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Das Geheimnis

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Das Geheimnis

Autor: Daniel-chan

Rating: PG

Anmerkung: Eine Fortsetzung gibt es nur, wenn jemand es unbedingt will.

Inhalt: Das Übernatürliche erwartet uns verborgen im scheinbar Natürlichen....

Archiviert: 21.03.2004

Disclaimer: Alle Charaktere und sämtliche Rechte an SG 1 gehören MGM/UA, World Gekko Corp. Und Double Secret Production. Diese Fanfic wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen. Jegliche Ähnlichkeiten zu Lebenden und Toten Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt. Alle weiteren Charaktere sind Eigentum des Autors.
 

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SG-1 sprintete, oder eher gesagt fiel durch den Ereignishorizont.

Unsanft prallte Jack auf die Rampe.

Schmerzen durchzuckten seine Schulter.

"Iris schließen", keuchte er und lies sich fallen.

Sofort kam ein Sanitätsteam unter der Leitung von Dr. Fraiser angerannt.

Jack erkannte vage, wie sich Sam und Daniel neben ihm aufzurichten versuchten.

Doch sofort brachen beide wieder in sich zusammen.

Weißlicher Nebel legte sich über Jacks Blickfeld.

Er stöhnte und lies sich widerwillig auf eine Trage heben.
 

Diese Mission war ein kompletter Fehlschlag gewesen.

Keiner aus dem Team war unverletzt zurückgekehrt.

Teal'C war nur leicht Verletzt und konnte die Krankenstation schon nach wenigen Stunden wieder verlassen.

Jack hatte eine leichte Gehirnerschütterung und einige Hämatome an den Schultern, die aber nicht weiter schlimm waren.

Sam und Daniel waren schon schlimmer dran.

Beide hatten sich einige Gelenke verrenkt und schlimmere Gehirnerschütterungen.

Sam konnte bald wieder aufstehen, mit der Bedingung sich zu schonen!

Daniel hatte sich den Knöchel schrecklich verstaucht und eine schöne Verletzung am Bein zugezogen, und damit diese wieder richtig verheilen konnte, lies Dr. Fraiser ihn nicht aufstehen.

Es dauerte einige Tage, bis er wieder zu sich kam.

Natürlich war er von der zwanghaften Bettruhe nicht sehr begeistert und hatte versucht aufzustehen.

Doch sofort protestierte sein Knöchel heftigst und er sah ein, dass er vorerst nicht würde laufen können.

Äußerst widerwillig blieb er also im Bett.

Zu seinem Bedauern war auch sein rechtes Handgelenk verstaucht.

Dr. Fraiser freute das insgeheim, da sie hoffte, Daniel würde sich unter diesen Umständen wirklich etwas Ruhe gönnen.

Doch da kannte sie Daniel schlecht!

Seine rechte Hand war in den letzten Jahren so oft irgendwelchen Verletzungen zum Opfer gefallen, dass er mittlerweile auch sehr gut mit links leserlich schreiben konnte.

Schließlich sah Janet ein, dass man ein Pferd zur tränke führen, aber nicht zum trinken zwingen kann.

Also, beauftragte sie Jack Daniel mit zu nehmen und auf ihn aufzupassen, damit sein Bein ausheilen konnte.

Jack war einverstanden.

Daniel auch, mehr oder weniger.

Jack hatte bereits das Gästezimmer für Daniel hergerichtet, das Bett frisch bezogen, geputzt und ordentlich gelüftet.

Er machte sich gerade auf den Weg, für Daniel einige Sachen zu holen, die er brauchen würde, als ihm Sam entgegen kam.

"Wo wollen Sie denn hin, Sir?" fragte sie.

"Ich hole einige Sachen aus Daniels Wohnung", antwortete er schlicht und verzog dabei das Gesicht.

"Stimmt etwas nicht, Sir?"

Jack schüttelte langsam den Kopf.

"Es ist.... ich.... ich hab etwas gegen Daniels Wohnung", gestand er. "Sie ist so.... so..... Ich fühle mich dort beobachtet...... irgendwie...."

Sam nickte, auch wenn sie ihren Colonel nicht wirklich verstand.

"Ist gut, Sir. Dann bis später", erwiderte sie und wandte sich ab.

Jack hatte irgendwie das Gefühl, dass sie ihn nicht ernst nahm.
 

Jack betrat Daniels Wohnung.

Hier war es immer irgendwie kalt.

Angespannt ging Jack langsam vorwärts.

Es war ihm, als spüre er ein Augenpaar in seinem Nacken, das ihm folgte.

Der Holzboden knarrte leise.

Hörte er da ein Glöckchen?

Wohl eher nicht.

Jack ging in Daniels Schlafzimmer und holte seine Reisetasche, in die er rasch einige Kleidung zum wechseln stopfte und zog den Reißverschluss zu.

Er stellte die Tasche auf dem Wohnzimmertisch ab und ging ins Badezimmer.

TAP TAP TAP TAP TAP TAP.

Jack hielt inne.

Er hatte eindeutig Schritte hinter sich gehört.

Kinderschritte.

Leises Getrippel.

Jack schüttelte den Kopf und holte schnell Daniels Zahnbürste und was er sonst noch so brauchen würde.

Als er wieder kam und alles in das große Seitenfach der Reisetasche packen wollte, bemerkte er, dass der Reißverschluss offen war.

Er hatte ihn doch geschlossen, oder?

Nah, egal.

Jack nahm die Tasche und verlies die Wohnung.

TAP TAP TAP TAP TAP TAP TAP TAP TAP, folgten ihm wieder die leisen Schritte bis zur Wohnungstür.

Als Jack die Tür schloss, war es ihm als hörte er eine Stimme.

Hab mich wohl verhört, dachte er und ging.
 

Seit drei Tagen kümmerte sich Jack jetzt um Daniel.

Er hatte schon vor langer Zeit eingesehen, dass es unmöglich war ihn von seiner Arbeit abzuhalten.

Es wäre leichter gewesen die Sonne aufzuhalten.

Seit mehreren Stunden saß Daniel nun schon auf der Couch, die Beine ausgestreckt und arbeitete an einer Übersetzung.

Jack sagte nichts dazu.

Er versorgte still schweigend Daniels Verletzungen.

Daniel dankte es ihm mit einem stummen Lächeln.

Er wusste es nicht, doch sein seltenes Lächeln war für Jack Dank und Lohn genug.
 

Es wurde Abend.

Jack brachte Daniel eine neue Tasse Kaffee und stellte sie auf den Wohnzimmertisch.

Daniel legte stöhnend den Kopf in den Nacken.

"Wieso arbeitest du, wenn es dich so anstrengt?" fragte Jack und fuhr sich durch die Haare.

"Ich bin sowieso schon in argen Zeitnöten", erklärte Daniel und rieb sich die müden Augen. "Da muss ich meine Arbeit nicht unnötig vor mir her schieben."

"Na ja, musst du selbst wissen", sagte Jack schulterzuckend.

Er griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher an, um sich die Nachrichten anzuschauen.

Aufmerksam verfolgte er einen Bericht über Verkehrsunfälle durch Glätte, über einen Staatsbesuch in Spanien und eine Gasexplosion in New Orleans.

Es folgte ein Bericht über Hochwasser in China.

Jack bemerkte aus dem Augenwinkel heraus, dass Daniel wie hypnotisiert auf den Bildschirm starrte, während seine Hand blind etwas auf das Papier vor ihm schrieb.

Er wandte sich wieder ab und sah, wie ein Mann ein kleines Kind aus dem Wasser zog.

In diesem Moment wurde das Bild unscharf und flackerte.

Unscharf und in Schwarz-Weiß erschien das Bild eines Kindes, das reglos mit dem Gesicht nach unten im Wasser lag.

Das Bild rauschte und verzerrte sich, dann war es weg und der Wetterbericht ging normal weiter.

Das Ganze hatte nur zwei Sekunden gedauert.

Jack blickte erstaunt zu Daniel hinüber, der immer noch auf den Fernseher starrte.

"Hast du das gesehen?" fragte er.

Daniel erschrak und wich Jacks Blick aus.

"Was denn? Wovon sprichst du?" fragte er hastig zurück, so als ob er vorgeben wollte, nicht gesehen zu haben, was er gesehen hatte.

Jack musterte seinen Freund kritisch.

Daniels Hand, die krampfhaft seinen Kugelschreiber fest hielt, zitterte.

Jack richtete sich auf und besah sich die Niederschrift seines Freundes.
 

241323 521543332444441514 241323.

241323 3224151215 241323.

3224151244451543 441323531544451543.

241323 12431151132315 14241323.

53 122434 241323?

5324155535 33514444 241323 23241543 12321524121534?

241323 53243232 34111323 2311514415!

2315322145 332443 14351323!

1224454515, 2315322145 332443!
 

Er sah Daniel fragend an.

"Was schreibst du da?"

"Ist nicht wichtig", erwiderte Daniel und schlug seinen Block zu.

Jack konnte es nicht lesen, er wusste jedoch, dass es sich um Kryptografie handelte.

Doch....

Wieso wollte Daniel nichts gesehen haben?

Er tat ja gerade so, als hätte er diese Bildstörungen verursacht!

"Ich sollte vielleicht wieder nach hause, ich war schon lange nicht mehr da....."

Jack grinste.

"Wieso? Fühlst du dich hier nicht wohl? Da wartet doch keiner der nach dir schreit", erwiderte er.

"Hast du 'ne Ahnung", murmelte Daniel, doch Jack hörte es nicht.

"Und was ist mit meinen Fischen?" fragte er jetzt lauter.

