Zum Inhalt der Seite

Geschichten einer Reisenden

[ Kurzgeschichtensammlung ]
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

W I S H - T W O ◊ Der Duft von Morgentau


 

Es war bereits mitten in der Nacht und bis auf die Nachtschicht der Waldhüter von Gandharva, war niemand mehr wach. Nicht ein einziges Licht leuchtete noch durch ein Fenster dabei wäre es nicht mal unüblich, dass mindestens in einer der Hütten noch Licht brannte.

Wie oft hatte man ihn noch spät in der Nacht über seine Arbeit gebeugt vorgefunden, doch diese Nacht war es nicht so.

Er schlich sich unbemerkt in diese Hütte und lauschte auf das ruhige Atmen des jungen Mannes im Bett. Auf seinen Schreibtisch lagen Dokumente deren Schrift man in der Dunkelheit nicht erkennen konnten. Bilder hinten an den Wänden, aber es waren keine persönlichen Bilder, keine Erinnerungen an Freunde, sondern Bilder über Pflanzen, eine Erklärung wie man eine Heilpflanze am besten verarbeitete und ein Schmetterling hinter Glas. Der Junge Mann war ein Forscher, ein Gelehrter, ein Waldhüter, der Beste den er kannte.

Der Besucher schleppte sich mühsam zu dem Bett hin und sah eine Zeit lang zu, wie der Brustkorb sich hebte und senkte. Wenn er nicht so müde wäre, hätte er ihn noch so viele Stunden beobachten können, weil es nichts gab, das er lieber sah. Vorsichtig stieg er mit in das Bett hinein und legte sich zu der schlafenden Person unter die Decke, ohne ihn zu wecken. Er sog den wohltuenden Duft des anderen ein und war im nächsten Augenblick eingeschlafen.

 

・ ・ ・ ❈ ・ ・ ・

 

Tighnari wachte mit dem zwitschern der Vögel auf. Die aufgehende Sonne warf ihre ersten, scheuen Lichtstrahlen in sein Haus und der Duft von Morgentau lag in der Luft. Er streckte sich und rieb sich die Augen, dabei bemerkte er das Rot an seinen Fingern und binnen Sekunden war er hell wach. Blut, da war Blut an seiner Hand. Er setzte sich auf und überprüfte ob er sich – wie auch immer das passiert sein sollte – im Schlaf verletzt hatte, doch es gab keine Wunde an seinen Händen, oder sonst wo an seinem Körper. Dann regte ein gequältes Stöhnen seine Aufmerksamkeit und gleich darauf entdeckte er die Wölbung unter der Decke neben sich. Wie hatte er den Körper neben sich nicht bemerken können?

Ein Büschel wildem, weißen Haares war unter der Decke zu erkennen und auch ohne diesen Hinweis hätte sich Tighnari nur eine Person vorstellen können, die sich mitten in der Nacht in sein Bett zu schleichen wagte. (Und es außerdem auch noch schaffen würde.)

Das Blut war vollkommen vergessen, nur noch die Empörung über diesen nächtlichen Besuch brodelte in Tighnaris Brust und mit einem wütenden »Das geht langsam eindeutig zu weit-«, entriss er seinem Bettnachbarn die Decke. »Cy …. no …«

Plötzlich offenbarte sich die Herkunft des Blutes an seiner Hand: An Cynos Hüfte klaffte eine besorgniserregend große Wunde. Erneut waren Tighnaris Gefühle wie von einem Sturm weggefegt und er machte sich nur noch Sorgen um seinen Freund. »Cyno! Cyno!«, versuchte er ihn zu wecken, doch Cyno befand sich nicht mehr in einem Schlaf, sondern er fieberte. Vielleicht wegen der Tiefe der Wunde, oder der Verunreinigung, oder wegen der Anstrengung die er hatte auf sich nehmen müssen um her zu kommen. Wie oft hatte er Cyno schon versucht klar zu machen, dass es in Sumeru viele fähige Heiler gab, zu denen er gehen könnte und die sicherlich viel näher bei ihm waren, doch Cyno war stur gewesen und immer wieder bei Tighnari in Gandhvara aufgetaucht. Wie oft hatte man ihn aus dem Wald holen müssen, weil Cyno aufgetaucht war, aber dieses Mal schien es schlimmer zu sein.

»Wach auf Cyno«, rief er und klopfte gegen seine Wange. Er glühte regelrecht.

»Tigh … nari …«, murmelte der Verletzte leise, es klang fast wie ein Hauchen.

»Collei!«

 

・ ・ ・ ❈ ・ ・ ・

 

Tighnari streckte sich. Cyno schlief.Seine Wunde war versorgt, sein Fieber sank und nun sollte er sich im Schlaf erholen. Bisher war er noch nicht zu sich gekommen, zumindest nicht bei klarem Verstand. Ein paar Mal hatte er die Augen geöffnet und Tighnaris Namen gesagt, jedoch hatte es nicht so gewirkt, als wäre ihm klar, dass er bei eben diesem Tighnari war.

Collei hatte ihm dabei geholfen, hatte ihm die nötigen Salben und Tränke gebracht und ihm frisches, kaltes Wasser gebracht.

»Wollen wir den großen Mahamatra nicht in ein Krankenzimmer bringen?«

Tighnari saß auf der Treppe zu seinem Haus und trank einen Tee. Die Sonne stand mittlerweile hoch am Himmel und würde sich in den nächsten Stunden dazu entscheiden wieder unterzugehen und den Wald wieder der Nacht übergeben. Sie hatten Cyno wegen der Behandlung nicht bewegt und somit lag er immer noch in Tighnaris Bett, nur in sauberen Laken. »Lassen wir ihn schlafen.«

»Ich denke schon, dass wir ihn bewegen können, ohne das er aufwacht.«

Tighnari schüttelte den Kopf. »Lass ihn ruhig da liegen, das macht mir nichts aus.«

»Und wo schlaft Ihr?«

»Danke für deine Sorge, Collei, ich werde schon einen Platz zum schlafen finden.« Er würde es niemals zugeben, aber er machte sich einfach zu viele Sorgen um seinen Freund, als das er ihn alleine lassen könnte, auch wenn er in seinem Bett lag. Es war merkwürdig. Cyno war als Mahamatra für die Akademie so oft in gefährlichen Missionen verwickelt. Eigentlich befand sich sein Freund fast andauernd in Gefahr und dennoch machte er sich keine Sorgen um ihn und erst wenn Cyno mit einer Verletzung zu ihm kam, wurde er regelrecht krank vor Sorge.

Collei machte Anstalten noch etwas zu sagen. Tighnari konnte ihr ansehen, dass sie auf der Suche nach Argumenten war, doch er nahm ihr den Wind aus den Segeln, ehe sie aufkommen konnten: »Hast du nicht noch etwas zu tun?«

Sie zuckte zusammen. »J-ja …«

»Keine Sorge«, sagte Tighnari. »Sollte sich etwas ändern, werde ich dich sofort rufen.«

Sie nickte und verschwand dann wieder. Sie war mit der Patrouille durch den Wald dran und das ganz besonders, weil Tighnari an der Seite von Cyno bleiben wollte, bis er wieder genesen war.

 

・ ・ ・ ❈ ・ ・ ・

 

Cyno schlief, den ganzen Tag durch und Tighnari saß am Abend an seinem Schreibtisch, bei schwachen Kerzenlicht und dokumentierte die Behandlung seines Freundes. Immer wieder glitt sein Blick zu Cyno herüber, bei jedem Laut den er von sich gab. In der Hoffnung, dass er aufwachen würde, doch nichts.

Collei hatte ihm etwas zu essen gebracht, ebenso auch ihrem verwundetem Freund, doch das stand unbeachtet neben dem Bett auf dem Schränkchen. Tighnari war nicht davon ausgegangen, dass Cyno das Essen zu sich nehmen würde, solange es noch warm war, aber er hatte Collei zu liebe zugestimmt, ihm eine Portion vorzubereiten.

Tighnari streckte sich leise. Die Müdigkeit überkam ihn. Es war spät und der Tag war voller Anstrengung und Aufregungen gewesen, so dass er sich so fühlte als wäre er schon seit einer Ewigkeit wach. Er stand leise von seinem Stuhl auf, löschte das Licht, entledigte sich seiner Kleidung und kleidete sich in sein Nachtgewand, ehe er leise auf sein Bett zuging, in dem immer noch Cyno schlief. Vorsichtig, wie es auch sein Freund gemacht haben musste, stieg Tighnari in das Bett und legte sich zu seinem Freund. Zunächst beobachtete er nur sein ruhiges Gesicht. Es war selten Cyno so ruhig und entspannt zu sehen, weil er irgendwie immer im Dienst war. Er war immer auf der Hut und ließ niemals seine Vorsicht schweifen.

Er hob seine Hand an und strich eine weiße Haarsträhne aus Cynos Gesicht. Dieser Idiot hatte es übertrieben, hatte nicht aufgepasst, oder nicht auf Verstärkung gewartet. Egal was es war, es hatte ihn in Gefahr gebracht und ihn schwer verletzt. Wenn er doch nur vorsichtiger wäre, aber Tighnari wusste, dass er Cynos impulsives Wesen niemals ändern würde. Er war schlau und ein guter Stratege, jedoch konnte er sich vollkommen verlieren, wenn er sich in eine Mission verbiss.

Dabei waren sie sich in dieser Hinsicht ähnlich, denn Tighnari konnte sich genauso in etwas verbeißen, nur war es bei ihm nicht so gefährlich wie bei Cyno.

» … Nari?«

Tighnari war wieder hell wach. »Cyno?«

»Nari.« Cyno setzte sich auf, schwerfällig und schwach, er konnte sich kaum aufrecht halten. »Tighnari?«

»Ich bin hier«, sagte er und konnte es kaum glauben, dass sein Freund endlich wach zu sein schien. Zwar benommen, aber er zeigte eindeutige Regungen. Tighnari nahm seine Hand und drückte sie sanft. Sofort wandte dieser sich zu ihm.

»Tighnari.« Er klang erleichtert. »Ich muss dir leider sagen … Ich habe mich verletzt.«

»Das weiß ich doch schon, jetzt leg dich wieder hin.«

»Es … tut mir Leid, -nari, ich habe nicht aufgepasst.« Cyno legte sich tatsächlich hin, er bettete seinen Kopf auf Tighnaris Brust und schloss die Augen. Er atmete deutlich Hörbar ein. »Ich hatte versprochen aufzupassen.«

»Du hast versprochen zu dem Arzt zu gehen, der dir am nächsten ist. Stattdessen bist du wer weiß wie weit gelaufen, mit einer solchen Verletzung! Das war verantwortungslos und gefährlich! Wo warst du überhaupt?«

»Wüste«, sagte Cyno nur knapp. Er schloss die Augen. »Grabräuber … Ruine … Eingestürzt.«

Tighnari musste sich die Erklärung selbst zusammenreimen, aber die Informationen die der benommene Cyno ihm gab, waren ausreichend. Es musste ein Unfall während eines Kampfes gewesen sein, deswegen hatte er sich nicht in Sicherheit bringen können. »Warum bist du nichts zurück ins Aaru Dorf gegangen? Candace hätte sich um dich gekümmert und du hättest dich nicht so über anstrengt.«

»Ich wollte nur zu dir, -nari.«

Tighnari seufzte. »Schon gut. Wahrscheinlich ist es besser so, sonst hätte ich mir zu viele Sorgen gemacht.«

Cynos Atmung wurde ruhiger.

»Schläfst du wieder?«

»Nein.«

Tighnari wäre beinahe zusammengezuckt, weil er nicht damit gerechnet hatte, dass sein Freund noch wach war. »Warum nicht? Es wäre besser für deine Heilung.«

»ich bin endlich bei dir, das reicht zum heilen.«

Er spürte wie Cynos Finger über seine Haut strich und er wusste ganz genau was er da nach fuhr: Die Narbe, die der Blitz der falschen Gottheit auf seiner Haut hinterlassen hatte. Plötzlich spürte er Bewegung im Bett und dann ein gesicht auf seinen Oberschenkeln: Cyno hatte sich aufgesetzt und sah auf ihn hinunter. Im Schummrigen Licht der Nacht konnte er gerade mal die roten Augen seines Freundes deutlich erkennen. Sie fixierten einen Punkt.

Ein Knurren erklang und im nächsten Moment wurde seine Kleidung zerrissen und er spürte Cynos Finger auf seiner nackten Haut. Er fühlte ein kribbeln, wie von einem sanften Blitz, der versuchte seine Narbe zu heilen. »Cyno?« Tighnari wusste, dass es seinen Freund mitnahm, dass er ihn nicht hatte beschützen können, dabei trug keiner Schuld daran. Niemand.

»Es ist in Ordnung, leg dich hin, sonst fängt deine Wunde wieder zu bluten an.«

Doch Cyno wollte nicht auf ihn hören. »Tighnari«, er sprach seinen Namen aus, als wäre Tighnari derjenige, der schwer verletzt worden war und nicht er selbst. Und dann beugte er sich zu ihm hinunter und küsste ihn. Verlangend und grob. Tighnari konnte all seine Erleichterung daraus fühlen, während er seine Hände in Cynos Haare vergrub, statt ihn davon abzuhalten sich unnötig zu bewegen. Er war einfach nur froh, dass sein Freund bei ihm war, verletzt, aber am Leben und auf dem Weg der Besserung.

