Zum Inhalt der Seite

Four Soulmates in an Other World

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Mitbewohner

„Eines Tages wird man offiziell zugeben müssen, dass das, was wir Wirklichkeit getauft haben, eine noch größere Illusion ist als die Welt des Traumes.“
 

Salvador Dali
 


 


 

♥♦♣♠
 


 

Liebes Tagebuch,
 

vor einiger Zeit habe ich endlich einen Mitbewohner für das Studentenapartment gefunden. Sein Name ist Vanitas. Ungewöhnlich, nicht wahr? Ich frage mich wie seine Eltern darauf gekommen sind, aber er redet nicht gerne über seine Eltern.

Eigentlich redet er immer nur über das Online-Spiel, durch das wir uns kennengelernt haben. Es heißt „Vampires of Astermite“. Dabei muss man gefährliche Vampire töten, aber die Gewalt darin hat mir nicht besonders gefallen. Deswegen will ich mich in meinen Streams wieder mehr auf Städtetouren konzentrieren. So lerne ich Paris gleich viel besser kennen.

Vanitas streamt ebenfalls auf Y-tube und ist dabei sehr erfolgreich. Er verdient damit sogar etwas Geld. Die Leute scheinen es zu mögen, wenn er alle möglichen Online-Spiele spielt und sich dabei aufregt. Nur in Otome-Games ist er nicht besonders gut.

Vanitas ist 18, also ein Jahr jünger als ich, aber er studiert bereits im ersten Semester Medizin. Er muss sehr schlau sein und –
 


 

„NOÉ!“, keifte eine bekannte Stimme an der Wohnungstür, gefolgt von einem leisen Poltern. „Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du deinen Rucksack nicht hinter der Tür liegen lassen sollst?!“
 

Der angesprochene klappte sein Tagebuch zu. „Entschuldige bitte, Vanitas.“ Das Tagebuch verschwand in einem Stapel anderer Bücher auf dem Schreibtisch, als Vanitas schließlich in der Tür zu Noés Zimmer stand und ihn leicht angesäuert ansah. „Du kommst aber spät heute.“, bemerkte Noé
 

Vanitas, der immer noch genervt drein blickte antwortete mit schnippischem Ton: „Manche müssen für ihr Geld arbeiten gehen, weißt du?“
 


 

Der junge Medizinstudent schien immer ein wenig beleidigt darüber zu sein, dass Noés Adoptivvater ihm das Studium und die Wohnung finanzierte. Warum genau das so war, konnte Noé nicht ganz einordnen. Immerhin musste Vanitas auf diese Art nur einen wesentlich geringeren Teil der Miete zahlen und hatte es eigentlich gar nicht nötig neben dem Streamen noch einen weiteren Job anzunehmen. Noé hatte nur nach einem Mitbewohner gesucht, um Gesellschaft zu haben. Das Geld war ihm egal.
 


 

Zugegebenermaßen war es schwierig gewesen, bei so einem guten Angebot einen Mitbewohner zu finden, der auch vertrauenswürdig war. Aber obwohl Vanitas auf den ersten Blick wie ein ungehobelter Kerl daher kam, der Menschen gerne manipulierte, hatte Noé bei ihm ein Gefühl der Vertrautheit gespürt. Etwas das ihm sagte, Vanitas würde seine Freundlichkeit nicht ausnutzen.
 

Der schwarzhaare junge Mann faszinierte Noé wahrlich. Er schien immer ein festes Ziel vor Augen zu haben, arbeitete hart für sein Studium, den Job und die Onlinekarriere und es war für Noé schleierhaft wann er eigentlich schlief. Meist war Vanitas schon vor ihm auf den Beinen und später im Bett und obwohl er sich ständig beschwerte, kochte er für Noé und half ihm sogar nach Hause zu finden, wenn er sich einmal wieder in Paris verirrt hatte.

Eine Sache, die für Noés Onlinezuschauer beinahe schon ein Running-Gag war.
 

Er konnte viel und verstand es gleichzeitig von seinen Schwächen abzulenken. Generell schien es als ob Vanitas viel verbarg. Dinge, die schmerzlich waren. Als sie sich zum ersten Mal im realen Leben trafen, kam es Noé vor als müsste er unbedingt auf ihn aufpassen. Ähnlich wie Domi immer auf Noé aufpasste.
 


 

„…é …oé.“
 


 

Plötzlich spürte er wie ein hartes Stück Papier seinen Kopf traf.
 

„Erde an Noé!“
 

Verdutzt sah Noé zu Vanitas auf, der nun direkt vor ihm stand und ihn mit einer Zeitschrift auf den Kopf geschlagen hatte.
 


 

„Du bist schon wieder mit dem Kopf in den Wolken.“, schnaufte Vanitas.
 

„Entschuldige, was hast du gesagt?“
 


 

Vanitas rollte mit den Augen. Irgendwie konnte er Noé nicht lange böse sein. Warum genau so war, wusste er nicht. Normalerweise konnte er die meisten Menschen nicht leiden. Vor allem nicht, wenn sie sorglos waren und die Augen vor der Realität verschlossen. Aber Noé war so treudoof, dass man wohl einfach nichts zu befürchten hatte, wenn man sich mit ihm einließ.
 

Als Vanitas sich auf dieses Wahnsinns Wohnungsangebot irgendeines Onlinespielers eingelassen hatte, hatte er mit allem gerechnet, sogar mit sexueller Belästigung, aber bestimmt nicht damit einen jungen Mann im gleichen Alter zu finden, der wirklich nur nicht alleine wohnen wollte und erst recht nicht, dass er als Mitbewohner angenommen werden würde. Dass er nicht der entspannteste Zeitgenosse war, wusste er immerhin selbst all zu gut.
 


 

„Ich habe uns Essen aus dem Bistro mitgebracht. Also komm in die Küche, ich muss heute noch streamen.“
 

Noé schüttelte leicht den Kopf, folgte Vanitas aber sofort in die Küche an den Esstisch. Wie konnte man nur so ein Workaholic sein? Aber vielleicht verschaffte das Spielen ihm ja einen Ausgleich. Viele Kontakte hatte Vanitas schließlich auch nicht. Da fiel ihm ein…
 


 

„Hast du auf Arbeit wieder mit dieser älteren Studentin geredet? Jeanne?“, fragte Noé, als er sich an den Tisch setzte.
 

Vanitas begann zu grinsen. „Ist da jemand neugierig?“
 

„Nein, absolut nicht.“, erwiderte Noé unverblümt. „Aber mir ist eingefallen, dass ich sie kenne. Sie passt manchmal auf Domis Cousin Luca auf.“
 

„Aha! Du willst uns also verkuppeln!“, platze Vanitas heraus, während er sich halb über den Tisch beugte und Noé schelmisch angrinste.
 

„Träum weiter.“, schnaufte Noé, während er sein Essen auspackte. „Nein, ich denke nur, dass es Domi gar nicht gefallen wird, dass du ihre Freundinnen anbaggerst. Was magst du überhaupt an Jeanne? Du kennst sie doch kaum. Ihr hattet erst zwei gemeinsame Schichten im Café.“
 


 

Vanitas lehnte sich auf dem Stuhl zurück und schien zu überlegen. „Ist das nicht klar? Sie hat ein hübsches Gesicht. Sie ist stark, fürsorglich und hat einen riesigen Vorbau… Außerdem ist es süß, dass sie sich so leicht ärgern lässt.“, fuhr Vanitas fort.
 

Noé errötete ein wenig bei Vanitas‘ Beschreibung, aber sah ihn eher irritiert an. „Aber sie wird sich doch nicht in dich verlieben, wenn du sie ständig nur aufziehst, oder?“
 

„Das muss sie auch nicht. Nur, weil ich sie mag, heißt das ja nicht, dass sie mich auch zurück mögen muss.“, Vanitas sah nachdenklich aus dem Fenster. „Ich habe nämlich keinerlei Interesse an einer Person, die sich in jemanden wie mich verlieben würde.“
 


 

Ein Klirren.
 


 

Starr sah Noé auf die Gabel am Boden, die ihm zu soeben aus der Hand gefallen war. Wieso hatten Vanitas‘ Worte ihn plötzlich so aus dem Konzept gebracht? Er hatte sie doch schon irgendwo einmal… War das ein Déjà-vu?
 

Vanitas wendete verwirrt den Kopf zu Noé, der seine Gabel noch immer nicht wieder aufgehoben hatte. „Alles in Ordnung?“
 

Noé konnte nur nicken, während er die Gabel wieder aufhob und sie säuberte, ehe er langsam zu essen begann.
 

Dieses Gefühl sich an irgendetwas Wichtiges erinnern zu müssen, hatte er immer wieder in Vanitas‘ Nähe gehabt. So als hätte er etwas Wichtiges vergessen. Aber was? Hat nicht jeder irgendwann mal das Gefühl, dass sich ein Ereignis wiederholt? Womöglich hatte schon einmal jemand diesen Satz in einem Film gesagt? Er konnte sich nicht erinnern und irgendwie bereitete das Grübeln ihm Kopfschmerzen. Also versuchte er sich abzulenken.
 


 

„Morgen mache ich wieder eine Stadttour.“, erzählte Noé zwischen zwei Bissen und konnte noch bevor er aufsah förmlich spüren, wie Vanitas mit den Augen rollte. Er stellte sich offensichtlich schon wieder darauf ein Noé suchen zu müssen.
 

Der Orientierungssinn des weißhaarigen Geschichtsstudenten war wirklich schlecht. So musste es irgendwie sein. Denn obwohl Noé viele Ecken und Gebäude in Paris seltsam vertraut vorkamen, verirrte er sich immer wieder auf’s Neue.
 

„Mach das bitte nach meiner Vorlesung.“, grummelte Vanitas in sich hinein.
 

Nun war Noé es, der breit grinsen musste. Vanitas war nicht verpflichtet Noé im Fall des Falles suchen zu gehen, aber er stellte sich trotzdem darauf ein. Er war ein Mensch dessen Taten lauter sprachen als Worte. Auf seine ganz eigene verschrobene Art war Vanitas ein guter Kerl und das mochte Noé an ihm.

Vielleicht konnte aus ihrer Wohngemeinschaft doch noch eine enge Freundschaft wachsen.
 

„Ich bin jetzt in meinem Zimmer für den Stream. Stör mich nicht“, sagte Vanitas während er aufstand und seine Teller zum Waschbecken trug. „Ach ja.“, fügte er mit einem gehässigen Grinsen an. „Du bist dran mit spülen.“
 

Mit einem schmollenden Gesichtsausdruck sah Noé Vanitas nach, der kichernd in seinem Zimmer verschwand, ehe er sich daran machte das Geschirr zu reinigen.
 

Bevor er das Wasser anmachte, strich er sich über beide Hände. Woher hatte er diese Angewohnheit nur? Er trug doch gar keine Handschuhe.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück