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Schatten der Vergangenheit

Kapitel 22 "So long, Star Sheriffs" ist fertig!!!
von

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Unverhofft kommt oft

Am nächsten Morgen fiel es den vier Star Sheriffs nicht gerade leicht, sich pünktlich aus den Federn zu erheben, um der geplanten Sitzung bei Commander Eagle beizuwohnen. Der übermäßige Alkoholgenuß vom Vorabend rächte sich besonders bei Colt und Fireball mit immensen Kopfschmerzen und einer leichten Abneigung gegen alles was wie feste Nahrung aussah. Doch trotzdem schafften sie es alle, mit einem munteren Lächeln im Gesicht um Schlag neun bei ihrem Vorgesetzten im Büro zu erscheinen.

König Jared, sein Sohn Roland und Christa waren bereits anwesend und Fireball bemerkte sofort, daß der Prinz einen äußerst unglücklichen Eindruck machte. Er klammerte sich krampfhaft an eine Tasse heißen Kaffees, während er versuchte, die verschwollenen Augen offen zu halten. So sonderlich trinkfest, wie man immer behauptete, waren diese Franzosen also gar nicht!

"Guten Morgen, Euer Majestät", Saber machte eine tiefe Verbeugung in Richtung des Monarchen, "Prinz Roland, Miss McRae, ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Nacht!" in Anwesenheit des Königs und des Commanders war es wohl angebrachter, die neu gewonnenen Umgangsformen mit dem Prinzen und seiner Begleitung wieder gegen die alten einzutauschen.

"Oh, ja, zumindest kann ich das für meinen Teil behaupten", Jared warf seinem Sohn ein amüsiertes Lächeln zu, "wenn ich mir die dunklen Ringe unter den Augen einiger Anwesender hier so betrachte, könnte jedoch der Eindruck entstehen, für manchen war sie etwas kürzer als für mich!"

Christa warf Roland einen flüchtigen Blick zu und senkte dann leicht verschämt den Kopf. Das brachte auch April auf eine kleine Theorie, weshalb der Prinz so überaus verschlafen wirkte, doch ihre Gedanken beruhten nicht auf Alkohol, sondern auf ganz anderen Dingen.

Roland räusperte sich verlegen woraufhin Colt ihm ungezwungen auf den Rücken schlug: "Ach, Euer Dings, äh, Hoheit, das müßt Ihr dem Prinzen schon nachsehen. Sagen wir einfach, wir hatten einen recht fröhlichen Abend."

Auch Commander Eagle konnte sich das Schmunzeln nicht verkneifen, als er die Röte im Gesicht des Prinzen sah: "Wie ich Euch kenne, Colt, kann man wahrscheinlich eher von feuchtfröhlicher Nacht sprechen..."

"Hey, Commander, wir sind lediglich dem Wunsch unseres hohen Besuches nachgekommen und haben ihn und seine reizende Begleitung ein bißchen ins Nachtleben von Yuma eingeweiht."

"Und ich bin sicher, daß Ihr Eure Rolle als Gastgeber ganz hervorragend gemeistert habt, Colt." Schalk spielte um die Augen des Königs und der Cowboy wußte gar nicht so recht, was er auf diesen Satz erwidern sollte.

Fireball sprang ihm hilfreich zur Seite: "Es war uns eine Ehre, Euer Majestät. Wie wäre es, wenn Sie uns auf unserem nächsten Streifzug ebenfalls begleiten würden?"

"Gott bewahre", Jared lachte herzlich und legte dem jungen Mann fest die rechte Hand auf die Schulter, "ich fürchte, für derlei Dinge bin ich schon ein wenig zu alt, Fireball."

"Aber König Jared", April schenkte ihm ihren verführerischsten Augenaufschlag, "Ihr und zu alt, das soll doch wohl ein schlechter Witz sein, nicht wahr!"

Kapitulierend hob Jared die Arme: "Ich gebe mich geschlagen, Ihr vier versteht es ja beinahe noch besser, einen wehrlosen Mann zu umgarnen, als es mein Navigator hier es vermag!"

Wenn das kein eindeutiger Beweis für Aprils These über die Beziehung zwischen Roland und Christa gewesen war! Insgeheim betrachtete Jared seinen Navigator sicherlich schon als Schwiegertochter.

"Da könnt Ihr Euch aber überaus glücklich Schätzen, Majestät", Commander Eagle warf seiner Tochter einen beinahe vorwurfsvollen Blick zu, "mich hat diese Rasselbande noch nicht ein einziges Mal dazu eingeladen, abends mit ihnen um die Häuser zu ziehen."

"Rasselbande? Ich glaube ich muß den Commander daran erinnern, daß diese sogenannte Rasselbande vor nicht allzu langer Zeit mit den Outridern kurzen Prozeß gemacht hat!" das war ja wohl ein starkes Stück. Ihr Vater konnte April im Beisein von Staatsgästen doch nicht einfach wie ein kleines Kind behandeln.

Aber wenn sie auf eine weitere schlagfertige Antwort gewartet oder gehofft hatte, so wurde sie enttäuscht, denn bei der Erwähnung der Outrider war der Ernst zurück auf die Gesichter des Commanders und des Königs gekehrt.

"Ich schlage vor, daß wir uns jetzt dem eigentlichen Grund des Besuchs von König Jared zuwenden!" Eagle wies die Umstehenden an, es sich an dem großen Mahagonitisch bequem zu machen, der eigens für Besprechungszwecke in seinem Büro aufgestellt worden war. Er selber ging hinüber an seinen Schreibtisch und ließ sich in den Ledersessel sinken.

Gut gelaunt und ziemlich neugierig auf das, was kommen mochte, scharten sich die Star Sheriffs um den großen Tisch, gefolgt von König Jared und Prinz Roland.

"Ich werde Euch jetzt eine Aufzeichnung vorspielen und ich möchte, daß Ihr sie Euch ganz genau anhört. Die Qualität ist sehr schlecht und es ist ziemlich schwierig, überhaupt etwas zu verstehen, spitzt also die Ohren!"

Der Commander betätigte einige Tasten an der Konsole seines Computers, um die Aufzeichnung zu starten, da spürte April, daß das Comgerät an ihrem rechten Handgelenk vibrierte. Erschrocken riskierte sie einen unauffälligen Blick auf das Display, ihr Vater würde ihr den Hals umdrehen, wenn er mitbekam, daß sie das Gerät bei einer so wichtigen Sitzung nicht deaktiviert hatte.

Die kleine Digitalanzeige leuchtete gelblich auf und April konnte den Namen der Person erkennen, die versuchte, sie zu erreichen: es war Dr. Petry.

Sicherlich wollte er ihr die Ergebnisse der Tests vom Tag zuvor mitteilen, doch das konnte warten. Immerhin wußte April ja bereits, daß es sich bei ihrer Krankheit um nichts ernsthaftes handelte; sie würde einfach nachher in der Praxis vorbeischauen und sich die Resultate persönlich abholen! Entschieden drückte sie einen kleinen Knopf und das Display ihres Comgerätes wurde schwarz und das Vibrieren verstummte.

Gerade noch rechtzeitig, denn im nächsten Moment war das Büro von Commander Eagle erfüllt von statischem Rauschen, das aus unsichtbaren Boxen drang, die in den Seitenwänden des Raumes versteckt waren. Mehrere Sekunden lang änderte sich nichts an dem monotonen Geräusch und die Star Sheriffs fürchteten schon, ihr Vorgesetzter erwartete von ihnen, daß sie aus diesem wahllosen Chaos von Tönen etwas heraushören konnten. Doch dann mischte sich plötzlich eine Stimme zwischen das Rauschen.

Es waren nicht mehr als Wortfetzen, die kaum zu verstehen waren, aber es handelte sich unverkennbar um eine männliche Stimme!

"...day, may... .ann mich ...... ..ren hi.. ....... ...tain ...ari ...............gstes Regi.... der St.......fte ..n Yu.. Ich sen.. ...se .....icht au.. d.. .hant...one. ... wiede..... ..ier ...icht Cap.... ...ari von ... ......kräft.. ... ..ma, ich .... die.. Nachr.... ... der Phan......ne. D.. ...rider ...nen ein.. ...ßangr... auf Yu...ity ... ....eltungsschl... ..ür ... ..ieg üb.. Nem.... Hör.. mich ...and d.. drau... ..ie ...ride... pla... ..nen ....angel... ..griff ... ..ma ...and mu... ... ...ierun... ...nen..."

Das Rauschen in den Lautsprechern gewann wieder die Oberhand und Commander Eagle schaltete die Wiedergabe ab.

Betretenes Schweigen hatte sich unter den vier Star Sheriffs ausgebreitet. Sie hatten zwar kaum verstehen können, was die Stimme ihnen hatte sagen wollen, doch eines war ihnen allen klar; sie hatte verdammt ernst geklungen. Und die Tatsache, daß sie jetzt hier saßen, zusammen mit zwei der mächtigsten Männer des neuen Grenzlandes, zeugte eindeutig davon, daß auch die Regierungen von Yuma und Jare der Meinung waren, daß diese Bruchstücke von Worten Gehör verdienten.

König Jared hatte mit einer ähnlichen Reaktion schon gerechnet und versuchte nun, ein bißchen Licht ins Dunkel der Gedanken seiner jungen Freunde zu bringen: "Vor einer Woche hat eines unserer Spähschiffe diesen Funkspruch aufgefangen, als es auf Patrouille an den äußeren Grenzen war..." der König legte die gefalteten Hände auf den Tisch und beugte sich leicht nach vorne um sicher zu gehen, daß er die ungeteilte Aufmerksamkeit der Anwesenden hatte, "selbstverständlich haben wir sofort alle uns zur Verfügung stehenden Mittel genutzt, um ihn zu entschlüsseln, da wir weder wußten, woher er kam, noch was sein Inhalt war."

Mit wachsendem Interesse rückten die Star Sheriffs noch ein wenig enger an den Gast heran.

"Ich habe zwar eben nicht allzu viel mitbekommen, aber in einem bin ich mir ziemlich sicher. Nämlich daß es sich bei diesem Funkspruch nicht um den Wetterbericht von Yuma gehandelt hat, habe ich recht, Euer Hoheit?" Colt hatte ein gutes Gespür dafür zwischen den Zeilen zu lesen und versteckte Anspielungen zu deuten, merklich schlechter jedoch war er darin, seine Meinung im richtigen Moment für sich zu behalten.

Daß dieses eben mal wieder einer der ungünstigen Momente im Leben des Cowboys gewesen war, wurde ihm schmerzlich bewußt, als sein Freund Fireball ihm unterm Tisch heftig gegens Schienbein trat.

"Ganz richtig, Colt", Jared räusperte sich kurz und zeigte keinerlei Anzeichen dafür, daß Colts unangebrachte Unterbrechung ihn verärgert hatte, "doch was es tatsächlich war, was uns hier in die Hände gefallen ist, das haben wir erst vor drei Tagen herausbekommen!" sein Blick wanderte hinüber zu Commander Eagle, dem er mit einem stummen Nicken das Wort übergab.

"Trotz der modernen Kommunikationseinrichtungen ist es dem Königreich Jare nicht gelungen, die empfangenen Daten zu entschlüsseln. Aus diesem Grund hat uns König Jared um Hilfe gebeten. Die Daten wurden uns per Hypertransponder übermittelt und ein Team von Experten hat sich sofort an die Arbeit gemacht..."

"Ähm, Daddy, ich mein natürlich Commander, Sir", April räusperte sich und rutschte nervös auf ihrem Stuhl hin und her, "wieso wurde ich von dieser Sache nicht in Kenntnis gesetzt? Ich hätte bei der Arbeit helfen können!"

Fireball mußte innerlich schmunzeln. Er wußte genau, daß sich April in diesem Moment hintergangen fühlte, denn das Knacken von Codes war schon immer ihre Spezialität gewesen. Nachdem sie ihn gestern so sehr damit aufgezogen hatte, tat es ihr ganz gut, nun mal am eigenen Leib zu erfahren, wie es war, wenn andere ihre Informationen für sich behielten. Die Tochter von Commander Eagle zu sein war also nicht unbedingt mit Allwissen gleichzusetzen.

"Ich habe damit gerechnet, daß Du das sagst, April", der Commander blickte beinahe entschuldigend zu der jungen Frau, "doch Ihr hattet in letzter Zeit schon genug um die Ohren. Ich wollte Euch erst damit behelligen, als wir sicher sein konnten, daß es sich um eine wichtige Angelegenheit handelt."

Noch bevor April einen weiteren Einwand vorbringen konnte, der ihrem Unmut Luft gemacht hätte, griff Fireball in das Gespräch mit ein: "Offensichtlich handelt es sich um eine wichtige Angelegenheit, sonst wären wir jetzt nicht hier, aber wie haben Sie es geschafft, den Code zu knacken?"

Dankbar nickte Eagle dem Rennfahrer zu, denn er wußte nur zu gut, was es heißen konnte, den Zorn seiner Tochter erleben zu müssen: "Anfangs stand auch unser Expertenteam vor dem gleichen Problem, wie schon die Wissenschaftler von Jare... egal welche Mittel sie auch einsetzten, es war schier unmöglich, das empfangene Material zu dekodieren..."

"Ja, weil ich nicht dabei war..." murmelte April beleidigt vor sich hin, jedoch so leise, daß nur Colt sie hatte verstehen können, der ihr aufmunternd die rechte Hand tätschelte.

"Wir waren schon kurz davor aufzugeben, doch dann hatte ein Mitglied des Teams eine völlig absurde, aber wie sich hinterher rausstellte, genau richtige Idee."

"Kommen Sie schon, Commander, spannen Sie uns nicht so lange auf die Folter!" der Cowboy schien vor Neugier kurz vor dem Platzen zu sein. Saber warf ihm einen tadelnden Blick zu, der seinen Freund wohl warnen sollte, nicht noch ein weiteres Mal einen Vorgesetzten auf so respektlose Weise zu unterbrechen, aber Colt schien das völlig zu entgehen.

Aber wie auch König Jared kannte der Commander die Mentalität des Cowboys und war ihm wegen der Unterbrechnung nicht böse: "Sicherlich erinnert Ihr Euch noch an das Outriderschiff, das wir letztes Jahr nach der Schlacht um Yuma kapern konnten..."

April spürte, wie sich ihr Magen innerlich zusammenkrampfte, und dieses Mal war sie sich sicher, daß das nicht mit ihrer Krankheit zusammen hing. Ihr Blick wanderte zu Colt und Saber, die beide ihrerseits auf Fireball schauten.

Der Rennfahrer war mit einem Mal kreidebleich geworden, so als wäre sämtliches Blut aus seinem Gesicht verschwunden. Seine Hände zitterten leicht und seine Augen waren ins Leere gerichtet. Seine Gedanken schienen in unergründliche Dimensionen abzuschweifen.

April griff nach seiner rechten Hand und drückte sie so fest sie konnte, um ihn aus diesen Gedanken heraus zu reißen. Sie wußte genau, worum sie sich drehten. Um die schrecklichen Ereignisse, die vor einem Jahr genau mit dem Schiff begonnen hatten, das ihr Vater gerade erwähnt hatte.

April hatte immer versucht, die furchtbare Explosion im Hanger, Fireballs Zeit im Gefängnis und die Wiederauferstehung Jesse Blues nicht zu erwähnen, um ihren Verlobten nicht mehr als nötig zu quälen. Sie glaubte, daß er sich insgeheim noch immer die Schuld an Mandarins Tod gab, auch wenn er das ihr gegenüber niemals offen ausgesprochen hätte.

Auch der Commander mußte Fireballs Reaktion bemerkt haben, den er trat um den Tisch herum und legte ihm väterlich eine Hand auf die linke Schulter: "Ich weiß, daß Ihr alle schlimme Erinnerungen mit diesem Schiff verbindet..." Fireballs Hände ballten sich zu Fäusten, "aber es ist nicht Absicht dieser Sitzung, die alten Wunden wieder aufzureißen. Die Erwähnung des Schiffes ist nur aus einem Grund unabdingbar... es war der Schlüssel für die Dekodierung der Botschaft!"

Es war, als hätte Eagle eine Bombe platzen lassen.

"Das Schiff der Schlüssel, aber... wie kann das sein? Das Schiff wurde damals bei der Ex... es wurde doch zerstört, Daddy!" April vergaß vor lauter Überraschung einmal wieder die Etikette, machte sich aber auch nicht die Mühe, ihren kleinen Faux-Pas wieder auszugleichen.

"Ja, Commander, das Schiff ist hin..." Colt war leider in seiner rauhbeinigen Art nicht ganz so taktvoll wie April es Fireball gegenüber versucht hatte zu sein, "das Ding hat es zerrissen, davon können nicht mehr als ein Paar Fetzen übrig geblieben sein."

"Und selbst wenn das Schiff nicht völlig zerstört wurde..." sogar Saber konnte nicht umhin, seine Gedanken zu äußern, obwohl das in Gegenwart von Vorgesetzten sonst gar nicht seine Art war, "wollen Sie damit sagen, daß die Nachricht nur mit Outrider-Technologie entschlüsselt werden konnte?"

Commander Eagle mußte schmunzeln, denn wie erwartet war Saber Rider der einzige des Quartetts, der die unheimliche Tragweite seiner Aussage erfaßt hatte.

"Wie meinst Du das, nur mit Outrider-Technologie", verständnislos schnippte sich Colt den Hut aus der Stirn, den er selbst zu offiziellen Anlässen nur äußerst selten absetzte, "warum sollten wir die Nachricht nicht mit unseren eigenen Mitteln knacken können, mit Hilfe des Outrider-Schiffes aber schon? Aauu..." ein dumpfer Schmerz durchzuckte seine linke Schulter, nachdem sie nähere Bekanntschaft mit Aprils geballter Faust gemacht hatte: "Sag mal, Du kapierst doch wirklich gar nichts oder? Weil es eine Nachricht von den Outridern ist!"

