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Sherlock Holmes

das unheilvolle Familienerbstück
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier das nächste Kapitel mit einer bodentiefen Entschuldigung an White Orchidee. Tut mir wirklich leid dass ich deinen blonden Liebling so sehr quälen musste, aber anders hätte Sherlock es wahrscheinlich nie kapiert. Viel Spaß beim Lesen. Komplett anzeigen

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Warten auf bessere Zeiten

Warten, ja, warten war immer schon eine Qual für Sherlock Holmes gewesen. Normalerweise wurde es von gähnender Langeweile und Melancholie begleitet und bezog sich auf das Ausbleiben eines neuen Kriminalfalls. Doch dieses Warten war vollkommen anders, sehnsuchts- und hoffnungsvoll, viel schlimmer zu ertragen als die übliche Warterei auf neue Arbeit und bezog sich auf seinen Partner, neben dessen Krankenbett er saß und hoffte, dass dieser endlich wieder aufwachen würde. Die Rettungskräfte waren zum Glück fast sofort, nach dem John das Bewusstsein verloren hatte, endlich eingetroffen und hatten den mit Blut besudelten Sherlock sanft aber bestimmt von John weggezogen um sich um ihren Patienten kümmern zu können. Sherlock hatte so ein jammervolles Bild abgegeben, wie er da gestanden hatte, die glatten Haare zerzaust im Gesicht hängend, Tränen rollten ihm stumm die Wangen hinab und auf seine blutverschmierten Hände starrend, dass nicht mal Sally Donovan sich ein bissiges Kommentar erlauben wollte. Die Sanitäter hatten erst Sherlock davon abhalten wollen, mit in den Krankenwagen zu steigen, aber Lestrade hatte stumm seine Zustimmung gegeben und sie hatten ihn darauf hin doch gewähren lassen. Die Fahrt über hatte er die ganze Zeit Johns kalte Hand gehalten, nur kurz hatte er ihm den falschen Schnauzer vorsichtig von Gesicht genommen und ihn in seine Hosentasche gesteckt und sich nicht die geringsten Gedanken darüber gemacht, wie das für andere wohl gerade aussehen mochte. Es war ihm sch*** egal gewesen. Im Krankenhaus hatten sie die beiden dann doch voneinander trennen müssen, John wurde sofort in den OP gebracht und Sherlock blieb verloren vor diesem zurück. Es waren viele Stunden vergangen und alle ihre Freunde zu Besuch gekommen. Mrs. Hudson und Sarah waren zuerst eingetroffen und hatten Sherlock, der noch fast genau so aussah, wie als er mit John zusammen ins Krankenhaus gekommen war, beide einfach kommentarlos nacheinander in eine tröstende Umarmung gezogen. Mrs. Hudson hatte dann dafür gesorgt, dass Sherlock sich die Hände wusch und ihm aus dem Krankenhausportfolio frische Kleidung besorgt. Dann hatte sie ihm fast schon großmütterlich einen Stuhl neben die OP Tür gestellt und ihm noch kurz mit ihren weichen Händen das Haar aus dem Gesicht gestrichen.
 

Sherlock war wie betäubt und ganz tief in sich drin unendlich dankbar gewesen, dass die beiden Frauen ihm keine Vorwürfe wegen der inszenierten Beerdigung gemacht, sondern einfach nur für John und ihn da gewesen waren. Mycroft war dann auch eingetroffen, eine junge Dame im Schlepptau, die den Augen und den Haaren nach nur John's Schwester sein konnte. Wäre Sherlock gerade vollkommen bei sich gewesen, hätte er über sich selbst den Kopf geschüttelt, er hatte "Harry" ganz zu Anfang seiner Zusammenarbeit mit John für einen Mann gehalten. Mycroft hatte seinem kleinen Bruder einen Becher heißen Kaffee in die Hand gedrückt und sich dann kurz mit ihm über das Geschehen unterhalten, so viel er in dem Moment aus dem Kleineren eben heraus bekommen hatte. Harry oder Harriet wie sie tatsächlich hieß, hatte sich währenddessen leise mit Sarah unterhalten und Sherlock zwischendurch immer wieder Blicke zugeworfen. Sherlock hatte nicht darauf geachtet ob diese hasserfüllt oder neugierig, oder mal das eine und mal das andere, gewesen waren. Dann waren auch Lestrade und Donovan aufgetaucht um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen. Donovan hatte sich augenscheinlich immer noch nicht getraut, dem Consulting Detektiv irgendetwas Gemeines an den Kopf zu werfen, sie hatte einfach geschwiegen und in eine andere Richtung geblickt. Dass der "Freak" sich so viele Sorgen um den anderen machte und richtig mitgenommen zu sein schien, verunsicherte sie offenbar ungemein. Zum Schluss war noch ein Krankenpfleger auf Sherlock zugekommen und hatte ihm wortlos einen Zettel in die Hand gedrückt, den Sherlock nur kurz überflogen hatte und sich trotzdem insgeheim über diese Geste zugegebenermaßen sehr gefreut hatte. "Ich habe, nach dem ich weg war, sofort den Notruf gewählt. Ich hoffe es hat geholfen und das es ihrem Partner ;-) bald wieder besser geht. Danke nochmal, dass Sie mich gehen lassen haben, war wirklich korrekt von Ihnen. Ich wünsche Ihnen beiden von Herzen noch eine lange und glückliche gemeinsame Zeit. N. B. "
 

