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Now You See Me

Thor & Loki
von

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„Unfassbar.“

Jane schüttelte den Kopf, während sie den schlafenden Mann auf ihrem Sofa ansah. Loki schnarchte leise, das Gesicht verborgen hinter einem Vorhang rabenschwarzer Locken.

„War er schon immer so unhöflich?“

Thor seufzte. „Mein Bruder war schon immer... eigen.“

„Eure Familienfeiern müssen interessant gewesen sein“, meinte Jane.

Thor lachte auf. „Oh, du machst dir keine Vorstellung...!“

„Vielleicht nicht. Vielleicht doch.“ Jane zuckte mit den Schultern. „Familie ist überall gleich.“

Dann legte sich ein warmes Lächeln auf ihre Lippen.

„Aber es freut mich zu sehen, dass ihr euch wieder besser versteht“, sagte sie dann. „Ich glaube, du tust ihm gut. Und er dir.“

„Findest du...?“ Thor sah auf die sorglose und entspannte Gestalt seines Bruders herab. Loki vertraute ihm genug, dass er in seiner Anwesenheit schlafen konnte, und die Erkenntnis, dass sie nach Jahren der Verbitterung und des Konfliktes endlich wieder diesen Punkt erreicht hatten, erfüllte Thor mit einem Gefühl des Glücks und der Dankbarkeit.

„Oh, absolut“, erwiderte Jane leise. In ihrer Stimme war ein seltsamer Unterton, auf den Thor sich keinen Reim machen konnte.

Dann wandte sie sich mit einem Gähnen ab. „Du kannst mein Bett für die Nacht haben. Ich bin mir sicher, ich habe irgendwo noch eine Luftmatratze, die ich aufpumpen kann, die kann ich dann nehmen...“

„Auf keinen Fall.“ Thor schüttelte den Kopf. „Der Tag war lang und du brauchst deine Erholung. Ich kann mir die Couch mit Loki teilen.“

Sie zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Aber ich dachte...?“

„Es macht mir nichts aus, wirklich“, versprach Thor. „Ich war nur überrascht, dass Loki diesen Vorschlag gemacht hat. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es etwas ist, was er tolerieren würde.“

Sie nickte mit verständnisvoller Miene.

„Na gut“, entgegnete sie, und wieder war da dieser seltsame Unterton, als wüsste sie etwas, was er nicht wüsste. „Dann wünsche ich dir eine erholsame Nacht.“

„Und ich dir.“ Thor schenkte ihr ein Lächeln.

Dann zog sich Jane in ihr Schlafzimmer zurück und schloss die Tür.

Auch Thor ging kurz darauf schlafen. Frisch geduscht, bekleidet nur mit einem Paar bequemer Baumwollshorts, legte er sich neben seinem Bruder auf die ausgezogene Couch und war nur wenige Minuten später eingeschlafen.

 

Es musste schon nach Mitternacht sein, als er von einem eisigen Lufthauch geweckt wurde.

Verschlafen öffnete Thor die Augen und versuchte die Dunkelheit mit seinem Blick zu durchdringen. Doch Türen und Fenster der Wohnung waren geschlossen und alles war ruhig.

Dann hörte er ein leises Wimmern – und plötzlich war er hellwach.

„Loki!“, stieß er hervor und drehte sich zu seinem Bruder herum.

Loki schlief noch immer, aber es war offensichtlich, dass ihn ein Alptraum quälte, denn er wälzte sich unruhig auf seiner Hälfte der Couch hin und her. Dabei wechselte er immer wieder unbewusst in seine Frostriesengestalt und wieder zurück, was der Grund für die Kälte gewesen sein musste, die Thor geweckt hatte.

„Loki...!“

Die gequälten, verängstigten Laute, die sein Bruder von sich gab, brachen Thor fast das Herz. Ihm fiel außerdem auf, dass Loki die Hände an den Hals gelegt hatte, als wollte er ihn schützen, und es erforderte nicht viel Fantasie, um zu erkennen, warum. Thor rückte näher an seinen Bruder heran und legte die Hand an seinen Oberarm.

„Loki, du bist in Sicherheit“, sagte er leise, in der Hoffnung, dass Loki ihn hören konnte. „Er ist tot und kann dir nicht mehr wehtun.“

Für einen Moment lag sein Bruder still da und Thor dachte schon, dass seine Worte ihn erreicht hatten.