"Himmel, mußt Du deswegen gleich so hinlangen", eingeschnappt massierte der Cowboy sein geschundenes Körperteil, "ich dachte immer, Mädchen können nur kratzen und beißen!"

"Tut mir leid, aber Deine Dummheit hat mich mal wieder so gereizt, daß ich nicht anders konnte!"

Commander Eagle sah sich das Geplänkel zwischen seiner Tochter und Colt noch einige Momente lang mit an, dann entschied er, daß man doch wieder aufs Wesentliche zurückkommen sollte: "Darf ich die beiden Streithähne daran erinnern, weswegen wir hier sind?"

Kleinlaut zogen die beiden die Köpfe ein und gaben keinen Mucks mehr von sich.

"Stimmt es, Commander", alle Augen richteten sich auf Fireball, der zum ersten Mal seit Erwähnung des Outrider-Schiffes wieder ein Lebenszeichen von sich gab, "ist diese Nachricht tatsächlich von den Outridern?"

Eisige Stille legte sich über das Büro, die einem beinahe die Luft abschnürte. Fast wünschte der Rennfahrer, er hätte den Mund gehalten, denn das Gezanke von April und Colt war wesentlich leichter zu ertragen gewesen als diese plötzliche Ruhe. Alle Augen waren nun auf Eagle gerichtet, der sich mit einem schweren Seufzen auf eine Kante seines Schreibtisches setzte: "Nun, die Nachricht wurde in der Nähe der äußeren Grenzen aufgefangen und es war der Technologie des neuen Grenzlandes nicht möglich, sie zu entschlüsseln. Das Resultat, welches Ihr eben gehört habt, ist allein durch den Einsatz des Kommunikationssystems des Outrider-Schiffes zustande gekommen. Ich habe es Euch gegenüber nie erwähnt, aber das Schiff hat die damalige Explosion tatsächlich so gut wie unbeschadet überstanden."

"Warum sollte man uns auch überhaupt irgendwas erzählen?" grummelte April empört vor sich hin, was ihr Vater jedoch weitgehend ignorierte: "Als wir mit unserem Latein eigentlich schon am ende gewesen sind, hatte wie gesagt ein Mitglied des Untersuchungsausschusses die Idee, die Daten ins System des Schiffes einzuspielen. Niemals hätten wir damit gerechnet, daß dieser Plan Früchte tragen würde, doch wie Ihr selber hören konntet, haben wir die Botschaft so entschlüsseln können. Wir wissen also mit ziemlicher Sicherheit, daß sie in der Phantomzone abgesetzt wurde, doch nach dem Inhalt zu urteilen, stammt sie nicht von den Outridern selber."

Saber räusperte sich kaum merklich: "Entschuldigen Sie die Unterbrechung, Commander, aber der Inhalt... ich muß gestehen, daß ich aus den eben gehörten Wortfetzen nicht sonderlich viel entnehmen konnte." und damit sprach er ihnen wohl allen aus der Seele.

"Uns ging es am Anfang ähnlich; wir hatten zwar die Daten entschlüsselt, doch konnten wir den Aufzeichnungen keinen Sinn abgewinnen. Erst ein weiteres Team, bestehend aus Sprachwissenschaftlern der Academy of Yuma, hat uns über den Inhalt des Funkspruchs Aufschluß geben können."

"Kommen Sie schon, Commander", die heftige Drehung seines Kopfes bescherte Colt einen weiteren Anfall von Kopfschmerz und Schwindelgefühl, so daß er, den verdammten Alkohol verfluchend, kurz die Augen schließen mußte um wieder klar denken zu können, "spannen Sie uns nicht länger auf die Folter... sagen Sie uns endlich, was dieser ominöse Krach für eine Bedeutung hat."

Eagle stand auf und drehte der Versammlung bedächtig den Rücken zu; was nun kam, würde schwer zu erklären sein und es war schon schlimm genug, die neugierigen Gesichter seiner Tochter und ihrer Freunde nur zu erahnen: "Es handelt sich um eine Warnung."

"Eine Warnung", Fireball zog die Stirn in Falten, "wovor?"

"Vor einem Vergeltungsschlag der Outrider gegen Yuma..." nun hatte sich auch König Jared erhoben, sich der Tatsache durchaus bewußt, daß vier weit aufgerissene Augenpaare von vier ungläubigen Star Sheriffs auf ihm ruhten, "leider ist es nicht möglich gewesen, den kompletten Text zu rekonstruieren, so zum Beispiel den Namen des Absenders der Nachricht." mit leicht getrübtem Blick starrte er unverwandt zu Fireball hinüber: "Aber wir können ziemlich sicher davon ausgehen, daß es sich um einen Captain der Yuma Streitkräfte handelte, zumindest behauptet er das..."

Fireball spürte, wie das Blut in seinen Adern zu pulsieren begann. Konnte es denn sein... Ein Captain der Yuma Streitkräfte, der Funksprüche aus der Phantomzone schickte, um vor einem Angriff der Outrider zu warnen? Nein, das war völlig unmöglich! Er schaute unsicher zwischen April und seinen beiden Freunden hin und her, die anscheinend nicht die gleichen Gedanken hatten wie er. Noch immer hingen sie gebannt an den Lippen von König Jared und warteten auf weitere Einzelheiten.

War es denn so abwegig zu glauben, dieser Funkspruch konnte... nein, wahrscheinlich war er nur einmal wieder dabei sich in ein dummes Hirngespinst zu verrennen. So wie im letzten Jahr, als Mandarin für seine wahnsinnige Idee hatte mit dem Leben bezahlen müssen. Und doch, wie groß war denn die Wahrscheinlichkeit, daß ein Sterncaptain von Yuma sich in der Phantomzone aufhielt und dann auch noch nichts besseres zu tun hatte, als Funksprüche ins neue Grenzland zu schicken?

Und wenn sich nur jemand einen äußerst üblen Scherz mit ihnen erlaubte? Vielleicht, ja sogar höchstwahrscheinlich war die Nachricht nicht einmal wirklich aus der Phantomzone gekommen, weshalb sollte Fireball sein Herz also erneut an vage Hoffnungen hängen, die doch nur wieder enttäuscht wurden? Schließlich lag das alles nun schon über 20 Jahre zurück.

"Wie sicher können wir sein, daß dieser Funkspruch echt ist und nicht von einem Spaßvogel abgeschickt wurde, der einen ganzen Planeten in Angst und Schrecken versetzen wollte, nur so zum Spaß?"

Aha, also zweifelte auch Saber Rider an der Authentizität des Funkspruchs.

"Oder vielleicht ist es auch eine Falle von diesen Schmutzfüßen, mit der sie uns in einen Hinterhalt locken wollen!"

Auch der Gedanke war nicht schlecht, selbst wenn Colt meistens dazu neigte, hinter jeder Ecke einen Hinterhalt zu wittern. Aber andererseits, wieso sollten die Outrider versuchen, sie mit Hilfe so einer Nachricht in eine Falle zu locken? Sie hatten doch gar keine Möglichkeit...

"Nein, Colt, das würde keinen Sinn ergeben" April schien da wohl in ähnliche Richtungen zu denken, "meinst Du wirklich, die Outrider würden uns so eine Nachricht schicken, wenn sie nicht einmal davon ausgehen können, daß wir es schaffen, sie zu entschlüsseln? Und in was für einen Hinterhalt sollten sie uns schon locken? Wir haben doch keine Möglichkeit, in die Phantomzone zu gelangen. Und unsere Aufmerksamkeit auf Yuma zu lenken und damit unsere Alarmbereitschaft zu riskieren, nur um an einem anderen Ort zuzuschlagen wäre nicht gerade schlau. Immerhin dachten wir bislang, wir wären diese Plage ein für allemal losgeworden..."

"Ich habe ja nie behauptet, daß Outrider schlau sind, ich habe lediglich den Gedanken in Erwägung gezogen..."

"Der nicht unbedingt auszuschließen ist, Colt", Eagle wandte ihnen nun endlich wieder sein Antlitz zu und sie konnten das kämpferische Funkeln in seinen Augen erkennen, "mögen Aprils Argumente auch noch so logisch erscheinen, in einem Punkt muß ich Dir widersprechen... wir haben durchaus die Möglichkeit, in die Phantomzone zu gelangen!"

Die Verwirrung und das Chaos waren perfekt. Der Commander brauchte eine gute Viertelstunde, um seinen jungen Untergebenen zu erklären, daß das Kommunikationssystem des Outrider-Schiffes nicht das einzige gewesen war, was man in den letzten Monaten genau studiert hatte: " Wir haben viel Zeit darauf verwandt, daß Hypersprungaggregat zu analysieren, um in einem Fall wie diesem auf alles vorbereitet zu sein. Es ist uns tatsächlich gelungen, die Geheimnisse des Dimensionssprungs anhand des Schiffes und der eingegebenen Daten zu entschlüsseln. Und nicht nur das, wir haben die Technologie sogar zu unseren Gunsten und Bedingungen verbessern können..."

"Willst Du damit sagen, daß es wir einfach so jederzeit in die Phantomzone springen können?" Aprils Gesichtsfarbe wechselte alle paar Sekunden zwischen tiefstem Rot und blassestem Weiß. Sie konnte einfach nicht glauben, wieviel in den letzten Monaten ohne ihr Wissen geschehen war.

"Ganz genau das will ich damit sagen, April!"

"Aber warum zum Geier hat man uns nicht über diese Möglichkeit in Kenntnis gesetzt? Ich denke wir hätten ein Recht gehabt, es zu erfahren..." daß sie mit wir vorzugsweise sich selber meinte, spielte in dem Zusammenhang nicht einmal eine große Rolle, denn auch die anderen Mitglieder des Star Sheriff Teams fühlten sich plötzlich ziemlich hintergangen. Was geschah noch alles hinter den Wänden des Kavallerieoberkommandos, wovon sie keinen Schimmer hatten?

"Ich weiß, daß Ihr alle der Meinung seid, ich hätte Euch von den geheimen Experimenten erzählen sollen, doch wir haben uns das Wissen um den Dimensionssprung nicht angeeignet, um ihn es als Waffe zu gebrauchen. Ich habe immer gehofft, wir würden niemals in die Situation geraten, wo wir eine Entscheidung dieser Größenart fällen müssen. Ich war so naiv zu glauben, wir würden diese Technologie nie anwenden müssen und deshalb vertrat ich die Meinung, je weniger von unseren Tests erfuhren, desto besser."

"Test, sie haben tatsächlich Tests mit dem Dimensionssprung durchgeführt?" der Cowboy war sichtlich beeindruckt. Was für eine Bandbreite von überraschenden Informationen sich doch in einem kleinen Gespräch offenbaren konnten. Als nächstes erzählte ihnen der Commander noch, sie hätten Nemesis wiederbeleben können und zum neuen Verteidigungsminister ernannt. Doch er tat nichts dergleichen. Er schüttelte lediglich müde den Kopf und fuhr sich mit der rechten Hand über die Schläfen: "Wir haben noch keinen echten Sprung in die Phantomzone gewagt, wenn Du das meinst, Colt. Bislang haben wir diesen Vorgang nur per Computer simuliert, weil wir immer noch nicht abschätzen können, was bei einem tatsächlichen Sprung passieren wird."

"Der Sprung in die Phantomzone ist also zwar rein theoretisch möglich, wir wissen aber nicht, ob uns der Versuch nicht in tausend Stücke sprengen kann." Fireball sagte das eher zu sich selbst als zu seinen Freunden. Seine Augen waren starr auf den Tisch gerichtet und König Jared konnte sich denken, was im Kopf des jungen Rennfahrers vorging. Er überlegte, ob er das große Risiko eingehen und den Sprung in die Phantomzone wagen sollte, oder nicht. Und trotz der vielen unbekannten Faktoren, trotz eines möglichen Hinterhalts und trotz der Möglichkeit, auf dieser Mission sein Leben zu verlieren, wußte Jared genau, wofür Fireball sich entscheiden würde. Denn eigentlich hatte seine Entscheidung schon in der Sekunde festgestanden, als er den Inhalt des Funkspruches vernommen hatte.

"So ist es, Fireball", der Commander setzte eine beinahe schon entschuldigende Miene auf, "und genau aus diesem Grund kann ich Euch den Einsatz dieses Mal nicht befehlen."

"Sollen wir die Warnung also einfach ignorieren und so tun, als wenn nichts gewesen wäre?" Colt wollte es nicht fassen; insgeheim hatte er sich schon auf ein neues Weltraumabenteuer eingestellt, in dem er eine Menge Outrider zum Teufel jagen konnte.

Sein Vorgesetzter konnte die Enttäuschung deutlich auf dem Gesicht des Cowboys erkennen: "Nein, Colt, das habe ich nicht gesagt", er warf April einen merkwürdig besorgten Blick zu, "die Sache ist viel zu ernst, als daß wir sie ignorieren könnten. Der Impuls wurde eindeutig aus der Phantomzone gesendet, es ist unsere Pflicht, dieser Sache auf den Grund zu gehen, um den Frieden und die Sicherheit auf Yuma zu wahren."

Um seinen Worten noch mehr Nachdruck zu verleihen spielte Eagle den Anwesenden ein weiteres Mal die Aufnahme des Funkspruchs vor: "Wir müssen herausfinden, was es mit der Warnung auf sich hat und den Feind zur Not unschädlich machen, bevor er ernsthaften Schaden anrichten kann. Wenn wir es tatsächlich in die Phantomzone schaffen sollten, erwartet uns entweder eine feindliche Streitmacht, die nur darauf wartet, daß wir auftauchen, damit sie uns vernichten kann, oder wir haben das Überraschungsmoment auf unserer Seite..." er ließ den Blick über die erwartungsvollen Gesichter seiner Tochter und ihrer Teamkameraden wandern, "diese Mission birgt einfach zu viele Gefahren in sich, als daß man einem Soldaten oder Star Sheriff den Einsatz befehlen könnte. Die Entscheidung, ob Ihr dieses große Risiko wirklich auf Euch nehmen wollt, liegt dieses Mal ganz allein bei Euch!"

"Aber Commander, was gibt es denn da groß zu überlegen..."

"Colt", Eagle hatte den Glanz in den Augen des Cowboys gesehen und wußte, daß er sich sofort in seine Satteleinheit schwingen würde, wenn es sein mußte, aber dieses Mal war es anders als sonst, "ich weiß, daß jeder von Euch bereit ist, für den Frieden und die Gerechtigkeit alles zu geben..." wieder blickte er April mit diesen merkwürdig traurigen Augen an, "doch dieses Mal könnte es Euer Leben sein!" Colt ließ bedrückt den Kopf sinken und schien ins Grübeln zu verfallen.

"Wir können weder dafür garantieren, daß Ihr unversehrt in die Phantomzone gelangen werdet, was Euch dort erwartet noch dafür, daß Ihr heil wieder zurück kommen werdet. Ich möchte, daß Ihr mindestens eine Nacht darüber schlaft und Euch der Konsequenzen bewußt werdet, die mit einer freiwilligen Meldung auf euch zukommen... Ich werde am Freitag einen Bericht abgeben müssen, wie die weitere Verfahrensweise in dieser Angelegenheit sein wird, ich benötige also bis Donnerstag Eure Entscheidungen!"

Unsicher warfen sich die Star Sheriffs schüchterne Blicke zu. Noch bis vor zwei Minuten wäre jeder von ihnen Feuer und Flamme für das Unternehmen gewesen, doch nach diesen Worten von Commander Eagle hatte sich die Stimmung ins Gegenteil verkehrt. Natürlich hatte er ihnen auf jeder ihrer Missionen gesagt, wie gefährlich sie sein würde und daß sie gut auf sich Acht geben mußten. Doch noch nie hatte er offen mit ihnen darüber gesprochen, daß sie vielleicht ihr Leben lassen würden.

Fireball spürte den Druck von Aprils Hand, die sich auf sein rechtes Knie gelegt hatte, er wagte es aber nicht sie anzusehen. Statt dessen musterte er seinen Freund Colt, der mit seinen Gedanken in andere Welten abzuschweifen schien. Sicherlich dachte er an seine Frau Robin und ihren kleinen Bruder Josh. Was würde aus den beiden werden, wenn der Cowboy auf dieser Mission starb? Sicherlich würde es für ihn am schwierigsten sein eine Entscheidung zu fällen, denn immerhin hatte er Robin gegenüber eine gewisse Verpflichtung einzuhalten seit sie verheiratet waren. Und dagegen stand die Verpflichtung eines Star Sheriffs, der geschworen hatte, seinen Planeten gegen den Feind zu verteidigen. In seiner Haut mochte Fireball nicht stecken.

Saber hingegen ließ wie immer nicht die geringste Gefühlsregung erkennen, aber bestimmt tobten auch in seinem Kopf jetzt die wildesten Gedanken. Vielleicht dachte er an Cinthia, vielleicht an seine Eltern, wer konnte das schon sagen. Doch egal wie er sich im Moment fühlen mochte, der Rennfahrer war sich sicher, daß er auf jeden Fall das Leitung dieses Himmelfahrtskommandos übernehmen würde. Pflichterfüllung stand bei Saber nun einmal an erster Stelle.

Und April? Was mochte in diesem Moment in ihr vorgehen? Er spürte das Zittern der kleinen, zarten Hand auf seinem Knie und er sah die blaßroten Flecken auf ihren Wangen, die sie immer dann bekam, wenn ihr eine Situation aus den Händen zu gleiten schien. Wie würde ihre Entscheidung wohl ausfallen? Oder hatte sie sich bereits entschieden? Fireball wußte es nicht, konnte es in ihrem Gesicht auch nicht erkennen, doch fest stand, daß er heute abend in Ruhe mit ihr darüber reden wollte. Betraf diese Angelegenheit doch schließlich ihre gemeinsame Zukunft!

"Ich denke..." König Jared erhob sich in Anbetracht der Sprachlosigkeit der jungen Star Sheriffs, "wir sollten die Sitzung damit auch beenden. Ihr alle braucht Zeit zum Nachdenken und vielleicht wollt Ihr Euch auch gern untereinander besprechen!" hierbei blieb sein Blick an Fireball und April hängen und er warf ihnen ein aufmunterndes Lächeln zu.

"Ich denke auch, daß das eine gute Idee ist. Nehmt Euch den Rest des Tages frei und denkt in Ruhe über alles nach. Überstürzt Eure Entscheidung nicht und versucht, das zu tun, was für Euch richtig ist", Eagle ging hinüber zur Bürotür und öffente sie, "Euer Hoheit, wenn Ihr gestattet, werde ich Euch, Euren Sohn und Miss McRae zurück zu den Unterkünften geleiten. Wir haben in einer Stunde eine Sitzung mit dem Verteidigungsrat und ich kann mir vorstellen, daß Ihr Euch noch ein wenig auf dieses Treffen vorbereiten möchtet."

"Das ist sehr freundlich, Commander..." Jared und seine Begleiter erhoben sich und folgten Eagle hinaus in den sonnendurchströmten Flur. Unschlüssig taten es ihnen die Star Sheriffs nach, schlugen aber den Weg in Richtung Haupthalle ein. Es war ein merkwürdiges Gefhühl, keine Worte des Abschieds, nicht einmal einen letzten Blick vom Commander erhalten zu haben, aber alles wichtige war gesagt worden. Er hatte ihnen die Situation offen dargelegt und nun war es an ihnen, eine Entscheidung zu fällen; dabei konnte er ihnen nicht mehr helfen.

Fireball versuchte, das Durcheinander, das in seinem Kopf herrschte zu bändigen, doch es gelang ihm nicht so richtig. Irgendetwas an der Aufzeichnung, die Commander Eagle ihnen vorgespielt hatte, ließ ihn nicht wieder los, er konnte aber nicht sagen, was es gewesen war. Beim ersten Mal hatte er es auch nicht wahrgenommen, doch als ihnen die Aufnahme ein zweites Mal vorgespielt worden war, hatte sich irgendetwas in seinem Unterbewußtsein geregt.

Das Hallen Ihrer Schritte, die unangenehme Stille und Aprils Augen, die sich geradezu in seinen Rücken bohrten, verursachten nur noch mehr Turbulenzen in seinen Gehirnwindungen und er schüttelte gereizt den Kopf. Geradeso als glaubte er, so der Lösung auf die quälende Frage ein Stück näher kommen zu können.

Als sie die Fahrstühle erreichten, hielten seine Nerven nicht länger Stand. Abrupt drehte er sich zu April um: "Ich komme später nach, ich habe noch etwas zu erledigen!"

Er hatte mit Widerspruch oder zumindest einigen Fragen von seiner Verlobten gerechnet, doch zu Fireballs Überraschung nickte April mit dem Anflug eines Lächelns: "In Ordnung, wir sehen uns dann nachher zu Hause!"

Sie fürchtete, man würden den schweren Felsbrocken hören können, der ihr gerade vom Herzen fiel, aber das war natürlich Blödsinn.

Eine ganze Weile hatte sie sich zermartet, wie sie Fireball am geschicktesten loswerden konnte, um einen kleinen Abstecher zu Dr. Petry zu machen, ohne daß er von der Sache Wind bekam. Zwar wollte sie zu gerne wissen, was er jetzt vorhatte, doch eine günstigere Gelegenheit würde sich ihr für die kleine Heimlichtuerei nicht bieten. Also gab sie ihm einen Kuß auf die Wange, stieg mit den anderen in den Fahrstuhl und überließ ihn seinen eigenen kleinen Geheimnissen.
 

Nicht minder überrascht als Fireball war Commander Eagle einige Zeit später, als er in sein Büro zurückkehrte und den Rennfahrer an seinem Schreibtisch sitzend vorfand. Der junge Mann war völlig in Gedanken versunken und bemerkte gar nicht, daß sein Vorgesetzter hinter ihn getreten war.

Er ließ seine Finger über die Tastatur des PCs fliegen und spielte zum er wußte selber nicht mehr wievielten Mal die Aufzeichnung des Funkspruches ab, den das Erkundungsschiff aus Jare an den äußeren Grenzen aufgefangen hatte.

"...day, may... .ann mich ...... ..ren hi.. ....... ...tain ...ari ...............gstes Regi.... der St.......fte ..n Yu.. Ich sen.. ...se .....icht au.. d.. .hant...one. ... wiede..... ..ier ...icht Cap.... ...ari von ... ......kräft.. ... ..ma, ich .... die.. Nachr.... ... der Phan......ne." wie auch schon die Male zuvor unterbrach Fireball die Wiedergabe hier und startete sie wieder von neuem.

"...day, may... .ann mich ...... ..ren hi.. ....... ...tain ...ari ...............gstes Regi.... der St.......fte ..n Yu.. Ich sen.. ...se .....icht au.. d.. .hant...one." ein leises Knacken und der Funkspruch begann von vorn.

Wieder und wieder hörte Eagle diese ersten beiden Sätze der fremden Stimme aus einer weit entfernten Galaxie, bis Fireball irgendwann mit einem Seufzen den Kopf auf die Hände stützte und die Wiedergabe endgültig beendete.

Das statische Rauschen der Lautsprecher verschwand und zurück blieb nur das undeutliche Gemurmel des Star Sheriffs: "Das kann doch nicht... und wenn doch? Was wenn es tatsächlich..." er hatte Eagle noch immer den Rück zugewandt und fuhr erst zu Tode erschrocken herum, als dieser ihm eine Hand auf die Schulter gelegt hatte.

"Oh Gott, Commander..." stammelte er hektisch und sprang auf, "ich... ich wollte nicht... es tut mir leid, Sir, ich..."

"Es ist schon in Ordnung, Fireball!" Eagle lehnte sich gegen seinen Schreibtisch und musterte sein Gegenüber mit ruhigen Blicken.

"Ich schwöre Ihnen, Sir, ich hatte nicht vor, hier einfach unbefugt einzudringen..." Fireballs Gesicht schickte sich an, seinem Spitznamen alle Ehre zu machen.

"Ich sagte doch, es ist in Ordnung! Ich stehe schon etwas länger hier, ich weiß was Du getan hast!"

"Ich, ähm..." dem Star Sheriff fehlten die Worte, um sein Verhalten zu erklären, denn einerseits schuldete er seinem Commander eine Antwort, aber andererseits wollte er den tatsächlichen Grund für seinen unerlaubten Aufenthalt in diesem Büro lieber für sich behalten.

"Ich verstehe Dich, Fireball", Eagle hatte sein Lage offenbar erkannt, "Du glaubst, dieser Funkspruch könnte möglicherweise von Deinem Vater stammen, habe ich recht?"

Beschämt starrte Fireball zu Boden.

"Weißt Du, ich selber habe diese Möglichkeit auch in Betracht gezogen", Eagle verschränkte die Arme vor der Brust, "aber selbst wenn diese Nachricht tatsächlich von einem Mitglied der Yuma-Streitkräfte geschickt wurde, was wir nicht wissen..."

"Ja, ich weiß" Fireball fuhr sich mit der rechten Hand über die Augen und ließ sich müde auf die Schreibtischplatte sinken, "es hat im Laufe der letzten zwanzig Jahre wahrscheinlich dutzende Sterncaptains gegeben, deren Name mit ari endete!"

"Es ist nur verständlich, daß Du Dich an jeden Hoffnungsschimmer klammerst, Fireball. Wir alle wünschen uns, daß Dein Vater noch am Leben ist, aber versuch bitte, Dich nicht zu sehr in diesen Gedanken zu verrennen! Wir brauchen einen kühlen Kopf für das, was uns erwartet und dürfen uns nicht von unseren Emotionen lenken lassen."

Natürlich hatte der Commander mit diesem gut gemeinten Rat mehr als Recht gehabt. Es war nicht nur völlig verrückt, sich wegen falscher Hoffnungen oder Ängste auf dieses Abenteuer einzulassen, sondern auch unverantwortlich den anderen Mitgliedern der Operation gegenüber. Bei dem, was sie planten, mußte man sich hundertprozentig aufeinander verlassen können; da war für private Dinge einfach kein Platz!

Und trotzdem, war es denn so unverständlich, Fireball immer noch hoffte, seinen Vater lebend wiederzusehen? Wer in seiner Situation würde nicht das gleiche gefühlt, das gleiche gehofft oder gedacht haben? Wenn nur der kleinste Schimmer einer Hoffnung bestand, so würde er alles tun, was nötig war, um der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Und wenn es bedeutete, daß er in die Phantomzone fliegen mußte, so würde er das eben tun!

Er warf einen kurzen Blick über die rechte Schulter und bog in die Straße ein, in der er und April seit einigen Monaten wohnten.

April, was sie wohl von der ganzen Sache hielt. Würde sie das Risiko auf sich nehmen und an der Mission teilnehmen? Fireball mußte kurz schmunzeln: natürlich würde sie mitmachen, denn immerhin war Ramrod ihr Baby, ihr ein und alles. Niemals würde sie es zulassen, daß jemand anderes als sie selbst das gewaltige Schiff navigierte!

Routinemäßig drückte er einen der Knöpfe an seiner Steuerkonsole und die rotweiße Schranke gab den Weg in die Tiefgarage ihres Wohnhauses frei. Mit quietschenden Reifen verschwand der Red Fury in den unterirdischen Tiefen von Yuma City.

Aber was, wenn April doch nicht mitkam, weil ihr die Sache einfach zu riskant war? Immerhin hatte der Commander keinen Zweifel daran gelassen, daß es sich um den gefährlichsten Einsatz handeln würde, den die Star Sheriffs je erlebt hatten. Vielleicht würde das so sehr einschüchtern, daß sie lieber hier auf Yuma blieb...

Er konnte schließlich nicht von ihr verlangen, daß sie ihn begleitete, denn seine Motive gingen weit über die der anderen hinaus. Vielleicht war es auch ziemlich vermessen von ihm zu erwarten, seine Verlobte würde ihr Leben riskieren, nur weil er einem Hirngespinst, einer Erinnerung hinterher rannte. Nein, er hatte kein Recht das von ihr zu fordern.

Ein Wink mit seinem Com-Gerät am linken Arm genügte und das Verdeck seines Wagens schloß sich wie von Geisterhand. Gedankenverloren schlenderte der Star Sheriff hinüber zum Aufzug, der ihn in die vierte Etage bringen würde, wo er sich mit April das Apartment teilte.

Auch wenn es unwahrscheinlich war, daß sie diesen Auftrag ablehnte, würde sie in diesem Fall nicht auch versuchen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen? Wenn sie es für gefährlich hielt bei dieser Sache mitzumachen, dann würde sich ganz bestimmt auch nicht wollen, daß er das tat! Nein, so sehr er April auch liebte, in diesem Fall ging es um mehr als die Sicherheit des Neuen Grenzlandes. Es ging darum, diese dunkle, ungewisse Angst, die schon so lange in ihm geschlummert hatte, endlich zu besiegen, was immer das Ergebnis auch sein mochte! Er mußte in die Phantomzone, egal was April dazu sagte oder wie unangenehm die Auseinandersetzung mit ihr werden konnte. Von diesem Vorhaben würde ihn nichts mehr abbringen können!

Entschlossen und selbstsicher schob Fireball seine Schlüsselkarte in den dafür vorgesehenen Schlitz am Terminal neben der Haustür und drückte seinen Daumen auf das kleine grünleuchtende Feld darunter. Der Computer brauchte einige Sekunden, bis er seinen Fingerabdruck gescannt und mit den gespeicherten Daten abgegelichen hatte, doch dann schwang die Tür zur Seite.

"April, ich bin wieder da..." achtlos warf er die Chipkarte auf die kleine Kommode im Flur und schlenderte hinüber zum Wohnzimmer: "April?" suchend steckte er den Kopf zur Tür hinein und entdeckte seine Verlobte.

Sie saß auf dem Sofa, die Knie angezogen bis zum Kinn und mit den Armen umschlungen. Ihre Wangen wiesen Spuren von Tränen auf und Ihre Augen waren rot unterlaufen, als hätte sie ziemlich doll geweint. Erschrocken eilte Fireball zu ihr: "Himmel, Süße, was ist denn los?" er wollte sie an sich ziehen und küssen, doch sie wandt sich aus seiner Umarmung und stand wortlos auf.

"Was hast Du? Warum hast Du geweint?" durcheinander starrte der Rennfahrer auf die langen blonden Haare, die April beinahe bis zum Po reichten. Sie hatte ihm den Rücken zugedreht und starrte aus dem Fenster hinaus auf den kleinen Park. Offensichtlich versuchte sie ihm auszuweichen, aber Fireball konnte nicht verstehen weshalb. Er hatte ihr nichts getan, jedenfalls nichts, an das er sich erinnern konnte, und trotzdem wollte sie ihn nicht ansehen oder mit ihm reden.

Ihre Schultern begannen leicht zu zittern, ein sicheres Anzeichen dafür, daß ein neuer Weinkrampf versuchte, die Oberhand über ihren Willen zu gewinnen.

"Nun sag schon, was los ist", er trat hinter sie und strich ihr zärtlich durchs Haar, "habe ich irgendwas falsch gemacht?"

April drehte sich so ruckartig um, daß er erschrocken die Hand zurückzog. Zwei dicke Tränen kullerten ihre Wangen hinunter und in ihren Augen spiegelte sich etwas, das Fireball nicht einzuordnen wußte. Es war ein Ausdruck, den er vorher noch nie zuvor bei ihr gesehen hatte, eine Art Mischung aus Verzweiflung, Angst und Unsicherheit. Was war nur in der kurzen Zeit passiert, die er nicht bei ihr gewesen war? Das Meeting im Büro ihres Vaters mochte für sie alle ein Schock gewesen sein, doch konnte er nicht glauben, daß April nur deswegen so aufgelöst war. Es mußte etwas vorgefallen sein, nachdem sie sich am Fahrstuhl getrennt hatten.

"Ich..." eingeschüchtert, ja beinahe schützend verschränkte April die Arme vor ihrem Bauch als sie mit bebender Stimme um Worte rang.

Fireball sah, wie sie allen Mut und alle Kraft zusammen nahm, um ihm in die Augen sehen zu können: "Ich werde nicht mitgehen in die Phantomzone..."
 

"Mpf..." mit allem hatte er in diesem Moment gerechnet, aber nicht damit. Fireball fühlte sich, als hätte April ihm soeben einen Schlag mitten ins Gesicht verpasst. Verstört fuhr er sich mit der rechten Hand durchs Gesicht und setzte sich ohne einen weiteren Laut von sich zu geben zurück aufs Sofa.

Er konnte es nicht fassen - sicherlich, er hatte dieses Szenario eben gerade noch vor seinem geistigen Auge durchgespielt, aber er hätte doch niemals ernsthaft damit gerechnet, dass April diese Mission ablehnen würde. Sie musste doch wissen, dass es hier nicht nur um die Sicherheit von Yuma ging, dass es ihm um viel mehr ging - um Dinge, die schon lange zurück in der Vergangenheit lagen. Was war vorgefallen?

"Es tut mir leid..." April stand noch immer unsicher am Fenster und wusste nicht recht, wie sie mit Fireballs Schweigen umgehen sollte. Sie hatte erwartet, dass er toben würde, oder ähnliches, aber dieses Schweigen machte sie nahezu verrückt. Andererseits fragte er so wenigstens nicht nach dem Grund und sie würde nicht gezwungen sein, ihm irgendwelche erfundenen Lügen aufzutischen - denn die Wahrheit, soweit war April mit sicher selber einig, durfte sie ihm auf keinen Fall erzählen. Dafür war diese ganze Geschichte mit der Phantomzone zu wichtig für Fireball.

Mit zusammen gekniffenen Augen, aus denen maßloses Unverständnis sprach, blickte Fireball zu ihr hoch: "Warum?"

Ein Seufzer war alles, was April dazu einfiel. Anscheinend hatte sie sich zu früh gefreut, aber wenn sie ehrlich war, hätte es auch nicht mit rechten Dingen zugehen können, wenn Fireball ihre Entscheidung einfach so akzeptiert hätte, ohne sie zu hinterfragen. Ein mulmiges Gefühl stieg in ihr hoch.

Fireball wartete noch ein paar Sekunden, doch April schien noch nicht bereit, ihm eine Erklärung für ihre Entscheidung liefern zu wollen. Wahrscheinlich brauchte sie Zeit, um sich zu fassen. Irgendetwas folgenschweres musste passiert sein, sonst wäre sie nicht so außer sich gewesen. Sie hatte geweint und war immer noch dabei, gegen ihre Tränen anzukämpfen, das war nicht zu übersehen. Da nagte etwas an ihr, was Fireball noch nicht einzuordnen wusste - offensichtlich konnte April es ja selber noch nicht einmal. Es hatte keinen Zweck, sie in dieser Situation zu bedrängen.

Wortlos erhob sich der Star Sheriff und ging hinüber in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen. Seine Kehle war seit dem Meeting in Commander Eagles Büro wie ausgedörrt und April verschaffte er so einen kleinen Augenblick sich zu sammeln.

Mit tiefen Zügen leerte er die Colaflasche beinahe bis zur Hälfte und lehnte sich dann gedankenverloren an den Kühlschrank. Er fuhr mit der kalten Flasche über seine Stirn, um etwas Klarheit in seine Gedanken zu bekommen. Was war nur seit dem Aufstehen gestern morgen passiert, dass sein Leben sich plötzlich von einer Sekunde auf die andere in einen Alptraum verwandelt hatte?

"Fire..." April schob scheu den Kopf um die Küchenecke, "sag mir, was Du denkst..." eigentlich wollte sie das nicht hören, doch irgendwann würde die Konfrontation unvermeidlich werden und da war es das beste, das Thema so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Außerdem beunruhigte sie das geradezu gespenstisch Verhalten von Fireball immens. War das nur die Ruhe vor dem Sturm?

Fireball stellte die Flasche auf die Arbeitsplatte und starrte mit den Händen in die Hüften gestemmt zur Decke: "Weiß ich selber nicht..."

Keine sonderlich zufrieden stellende Antwort, in der Tat. Aber April hatte schon befürchtet, dass diese Unterredung alles andere als einfach werden würde. Wenn doch nicht alles so verwirrend und kompliziert gewesen wäre, sie konnte sich ja kaum auf ihre eigenen Gefühle konzentrieren. Wie sollte sie da auch noch Fireballs Gedanken erraten. Es war wohl dieser Zeitpunkt, an dem sie zu der gleichen Frage gelangte, wie ihr Verlobter kurz zuvor: war das alles einfach nur ein schlimmer Traum und würde sie jede Sekunde aufwachen, um festzustellen, dass die letzten zwei Tage einfach nur böse Auswüchse ihrer Phantasie gewesen waren?

"Ich... was soll ich sagen?" ihr fehlten die Worte. Es war so schwierig, diese große Bürde mit sich herumzutragen, ohne dem Menschen, den man am meisten liebte, etwas davon erzählen zu können. Am liebsten hätte sie sich in Fireballs Arme geworfen und von ihm gehört, dass alles wieder gute werden würde und dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte.

"Sag mir einfach nur, warum!" nun blickte er sie direkt an. Er erkannte ihren innerlichen Kampf, ihre Verzweiflung und ihre Unsicherheit, wusste aber nicht, was sie so schrecklich aus der Bahn geworfen hatte. Schließlich war April ein erfahrener Star Sheriff, der sich nicht so schnell einschüchtern ließ - konnte es denn sein, dass die kleine Ansprache ihres Vaters sie so dermaßen berührt hatte?

Seine Hände verkrampften sich, als sie mit gesenktem Blick sanft den Kopf schüttelte: "Ich...ich kann das einfach nicht mehr, Fire..."

"Ach bitte", Fireball stieß sich vom Kühlschrank ab und baute sich mit verschränkten Armen vor ihr auf, "Du bist die tapferste Frau, die ich kenne. Keine noch so gefährliche Mission konnte Dich bislang aufhalten - im Gegenteil - je aussichtsloser, desto besser!" er blickte gedankenverloren an ihr vorbei und konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen: "Man, selbst Colt hast Du so manches Mal den Schneid abgekauft. Du kannst mir nicht weismachen wollen, dass Du jetzt plötzlich kalte Füße bekommst. Und das, wo wir quasi vor dem größten Durchbruch seit der Entwicklung von Ramrod stehen..." ohne sie noch einmal anzuschauen schritt er an ihr vorbei zurück ins Wohnzimmer.

Er wusste, dass April nicht offen zu ihm war, aber es hatte keinen Sinn, sie zu drängen. Es war für den ehemaligen Rennfahrer nur schwer zu akzeptieren, doch mit Druck würde er nichts bei ihr bewirken.

"Die Zeiten ändern sich nun mal...", April stand noch immer im Rahmen des Küchendurchgangs und wagte es nicht, sich zu ihrem Freund umzudrehen, "das letzte Jahr... ich habe mich irgendwie an dieses Leben ohne die Outrider gewöhnt!"

"Mach mir nichts vor, April! Das bist nicht Du, das weißt Du genauso gut wie ich!" täuschte April sich, oder nahm die Schärfe in Fireballs Stimme zu?

"Wieso kannst Du meine Entscheidung denn nicht einfach akzeptieren?" sie sah keine andere Möglichkeit, als in die Offensive zu gehen. Sie würde die wahren Gründe niemals verraten können, vielleicht gab sich Fireball aber auch damit zufrieden, wenn sie ein wenig Wut und Entrüstung vortäuschte.

Dieser Schuss ging allerdings nach hinten los: "Ich würde sie wahrscheinlich akzeptieren, April, aber Du bist nicht ehrlich zu mir! Ich kenne Dich wirklich schon lange genug, um zu wissen, was in Dir vorgeht. Und andersrum weißt Du genauso, dass Du mir immer alles sagen kannst, was Dich bedrückt - jedenfalls dachte ich bislang, dass es so ist..."

So ging das nicht weiter: "Ich kann Dir den wahren Grund nicht sagen, Fireball...", dass man die Wahrheit verschwieg, war immer noch besser, als zu lügen. Offenbar sah Fireball das genauso, denn er warf ihr ein flüchtiges Lächeln zu: "Natürlich kannst Du das, April. Ich merke doch, wie sehr Du Dich mit irgendwas rumquälst - aber wenn Du mir nicht sagst, was es ist, dann kann ich Dir auch nicht dabei helfen..."

"Das könntest Du auch nicht, wenn ich es Dir sagen würde!"

"Na fein", Fireball atmete tief ein und stieß die Luft mit einem leisen Zischen wieder aus, "wenn Du nicht mit auf die Mission gehst, dann bleibe ich auch hier."

"Oh, das ist so unfair von Dir!" jetzt keimte echte Wut in April auf. Wie konnte er es wagen, ihre Gefühel zu ihm so schamlos auszunutzen!

"Du weißt ganz genau, dass ich niemals zulassen würde, dass Du meinetwegen auf diese einmalige Chance verzichtest! Herrgott, was glaubst Du wohl, warum ich Dir die Wahrheit nicht sagen kann?"

"Keine Ahnung..."

"Weil ich genau weiß, dass Du dann nicht mit in die Phantomzone gehen würdest und vielleicht die einzige Möglichkeit verspielen würdest, herauszufinden, was damals mit Deinem Vater geschehen ist!"

Fireball horchte auf; anscheinend war ihr wohl doch aufgegangen, was für tiefgründige Aspekte für ihn mit dieser Sache zusammen hingen: "Ich möchte Dich dabei haben, April..." murmelte er kleinlaut und starrte zu Boden, "seit Jahren hoffe ich auf so eine Gelegenheit - aber jetzt, wo sie fast schon zum Greifen nahe ist, kriege ich Fracksausen...ohne Dich stehe ich das sonst vielleicht nicht durch... ich brauche Dich!"

Von einer tiefen Welle der Zuneigung ergriffen eilte April zu ihm hinüber und klammerte sich energisch an ihn: "Das weiß ich, Fire", zärtlich küsste sie sein rechtes Ohr, "im Herzen werde ich bei Dir sein! Und wenn Du zurück bist, dann werde ich Dir auch sagen, was mich zu meiner Entscheidung bewogen hat, hier zu bleiben. Glaub mir, ich wünsche mir nichts sehnlicher, als mit Dir zu gehen, aber es geht nicht. Vertrau mir bitte, Fire!"

Behutsam, aber gleichzeitig doch bestimmt griff Fireball nach Aprils Händen und löste sich sacht aus ihrer Umarmung: "Wie kannst Du das von mir verlangen... Du vertraust mir doch auch nicht!" ohne sie noch einmal anzusehen ging er hinüber ins Schlafzimmer.

Sie hörte, wie er sich an seinem Kleiderschrank zu schaffen machte und einige Minuten später schlurfte er tief in Gedanken mit einer gepackten Tasche über der Schulter zur Haustür. Angst breitete sich in Aprils Innerem aus und sie wagte kaum, die nächsten Worte über die Lippen zu bringen: "Wo... wo willst Du hin?"

"Zum Sport", Fireballs Stimme klang belegt und enttäuscht, "ich brauche Zeit zum Nachdenken."
 

Ungefähr zur gleichen Zeit, als Fireball verstört und durcheinander mit seinem Red Fury durch die Straßen von Yuma in Richtung des neuen Fitness-Studios flitzte, welches er seit einigen Wochen besuchte, saß ein anderes Mitglied der Star Sheriffs in ungefähr der gleichen Gemütsverfassung am Schreibtisch in seinem Quartier und starrte auf das Arbeitsergebnis der letzten Stunde.

Verzweifelt raufte Saber sich die Haare und fegte unbeherrscht, wie man ihn sonst gar nicht kannte, sechs zusammengeknüllte Blätter Papier mit einer unwirschen Bewegung seines Armes zu Boden. Es war zum aus der Haut fahren, wieso gelang es ihm denn nicht, ein paar läppische Zeilen aufs Papier zu bringen, das konnte doch nicht so schwierig sein!

Mürrisch stieß er sich mit den Füßen nach hinten ab und erhob sich mit einem leisen Stöhnen aus seinem Bürostuhl. Wieso war er überhaupt auf diese schwachsinnige Idee gekommen? Wahrscheinlich würde sich Cynthia nicht einmal mehr an ihn erinnern, geschweige denn äußerst erfreut über eine ziemlich verspätete Liebeserklärung sein. Sicherlich würde sie über seine albernen und gefühlsduseligen Worte lachen und seinen Brief dann in den Mülleimer befördern.

War es nicht geradezu schwachsinnig, sich nach so langer Zeit aus einer dummen Vorahnung heraus zu so einer närrischen Handlung verleiten zu lassen? Was erwartete er sich denn von diesem Brief? Dass Cynthia bei seiner Rückkehr hier auf Yuma auf ihn warten würde? Dass sie sich in seine Arme schmeißen und ihm sagen würde, dass sie die ganze Zeit nur auf ein Zeichen von ihm gewartet hatte? Dass sie seit ihrer Begegnung damals nur noch an ihn hatte denken können? Wenn er ehrlich war, dann schrieb er diesen Breif doch nur in der Annahme, dass er von der Mission in die Phantomzone sowieso nicht zurückkehren würde. In dieser Hinsicht machte er sich nichts vor, mochte er im Kampf und in der Führung seines Teams noch so mutig sein, was Herzensangelegenheiten anging, war er ein absoluter Feigling! Sonst hätte er sich damals mit seinem Tagebuch nicht so heimlich aus der Affaire gezogen.

Im Nachhinein hatte er sich immer und immer wieder dafür ohrfeigen können, dass er nicht den Mut aufgebracht hatte, Cynthia die Wahrheit zu sagen. So oft hatte er an sie gedacht, sich so oft sehnsüchtig zu ihr zurück gewünscht, aber hatte er darauf überhaupt ein Anrecht? Und was, wenn sie ihn tatsächlich liebte, seine Gefühle erwiderte? War es dann nicht mehr als unfair, ihr nun, da sie wohl keine Möglichkeit mehr haben würden, sich je wiederzusehen, reinen Wein einzuschenken? Vielleicht riss er damit alte Wunden wieder auf und würde es für sie noch viel schlimmer machen, als es sowieso schon war. Schließlich konnte man doch sehr viel besser mit der Wut auf einen Menschen leben, der sich einfach aus dem Staub gemacht und nie wieder hatte blicken lassen, als mit dem Verlust einer geliebten Person.

Saber ballte seine Hände zu Fäusten: "Himmel, nun reiß Dich zusammen..." mit neuem Elan setzte er sich zurück an seinen Schreibtisch, "Du kannst Dich nicht aus dieser Welt verabschieden, ohne ihr gesagt zu haben, was sie Dir bedeutet. Die einzige Frau, die Dir je wichtig war und Du willst wieder kneifen! Jetzt ist endlich Schluss mit dem Versteckspiel!" beherzt griff er sich einen neuen Bogen Papier und setzte den Füller an: "Liebste Cynthia, ich weiß, es ist lange her, seit wir uns begegnet sind, und ich habe eigentlich kein recht, noch einmal in Dein Leben zu treten..."
 

"Aber ich will mit Dir kommen, Colt!" Josh klammerte sich beharrlich um die Taille des ziemlich ratlosen Cowboys und versuchte, ihn mit seinem Gewicht zu Boden zu ziehen.

Colt war gerührt von dieser aussichtslosen Anstrengung und hob den kleinen Mann auf den Arm, damit er ihm direkt in die Augen blicken konnte: "Ich weiß, dass Du das möchtest, Josh, und ich bin auch sicher, dass Du ein ganz toller Star Sheriff wärst, aber es ist einfach zu gefährlich, verstehst Du?"

Er hatte versucht, den Jungen damit aufzuheitern, aber leider bezweckten seine Worte nur das Gegenteil. Joshs Augen wurden glasig und seine Lippen begannen zu zittern: "So gefährlich, dass Du sterben musst, Colt?"

Reflexartig schaute Colt hinüber zu seiner Frau Robin, die mit dem Abwasch beschäftigt war. Zwar hatte er es nur aus den Augenwinkeln sehen können, doch Joshs Frage hatte sie unwillkürlich zusammenschrecken lassen.

"Nein, natürlich werde ich nicht sterben..."

"Aber dann kann es doch nicht so gefährlich sein!" beharrte der Junge und witterte eine neue Chance.

Colt musste über diesen Dickkopf schmunzeln - lag es nun an seinem täglichen Einfluss, oder bildete er sich einfach nur ein, dass Josh immer mehr dem kleinen Colt von früher glich? Auch wenn er Robins kleiner Bruder war, so sah er in ihm doch mehr einen Sohn als alles andere. Denn genau so musste ein Sohn nach Meinung des Cowboys sein - stur, wagemutig und beherzt.

"Hör zu Josh", er setzte ihn zurück auf den Boden und kniete nun zur Abwechslung in seiner Augenhöhe auf den Fliesen der Küche, "Du kannst doch Deine Schwester nicht ganz alleine lassen wollen. Schließlich kann ich nicht auf sie aufpassen, wenn ich dort oben herum fliege", er stieß seinen rechten Zeigefinger in die Luft, so als wolle er damit seinen Hut nach oben schnippen, den er aber im Moment gar nicht trug, "und ich kann mir einfach keinen besseren Mann für diesen Job vorstellen, als Dich, Partner!"

Josh kniff abschätzend die Augen zusammen und zog die Nase hoch: "Na schön... aber dafür bist Du mir was schuldig, hombre!" mit diesen Worten drehte er sich zur Terrassentür und stürmte hinaus in den Garten. Auch wenn er es wohl nicht zugeben wollte, aber die Tatsache, dass Colt ihn für einen Mann hielt, machte jede noch so stumpfsinnige Arbeit zu einer lebenswichtigen Angelegenheit. Und war es auch nur, mal wieder auf die große Schwester aufzupassen.

"Der Junge nimmt beängstigend viele von Deinen Zügen an, Colt!" Robin hantierte weiter mit den Händen im Waschwasser: "Noch ein paar Jahre, dann rennt er auch mit einem Blaster durch die Gegend und stürzt sich im Namen der Freiheit und Gerechtigkeit von einer Waghalsigkeit in die nächste..." ein Teller rutschte ihr aus der Hand und fiel scheppernd zurück zu den übrigen: "Oh, verdammt..."

Sie wollte gerade nach einem Handtuch greifen, da spürte sie Colts Arme, wie sie sich fest um ihren Oberkörper schlossen: "Alles in Ordnung mit dir?"

Wütend stampfte Robin mit dem rechten Fuß auf und hätte dabei beinahe einen von Colts Füßen erwischt: "Natürlich geht es mir gut - mal abgesehen davon, dass ich in ein paar Wochen schon wieder Witwe sein werde. Ist man eigentlich verpflichtet, nach so kurzer Ehe die Hochzeitsgeschenke wieder zurückzugeben?"

Colts Arme umschlossen sie noch fester und sein Kopf legte sich auf eine ihrer Schultern: "Hey, keine Sorge, Süße, dem guten alten Colt wird schon nichts passieren, okay! Wir fliegen nur schnell in die Phantomzone, überzeugen uns davon, dass sich da einer nur einen ganz miesen Scherz mit uns erlaubt hat, und ehe Du damit rechnest, sind wir auch schon wieder wohlbehalten zurück!"

Die Worte des Cowboys klangen so ehrlich und aus tiefstem Herzen, dass Robin ihm beinahe Glauben schenken wollte - zumindest er selbst schien überzeugt von dem, was er da sagte. Sie drehte sich zu ihm herum und schmiegte sich mit ihren tropfenden Händen an seine Brust: "Versprich mir nur, dass Du auf Dich aufpasst und Dich nicht unnötig in irgendwelche Sachen reinmanövrierst, die Dich Kopf und Kragen kosten können", sie setzte ein etwas gequältes Lächeln auf und küsste ihren Mann auf die Wange, "sonst könnte es nämlich passieren, dass ich mir einen anderen Viehhirten zum Mann suche!"

"Das können wir natürlich nicht zulassen." das Lächeln, das sich jetzt auf Colts Gesicht ausbreitete, war so echt, wie man es sich nur vorstellen konnte: "Wahrscheinlich muss ich Dich noch einmal von meinen Vorzügen überzeugen, damit du während meiner Abwesenheit nicht auf dumme Gedanken kommst!"

Und noch ehe Robin protestieren konnte, wurde sie von einem leidenschaftlichen Kuss überrumpelt, der keinen Widerspruch duldete.



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