Nun saß er hier und wartete darauf, mit John diese Zeit beginnen zu können. Wenn der Kleinere doch nur endlich aufwachen würde. Die Ärzte hatten gesagt, dass die OP komplikationslos verlaufen war. Die Kugel hatte die alte Narbe wieder aufgerissen und war in der Metallblatte, die John von dem damaligen Militär Unfall im Schulterblatt hatte, stecken geblieben, recht einfach zu entfernen gewesen. John würde nur eine etwas größere Narbe zurück behalten, wenn alles problemlos verheilte. Aber warum der Patient nach der Narkose nicht gleich wieder aufgewacht war, konnten sich die Ärzte nicht wirklich erklären. Er hätte es eigentlich müssen. Vielleicht war der Blutverlust doch ein bisschen viel gewesen. John Watson lag nicht im Koma, er schlief einfach und wollte eben offensichtlich einfach, aus einem Grund, den nur er selber zu kennen schien, noch nicht wieder aufwachen. Sie konnten alle nur abwarten. Er war stabil und lag auf einem gewöhnlichen Krankenbett auf einer Überwachungsstation, hatte nur eine Infusion im Arm und ein Blutsauerstoff Messgerät am Finger klemmen, ansonsten war es für Sherlock, der sich vehement weigerte, sich auch nur einen Augenblick von seiner Seite zu weichen, wenn er selbst nicht mal dringend musste oder sich das Pflegepersonal um John kümmerten, als würde er sein Partner friedlich schlafend neben ihm im Bett der Safehouse Wohnung liegen sehen.
 

Alle Krankenschwestern und Pfleger hatten Mitleid mit dem Mann, der da neben dem Bett wie ein Häufchen Elend saß und unentwegt die Hand des anderen zwischen seinen hielt, während seine Daumen sanft über den Handrücken dieser streichelten. Sie brachtem ihm Essen und Kaffee. Das Essen rührte er nie an, aber die Kaffeetasse war des Öfteren geleert. Einmal war Harriet Watson zu Besuch gekommen, hatte ihren Bruder schweigend angesehen und sich dann mit neutraler Stimme an Sherlock gewandt. "Wurde er wegen Ihnen verletzt oder hat er wegen Ihnen überlebt?" "Beides" hatte Sherlock nur gepresst geantwortet. Sie hatte darauf hin nur genickt, ihrem Bruder einmal liebevoll das Haar verwuschelt und war dann mit einem "Wir sehen uns" wieder gegangen. Mycroft war nun zu Besuch gekommen und setzte sich zuerst schweigend neben seinen Bruder. Dann sah er ihn abschätzend an und meinte: "Mein lieber Bruder, du siehst echt beschissen aus." "Ja ja, wie immer die Liebenswürdigkeit in Person" grummelte Sherlock, den Blick immer noch auf seinen schlafenden Partner gerichtet. "Willst du dich nicht vielleicht kurz frisch machen, ich bleibe bei ihm" Sherlock rang kurz mit sich, stimmte dann aber zu. Schnell verschwand er im Krankenzimmer Bad, schaute dort zweifelnd in den Spiegel. Ein sogar für Sherlock Holmes vergleichsweise bleiches Gesicht schaute ihn an, die Augen gerötet, tiefe Augenringe darunter. Die geglätteten Haar begann sich bereits wieder von selbst zu locken, aber momentan sah er mit den halb gelockten, halb glatten Haaren aus wie eine Vogelscheuche. Wie tief war er bloß gesunken.
 