Doch dann überzog sich sein Körper wieder mit den verschlungenen, blauen Linien seiner Jotungestalt und Thor zog fluchend seine Hand zurück, als die eisige Kälte seine Finger taub werden ließ.

„Loki...!“, wiederholte er hilflos, doch sein Bruder war in seiner eigenen Welt gefangen und es peinigte Thor, ihn so zu sehen.

„Thor...?“, ertönte in diesem Moment Janes verschlafene Stimme von der offenen Schlafzimmertür her. „Was ist los?“

Thor setzte sich auf.

„Es ist Loki“, erwiderte er und rieb sich müde mit der Hand über die Augen. „Er hat einen Alptraum und ich schaffe es nicht, ihn zu erreichen.“

Jane trat näher und sah auf den schlafenden Mann herab, der sich mittlerweile schützend zusammengerollt hatte.

„Hat er so etwas schon öfter gehabt?“, fragte sie mit leiser, aber ernster Stimme.

„Ich...“, begann Thor und zögerte dann. „Ich weiß es nicht.“

Er musste sich zu seiner Scham eingestehen, dass er darauf tatsächlich keine Antwort hatte. Es war ewig her, dass er sich mit seinem Bruder nachts ein Zimmer geteilt hatte, und falls Loki diese Träume auch während seiner Zeit im Hauptquartier der Avengers gehabt hatte, dann hatte er es sich nicht anmerken lassen.

Doch allein die Vorstellung, dass dies etwas war, was seinem Bruder regelmäßig widerfuhr, ohne dass irgendwer in diesen Momenten bei ihm war, war fast mehr, als Thor ertragen konnte.

Erneut streckte er die Hand aus, und dieses Mal zog er sie nicht sofort wieder zurück, als er sie auf Lokis eiskalten Rücken legte, auch wenn der Frost ihm schmerzhaft in die Finger biss.

„Loki, ich bin es“, versuchte er es erneut. „Es ist alles gut, du hast nur einen Alptraum... es ist alles gut... dir kann nichts mehr passieren...“

Es dauerte eine Weile, doch schließlich schienen der Körperkontakt und die gemurmelten Worte zu seinem Bruder durchzudringen. Lokis Körper entspannte sich langsam wieder und die blauen Linien zogen sich zurück. Mit jedem ruhigen Atemzug, den er tat, wurde es wieder wärmer im Zimmer, und nach einigen Minuten war sein Bruder schließlich wieder in einen tiefen, traumlosen Schlaf gefallen.

Obwohl seine Hand noch immer taub war und das Gefühl nur langsam wieder in sie zurückkehrte, stieß Thor ein erleichtertes Seufzen aus.

Krise erfolgreich gelöst.

„Thor“, sagte Jane auf einmal, und er hob den Blick.

Sie musterte ihn mit unergründlicher Miene.

„Ihr zwei solltet reden“, meinte sie. „Und zwar möglichst bald.“

Er sah sie verständnislos an. „Worüber?“

„Über... all das hier.“ Sie machte eine Geste, die die gesamte Couch einschloss. „Darüber, ob er wirklich weiterhin seinen Weg allein gehen will. Darüber, ob von ihm getrennt zu sein wirklich das ist, was du möchtest. Ich glaube...“

Sie verstummte für einen Moment, als schien sie gründlich über ihre nächsten Worte nachzudenken, und fuhr schließlich mit etwas sanfterer Stimme fort: „Ich glaube, er ist nicht der einzige von euch beiden, der nicht wirklich weiß, was er will – und wo er hingehört.“

Thor blinzelte, überrascht von ihren Worten.

Doch bevor er sich eine Antwort zurechtlegen konnte, hatte Jane ihm schon eine gute Nacht gewünscht und sich wieder in ihr Zimmer zurückgezogen.

Thor ließ sich zurück auf das Laken sinken und starrte im Halbdunkel an die Zimmerdecke.

Ihre Worte sollten ihn noch für eine ganze Weile beschäftigen, bevor auch er selbst schließlich wieder Schlaf fand.

 

Er hätte damit rechnen sollen, doch als Thor am nächsten Morgen erwachte und feststellte, dass Loki ihn einmal mehr zurückgelassen hatte, um seine Reise allein fortzusetzen, traf ihn die Enttäuschung tiefer, als all die anderen Mal zuvor.

Er rieb sich seufzend das Gesicht.

Vielleicht hatte Jane doch Recht gehabt mit dem, was sie gesagt hatte:

Sie sollten reden.

Denn so konnte es definitiv nicht mehr weitergehen...



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