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Break on through

von

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Schweigen umhüllte fortan die Gerüchte. Das >unbekannte Paradies< verblasste in der Menschenmenge. Die Bewohner von Atlantis kehrten zur Tagesordnung zurück. Zumindest ihre Einwohner. Die Minderheit, noch immer von Sorgen und Unterdrückung geplagt, kämpften im Stillen weiter. Die Abwesenheit der Prinzessin ließ Unruhe in den Reihen entstehen. Niemand wusste, was geschehen war, noch was geschehen sollte. Der Herbst neigte sich dem Ende, die Nächte wurden länger. Der Tag der Entscheidung rückte näher, doch niemand brachte Kunde über Prinzessin Eowelis Verbleib. Jener Tag, als sie dem König gegenüber gestanden hatte, führte dazu, dass sie nicht nur an die Palastmauern gekettet war. Ihr eigenes Gemach hatte man zu ihrem persönlichen Käfig erklärt. Verschlossen blieb die Tür, außer die Diener brachten die Mahlzeiten aufs Zimmer. Es folgte dieselbe Prozedur - tagtäglich. Morgens, Mittags und am Abend brachte eine Wache einen Teller Speisen, stellte diesen hinter die Schwelle und schloss darauf wieder die Tür. Gespräche gab es keine. Nur Leere und Einsamkeit innerhalb des Schlafgemachs. Denn dort wusste der König seine einzige Schwester zu kontrollieren. Mit ihrem Stein jedoch verhielt es sich anders. Darum postierten sich Leibwächter vor der Tür, die jedes Geräusch von innen genauestens zu studieren hatten. Der Prinzessin war es kaum möglich, die Gefolgschaft ihres Bruders auszutricksen. Zu sehr nagte die Angst um die Pangäsanen und diejenigen, die sich freiwillig als Rebellen bezeichneten. Ungewiss blieb das Wohlergehen der Widerstandskämpfer, deren Sorge um die Prinzessin in Wut auf den König übergegangen war. Der bestehende Unmut vereinte sich mit diesem neuen Gefühl. Die Rebellen begannen sich von Neuem zu erheben. Proteste wurden neu belebt. Die Fahnen des Widerstandes wehten im stürmischen Wind des Spätherbst. Soldaten versuchten die Widerstände zu unterdrücken, doch schafften sie es nicht, ihren Willen zu brechen. Gewalt herrschte wieder auf beiden Seiten. Die friedliebenden Bewohner bangten erneut um ihre vom Los erwählte Zukunft. Die Stimme des Untergrunds schallte durch die gesamte Stadt und erreichte letztendlich den Thronsaal.
 

Sie hörte, wie der Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde. Das einzige Geräusch des Tages, das noch irgendwie von Bedeutung war. Nur heute war etwas anders. Die Dienerschaft hatte bereits das Mittagsmahl gebracht und für die Abendstunde war es noch viel zu früh. Eoweli erhob sich von ihrem Schreibpult. Sie hatte ein paar Skizzen angefertigt. Von ihren Lieblingsgeschöpfen. Ihre letzte Reise auf die andere Seite war vor einigen Wochen gewesen. Die Begegnung mit ihren Freunden war kurz und von leidvollen Bekundungen bestimmt. Die Angst, von den Wachen ertappt zu werden, war zu groß. Die junge Prinzessin konnte kaum mehr Mut schöpfen. Die ersten Tage hatte sie geglaubt, irgendwie aus dem Palast fliehen zu können. Ohne Unterstützung von innen erwies sich der Gedanke als bloße Phantasterei. Sie kam sich machtlos vor. Ohne Hilfe schien sie wert- und nutzlos. Und trotzdem: sie durfte keine Schwäche zeigen, niemals aufgeben. Das hatte sie versprochen.

Gespannt lauschte sie, wie der Schlüssel sich drehte. Unwillkürlich fasste sie sich an den Bauch. Sie hatte es ihren Kleidern und dem Desinteresse der Dienerschaft zu verdanken, dass ihre angedeuteten Rundungen bisher unbemerkt geblieben waren. Mit jedem voranschreitenden Tag wuchs die Sorge, dass sie entdeckt würden und die Konsequenzen, die daraus entstünden.

Nachdem das verheißungsvolle Klicken ertönte, passierte - nichts. Eoweli faltete die Hände und durchbohrte die Tür mit ihren angespannten Blicken. Die Tür bewegte sich kein Stück. Ebensowenig die Klinke. Was hatte das bloß zu bedeuten? Minuten vergingen. Die Prinzessin blieb regungslos, als könnte jeder Schritt eine Falltür unter ihr aufklappen lassen. Dann drückte sich die Klinke nach unten, die Tür wurde aufgeschoben und mit verschränkten Armen lehnte sich ihr Bruder an dessen Schwelle. Ihre Seelenspiegel blickten gespannt aufeinander.

"Wolltest du mich auf die Probe stellen", fragte die Prinzessin und ließ den Blick hinter ihren Bruder schweifen, "sehen, ob ich der Versuchung erliege und die Flucht ergreife? Ich muss dich leider enttäuschen." Noch immer bewegte sie sich kein Stück von ihrer Position. "Was willst du"?", hauchte sie. Seit ihres großen Streits hatte sie Darets nicht mehr zu Gesicht bekommen. Auch jetzt schien er nicht erfreut, sie zu sehen. Die kühle Distanz, die weit über ihre physische Entfernung hinausging, war auf beiden Seiten spürbar. Die vergangenen Wochen hatten den Schmerz ihres emotionalen Verlustes abstumpfen lassen.

"Ich will dir nur sagen", Darets schloss kurz die Augen, dass es seinen Worten mehr Ausdruck verlieh, "dass ich dich auffordere zu gehen. Nimm' dein Verbrecher-Pack, verschwindet aus Atlantis und kehrt nie mehr zurück." Die Augen weit aufgerissen wusste sie nicht, ob sie vielleicht nur träumte. "Bru-."

Doch er schüttelte bloß den Kopf. "Bis Mitternacht habt ihr Zeit, meine Insel zu verlassen. Außerhalb von Atlantis ist es euch gestattet zu flüchten. Denk' an meine Worte. Alles, was danach passiert, liegt in deiner Verantwortung. Also", er deutete hinter sich, "beeil' dich, bevor ich es mir noch anders überlege."

Ihr gingen so viele Fragen durch den Kopf, so viele Gedanken, die ausgesprochen werden mussten. Die Zeit im Nacken ließ sie schweigen. Stattdessen bewegten sich ihre Beine. An ihrem Bruder vorbei, dem sie einen dankenden Blick zuwarf. Sie wurde immer schneller und schneller, bis sie zu rennen begann - in Richtung Stallungen, dort, wo ihr Schimmel sehnsuchtsvoll auf sie wartete. Hastig auf dessen Rücken gesprungen, galoppierte sie zu den Schlosstoren, durch die Pforte, entlang des einzigen Pfades. Die Umgebung ignorierend hatte sie nur ein Ziel. Mit bloßer Willenskraft trieb sie ihr Pferd voran. Es gehorchte seiner Herrin, spürte es ihre Aufregung.



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