Jack nickte.

"Wenn dir so viel daran liegt, können wir ja hin fahren", wandte er ein. "füttern wir die Fische..."

Er wollte sich nicht mit Daniel streiten, auch wenn es ihm nicht behagte.

Wie gesagt, er mochte Daniels Wohnung nicht besonders....
 

Am nächsten Morgen fuhren sie früh in Daniels Wohnung.

Jack half Daniel die Treppen hinauf - der Lift funktionierte mal wieder nicht - und holte dann ihr weniges Gepäck.

Daniel hatte Jack überredet ein paar Tage dort zu bleiben.

Jack hatte unter der Bedingung zugestimmt, dass Daniel sein Arbeitsmaterial zurück lies.

Zu seiner Überraschung hatte er zugestimmt.

Es war fast so, als müsste er unbedingt zu hause sein.

In seiner Wohnung angekommen merkte Daniel, dass er es doch übertrieben hatte.

Er war so müde, dass Jack ihn fast in sein Bett tragen musste.

"Ruh dich aus!" befahl Jack, als er die Decke über seinen Freund zog.

Doch Daniel hörte ihn schon nicht mehr.

Jack betrachtete seinen erschöpften Kameraden andächtig.

"Du bist manchmal wie ein kleines Kind", flüsterte er und strich ihm sanft über den Kopf, bevor er das Zimmer verlies.

Jack rieb sich die Hände.

Es war wieder so fürchterlich kalt hier drin.

Er sah sich um, doch alle Fenster waren geschlossen.

O'Neill beschloss, erst einmal Kaffee zu machen und ging in die Küche.

Wenige Minuten später kam er mit einer gefüllten Kaffeetasse wieder zurück und stellte sie auf dem Wohnzimmertisch ab.

Jack lies sich auf die Couch fallen.

Daniel würde wohl eine Weile schlafen.

Was sollte er jetzt machen?

Jacks Blick fiel auf eines der Bücherregale.

Zwischen den vielen Büchern sah Jack etwas Schwarzes hervor blitzen.

Er stand auf um es sich genauer anzusehen.

Schwarzes Plastik lugte zwischen den alten Büchern hervor.

Jack nahm eines der Bücher heraus.

Zum Vorschein kam eine Videokassette.

Er grinste.

War Daniel etwa ein heimlicher Film-Fan?

Oder war dies eine Sammlung "verbotener" Filme?

Jack nahm noch mehr Bücher aus dem Regal.

Eine ganze Reihe Filme ohne Hülle oder Klebeetikett kamen zum Vorschein.

Jack nahm wahllos einen Film und schob ihn in den Rekorder.

Seine kalten Finger drückten den PLAY-Knopf und er richtete sich wieder auf.

Der Fernseher ging an, blieb aber schwarz.

Dann begann der Film, doch was Jack da sah, hätte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt.
 

Das Schneegestöber klarte auf und das verwackelte Bild einer Kerze erschien.

Die Flamme zitterte und wurde von schwarzen Linien, Punkten und weißen Streifen unterbrochen, so als sei der Film schon sehr alt.

Das Bild wechselte plötzlich von leicht bläulich auf grün.

Eine Felswand, die Kamera wackelte heftig.

Kleine Hände griffen nach dem Gestein.

Jetzt blickte die Kamera von einer Steilwand hinunter in die Tiefe.

Kurz wurde alles schwarz.

Ein Buch, jemand blätterte rasch darin, doch keine Hände waren zu sehen.

Blutspritzer befleckten plötzlich die Seiten und die Kamera fiel rückwärts von dem Tisch, an dem keiner saß.

Schneegestöber, dann ein schwarz-weißes Bild.

Jetzt sah man einen Spiegel.

Einen Badezimmerspiegel auf der Front eines dreitürigen Schrankes.

Doch niemand war im Spiegel zu sehen, auch die Kamera nicht.

Das Bild hielt kurz an, dann stand plötzlich jemand schwer atmend vor dem Spiegel.

Ein Mann mit langen, nassen Haaren, doch sein Gesicht war im Spiegel zu verschwommen um es zu erkennen.

Die Kamera ging um ihn herum.

Die Haare verdeckten sein Gesicht als er sich leicht nach vorne beugte.

Die Ränder des Bildes flackerten, zuckten hin und her.

Jetzt sah man wieder den Spiegel.

Der Mann hob den Kopf.

Das blasse Gesicht war von feinen Schnitten aus denen Blut geflossen, und dann geronnen war entstellt.

Ängstlich blickte Daniel mit leeren Augen aus dem Spiegel in die Kamera.

Blut quoll dickflüssig und schwarz aus der Lampe über dem Spiegel und rann über das Glas.

Dann sah es aus, als sei das Bild mit Vorlauf aufgenommen worden.

Bäume, ein Wald, jemand rannte weg.

Alles Dunkel.

Eine Hand griff nach dem Objektiv, hilfesuchend, verzweifelt.

Wieder die Kerze, sie wurde ausgeblasen.

Ein weinendes Baby, alles völlig in rot und weiß.

Wieder wurde alles blau, als würde eine Folie über dem Bild ausgerollt.

Ein lebloser kleiner Körper lag auf sandiger feuchter Erde.

Der Fluss hatte ihn ans Ufer gespült.

Das Bild wackelte heftig, verzog sich, rollte nach unten und huschte im nächsten Augenblick wieder an seinen Platz zurück.

Eine Uhr, die sich in rasender Geschwindigkeit drehte.

Und wieder Daniel, wie er in einem weißen Raum auf dem Boden saß.

Er starrte ausdruckslos an der Kamera vorbei, bewegte sich.

Doch seine Bewegungen waren stockend, als würde jemand mal die Geschwindigkeit drosseln, mal stark erhöhen.

Wieder unterbrach Schneegestöber die Szene.

Eine Leichenhalle.

Wackelnd und voller Rauschen schwenkte die Kamera durch den Raum.

Auf dem Tisch in der Mitte lag eine junge Frau, Sha'Re.

Im nächsten Moment lag dort nur noch ein Skelett, dann wieder ihr lebloser Körper.

Die Kamera war nun direkt über ihr.

Tausende winzige Maden krabbelten um ihren Körper, wuselten wie eine lebendige Decke umher.

Wieder sah man das Skelett.

Das Innere eines dunklen Raumes erschien, jemand schloss die Tür.

Die Szene wiederholte sich aus einer anderen Perspektive.

Kleine Finger kratzten über hartes altes Holz, alles war grau.

Dann wurde der Bildschirm schwarz.
 

Das Band spulte sich zurück.

Jack starrte noch eine Weile auf den Fernseher.

Er hatte sich während des Films nicht einen Millimeter von der Stelle bewegt.

Ihm war der Mund offen stehen geblieben, als er diese Bilder sah.

Eine Türe ging auf.

Daniel hinkte verschlafen ins Wohnzimmer, an die Wand gestützt, darauf bedacht sein verletztes Bein nicht zu belasten.

Jack sah ihn mit großen Augen an.

Wie Daniel so da stand, in einem viel zu großen T-Shirt, sah er fast wie auf dem Film aus.

"Hey", sagte Jack leise und stand auf, das Video in der Hand. "Ich dachte, du schläfst."

Daniel blinzelte müde.

"Wie denn, wenn hier so ein Krach ist", erwiderte er.

Krach? Welcher Krach?

Jack hatte die ganze Zeit nur ein penetrantes Surren gehört, mal leiser mal lauter, das wohl vom Film herrührte.

Er atmete tief durch und hielt die Kassette hoch.

"He, Daniel. Ist das hier ein schlechter Witz oder moderne Kunst?"

Als Daniel das Video sah, riss er erschrocken die Augen auf.

Er riss es Jack aus der Hand.

Doch sofort protestierte seine Wunde und jagte beißende Schmerzen durch seine Nerven.

Daniel stürzte.

Er nahm das Videoband und schleuderte es so heftig auf den Boden, dass das Plastik zerbrach, er riss das Magnetband aus den Überresten der Kassette.

"Nein!" schrie er. "Nein, geh weg! Lass mich in Ruhe! Lass mich in Ruhe!"

"Daniel?"

Daniel hörte auf, das um seine Hände gewickelte Band knarrte als er die Fäuste ballte.

"Daniel, was war das für ein Band? Ist das auch auf den anderen Kassetten?"

Daniel schüttelte den Kopf.

"Sie sind leer. Sie sind alle leer. Auch diese Kassette war leer. Nur hier, nur hier ist etwas drauf."

Jack verstand nicht, was er mit "Nur hier ist etwas drauf" meinte.

"Daniel, da waren doch Bilder und...."

Wieder schüttelte Daniel den Kopf.

"NEIN! Nein, Jack. Vergiss was du gesehen hast. Es ist besser so! Das geht über deinen Verstand...."

Daniel keuchte, als hätte er an einem Marathon teilgenommen.

Jack half ihm wieder auf die Beine und setzte ihn auf die Couch.

Daniel starrte völlig apathisch auf die Kassetten auf dem Regal.

Der Colonel legte eine warme Decke um seinen zitternden Freund.

"Ich versteh zwar nicht, was du da redest, aber gut."

Er brachte Daniel eine heiße Tasse Tee, vielleicht beruhigte ihn das ja wieder.

"Okay, Daniel. Ich hole uns jetzt was zu essen. Du bleibst hier sitzen bis ich wieder komme. Es dauert nicht lange."

Jack sah Daniel mitleidig an.

Er war so blass, fast wie tot.

Das Video hatte ihn wirklich erschreckt.

Aber wieso?

Jack strich Daniel sanft über den Rücken und machte sich dann auf den Weg.
 

