er zu bezweifeln.

„Ach du Scheiße! Das sind doch die Schwuchteln aus dem Park!“

Seine prophetischen Fähigkeiten waren wirklich unglaublich.

„Krass, die sind das ja wirklich... Jetzt verfolgen die uns schon beim Essen!“

Abgesehen davon, dass wir zuerst hier waren, dachte Andy, sprach es aber nicht aus. Gordons Gesicht verriet, dass er mit sich kämpfen musste, um ein beachtliches Ausmaß an Hass unter Kontrolle zu behalten.

„Kennt ihr die Spackos?“, fragte Joe, flüsternd über den Tisch zu ihm vorgebeugt.

„Äähm“, war das Einzige, das er auf die Schnelle darauf herausbrachte, denn im nächsten Moment hörte er bereits näherkommende Schritte hinter sich. Über die Schulter hinweg warf er den beiden ein zynisches Lächeln zu und winkte, weil er nicht wusste, was er sonst machen sollte. Poser-Boy, der das spezifisch auf sich selbst zu beziehen schien, verzog angewidert das Gesicht.

„Was grinst du so hässlich?“, zischte er neben seinem Kumpanen, der das Tablett mit beiden Händen festhielt. „Willst du mich anmachen?!“

Andy griff nach der Cola, die er zu seinem Burger bestellt hatte, ohne die beiden länger anzusehen.

„Bevor ich so 'ne Hackfresse anmache, schmeiß ich mich lieber vor 'nen Zug“, sagte er, trank einen Schluck und zwang sich, nicht in nervöses Gelächter auszubrechen – was ihm nur noch schwerer fiel, als er einen Blick auf besagte Hackfresse riskierte, deren Mundwinkel unkoordiniert vor sich hinzuckten.

„Was hast du gerade gesagt?“, presste der Kerl hervor, noch zischender als eben schon. Selbst sein angeblicher Kumpel schien ein Prusten zu unterdrücken.

„Hast du schlechte Ohren?“, gab Andy wesentlich gefasster zurück, als es der Wahrheit entsprach, konnte die Spannung in der Luft nahezu spüren und zuckte leicht irritiert zurück, als der Poser seine Hand ausstreckte und ihm den Colabecher entriss. Noch bevor er sich fragen konnte, warum er das tat, oder sich darüber ärgern, dass er nicht geistesgegenwärtiger darauf reagiert hatte, hatte der Spinner schon den Deckel von dem Plastikbecher entfernt und ungefähr die Hälfte des Inhalts auf seinem Oberteil entleert. Andy wusste weder, ob er jetzt denjenigen, der für die Sauerei verantwortlich war, anstarren oder eher an seinem heute zum zweiten Mal durchnässten Shirt herunterschauen sollte, noch wusste er, was genau er in diesem Augenblick fühlte. Dafür schien Gordon es umso besser zu wissen – jedenfalls ließ die Art, wie er ruckartig von seinem Platz aufgestanden war, darauf schließen, dass ihm soeben irgendeine Sicherung durchgebrannt war. Joe rief irgendetwas und war ebenfalls von seinem Platz aufgesprungen, als Gordon lautstark auf den Schmierlappen zustapfte, der noch immer den halbvollen Colabecher festhielt, und sich aufrecht vor ihm positionierte. Poser-Boy musterte ihn durch zusammengekniffene Augen.

„Was willst du?“

„Wenn du noch einmal sowas machst...“, knurrte Gordon, wobei seine Stimme zunehmend lauter wurde, „... und ich es mitbekomme... Ich schwöre, dann kannst du auf dem Weg nach Hause deine verdammten Einzelteile aufsammeln!“

Ein kurzer Moment der Stille – sowohl der Schmierlappen als auch sein kleiner Freund, der mit dem Tablett wie sein persönlicher Butler aussah, machten den Mund auf, als seien sie noch nicht ganz sicher, was sie darauf am besten zurückschießen sollten –, dann wurde diese sinnlose Auseinandersetzung endlich unterbrochen, weil eine der Mitarbeiterinnen dazwischentrat. Erst jetzt fiel ihm auf, dass ein paar der anderen hier anwesenden Leute schon angefangen hatten sich die Mäuler zu zerreißen, was hier wohl los war. Viele waren es allerdings nicht, heute war in dem Laden ohnehin kaum Betrieb.

„Was ist das hier für ein Theater?!“, schimpfte die Angestellte, keinen von ihnen im Speziellen ansehend. „Entweder ihr könnt euch benehmen und setzt euch in Ruhe an euren Tisch, oder ihr fliegt raus! Das hier ist keine Kneipe in irgendso'nem... was weiß ich, Western-Film!“

„Wenn das hier'n Western wär, würden hier auch nur richtige Männer sitzen und keine halben Weiber!“, kicherte Gangster-Boy plötzlich, mehr an seinen Kumpel/Rudelführer gerichtet als an irgendwen sonst. Die Angestellte hörte es trotzdem und warf ihm einen mörderischen Blick zu.

„Noch ein Wort, mein Freund, und wir gucken mal, was deine Eltern zu deinem Macho-Verhalten sagen!“

„Das dürfen Sie gar nicht! Oder? Darf die das?“, wandte sich der Typ, plötzlich ganz aufgeregt, an seinen Kumpel, der wiederum wie die Ruhe in Person dastand und in die Gegend schaute, als würde ihn das alles nichts angehen.

„Mir scheißegal. Ich geh mich verpissen.“

„Hä? Wo willst du denn jetzt-“

„Du kannst ja von mir aus hier bleiben. Aber ich hab kein' Bock mehr“, sagte Poser-Boy ohne weitere Erklärung, während er bereits ein paar Schritte Richtung Ausgang ging. Dann machte er noch einmal auf dem Absatz kehrt, mit den Worten „Hier, eure Cola!“, und schleuderte diesmal Gordon, wie zum Abschied, den Rest des Getränks entgegen, bevor er von der Bildfläche verschwand. Nicht nur die Mitarbeiterin sondern auch Gangster-Boy starrten ihm mit offenstehendem Mund hinterher. Heute war offenbar der Tag des ungläubigen Anstarrens.

„... Mein lieber Scholli!“, stieß die Angestellte irgendwann aus, als auch der Zweite der beiden Vollpfosten den Laden verlassen hatte – das ganze Essen natürlich umständlich unter die Arme geklemmt. Auf Gordons weißem Shirt kam der Colafleck noch viel besser zur Geltung als auf seinem eigenen Schwarzen. Hätte er auch eins in Weiß angezogen, würden sie jetzt Partner-Look tragen.

„Das tut uns wirklich leid“, sagte Joe, nachdem er sich anscheinend wieder gefasst hatte, zu der halb-schockiert halb-entnervt dreinschauenden Burger-Lady. „Wir wollten echt keinen Ärger machen... Die Typen sind einfach hier rübergekommen und-“

„Ist okay. Ihr braucht dazu nix mehr zu sagen“, schnitt sie ihm das Wort ab, schien aber nicht böse zu sein – vermutlich eher gestresst. „Ich muss dann auch wieder an die Arbeit“, fügte sie noch hinzu, schaute sich scheinbar unschlüssig um und ließ sie kurz darauf wider alleine. Joe und Gordon blieben einige Sekunden lang ebenso unschlüssig in der Gegend stehen, ehe sie sich wieder an den Tisch setzten.

„Mann“, seufzte Gordon. „Solche Typen sind echt das Letzte... Sollen die doch einfach verrecken.“

„Wer waren die überhaupt? Das klang ja, als hättet ihr euch im Park schon gesehen“, bemerkte Joe mit hochgezogener Augenbraue. Auch wenn seine sozialen Kompetenzen nicht immer überragend waren – aufmerksam war er, selbst in den ungünstigsten Momenten, trotzdem.

„Ja... also...“ Verdammt, was sollte er sagen? Die Wahrheit? Das würde Gordon bestimmt nicht wollen. Er war nicht sicher, ob er selbst das wollte. „Wir haben die im Park kurz gesehen, das stimmt. Gordon und ich haben halt so'n bisschen, naja...“ Lass dir was einfallen, du Trottel! „... Mit seinem Hund gespielt! Mit Pepper! Ja, und... wie das halt so ist, wenn so'n Hund um einen herumtobt und einen anspringt, sind wir irgendwie so aufeinander rumgestolpert... naja, und das haben die wohl falsch aufgefasst. Die Penner.“

Joe sah ihn an, als habe er Mühe damit, seiner Schilderung richtig zu folgen. Zu schauen, wie Gordon aussah, traute er sich nicht recht.

„Also... Moment. Die haben also- Und ihr wart-“, versuchte er einen zusammenfassenden Satz zu formulieren, gab es aber mittendrin auf. Was Andy gut verstehen konnte. „Na, ist ja auch egal. Hauptsache, die sind wieder weg! Sollen wir dann einfach unser Zeug aufessen und nach Hause gehen?“

„Klar“, gab Gordon beleidigt zurück und zupfte an seinem nassen Shirt. „In dem Look wollte ich schon immer mal durch die Straßen stolzieren...!“

„Ich leih dir zu Hause was von meinen Sachen“, schlug Andy sofort vor. „Bis dahin könntest du dir ja irgendwas davorhalten... Joes kleine Umhängetasche vielleicht.“

„Hm... Und das würde auch nicht auffallen?“

Joe zuckte die Schultern.

„Wenn du dich ansonsten nicht auffällig verhältst“, meinte er, abwesend an einer Curry-Fritte kauend. „Wird schon keiner bemerken.“

Damit waren die letzten Bedenken offenbar weggewischt. Sie aßen ihre mittlerweile schon stark abgekühlten Reste auf, ohne dabei noch einmal gestört zu werden, und machten sich dann wieder auf den Weg zu ihren eigenen vier Wänden, die wenigstens sicherer waren als irgendein Ort in der Öffentlichkeit.

I'll show you mine if you show me yours first

Let's compare scars, I'll tell you whose is worse

Let's unwrite these pages and replace them

with our own words
 

Rise against – Swing life away
 


 

„Ganz schön spät geworden“, war das Erste, das Joe bemerkte, als sie die Wohnung betraten und sein Blick direkt auf die teure Uhr fiel, die im Flur platziert war. Fun Fact: Ihre Mutter sammelte Uhren und liebte es, sie überall in der Wohnung zu verteilen, weil sie so ihren Zwang, ständig wissen zu müssen, wie spät es war, wenigstens mit der Ausrede einer 'edlen Dekoration' verteidigen konnte. Den Kontrollzwang hatte Joe eindeutig von ihr geerbt. Eigentlich hatte er ziemlich viel von ihren Genen mitbekommen – bei ihm wirkten diese Eigenschaften jedoch wundersamerweise wesentlich liebenswerter.

„Bin ich froh, dass ich das hinter mir hab“, stieß Gordon hörbar erleichtert aus, während er Joes kleine, kompakte Tasche, die in der Tat nicht den kompletten Fleck hatte verdecken können, auf dem Boden abstellte. Joe schien etwas sagen zu wollen, in der Richtung wie „Stell dich doch nicht so an“, verkniff es sich aber, als Andy ihn demonstrativ in die Seite stubste.

„Ich schau mal, ob ich irgendein Shirt für dich finde!“, sagte er schnell, selbst erleichtert darüber, dieses eingesaute Teil endlich ausziehen zu können.

Ausziehen, ging es ihm durch den Kopf, als er vor seinem offenen Kleiderschrank stand, und er fragte sich, ob das für Gordon überhaupt in Ordnung war – sich hier und jetzt umzuziehen, während auch noch Joe anwesend war. Andererseits hatten die beiden doch auch gemeinsamen Sportunterricht, was bedeutete, dass sie sich schon oft gegenseitig in der Umkleide gesehen haben mussten. Wahrscheinlich machte er sich viel zu viele unnötige Gedanken.

