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Pompeji

von

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Und es begann Bimssteine zu regnen

Immer weiter hatte sich der Himmel verdunkelt, den Tag zur Nacht gemacht und das Sehen erschwert. Von irgendwoher hörte man Stimmen, verzweifelte Rufe von Müttern, die nach ihren Kindern riefen. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und sofort dachte ich an meine Eltern, die irgendwo zu Hause waren und in völliger Dunkelheit tappten. Wie ein jeder von uns, der an diesem Tag in Pompeji unterwegs war.
 

Meinen Esel hatte ich längst verloren, würde ihn so nicht wiederfinden und betete, dass er irgendwo Unterschlupf vor dem Steinregen finden konnte. Nach dem letzten Beben hatte es angefangen, Bimssteine zu regnen. Erst wenige, nun aber fielen sie dauerhaft. Kinder weinten, Menschen flohen, rannten blind durch die dunklen Straßen und viele von ihnen stürzten oder fielen einfach von Steinen getroffen um. Ein Drama, dass ich miterlebte, aber ohne Sicht wahrnehmen musste.
 

Von Weitem hörte ich plötzlich einen Knall, dann Schreie und der Boden begann erneut zu beben. Nur kurz, dafür aber umso heftiger. Häuser mussten eingestürzt sein. Das Wehklagen der Leute ließ mich innerlich erschüttern, mitfühlen und endlich handeln. Wie gesteuert drehte ich mich um, suchte den dicklichen Mann und rief nach ihm. Kurz lauschte ich, wiederholte mein Rufen und endlich kam eine Antwort.
 

Mehr war es ein Krächzen, doch ich konnte deutlich hören, dass er lebte. Rasch versuchte ich dem Röcheln zu folgen, stolperte jedoch über einige Trümmer und eine nie dagewesene gewaltige Explosion riss mich einige Meter davon. Entsetzt öffnete ich meine Augen, sah den Feuerberg, der nicht nur Rauch spuckte, sondern auch flüssiges Feuer.
 

“Mögen uns die Götter beistehen”, murmelte ich und suchte weiter.
 

Nur wo war ich? Kein Stein stand auf dem anderen, wie mir schien, Dunkelheit herrschte, die Erde bebte und ich ahnte, dass dies erst der Anfang und nicht das Finale war. Das konnte unmöglich das Ende sein. Nicht das von Pompeji, nicht von der Erde. Ich musste leben, überleben und meine Familie wiederfinden. Zu sterben, erschien mir zu früh, zu unwirklich. Ich musste hier weg, mich in Sicherheit bringen und das schnell.
 

So dachten scheinbar viele Bewohner Pompejis, rannten an mir vorbei, traten schmerzhaft auf meine Hände und doch schienen auch sie nicht zu wissen, wohin. Einige versteckten sich vermutlich in Häuser, andere rannten zum Strand. Ich hingegen wartete, blieb liegen und legte schützend die Hände über meinen Kopf. Beten war das einzige, was ich tat, meine Eltern mit einschloss, sogar meinen Esel, den ich über die Jahre liebgewonnen hatte. Es musste eine göttliche Wendung geben, ein Wunder, dass uns alle retten würde. Ob Tag oder Nacht war mir unklar, die Dunkelheit hatte meine Sinne verwirrt, mein Zeitgefühl. Mein Körper brannte innerlich von Angst und Panik getrieben, versagte mir schließlich den Dienst und ließ mich schlafen.
 

Nun war es still, nur meine Träume und ich. Eine heile und glückliche Welt, mit all den Menschen, die ich kannte, liebte und wertschätzte. Sogar meinen Esel konnte ich hören, spüren und anfassen. Fast, als wäre er wirklich da. Oh mein liebes Tier, wie ich dich vermisse und dafür bete, dass es dir gutgeht, du entkommen konntest und wir uns bald wiedersehen. Ebenso all die Menschen, die mir wichtig waren. Vater und Mutter, meine beiden kleinen Schwestern, die ihr Leben noch vor sich hatten. Ein Jammer, dass ich nicht bei ihnen war, ihn beistehen und ihnen gut zusprechen konnte. Ihre blonden Locken waren zum Greifen nahe und doch fasste ich ins Nichts. Sie verschwammen vor meinen Augen, ebenso all jene, die ich kannte. Ein Zeichen, dass ich erwachte, meinen Traum zurücklassen und mich dem Untergang Pompejis erneut stellen und ins Auge sehen musste.
 

Das Erste, was ich sah, als ich die Augen wieder aufschlug, war Dunkelheit. Eine seltsame Hitze lag in der Luft und erschwerte mir das Atmen. Die Stimmen waren leiser geworden, das Schreien hatte aufgehört, sich mit einem Wimmern, Stöhnen und Ächzen abgewechselt. War es endlich vorbei, hatte sich der Feuerberg etwas beruhigt und uns verschont? Ich traute mich kaum hinzusehen, dennoch richtete ich mich auf, drehte ganz langsam meinen Kopf. Der Berg hatte keine Ruhe gegeben, eine riesige Staubwolke lauerte über diesem, sackte plötzlich in sich zusammen und rollte in Rekordzeit auf Pompeji zu.
 

Weg hier, war mein letzter Gedanke, doch mein Körper zitterte so sehr, dass mir eine Flucht nicht möglich war. Hastig zog ich die Beine dicht an meinen Körper, schloss erneut meine Augen und fing an zu beten.



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