Daniel saß allein in der stillen Wohnung.

Er war immer noch blass.

Doch langsam kam wieder etwas Farbe in sein Gesicht.

Ganz ruhig, sagte er sich. Jack versteht es sowieso nicht. Es gibt keine Verbindung...

War das dein Freund?

"Geh weg", flüsterte Daniel.

Was hast du? Bist du böse auf mich?

"Lass mich allein!"

Ich hab nichts Verbotenes getan! Sei nicht so zu mir!

"Du hast mit Jack gesprochen. Ich hab dir verboten mit Fremden zu reden."

Aber wenn er doch dein Freund ist. Passieren kann mir nichts. Und er wollte doch mit mir reden! Er hat doch....

"Er wusste es nicht! Er dachte, auf der Kassette ist ein Film! Er weiß nichts von dir!"

Daniel zog die Beine an und schlang seine Arme darum.

Sein Knöchel schmerzte.

"Verschwinde endlich! Geh zu Mom und Dad..... und Rehana!"

Das kann ich nicht! Das weißt du doch. Ich kann nur bei dir bleiben. Du musst mich zu Mommy und Daddy bringen!

Daniel schluchzte.

Vermisst du sie? Und Rehana?

"Was für eine Frage! Natürlich, natürlich vermisse ich sie! Du nicht?"

Ich hab ja noch dich. Solange wir zusammen sind, brauchen wir niemand anderen.

Daniel antwortete nicht.

Daniel..... sei nicht sauer..... ich hab dich doch lieb!

"Ich weiß", flüsterte Daniel. "Das weiß ich ja, du willst nichts Böses...."

Aber es hört nicht auf... Ich will doch nur bei dir sein!

"Ich bin doch bei dir. Ich bin doch immer bei dir gewesen. Wieso hast du solche Angst, ich könnte dich vergessen?"

Du denkst immer noch an diese Frau! Du magst sie viel lieber als dich!

"Nein, ich mochte sie nur auf eine andere Weise als dich. Du kannst das nicht verstehen, weil du ein Kind bist!"

Ich bin genauso alt wie du! Ich weiß, du hattest sie lieb! Sie wollte, dass du mich vergisst!

"SIE HAT ES NICHT VERSTANDEN! NIEMAND VERSTEHT ES!" schrie Daniel.

Ich wollte doch nur mit ihr reden....

"Tu nicht so! Du hast sie dazu getrieben!"

Aber....

"Kein Aber! Ich will dich heute nicht mehr sehen oder hören! Hast du das verstanden?"

Aber....

"Verschwinde! Los!"

Du bist gemein! Du kannst mir nichts befehlen, weil du ohne mich nicht sein kannst!

"Lass mich in Ruhe! Und wenn du noch einmal in Jacks Nähe kommst, dann geh ich fort und du bleibst für immer hier!"

NEIN! Nein, Daniel! Nein!

"Dann tu was ich dir sage. Sei ein lieber Junge und geh schlafen!"

Ich bin nicht müde. Ich hab die ganze Zeit geschlafen, solange du nicht da warst. Wo bist du wieder gewesen?

"Siehst du nicht, dass ich verletzt bin? Jack kümmert sich um mich. Ich bin nur deinetwegen hier."

Stille....

Daniel wollte gerade etwas sagen, als er den Schlüssel im Schloss der Wohnungstür hörte.

Jack kam wieder.

"Hey", sagte er und stellte eine dünne Plastiktüte auf den Tisch.

"Hey", erwiderte Daniel und blinzelte rasch.

Jack warf seine Jacke über die Rückenlehne der Couch und setzte sich.

"Ich hab dir Combinazione mitgebracht. Nudeln sind gesund und geben Energie", sagte er und packte zwei Aluminiumschalen aus.

Daniel nickte nur, Jack stand auf und holte Besteck.

Darf ich auch?

"Ich sagte du sollst verschwinden!" zischte Daniel.

"Was hast du gesagt?" fragte Jack aus der Küche.

"Nichts!" rief Daniel und bog den Rand der Aluminiumschalen nach oben um den Pappdecken abzuheben.

Heißer Dampf stieg auf und hüllte Daniels Hände in einen warmen Schleier aus Nebel.

Nur ein bisschen!

"Aber dann verschwindest du!" knurrte Daniel.

Daniel rückte ein Stückchen als Jack kam und sich neben ihn setzte.

Schweigend begannen sie zu essen.

Daniel steckte sich die Gabel in den Mund.

Doch er schmeckte keine Tomatensoße sondern hatte einen metallischen Geschmack im Mund.

In seinem Rachen machte sich ein Gefühl des Erstickens breit.

Er umklammerte krampfhaft die Gabel und schluckte angestrengt runter.

Jack bemerkte seinen gequälten Gesichtsausdruck.

"Zu heiß?" fragte er und lächelte Daniel nachsichtig wie ein kleines Kind an.

Daniel sah ihn überrascht an.

"Nein, es ist... ach, gar nichts!" winkte er ab und wandte sich wieder seinem Essen zu.

Lecker!

Daniel warf einen bösen Blick in Richtung Tür.

Er sah gerade noch einen Schatten verschwinden.
 

Satt und zufrieden lies sich Jack nach hinten fallen.

Daniel lies seine Gabel demonstrativ in die Aluminiumschale fallen.

"Und jetzt?" fragte Jack. "Bist du müde?"

Daniel schüttelte den Kopf.

"Nein, überhaupt nicht."

Er lehnte sich zurück und legte den Kopf gegen Jacks Schulter.

"Du siehst krank aus", sagte er und strich über Daniels gerötete Wangen.

Daniel fühlte sich auch leicht krank.

Ihm war unglaublich heiß, doch er wusste, es war keine Erkältung.

Es war etwas anderes.

Er stöhnte.

"Du hast sicher Fieber", sagte Jack und stand auf.

Er hob Daniels Beine hoch und legte sie auf die Couch, dann legte er eine warme Decke darüber.

"Ich bin nicht krank, Jack", erklärte Daniel. "Mir ist nur heiß, das geht gleich vorbei."

"Trotzdem solltest du dich ausruhen", bestimmte Jack.

Daniel seufzte.

Jack hatte Recht.

Er brauchte jetzt erst einmal Ruhe, sonst würde es nur schlimmer werden.

Daniels Blick schweifte durch den Raum und blieb an dem zerstörten Tape hängen.

Das hätte er vielleicht nicht machen sollen.

Aber er war so außer sich gewesen, so erschrocken.
 

Daniel schlief noch.

Er hatte wirklich kein Fieber gehabt, nur leicht erhöhte Temperatur.

Jack räumte indes etwas auf.

Sie hatten gestern Abend einfach alles so stehen gelassen wie es stand.

Jack warf die Essensschalen fort und spülte das Besteck.

Als er wieder ins Wohnzimmer kam um dort diverse Gläser, Flaschen und Tassen zu holen, fiel ihm das Videoband wieder ein.

Es lag immer noch auf dem Boden, unter den Tisch gerutscht.

Er hob es auf.

Dies war wohl nicht mehr zu retten.

Jack warf es weg, dachte nicht weiter darüber nach.

Du bist lieb!

Jack erschrak.

Wer hatte da gesprochen?

"Hallo?" sagte er. "Daniel?"

Niemand antwortete.

Jack sah sich um.

Das Licht der Sonne fiel durch die großen Fenster.

Jacks Blick wanderte im Raum herum, traf dabei auf seinen eigenen Schatten an der Wand.

Plötzlich drehte sich die Silhouette.

Jack hielt den Atem an.

Sein Schatten veränderte sich, wurde kleiner.

Ein Kind.

Es streckte die Hand aus und fuhr mit dem Finger über die Tapete.

Es roch plötzlich penetrant nach verbranntem Holz

Die unsichtbare Linie an der Wand wurde schwarz.

In kindlicher Handschrift stand dort: Lass meinen Bruder in Ruhe!

Dann war die Schrift plötzlich weg.

Jack blinzelte, schüttelte den Kopf.

Träum ich jetzt mit offenen Augen? dachte er.

Sein Schatten war wieder wie vorher, keine Anzeichen von Buchstaben an der Wand.

Wieder spürte Jack diese Kälte.

Diese fürchterliche Grabeskälte.
 

Die nächsten Tage vergingen ohne größere Ereignisse.

Jack wunderte sich lediglich, wie Daniel es in so einer Wohnung aushalten konnte.

Wirklich leise war es selten.

Immer wieder hörte man Poltern von den Leuten nebenan.

"Was machen die da?" fragte Jack irgendwann. "Renovieren die da drüben?"

Daniel zuckte mit den Schultern.

"Das machen die jeden Tag", erwiderte er und wendete sich wieder seiner Zeitung zu.

Jack sah Daniel zweifelnd an.

Wieder knallte es.

Es hörte sich an, als würde jemand gegen eine Wand geworfen.

"Na ja...."

Jetzt hörte man Schritte über ihnen.

Hin.... und her..... hin.... und her.....

Es krachte und polterte.

Jack blickte kritisch zur Decke.

"Ist was?" fragte Daniel, als er seinen Blick bemerkte.

"Hörst du das nicht?" fragte er zurück und lehnte sich auf den Küchentisch.

"Der Krach aus dem oberen Stockwerk."

Jack zeigte nach oben.

Daniel sah ihn skeptisch an.

Jack wollte gerade nachfragen, als Daniel erwiderte: "Jack.... da ist kein.... Stockwerk mehr über uns...."

Kaum hatte Daniel diesen Satz ausgesprochen wurde er augenblicklich blass.

Daniel sprang auf.