Joes und Gordons Stimmen waren aus dem Flur zu hören, sie unterhielten sich noch über irgendetwas. Er bekam nicht wirklich mit über was, seine Aufmerksamkeit war zu sehr auf das Innere seines Schrankes gerichtet, ohne dabei zu irgendeinem Schluss zu kommen oder auch nur wahrzunehmen, was eigentlich darin lag. Kurzerhand griff er nach dem erstbesten Oberteil, das ihm ins Auge fiel – eines der vielen dunklen Tank Tops, die er besaß –, um es sich selbst anzuziehen, solange er noch alleine im Raum war. Das blieb allerdings beim Versuch, denn als Gordon ins Zimmer kam, hatte er das alte Shirt noch nicht einmal vollständig abgestreift. Gordon sah ihn an, nicht sonderlich offensichtlich oder aufdringlich, aber ausreichend, dass Andy wie automatisch in der Bewegung stockte, bevor er sich das Teil endgültig aus- und das Neue anzog. Er war nicht sicher gewesen, ob er mit einer solchen Situation nicht mindestens einen von ihnen beiden in Verlegenheit bringen würde – Scheiße, er war sich über gar nichts mehr sicher! –, aber zumindest war Joe im Moment nicht im selben Raum. Der Gedanke, dass Joe, auch wenn es unwahrscheinlich war, irgendetwas zwischen seinem Bruder und seinem besten Freund bemerkte, bevor besagter bester Freund überhaupt mit ihm über seine Neigungen gesprochen hatte, schien irgendwie... nicht richtig. Verdammt, er hatte ja selbst bis heute nicht gewusst, dass er eine solche Anziehung zu jemandem verspüren konnte, der keine Frau war! Man lernt nie aus, dachte er, während er ein weiteres Mal in den Schrank griff, um diesmal etwas für Gordon herauszusuchen. Er war etwas kleiner und zierlicher gebaut als er selbst, also im besten Fall ein möglichst kurzes und enges Shirt. Irgendwo musste so etwas rumliegen...

„Du brauchst nicht so lange zu suchen. Alles ist besser als das hier“, hörte er Gordon hinter sich sagen und sah, als er sich zu ihm umdrehte, dass er auf das weiße Shirt zeigte – das er mit der anderen Hand festhielt, weil es sich bereits nicht mehr an seinem Oberkörper befand.

„Äh... ja, da hast du wohl Recht“, gab er zurück – sehr geistreich – und blieb ebenfalls für ein oder zwei Sekunden an dem Anblick vor sich hängen, bevor er, ohne länger darüber nachzudenken, irgendetwas aus dem Klamottenstapel herauszog. Eines der wenigen Shirts in seinem Schrank, die neben Schwarz auch noch eine Menge Rot besaßen. In diesem Fall kombiniert mit einem beinahe psychedelischen Totenkopfmuster.

„Ich hoffe, die längeren Ärmel stören dich nicht. Der Stoff ist auch ziemlich dünn.“

„Kein Problem“, sagte Gordon, nahm das Shirt an sich und zog es sich über – tatsächlich gerade in dem Moment, in dem auch das Geräusch Joes zufallender Zimmertür ertönte, weil er offenbar mit dem, was er dort noch erledigt hatte, fertiggeworden war und sich nun zu ihnen gesellte. Sie hatten schon beim Essen abgesprochen, dass er das tun würde, um Gordon noch die Hausaufgaben bei sich abschreiben zu lassen. Anscheinend brauchte man ihn nur beharrlich genug anzubetteln, und er ließ sich zu allem breitschlagen, egal, wie strikt er dagegen war.

„Wo hast du das denn her?“, fragte Joe im Vorbeigehen, wie erwartet seine Schulhefte mit sich tragend, an Gordon gerichtet, der das etwas zu lange Shirt ein wenig an den Ärmeln zurechtzupfte. Trotz der nicht ganz passenden Größe stand es ihm erstaunlich gut.

„Hab ich von deinem Bro“, antwortete er das Offensichtliche, während Andy noch damit beschäftigt war, Gordons Aussehen in dem neuen Outfit auf sich wirken zu lassen.

„An dir sieht's aber echt ganz anders aus als an mir“, sagte er feststellend, was Gordon lächelnd zur Kenntnis nahm.

„Besser oder schlechter?“

Schlechter ganz sicher nicht, dachte Andy, sagte aber nichts, weil Gordon schon wieder von Joe beschlagnahmt wurde, bevor er dazu kam. Verständlich. Sie kannten sich viel länger, und wenn er sich nicht täuschte, gab Joe ihm schon, seit Gordon vor drei Jahren in seine Klasse gekommen war, Nachhilfe. Wenn man schon von 'Beschlagnahmen' reden konnte, dann war es wohl eher er, der das tat.

„Sollen wir unsere Runde dann eben noch zu Ende spielen?“, kam es von Gordon, und er brauchte etwas zu lange, um zu realisieren, dass es nicht mehr an Joe gerichtet war sondern an ihn. „Ich beeil mich gleich auch mit dem Abschreiben. Joe meint, du könntest ja solange dein anderes Spiel weiterzocken, mit dem du letztens angefangen hast!“

„'Fantasy Land'? Oh je. Da blamier ich mich nur.“

„Hast du dich nicht vorhin schon beim Autorennen blamiert?“, warf Joe mit dem typischen Charme eines kleinen Bruders ein. Irgendwo hatte er Recht.

„Das... werde ich gleich ändern! Außerdem hab ich trotzdem fast jede Runde den ersten Platz gemacht, obwohl dein verehrter Freund mich so abgelenkt hat!“

„Abgelenkt? Ich dachte, auf mittlerer Schwierigkeitsstufe kannst du das im Schlaf?“, grinste Gordon, der sich inzwischen mit Joe auf das Bett gesetzt hatte, neckisch. Andy schnappte sich seinen Controller und setzte sich dazu.

„Ihr seid beide doof“, konterte er gespielt beleidigt, wartete bis sein Mitspieler ebenfalls wieder den Controller bereit hatte, und startete dann die nächste Runde, während er Gordon mit einem herausfordernden Blick bedachte, den er sogleich von ihm zurückbekam.

Leider half der Siegeswille nicht viel. Am Ende war er zwar der Gewinner des gesamten Cups, aber während zweier Runden war er doch tatsächlich knapp vor dem Ziel von Gordon überholt worden. Irgendwie war er heute nicht in Form.

„Das war wirklich spannend. Ich glaub, ich sollte euch öfter beim Zocken zugucken, das ist besser als Sport im Fernsehen!“, sagte Joe offenbar gut gelaunt.

„Du guckst doch sowieso keine Sportsendungen!“ Andy streckte sich einmal ausgiebig, blieb einen Moment auf der Bettkante sitzen und stand schließlich auf, um die Konsole auszuschalten. Von den bisherigen Ereignissen des Tages war er ein wenig müde, aber irgendwie auch zufrieden. „Tja, soll ich dann jetzt also mein Lieblingsspiel des Grauens anmachen, um ein weiteres Mal unter Beweis zu stellen, dass ich armes Wesen doch kein so guter Gamer bin, wie ich's gerne wäre?“

„Ja, tu das.“

Joe klang wie eine Mischung aus völlig trocken und schadenfroh. Gordon wirkte noch amüsierter, als er die kompletten vergangenen fünfzehn Minuten schon gewirkt hatte.

„Ich hätte nie gedacht, dass du so eine Drama Queen bist“, lachte er, während er sich scheinbar entspannt zurücklehnte und daraufhin von Joe mit einem strengen Blick gescholten wurde.

„Jetzt wird nicht gechillt. Nimm dein Heft und mach erst mal deine Hausaufgaben, bevor du dich hier einrichtest!“

„Ist ja gut... Mann, schon mal drüber nachgedacht, Kommandeur bei der Army zu werden oder so?“

„Heißt das nicht 'Kommandant'?“

„Was weiß ich. Du weißt, was ich meine!“

„Euch beiden zuzuhören, reicht eigentlich schon fast als Hauptbeschäftigung“, sagte Andy grinsend dazwischen, als auf dem Bildschirm in großen, bunten Buchstaben der Schriftzug 'Fantasy Land' erschien, nachdem er die Disc ausgetauscht hatte. Der Schriftzug des Verderbens.

Gordon schaute abwechselnd auf Joes Heft, sein eigenes Heft und den Fernseher, als Andy sich wieder zu ihnen aufs Bett gesetzt hatte und 'Spiel fortsetzen' anwählte, woraufhin sich eine bizarre Landschaft vor ihnen erstreckte, in der eigentlich nichts wirklich Sinn ergab. Ihm war schon des Öfteren der Gedanke gekommen, dass die Macher des Spiels wahrscheinlich von mehr als einem Joint Gebrauch gemacht haben mussten, als sie sich dieses Wirrwarr ausgedacht hatten.

„Abgefahren“, bekundete Gordon sehr treffend. „Heißt dein Charakter wirklich Andy oder hast du den so genannt?“

„Den hab ich so genannt“, antwortete er, während er besagten Charakter auf einen Abgrund zusteuerte, von dem er gleich herunterspringen musste. „Cool, sportlich, gutaussehend... Ich dachte, der muss einfach so heißen.“

Zwar konnte er es nicht sehen, aber er vernahm ein erheitertes Schnauben rechts neben sich. Von noch weiter rechts vernahm er ein leises „Angeber“.

„Was ist denn so schwer an dem Spiel?“, war Gordons nächste nebenbei gestellte Frage, während sein Stift sich in Lichtgeschwindigkeit über sein Heft bewegte, wie Andy bei einem kurzen Blick bemerkte. Seiner Schrift war die Geschwindigkeit deutlich anzusehen.

„Najaaa“, machte er langgezogen. „Wo soll ich anfangen... Du kannst dir ja einfach mal anschauen, wie ich jetzt versuche, von hier oben, aus ungefähr zehn Metern Höhe, kunstvoll von diesem Abgrund zu fallen und genau auf dem Rücken dieser beknackten Mutanten-Libelle zu landen, auf dem ich dann durch diesen komplett zufällig zusammengewürfelten Luftverkehr fliegen darf – übrigens absolut unmöglich zu steuern – und... Ich hab keine Ahnung mehr, wie der Satz angefangen hat, aber ich glaub, du kannst dir vielleicht schon so ein Bild machen!“

Gordon sah so aus, als würden ihm gerade eine Menge Bilder durch den Kopf gehen.

„Klingt spaßig.“

„Ja, sehr. Wenn du das mit eigenen Augen sehen willst, demonstrier ich's dir gerne mal...“

„Jetzt bist du aber derjenige, der meinen verehrten Freund ablenkt!“, meldete Joe sich zu Wort, was Andy nur am Rande mitbekam, weil er sich darauf konzentrierte, zum richtigen Zeitpunk von der Klippe abzuspringen – was ihm nicht gelang.

„... wie man es nicht macht“, beendete er seinen Satz verspätet, inzwischen mehr darauf konzentriert, ein krampfhaftes Lächeln aufrechtzuerhalten. „Ich liebe Libellen. Bestes Tier der Welt. Wozu braucht man Flugzeuge, wenn es Libellen gibt.“

„Haste eigentlich schon mal überlegt, dich dabei aufzunehmen?“

„Hä? Wie jetzt?“

„Naja, beim Zocken. Ich hab schon 'n paar Mal gesehen, wie Leute das gemacht haben. Ihre Gameplays irgendwie gefilmt, dabei 'n bisschen vor sich hingequatscht und die Videos dann hochgeladen. Kam ziemlich gut an, das könntest du doch bestimmt auch!“

„Haben wir uns sowas nicht auch mal zusammen angeguckt?“, fragte Joe, den es auf einmal gar nicht mehr zu stören schien, dass Gordons Aufmerksamkeit sonst wohin schweifte. „Du hast mir doch mal so ein Video gezeigt, als ich bei dir war, letzten Winter oder so. Und du meintest, sowas nennt sich 'Let's Play'.“

„Ah...!“ Jetzt erinnerte er sich auch, so etwas schon mal gesehen zu haben – mehr durch Zufall als alles andere. „Ja, ich weiß, was ihr meint. Aber das fand ich irgendwie eher langweilig... Ein normaler Walkthrough hätt's auch getan.“

„Weil der Typ, der da gespielt hat, wahrscheinlich auch unlustig war. Wenn du das machen würdest, wär's das garantiert nicht, glaub mir!“, entgegnete Gordon voller Zuversicht, als sei er sein persönlicher Manager. Andy konnte gar nicht anders als tatsächlich kurz darüber nachzudenken. Einen Versuch war es vielleicht wert.

„Wenn mich keiner auspiepst und ich mich so viel aufregen darf, wie ich will“, grinste er halb-abwesend. „Aber erst mal muss ich dieses verdammte Spiel bis zum Ende schaffen, bevor ich was Neues anfange. Ich krieg ja nicht mal diesen einen Sprung richtig hin!“

„Vielleicht kann ich dir ja nachher helfen, wenn ich mit meinen Aufgaben hier fertig bin!“

„Wenn du das schaffst, ist mein Ego endgültig angekratzt“, sagte er nicht sonderlich ernsthaft, noch unwissend, dass Gordon ihm, nachdem er sich etwa eine halbe Stunde lang übergangsweise mit Sidequests beschäftigte, tatsächlich mit seinem angeborenen Talent (oder Anfängerglück) in den nächsten Abschnitt verhelfen würde – und das, so wie es sich anfühlte, nicht nur in diesem Spiel, das er gerade spielte. Nachdem alle Hausaufgaben erledigt waren, verbrachten sie noch Stunden damit, abwechselnd durch die surrealen Landschaften von Fantasy Land zu streifen, ihre Unterhaltungen aus dem MC Burger's fortzuführen und sich alle paar Sekunden über die bescheuertsten Dinge totzulachen. Die Zeit verging wie im Flug, während sie zu dritt zusammensaßen und den Abend gemeinsam verbrachten, als seien sie schon immer ein eingeschworenes Team gewesen. Es war so anders als mit den Punks von der Straße, von denen er kaum etwas wusste. Mit ihnen abzuhängen, war nett, ein schöner Zeitvertreib. Aber es schien mehr ein Lückenfüller für etwas anderes zu sein. Früher hatte Christina ihm viel gegeben, sie war alles gewesen, was er zu diesem Zeitpunkt gebraucht hatte. Bis zu ihrem Absturz.

Was war danach gewesen? Er war sich nicht sicher, was danach wirklich noch übriggeblieben war. Aber das, was jetzt mit einem Mal da war, kam diesem Gefühl von damals erstaunlich nahe.

„Sorry, es war echt cool mit euch beiden, aber ich muss euch jetzt verlassen“, sagte Joe irgendwann während eines kurzen Momentes der Stille. Andy drehte sich flüchtig Richtung Uhr.

„Es ist erst viertel vor zehn!“

„Eben“, gab er zurück. „Spät genug. Wir haben noch kein Wochenende, und ich will noch ein bisschen für den Test morgen lernen, bevor ich ins Bett gehe. Mit euch beiden im selben Raum wär das unmöglich.“

„Da hast du wohl Recht“, bestätigte Gordon, offenbar keiner Schuld bewusst, als Joe sich gerade vom Bett erhob und langsam zur Tür schlenderte. „Dann sehen wir uns heute auch nicht mehr, ne?“

„Nee, ich bleib dann in meinem Zimmer, damit ich rechtzeitig zum Schlafen komme. Und du? Bleibst du über Nacht?“

Gordon schaute erst Joe vor der Tür planlos an und warf dann Andy einen fragenden Blick zu.

„Also... Wenn du willst, kannst du in meinem Zimmer übernachten“, sagte er vorsichtig, wohlwissend, dass Gordon natürlich keinen Schlafsack oder Ähnliches dabei hatte. Seiner Geste zufolge – dem obligatorischen Schulterzucken und darauffolgenden Nicken – schien er damit aber kein Problem zu haben.

„Klar. Wenn's dir nichts ausmacht?“

„Dann könnt ihr euch morgen früh aber nicht viel Zeit lassen“, mahnte Joe mit der üblichen Strenge. „Es sei denn, ihr wollt mal wieder schwänzen, aber das hoffe ich nicht!“

„Keine Sorge, das klappt schon irgendwie“, meinte Gordon schließlich und beendete die Konversation mit einem liebevollen „Bis morgen, du Streber!“, das von Joe mit einem ebenso freundlichen „Gute Nacht, du faule Sau!“ quittiert wurde, ehe sich die Tür hinter ihm schloss.

„Ihr Zwei seid echt ein Herz und eine Seele, oder?“

Gordon lachte auf eine Art, die vieles hätte bedeuten können.

„Joaah... Kann man schon so sagen, glaub ich.“ Er starrte eine ganze Weile lang, die sich wie eine halbe Ewigkeit anfühlte, auf seine Beine, die er zu einem Schneidersitz ineinandergelegt hatte, bis er mit schiefem Lächeln wieder zu ihm aufsah. „Und es ist wirklich okay für dich, wenn ich heute Nacht hier bleibe?“

Andy überlegte, etwas zu sagen, aber bevor ihm etwas einfiel, kam Gordon ihm mit einem subtilen „Dir ist ja klar, dass ich außer meiner Schultasche jetzt nichts mitgenommen hab“ zuvor. Ja. Das war ihm durchaus sehr bewusst.

„Wenn du meinst, dass du nicht weißt, wo du schlafen sollst...“, sagte er, obwohl es das Einzige war, das gemeint sein konnte, „... kann ich dir versichern, dass es genug Möglichkeiten gibt. Ich mein, hier ist die ganze Nacht sturmfrei, du könntest auch die Couch im Wohnzimmer belegen... theoretisch. Also, falls du lieber deine Ruhe und mehr Platz für dich alleine hättest.“

„Okay“, machte Gordon nuschelnd. „Wär dir das denn lieber?“

„Mir...?“ Diese Gegenfrage hatte er nicht kommen sehen. „Naja... nee? Mir ist das egal, du kannst auch hier- Wie macht ihr das denn, wenn du und Joe mal 'ne spontane Übernachtung veranstaltet?“

„Wenn das bei Joe und mir mal passiert, teilen wir uns ein Bett“, antwortete Gordon, und diesmal war es eindeutig, dass dieser Umstand ihn verlegen machte. „Aber das ist was Anderes, weil... weil Joe halt nicht weiß, dass ich schwul bin. Du bist der Einzige, dem ich das gesagt hab. Und vor heute war ich mir da ja selber nicht mal sicher... Joe ist so zierlich und war noch nicht mal richtig im Stimmbruch. Ich dachte, wenn ich ihn mag, hat das nicht unbedingt was zu sagen, und die Mädchen, die ich kenne, sind vielleicht einfach nicht mein Typ.“

„Mann... Du bist echt in meinen Bruder verknallt, oder?“ Ein sehr leichtes Nicken, aber es war als solches erkennbar. „Und sonst? Ansonsten hast du noch keine Erfahrungen mit Typen gemacht?“

Ein Kopfschütteln.

„War das erste Mal heute mit dir.“

Stille. Es verging ein Moment, der etwas so Intensives an sich hatte, dass er fast glaubte, eine Gänsehaut zu bekommen. Gordon sah ihn so direkt an, als würde er geradewegs in seine Seele blicken. Aber das konnte er nicht. Wie sollte Gordon wissen, was in ihm vorging, wenn er es selbst nicht einmal wusste? Wahrscheinlich starrte er Gordon sogar ganz genauso durchbohrend an, ohne es zu merken, weil er irgendwie unbewusst versuchte, etwas in ihm zu lesen, irgendetwas, das ihm weiterhelfen würde, diese ganze verfluchte Situation besser zu verstehen und in den Griff zu kriegen. Es half nichts, es schien immer noch wie ein großes Rätsel.

„Darf ich dich mal was fragen?“, durchbrach Gordons Stimme wieder die Stille und wartete mit dem Weitersprechen, bis er sein Okay gegeben hatte. „Stehst du denn eigentlich wirklich auf Jungs? Oder war das heute eher... du weißt schon, 'ne Ausnahme, so zum Ausprobieren?“

„Das ist echt 'ne sehr gute Frage...“

„Du hattest also bisher nur was mit Mädchen? Und hast du nie daran gedacht, sowas auch mal... naja...“

„Christina war bisher eigentlich die Einzige, mit der ich jemals zusammen war. Und sie war nicht unbedingt ein typisches Mädchen“, erklärte Andy, als er vermutete, dass Gordon wohl nicht vorhatte, seinen Satz noch zu beenden. „Trotzdem hatte ich nie... wie soll ich sagen... Ich hatte nie Zweifel daran, dass ich auf Frauen steh, weil ich einfach weiß, dass es so ist. Ich bin aber nie wirklich auf die Idee gekommen, dass ich auch was mit 'nem Kerl anfangen könnte. Vielleicht hab ich mal gedacht, dass einer gut aussieht oder so... ach, keine Ahnung!“

„Hast du das von mir auch gedacht, auf der Wiese?“

„Schon irgendwie... Aber da kam eh so viel zusammen, und ich kann mich gar nicht mehr richtig erinnern, wie es jetzt eigentlich dazu gekommen war. Weiß auch nicht... Du stellst echt viele Fragen!“

Andy brachte ein Lachen zustande, während er das sagte, und war froh, dass zumindest die Lage sich etwas gelockert zu haben schien – wenn es auch noch immer ein wenig an Klarheit mangelte. Gordon saß neben ihm, ein schmales Lächeln auf den Lippen, aber irgendetwas schien ihn zu beschäftigen. Wieder verging eine Weile, bis er etwas sagte, allerdings hatte es keinen Bezug mehr zu dem Thema von eben. Nicht direkt.

„Du bist wirklich der Erste, mit dem ich über sowas reden kann, ohne dass es mir falsch vorkommt“, gab er mit leiser Stimme und irgendwie nachdenklich von sich. „Alle anderen, mit denen ich reden kann, würden mich wahrscheinlich umbringen oder zumindest das größte Opfer der Stadt aus mir machen, wenn sie das wüssten. Und mein Vater...“ Pause. „Ich hab meinem Vater versprochen, irgendwann eine Frau zu heiraten, mit der ich alt werde und Kinder haben werde und- Es wäre doch einfach so eine Enttäuschung, wenn ich das alles nicht schaffe! Ich wollte ihm diesen Wunsch so gerne erfüllen...“

„Warte, warte, warte“, unterbrach Andy ihn schnell. „Wieso willst du- Ich meine, es ist ja okay, wenn dein Vater sich deine Zukunft so vorstellt, aber es ist doch immer noch dein Leben! Würde er es echt nicht verstehen, wenn du ihm sagst, dass du... naja, andere Vorstellungen hast?“

„Mein Vater ist vor vier Jahren gestorben.“

„Was?! Oh Shit...“ Was sollte man auf so eine Offenbarung antworten? „Tut... mir leid.“ Immer dieser abgedroschene Spruch. „Wie ist das... passiert? War er krank?“

„War er“, sagte Gordon schwach. „Schon länger. Wir wussten alle, dass er nicht mehr lang haben würde. Das war 'ne echt schwierige Zeit. Als wir dieses Gespräch hatten, war das irgendwie wie ein Abschied von ihm. Er wollte mir einfach noch was mit auf den Weg geben, für mein Leben und so. Er hat sich das so für mich gewünscht.“

„Ja, kann ich gut verstehen. Aber... er hätte doch gewollt, dass du glücklich wirst, oder nicht? Wenn er wüsste, dass du dich zu irgendwas zwingst, das du gar nicht willst, wäre er doch bestimmt traurig.“

„Ich weiß nicht.“ Er lächelte wieder, aber es war ein sehr bedrücktes Lächeln. Wie wenn man sich selbst etwas vormacht. „Klar wollte er, dass ich glücklich bin. Aber bestimmt nicht so! Er hatte ja keine Ahnung, dass aus seinem Sohn mal 'ne Schwuchtel werden würde. Das ist es doch, was immer alle sagen. Keiner will einen Homo als Sohn. Und überhaupt... Ich war doch eh immer nur eine Enttäuschung für alle.“

Verdammt, dachte Andy, als er merkte, wie die letzten Worte ihm einen regelrechten Stich versetzten. So fühlte es sich also an, wenn jemand das aussprach, was man selbst schon seit Jahren tief verborgen in seinem Inneren über sich dachte.

„Hör mir mal zu“, setzte er bereits an, während er noch dabei war zu überlegen, wie er seine Gedanken am besten in Sätzen formulierte, ohne dass es überdramatisch klang. „Du und ich... Ich glaub, wir haben einiges gemeinsam. Jedenfalls ist es so, dass ich wohl auch schon ein paar Leute enttäuscht hab. Aber weißt du was? Diese Menschen, die von mir enttäuscht sind, weil ich nicht so bin, wie sie mich gerne hätten, können mir sowieso gestohlen bleiben. Ich bin ich, und wenn irgendwer damit nicht leben kann, soll er's halt sein lassen. Du bist eben auch so, wie du bist. Lass dir da nicht reinreden.“

Für einen Augenblick hatte er das Gefühl, den größten auswendig gelernten Schwachsinn aller Zeiten geschwafelt zu haben. Dann formte sich Gordons bedrücktes Lächeln aber tatsächlich zu einem Schmunzeln, das ihn irgendwie beruhigte.

„Wenn man dich so sieht, würd man gar nicht glauben, dass du so poetisch sein kannst“, meinte er, anscheinend ein Stück weit aufgeheitert.

„Das fands'te wirklich poetisch? War nur die Wahrheit“, entgegnete Andy gespielt abgeklärt und dachte dann einen Moment darüber nach, ob es das wirklich war oder nur etwas, das er sich immer wieder erfolgreich einredete. Was wirklich die Wahrheit war, war schließlich nur schwer herauszufinden. Wer bestimmte das überhaupt? „Sag mal... Wie würdest du es finden, wenn dein Vater noch leben würde, er aber nie da wäre, du ihn schon seit deiner Kindheit nicht mehr gesehen hättest und immer nur die gleichen hasserfüllten Geschichten von deiner Mutter zu hören bekommst, bei denen du dich schon fragst, warum sie ihn überhaupt geheiratet hat, wenn er angeblich so ein Arsch ist...?“

Irgendetwas zwischen Unverständnis und Mitgefühl spiegelte sich in seinem Gegenüber.

„Ähm... Ich bin mir nicht sicher, ob ich dir richtig folgen konnte, aber... Ist das bei deinem Vater denn so?“

„Jjjjep“, machte Andy schwungvoll. „Ich hab eigentlich bis heute keine Ahnung, wer meine Eltern wirklich sind. Meine Mutter interessiert's ja nur, was Andere über sie denken. Kein Plan, ob sie auch 'ne eigene Meinung hat. Soweit ich mich zurückerinnern kann, hat sie immer auf meinem Vater rumgehackt, uns eingeredet, was für ein Mistkerl er ist... Und ich weiß nicht mal, ob das stimmt oder ob sie sich da irgendwas zusammenreimt, weil ich nicht mehr richtig mit ihm geredet hab, seit ich neun oder zehn war. Er ist ja irgendwann abgehauen, und dann musste er auch noch in den Knast.“

„In den Knast?! Wieso das, was hat er gemacht?“

„Weiß ich ja selbst nicht wirklich! Toll, was? Meine Eltern hassen sich, mein Vater baut irgendeinen Scheiß, ich krieg davon überhaupt nichts mit, kriege aber Jahre später dauernd vorgeworfen, ich wäre genau wie er. Wirklich schön, so einen Spruch ständig zu hören, wenn man nicht mal was damit anfangen kann.“

„Mh-hmm. Das klingt echt hart...“

Gordon sah ihn auf eine Weise an, die irgendwie unschlüssig wirkte, so als wollte er gern noch mehr dazu sagen, wüsste aber nicht was. Natürlich wusste er das nicht. Was sollte man auch großartig zu so etwas sagen?

„Sorry“, murmelte Andy, selbst alles andere als sicher, was er aus dieser Konversation noch herausholen sollte. „Das war jetzt vielleicht nicht sehr sensibel von mir... Ich sollte froh sein, dass ich überhaupt noch einen Vater hab, und nicht rumjammern wie ein Baby.“

„Quatsch, du bist kein Baby! Ich weiß nicht, ob es mir nicht an deiner Stelle noch viel mieser gehen würde... Ich mein, wenn ich wüsste, mein Dad ist irgendwo da draußen, aber ich hätte keine Ahnung, was er treibt und ob er mich überhaupt noch wiedersehen will.“

Ja, dachte Andy, das ist die Frage. Vielleicht will er das gar nicht, ist inzwischen wieder frei und glücklich da draußen und hat sich längst was Neues aufgebaut.

Nicht dass er das nicht auch verstehen könnte bei diesem Drachen von einer Ehefrau.

„Aber sag mal“, setzte Gordon einen Moment später wieder an, „... wenn du neun oder zehn warst, als du das letzte Mal mit ihm gesprochen hast... dann hast du doch noch Erinnerungen an ihn, oder? Wie war er denn so?“

„Naja, das ist lange her. So viel weiß ich wirklich nicht mehr, weil er schon damals oft nicht da war.“ Er versuchte, einen Ausschnitt seiner Kindheit abzurufen, irgendeinen Moment mit seinem Vater, der ihm richtig in Erinnerung geblieben war. „Ich weiß noch, dass ich manchmal nachts Gespräche mit ihm hatte, wenn meine Mutter schon im Bett war. Er kam dann in mein Zimmer und hat mir gesagt, dass die Luft rein ist – sie hätte mir nicht erlaubt, so lange wachzubleiben, aber er hatte nichts dagegen. Er hat sich dann mit mir auf die Couch gesetzt, was mit mir getrunken – ich hab immer mit ihm angestoßen, mit meinem Apfelsaft –, dann haben wir meistens noch was im Fernsehen geguckt und uns leise über alles Mögliche unterhalten. Was mir in der Schule auf die Nerven gegangen ist, wen ich mochte, was ich mir zu Weihnachten gewünscht hab... Und wir haben uns auch mal über Musik unterhalten. Er hat mir eine seiner CDs geschenkt, weil er die doppelt hatte... Das hatte ich echt fast vergessen.“

„Eine CD? Hast du die noch?“

„Ich denke schon. Kann ja mal nachgucken!“

Mit gemischten Gefühlen erhob er sich von der Matratze, um sein CD-Regal zu durchwühlen und das, wonach er suchte, sogar tatsächlich nach kurzer Zeit in den Händen zu halten. Seltsam, dachte er plötzlich, wie lange er diesen Schriftzug und das bunte Cover schon nicht mehr gesehen hatte. Die ineinander verlaufenden Farben schienen geradezu seine Gedankenwelt widerzuspiegeln. Sie waren ähnlich psychedelisch wie das Muster auf dem Oberteil, das er Gordon geliehen hatte.

„Hier ist sie“, verkündete er, während er zu seinem Bett zurückging. „Ich hatte sie echt die ganze Zeit im Regal stehen.“

„'The Gates'“, las Gordon den verschnörkelten Schriftzug vor und besah sich die Hülle offenbar fasziniert von allen Seiten. Andy musste ein wenig grinsen, als er daran dachte, wie sein Vater von dieser Band geschwärmt hatte. War genau sein Ding gewesen – diese Art von Musik, bei der man das Gefühl bekommt, sich auf einem wundersamen LSD-Trip zu befinden.

„Ist das Best of“, erwähnte er beiläufig, während er das Booklet aus der Hülle zog und sich die von weiteren bunten Schnörkeln und Farbklecksen umrahmten Bilder darin nach mindestens sieben Jahren zum ersten Mal wieder ansah. „Mann, ist das lange her... Ich weiß noch, dass ich diese CD auch damals mit meinem Dad schon mal gehört hab, in einer dieser Nächte. Wir hatten nur ganz schwaches Licht an und haben dabei auf dem Teppich gesessen, mit einer Picknick-Decke und Keksen. Ich hab mir vorgestellt, wir wären auf einem Camping-Ausflug... Auf was für komische Ideen ich früher gekommen bin!“

„Ich finde das gar nicht komisch. Eher ziemlich cool“, bekundete Gordon und machte auf einmal ein Gesicht, als hätte er selbst eine grandiose Idee. „Hast du nicht vielleicht Lust, das nochmal zu wiederholen?“

„Du meinst... jetzt? Das ganze Programm?“

Gordon nickte, zeigte auf die Deckenleuchte und sagte „Die hat doch einen Regler, oder?“. Den hatte sie in der Tat.

„Ja, das Licht kann ich dimmen. Na gut, dann mach du doch die Musik schon mal an! Mein CD-Player steht da drüben. Ich guck mal, ob ich noch was zum Naschen hier finde, nur auf dem Boden sitzen können wir eher nicht. Du siehst ja... kein Platz und so.“

„Kein Problem, solange der Rest stimmt“, hörte er Gordon von der gegenüberliegenden Seite seines Zimmers aus antworten, wo er damit beschäftigt war, den CD-Player in Gang zu kriegen, der schon einige Jahre auf dem Buckel hatte. Andy kramte unterdessen eine noch halbvolle Packung Cracker hervor, nachdem er das Licht auf ein Level heruntergedreht hatte, das vage an späte Abenddämmerung erinnerte. Es war eine so absurde Situation. Die ersten sphärischen Klänge der CD erfüllten den halbdunklen Raum, es war das nostalgischste Dejavu, das er jemals erlebt hatte – und mittendrin saß Gordon wie eine schemenhafte Gestalt auf seinem Bett. Gordon, den er heute erst richtig kennengelernt hatte, obwohl es sich anfühlte, als seien sie schon seit Jahren befreundet.

Eines war klar, diesen Tag würde er so schnell nicht vergessen.

„Was ist los?“

Gordons Stimme drang wie durch Watte zu ihm vor, als er sich wieder aus seiner Starre gelöst hatte.

„Was soll los sein?“, gab er zurück, setzte sich wieder auf seinen Platz und positionierte die Cracker so, dass sie beide gut herankamen. Gordon bediente sich bereits und wirkte sichtlich zufrieden.

„Wie du da gerade gestanden hast, das sah ein bisschen aus wie hypnotisiert. Also dachte ich, ich frag lieber mal.“

Andy genehmigte sich ebenfalls einen Cracker, den er vor dem Essen einen Moment lang betrachtete, weil er in dem Licht so surreal aussah.

„Du hast schon Recht“, sagte er. „Ich fühl mich wirklich ein bisschen hypnotisiert. Wenn ich vorhin nicht über meinen Vater geredet und mich so weit zurückerinnert hätte, hätte ich an das alles von damals gar nicht mehr gedacht. Es war so weit weg... und jetzt sind wir hier und hören diese Songs und... es ist alles genau wie früher.“

„Jetzt müssen wir uns nur noch vorstellen, wir wären auf einem Camping-Platz“, lachte Gordon unbekümmert, fast so, als seien sie wirklich auf einem Ausflug, allein, ohne irgendwelche Eltern, Lehrer oder andere Menschen, die ihnen irgendetwas vorschreiben konnten. Andy griff nach der Fernbedienung und richtete sie auf den Bildschirm, auf dem noch immer das Pausenmenü von 'Fantasy Land' flimmerte.

„Das geht aber besser, wenn die Glotze hier nicht so rumleuchtet“, sagte er, sich vornehmend, später noch nach einem Speicherpunkt zu suchen. Lange konnte er jedoch nicht über sein Spiel nachdenken, weil er, sobald er sich wieder zu Gordon umdrehen wollte, bemerkte, dass er dafür nach unten schauen musste.

„... Bist du müde?“

Ein Kopfschütteln.

„Ich dachte nur, im Liegen kommt das Feeling besser rüber. Wenn wir campen würden, würde ich mich auch ins Gras legen und mir die Sterne ansehen. Du nicht?“

Er versuchte sich bildlich vorzustellen, dass sie sich im Freien befinden würden, so wie er es auch als Kind getan hatte, und zu überlegen, ob er dann wohl dasselbe tun würde. Aber alles, was er sah, war, dass Joes bester Freund in gedämpftem Licht vor ihm lag, in seinem Shirt, das – wie um alles noch surrealer wirken zu lassen – auch noch ein Stück nach oben gerutscht war. Nein, das war doch einfach zu unwirklich, um sich in der Realität abzuspielen...

„Fuck“, entwich es ihm leise; er hatte keine Ahnung, ob Gordon es gehört hatte oder ob es in der Musik untergegangen war. Er wusste auch nicht, was er sonst sagen sollte, also ließ er es bleiben und legte sich neben ihn, weil es das Naheliegendste zu sein schien, das er jetzt tun konnte.

Gordon blieb auf dem Rücken liegen, wandte ihm aber sein Gesicht ein wenig zu. Wieder dieses aufdringliche Ziehen im Magen.

„Weißt du was?“, sagte er ruhig. „Ich glaube nicht, dass dein Vater ein schlechter Mensch ist. Was du da vorhin erzählt hast, hört sich für mich so an, als wärst du ihm sehr wichtig gewesen. Und außerdem – jemand, der solche Musik hört, kann gar nicht so übel sein.“

Jetzt war es Andy, der lachen musste.

„Wahrscheinlich hast du Recht“, entgegnete er, auch wenn seine Zweifel damit noch lange nicht beseitigt waren. „Ich denke ja auch nicht, dass er wirklich ein schlechter Mensch ist. Aber irgendeinen Grund wird’s schon haben, dass er im Knast sitzt. Und wenn ich ihm wirklich so ähnlich bin... Was ist, wenn aus mir dann irgendwann das Gleiche wird?“

„Aus dir wird nicht das Gleiche“, sagte Gordon. „Es kann ja sein, dass du ihm ähnlich bist, aber das muss doch nichts heißen! Du bist eben du, das hast du selbst vorhin gesagt. Und... ich finde, du solltest auch genau so bleiben.“

„Ja...“ Hatte ihm vorher schon einmal jemand so etwas gesagt? Er war sich nicht sicher. „Danke“, brachte er viel zu kleinlaut heraus und hoffte, dass man trotzdem hören konnte, wie ernst er es meinte. Gordon richtete sich ein Stück weit auf, sodass er sich mit den Armen auf der Matratze abstützte, und sah ihn eine Weile lang schweigend an. Andy richtete sich ebenfalls auf, um wieder mit ihm auf Augenhöhe zu sein.

„Alles okay?“, fragte er zögerlich. „Wenn du noch über irgendwas reden willst, dann sag's ruhig! Du kannst mir alles erzählen.“

„Hm“, machte Gordon scheinbar nervös, seufzte leise und schien unschlüssig zu sein, wo er am besten hinschauen sollte. „Ich würde“, setzte er an, brach dann aber ab und fing von Neuem an. „Darf ich dich nochmal küssen?“

Diese Art von Frage hatte er nicht kommen sehen. Dabei hätte er absolut damit rechnen müssen, dass dieses Thema nicht einfach so abgehakt war – und trotzdem war er darauf nicht gefasst gewesen.

Gordons Haltung wirkte angespannt, abwartend.

Natürlich wartet er! Auf deine Antwort, du Volltrottel!, schleuderte ihm seine innere Stimme entgegen, und er wollte sich am liebsten selbst ohrfeigen, als sein Gegenüber sich mit den Worten „Sorry, vergiss es“ wieder von ihm wegdrehte.

„Nein... warte!“ Besser spät reagieren als nie. „Du musst dich nicht entschuldigen! Mir tut's eher leid, ich... ich weiß einfach gerade nicht, was ich denken soll. Mir kommt das alles irgendwie vor wie ein Traum...“

„Ich weiß, was du meinst“, gab Gordon wider Erwarten zurück. „Mir kommt's genauso vor und ich weiß auch die ganze Zeit schon nicht, was ich denken oder sagen soll. Seit der Sache im Park.“

„Du meinst, dann-“ Wie automatisch atmete Andy einmal tief aus. Dann war Gordon doch nicht so locker und selbstbewusst, wie er gedacht hatte. Und irgendwie beruhigte ihn das ungemein. „Ich bin echt ein Idiot...! Und ich hab immer gedacht, ich wäre gut im Flirten, aber diesmal hab ich echt versagt!“

Ein unbeholfenes Grinsen.

„Ich kann auch nicht flirten. Ich weiß gar nicht, wie das geht!“

„Ist ja auch egal, jetzt brauchen wir das nicht mehr“, sagte er mit wahrscheinlich ebenso sichtbarer Unsicherheit. „Und, ähm... Wegen deiner Frage vorhin“, fügte er etwas verspätet hinzu, „... Ja. Darfst du.“

Für einen kurzen Moment schien Gordon nicht darauf zu kommen, was er damit meinte. Aber als er realisiert hatte, dass es praktisch eine Einladung für ihn gewesen war, schien doch noch eine gewisse Selbstsicherheit in ihm aufzukommen, denn er zögerte nicht mehr lang, bis er den letzten Abstand zwischen ihnen überbrückte und der Einladung nachkam.

Dieses Mal war es anders als im Park, bewusster vielleicht und weniger zurückhaltend. Möglicherweise lag es daran, dass sie in der kurzen Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, bereits so vieles miteinander geteilt und sich gegenseitig anvertraut hatten, dass es keine Barrieren mehr zwischen ihnen gab, die ihnen irgendwie im Weg waren. Zumindest war das sein Eindruck, als er Gordon so nah bei sich spürte, eine seiner Hände in seinem Nacken, die anfängliche Schüchternheit fast vollständig hinter sich lassend. Andy gab sich dem widersprüchlichen Gefühl von etwas Unbekanntem und gleichzeitig so Vertrautem völlig hin, berauscht von der Atmosphäre, die sie sich selbst geschaffen hatten, und dem Bewusstsein, etwas zu tun, das er vorher noch nie getan hatte; und in diesem Moment wollte er sich nicht vorstellen, heute noch damit aufzuhören. Da es allerdings auf Dauer zu anstrengend wurde, sein Gewicht auf nur einen Arm zu verlagern, mit dem er sich abstützte, ließ er sich kurzerhand rücklings auf die Matratze sinken und zog Gordon langsam mit sich, was sie nicht daran hinderte, mit dem, was sie taten, fortzufahren. Aus dem anfangs noch eher sanften Kuss war längst ein alles andere als gehemmter Zungenkuss geworden, und weder Gordon noch er selbst schienen länger darüber nachzudenken, was sie mit ihren Händen taten. Gordons Berührungen schienen sich über seinen gesamten Körper zu erstrecken, und verdammt, es fühlte sich so gut an, dass er allmählich glaubte, mit jeder weiteren verstreichenden Sekunde mehr und mehr die Beherrschung zu verlieren. Mit Sicherheit war das auch Gordon nicht entgangen, was ihn jedoch nicht im Geringsten störte, da es ihm selbst allem Anschein nach nicht anders ging. Es war eigenartig, ihn so zu sehen, wie er, nachdem er sich irgendwann von ihm gelöst hatte, über ihn gebeugt auf dem Bett kniete und ihn mit einem Blick betrachtete, der ihm augenblicklich einen Schauer über den Rücken jagte.

„Gott“, hörte er sich selbst geistesabwesend sagen. „Ich bin wohl echt nicht so hetero, wie ich immer gedacht hab.“

Gordon schien diese Aussage zu amüsieren; Andy konnte es ihm nicht verübeln.

„Dann haben wir ja beide heute etwas Neues über uns gelernt“, erwiderte er, während seine Arme noch immer locker um Andys Schultern geschlungen waren, und erst jetzt wurden ihm diese Kleinigkeiten bewusst, die allzu deutlich bewiesen, dass es nun mal kein Mädchen war, mit dem er hier das Bett teilte. Zwar waren seine Arme, passend zu seiner gesamten Statur, recht dünn, aber trotzdem bei Weitem kräftiger als Christinas Arme und Hände, die ihn schon so oft auf verschiedenste Weisen berührt hatten. Ihr Körper war kleiner gewesen, weicher. An Gordons Körper war nichts Weiches, seine Stimme war tief, und im Gegensatz zu Christina war es ihm auf nur einen gezielten Blick anzusehen, dass diese Nähe eine gewisse Wirkung bei ihm hinterlassen hatte. Es war ein so merkwürdiger Gedanke, dass er diese Wirkung hervorgerufen hatte, und noch merkwürdiger war, wie sehr er in diesem Moment noch mehr wollte als das.

„Du hast das auch noch nie gemacht, oder?“, hörte er seine eigene Stimme wieder im Raum, als würde sie von weit entfernt kommen und nicht wirklich zu ihm dazugehören. „Oder doch...? Hast du schon mal ein Mädchen geküsst?“

„Ja, hab ich“, antwortete Gordon nachdenklich. „Aber das war nicht so wie mit dir gerade. Es war ganz nett, das mal auszuprobieren, und danach hab ich mich auch erwachsener gefühlt... Aber es war irgendwie nichts Spannendes dabei.“

„Ah ja, versteh ich. Mit mir ist es natürlich viel spannender!“

„Ja, schon!“

Interessant. Bei jeder anderen Person hätte diese Antwort vermutlich entweder schleimig oder zumindest ansatzweise ironisch geklungen, aber bei ihm klang sie einfach nur ehrlich. Eigentlich konnte er sich auch kaum vorstellen, dass Gordon überhaupt lügen konnte.

„Weißt du, was ich spannend fänd? Wenn du mal deine Mütze absetzen würdest!“, gab Andy seinerseits zurück und machte sich bereits selbstständig daran, ihm das unnötige Teil abzustreifen und danach auf dem Tischchen neben dem Bett abzulegen, wo es nicht störte. „So, das sieht doch schon viel besser aus, wenn du mich fragst.“

„Findest du? Ich hab eigentlich gedacht, mir würde das gut stehen“, schmollte Gordon gespielt – oder auch weniger gespielt – beleidigt und strich sich wie aus Reflex durch seine Pony-Strähnen, wie um sie zu richten, obwohl sie nicht einmal durcheinander waren.

„Das streite ich auch nicht ab, aber erstens haben wir fast Sommer. Es ist viel zu warm, um so rumzulaufen.“

„Und zweitens?“

„Zweitens... wollte ich halt einfach jetzt deine Haare sehen. Wenn's dir keine Umstände macht.“

„Nee, tut es nicht“, sagte er mit einem plötzlich verdächtigen Grinsen. „Aber wenn ich sage, dass ich dich jetzt gerne nochmal ohne Shirt sehen würde, darf ich's dir dann auch einfach ausziehen?“

„Hm. Kannst du ja mal versuchen.“

Gordon sah ihn auf diese Antwort hin beinahe so an wie ein Hund, der ein Kommando nicht richtig verstanden hat. Dann entschied er sich aber offenbar doch noch, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen, indem er sich zu ihm herunterbeugte und etwas ungeschickt an dem Tank Top herumzupfte, das zum Teil von Andys Jeans und dem Nietengürtel bedeckt war.

„Du solltest mir übrigens nicht so viele Fragen stellen“, merkte er beiläufig an, während er Gordon, der es endlich geschafft hatte, den Stoff seines Oberteils ein Stück nach oben zu schieben, aus einem Bedürfnis heraus durch die Haare strich. „Wenn du auf irgendwas Lust hast, dann mach's am besten einfach.“

„... Aber wie soll ich es denn sonst wissen, wenn du irgendwas nicht willst?“

„Das könnte ich dir dann ja immer noch mitteilen.“ Gordon nickte leicht, wirkte aber ziemlich verunsichert. „Um ehrlich zu sein, fällt mir auch eigentlich nicht viel ein, das ich nicht wollen würde“, fügte er hinzu, um ihm die Anspannung ein wenig zu nehmen, stellte aber selbst erst in dieser Sekunde fest, dass es da tatsächlich nicht viel gab. Er hatte schon so vieles mit Christina ausprobiert, und damals war er selbst derjenige gewesen, der ein Jahr jünger gewesen war als sie und der in diesem Aspekt von ihr gelernt hatte. Gordon war genauso unerfahren wie er selbst zu dieser Zeit.

Hör auf, Gordon mit dir selbst oder Christina zu vergleichen, schalt er sich gedanklich, kam aber ohnehin nicht mehr dazu, mit den Gedanken allzu sehr abzuschweifen, als Gordon dazu übergegangen war, sich an seinem Gürtel zu schaffen zu machen und mit der Jeans schließlich auch seine Shorts etwas herunterzuziehen. Und nur wenige Sekunden später spürte er bereits dessen Lippen und Zunge an den Stellen, die er kurz zuvor freigelegt hatte; erst weiter oben, dann immer weiter unten. Noch weiter. Mittlerweile hatte er die Jeans, inklusive der Shorts, bis über seine Hüften gezogen, und Andy überkam schlagartig ein mehr als seltsames Gefühl, als Gordon sich für einen Moment einfach bloß anschaute, wie er unter seinen Sachen aussah. Ein kurzer Blick in seine Augen, mit dem er ihn offenbar stumm um Erlaubnis fragte, reichte jedoch, um dieses Gefühl wieder verfliegen zu lassen, und im nächsten Augenblick schaffte es kein anderer Gedanke mehr zu ihm vorzudringen, weil seine Konzentration sich vollständig auf Gordon beschränkte, dessen Gesicht zwischen seinen Beinen war und dessen Mund und Hände ihn mit einer Vorsicht berührten, als sei er eine zerbrechliche Porzellanpuppe. Ja, es mangelte ihm merklich an Erfahrung – aber allein die Tatsache, dass er das hier tat, jetzt wo niemand sonst mit ihnen im Raum war... allein das grenzte fast an Reizüberflutung.

Mit der Zeit schien er sich mehr zu trauen, diese Vorsicht und Unsicherheit langsam abzulegen, genau wie es auch zuvor bei dem Kuss gewesen war. Ganz offensichtlich hatte er sich seinen Rat von vorhin sehr zu Herzen genommen; vielleicht war es ihm auch einfach unangenehm, wenn ihm seine Unerfahrenheit zu sehr anzumerken war, weshalb er jetzt umso mehr versuchte, sie nicht durchscheinen zu lassen. Was auch immer es war – weiteren Ansporn brauchte Gordon definitiv nicht mehr. Eher im Gegenteil.

„Fuck... Warte“, brachte Andy irgendwann ein wenig zu zittrig hervor, ehe er sich wieder ein Stück mit dem Oberkörper aufrichtete. „Stopp mal kurz. Ich glaub, wenn du so weitermachst, bin ich gleich schon... naja, fertig.“

„Oh“, machte sein Gegenüber bloß überrascht, offenbar war das nicht seine Absicht gewesen. Umso besser.

„Ist ja nicht schlimm“, sagte er, halbherzig am Stoff seiner Hose zupfend, als ihm der Gedanke kam, dass Gordon sich möglicherweise doch zu überfordert fühlen könnte, wenn er sich jetzt einfach selbst von seinen Klamotten befreite. Andererseits... wenn er das alles nicht wollen würde, würde er sich dann nicht anders verhalten? Verdammt, warum war ihre Kommunikation ausgerechnet jetzt wieder so schwierig geworden? „Ich, ähm... hätte nichts dagegen, wenn du dich auch freimachen würdest“, deutete er nachträglich an, da Gordon scheinbar im Moment ebenfalls nichts mit sich anzufangen wusste, und hätte sich am liebsten dafür geschlagen, dass er sich gerade anhörte wie ein idiotischer Vierzehnjähriger. Wenigstens hatte diese unglaublich subtile Andeutung dazu geführt, dass wieder etwas passierte und sie sich nicht länger unbeholfen gegenseitig anstarrten.

Während Gordon dabei war, sich das gemusterte Shirt abzustreifen, nutze Andy endlich die Gelegenheit, dasselbe mit seiner Jeans zu tun, und beugte sich anschließend etwas weiter nach vorne, um Gordons jetzt nackten Oberkörper aus der Nähe betrachten zu können. Selbst im Halbdunkeln ließ die Farbe seiner Haut in ihm die Frage aufkommen, ob der Junge jemals wirklich in Kontakt mit Sonnenstrahlen gekommen war. Anstatt sich in irgendeiner Form dazu zu äußern, behielt er es jedoch für sich, dass diese Blässe ihm eigentlich ganz gut gefiel – es hätte sich ausgesprochen ohnehin viel zu kitschig angehört – und begann stattdessen, dasselbe mit ihm zu tun, was Gordon vorhin mit ihm getan hatte. Ein leises Stöhnen entwich ihm, als er eine Hand über seinen Schritt streichen ließ, der sich unter dem dunklen Stoff mehr als deutlich abzeichnete. Es dauerte nicht lang, bis besagter Stoff sich um einige Zentimeter nach unten verschoben hatte, und kurze Zeit später lagen sie beide, sämtlicher Kleidungsstücke entledigt, wieder in ihrer vorherigen Position auf dem Kissen. Mit dem Unterschied, dass es sich jetzt, wo Haut auf Haut traf, noch intensiver anfühlte als vorher schon. Gordons Blick schien irgendwo an der Bettkante hängengeblieben zu sein, bis er ihm schließlich direkt ins Gesicht sah und einen Moment lang innehielt.

„Schon komisch“, murmelte er, mit den Gedanken scheinbar woanders. „Heute Morgen war ich mir noch nicht mal richtig sicher, ob ich wirklich auf Jungs stehe, und jetzt sind wir plötzlich hier und- Ich kann das irgendwie gar nicht glauben.“

„Wenn mir vor ein paar Stunden jemand gesagt hätte, dass ich heute Nacht mit dem besten Freund meines Bruders Sex haben würde, hätte ich das auch nicht geglaubt.“

„Hmh.“ Was genau dieser Laut ausdrücken sollte, war nicht eindeutig, aber die von fast weiß zu rot gewordene Farbe auf Gordons Wangen ließ vermuten, dass eines der eben von ihm gesagten Worte irgendetwas in ihm ausgelöst hatten. Vermutlich entweder 'Bruder' oder 'Sex'. „Willst du das denn wirklich?“, fragte er schließlich, was mehr auf Letzteres schließen ließ. „Ich mein... so richtig?“

„Was heißt 'so richtig'?“

Die Farbe nahm schlagartig einen noch röteren Ton an.

„... Komm schon, du weißt doch, was ich meine! Braucht man da nicht auch irgendwie... ein Hilfsmittel oder so?“

Andy konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen; diese Verklemmtheit war ja kaum zu fassen.

„Kleinen Moment“, sagte er, rollte sich auf die Seite und streckte einen Arm nach dem kleinen Tisch aus, auf dem er auch Gordons störende Kopfbedeckung abgelegt hatte, um etwas aus der darunter befindlichen Schublade zu fischen. Das Ergebnis hielt er Gordon präsentierend entgegen, der das kleine Döschen wiederum mit sichtbarer Irritation musterte.

„Du hast einfach so Gleitgel da?“, fragte er merklich neugierig, ehe er anscheinend einen Einfall hatte. „Wegen deiner Ex?“

„Naja... wegen ihr hab ich's gekauft. Aber eigentlich haben wir es eher für mich benutzt.“

Damit hatte sich die Verwunderung in Gordons Gesicht noch einmal verdoppelt.

„Ich hab ja gesagt, sie war nicht gerade ein typisches Mädchen! Sie hat gerne mal die Rollen getauscht“, lachte Andy, obwohl ihm bei dem Gedanken an diese Beziehung immer weniger nach Lachen zumute war. Es war ein gottverdammter Zwiespalt. Wie sollte er diese Person jemals vergessen oder zumindest über sie hinwegkommen, wenn er immer wieder an sie dachte? „Weißt du... Lass uns vielleicht nicht so viel über meine Ex-Freundin reden“, sagte er zögerlich. „Ich glaube, das sollte man in so einem Moment einfach nicht tun. Über die Ex sprechen.“

„Wenn du das nicht willst... Mich stört's jedenfalls nicht“, gab Gordon ein wenig unbedacht zurück. Natürlich. Er bezog diese Aussage als Erstes auf sich selbst, und das konnte er ihm nicht einmal zum Vorwurf machen. „Aber... was du da vorhin gesagt hast“, druckste er plötzlich wieder herum. „Versteh ich das denn richtig mit dieser Rollentausch-Sache? Sie hat dich, ähm... Wie genau geht denn sowas?“

Andy sah ihn für einen Augenblick schweigend an und musste dabei wohl ziemlich amüsiert ausgesehen haben – jedenfalls ließ die Art, wie Gordon mit den Worten „Sorry, ich weiß, ich stell total blöde Fragen!“ zur Seite schaute und abwinkend mit den Armen herumfuchtelte, darauf schließen.

„Hör auf, dich dauernd zu entschuldigen“, erwiderte er, tatsächlich eine Spur amüsiert, wenn auch noch immer zwiespältig. „Es gibt da schon genug Möglichkeiten, wie Frauen 'sowas' machen können. Christina war ganz gern hin und wieder in gewissen Shops unterwegs... wenn du weißt, was ich meine. Den Rest kannst du dir vielleicht selbst vorstellen!“

„Mh-mmh... Ja, ich glaub, das kann ich“, gab Gordon geistesabwesend zurück, anscheinend wirklich damit beschäftigt, seine Vorstellungskraft einzusetzen. Wie lebendig diese Vorstellungskraft war, konnte er nur anhand seines abgedrifteten Gesichtsausdrucks vermuten, mit dem er ihn fixierte.

„... Und jetzt?“, fragte er vorsichtig, noch unsicher, ob er überhaupt weitersprechen sollte – was er aber doch schließlich tat. „Ich weiß, es ist dein erstes Mal... und das auch noch mit jemandem, den du gar nicht richtig kennst. Also, falls dir das doch irgendwie zu schnell gehen sollte, dann sag es mir jetzt. Wir können auch einfach so weitermachen wie vorher, du musst es mir nur sagen.“

„Eigentlich...“, setzte Gordon an, und Andy wünschte sich nichts weiter, als dass er ihn nicht bloß noch mehr verunsichert hatte. Er war nie ein besonders geduldiger Mensch gewesen. Aber er war sich ziemlich sicher, dass das Warten auf einen Zug oder auf ein Paket ihn deutlich weniger verrückt machte als... das hier. „Ich will nicht, dass du hinterher irgendwas bereust“, redete Gordon nach ein paar endlos scheinenden Sekunden endlich weiter. „Aber wenn du nichts dagegen hast, würde ich sehr gerne... mit dir schlafen.“

Dem Himmel – oder was auch immer – sei Dank.

„Nein, ich hab absolut nichts dagegen. Ich wollte nur auch nicht, dass du irgendwas bereust... das ist alles.“

Gordon lächelte schüchtern, er wirkte erleichtert – aber Andy wusste, dass es da noch eine andere Frage gab, die er sich von alleine vermutlich nicht trauen würde zu stellen.

„Willst du oben liegen?“, fragte er ihn deshalb selbst, obwohl er es im Grunde eindeutig von seinem Gesicht hatte ablesen können, dass er genau das wollte. Trotzdem schien er sich lieber krampfhaft zurückzuhalten, als in irgendeiner Weise zu aufdringlich zu wirken.

„Wenn ich darf“, sagte er verhalten; viel zu höflich für einen eigentlich so rebellischen Sechzehnjährigen, der immer macht, was er will, und offen im Park seine Joints raucht. Wenn er doch nur jetzt noch so einen für ihn hätte, dachte Andy und wollte sich zum mindestens zweiten Mal dafür schlagen, dass er sich plötzlich um gut drei oder vier Jahre jünger fühlte als er wirklich war. Trotz Allem nickte er, nach außen hin so gelassen.

