Zum Inhalt der Seite

Memories

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Blick eines Hundes

Diese Augen.
 

Braun, einen Blick, der dem eines Hundes glich, welcher einen erwartungsvoll ansah und gekrault werden wollte.
 

Dann dieses Lächeln.
 

Dieses unschuldige Schmunzeln, welches nicht darauf hindeutete, was dieser Kerl bereits alles getrieben hatte und vor allem mit wem.
 

Kevin schmunzelte wissend vor sich hin, während er die Zimmerdecke über sich ansah und in Erinnerungen schwelgte.
 

Zwölf Jahre, fast schon dreizehn war es her, als er ihn zum ersten Mal sah.
 

Unschuldig auf einer Couch und keine Ahnung, wer er war und wie er hieß.
 

Kevin seufzte, er drehte sich um und auf den Bauch, um besser an seinen Laptop zu kommen.
 

Zielstrebig öffnete er einen selbst angelegten Ordner, klickte sich durch unzählige Bilder und blieb bei einem länger hängen.
 

Da war es.
 

Jenes Bild, welches sich tief in seine Netzhaut gebrannt hatte und noch schlimmer in sein Herz und seinen Verstand.
 

Den Wochentag selber wusste er nicht mehr, dafür aber das Datum, an jenem er früher als erwartet in der Agentur angekommen war und zielstrebig auf der Suche nach Lukas war. Einer der Fotografen, der bereits seit Jahren im Geschäft und früher auch Darsteller war.
 

***
 

Er konnte an den Stimmen nicht erkennen, ob da gerade Lukas oder Marty ein Shooting durchführte. Schwer für ihn zuzuordnen, die Stimmen. Kevin horchte daher auf, blieb einen Augenblick stehen und schlich bis zu der Tür, aus der die Stimmen kamen und linste um die Ecke. Doch ein Shooting und Marty, der die Kamera in der Hand hielt und dem Jungen auf dem Sofa Anweisungen gab. Er schien gut zu sein, setzte vieles zu Martys Zufriedenheit um und noch immer sah er nicht richtig, wer da geshootet wurde.
 

Lediglich braune Haare erkannte er, gekleidet war der Junge mit einem weißen Shirt und verwaschene Bluejeans.
 

Das Gesicht sah er nicht wirklich, dafür stand er zu weit weg, wollte nicht stören und schon gar nicht erwischt werden.
 

Dennoch blieb er nicht unbemerkt, Marty hatte Augen wie ein Luchs und scheinbar konnte er zu seinem Nachteil um Ecken gucken.
 

„Was machst du da, Kevin?"
 

Ertappt und sichtlich verlegen trottete Kevin aus seiner Ecke heraus und grinste unbeholfen.
 

„Eigentlich suche ich ..." Kevin blieben die Worte im Hals stecken, sein Blick klebte förmlich an dem Jungen auf der Couch, an dessen Lippen, an seinen Augen, seinem unschuldig wirkenden Blick, der unsicher zu ihm herübersah.
 

„Ja?", hörte er zwar Marty fragen, doch er konnte sich nicht von diesem griechischen Gott abwenden, der plötzlich so süß zu lächeln begann, dass ihm ganz anders wurde.
 

„Kevin?"
 

„Hm?", brummte der Angesprochene lediglich und reagierte erst, als Marty kopfschüttelnd auf ihn zutrat und sich vor ihm aufbaute. „Raus jetzt, du Trantüte. Ich hab zu tun."
 

Kevin schmollte kurzzeitig, verließ jedoch das Zimmer und doch drehte er sich nochmals um, sah den Jungen auf dem Sofa an und lief beinahe gegen den Türrahmen.
 

Marty rollte mit den Augen, er schüttelte nochmals den Kopf und nahm sich schließlich wieder seine Kamera zur Hand.
 

„Wer war das?", wollte der braunhaarige Junge wissen und kam nicht umhin leise zu lachen.
 

„Dein Drehpartner für die nächsten Tage", erwiderte Marty knapp und nahm seine Arbeit wieder ganz auf.
 