Sie lösten sich nur ein Stück von einander, ein Speichelfaden verband ihre Lippenmiteinander, wie dieses brennende Verlangen, dass sie miteinander teilten. »Cyno …«

»Nari …«

»Du solltest dich noch ausruhen, deine Wunde-«

»Ruhig«, erneut küsste Cyno ihn. »Ich will dich einfach nur spüren.«

Tighnari lächelte und erwiderte den Kuss und strich mit seinen Händen über Cynos Rücken. Es war so lang her, dass sie zusammen waren, dass sie sich nahe waren.

»Du bist das wichtigste … Deswegen … Komme ich nur zu dir … Ich …«

»… Ich liebe dich«, unterstützte Tighnari seinen Freund, indem er den Satz zu ende brachte, den er nicht weiter aussprechen konnte und meinte es genauso. »Ich dich auch.«

 

・ ・ ・ ❈ ・ ・ ・

 

»Die Wunde ist kaum verheilt, der Verband vollkommen durch geblutet, als hätten wir gestern nichts für die Wunde getan. Die Blutung war doch gestoppt.« Collei wechselte Cynos verband und konnte sich nicht erklären warum all ihre Arbeit am Tag davor dahin zu sein schien. »Was habt ihr gemacht, Gereal Mahamatra Cyno?«

Cyno brummte. Er mochte es nicht von seinen Freunden mit seinem Titel angesprochen zu werden, besonders wenn sie unter sich waren.

»Meister Tighnari, Ihr wart die Nacht bei Cyno, was ist passiert? Hat er sich in der Nacht hinausgeschlichen?«

Tighnari könnte ihr davon erzählen, was passiert war, jedoch war er viel zu sehr damit beschäftigt seinen Schmerz im Unterlaib zu ignorieren, denn sein Freund war trotz eigener Schmerzen viel zu ungeduldig und grob gewesen. »keine Ahnung was er sich dabei gedacht hat.«

Collei war regelrecht verwirrt. Sie sah von Cyno zu Tighnari und wieder zurück, wieder zu ihrem Meister und wieder zu dem Mahamatra. Jedoch schien sie keinerlei Erklärungen zu bekommen. Sie seufzte. »Wenn mir keiner etwas sagen will …« Sie erhob sich und richtete sich ihre Kleidung. »Seit etwas vorsichtiger, Mahamatra Cyno.«

Wieder erntete sie ein Murren von Cyno.

»Ich werde das Frühstück vorbereiten und Euch bringen, solange seid bitte vorsichtig, sonst wird die Wunde niemals verheilen.«

Cyno nickte. »Okay.«

»Also bis gleich.« Collei verließ eilends Tighnaris Haus und ließ die Beiden alleine.

»Willst du dich nicht zu mir aufs Bett setzen??«

»Nein«, antwortete Tighnari knapp. Er lehnte schon die ganze Zeit mit dem Rücken gegen die Wand.

»So schlimm?«

»Anscheinend schlimmer als deine Verletzung, vielleicht sollte ich darin etwas herumstochern.«

»Bitte nicht, dann wird Collei nur noch mehr schimpfen und nicht mehr aufhören mich mit meinem Titel anzusprechen.«

»Tja … General Mahamatra Cyno«, sagte Tighnari in einem offiziellen Tonfall, was die Situation nur schlimmer für Cyno machte. Er stand vom Bett auf und ging zu seinem Freund. Cyno war etwas kleiner als Tighnari, wirkte aber in seinem Auftreten weit aus bedrohlicher.

»Sei vernünftig Cyno und schon dich.«

»Später.«

»Jetzt komm schon.«

»Collei weiß immer noch nichts von uns, oder?«

Tighnari schüttelte den Kopf. »Muss sie auch nicht und nun leg dich wieder hin.«

»Gleich.« Cyno lehnte sich an Tighnari an. »Du duftest wie Morgentau, so beruhigend.«
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Endlich mal wieder ein Genshin Impact One Shot und dann auch noch zu meinem neuen Pairing, dass ich erst die Tage zu lieben gelernt habe. Genauer gesagt: am 05.11. als ich 3.2 durchgespielt habe. Es ist einfach Liebe. Danke für Cynari!
Ich hatte diesen OS gleich im Kopf und deswegen musste er auch schleunigst zu Papier gebracht werden. Hoffentlich kann ich ein paar begeisterten Cynari Fans finden. Mehr Liebe braucht die Welt und vor allem mehr von Cyno und Tighnari!


Liebe Grüße,
Rizumu Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück