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Devil in Heaven

von

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Die Freiheit

Niels Schritte führten ihn ins Wohnzimmer, wo die Körper der Männer zum Glück noch immer recht tot aussahen. Sie brauchten scheinbar etwas länger um sich zu regenerieren. Das war bei jedem ein wenig anders. Er hatte sich entschlossen, sich auf den doch recht krassen Plan des Engels einzulassen und zu hoffen, dass es ein besserer Plan war als: Ich gehe auf jede Versammlung und schaue, ob ich ihn sehe. Definitiv nicht der beste Plan, den man haben konnte. Sich mit einem der großen sieben anlegen? Auch nicht viel besser, aber es schien weniger Zeit aufwendig zu sein. Und Niel hatte in den letzten Monaten bereits genug Zeit verschwendet. Er fand die Schlüssel relativ schnell und kehrte zügigen Schrittes zurück zum Engel. Der Kopf des Engels hob sich, als er die Schritte auf dem Boden hörte. Doch er war sich scheinbar nicht sicher, ob es Niel oder doch sein Besitzer war, denn seine Hände hatten sich wieder ineinander verschränkt.
 

Niel klimperte mit den Schlüsseln und der Engel zuckte kurz zusammen. "Ich hab die Schlüssel. Ich hoffe für dich du hast mich nicht angelogen, was die Erinnerungen angeht." "Hab ich nicht!", antwortet der Engel sofort, eindeutig erfreut darüber, dass die Stimme nicht dem Hausherren gehört. Niel beugt sich nach unten und sucht nach dem Schloss. Insgesamt waren es drei. Die Flügel, der Hals und die Hände. Eins nach dem anderen fielen sie zu Boden und legten dunkle Stellen an Hals und Armgelenken frei. Offenbar waren die Schlösser lange nicht geöffnet worden. Der Engel ließ ihn frei gewähren und löste sich nicht aus seiner sitzenden Position. Erst als er von allen Ketten befreit worden war, wandte er sich zu Niel und fragte um einiges zurückhaltender, als zuvor: "Darf ich die Augenbinde abnehmen?" Die Frage tat Niel aus irgendeinem Grund weh, den er nicht verstehen konnte oder wollte. Statt zu antworten, nahm er dem Mann die Augenbinde selber ab. "Du kannst auch aufstehen."
 

Zum Vorschein kamen zwei durch und durch himmelblaue Augen, die ihn wohl noch nicht richtig erkennen konnten, da diese noch ein paar Mal blinzelten, um sich an das Licht zu gewöhnen. Unter dem linken Auge ein kleiner Schönheitsfleck, der die Aufmerksamkeit von seiner Narbe auf der rechten Wange ablenkte. Als sich die Augen des Engels an die Helligkeit gewöhnt hatten, erblickte er zum ersten Mal seinen Retter. Niel war nicht unbedingt groß. Als sich der Engel erhob, wurde schnell klar, dass Niel sogar kleiner war als dieser. Dennoch konnte man unter Niels weitem Hemd klar lange antrainierten Muskeln sehen und allein seine Haltung ließ ihn in keinster Weise schwach wirken. Ein Fall bei dem es definitiv nicht nur auf die Größe ankam.
 

Niels Augen teilten sich eine Farbe mit seinen Haaren, ein helles braun, welches leicht rötliche Nuancen hatte. Unter den Haaren blitze an einem seiner Ohren ein rötlicher kleiner Stein hervor. Die Haare des Engels hingegen waren mit einem tiefen schwarz um einiges dunkler. Nicht unbedingt die Haarfarbe, die man bei einem Engel erwartete, aber Engel waren ja auch nur ehemalige Menschen und die schwarzen lockigen Haare bildeten einen perfekten Rahmen für sein breites Gesicht, welches in einem schlanken Kinn zusammenlief. Seine schmalen Lippen formten ein leichtes Lächeln und seine Hände strichen über die Stellen an seinem Körper, wo gerade noch die Fesseln gelegen hatte. Anscheinend musste er seine Freiheit zunächst begreifen.
 

Den Schlüssel, mit dem Niel die Fesseln geöffnet hatte, landeten neben ihnen auf dem großen Bett. Diese waren nun nicht mehr von Relevanz. Niel wollte ein für alle Male raus aus diesem Haus, dass ihn mittlerweile schon ein wenig ankotzte. Schließlich war er noch nie ein Fan von Prunk und Luxus gewesen und dieses Haus triefte nur so von teuren Möbeln und unnötig schmuckvollen Dekorationen. Niel brauchte keine großen Gemälde mit goldenem Rahmen, um anderen irgendetwas zu beweisen. Vor allem nicht sich selbst. "Gehen wir" wies er den Engel daher an und begab sich bereits zur Tür. Allerdings drehte er sich an der Schwelle um, weil seinem Befehl offensichtlich nicht Folge geleistet wurde. Hatte der Engel etwa vor sich jetzt gegen ihn zu sträuben? Dann wäre er dummer als Niel erwartet hatte. Schließlich sollte er doch gemerkt haben, dass er gegen Niel keine Chance haben könnte. Besonders nicht in der Verfassung, in der sich der Engel aktuell befand. "Los, komm!" versuchte er es ein weiteres Mal, nun durchaus kräftiger ausgesprochen, als zuvor. Man hörte Niel an, dass er ein wenig genervt von der Verzögerung seines Besuches hier war.
 

Der Engel hingegen zeigte kaum Reaktion auf seine Worte, sondern ließ seinen Blick nur huschend durch den Raum gleiten. Suchte er nach etwas? Genervt ging Niel die paar Schritte wieder zurück und fasst den Mann am Arm. Dieser zuckte natürlich sofort zusammen und sah Niel erschrocken an, als hätte er vergessen, dass er nicht allein war. Niel schaute ihn etwas verärgert an und der Engel konnte das sofort merken, er entschuldigte sich. "Es tut mir leid. Von hier oben wirkt das Zimmer so anders..." versuchte er sich selbst zu erklären. Niel konnte ihn nur nicht ganz verstehen. Weder was er mit oben meinte, noch inwiefern das Zimmer überhaupt noch von Belangen war. Er wusste einfach nicht wie viel Zeit der Engel das letzte Jahr über in diesem Raum verbracht hatte, meist kniend oder liegend. "Egal, jetzt komm schon wir gehen!", antwortete Niel recht schroff und zog am Arm des Engels.
 

Dieser stolperte regelrecht nach vorne und konnte sich noch so gerade eben fangen, indem er sich an Niels Arm fest klammerte. "Verdammt, was ist jetzt los?!" keifte Niel durchaus ungehalten. Er wollte endlich von hier verschwinden. "Sir Marrow ist kleiner als ich", gab der Engel leise zurück, "Er mag es nicht, wenn ich stehe. Ich bin lange nicht gelaufen." Seine Stimme hörte sich leicht beschämt an. "Na toll!" stieß Niel aus. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, ihn zu befreien. Jetzt hatte er einen Lauf-unfähigen Engel am Hals. Kurz verdrehte er seine Augen, dann drehte er seinen Rücken zum Engel und ging in die Hocke. "Ich hab jetzt keine Zeit dir noch eben das Laufen beizubringen! Spring auf!" erklärte er und fügte noch schnell hinzu, "Ausnahmsweise! Glaub nicht, dass ich dich noch einmal herumtrage! Aber wir haben keine Zeit mehr." Kurz zögerte der Engel, ob er sich nun tatsächlich von diesem Mann Huckepack tragen lassen sollte. "Verdammt! Mach schon!" unterbrach Niel das Zögern und schnell tat der Engel wie geheißen.
 

Niel richtete sich wieder auf und sie begaben sich in Richtung Ausgang. Ein weiteres Mal vorbei am Bad und dem Lagerraum. Durch das Wohnzimmer in die Lobby. Sie hatten fast den Ausgang erreicht. Sie hatten das Anwesen quasi schon verlassen, da ertönte hinter ihnen eine Stimme.
 

"Tao"
 

Die Stimme war heiser, aber der Engel wusste sofort zu wem sie gehörte. "Sir!" erschreckte er sich und ließ augenblicklich Niels Hals los, um sich herumzudrehen. Niel verlor aufgrund der plötzlichen Unruhe den Halt und er konnte den Engel nicht länger auf dem Rücken halten. Stattdessen fiel dieser zu Boden. Nun wusste Niel ganz bestimmt, dass er die falsche Entscheidung getroffen hatte. Es war ein einziges Desaster. Noch könnte er den Engel einfach zurücklassen, aber dann wären die letzten zehn Minuten pure Zeitverschwendung gewesen. Damit wollte er sich nicht so recht zufriedengeben, also drehte auch er sich langsam um. Und dort stand Herr Marrow. Mit gebeugtem Rücken und einer Hand an seiner Halswunde, die noch immer leicht tropfte, aber längst nicht mehr so viel Blut verlor wie kurz zuvor. Seine andere Hand hielt die Schusswaffe, die er zuvor nicht hatte zu fassen bekommen. Er hatte sie, wie nicht anders zu erwarten war, auf Niel gerichtet. Offensichtlich brauchte er keine Angst vor dem Engel zu haben. Dieser war zurückgefallen, in die Position, die er zuvor in dem dunklen Raum eingenommen hatte und starrte angewurzelt hoch zu seinem Besitzer.
 

"Was du da hast gehört mir!", rief Herr Marrow so laut es ihm mit seiner Wunde möglich war. Es hörte sich nicht wirklich einschüchternd an. Erst Recht nicht für Niel. Das einzige, was Niel ein wenig fürchtete, war die Schusswaffe des Mannes. Kugeln konnte er nicht ausweichen und wenn er hier sterben würde, würde nachher auch angekettet in einem dunklen Raum aufwachen. Das wollte er eingehendst vermeiden. Nur wie. Das wusste er noch nicht ganz. "Lass es hier und ich vergesse den kleinen Aufruhr von gerade!" Herr Marrow schien wohl ein klein wenig an dem Engel zu hängen. Auf seine eigene verstörte Art. Niel überlegte. Noch nie seine Stärke. Er war eher jemand der spontan agierte. Wie man klar an dieser Situation sehen konnte. Schließlich hatte er nicht damit geplant einen Engel aus dem Haus herauszutragen. So hatte er auch nicht damit gerechnet sich mit einer Schusswaffe rumschlagen zu müssen.
 

Herr Marrow hatte sichtlich nicht vor Niel noch länger überlegen zu lassen, denn er begann auf einmal runterzuzählen: "5, 4, ..." So schnell konnte Niel nicht nachdenken. "3, 2 ..." In der Eile dachte Niel nicht daran, dass seine einzige Option war, wegzulaufen. Stattdessen stand er nur da und überlegte, ob er vielleicht mit Schusswunde noch nah genug an Marrow kommen würde, um ihn zu entwaffnen. Er hatte schon damit abgeschlossen, dass er um eine Schusswunde nicht herum käme.
 

"Eins"
 

Ein Schuss fiel und Niel sprintete ungeachtet dessen los, was geschah. Zu seinem überraschen lud Marrow die Waffe nicht nach, sondern schien durch irgendwas aus der Bahn geworfen worden zu sein. So war es ein leichtes diesen zu entwaffnen und ihn mit einem gezielten Kopfschuss zum zweiten Mal an diesem Abend außer Gefecht zu setzten. Die Waffe ließ er neben dem Körper fallen. Niel hatte nie wirklich was mit Schusswaffen anfangen können. Der Nahkampf lag ihm eher. Nun erst schaute er an sich herunter. Keine Schusswunde? Hatte Marrow etwa verfehlt und war deswegen zu abgelenkt gewesen, um einen weiteren Schuss abzufeuern? "Umso besser", dachte sich Niel und kehrte zurück zum Engel, welcher noch immer auf dem Boden lag. Nur, dass nun sein Körper nach vorne gebeugt war und seine Flügel senkrecht nach oben abstanden. "Los, steh auf, der tut nichts mehr!" versuchte Niel den Mann zu beruhigen. Der schien sich aber nicht mehr bewegen zu wollen. War es ihm etwa schade, um seinen Herrn? Hatte er sich jetzt doch anders überlegt?
 

Genervt beugte sich Niel nach unten und zog die Schulter des Engels nach oben. "Na los, mach schon!" schnauzte er. Doch dann zuckte er kurz zusammen.



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