I
Das Auto hielt vor den Toren eines Hauses, das nicht zum typischen Erscheinungsbild der Siedlung passte. Ein besorgter Blick ruhte auf dem Haus, es war nicht das Haus mit den grusligen Gargoylestatuen auf den Dächern die ihn davon abhielten hinein zu gehen oder gar seine Schwester die von ihm wer weiß was fordern würde, für das Ausleihen ihres Autos. Sondern die Tatsache ob er wirklich hier sein konnte, sollte.
Ein tiefer Seufzer verließ seine Kehle und er lehnte die Stirn gegen seine Hände, die weiterhin auf dem Lenker verweilten. Hin und Hergerissen zwischen der Entscheidung hinein zu gehen oder wieder zu fahren.
Ein klopfen gegegen das Fahrerfenster ließ ihn aufschauen. „Lewis was machst du da?“, fragte Wallace beinah belustigt. Nur um zu sehen wie der andere sich scheinbar räusperte und zögernd ausstieg.
Jedoch antwortete Lewis ihm nicht, als er ihm gegenüber stand. „Warum hast du nicht gefragt, ob ich mitkomme? Ich bin schließlich auch um sie besorgt“, ertönte eine tadelnde Stimme hinter Lewis.
Der angesprochene drehte sich überrascht zu ihr um. „Lizzy? Was tust du hier?“
Lizzy machte sich bereit zu kontern, Lewis eine Standpauke zu halten. Immerhin hatte sie auch ein Recht dazu hier zu sein, wie die anderen beiden auch.
„Ich nehme an, wir sind hier alle aus ein und dem selben Grund“, warf daher Wallace schnell ein. Er wollte nicht, dass hier jetzt auch noch gestritten wird oder eine Diskussion ausbrach, warum jeder hier war ohne es wirklich dem anderen zu sagen. Immerhin war es offensichtlich dass sie sich sorgten, vermutlich aus unterschiedlichen Gründen.
„Wo ist Dawn?“, fragte Lewis stattdessen. „Und Martin.“
„Martin hat familiäre Verpflichtungen und Dawn … keine Ahnung, sie war bereits verschwunden.“ Das war für ihn nichts ungewöhnliches. So war nun mal Dawn, sie war eigen. Jedoch wusste Wallace, dass jene in der Lage war, auf sich selbst aufzupassen und definitiv wieder auftauchen würde. Sowie das Dawn irgendwann ebenfalls hier bei Liah auftauchen würde. „Joe und Sal?“
Lewis schluckte. Er kam gar nicht auf die Idee, einen von seinen Freunden zu fragen ob sie ihn hierher begleiten würde. Weswegen er bereits die Strafe von Lizzy für später nur erahnen konnte. Joe und Sal waren jedoch sterbliche, normale Menschen und deswegen wohl eher unpassend. Außerdem wollte er für Liah da sein, sie trösten und … Lewis schüttelte kaum merklich den Kopf um all die Gedanken die in ihm aufkamen wieder abzuschütteln. Weswegen er einfach mit den Schultern zuckte.
Wallace der ihn genausten, aus dem Augenwinkel musterte fügte nur ein ‚Verstehe‘ hinzu, sagte zu dem Thema auch nichts. Während Lizzy ihr Haupt er aufs Dach gerichtet hatte und davon abgelenkt war, als von dem Gespräch und den Reaktionen der Jungs.
„Ich mag die Statuen nach wie vor nicht“, murmelte Lizzy vor sich hin, als sie auf die Haustüre mit den Jungs zusteuerte. Sie war bisher nur zweimal hier, jedoch jedes mal erschauderte sie vor den Gargoyles. Nach wie vor vertrat Lizzy die Meinung, dass Liah und ihre Familie sich lieber einen Wachhund zulegen sollten, der das Haus beschützen sollte, Anstelle gruslig aussehenden Statuen.
„Und wenn sie nicht aufmacht?“, fragte Lewis verunsichert als diese an der Türe ankamen. Dieser Umstand bereitete ihm irgendwie mehr Sorgen, als er zugeben wollte.
„Wir gehen einfach hinein“, erwiderte Wallace selbstverständlich, als er den Türknauf drehte und hinein ging, da nicht abgeschlossen war. Es war etwas, was ihm nicht Fremd war. „LIAH? BIST DU DA?“
Ein Duft von Backware, Schokolade und ähnlichem schlug einem bereits entgegen. Schien das ganze Haus einzunehmen.
„Küche“, ertönte eine weibliche Stimme aus dem inneren des Hauses.
„Dawn?“ Das überraschte Wallace etwas, das sie bereits da war. Sie hätte ihm doch was sagen können. Dann hätte sie mit ihm mitkommen können, sie waren schließlich Nachbarn.
„Was ist hier passiert?“, wollte Lizzy überrascht wissen, als sie eine Küche voller Backwaren vorfand. Überwiegend Muffins und scheinbar hier und da einige Cupcakes.
„Liah kompensiert ihre unterdrückte Emotionen durch Backen“, antwortete Dawn der anderen.
„Und wo ist …“, fing Lewis an, wurde jedoch unterbrochen als plötzlich ein blonder Haarschopf in seinem Blickfeld auftauchte. Kaum das er sie sah, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Er war erleichtert sie zu sehen. Gleichzeitig schlug sein Herz schneller. Ein Umstand der ihm bereits viel früher auffiel, er jedoch versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
Die anderen blendete Lewis wie von selbst aus, sowie auch deren Gespräch. „Was tust du da?“, erkundigte sich Lewis. Während er am liebsten sich nach ihrem Wohlbefinden erkundigen würde, jedoch traute er sich das nicht, dass konnte er nicht. Er wollte sie nicht bedrängen, denn das war etwas was er bereits gelernt hatte. Lewis wünschte sich, dass sie von sich aus sich ihm öffnen würde. Weswegen er versuchte sich in Geduld zu üben, zu warten.
„Ich habe einige Zutaten geholt, um Cremes für die Cupcakes zu erstellen“, antwortete Liah ruhig und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, als sie die erwähnten Sachen auf der Küchenzeilen ablegte.
Liah sah wie immer aus, während sie vereinzelte Mehlflecken in ihrem Gesicht und Haar aufweisen konnte. Auf ihrer Wange war etwas helle Creme zu verzeichnen. Dieser Umstand ließ Lewis schmunzeln, an sich eigentlich ein niedlicher Anblick. Unbewusst hob er seine Hand hoch, um mit dem Daumen die Creme abzuwischen. Dabei war Lewis sanft und zärtlich zu ihr.
Die Handlung von Lewis überraschte Liah, während sie zu ihm einfach nur hinauf blickte ohne etwas zu sagen oder sich zu rühren. In diesem Augenblick wirkte es eher so, als es ob nur die beiden in dem Raum gab und sonst niemanden.
Beide zuckten zusammen, als ein lautes Streitgespräch die beiden zurück auf den Boden der Tatsache holte. Wie von selbst wendete jeder von ihnen den Blick ab und sah zu Dawn und Lizzy.
„Was ist den los?“, fragte Liah verwirrt und merkte wie ihr Herz etwas schneller schlug, nur langsam sich zu beruhigen fiel. Während sie aus dem Augenwinkel mitbekam wie Lewis sich auf einen der Stühle setzte, da er sich von ihr entfernt hatte. Irgendwie verspürte sie in dem Moment etwas Enttäuschung, warum genau, vermochte die junge Hexe auch nicht zu sagen.
„Sie streiten wegen Schokolade“, erwiderte Wallace fast schon genervt und fuhr sich durch sein Haar.
Liah verstand nicht so ganz. „Weshalb?“
„Naja, welche besser schmeckt“, kam es von Wallace gequält.
Für Liah ergab das nach wie vor noch keinen Sinn. Sie hatte eher das Gefühl, dass ihr ein Puzzelteil fehlte. Weswegen sie zu Lewis blickte und sah wie dieser nur mit den Schultern zuckte.
„Vollmilch, zartschmelzend dass es auf der Zunge einfach zergeht“, warf Lizzy ein.
„Nougat, dass schmeckt am schokoladigsten“, rechtfertigste sich Dawn daraufhin.
„Ist doch beides gleich gut“, entfuhr es Wallace lauter als beabsichtigt.
„Was weißt du schon“, sagten die beiden Mädels daraufhin.
„Ich stehe noch immer auf dem Schlauch“, entfuhr es Liah seufzend.
Lewis pflichtete ihr bei. „Schokolade mit Nüssen ist eh die bessere Wahl“, fügte er grinsend hinzu und sah dabei zu Liah.
Liah schmunzelte. „Das stimmt natürlich.“ In diesem Augenblick waren ihre Sorgen wie weggeblasen. Sie freute sich, über den seltsamen Überfall den sie erhielt. Ein bunter Haufen an Menschen und das zeigte ihr, dass ihre Entscheidung Schlussendlich doch die Richtige wahr.
„Damit hat es doch nichts zu tun“, fügte Wallace plötzlich hinzu, als die Mädels weiter diskutierten. Bei Lizzys Geschmacksknospen konnte selbst er manchmal nicht anders als das Gesichts zu verziehen. Dass solch eine Bunte Kombination schmeckte, konnte er sich nicht vorstellen.
„Spuck schon aus, um was es geht, bevor du daran erstickst.“ Liah verschränkte die Arme vor der Brust und sah Wallace auffordernd an.
„Sie streiten darum, welchen Geschmack die nächste Creme haben soll“, klärte nun Wallace auf.
„Schoko Milchshake mit Pommes …“, schlussfolgerte Lewis daraufhin und konnte am Gesicht von Wallace sehen, was er von dem Geschmack hielt. Er selbst war nun auch nicht wirklich der Fan davon. Jedoch nahm er Lizzy so, wie sie nun mal war, weswegen sie zu seinen engsten Freundin zählte.
Selbst Liah sagte das nicht zu. Jedoch verurteilte sie deswegen keinen, nur weil die Person einen eigenartigen Geschmack vorweisen konnte. Außerdem war das Liah bereits bekannt, dank einiger Zusammmenkünfte und Unternehmungen – sowie eigentlich jedem im Raum anwesenden.
„Und Dawn ist scheinbar auf Nougat aus“, schlussfolgerte Liah daraufhin und sah das nicken von Wallace.
„Könntest du nicht einfach beides machen?“, fragte Lewis aufeinmal nachdenklich und sah von den Mädels, die plötzlich still wurden, zu Liah.
„Nun ja, theoretisch schon … aber ich kann weniger Pommes in eine Creme reintun“, erwiderte Liah nachdenklich. „Aber den salzigen Geschmack mit Schokolade kriege ich schon hin.“
Die Augen von Dawn und Lizzy begangen daraufhin zu leuchten. Als Dawn an der seite ihrer besten Freundin auftauchte und diese einfach umarmte. „Du bist einfach die beste.“
„Ich hab es ja noch nicht mal versucht, und ob es einem schmeckt steht auch noch in den Sternen“, antwortete Liah schwach lächelnd und sah einen nach den anderen an. In diesem Moment war Liah froh, über die Anwesenheit jeden einzelnen hier im Raum.