Trotz der Entfernung konnte Kevin deutlich hören, was Marty gesagt hatte oder spielten ihm seine Ohren einen Streich? Nein, sicher nicht. Kevin hatte sehr wohl mitbekommen, dass dieser süße Junge sein Drehpartner sein sollte.
 

Ein schüchternes Lächeln umspielte seine Lippen und die zuvor sichere Haltung wich. Warum war er überhaupt in die Agentur gekommen? Alles war weg, nur dieser Junge war in seinen Gedanken und dominierten diese.
 

„Kevin?", sprach ihn jemand an, doch er brauchte eine ganze Weile, um zu realisieren, dass Lukas rief und die Hand hob. „Kommst du? Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit und wir müssen noch einiges besprechen."
 

Ohne zu antworteten, folgte Kevin dem älteren Mann in sein Büro, setzte sich ihm gegenüber und sah ihn an. „Du hast in zwei Tagen einen Dreh mit einem Neuzugang und ich erwarte, dass du nett zu ihm bist."
 

„Wie heißt er?", wollte Kevin wissen.
 

„Andre. Er ist nur wenige Wochen jünger als du und hat gerade jetzt sein erstes Fotoshooting. Wenn du willst, kann ich euch nachher kurz bekannt machen", schlug Lukas vor, während er sich durch seinen Dreitagebart strich. „Das Thema ist dir bereits bekannt?"
 

Ein Nicken folgte.
 

„Keine überdrehten Sachen. Nichts, was überfordert oder Andre abschrecken könnte. Sei natürlich ..."
 

Verschwommen drangen die restlichen Worte in seine Ohren. Kevin war in Gedanken schon wieder bei diesem süßen Jungen, der ihm von der ersten Sekunde an massiv den Kopf verdreht hatte. „Kevin, hörst du zu?"
 

Dümmlich grinsend nickte der Angesprochene, was zur Folge hatte, dass Lukas seufzte, eine Packung Taschentücher nahm und ihn an den Kopf warf. „Ich erwarte übermorgen ein gewisses Maß an Professionalität und jetzt komm, Andre hat nachher noch ein Interview", wies er Kevin an, der sich bereits erhob und ungeduldig wirkte. Lukas schüttelte den Kopf. Er kannte dieses Verhalten gut, hatte es bei anderen Jungs schon oft gesehen und wusste, was sich daraus entwickelte.
 

Oft nichts Gutes. Anfänglich vielleicht, danach endete es im Chaos, mit Tränen und nicht geplantem, vorzeitigem Ausstieg. Lukas folgte Kevin, holte ihn ein und hielt ihn kurz bevor er das Zimmer, in welchem Andre saß erreichte, zurück und sah ihn besorgt an. „Tu dir selber einen Gefallen und stürze dich nicht in ein Abenteuer, was euch beiden schadet. So etwas endet nie gut."



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  SuperCraig
2020-04-08T11:00:09+00:00 08.04.2020 13:00
Hey du!

Und gleich das nächste Kapitel, freut mich! :D

Der Einstieg war wieder, wie beim vorigen Kapitel, klasse. Das wird aus einem Lied sein? Es passt jedenfalls als Einleitung sehr gut, und, wenn man sich drauf einlässt, kann man über die Worte nachdenken.

Kevins Sehnsucht beschreibst du sehr einfühlsam. Ich bin selbst grade ein wenig in Depristimmung, da kann ich mich noch besser hineinversetzen (was aber ohne diesen Gemütszustand gut möglich sein sollte).

Ich musste bei der Entenfamilie ein wenig schmunzeln, weil das ja in der Regel Ente, Erpel und Entenküken sind. Das spiegelt auch nur wider, was er sich wünscht, oder zumindest teilweise. Ich interpretiere zumindest so raus, dass er sich seinen Kollegen zurückwünscht, an seine Seite, nicht nur als Arbeitskollegen.

Du schreibst "recht" kurz, im Vergleich zu anderen, die oft 5.000 Wörter oder mehr in ein Kapitel packen. Das macht hier aber nix, weil es schön gegliedert ist, und vor allem, du schaffst es, in "wenigen" (ich weiß dass das nicht wenige Worte sind), Emotionen einzubringen und ein klares Bild zu erzeugen.

Der Fluchtreflex, die Ablehnung, der Wunsch, dass durch ein Abbrechen der Zelte sich einfach alles ändert, so klar und verständlich - richtiger Liebeskummer, der aber doch einen Hauch, eine Nuance enthält, bei der man sich fragt: Ganz sicher, dass sie ein Paar waren / Kevin will, dass sie wieder eins werden? Der schmale Grat wird hier von dir sehr gut beschritten, immer mit einem Kipp zu "ganz klar Pärchen", dann aber wieder ins Neutrale.

Kevin kommt jetzt schon sensibel rüber. Nicht so klassisch klischeehaft, weinerlich, wie es oft in Filmen und Büchern aufgezogen wird, sondern einfach...einsam. Dieses bedrückende Etwas, das unausgesprochen im Raum liegt, auf seinem Herzen lastet - niemand kann ihm dagegen helfen, und doch halten sie die Hand auf, strecken sie ihm entgegen. Das beschreibt die Situation ganz gut, denke ich. Also jetzt mal abseits von der FF, so ist es zu empfinden, wenn man großen Liebeskummer verspürt, oder jemanden sehr Nahestehenden verloren hat. Ich kann ihn mir gut vorstellen, auf der Bank, neben dem Fluss, nachdenklich, in sich gekehrt, in seiner eigenen Welt, die von dunklen Wolken durchzogen ist.

Ich bewundere jeden, der es schafft, sowas zu vermitteln. Mein tiefer Respekt.

So, und jetzt noch eine klitzekleine Kleinigkeit zum Abschluss: Der erste Satz - Wie oft stand er schon am Ufer der Moldau und machte sich Gedanken.
Jetzt muss ich dich fragen, wie der Satz gemeint ist: Wenn es ausdrückt, dass er sich da oft aufhält, wäre ein "so" zwischen dem "Wie" und dem "oft" angebracht, sonst würde ein Fragezeichen die innere Frage des Moments ganz gut ausdrücken.
Wieder nur eine ganz minimale Geschmacksfrage, bei einem sonst wirklich hervorragenden Text.

Hat mir wieder sehr gut gefallen und großen Spaß gemacht zu lesen, auch wenn es zum Nachdenken anregt.


Antwort von:  Pragoma
09.04.2020 12:29
Hallo :)

Tatsächlich sind die ersten Zeilen aus einem Song, der von CHROM stammt und Loneliness heißt. Er passt einfach vom Thema her zum gesamten Text und gerade habe ich Pippi in den Augen, weil dein Kommentar mich überwältigt.

Normal war ich bis vor wenigen Monaten noch ein FanFiktion-Schreiber, aber ich hab gemerkt, dass man da nicht so spielen und schreiben kann, wie bei eigenen Werken. Man musste sich einfach zu sehr in die Rolle fügen, aber das habe ich hier auch und dennoch genug Platz für eigene Spielereien.
So auch die Emotionen, die hier wirklich kurz gehalten werden und dennoch so viel aussagen. Ich spiel da gerne mit dem Satz “in der Kürze liegt die Würze.” Emotionen muss ich fühlen können, um sie zu schreiben und daher sind manche Kapitel bei mir länger oder eben auch kürzer.

Da fehlt wirklich ein Fragezeichen, immerhin stellt sich Kevin diese Frage selber und da sollte man auch eins einfügen. Er verbringt oft Zeit an der Moldau, er geht dort sehr oft joggen oder generell Sport machen, wenn das Wetter passt. Er verbringt zwar auch viel Zeit im Fitnessstudio aber diese dann eher zusammen mit Adam, was aber gerade nicht passend ist, da Adam nicht in Prag selber lebt.

Die Jungs haben ja immerhin einen sehr speziellen Job, wo ein gut gebauter Körper ein Muss ist und jetzt muss ich nochmals Danke sagen. Danke für diesen tollen Kommentar, der mir wieder deutlich zeigt, dass es wirklich Zeit war, Fanfiktion einmal hinter sich zu lassen und etwas Neues zu wagen.

Fühl dich mal ganz lieb gedrückt von mir.


Zurück