Erste Versuche
~~~~~~*Atemu*~~~~~~
Als wir noch klein waren kamen wir so oft her... damals wussten wir noch nicht viel über Pflichten, Politik und was es heißt, ein Land zu verwalten..
Schon damals war dieser Stein unser Stammplatz, wenn wir uns von den Dienerinnen abseilen wollten, ohne die wir früher als wehrlose und unerfahrene Kinder nicht aus dem Haus durften, um etwas in Ruhe zu besprechen.
Yugi war damals mein bester Freund... und ist es bis heute geblieben.
Was haben wir uns damals für Geheimnisse anvertraut...
Doch aus heutiger Sicht war es nichts Spektakuläres... nur Ansichten, die eine Kinderseele bewegen...Aber Yugi hat mir immer zugehört, hatte immer ein offenes Ohr und Verständnis...
"Ah Atemu, du hattest auch diesen Platz im Sinn?", lächelt mein Gegenüber offensichtlich etwas verlegen, als wir vor dem Stein stehen und das, obwohl keiner dem Anderen gefolgt ist.
Wie gewohnt setzen wir uns nebeneinander - der Stein ist bereits vorher aufgeteilt: ich bekomme die linke Hälfte und Yugi die Rechte.
"Jaa, schon lustig, oder? Nach all den Jahren mal wieder hier zu sein. Weißt du noch? Die Aufpasserinnen haben immer dort gesessen!", ich deute mit der Hand an den Platz, "doch ich habe mich nie von ihren Worten beeindrucken lassen..." "Ohh ja, Atemu, du warst schon immer sehr stur!", lacht Yugi herzlich und sieht hinaus zum Wasser.
"Aber ich kannte deine warme Seite immerhin bereits damals gut... Erinnerst du dich noch, als du mir diese zwei Steine mit hübschen Form und dem Glitzern in die Hand gedrückt hast?! Du hast gesagt, sie wären ein kleiner Schatz! Ich habe sie bis heute noch in meiner Schublade liegen... Sie sind wirklich selten und funkeln so schön!"
Bei diesen Worten zieht er sich seine weißen Schleppchen aus, taucht sie ins kalte Wasser und spielt mit den nackten Zehen im Sandboden.
Ich beobachte ihn lächelnd, er ist einfach zu niedlich! Aber das ihm diese Steine so viel bedeutet haben..? Mein Herz macht kleine Freudensprünge.
"Du hast sie tatsächlich noch? Das freut mich wirklich! Ich hatte sie beim Tauchen aufgesammelt."
Ich weiß nicht wieso, es ist ein plötzlicher Impuls, doch ich rutsche näher an ihn heran. Habe auf einmal ein schreckliches Bedürfnis nach Nähe... Körpernähe..
Ich möchte ihm nah sein... in mir lodert der Wunsch auf, seine angenehm weiche Haut spüren zu wollen.. so kuschele ich mich regelrecht seitlich an ihn heran, sorge dafür, dass sich unsere freien Oberarme bereits berühren.
Zu meiner Enttäuschung sieht Yugi jedoch unvermittelt weg, sein Sitz wird ein wenig steifer, so als hätte er einen Stock verschluckt.
Bin ich ihm zu nahe getreten..? Wenn, dann soll er es mir sagen!
Ich... möchte gerne so weiter sitzen... meine egoistische Seite gewinnt gerade die Oberhand.
"Ich weiß. Du warst doch viel lieber unter, als über Wasser! Mir dagegen war das Tauchen nie so recht geheuer...", spricht er schließlich leise zum Nil gewand.
"Es hätte ja ein Flussmonster aufkreuzen können..", feixe ich und ziehe mir ebenfalls die Schuhe aus - seine Idee gefällt mir!
"Lach nicht!! Das... das dachte ich wirklich!", gibt er kleinlaut zu und ich muss schmunzeln.
Würde ihn jetzt zu gerne in den Armen halten... nicht, um ihn vor Wassermonstern zu schützen, sondern einfach so, weil ich das Bedürfnis habe...
"Diese Angst hast du mir ja damals anvertraut... Nur wurde bis heute noch kein Einziges gesichtet!", lache ich und schrubble ihm stattdessen liebevoll durch die Haare.
Offensichtlich überrascht durch meine spontane Geste wendet er den Kopf und sieht mir in die Augen. Wunderschöne, leuchtende Augen... so klar und völlig ehrlich...
Hier unten am Flussufer weht der Wind öfter und vor allem stärker als bei uns in der Hauptstadt. Eine Windböe kommt auf und fegt über unsere Rücken hinweg, zerzaust unser Haar.
"Und du hast meine wirklich kindischen und blödsinnigen Ängste und Fantasien nie weiter erzählt, Atemu. Dafür bin ich dir wirklich sehr dankbar... Wenn ich bedenke, was ich manchmal für ein peinliches Zeug von mir gegeben habe... Flussmonster..", er wendet den Blick ab, senkt auch den Kopf und betrachtet lieber seine Zehenspitzen, die gerade im Sand wühlen und so diesen aufwirbeln.
Ich habe meine Fußspitzen bereits ebenfalls ins Wasser gesteckt, ziehe sie aber wieder hervor, nur um nochmal einzutauchen.
"Das war doch selbstverständlich, Cousin. Wenn du mir deine Ängste anvertraust erzähle ich sie doch nicht herum... Du weißt, dass du noch heute offen mit mir reden kannst, daran hat sich auch über zehn Jahre lang nichts geändert..."
Ich höre Yugi neben mir tief durchatmen - dann zuckt seine linke Hand, die bisher nahe meiner ruhig auf dem Stein gelegen hatte kurz und für den Bruchteil einer Sekunde habe ich das Gefühl, er wolle sie anheben. Jedoch bleibt sie schließlich unverändert dort liegen.
Unbewusst seufze ich auf - hätte gern ein Zeichen von ihm, eine Bestätigung, dass ich ihm näher kommen darf.. noch näher, als ich sowieso schon bin...
Doch dieses bleibt aus, stattdessen starrt er einfach das klare Wasser des Nils an, worin man den inzwischen aufgegangenen Mond sehen kann - nein, eher ein Abbild, eine Spiegelung..
Cousin, wir beide sind uns sehr ähnlich.. Bis auf ein paar kleine Details bist auch du mein Abbild. Niemand kennt mich so gut wie du, und ich muss zugeben.. ich will das auch gar nicht! Andererseits darf ich es gar nicht zulassen!
Ich bin der Pharao, jemanden näher an mich heran zu lassen, den ich nicht besonders gut kenne, wäre fatal - nicht nur für mich, auch für das Volk und das ganze Land.
Aber.. wie sieht es aus, wenn ich mich jemanden nähern möchte..?
Es gibt kein Gesetz, keine Strafe, keine Regelung.. Wer würde es auch wagen dem Pharao Grenzen zu setzen? Davon abgesehen, dass ich die Regeln für das Land bestimme..
Sofort kommt mir das Bild von Seto in den Kopf und ich muss automatisch schmunzeln.
Jaaa.. er würde es wohl wagen..
Aber ich habe bereits gemerkt, dass ich mit einem solch dominanten Charakter nicht auf eine Welle kommen kann. Viel zu viele Diskussionen und regelrechte Machtkämpfe..
Ich brauche jemanden, der mich beruhigt, meine sanfte Ader berührt.. Damit auch ich ausgeglichener werden kann..
Mit einer Kopfbewegung habe ich mich auch schon zu Yugi gedreht, dem die andauernde Stille langsam unangenehm zu werden scheint. Unruhig plätschert er mit den Beinen im Wasser, wirbelt dabei noch mehr Sand auf und lässt seine Füße dadurch verschwinden.
Mein Blick fällt auf seine Hand, die ruhig noch immer auf der selben Stelle wie zuvor liegt und sich nicht mehr rührt.
Warum hat er bloß gezögert..?
Ich will Zeichen von ihm.. irgend eine Andeutung, dass ich den nächsten Schritt machen kann.. Doch diese sind bei ihm so verdammt rar.. Er ist auch sehr schüchtern!
Aber.. vielleicht wartet er eher auf ein Zeichen von mir?
Ich weiß, dass sich viele nicht trauen sich mir zu nähern, da ich so unerreichbar erscheine.. Auch wenn ich nach Zuneigung und Liebe manchmal geradezu bettle!!
Ich sitze für einen Moment noch unbeweglich auf dem Stein, starre seine Hand weiter an, ehe ich langsam meine Eigene anhebe und sie vorsichtig auf seine lege.
Kurz genieße ich dieses gewisse intensive Gefühl einfach, dass sich in mir breit macht, muss es aber sofort wieder unterdrücken. Ich will mehr.. Möchte seinen Arm entlang streicheln, seinen dünnen Hals nachfahren..
Erst sein überraschter Laut und die weit aufgerissenen Augen bringen mich wieder in die Realität zurück und ich sehe in sein total perplexes Gesicht - aber auch einen kleinen Funken in seinen Augen, der nur so vor Aufregung glüht.
Ich kann ihm seine Gedanken regelrecht ansehen.. Automatisch schleicht sich ein kleines Grinsen auf mein Gesicht - was aber sofort wieder verblasst, als er sich bloß mit einem roten Kopf von mir wegdreht und seine Hand ruhig weiter unter meiner liegen lässt.
Uhm.. was ist denn nun?
Warum tut er gar nichts? Und warum, bei Ra, muss er sich immer gleich wegdrehen??
Ich möchte ihn ansehen.. habe seine Reaktion nicht richtig auskosten können, wie ich es sonst immer gern tat, wenn ich ihn mit Etwas überraschte.
Entschlossen lege ich meine andere Hand unter sein Kinn und ziehe ihn wieder zu mir - er braucht sich nicht zu verstecken!
Zögernd lässt er sich von mir herdrehen und sieht mich dann unruhig und atemlos an. "A-Atemu?", haucht er verwirrt, aber zugleich leise und sofort fällt mein Blick auf seine Lippen.
Ich lächle ihn an, um ihm die spürbare, kleine Angst zu nehmen - er braucht sich doch nicht vor mir zu fürchten?
Forschend gleitet mein Blick weiter hinauf und bleibt bei den tiefen, violetten Seen hängen.
Seine Augen haben noch immer diesen gewissen Glanz, die Aufregung, die auch mich nervös werden lässt.. so ausdrucksstark.. Aber zugleich strahlen sie eine unheimliche Sanftheit aus.
Doch ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als Yugi langsam die Hand hebt und sie auf meinen linken Unterarm legt, der Arm, mit dem ich auch weiter sein Kinn festhalte. Kurz übt er leichten Druck aus, doch auch jetzt lasse ich nicht los.
Er soll sich nicht wieder wegdrehen! Ich möchte, dass er mir so nah bleibt.. Sein Gesicht ist kaum zehn Zentimeter von mir entfernt..
Fühlt er sich etwa bedrängt..?
Ich schüttle diese Gedanken ein für alle Mal ab, habe jetzt auch gar keine Lust mehr darüber nachzudenken.
Stattdessen bin ich viel zu sehr von diesen Lippen fasziniert, die einladend einen kleinen Spalt geöffnet sind - nur darauf warten von meinen in Besitz genommen zu werden..
Für einen Moment bin ich über meine eigenen Gedanken überrascht, doch finde ich sofort Gefallen an der Idee. Warum auch nicht?
Yugi wehrt sich schon lange nicht mehr.. Alles in mir giert danach ihn näher zu berühren, endlich diese Schwelle von uns beiden zu überschreiten.
Zugleich neues, unerforschtes Gebiet zu erkunden - aber genau das macht es doch so interessant!
Noch einmal schaue ich in seine wachen Augen, ehe ich meinen Kopf langsam senke und das letzte Stück zwischen uns beiden überwinde. Ein wohliger Seufzer entkommt mir, als ich seine weichen Lippen auf meinen spüre und ich muss mich zurückhalten, um ihn nicht sofort näher an mich zu ziehen.
Ein unbeschreibliches Gefühl...
Genüsslich knabbere ich kurz an seiner Unterlippe, bevor ich mich verspielt seiner Operlippe widme. Ich kann einfach nicht genug bekommen!
Er dagegen ist für einen Moment wie erstarrt, ehe er langsam auf mein Spiel eingeht und den entstehenden Kuss vorsichtig erwidert. Doch ich brauche nicht lange und er macht von selbst erste Schritte, lässt seine Schüchternheit hinter sich zurück.
Dadurch fühle ich mich weiter angespornt, will weitergehen und die nächste Stufe erreichen! Doch ich möchte Yugi zu nichts drängen...
Auch wenn mein Herz fast zu zerspringen droht - diese weichen Lippen!! Der unglaubliche, süße Geschmack, der mir schon einen Vorgeschmack auf alles weitere bieten soll.
Ich spüre meinen Puls rasen, habe nur noch das Bedürfnis ihn für immer so halten zu können!
Er soll nie wieder von meiner Seite weichen.. Nie wieder fortgehen, schon gar nicht so weit weg, wie die letzten Wochen! Ohne ihn würde ein wichtiger Teil in meinem Leben fehlen..
Mein Verlangen ihn jeden Tag zu sehen, ihn zu berühren, oder bloß seine Stimme zu hören, lässt sich nicht mehr abstellen...
Unwillkürlich löse ich meine beiden Hände von ihm und fasse ihn an der Hüfte, so dass ich ihn besser halten kann, ziehe ihn aber sofort näher an mich.
Ein Feuerwerk von Gefühlen überschwemmt mich und ich kann nicht aufhören, seine Lippen in Besitz zu nehmen.
Ich weiß, dass auch sein Herz wie verrückt schlägt, er hätte sich schon längst gewehrt, wenn er das alles nicht gewollt hätte!
Erst, als ich wieder richtig zu Besinnung komme und von diesen weichen Lippen wirklich ablasse, trennt auch er sich wieder ein paar Zentimeter von mir und ich höre sein heftiges Atmen. Sein Blick ist leicht benommen und kurz habe ich das Gefühl, er kippe mir gleich in die Arme, doch schnell wird er wieder klarer und ein tiefer Rotton ziert sein Gesicht.
Ich schnurre glücklich und lehne mich wieder leicht nach vorne, nur um ein weiteres Mal in seine klaren, großen Augen sehen zu können.
Zufriedenheit macht sich in mir breit - will diesen Moment aber zugleich festhalten.
Aber möchte ich das nicht eigentlich jeden Augenblick, den ich mit Yugi verbringe? Die Zeit anhalten.. denn es ist einfach zu kurz...
Ich will mehr von ihm.. Allein der Kuss hier bestätigt mir dies - und ich will mich dagegen auch gar nicht mehr wehren, es auch nicht mehr leugnen!
Mir ist klar, dass nur er in mir diese bestimmte sanfte Ader wecken kann, die mich immer wieder ruhiger macht. Auch früher habe ich das bemerkt.. Bei Versammlungen, die besonders nervenaufreibend waren.. Wie oft ließ ich mich nur durch Yugi beruhigen?
- Wieso habe ich bloß früher all dies nie bemerkt..?
Ich streiche ihm über seine Wange, die noch immer stark gerötet ist und sehe, wie seine Augen aufgeregt und zugleich unsicher einen Punkt suchen, an dem sie festhalten können. Verlegen sieht er schließlich zu mir auf und ich muss mich beherrschen das ganze Spiel nicht doch nochmal zu wiederholen.
Diese intensiven Gefühle.. nicht mal bei Seto habe ich sie gespürt!
Wenn ich sie denn jemals so erlebt habe..?
Doch eins weiß ich.. Ich möchte sie festhalten! Jedes Mal, wenn ich sie spüre - und das ist wohl die ganze Zeit, wenn ich mit Yugi zusammen bin.
Er ist der Schlüssel zu meiner Seele, zu meinen Gefühlen. Und nach ihm will ich greifen!
Wenn er denn will...
Ich bin zwar der Pharao, aber ich möchte niemandem etwas aufzwingen, schon gar nicht Yugi! Ihm soll kein Leid zugefügt werden.. kein Schaden und auch keine Trauer..
Denn die strahlte er in letzter Zeit oft aus.. Und ich will derjenige sein, er ihm diese nimmt.
Ich lächle ihn an, nur um ihn nicht weiter zu verunsichern und lasse endlich seine Hüfte los, wodurch ich ihn leicht aufatmen spüre. Ein weiteres Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht - dachte er wohl, ich würde ihn hier festhalten?
Doch überraschender Weise ist er derjenige, der zuerst das Wort ergreift. "A-also.. wir.. sollten dann mal.. langsam...", kommt es total verschüchtert und stotternd. Ich lege meinen Kopf leicht schief und plätschere noch einmal mit den Füßen im Wasser, ehe ich seinen Satz zuende führe: "Langsam etwas essen?"
Er sieht mich für einen Moment verwirrt an, ehe er nach Luft schnappt und benommen sich selbst zunickt. "Uhm.. also.. ich dachte eher.. an den Heimritt...", beginnt er, mit fragendem Unterton, wieder und die Aufregung scheint nur so durch seine Adern zu pulsieren. Oder ist er einfach nur extrem nervös und verlegen? Auf jeden Fall gibt er ein unheimlich niedliches Bild ab!
Ich sehe mich kurz um und gehe damit auf seine Antwort, die eher eine Frage war, ein. Es ist tatsächlich schon ziemlich dunkel.. Vielleicht sollten wir wirklich das Essen ausfallen lassen. Ich, für meinen Teil, habe sowieso keinen Hunger.. Ich hatte meinen kleinen Nachtisch ja bereits!
"Okay, okay, überredet, Yugi.. Reiten wir heim, es ist wirklich schon ziemlich dunkel und ich möchte eine Begegnung mit Wüstenräubern vermeiden."
Gut gelaunt wuschle ich ihm durchs Haar, mache mir aber langsam ein wenig Sorgen über seine steife und fast gleichgültige Handlung.
Ist für ihn das Alles hier denn.. unbedeutend?
Ich sehe kaum eine Veränderung.. Dabei habe ich sie mir unbewusst eigentlich gewünscht.. Das auch er aufwacht!! Nicht nur mir soll das hier die Augen geöffnet haben..
Der ganze Heimritt über verläuft mehr oder weniger schweigend. Hin und wieder versuche ich ein Gespräch aufzubauen, werfe Fragen oder Bemerkungen ein, jedoch bekomme ich ständig nur ein einfaches "Ja" oder gar ein bloßes Kopfnicken zur Antwort. Hört der Junge mir denn überhaupt richtig zu??
"Yugi, du solltest die Gangart wechseln, du kannst Ikarus nicht die ganze Strecke über galoppieren lassen!", bemerke ich und da selbiges auch für mein Tier gilt, pariere ich in den Trab durch und falle dadurch ein ganzes Stück zurück.
Nein.... er hört mir garantiert nicht zu.. denn Yugi galoppiert einfach weiter..
Frustriert nehme ich die Zügel unbewusst kürzer, meine Fäuste spannen sich unregelmäßig an und ich nehme nicht mehr wahr, wie sehr ich dadurch an Checkmates Maul herumzerre.
Jetzt rennt er auch noch von mir davon! Wie kann er mich bloß soo ignorieren??
Ich habe auf eine Wandlung gehofft... irgendwo.. tief in mir..
Vielleicht habe ich ihn vorhin auch geküsst.. um gewisse Gefühle in ihm wach zu rütteln.. Hatte vor, die letzte Mauer zwischen uns einreißen. Glaubte, ich könnte in ihm selbiges Kribbeln entstehen lassen, wie in mir..
Und als er erwiderte, sich nicht wehrte - ich dachte, es wäre ein Wunder geschehen!
Ich hatte mich soo sehr über all das Glück gefreut!
Aber jetzt? Er redet nicht mal mehr mit mir! Behandelt mich wie Luft! Was muss ich ihm nur Widerwärtiges angetan haben...
Ich lasse den Kopf hängen, trabe mit meinen Hengst zurück in den Palast.
Den Rest des Abends schließe ich mich halb verbittert, da meine Ehre verletzt wurde, halb traurig und enttäuscht in meinem Gemach ein, um auch ja Yugi für heute aus dem Weg zu gehen.
Vor dem Einschlafen denke ich noch lange an unseren gemeinsames Ausritt - lasse die gesamte Szene am Nil noch ein mal revue passieren.
Es gab kein Anzeichen von ihm, dass es ihm zu unangenehm wurde! Nichts schien so, als würde er sich eingeengt und bedrängt fühlen!
Sicher hat er nicht aus Pflichtgefühl erwidert... Nein, ganz sicher nicht!
Mein Gefühl sagt es mir einfach - und obwohl ich nicht immer unbedingt der Sensibelste bin.. verstehe ich Yugis Reaktion einfach nicht!
Er ist schüchtern.. jaa.... aber er würde mir doch sagen, wenn ich ihm zu nahe getreten wäre..
Wie war das vorhin? Wir beide vertrauen uns doch gegenseitig immer alles an..
Ich beschließe letztendlich, meinen Cousin morgen in der Früh, noch vor dem Frühstück abzufangen! Ich muss einfach mit ihm reden!
Mein Herz schmerzt und leistet ununterdrückbaren Widerstand gegen die Vorstellung, dass die Situation zwischen uns beiden nun so angespannt und distanziert bleibt.
Wie ich den Kleinen kenne, wird das nämlich morgen genauso weiter gehen, wie es heute aufgehört hat!
~~~~~~*Yugi*~~~~~~
Aufgewühlt und aufgekratzt springe ich im Vorhof von Ikarus, überlasse seine weitere Versorgung dem Personal, was ich sonst wirklich nie, niemals tun würde und laufe einfach ziellos in den Palast hinein - bloß raus aus Atemus Blickfeld! Auch er wird sicher gleich nachkommen - und ihm jetzt noch in die Augen zu blicken... das könnte ich nicht!
Ich lehne mich schließlich irgendwo, in einem der vielen, langen Steingänge an die kalte Wand. Es ist bereits spät genug, die Sonne ist schon lange unter gegangen und ganz besonders die unteren Gänge, hier im Kellergewölbe, werden von der Kälte heimgesucht.
Fröstelnd schlinge ich die Arme um meinen Oberkörper, bestarre mir einfach meine Füße.
Bei Ra! Wie kam es bloß dazu..??! Und warum habe ich mich noch darauf eingelassen? Habe auf sein Spielchen geantwortet!
Verdammt, wie konnte ich mich bloß selbst so verletzen??
Als ob ich es nicht selbst ganz genau wüsste... Atemu ist der Pharao! Yugi, der Pharao! Er hat nicht nur einen Harem voll mit Frauen!!
Überhaupt.. er kann jeden und jede haben - er bräuchte nur dazu mit den Fingern zu schnipsen!
Vermaledeite Hoffnung, die immer gerade dann aufkeimt, wenn sie nicht soll!!
Ich will doch nicht einer unter vielen sein, mit denen sich Atemu einlässt..
Will doch etwas Besonderes für ihn sein..
Ich versuche mir krampfhaft ein Schluchzen zu unterdrücken. Presse meine Lippen eng aufeinander, dass sie bereits weiß werden.
Der Kloß in meinem Hals wird jedoch immer dicker, schmerzhafter und ohne, dass ich es verhindern kann, entkommt ein schluchzender, klagender Laut meiner Kehle.
Atemu ist so unerreichbar.... Zwar mein Cousin... Vertrauter... Ich stehe ihm freundschaftlich sogar am Nächsten, würde ich schätzen!
Aber in der Liebe... so unerreichbar fern..
Denn ich suche richtige Liebe... nicht einen kurzen, bedeutungslosen Kuss... wahrscheinlich eine Laune von ihm, ihm war wohl gerade danach.
Er kennt es ja auch so - alles nur ein einmaliges Erlebnis.
Noch nie hatte er eine echte Beziehung... Alles, was er hat, ist Sittah, seine Frau. Aber mit ihr hat er auch nichts Tieferes...
Wahrscheinlich will er das auch gar nicht... mit niemandem...
Tief traurig sinke ich an der Wand hinab in die Knie, verbuddele mein Gesicht zwischen diesen und weine stille Tränen.
Meine Beine tragen das Gewicht, welches diese Erkenntnis auf mein Herz legt, nicht länger.
Bin ich denn dazu verurteilt, allein zu bleiben? Ohne festen Partner auszugehen..?
Ohh Yugi, das hast du doch alles selbst verschuldet! Warum musstest du dich auch in diesen Mann verlieben? Ausgerechnet... in diesen!
Den Unerreichbarsten von allen.. den Sohn des Horus und einen halber Gott!
Aber sonst geht's dir noch gut? Solange mein Herz sonst keine Ansprüche stellt..
Ich beginne schon aus lauter Verzweiflung sarkastische Kommentare über mich selbst zu denken! Mache mich gerade über mich selbst lustig... versuche mich so vom Ernst der Lage zu distanzieren! Auf Abstand zu gehen..
Alles ist doch nur halb so schlimm, oder?? Ich bin nicht alleine... meine Liebe ist nicht unerwidert.. Ich bräuchte nur einmal durch das reichere Gebiet der Stadt zu laufen - und ich könnte mir sogar eine der schönsten Frauen aussuchen! Da ich das Privileg habe, im Palast zu wohnen.. Jede würde sich mir zu Füßen werfen, nur, damit sie hier mitwohnen könnte!
Doch eine Stimme aus meinem Hinterkopf straft mich sofort einen Lügner. Wenn ich tatsächlich eine Frau mit hierhin bringen würde... hätte das rein gar nichts mit Liebe zu tun... Ich würde mich an jemand Fremdes binden.. mein Gefängnis nur vergrößern!
Meine Unterlippe und Zähne zittern, sämtliche Hautstellen frieren bereits hier in dem dunklen, kalten Kellergewölbe.
Wieder schluchze ich auf, Tränen rinnen bereits unaufhaltsam über meine Wangen und Lippen, salziger Geschmack dringt in meinen ansonsten trockenen Mund.
Atemu... komm zu mir... nimm mich in den Arm... sei bei mir... spreche mit deiner nur allzu gut dafür geeigneten Stimme beruhigende, tröstende Worte zu mir..
Ich brauche dich soo...