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Vergessene Erinnerungen

von

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Entführung

"Tja", meinte sie, setzte kurz ihr patentiertes Lachen auf und entgegnete dann: "Sore wa himitsu desu!(*)"

Lina, mehr überrascht als überrumpelt, wollte zu einem Flare Arrow ansetzen, doch Naga kam ihr zuvor. Das sanfte <SLEEPING>, welches Naga über ihre Lippen brachte während sie sie berührte, verhallte wie ein Seufzen im Raum und es wurde still. Obwohl nicht sehr geschickt schaffte es Naga, Lina unter die Achseln zu greifen, damit sie nicht gleich auf den Boden schlug. Nach einem Augenblick des Ausatmens schloß Naga vorsichtig mit einem Fuß die Türe. Dann gratulierte sie sich zu so einer schnellen Reaktion (sie war eben doch die bessere!) und um zu überlegen, was sie nun machen sollte. Vorsichtig setzte sie die Schlafende auf den Stuhl, der am Tisch stand, und nahm sich selbst den für sie zu klein geratenen Hocker vor dem Spiegel.

"Hmm, was haben wir denn hier?" fragte sie sich selbst und schlug ihre Beine übereinander.

Sie überblickte die ganzen aufgeschlagenen Bücher, die gerade auf Seiten über Meridiane und Zirkel, Formeln und Matrizen aufgeschlagen waren, doch ihr Blick wanderte weiter zu den wertvollen, glitzenden Steinen auf dem Tisch, die sie förmlich anlächelten. Doch keinen Augenblick später blieben ihre Augen an Lina's Umhang haften. Magieverstärkende Talismane ! Und gleich vier Stück !!! Schmachtend und eifersüchtig erhob sie sich und wollte danach greifen, als ein lautes 'Tock' sie erschreckt herumfahren ließ. Doch es war nur Lina, die mit ihrem Kopf auf den Tisch aufgeschlagen war.

"Du hast ja recht Lina, es sind Deine Sachen!" redete sie der Schlafenden zu und schaute nochmals sehnsüchtig auf die vor ihr liegenden Schätze.

"Da wir eh bald wieder zurück sind, schätze ich, du brauchst nichts von hier", resümierte sie laut und öffnete die Fensterläden. Sie schaute kurz in die sternenklare Nacht nach draussen; niemand war auf der Straße. Sie nahm sich Lina wie ein Baby in die Arme und levitierte in die Dunkelheit Saillunes.

Naga blieb nahe an den Dächern, damit sie nicht so auffiel - eine Person mitten in der Nacht am Himmel wäre schon sehr verdächtig - zumal der Vollmond doch eine gewisse Helligkeit erzeugte. Naga schaute sich oft um, bevor sie eine Straße überschwebte und gelangte recht schnell und unauffällig zum Außenwall, der die Stadt umrundete. Leider konnte sie diesen nicht überfliegen, es sei denn, sie fliegt hoch genug, um über die magische Barriere zu kommen, aber das Risiko wollte sie nicht eingehen. Schnell fand sie eine kleine, dunkle Gasse in der sie ungesehen landen konnte. Wieder auf dem Boden zurück, schaute sie sich vor dem Schein der magischen Laternen versteckt um: Alles war ruhig und im Moment waren keine Passanten unterwegs - nur eine einsame Wache am weit entfernten Tor übte sich im Wachhalten.

Innerlich verfluchte sie sich, daß sie ihren Umhang nicht mitgenommen hatte, doch nun musste sie durch dieses Tor ! Von weitem glaubte Naga zu erkennen, daß es ein junger Mann sei.

Umso besser!, dachte sie, je jünger sie sind, desto unwahrscheinlicher ist es, daß die Wache mich erkennt...

Dann widmete sie sich wieder dem Gedanken, wie sie Lina an dem Wachmann vorbei aus der Stadt schaffen konnte und nach einiger Zeit hatte sie eine rettende Idee. Sie suchte ein paar Steine zusammen und ließ sie mit einem modifiziertem Golemspruch aneinanderwachsen und etwas biegsam werden, so daß es als Fußfessel nützlich war. So befestigte sie Lina's Fuß an ihrem, damit es zumindest den Anschein machte, daß sie selbstständig gehen würde. Lina's rechter Arm wanderte zu Nagas rechter Hüfte, wo sie die fest Schlafende mit ihrer rechten Hand festhielt, während sie Lina mit ihrem linken Arm unterstützte.

So tippselten - anders könnte man es bei dem Größenunterschied nicht beschreiben - sie ein wenig unbeholfen dem Tor entgegen, wo besagte Person Wache hielt, was sie nebenbei bemerkt schon die ganze Zeit verwunderte. Normalerweise gehören doch immer zwei zum Wachdienst ?!

Zum Glück gewöhnte sie sich recht schnell an den kurzen Schritt, so daß es immer leichter wurde, Lina's linkes Bein durch einen kleinen Schwung nach vorne zu setzen. Auch wenn der Gang etwas an zwei Betrunkene erinnerte, die - sich gegenseitig stützend - nach Hause marschierten, schaffte es Naga trotzdem, ihrer beider Würde nicht zu beflecken. Fünf endlose Minuten vergingen, bis sie am Tor ankamen. Ein kräftiger, muskelbepackter Mann mit blonder Mähne präsentierte sich in einem royalblauen Anzug mit dunklen Schulterpolstern vor ihnen, der sie schon aus der Ferne gemustert hat.

"HALT!" verkündete er ihnen laut, kurz bevor sie eingetroffen waren, "warum möchtet Ihr zu so später Stunde noch die Stadt verlassen ?"

Er schaute zuerst Naga und dann Lina an, und plötzlich umspielte ein Lächeln sein Gesicht.

"Lina", sprach er sie an, ohne sich weiter um Naga zu kümmern, "was machst du noch so spät draußen ?"

Er kniete sich nieder und wollte sie begutachten. Naga, der plötzlich Schweiß über die Stirn lief und sich mit einem schiefen Lächeln versteifte, erschreckte, und zum ersten Mal in ihrem Leben musste sie schlucken.

So ein Mist! Warum muß die Wache sie ausgerechnet kennen ?!?, dachte sie und wusste nicht zu improvisieren. Deshalb machte sie, was sie immer tat, wenn ihr unwohl ist: Sie lachte.

Denn mit dem Lachen kehrte automatisch ihr Selbstbewusstsein zurück.

In der wohl tiefsten Stunde der Nacht erschallte ein Lachen, welches sich über die ganze Stadt ausbreitete und wohl allem und jedem das Mark in den Knochen gefrieren würde. Lauter denn je und stärker denn je verkündete Naga ihre Wiederkehr nach Saillune. Doch es hatte einige Nebenwirkungen...

Nicht nur, daß die Wache sich die Ohren zuhielt, auch einige Fensterläden wurden geöffnet und erregte Bürger verlangten lautstark um Ruhe. Einige weniger gehaltene schmissen gar mit in der Dunkelheit nicht erkennbaren Gegenständen auf die Gestalten vor dem Tor. Eins traf mitten auf Naga's Schädel und abrupt weichte das irre Lachen durch leiseres Wehklagen.

Doch es hatte auch eine gute Seite: Den Wächter hat es schlimmer erwischt.

Von einem wahrhaft gigantischen Holzschuh getroffen schlummerte er mitten auf der Straße den Schlaf der Gerechten. Sich immer noch den Kopf reibend öffnete sie etwas ungeschickt das Tor und entschwand in die dahinterliegende Dunkelheit.
 

Amelia erwachte aus einem unruhigen Traum und glaubte, von etwas geweckt worden zu sein.

Ein wenig schlaftrunken wollte sie sich wieder umdrehen und weiterschlafen, als sie es - ohne die raschelnden Geräusche der Bettdecke - klar und deutlich hörte:

Ein Lachen aus der weiten Ferne der Stadt.

Ihr stockte kurz der Atem und bekam eine Gänsehaut, als sie es vernahm.

Schnell sprang sie auf, um die Fensterläden weit aufzureissen, doch stieß sie sich mit dem linken Zeh an dem Bettpfosten. Leise und undamenhaft fluchend stolperte sie zum Fenster, öffnete den Verschluß und stieß sie dermassen stark auf, daß sie durch die Wucht wiederkamen und Amelia mitten im Gesicht trafen.

Nicht nur die Nase reibend fluchte sie ein zweites Mal und lugte zwischen den Fensterläden hindurch.

Doch nur noch ein Echo des grausigen Lachens überflog die Stadt und erstarb in der Ferne.

Sich ärgernd drehte sie sich wieder ab und verschloß die Markisen - die Gerechtigkeit wird diesen dreisten Dieb, der sich mitten in der Nacht seines Raubes freute, kriegen und gebührend bestrafen !

Als sie wieder zurück zum Bett ging, stieß sie sich ein weiteres Mal am Bettpfosten und heulte kurz auf - es war wieder ihr linker Zeh gewesen !

Soviel Pech in nur drei Minuten, dachte sich Amelia, als sie ins Bett kroch, ich sollte heute liegen bleiben...

Resigniert schlief sie wieder ein.
 

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(*) für die, die Slayers nicht kennen: das ist eigentlich ein immer wiederkehrender Spruch von Xelloss und bedeutet "Das ist ein Geheimnis." Damit bringt Xelloss Lina immer zur Weißglut.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2004-12-25T21:30:51+00:00 25.12.2004 22:30
Stimmt interessantes Kapitel und auch typisch Lina, selbst drachen oder Mazoku können sie net aufhalten, aber nen süßer kleiner Slepp-spell läßt sie sofort umkippen XD mal schaun wie sie sich rächt, und erm, mal schaun wie der arme Gourry reagiert XD
Von:  Sorako
2004-12-15T19:31:07+00:00 15.12.2004 20:31
*LOL* Nagas Lache und Gourry, der von einem Schuh K.O. geschlagen wird... das ist Slayers pur. *g* Wenn Amelia ein bisschen wacher gewesen wäre, hätte sie die grausame Lache vielleicht sogar erkannt...

Witziges Kapitel! :D


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