"Hey, du musst dich schonen!" rief Jack und find Daniel auf bevor er hinfallen konnte.

Daniel murmelte etwas unverständliches, doch es klang nicht sehr freundlich.

Jack hob Daniel auf beide Arme und trug ihn zur Couch.

"Wenn du immer wieder so einen Unsinn machst, wird dein Bein nie richtig gesund!" tadelte er seinen Freund und setzte Daniel sanft ab.

Daniel brummte nur als Antwort.

Er wusste ja, Jack hatte Recht, doch es ärgerte ihn sehr nicht laufen zu können.

Jack begutachtete den Verband um Daniels Knöchel, der sich fast bis zum Knie hoch zog.

"Wenn du nicht endlich auf mich hörst, werde ich dich festbinden!" sagte er und grinste Daniel an.

Daniel verzog das Gesicht und drehte den Kopf weg.

Er konnte darüber nicht lachen.

Jack sah Daniel ruhig an.

Jack.... da ist kein.... Stockwerk mehr über uns....

Kein Stockwerk über uns... dachte er. Aber.... Nein, das ist nicht möglich...

Jack schüttelte den Kopf und vertrieb den Gedanken.

Das kann nicht sein.... so etwas ist unmöglich.....

"Was sollen wir tun?" sagte Jack, um sich selbst von dem Thema abzulenken.

"Was weiß ich...", seufzte Daniel. "tu was du willst..."

"Du wirst wirklich unerträglich, wenn dir langweilig ist", stellte Jack fest.

Er stand auf.

Daniel folgte seiner Bewegung mit den Augen.

Meine Güte! Wieso bist du denn beleidigt? dachte Jack.

"Ich bin überhaupt nicht beleidigt!" widersprach Daniel.

Jack stutze.

"Hä?"

Daniel wich Jacks Blick bewusst hektisch aus.

"Hab ich mich nicht klar ausgedrückt?" fragte er, doch seine Stimme zitterte.

"Doch, doch. Sehr klar....... nur....."

"Ich.... ich glaub ich leg mich schlafen....", stammelte Daniel und streckte die Hände nach Jack aus.

O'Neill half ihm auf die Beine und brachte ihn in sein Schlafzimmer.

Ohne ein weiteres Wort legte Daniel sich schlafen.

Auch Jack sagte nichts.

Kannst du Gedanken lesen? dachte er, den Satz direkt an Daniel gewandt, doch Daniel sagte nichts. Dann schlaf gut, Daniel. Ruh dich aus....

Jack schloss langsam die Türe hinter sich.

Wieder polterte es über ihnen.

Jack hielt inne.

Hatte er da gerade eine Stimme gehört?

Er lauschte.

Er hörte die Autos auf der Straße, eine Tür die zugeschlagen wurde, einige Vögel....

Leise, ganz leise mischte sich ein schwacher Impuls zwischen die Geräusche.

Ein Rhythmus, der keinem Geräusch nahe kam, dass er kannte.

Es wurde lauter, klarer.

Erst konnte Jack es nur als Stimme identifizieren.

Er konnte keine konkreten Worte heraus hören, nicht verstehen, was sie ihm sagen wollte.

Jack entspannte sich völlig, so, als könne er wenn er sich nur anstrengte, verstehen, was gesprochen wurde.

Und tatsächlich wurde die Stimme deutlicher, klarer, als käme sie auf ihn zu.

Es waren Worte.

Klare, helle Worte, die sich immer wiederholten.

Doch sie klangen nicht, als würde jemand sie aussprechen.

Vielmehr hörte er die Stimme direkt in seinem Kopf.

Sie wiederholte immer denselben Satz.

Hast du Angst? Hast du Angst? Hast du Angst? Hast du Angst? Hast du Angst?

Ein anderes Geräusch holte Jack in diese Welt zurück.

Ein altes, zerfledertes Buch war aus dem Regal gefallen und unter das unterste Brett gerutscht.

"Daniel, du brauchst Buchstützen!" bestimmte er und kniete sich seufzten hin um das Buch wieder hervor zu holen.

Plötzlich klingelte das Telefon.

Jack erschrak und wollte sich aufrichten, doch er stieß mit dem Kopf gegen das Regal.

Einige Bücher und Ordner fiel zu Boden.

Fluchend und sich die schmerzende Stelle haltend, ging er zum Telefon.

"Bei Jackson?" meldete er sich, nicht so höflich, wie es sich gehörte.

"Sir?" hörte er Dr. Fraiser's Stimme fragen.

"Fraiser? Was gibt es?"

"Ich wollte nur...."

"Ja, ja! Daniel geht es gut! Er schont sich, ißt genug und schläft gerade. Bis Morgen!"

Jack knallte den Hörer wieder auf die Gabel und kehrte zum Bücherregal zurück.

Als Jack sich bückte um alles was heruntergefallen war wieder aufzuheben, rutschte eine abgenutzte Mappe aus einem der Aktenorder.

Jack hob sie auf.

Sie war wirklich sehr alt und die Ränder waren ausgefranst, zerknickt und bereits im Stadium der Auflösung.

In ausgebleichter Tinte stand Daniels Name vorne drauf.

Jack schlug sie auf.

Ihm fiel eine lose Blattsammlung entgegen.

Bilder.

Einfache Kinderkritzeleien.

Das erste Bild zeigte einen großen Felsblock, inmitten von Sand.

Es war grob ausgemalt und voller weißer Streifen, doch hatte es einen gewissen Charme.

Unten rechts stand, gekritzelt "Amiel".

Jack sah sich die Bilder an.

Ein kahler schwarzer Baum, umgeben von Büschen.

Dieses Bild kam ihm irgendwie sehr bekannt vor, doch er erinnerte sich nicht, es schon einmal gesehen zu haben.

Auch dieses war von Amiel unterschrieben.

Ein weiteres Bild, mit dem gleichen Baum lag darunter.

Doch diesmal trug der Baum rote, braune und orangene Blätter, sie leuchteten, als würde der Baum in Flammen stehen.

Das nächste Bild lies Jack stocken.

Es war nur mit einem schwarzen Filzstift dahingeworfen, doch wirkte es auf eine gewisse Weise sehr überlegt.

Ein Hügel, darauf standen ein Mann und eine Frau, beide hielten einander und jeweils ein Kind an der Hand.

Sie lächelten alle.

Jack fiel auf, dass die beiden Kinder, es sollten wohl zwei Jungen sein, genau gleich aussahen.

Auf dem Hügel war ein großer Kreis, darin ein weiteres Kind.

Es hatte die Augen geschlossen und ein völlig ausdrucksloses Gesicht.

Daneben war noch ein Kreis, doch er war leer.

Und in der rechten unteren Ecke wieder die gekritzelte Unterschrift.

Das nächste Bild sah fast genauso aus, wie eine Kopie.

Doch diesmal lag einer der Jungen in dem zweiten Kreis.

Er sah traurig aus.

Seine Familie starrte ausdruckslos vor sich hin.

Jack legte es zur Seite.

Nun hielt er ein Bild in Händen, dass ein unwohles Gefühl in ihm aufkeimen lies.

Wieder der Hügel, wieder die Kreise mit den Kindern.

Doch neben den beiden kleinen Kreisen, war ein großer Kreis.

Darin lagen, Hand in Hand, die Eltern.

Ihr Sohn stand auf dem Hügel und weinte still.

Auch der Junge in dem Kreis weinte.

Dieses Bild war irgendwie anders als die anderen.

Es dauerte einen Moment, bis Jack den Grund entdeckt hatte.

Ganz klein stand oben links ein Name.

Daniel.

Jack legte alle drei Bilder nebeneinander.

Es sah aus, als erzählten sie eine Geschichte.

Eine Familie, drei Kinder.

Eines stirbt, das zweite stirb und die Eltern sterben.

Jack seufzte.

War etwa Daniel der kleine Junge, der dort stand und weinte?

Aber Daniel hatte keine Geschwister.

Er hat es jedenfalls nie erwähnt... dachte Jack.

Er blätterte weiter in der Mappe, suchte nach einer Erklärung.

Doch er fand nur leere Seiten.

Und einen großen Umschlag.

Jack öffnete ihn, und vier schwarze Bögen Papier fielen ihm entgegen.

Weitere Bilder.

Die Linien auf dem Papier waren weiß, so als seien sie Negative des Originals.

Daniel hatte sie gemalt.

Sie waren genauso kindlich Gezeichnet wie die anderen, doch irgendwie auch anders.

Die beiden Jungen standen vor dem Grab ihrer Schwester, die ausdruckslos wie schlafend da lag.

Über dem Mädchen stand ein Grabstein, auf dem ihr Name stand.

Rehana.

Jack fielen die Gesichter der Jungen auf.

Der eine war traurig, hatte die Augen geschlossen, der andere stand ruhig da, die Augen zwei leuchtend blaue Punkte.

Das nächste Bild zeigte wieder den traurigen Jungen, diesmal vor dem Grab seines Bruders.

Aber anders als seine friedlich ruhende Schwester, schaute der tote Junge traurig, seine Augen leuchteten hell.

Auf seinem Grabstein stand "Amiel".

Auf dem dritten Bogen, stand Amiel wieder neben seinem Bruder, lag gleichzeitig unter der Erde.

Doch seine Umrisse waren grau, als sei er nur ein Schatten seines Bruders, und seine Augen waren viel dunkler.

Auch das vierte Bild zeigte diese Szene.

Doch Amiel stand nicht mehr neben einem kleinen Jungen, sondern neben einem erwachsenen Mann, dessen Augen genauso leuchteten wie seine.

Jack besah sich die Bilder lange, doch er verstand sie nicht ganz.

Als er die Bilder wieder in den Ordner legen wollte, sah er, dass an der Rückwand der Mappe mit Tesafilm ein Briefumschlag befestigt war.

Er zögerte.

Eigentlich hatte er ja kein Recht in Daniels Sachen zu kramen.

Und eigentlich ging in dies ja auch gar nichts an.

Eigentlich.....

Jack gab seiner Neugier nach und löste den Umschlag vorsichtig von der mürben Pappe.

Er war nicht zugeklebt, die Lasche nur leicht in den Umschlag gesteckt.

Jack öffnete ihn.

Darin befanden sich einige Kleinbildnegative, aber nicht die dazu passenden Fotos.

Er nahm eines und hielt es ins Licht.

Die Bilder zeigten Daniel.

Irgendwie kamen sie Jack sehr bekannt vor.

Jetzt erinnerte er sich.

Alle diese Bilder zeigten Daniel auf irgendeiner Mission.

Ja, auf einem Bild stand er sogar vor dem Dimensionsspiegel den sie gefunden hatten!

Er streckte die Hand aus und berührte mit den Fingerspitzen die Oberfläche des Spiegels.

"Oh man....", flüsterte er.

Aber es waren auch Bilder dabei, die Jack völlig fremd waren.

Daniel saß neben einem Mädchen, das er noch nie gesehen hatte.

Er lag auf dem Boden, offensichtlich verletzt, und Sam und Daniel knieten neben ihm, wollten ihm anscheinend helfen.

Das letzte Bild zeigte einen jungen Mann mit kurzen Haaren.

Er trug eine hochgeschlossene Weste und lief neben Daniel her, durch offensichtlich nichtirdische Gänge.

All diese Negative sahen aus, als hätte sie jemand aufgenommen, der zu diesem Zeitpunkt neben SG-1 gestanden hatte.

Doch das war völlig unmöglich!

Einige Bilder zeigten Jack sogar in einer Situation, in der er mit hundertprozentiger Sicherheit völlig alleine gewesen war.

Woher kamen diese Bilder?

Wer hatte sie gemacht, und wo hatte Daniel sie her?

Jack steckte sie wieder in den Umschlag zurück.

Sorgsam steckte er sie wieder mit den Bildern in die Mappe.
 

"Carter?"

Sam blickte auf.

"Colonel", erwiderte sie. "Was gibt es?"

"Carter.....", begann Jack und leckte sich über die Lippen. "Finden Sie nicht auch, dass Daniel... irgendwie... etwas Geheimnistierisches an sich hat? Ich meine, was sein Privatleben angeht."

"So, Daniel hat ein Privatleben?" fragte sie und lächelte. "Für ihn gibt es doch nur seine Arbeit."

"Ich spreche eher von seiner Vergangenheit und von ihm selbst", erläuterte Jack und kam näher.

Sam überlegte einen Moment.

"Glauben Sie, er hat etwas zu verbergen?"

"Ich bin nicht sicher", erwiderte Jack und lies seinen Blick durch den Raum schweifen. "Glauben Sie an übernatürliche Fähigkeiten, Carter?"

Sam legte den Kopf schief.

"Na ja... wir sind schon öfters Rassen begegnet, die Dinge konnten, die für uns übernatürlich schienen, also....."

"Nein, nein, nein!"

Jack fegte ihre Worte mit den Händen hinweg.

"Ich spreche von Menschen, Major. Übersinnliche Fähigkeiten bei scheinbar normalen Menschen."

Jack sprach jedes Wort sehr langsam und betont aus um ihnen Nachdruck zu verleihen.

Sam sah ihn nachdenklich an.

"Sie wollen doch nicht sagen, Daniel...."

"Und wenn es so ist?"

"Das...... das hätte er uns doch sicher gesagt...... oder?"

Jack sah sie schweigend an.

"Sir, wie kommen Sie darauf?"

Er atmete tief durch.

"Ich habe zufällig einige.... Dinge... gefunden. Und ich denke sie können nicht auf normalem Weg dort hingekommen sein. Ich.... ich kann das nicht erklären. Doch ich bin sicher Daniel hat etwas damit zu tun! Und ich werde herausfinden, wie, was und wieso", sagte Jack bestimmt und machte eine Pause. "Würden Sie mir dabei helfen?"

Sam presste die Lippen zusammen.

"Sie wollen doch nicht in Daniels Sachen rumschnüffeln, oder Sir?"

"Ich will Nachforschungen anstellen!" erwiderte er.

Sam wandte ihren Blick ab und überlegte.

"Okay", sagte Jack. "Denken Sie darüber nach. Wenn ich etwas Konkreteres habe, komme ich zu Ihnen!"

Noch ehe Sam etwas sagen konnte, verschwand Jack aus ihrem Labor.
 

Daniel war bei Dr. Fraiser auf der Krankenstation.

Sie wollte ihn noch einmal untersuchen, also würde er erst in zwei Stunden wieder hier sein müssen.

Jack fuhr so schnell er konnte zu Daniels Wohnung.

Er war sich jetzt völlig sicher, dass hier etwas nicht stimmte!

Jack ging auf das Bücherregal zu und nahm einige Bücher heraus.

Dahinter waren immer noch die schwarzen Videokassetten.

Entschlossen nahm Jack eine Kassette und schob sie in den Rekorder.

"Wenn du mir nicht sagen willst, was es damit auf sich hat, finde ich es eben selbst heraus", murmelte er und drückte auf PLAY.
 

Erst war das Bild schwarz, dann wurde es weiß.

Die Kamera wackelte bedenklich und schwenkte herum.

Ganz in Weiß gekleidet, saß jemand in diesem leeren weißen Raum auf dem Boden.

Ein Junge, den Kopf geneigt.

Sein Gesicht war verschwommen, unscharf.

Eine Person im weißen Kittel beugte sich über die Kamera.

Hinter dem Mann leuchtete ein grelles Licht, so dass man ihn nicht richtig erkennen konnte.

Seine Augen leuchteten gelblich, sein Lächeln wirkte falsch und verräterisch.

Jetzt sah der Hintergrund aus, wie eine schmutzige Folie, über die ein Skalpell von einer unsichtbaren Hand gezogen wurde.

Die Klinge hinterlies eine blutige Spur.

Wieder sah man den Jungen.

Er hob den Kopf und blickte den Betrachter aus hellen blauen Augen an.

Die Iris flackerte, wie ein schlechtes Fernsehbild.

Neben ihm stand ein Schatten, nicht größer als ein Kind.

Die Kinderkritzelei des Baumes erschien, wechselte die Farbe, wurde fast schwarz, dann grau.

Das Bild wurde weggerissen, und ein neues erschien.

Ein weißes Blatt Papier, auf dem eine gekrakelte Vierundzwanzig erschien, dann eine Eintausenddreihundertdreiundzwanzig und nach und nach immer mehr Zahlen.

Immer wieder wechselte das Bild die Farbe, von schwarz auf grau und wieder auf weiß.

Ein völlig dunkler Raum tauchte plötzlich auf.

Durch die offene Tür fiel helles Licht hinein, dann fiel sie zu.

Eine kleine Hand, kratzte über altes Holz.

Jetzt sah man eine Menschenmenge, dicht gedrängt und alle ohne Gesichter, standen sie da.

Die Kamera entfernte sich, ging nach oben weg.

Die Menschen wurden zu unscharfen Punkten, verschmolzen zu einem Bild.

Ein zerfetzter Baumstumpf, schwarz und ausgebrannt.

Abermals sah man den Mann im weißen Kittel.

Er drehte sich um und ging.

Ein vertrautes Bild erschien.

Daniel, wie er sich in die Ecke der Gummizelle drückte.

Doch sein Gesicht war verzerrt, nicht zu erkennen.

Wieder wechselten die Farben, das Bild wackelte wie eine Fotografie.

Jetzt saß Daniel ruhig auf dem Boden, die Hände vor das Gesicht gehoben.

Die Szene wurde immer wieder von Streifen und Rauschen gestört.

Blut floss über sein Gesicht, seine Arme, zwischen seinen Fingern hindurch.

Eine neue Kritzelei erschien.

Ein Junge, wie mit Kreide auf eine schwarze Tafel gemalt, stand traurig da.

Hinter ihm ein graues Fenster oder ein Spiegel.

Darin sah man seinen Zwilling, mit blauen Augen lächeln.

Daniel hatte es unterschrieben.

Auch die anderen Bilder aus der Mappe erschienen, verzerrt und falsch eingefärbt.

Der Fels, die Gräber, der Baum.

Ein weißer Tisch, darauf ein geöffneter Briefumschlag aus dem Negative lugten.

Ein Negativ erschien in Großaufnahme.

Die Bilder waren klar und deutlich zu sehen.

Das Stargate, Jack, wie er durch Daniels Wohnung ging, ein Schreibblock mit einer Stargate-Adresse.

Eine Hand war zu sehen.

Das Handgelenk war auf der weichen Innenseite stark vernarbt.

Eine zweite Hand mit einem Messer erschien und schnitt die bleiche Haut auf.

Die Hand eines Kindes griff vergeblich nach der Klinge.

Das Bild zuckte, wurde weiß.

Jetzt war die Hand wieder gesund und das Armband einer Uhr verdeckte die Narben gut, aber nicht vollständig.
 

Jack blinzelte.

Diese Bilder waren ebenso unwirklich und seltsam wie das erste Band.

Er nahm die Kassette an sich und fuhr rasch nach hause.

Dort angekommen schob er das Band sofort in seinen Videorekorder.

Doch der Fernseher zeigte nur rauschen.

Jack spulte das Tape zurück und startete es erneut.

Es war leer.

Jetzt fielen im Daniels Worte wieder ein: "Sie sind leer. Sie sind alle leer. Auch diese Kassette war leer. Nur hier, nur hier ist etwas drauf."

Nur hier?

War damit Daniels Wohnung gemeint?

Jack schnappte sich das Band.

Hektisch schnappte er sich seine Jacke und machte sich auf den Weg zu Daniels Wohnung.

Morgen würde er das Carter präsentieren.

Er war sich sicher, dass sie dann nicht mehr so skeptisch war!
 

In dieser Nacht schlief Jack sehr unruhig.

Er war neben Daniel eingeschlafen, reflexartig seine Hand haltend.

In seinen Träumen sah er wirre Bilder, die er nicht zu deuten vermochte.

Er sah einen kleinen Jungen, der einen Felsen hinauf kletterte.

Eine Frau, die weinend ein kleines Mädchen im Arm hielt.

Zwischen diese Bilder drängten sich immer wieder Daniel und Sha'Re.

Alles wirkte, als hätte man zwei Bilder übereinander gelegt.

Mehrmals wachte er in dieser Nacht auf, und jedes Mal kamen die Bilder zurück.

Gegen drei Uhr, beschloss Jack einfach wach zu bleiben.

Doch das half ihm nicht.

Während er mit offenen Augen an die Decke starrte, schlichen sich andere Bilder in seinen Geist.

Er sah sich eingesperrt in einen weißen, lichtdurchfluteten Raum.

Tausende Stimmen redeten von allen Seiten auf ihn ein.

Schloss er die Augen kehrten sofort seine Traumbilder zurück.

Ein beklemmendes Gefühl von Angst stach ihn ins Herz, raubte ihm den Atem.

Stöhnend warf er sich herum.

Dabei fiel ihm auf, dass Daniel immer noch seine Hand umklammerte.

Vorsichtig löste er die schlanken Finger von seinen und zog seine Hand zurück.

Und augenblicklich verschwanden die Bilder und dieses beklemmende Gefühl.

Okay, jetzt bin ich sicher, dass du was damit zu tun hast! dachte er und sah Daniel verwirrt an.

Langsam legte er sich wieder hin, lies Daniel keine Sekunde aus den Augen.

Jack sank augenblicklich in einen traumlosen Schlaf.
 

Daniel war am nächsten Tag nicht aus dem Bett zu kriegen.

Jack nutzte die Zeit um handfestere Beweise und vor allem Informationen zu sammeln.

Er durchstöberte Daniels Schränke und sämtliche Unterlagen.

Überraschend schnell fand er, wonach er gesucht hatte.

Alles was er brauchen würde, fand sich zwischen zwei Aktenordnern mit Briefen und Gehaltschecks.

Daniel schlief derweil immer noch.

Jack sagte ihm zwar, dass er weg musste, doch Daniel stieß ihn grummelnd fort.

Seufzend schrieb Jack ihm einen Zettel, den er auf den Nachttisch legte und ging.
 

Es klingelte Sturm.

Sam öffnete die Tür.

Überrascht sah sie ihren Colonel an.

"Sir?"

"Ich brauche Ihre Hilfe!" sagte Jack und trat ein.

Er ging sofort ins Wohnzimmer.

"Sir, was ist denn?" fragte Sam, die in der Tür stehen geblieben war. "Wobei soll ich Ihnen helfen?"

"Kommen Sie her, Carter."

Sam setzte sich neben Jack auf den Boden.

O'Neill hielt das Tape hoch.

"Diese Kassette habe ich von Daniel. Ich habe mir sie in seiner Wohnung angesehen, und dann bei mir zu hause", erklärte er.

Jack schob die Kassette in Sams Rekorder und drückte auf PLAY.

Ruhig sah Sam auf den Bildschirm.

Nur Rauschen.

"Und?"

Jack nahm die Kassette wieder heraus und schob sie in seinen Rekorder.

Wieder nur Rauschen.

"Sie ist leer", stellte Sam fest.

"Ja, leer", bestätigte Jack. "Doch als ich sie mir in Daniels Wohnung angesehen habe, war sie noch bespielt. Und jetzt kommt das Unglaubliche! Kommen Sie mit!"

Sam konnte sich nicht erklären, was der Colonel von ihr wollte, also folgte sie ihm.

Sie fuhren zu Daniels Wohnung.

Hektisch sprang Jack die Treppen hinauf, so dass Sam ihm kaum folgen konnte.

Jack schloss die Türe zu Daniels Wohnung auf und lief zielsicher ins Wohnzimmer.

Sam schloss die Tür hinter sich und folgte ihm.

Jack hatte bereits seinen Rekorder angeschlossen und wartete auf sie.

"Daniel schläft noch", sagte er. "Seien Sie bitte leise."

Sam nickte.

"Und jetzt sehen Sie genau hin!" sagte er und startete das Band.

Sam hielt den Atem an.

"Und das ist das selbe Band?" fragte sie, als die Bilder vor ihren Augen zuckten.

Jack nickte.

"Passen Sie auf", sagte er und legte das Band in seinen Rekorder ein.

Wieder erschienen die seltsamen Bilder.

Irritiert huschte Sams Blick zwischen dem Fernseher, dem Rekorder und Jack hin und her.

"Wie ist das möglich?" fragte sie.

"Ich weiß es nicht. Ich hatte gehofft, Sie könnten mir das sagen. Es ist, als existierten die Bilder nur in diesem Raum."

"Sir.... ich......"

Sam schüttelte den Kopf.

Sie hatte auch keine Antwort auf dieses Phänomen.

Jack zeigte auf das Bücherregal.

"Daniel hat ganz viele davon. Und das ist nicht alles."

Jack stand auf und nahm die Mappe mit den Bildern vom Tisch und reichte sie Sam.

"Sehen Sie sich den Film noch einmal genauer an", sagte er und schlug die Mappe, die nun auf ihrem Schoß lag auf.

Sam betrachtete die Bilder erst einzeln, dann startete sie das Band von neuem.

Sie erstarrte, als sie erkannte, was Jack meinte.

"Hat Daniel das aufgenommen?" fragte sie ernst.

"Ich weiß es nicht", erwiderte Jack. "Aber ich glaube nicht, dafür hat er viel zu hysterisch auf die Bänder reagiert. Sie scheinen ihm Angst zu machen."

"Es ist..... es ist....."

"Ja, als hätte jemand einen Albtraum", vollendete Jack den Satz nickend.

Sam sah ihn beunruhigt an.

"Und wenn es das ist? Wenn es ein Albtraum ist?"

"Sie meinen..... eine Aufzeichnung.... von Gedanken?"

Sam nickte.

"Ja, ich weiß zwar nicht wie, aber das wär doch eine plausible Erklärung."

Sie schwiegen eine Weile.

"Ich muss Ihnen noch etwas zeigen", sagte Jack und stand auf.

Er nahm ein kleines, in Leder gebundenes Buch vom Tisch und schlug es auf.

Es war das Stammbuch von Daniels Familie.

Sam blätterte darin.

Die Heiratsurkunde seiner Eltern, die Geburtsurkunden der Kinder.

Sam hielt inne.

"Ein zweites Kind?" hakte sie nach, als sie die Geburtsurkunde von Daniels Bruder sah.

"Und ein drittes. Amiel und Rehana, geboren am 08.07.1965 und am 14.01.1968. Und...."

Jack blätterte um.

"Gestorben am 10.08.1971 und am 07.04.1969", fuhr er fort und zeigte auf die Sterbeurkunden.

Sam betrachtete sie schweigend.

Innerhalb von nur vier Jahren hatte Daniel ein Familienmitglied nach dem anderen verloren.

Sie sah sich die Geburts- und Sterbedaten der Kinder noch einmal an, dabei fiel ihr etwas auf.

Amiel geboren am 08.07.1965.

"Zwillinge?" fragte sie.

Jack nickte.

"Daniel hat nie erwähnt, dass er...."

"Geschwister hatte. Ja, das hat er nie erwähnt. Aber vielleicht sind sie ja der Schlüssel."

Sam sah ihn durchdringend an.

"Ich glaube, wir sollten uns dieses Video noch einmal genauer ansehen", sagte sie und spulte das Band zurück.

Sie betrachteten die Bilder diesmal aufmerksamer.

Sam hielt das Band an.

"Das sieht mir nach einer Klinik aus. Einer Nervenklinik", sagte sie.

Jack hatte derweil Stift und Papier geholt und machte sich Notizen.

Sie lies das Band langsam weiter laufen.

"Ein Baum", murmelte sie. "Was hat es mit diesem Bild auf sich..... Zahlen....."

Sie seufzte.

"Da ist doch gar kein Zusammenhang!"

Jack sah weiter auf das Bild.

"Dieser Raum.... sieht aus, als würde jemand dort eingesperrt werden."

Sam nickte und rieb sich die Schläfe.

"Jetzt werden die Bilder eindeutiger", sagte sie, als Daniel erschien. "Diese Bilder kennen wir."

"Ja, nur das sie niemand aufgenommen haben kann. Wir waren allein, als es passiert ist."

"Die realistischen Bilder verschmelzen mit den Unrealistischen", sagte Sam und zeigte auf das Blut.

Jack schrieb sich rasch die Stargate-Adresse auf, als die Negative auftauchten.

Die weiße Hand erschien.

"Da ist jemand, der sich schon sehr oft umbringen wollte, und versucht es wieder."

"Und jemand anderes will es verhindern", fügte Jack hinzu. "Ein Kind."

Sam stöhnte.

"Vielleicht sollten wir nach einer Person in Daniels Umfeld suchen, die suizidgefährdet ist", schlug sie vor.

Jack überlegte.

In Daniels Umfeld....
 

Sam war gegangen.

Sie hatte Jacks Notizen mitgenommen und wollte versuchen etwas heraus zu finden.

Daniel war inzwischen auch auf den Beinen.

Als Jack das Zimmer betrat saß er mal wieder über seiner Arbeit.

"Hey, Jack", sagte er ohne aufzusehen.

"Hi", erwiderte Jack und stellte sich dicht hinter seinen Freund.

Sein Blick ruhte auf Daniels linker Hand, die hastig Buchstaben auf das Papier kritzelte.

Jack schnappte sich die Hand und zog sie zu sich hoch.

"Jack?" fragte Daniel und sah ihn perplex an.

Jack achtete nicht auf ihn.

Er nahm Daniels Uhr ab und besah sich die weiche Haut über den Venen.

Sie war von feinen Narben durchzogen.

Daniel riss seine Hand fort.

"Jack, was soll denn das?" fragte er und schnappte sich seine Uhr.

"Warst du das?" fragte Jack und zeigte auf Daniels Hand.

"Wie bitte?"

"Die Narben meine ich. Hast du dich geschnitten?"

Daniel schnappte nach Luft und drehte sich weg.

"Daniel! Ich möchte wissen, wieso du dir das Leben nehmen wolltest."

"Das ist lange her....", erwiderte Daniel schlicht und schüttelte den Kopf.

"Daniel!"

Der Archäologe atmete tief durch und blinzelte.

"Jack... wieso interessiert dich das? Glaubst du ich würde mich umbringen?"

"Wer es einmal versucht, versucht es wieder", sagte Jack und sah Daniel ernst an.

"Jack.... ich.... es hat sich vieles verändert, ich......"

Daniel schwieg.

Er wusste nicht, was er Jack sagen sollte.

Oder viel mehr wie er es ihm sagen sollte.

"Ich hab doch nur Angst um dich", sagte Jack.

Sein Blick wurde jetzt weicher.

Daniel erwiderte seinen Blick dankbar.

"Ich weiß", flüsterte er. "Doch es ist besser, wenn du nicht weiter darüber nachdenkst. Das ist für alle besser."

Jack seufzte und schloss die Augen.

Sein Gesicht drückte seinen ganzen Unmut über Daniels Worte aus.

"Daniel. Könntest du vielleicht einmal Klartext mit mir reden? Dein geheimnisvolles Getue um alles was deine Vergangenheit anbelangt nervt mich. Ich müsste eigentlich so reagieren! Ich hab die finstere Vergangenheit von uns beiden!"

Daniel lächelte schmerzlich und senkte den Kopf.

"Du hast gar keine Ahnung, Jack, wie tiefschwarz meine Vergangenheit ist."

"Daniel....", begann Jack. "Ich muss für ein paar Tage weg. Ich würde es gern sehen, wenn du bei mir zu hause bleibst. Teal'C wird sich um dich kümmern..."

"Jack!" rief Daniel empört. "Ich.... ich bin doch kein Kind mehr... ich.... Du kannst nicht einfach über mich bestimmen!"

Daniel sah Jack fest an, um Fassung ringend.

"Ich will nur sicher gehen, dass es dir gut geht, Danny", verteidigte sich Jack. "Ich bin bald wieder da.... Ich weiß dich nur lieber bei mir zu hause in Sicherheit und beschützt, als das..."

Daniel schüttelte den Kopf.

"Ich bin doch nicht dein Sohn!"

Jack schloss die Augen.

"Nein.... nein, das bist du nicht."

Jack sah Daniel in die Augen.

"Aber das heißt nicht, dass ich dich nicht so liebe, als wärst du es."

Daniels Lippen zitterten.

"Gott", flüsterte er. "Jack, sag das bitte nicht! Sag es nicht!"

Was ist mit ihm? dachte Jack. Wieso....?

"Ja. Ich denke, ich sollte zu dir nach hause gehen", sagte Daniel plötzlich und stand auf. "Auf, auf!"

Verwirrt sah O'Neill seinem Freund hinterher, als Daniel sich an der Wand abstützend auf den Weg machte seine Sachen zu holen.

Ich versteh dich wirklich nicht, Daniel. Wieso reagierst du so ängstlich auf die Nähe zu anderen Menschen?
 

Jack stellte Daniels Tasche im Gästezimmer ab.

Daniel lies sich auf das Bett fallen, Teal'C stand in der Türe.

"Ihr kommt zurecht?" fragte Jack.

Daniel nickte.

"Sei unbesorgt, O'Neill", erwiderte Teal'C und deutete eine Verbeugung an.

Jack nickte und ging ins Wohnzimmer, wo immer noch die Kassette lag, die er aus Daniels Wohnung mitgenommen hatte.

Er bückte sich um sie aufzuheben.

Als er sich wieder aufrichtete, fiel sein Blick durch das Fenster in den Garten, auf einen großen, von Büschen umrahmten Baum.

Dieses Bild kam ihm irgendwie bekannt vor....

Wie ein Blitz durchzuckte ihn die Erkenntnis!

Dies war der Baum, der auf dem Video zu sehen war!
 

"Carter", grüßte Jack seine Kollegin.

"Sir."

"Ich hab uns ein paar Tage Zeit verschafft, ungehindert zu suchen", meinte er.

"Daniel?"

"Er bleibt vorerst in meinem Haus. Wissen Sie, was da steht?" fragte er und gab ihr den Zettel mit der Zahlenschrift die Daniel unbewusst aufgeschrieben hatte, und den er aus dem Papierkorb gefischt hatte.

Sam betrachtete sie.

"Ist das ein Code?"

"Ich denke schon. Ich kann ihn nur nicht lesen. Können Sie das entschlüsseln?"

"Ich kann es versuchen, Sir."

"Dann versuchen Sie."

Sam setzte sich an ihren Schreibtisch und nahm Stift und Papier zur Hand.

"Kann ich ihren Computer benutzen?" fragte Jack und setze sich davor.

Sie nickte und machte sich an die Arbeit.

Sam beschloss, dass die Zahlengruppen Worte waren und teilte sie in weitere gleiche Gruppen ein.
 

24 13 23 52 15 43 33 24 44 44 15 14 24 13 23.

24 13 23 32 24 15 12 15 24 13 23.

32 24 15 12 44 45 15 43 44 13 23 53 15 44 45 15 43.

24 13 23 12 43 11 51 13 23 15 14 24 13 23.

53 12 24 34 24 13 23?

53 24 15 55 35 33 51 44 44 24 13 23 23 24 15 43 12 32 15 24 12 15 34?

24 13 23 53 24 32 32 34 11 13 23 23 11 51 44 15!

23 15 32 21 45 33 24 43 14 35 13 23!

12 24 45 45 15, 23 15 32 21 45 33 24 43!
 

Damit war sie schon einen Schritt weiter.

Als nächstes suchte sie nach gleichen Zahlengruppen, die häufig vor kamen.

Während sie dort rumprobierte, startete Jack seine Suche.

Er wollte mehr über Daniels Familie herausfinden, über seine Vergangenheit.

Er hatte keine große Ahnung von Suchmaschinen, doch schon bald fand er, wonach er gesucht hatte.

"Oh Gott...", flüsterte er, als er las was dort stand.

"Carter, ich bin gleich wieder da", sagte er, schaltete den Monitor aus und verschwand.

Sam nickte geistesabwesend.
 

Jack war auf dem Weg in Dr. McKenzies Büro.

Dort befanden sich Akten über alle Mitarbeiter des SGC, und auch - falls sie existierten - die Akten über vorige Behandlungen bei anderen Ärzten.

McKenzie war heute nicht da, und sein Büro nie abgeschlossen.

So hatte Jack leichtes Spiel.

Er schaltete die Kamera aus, die genau auf die Bürotür gerichtet war und marschierte einfach in das Büro, ohne von jemandem gesehen zu werden.

Auch dort setzte er die Kamera außer Gefecht.

An der gegenüberliegenden Wand standen die Aktenschränke, die bis zur Decke reichten.

Alle Krankenakten waren ordentlich nach Alphabet geordnet.

Jack suchte.

Aa - Be, Bi - Do, Du - Ge, Gi - Ha, He - Ja...

Gefunden!

Jack öffnete die Schublade, die bersten voll war mit Akten.

Sehr weit hinten fand er Daniels Akte.

Sie war viel dicker, als Jack vermutet hätte.

Ich wusste ja, dass Daniel nicht normal ist, aber das hätte ich nicht erwartet, schoß es ihm durch den Kopf.

Laut knallend landete die Akte auf dem Schreibtisch.
 

Sam kam derweil Schritt für Schritt voran.

Doch sie war keine Kryptologin.

Sie saß sehr lange vor dem Zettel, ohne etwas zu erreichen.

Sie hatte mittlerweile begriffen, dass die 15 ein E, die 24 ein I und die 13 ein C war.

Nach einer Weile konnte sie schon einzelne Worte lesen.
 

ICH 52E4333ISSE DICH.

ICH LIEBE DICH.

LIEBSTE SCH53ESTE 43.

ICH B431151CHE DICH.

53 BI34 ICH?

53IE5535 3351SS ICH HIE43 B32EIBE34?

ICH 53I3232 3411CH H1151SE!

HE3221T 33I43 D35C H!

BITTE, HE3221T 33I43!
 

Langsam kam sie dahinter, und entzifferte den kurzen Text.

