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'Ich bin ganz dein.'

 

Die Worte hallten in Makotos Kopf wider, während er nichts anderes tun konnte, als Akis gebundene Hände anzustarren. Die langen, schmalen Finger, die sich ihm entgegenstreckten. Unterwürfig. Willig. Ganz und gar dem ausgeliefert, was immer er mit ihnen zu tun gedachte. Eine merkwürdige Vorstellung. Vor allem, weil sie einen entscheidenden Fehler hatte.

 

Mit ein bisschen Geschick bekommt er die Fesseln doch ganz leicht auf.

 

Makoto gaffte die schwarzen Bänder, die sich um Akis Handgelenke wanden, an und konnte nicht glauben, dass ihm das nicht schon früher aufgefallen war. Immerhin hatten die Manschetten im Gegensatz zu anderen Dingen, über die er lieber nicht so genau nachdachte, keinen Schlüssel. Es waren lediglich zwei gepolsterte Lederriemen, die mit Schnallen zusammen gehalten wurden. Keine klassischen Handschellen. Wenn Aki es darauf anlegte, wäre er die Dinger in Nullkommanichts los.

 

Es sei denn, ich verhindere das.
 

Wieder wanderte Makotos Blick zu dem Seil in seinen Händen. Offenbar würde er es anders gebrauchen müssen als ursprünglich angenommen. Aber wie am besten? Er war kein Meister im Knotenmachen, ganz zu schweigen von der hohen Kunst des Shibari, für die das Seil vermutlich gedacht war. Das, was er damit anzustellen vermochte, war mit Sicherheit wenig meisterhaft. Eher plump und unästhetisch. Allenfalls Straßenniveau. Außerdem bestand die Gefahr, dass er Aki damit weitere Verletzungen zufügte. Was also sollte er tun?

 

Noch während Makoto nachdachte, vernahm er ein Räuspern.
 

„Kann ich helfen?“

 

Makoto hob den Kopf und begegnete gelben Augen, die ihn unverwandt musterten. Wieder fühlte er sich an eine Katze erinnert. Eine sehr große Katze.

 

Aki ließ die Hände ein wenig sinken.

 

„Du könntest das Fesselkreuz benutzen.“

 

Makoto blinzelte. Er hatte keine Ahnung, worum es ging. Eine Tatsache, die man ihm offenbar an der Nasenspitze ablesen konnte, denn Akis Mundwinkel wanderten ein winziges Stück nach oben. Er sah hinüber zu der Tasche, die immer noch auf der Kommode stand.
 

„Du kennst dich mit diesen Dingen nicht besonders gut aus, oder?“, wollte er wissen und sah im nächsten Moment wieder zu Makoto auf. „Soll ich es dir zeigen?“

 

Makoto schluckte. Feine Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn. Er wusste, dass er auf gar keinen Fall Ja sagen durfte. Wenn er zugab, dass er die Situation nicht unter Kontrolle hatte, konnte wer weiß was passieren. Er musste stark sein. Unnahbar. Ein Fels. Und gleichzeitig wünschte er sich, Hilfe zu bekommen. Hilfe, von jemandem, der sich hiermit auskannte. Jemandem wie Aki.

 

Aki, der jetzt nicht mehr abwartete, ob er eine Antwort bekam, sondern einfach aufstand, um dann – ganz nah – an Makoto vorbei zur Kommode zu gehen. Er schob den Inhalt der Tasche ein wenig hin und her, fand offenbar, was er suchte, und ging – wieder gefährlich nahe – an Makoto vorbei zum Bett zurück. Statt sich jedoch erneut zu setzen, bückte er sich, streckte die Arme nach unten und stieg, die Yukata immer noch locker um seine Hüften liegend, über die Fesseln an seinen Händen. Makoto konnte erkennen, dass er zusätzlich zu den schwarzen Manschetten noch etwas in der Hand hielt. Er kam jedoch nicht dazu, es zu betrachten, denn Aki überwand jetzt die letzte Entfernung zum Bett. Auf Knien rutschte er so weit auf der Tagesdecke nach vorn, dass seine Füße ebenfalls auf dem Bett lagen. Danach drehte er den Kopf zu Makoto herum

 

„Du musst mir die Fußfesseln anlegen“, wies er ihn über die Schulter hinweg an.

 

Makoto zuckte zusammen. Die Fesseln in seiner Hand gaben ein klingelndes Rasseln von sich. Er hatte sie ganz vergessen.
 

„Ja. Ja, sofort.“

 

So schnell er konnte, trat Makoto ebenfalls an das Bett. Sein Blick glitt von Akis Gesicht über dessen unbedeckten Rücken, die gefesselten Hände und die locker um sein Hüfte liegende Yukata, bis hin zu den rosa Pfotenabdrücken. Der Anblick war seltsam bizarr und doch konnte Makoto nicht aufhören, sie anzustarren. Das war doch … verrückt!

 

Aki bewegte sich.
 

„Soll ich die Strümpfe lieber ausziehen?“
 

Die Vorstellung, was dadurch zum Vorschein kommen würde, beflügelte Makotos Fantasie. Immerhin hatte er die weichen Sohlen bereits berührt. Die eleganten Zehen und wie perfekt sie sich in seine Hand geschmiegt hatten. Sie jetzt vor sich liegen zu sehen auf der weißen Bettdecke, rein, gepflegt und makellos. Die Aussicht darauf, sie erneut anzufassen, zu streicheln, zu liebkosen und vielleicht sogar … mehr, war mehr, als Makoto aushalten konnte. Dann doch lieber die Katzensocken.

 

„Nein“, versicherte er daher schnell, fast schon hastig. „Behalt sie an. Und zieh die Yukata über. Du wirst dich verkühlen.“

 

Makoto war bewusst, dass er sich lächerlich anhörte. Nicht einmal seine Großmutter hätte solchen Unsinn von sich gegeben. Andererseits war sie auch ein mürrisches, altes Weib gewesen, das kaum ein gutes Haar an jemandem gelassen hatte. Am wenigsten an ihrem Sohn, der es in ihren Augen zu nichts gebracht hatte. Nach dem Tod seines Vaters, hatte sie Makoto die Tür vor der Nase zugemacht mit der Begründung, nicht noch so einen Fehlschlag durchfüttern zu wollen. Danach hatte er sie nie wieder gesehen. Er hatte sich nur manchmal vorgestellt, dass sie ihre Meinung vielleicht geändert hätte, nachdem er die Arbeit seines Vaters in der Gießerei übernommen hatte. Wenn sie gesehen hätte, dass er sein Geld sparte, statt es für Alkohol auszugeben oder in Pachinko-Automaten zu versenken. Dann hätte sie vielleicht …

 

Makoto schüttelte entschieden den Kopf. Dieser Abschnitt seines Lebens lag hinter ihm. Er musste sich auf den konzentrieren, der ihm momentan Probleme bereitete. Davon gab es immerhin reichlich.

 

Ohne sich um die Blicke zu kümmern, die schon wieder seine Haut durchbohrten, legte Makoto die Fußschellen beiseite und griff nach dem geblümten Stoff um Akis Hüften. Er fühlte, wie der erschauerte, als er dabei seine Haut streifte. Makoto presste die Kiefer aufeinander. Beherzt zog er die Yukata nach oben und legte sie Aki um die Schultern.

 

„So“, brummte er. „Das ist besser.“

 

Aki, der während der Prozedur stillgehalten hatte, senkte ein wenig das Haupt.
 

„Ich kann sie nicht schließen“, sagte er leise. „Meine Hände …“
 

Wie von selbst wanderte Makotos Blick hinab. Da Akis Arme jetzt hinter dem Rücken verschränkt waren, kam er natürlich nicht an den Obi heran. Makoto würde den seidenen Gürtel für ihn schließen müssen. Die Vorahnung, was er dabei zu sehen bekommen würde, behagte ihm nicht.

 

Besser ich tue es schnell und von hier aus.

 

„Halt still“, knurrte er, legte die Fesseln beiseite und griff nach der rosafarbenen Stoffbinde. Mit einem Knie lehnte er sich auf das Bett, rückte nahe an Aki heran und griff mit beiden Armen um ihn herum.

 

„So gut?“, fragte er, nachdem er die beiden Seiten der Yukata übereinander gelegt und den Obi darüber verknotet hatte. Sein Atem streifte Akis Ohr. Sein Mund war entrückend nahe. Er hätte sein Kinn auf Akis Schulter legen können, wenn er gewollt hätte. Seinen Geruch einatmen. Die herbe Note des edlen Duschgels an ihm wahrnehmen und ihn festhalten können, bis aus zwei Körpern einer wurde. Aber er tat es nicht. Er vergewisserte sich nur, das er den Obi fest genug gebunden hatte. Nichts weiter.

 

Aki nickte leicht. Sein Haar kitzelte Makotos Wange.
 

„Ja, danke. Es ist genau richtig.“

 

Makoto hörte, wie seine Stimme dabei zitterte. Ein leises Klirren von irgendwo her. Er spürte eine Bewegung. Eine Berührung. Akis Hände, die sich auf seine Oberschenkel legten. Im inneren Drittel. Ganz kurz unter dem Punkt, an dem sie sich oben zusammenfanden. Dem Bereich, den schon viel zu lange niemand mehr angefasst hatte. Vor allem keine Frau. Es war zu lange her und Makoto zögerte. Für einen winzigen Augenblick zögerte er, bevor er den Obi losließ. Er wich vor den warmen Händen zurück, deren Berührung anzudauern schien. Makotos Haut kribbelte. Sie brannte. Wie Feuer. Wie Eis.
 

„Das …“ begann Makoto und stoppte sich im gleichen Moment. Sein Herz klopfte, aber sein Verstand wehrte sich. Das, was passiert war, war sicherlich nur ein Zufall gewesen. Keine Absicht. Ein simples Versehen. Kein Grund, Aki in Verlegenheit zu bringen, indem er es ansprach. Es hatte nichts zu bedeuten.

 

Natürlich hat es das nicht. Es lag nur daran, dass du dich so ungeschickt angestellt hast. Du bist so ein Dummkopf!

 

Makoto presste erneut die Kiefer aufeinander. Er war wirklich ein Dummkopf. Und er brauchte schon viel zu lange für diese simple Aufgabe. Viel zu lange!
 

„Na los. Füße zusammen“, herrschte er Aki an. Der gehorchte sofort und Makoto machte sich daran, ihm nun endlich die Fesseln anzulegen. Immer wieder entglitten die Schnallen dabei seinen störrischen Finger, aber er zwang sich weiterzumachen Irgendwann schloss er die letzte von ihnen und konnte gerade noch verhindern, hörbar aufzuatmen. Mit zusammengepresstem Kiefer ballte er die Hand zur Faust.
 

„Fertig. Was jetzt?“

 

Aki wandte den Kopf ein wenig. Nicht so weit wie zuvor. Makoto konnte sein Gesicht nicht sehen. Nur die seitlichen Konturen. Seine Augen lagen im Schatten.

 

„Das Fesselkreuz“, sagte er und seine Lippen formten die Wort sorgfältig. „Du musst die Ösen, die sich daran befinden, mit den Laschen an den Fesseln verbinden. Oben und unten.“

 

Makoto sah sich um. Das Kreuz, oder was Makoto dafür hielt, lag neben Aki auf dem Bett. Es musste ihm irgendwann entglitten sein, während er …

 

Egal!

 

Makoto griff nach dem Ding und drehte es in der Hand. Zwei überkreuzte Lederriemen mit den erwähnten Ösen daran. Nichts, was irgendwie auffällig aussah. Bis Makoto sich vorstellte, wie es sein würde, wenn er die Fesseln damit verband. Er runzelte die Stirn.

 

„Wenn ich das tue, wirst du dich nicht mehr bewegen können. Geschweige denn bequem liegen oder gar schlafen.“

 

Wieder nahm Schweigen den Raum zwischen ihnen ein. Bei Makoto selbst war es Ratlosigkeit und die Frage, wie er das Problem nun lösen sollte, nachdem die angebotene Hilfestellung sich als unbrauchbar erwiesen hatte. Und bei Aki?
 

Der Junge wandte den Kopf ab.
 

„Du kannst unbesorgt sein“, meinte er, die Stimme seltsam neutral und ganz anders als zuvor. „Ich bin es gewohnt, mehrere Stunden so zu verbringen. Das macht mir nichts aus.“

 

Makoto schloss die Finger, die das Fesselkreuz hielten, fester. Er fühlte die Nähte, die Kühle der metallenen Haken. Dinge, die beruhigend sein konnte. Eine Grenze bilden, an der man sich orientieren konnte. Eine Verbindung erschaffen. Doch das war es nicht, wovon Aki gesprochen hatte. Makoto wusste es, auch wenn er nicht hätte sagen können, woher. Das, von dem Aki gesprochen hatte, war Folter. Bestrafung. Folgen für Ungehorsam und nicht beachtete Befehle. Schmerzen um des Schmerzens willen. Dinge, die dazu gedacht waren, sein Gegenüber zu erniedrigen und zu brechen. Es war vermutlich genau das, von Sasori Kodama erwartete, das Makoto es tat. Und es war das Einzige, was Makoto sich standhaft weigern würde zu tun. Er war nicht grausam.

 

Als er den Kopf hob, bemerkte er, dass Aki seine Position verändert hatte. Er saß jetzt zu einer Seite gelehnt da, die Hände immer noch hinter dem Rücken, die Beine angewinkelt vor sich auf dem Bett. Dabei hatte er den Mund leicht geöffnet und sah Makoto aus großen Augen an.

 

„Ist etwas nicht in Ordnung?“ fragte er. Makoto hätte beinahe gelacht.
 

„Natürlich ist etwas nicht in Ordnung“, äffte er den Ton des Jungen nach. „Ich werde mir an dir nämlich nicht die Hände schmutzig machen. Wenn du dich misshandeln lassen willst, musst du dir dafür jemand anderen suchen.“

 

Ohne Akis Antwort abzuwarten, fasste Makoto das Seil fester. Er hatte eine Idee, wie er den Jungen ans Bett binden konnte, ohne auf abstruse Fesselspielchen zurückgreifen zu müssen. Immerhin musste er lediglich verhindern, dass er an die Schnallen herankam. Der Rest ergab sich dann von selbst.

 

„Los, rutsch dort rüber. Hände nach vorn.“

 

Makoto sah, dass Akis, wohl in Erwartung einer Strafe, die weißbestrumpften Zehen krümmte. Er machte sich jedoch nicht die Mühe, ihn zu beruhigen. Stattdessen wiederholte er seinen Befehl.

 

Gehorsam ließ Aki sich auf den Rücken sinken. Er bog die Wirbelsäule durch, führte die Hände unter seinem Gesäß hervor und ließ sich dann wieder darauf nieder. Danach krümmte und streckte er die Beine, sodass er schließlich die Handschellen wieder vor dem Bauch hatte … und die Yukata total verrutscht war. Makoto grollte.

 

Morgen bekommt er etwas anderes an, schwor er sich und scheuchte die Bilder weg, die Akis akrobatische Übung ihm in den Kopf gezaubert hatte. Die eleganten, geschmeidigen Bewegungen, die Kraft und Anmut. Der Anblick gespannter Muskeln und das peinliche Aufblitzen von Rosa zwischen seinen Beinen. Makoto spürte einen Anflug von Wärme auf seinem Gesicht. Ärgerlich griff er nach dem Seil, ging um das Bett herum und schlang es um einen der Bettpfosten. Als er damit fertig war, wandte er sich an Aki.

 

„Hände“, spuckte er ihm entgegen und der Junge gehorchte. Mit stoischer Miene machte Makoto sich daran, das Seil um die Fesseln zu winden und sie so eng aneinander zu schnüren. Am Schluss sicherte er das Ganze mit einem Knoten, den Aki unmöglich aufbekommen konnte. Nicht, ohne eine Schere zu benutzen. Erst dann wagte Makoto einen erneuten Blick auf seinen gefangenen.
 

„Sei vorsichtig. Wenn du dich im Schlaf erdrosselst, ergeht es uns beiden schlecht.“

 

Aki antwortete nicht. Er sah nur zu, wie Makoto noch einmal an dem Seil ruckte, um sicherzugehen, dass es hielt. Danach ließ er es über sich ergehen, dass er erneut die Yukata richtete. Er zog sich ans Kopfende des Bettes zurück, damit Makoto die Decke zurückschlagen konnte, und rutschte danach gehorsam wieder an seinen vorherigen Platz zurück. Erst, als Makoto ihn schließlich zudeckte, sah er zu ihm auf.
 

„Warum tust du das?“, wollte er wissen. Makoto presste die Kiefer aufeinander. Er wollte nicht auf diese Frage antworten.
 

„Weil ich es muss“, sagte er trotzdem und ohne Aki anzusehen. „Je eher du gesund bist, desto schneller kann ich wieder von hier verschwinden.“

 

Aki musterte ihn von unten herauf.
 

„Ich verstehe“, sagte er leise und senkte den Kopf. „Dann wünsche ich dir einen gute Nacht, Omura-sama. Ich werde dich nicht weiter belästigen.“

 

Makoto biss sich auf die Zunge. Es brannte ihm darauf, Aki zu sagen, dass er, wenn er etwas brauchte, nach ihm rufen sollte. Aber er schwieg. Stattdessen drehte er sich abrupt um und stampfte zur Tür.

 

So ein dummer Junge, dachte er noch, bevor er die Tür hinter sich zuschob und Akis Anblick sowie den waidwunden Ausdruck in seinen Augen endgültig aussperrte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  chaos-kao
2024-01-07T03:02:15+00:00 07.01.2024 04:02
Raue Schale, weicher(er) Kern... Ich finde es immer spannend, wenn man mehr über Makotos Vergangenheit erfährt. Sein Werdegang, wie er dort gelandet ist wo er jetzt ist. Und wer er ist.
Antwort von:  Maginisha
07.01.2024 11:00
Am Anfang ist mir Makoto sogar noch ein kleines bisschen zu sehr mimimi geraten. Lag aber auch daran, dass Aki (zu) sehr gelitten hat und ich ihn nicht nicht darauf reagieren lassen konnte. So abgebrüht ist er nämlich einfach nicht.


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