„Klar.“

Immerhin reichte es, wenn schon einer von ihnen beiden nervös war, oder? Sollte Gordon ruhig denken, dass das alles für ihn nichts Besonderes war; dass er erfahren war und sowieso alles schon kannte. Vielleicht würde es ihn ja selbst beruhigen, wenn er sich das lange genug einredete.

Mit einer alles andere als geschickten Geste öffnete er das kleine Döschen in seiner Hand und verteilte etwas von dem Inhalt auf seinen Fingern, ehe er zuerst sich selbst und dann Gordon damit einrieb, der wiederum jede seiner Bewegungen zu beobachten schien und ihm schließlich ganz leicht mit einer Hand über den Rücken strich. Andy wusste nicht, ob er durch seine selbstsichere, immer so selbstsichere Fassade hindurchsehen konnte, aber Gordons Berührungen und sein warmer Atem, den er in seiner Halsbeuge spürte, nachdem er ihn wieder zu sich heruntergezogen hatte, versetzten ihn beinahe in eine Art Trance, die es zumindest ein wenig schaffte, ihn davon abzulenken, wie rapide sich sein Puls innerhalb der letzten Minuten oder Sekunden erhöht hatte. Gordons Gewicht auf ihm, der Gedanke, dass er ihn wollte; dass jemand, dem er heute mehr durch Zufall begegnet war, jetzt mit ihm hier lag und ihn wirklich wollte, und dann das Gefühl, als er in ihm war und ihn zum ersten Mal danach wieder ansah, mit einem Blick, als hätte er sich selbst irgendwie verloren... all das verschmolz miteinander, vermischte sich mit der Musik und dem dämmrigen Licht zu einem Eindruck, der schwer in Worte zu fassen war. Andy schloss die Augen, spürte so vieles gleichzeitig, war vielleicht genauso dabei sich zu verlieren.

Es war egal.

Niemand konnte wissen, ob mindestens einer von ihnen es nicht hinterher bereuen würde, das hier getan zu haben. Vielleicht wünschte sich Gordon, während er mit ihm schlief, das Gleiche irgendwann mit Joe tun zu können. Vielleicht tat er selbst es in Wirklichkeit nur, um nicht mehr an Christina denken zu müssen. Aber das war alles egal – denn in diesem Moment war es so richtig wie nichts anderes. Angefangen mit dem ersten spontanen Kuss, über die Auseinandersetzungen mit den zwei Möchtegern-Raudies und all dem, worüber sie heute gesprochen hatten, bis hin zum jetzigen Zeitpunkt. Nichts war gezwungen oder geplant, und wie es dazu gekommen war, spielte ebenso wenig eine Rolle wie die Frage, was es für die Zukunft bedeuten könnte. Alles, was passierte, passierte deshalb, weil sie es in diesem Moment so wollten – vollkommen egal, was danach kam oder was irgendjemand anders darüber denken würde. Ob seine Mutter ihn enterben würde, wenn sie davon wüsste. Ob Joe oder irgendwer sonst es verstehen würde. Es war auch nicht mehr wichtig, ob irgendwer glaubte, dass er ein Abbild seines versoffenen Vaters war. Das alles schien in den Hintergrund zu rücken, interessierte ihn nicht mehr. Er und Gordon, sie beide waren eigenständige Personen, die tun konnten, was immer sie wollten, egal, ob es gut und vernünftig war oder nicht. Und genau das war es, was sich so unglaublich gut anfühlte:

Freiheit. Er fühlte sich frei.

Andy hörte auf nachzudenken, nahm nur noch das Hier und Jetzt wahr, beide Arme fest um Gordon geschlossen und dieses überwältigende Gefühl, das sich aus so vielem zusammenfügte, über sich hereinbrechen lassend wie eine riesige, unkontrollierbare Welle.

Alles, was zählte, war dieser Moment. Und alles andere war absolut egal.
 

Vogelzwitschern. Sonnenstrahlen.

Als er aufwachte, war es bereits hellichter Morgen, wie das durch das Fenster dringende Licht verriet, das auch vor seinen geschlossenen Augen keinen Halt machte. Für gewöhnlich wurde er nie von der Sonne geweckt. Offenbar hatte er vergessen die Rolläden herunterzulassen, bevor er ins Bett gegangen war. Bevor er... mit Gordon...

Andy öffnete die Augen, fest davon ausgehend, den anderen Jungen neben sich zu sehen – aber er war nicht da. Die Fläche neben ihm war leer und hätte ihn fast dazu veranlasst, die Geschehnisse der vergangenen Nacht bloß für einen abgefahrenen Traum zu halten. Fast. Denn dafür waren seine Erinnerungen viel zu real, und auch die Tatsache, dass er vollkommen nackt geschlafen hatte und sich wie gerädert fühlte, ließ nur den Schluss zu, dass diese Dinge wirklich passiert waren. Und je länger er darüber nachdachte, desto deutlicher sah er alles wieder vor sich.

Gordon war die Nacht über bei ihm geblieben; wahrscheinlich war er erst vor Kurzem aufgestanden, um den Bus zur Schule nicht zu verpassen. Scheinbar war er auch in der Nacht schon einmal aufgestanden, um das Licht vollständig auszuschalten, das nun nicht mehr brannte. Er musste sehr darauf bedacht gewesen sein, ihn dabei nicht aufzuwecken, jedenfalls konnte Andy sich an nichts erinnern. Wie es aussah, war er wohl in einem beneidenswerten Tempo eingeschlafen und danach durch nichts aus der Ruhe zu bringen gewesen. Das letzte, woran er sich verschwommen erinnerte, war, dass er und Gordon noch eine Weile nebeneinander gelegen hatten, Gordon sich irgendwann sogar bei ihm angelehnt hatte...

Wieder überkam ihn dieses intensive Gefühl, das er in diesem Ausmaß bisher nur bei einer einzigen anderen Person verspürt hatte. Er wusste nicht, wie es jetzt weitergehen würde. Weder in den nächsten Tagen noch in den nächsten Jahren. Ob er noch immer das Gleiche fühlen würde und ob diese Nacht überhaupt irgendeine Art von Einfluss auf irgendetwas haben würde. Aber eins wusste er.

Er bereute nichts.
 

Es brauchte ein paar Minuten, bis er sich dazu bewegen konnte, sich aufzusetzen, sich schließlich ganz von der Matratze zu erheben und seine auf dem Boden verteilten Sachen wegzuräumen, bevor er sich etwas Neues anzog, ohne groß darauf zu achten, was er aus seinem Schrank herauskramte. Bei einem flüchtigen Blick auf den Schreibtisch, stach ihm etwas ins Auge, das sich normalerweise nicht dort befand. Ein kleiner beschrifteter Zettel.

„Bin in der Schule. Hoffe, ich seh dich da nachher wieder“, las er leise vor, was in ziemlich krakeliger Schrift auf dem Papier geschrieben stand, und merkte, wie es ihn ganz automatisch zum Lächeln brachte, obwohl die Vorstellung, sich einfach wieder ins Bett zu legen, durchaus verlockender war als die Vorstellung, zur zweiten Stunde – falls er das überhaupt noch schaffen würde – im Unterricht aufzukreuzen und sich als erstes eine Standpauke anzuhören, weil er zu spät war. Trotzdem konnte es zwischendurch ja nicht schaden, sich dorthin zu bequemen, vor Allem, wenn in Aussicht stand, seine neue Bekanntschaft an diesem Ort wiederzusehen und möglicherweise noch besser kennenlernen zu können. Rebellisch sein konnten sie immerhin auch zu zweit sehr gut, inmitten dieser grauen Masse aus Schülern und Lehrern, die ihnen vielleicht manches verbieten konnten, aber nicht alles.

Ja, dachte Andy, heute war eigentlich kein schlechter Tag, um die Schule zu besuchen. Fast freute er sich sogar ein bisschen darauf, was sicherlich nicht der Fall gewesen wäre, wenn Joes bester Freund ihm einen Tag zuvor nicht über den Weg gelaufen wäre. Aber das war er, und Andy war sich sicher, hätte er die Zeit um vierundzwanzig Stunden zurückdrehen können – er hätte rein gar nichts anders gemacht.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Puh, das letzte Kapitel ist jetzt wirklich lang, ich weiß. XD Aber da ich ganz ursprünglich auch eigentlich nur vorhatte, einen One Shot zu schreiben und die Kapitel erst hinterher eingeteilt hab, als ich gemerkt habe, dass es für einen OS eindeutig zu viel wird, hab ich das nicht wirklich besser getrennt bekommen. :'D
Und Doppel-Puh, so sexuelle Szenen sind für mich immer voll die Herausforderung, weil ich aus irgendeinem Grund, wenn's ums Schreiben geht, da totale Hemmungen hab! Und dabei mach ich ja eh alles immer nur voll andeutungsweise! xDD Aber viel expliziter hätte hier auch nicht wirklich gepasst, wa?

Whatever - danke fürs Lesen! ^_^ Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  ReptarCrane
2019-04-02T08:05:56+00:00 02.04.2019 10:05
Ich habe jetzt viel länger zum Lesen dieses Kapitels gebraucht, alsich wollte! So ein stressiges Leben! :'D
Das mit dem hinterher aufteilen kenne ich ja auch, aber es ließ sich ja auch so gut lesen, das ist ja die Hauptsache :D
(Ich schreibe dieses Review, während unsere Lehrerin vorne steht und redet, ich hoffe hier steht gleich kein total wirrer mist xD)
Also, es hat echt Spaß gemacht, diese (ja auch gar nicht SO kurze) fanfiction zu lesen! Ich meine, ich sagte es ja bereits, aber ich shippe die beiden auch echt total, und es ist so nidlich gewesen zu lesen wie sie miteinander umgehen! bei mir ist immer alles niedlich xD
Bei sexuellen Szenen geht es mir da genau wie dir, aber ich finde, du hast das echt gut gemacht; auch wenn es jetzt natürlich kein hardcore-Stuff war, was ich jetzt aber auch nicht schlimm finde, eher im gegenteil. Hauptsache Romantik und cute!
Aber auch diese tiefgreifenderen gespräche waren total interessant; diese Informationen über Andys vater und wie der früher mit seinem Sohn nachtsgeredet hat...aww! ich hatte echt mal wieder Bilder im Kopf. gnnz großartig!
Also wie gesagt, ich fand die gesamte fanfictio wirklich groaßartig. Ich liebe deinen Schreibstil, und ich würde mich sehr freuen, bald mal wieder was von dir zu lesen! Wobei ich ja auch noch genug alten Kram habe, den ich definitiv auch noch lesen werde! Aber ja, ich finde es auf jeden Fall super, dass du diese ff fertiggestellt hast, und wie lange sowas dauert, ist letztlich ja auch irrelevant!
Hauptsache, man hat Spaß beim Lesen, und den hatte ich definitiv!
Antwort von:  Drachenprinz
02.04.2019 13:02
Ich freu mich echt so, dass du jedes Kapitel kommentiert hast und die Story dir gefallen hat! °^° Vielen Dank auf jeden Fall! Und nein, da steht kein total wirrer Mist, es ist alles normal verständlich. xD
Und ich find's echt megatoll, dass du die beiden auch so shippst, hab ich, glaub ich, auch schon mal erwähnt. XD Im Moment sind die wohl auch so ziemlich mein Lieblingspairing und ich würd am liebsten noch viel mehr zu denen machen, aber das wär dann so Overkill, wenn ich meine anderen Charaktere so vernachlässige. :'D
Ja, Hauptsache Romantik und cute, haha! xD Es freut mich aber, dass das alles so rüberkommt, wie es auch sollte. ^^ Ehrlich gesagt, lesen tue ich Hardcore-Stuff manchmal schon ganz gerne (im Moment les ich 'Hockey Homo' von Yaa... xD), aber es kommt auch immer drauf an, wie das verpackt ist. Und schreiben oder selber zeichnen könnte ich sowas definitiv nicht, da ist irgendwas in mir blockiert. :'DD
Wie gesagt, ich bin total happy über alles, was du geschrieben hast, und dass du meinen Schreibstil magst. ^w^ Es wird auf jeden Fall auch noch zu anderen Charakteren solche Back/Sidestorys geben, nur wann ich die nächste davon hochladen kann (erst mal schreiben xD), hängt davon ab, wo ich beim Comic schon angekommen bin, weil das sonst eventuell Spoiler enthalten würde. °-° Aber mal sehen!
Aah, ich weiß nicht, was ich noch sagen soll... Fühl dich umarmt! xD
Antwort von:  ReptarCrane
02.04.2019 13:26
sehr gerne! ich meine, ich weiß ja wie sehr ICH mich über reviews und so freue und wie mich das motiviert, da dachte ich mir, vielleicht geht es dir ja genau so!
Jaaa hast du :D aber die sind auch echt CUTE!
Da ich das vorher im kommi vergessen habe, hier ein kleiner Einschub: Meine Mutter heißt Christina, und das ist beim lesen schon teilweeise sehr...irritierend gewesenxDD
Das Problem kenne ich aber! Ich neige auch immer so dazu, gewisse charas zu bevorzugen, weshalb zum beispiel schizophrenia auch einfach so aufgebaut ist, dass ich diese MÖGLICHKEIT gar nicht habe! Aber bei Something Strange zum beispiel habe ich auch schon wieder das Gefühl, dass ich voll abschweife xD 8wieso rede ich schon wieder von mir? Das war gar nich der Punkt!)
Oh, Hockey homo find ich aber auch toll! Den ersten band hab ich sogar signiert zuhause :D aber da ist ja auch ne total deepe background Story hinter, das ist total gut verpackt! Aber schreiben oder zeichnen...könnte ich denke ich auch nicht xD höchstens wirklich richtig zensiert, also überhaupt nicht explizit xD
und uh ich freue mich dann auch jeden Fall schon mal ^-^ das Problem mit dem Spoiler kenne ich aber auch zur genüge xD es ist alles nicht einfach xD
aww, dann fühl dich zurückumarmt!! ^_^
Antwort von:  Drachenprinz
02.04.2019 13:44
Oh, dass deine Mutter Christina heißt bzw. dass die gute Ex hier auch so heißt, tut mir jetzt irgendwie leid, da kann ich mir vorstellen, dass das irgendwie awkward ist. :'D Aber zumindest spricht man es hier ja Englisch aus und bei deiner Mutter bestimmt Deutsch - falls das hilft. XD
Stimmt, Schizophrenia ist ja sehr auf James fixiert, da kann sowas wahrscheinlich eher nicht passieren! Bei Something Strange ist mir aber bisher eigentlich auch noch nicht aufgefallen, dass du abschweifst. ^^ Bisher find ich die Informationen über die verschiedenen Charaktere gut verteilt, und auch wenn da mal einer mehr im Fokus steht - kommt ja auch drauf an, wie es halt gerade passt. :D
Oh, sogar signiert? Wie cool. ^_^ Ich les das hier gerade 'nur' als Doujinshi, aber ich finde es da auch so toll, wie verstrickt das mit den Charakteren und ihrer Vergangenheit alles ist!
Wenn ich sowas zeichnen würde, würde ich es auf jeden Fall auch so machen, dass bestimmte Stellen von irgendwas verdeckt sind. :'D Aber bei Zensur... Da stell ich mir gerade irgendwie so total bescheuerte Zensurbalken vor, in Form von Herzchen oder Smileys. *lol*
Ich laber hier wieder zu viel! XD
Antwort von:  ReptarCrane
02.04.2019 13:48
Ja, klar xD SOschlimm wars auch nicht, und ich rede meine Mutter ja auch nicht mit Vornamen an :D
Ja, NOCH!! xDD ich bin jetzt bei 55000 Wörtern roundabout, und ich hab so das gefühl ich komm ncih wirklich voran...aber EIGENTLICH is das auch alles wichtig! xD Nun ja!
Jaaa das ist echt total cool, ich liebe dieses Storytelling!

ja nein, so meinte ich das nicht mit zensurbalkenxD sondern so wie du meintest xD wär aber sicher n toller Anblick...xD
Von:  ReptarCrane
2019-03-27T20:11:53+00:00 27.03.2019 21:11
Ich habe dieses Kapitel heute am Bahnhof gelesen, während ich auch dem Zug gewartet habe, und dabei zwei mal so bescheuert loslachen müssen, dass gefühlt alle am Bahnsteig anwesenden mich doof angeguckt haben xD Auch gut, hält halb hannover mich jetzt eben für bekloppt.
Das erste mal war, als der arme Gordon erfahren hat, dass er leider nun eine Stunde rumstehen muss. Was aber auch für eine Frage - man kann sich doch nicht einfach auf irgendein Bett setzen!
Lustigerweise erlebe ich das aber tatsächlich immer bei Leuten, die bei mir zu Besuch sind (das klingt jetzt, als wäre das ständig der Fall...xD), dass die wirklich lieber doof rumstehen als sich auf mein Bett zu setzen. Man, mein Sofa ist halt total vollgeräumt! In dem Punkt konnte ich mich auch mit Andy identifizieren, ich bin auch sehr unordentlich :'D
Das zweite Mal, dass ich lachen musste, war bei dieser wunderbaren beschreibung der Geste von Poser-Boy und Gangster Boy. Bzw eigentlich bei dieser ganzen Szene, in der sie reingekommen sind. "Korreeeeekt" alter.... ich hatte Bilder im Kopf xD
Aber NATÜRLICH mussten diese Vollspaten (ich liebe dieses Wort) da auftauchen. Dinge die die Welt nicht braucht!
Trotz dieser beiden sehr unsympatischen Dudes da war das wieder ein sehr schönes Kapitel! Es macht mir wirklich Spaß, diese Story zu lesen, und ich mag die drei Hauptcharaktere (und Pepper xD) einfach unglaublich gerne!
Da ich sehe, dass die Story schon zu 60% abgeschlossen ist, bin ich jetzt schon etwas traurig, dass ich gar nicht mehr so viel zu lesen mehr habe... aber trotzdem, sehr sehr cool dass du die ganze Story ja auch schon fertig hast, wie du sagst, und die Kapitel sind ja auch jeweils schön lang!
Antwort von:  Drachenprinz
27.03.2019 21:25
Haha, das freut mich natürlich, dass ich dich so erheitern konnte! (Auch wenn halb Hannover dich jetzt für bekloppt hält. XD Aber hey, mich hält wahrscheinlich auch jeder hier für bekloppt, der mich schon mal mit meiner Schwester zusammen in der Stadt rumbehindern gesehen hat! Was ja auch stimmt. xD)
An der Stelle mit Poser-Boy und Gangster-Boy hatte ich wirklich auch sehr viel Spaß. :'D Da musste ich beim Schreiben auch selber lachen. Find ich schön, dass das nicht nur mir so geht. xD
Ja, das nächste Kapitel (das ich dann am Freitag hochlade), ist schon das Letzte. :c Aber das ist auch ungefähr so lang wie das erste und zweite zusammen, weil ich das irgendwie nicht besser hingekriegt hab. XD Und trotzdem hab ich insgesamt für die Story fast ein Jahr gebraucht, weil ich einfach monatelange Pausen dazwischen hatte und ja hauptsächlich eher gezeichnet hab, da kam die mir entsprechend voll lang vor. x'D
Aber ich freu mich auf jeden Fall echt sehr, dass du die Geschichte magst, weil sie mir selbst auch ans Herz gewachsen ist und ich es auch ein bisschen vermisse, daran weiterzuschreiben. ^^
Von:  ReptarCrane
2019-03-23T11:46:38+00:00 23.03.2019 12:46
Hey :D
Als mir gestern angezeigt wurde, dass du eine neue Fanfiktion hochgeladen hast, hab ich die quasi sofort gelesen! Zum kommentieren komme ich dann leider erst jetzt xD

Vorweg: Mir ist jetzt ebenfalls aufgefallen, dass sich unsere Schreibstile...Schreibstils...äh... teilweise wirklich ziemlich ähneln! ich dachte mir auch häufiger mal: jou! Hätt ich genau so geschrieben!
Also ich find deinen Stil total angenehm und konnte das ganze sehr flüssig lesen c: Das einzige, was mir da aufgefallen ist, ist, dass du vielleicht ein paar mal öfter Andys Namen hättest schreiben können; also da stand teilweise über sehr lange zeit hinweg jedes Mal "er", und obwohl ich mir denken konnte, dann Andy und nicht Gordon gemeint war, war das manchmal ein wenig verwirrend.

Ansonsten...Ach, ich find die beiden so niedlich zusammen! :D
Im Übrgen konnte ich mich, mit dem, was über Joe erzählt wurde, total gut mit ihm identifizieren! Aber ich find die alle drei total sympatisch :D
Das mit Pepper ist auch sowas, was ich hätte schreiben können xD "Mein hund mag dich, ich mag dich auch!" Lebensmotto xD
Und am Anfang, als Andy sehr negativ über die Schule philosophiert, hatte ich instent einen Ohrwurm von Pink Floyds "The Wall" xD

Also ich freue mich auf jeden Fall auf weitere Kapitel, hat echt spaß gemacht das zu lesen!
*Hält shipping-Fahne hoch* xD
Antwort von:  Drachenprinz
23.03.2019 14:00
Woah, cool! °o° Ich wollte gerade eine neue Seite im Comic hochladen und die Story da drin verlinken, da seh ich, dass ich schon 'nen Kommentar hab. xD Thank youuu! ^-^

'Schreibstils'. XD Also, 'Stile' ist schon richtig, würd ich sagen! Ansonsten, wenn ich mal irgendwo den Plural nicht weiß, häng ich einfach ein '-poden' hinten dran. So ist das ja lustigerweise bei 'Oktopus'. Ein Oktopus, zwei Oktopoden. :'D

Dass du meinen Stil magst, freut mich natürlich immer noch sehr. ^^ Jaaa, das mit den Namen... Genau das hat mir meine Schwester tatsächlich auch schon zwei, drei Mal gesagt. xD Seitdem versuche ich auch eigentlich immer, das öfter zu machen, aber dann denke ich mir auch manchmal "Wenn der Name ZU oft da steht, ist es auch irgendwie holprig ;_;", und da weiß ich dann nie, was ich machen soll. X'D Aber ich werde in Zukunft versuchen, das noch besser zu beachten! Bei dieser Geschichte hoffe ich jetzt einfach mal, dass ich es in den anderen Kapiteln vielleicht etwas besser hingekriegt hab, die Story ist nämlich schon fertig und muss nur noch zu Ende hochgeladen werden. ^^

Aber dass du die beiden so niedlich zusammen findest, freut mich mega, ich shippe die auch echt total. XD Und natürlich auch, dass du dich immer noch so mit Joe identifizieren kannst, und mit dem 'Pepper-Motto'. :D Hunde an die Macht!! Und YAY, Pink Floyd! *o* We don't need nooo educatioooon~ (Könnt ich mal wieder hören!)

Danke auf jeden Fall für den supernetten Kommentar, ich freu mich sehr, dass dir diese Backstory bisher gefällt! ^-^
Antwort von:  ReptarCrane
23.03.2019 14:41
Schreipstilpoden, ja gut, nehm ich so! xD

Das geht mir aber ehrlichgesagt ganz genau so! Tatsächlich bin ich jetzt aber dazu übergegangen, mir immer, wenn ich mir total unsicher bin, "Es" von Stephen King zu nehmen und so ein bisschen zu blättern, um dann zu merken dass da die Namen echt oft genannt werden und das dem Lesefluss gar keinen Abbruch tut! (Ja, King ist mein Vorbild beim Schreiben...:'D)

Gerne gerne, wie gesagt ich bin gespannt auf mehr und lasse dich dann gern wieder meine Meinung wissen :D


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