Er spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, zog sich das Oberteil und die Hose aus, die aus dem Krankenhaus Kleiderschrank, die er bis jetzt getragen hatte und griff nach der Tasche, die der Polizist, der sie beide zum Museum gefahren hatte, ihm vorbei gebracht hatte. Zusammen mit Johns Sachen. Wieder in sein übliches weißes Hemd und seine schwarze Anzugshose gekleidet fühlte er sich schon viel lebendiger, wie er sofort fest stellen musste. Er kämmte sich sogar die Haare, die dadurch so gleich nicht mehr ganz so sehr einem Vogelnest ähnelten, warf seinem Spiegelbild noch einen traurigen Blick zu und verließ das Bad dann auch schon wieder, nahm sofort seinen Platz neben John wieder ein und nuschelte ganz leise "Danke Bruder" "Für dich doch immer" lachte dieser leise auf und schlug ihm dann, nicht so fest, wie er es üblicherweise getan hätte, brüderlich auf die Schulter. Die diensthabende Krankenschwester brachte den beiden Kaffee und lächelte Sherlock mitfühlend an. Dieser bekam sogar ein dankendes Nicken zustande. Sherlock löste behutsam seine rechte Hand von Johns und griff nach dem zu Verfügung gestellten Kaffee. "Hat sich irgendwas verändert?" Sherlock schüttelte den Kopf. "Hast du zwischenzeitlich mal geschlafen?" "nicht wirklich" antwortete Sherlock lapidar. "Wie lange willst du das noch durchziehen Sherlock. Du sitzt seit drei Tagen hier. John würde bestimmt nicht wollen, dass du dich hier selbst kaputt machst"
 

"Aber ich bin doch schließlich Schuld das er jetzt überhaupt hier liegt" Sherlock wurde jetzt wütend und seine Fingerknöchel, die die Tasse umklammert hielten, wurde ganz weiß. "Ich wollte, dass er im Safehouse bleibt oder nach Hause in die Baker Street fährt und mich alleine zum Museum gehen lässt. Ich habe mich von ihm überreden lassen, ihn doch mitzunehmen, obwohl ich einige Lücken in meinem Plan gefunden hatte, deren Gefahr ich ihn eigentlich nicht aussetzen wollte. Die Kugel war für mich bestimmt und dieser Idiot hat mich zur Seite schubsen und sie sich dadurch selbst einfangen müssen. Wenn er nie wieder aufwacht? Mycroft was mache ich dann? " Seine Stimme hatte langsam aber sicher von wütend zu verzweifelt gewechselt und sein Bruder sah, wie Sherlock schon wieder Tränen die bleichen Wangen hinunter liefen. Er legte Sherlock tröstend den Arm auf die Schulter und ließ ihn sich kurz wieder beruhigen. "Das ich das auf meine alten Tage noch erleben darf, dass mein kleiner Bruder tatsächlich mal jemanden findet, der für ihn so interessant ist, dass er jetzt hier neben mir sitzt und sich wegen Demjenigen die Augen aus dem Kopf heult. Holst du jetzt endlich deine Pubertät nach? " Er grinste und Sherlock konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Typisch Mycroft. " Rede doch einfach mal ein bisschen mit ihm. Ich bin sicher das er dich hören kann. Vielleicht kannst du ihn ja davon überzeugen, wieder aufzuwachen. Versuchs einfach mal." Mycroft erhob sich und wuschelte Sherlock durchs Haar. Er hoffte, dass es bald wieder vollständig lockig sein würde, so gefiel ihm sein Bruder besser. " Ach ja und Sherlock." Mycroft sah ihn jetzt ernst an. "Lass das doch bitte John selbst entscheiden ob du Schuld bist oder nicht. Er ist ein erwachsener Mann, der selbst entschieden hat dich zu begleiten und der auch selbst entscheiden hat, dir das Leben zu retten." Sherlock biss sich auf die Unterlippe, Mycroft hatte ja recht. "Meld dich, wenn es was Neues gibt, bis dann" und schon war er verschwunden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  White-Orchidee
2023-12-20T11:38:46+00:00 20.12.2023 12:38
Alter mycroft, das war ja richtig mitfühlend 🤯
Mir tut Sherlock so leid. 😢
Antwort von:  Cyrene
20.12.2023 18:25
Ich bin der Meinung, dass Mycroft das sehr wohl kann, also mitfühlend sein, er macht sich schließlich auch Sorgen um seinen kleinen Bruder (siehe erste Folge der BBC Serie)


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