Der Code war eigentlich sehr einfach.

In ein Gitter aus Zahlen wurden die Buchstaben eingesetzt.
 

12345

1ABCDE

2FGHIJ....
 

Dann konnte man den verschlüsselten Text aufschreiben.

Jedes A war 11, jedes B 12, jedes C 13 und so weiter....

Eines der ältesten Codierungssysteme der Welt.

Der Text lautete decodiert:
 

ICH VERMISSE DICH.

ICH LIEBE DICH.

LIEBSTE SCHWESTER.

ICH BRAUCHE DICH.

WO BIN ICH?

WIESO MUSS ICH HIER BLEIBEN?

ICH WILL NACH HAUSE!

HELFT MIR DOCH!

BITTE, HELFT MIR!
 

"Sir!" rief sie, als Jack wieder ihr Labor betrat. "Ich bin fertig."

Jack nickte und nahm ihr den Zettel mit dem decodierten Text aus der Hand und las ihn.

Jack sah sie ernst an.

"Wissen Sie was das bedeutet, Sir?" fragte sie.

"Carter, erinnern Sie sich, als sie sagte, die Videobänder seien Aufzeichnungen von Gedanken?" fragte Jack zurück.

"Ja, natürlich, Sir. Wieso? Was hat das mit dem Text zu tun?"

"Ich hab da was gefunden", sagte Jack und schaltete den Monitor wieder an.

Sam rutschte näher heran um sich die Web-Site genauer anzusehen.

"Die Homepage eines mehr oder minder wissenschaftlichen Magazins", sagte Jack.

Sam überflog den Text.

"Gedankenfotographie?" fragte sie schließlich und sah Jack ungläubig an.

Jack nickte.

"Ja, es soll angeblich Menschen geben, die durch bloße Gedankenkraft einen Filmstreifen belichten können. Was, wenn es das ist?"

"Sie meinen, wenn Daniel diese "Gedankenfotographie" beherrscht? Aber Sie sagten doch, es seien nicht Daniels Gedanken."

Jack atmete tief durch und schloss kurz die Augen.

"Ich hab mich etwas über Daniels Familiengeschichte schlau gemacht", begann er. "Seine Schwester ertrank als kleines Kind in einem Bach, kurz darauf fiel sein Bruder von einem Felsen. Nach dem Tod seiner Eltern wurde Daniel jahrelang psychiatrisch behandelt. Er behauptete, sein Bruder würde mit ihm reden, ihn dazu bringen, diese Bilder zu malen, von denen wir einige gefunden haben."

Sam überlegte.

"Und jetzt kommt das Allerschärfste!" sagte Jack und klickte auf einen anderen geöffneten Internetexplorer, der bisher im Hintergrund gelaufen war.

Jack scrollte weiter runter.

Der recht lange Text der erschien war mit vielen Bilder einer jungen Frau verwoben.

"Das ist die Web-Side eines Vereins für Übersinnliches in New Orleans", erklärte Jack. "Daniels Mutter soll angeblich hellseherische Fähigkeiten gehabt haben!"

Jack zeigte auf das Bild der jungen Frau.

Darunter stand ihr Name: Claire Ballard.

Daniels Mutter.

Jetzt, wo sie das hörte, fand Sam die Theorie gar nicht mal so abwegig.

Bei genauerer Betrachtung, konnten die Bilder auf dem zweiten Tape sogar sehr gut Daniels Gedanken sein.

"Und wenn sie beide, Daniel und Amiel, diese Fähigkeit geerbt haben?" fragte sie. "Dann....."

"Das hab ich auch schon gedacht", erwiderte Jack. "Und wissen Sie was?"

Jack zeigte Sam den untersten Teil der Seite.

Dort war ein Bild von einem Zwillingspaar, zwei kleine Jungs.

Sam erkannte sofort die leuchtenden blauen Augen wieder, mit denen sie eines der Kinder ansah.

"Daniel und sein Bruder haben, wenn sie zusammen waren - und auch nur, wenn sie zusammen waren - oft Ereignisse in ihrer unmittelbaren Umgebung vorher gesagt. Oder in ihrer Gegenwart geschahen seltsame Dinge. Nach dem Tod ihrer Eltern hat sich das bei Daniel noch verstärkt. Er hat immer öfter Dinge gesagt, die er wirklich nicht wissen konnte, so als könnte er hellsehen! Mehrmals hat er vorhergesagt, dass jemand sterben wird. Er konnte sogar die Todesart nennen."

Jack öffnete die Krankenakte, die neben ihm auf dem Schreibtisch lag.

"Sehen Sie das?" fragte er und zeigte auf eine negative Kinderkritzelei.

Sei zeigte ein Mädchen, die in einem tiefen, röhrenförmigen Loch saß, umgeben von Wasser.

Auf einem weiteren Bild stand eine Person neben dem Loch, eine Frau.

Sie hielt ein Seil in das Loch.

Doch auf dem nächsten Bild lag das Mädchen regungslos mit geschlossenen Augen im Wasser.

Die Frau kniete auf der Erde und weinte.

"Was ist das?"

"Daniel hat diese Bilder gemalt und zwei Wochen später ertrank seine Pflegeschwester in einem alten Brunnen", erklärte Jack und blätterte um. "Er hat auch den Feuertot eines Klassenkameraden vorhergesehen."

Auf dem nächsten Bild war ein brennendes Haus und ein Junge, der mit brennenden Kleidern weglief.

"Das war auch der eigentliche Grund, weshalb ihn keine Pflegefamilie haben wollte. Sie hatten Angst vor ihm. Und was noch seltsamer ist, alle Personen, denen Daniel sehr nahe stand, ist immer irgendetwas passiert. Einige wurden verletzt, andere starben oder hatten psychische Zusammenbrüche. Auch die Krankenschwester, die ihn während seiner psychiatrischen Behandlung betreut hat, hat sich aus dem Fenster gestürzt. Aber das Ergebnis war immer, dass diese Personen sich von da an von Daniel fern hielten."

"Hm...."

Sam sah ihn ernst an.

"Daniel sagte, sein Bruder würde mit ihm sprechen? Und deswegen wurde er psychiatrisch behandelt. Aber wenn es wahr ist?"

"Das ist die einzige logische Erklärung. Obwohl er tot ist, hat Amiel seinen Zwillingsbruder nie verlassen. Sie können gar nicht von einander getrennt werden. Daniel ist für Amiel das Medium. Durch Daniels Gedanken teilt er sich der Welt mit. Die Bilder sind zwar von Daniel gemalt worden, doch Amiel hat sie sich ausgedacht."

"Und was ist mit den Videos? Glauben Sie, Daniel hilft ihm auch dabei?"

"Ich glaube, dass sich auf den Videobändern die Gedanken von Amiel und Daniel vermischen. Ich weiß nur nicht wieso."

"Und was gedenken Sie jetzt zu tun? Den Geist zu exorzieren?"

Jack schnaufte.

"Wie soll ich DAS denn anstellen? Nein, ich weiß nicht.... ich weiß nicht, was wir jetzt tun sollen..."

Sam zuckte mit den Schultern.

"Das Geheimnis ist gelüftet und das war's dann?" fragte sie.

"Das glaube ich nicht. Ich denke nicht, dass es das war. Das ist zu einfach."

"Manchmal ist die Lösung eben einfach."

"Auch in diesem Fall?"

Sam schwieg.

"Vielleicht sollten wir erst noch mehr Informationen sammeln", sagte sie schließlich.

Jack nickte.

"Und wo?"

Sie zuckte mit den Schultern.

"In Daniels Wohnung?" schlug sie vor.

"Da hab ich doch schon alles auf den Kopf gestellt."

"Vielleicht haben Sie etwas übersehen."

Jack nickte resignierend.
 

Sie fuhren also zu Daniels Wohnung.

Eilig liefen sie die Treppen hinauf und hielten vor der letzten Türe auf dem Gang.

Jack wollte gerade die Wohnung aufschließen, als er plötzlich jemanden weinen hörte.

"Hören Sie das?" fragte er Carter.

Sam nickte.

"Klingt wie ein Kind."

"Es kommt von oben. Aber da gibt es doch kein weiteres Stockwerk...."

"Auf dem Dach?"

Sie gingen zurück zum Treppenhaus.

Eine schmale, dunkle Treppe führte zu einer Tür hinauf, durch die man auf das Dach gelangen konnte.

Sie liefen die Stufen hinauf und öffneten die Türe.

"Sollte die nicht eigentlich verschlossen sein?" fragte Sam.

"Eigentlich schon", erwiderte Jack und betrat das Dach.

Helles Sonnenlicht blendete sie.

Jack blinzelte.

Am Dachrand stand ein Junge.

Er war noch sehr jung und sehr dünn.

Er trug ein weißes Krankenhausnachthemd und hatte ihnen den Rücken zugekehrt.

"Hey", sagte Jack leise um ihn nicht zu erschrecken.

Der Junge drehte sich um.

Jack erschrak.

Das blasse Gesicht des Jungen sah ihn mit leeren blauen Augen an.

Jack ging langsam auf ihn zu.

Sam blieb verwirrt stehen.

"Sir? Was ist?" fragte sie.

Wieso ging ihr Colonel so zielstrebig auf den Dachrand zu?

Da war doch gar nichts.

Der Junge lächelte Jack an und machte einige Schritte rückwärts.

Jack stand jetzt direkt vor ihm.

Er erinnerte sich an sein Gesicht.

Es war Daniel, wie er auf dem Foto ausgesehen hatte, was einer Krankenakte von 1980 beigefügt war.

Jack hörte den Jungen lachen.

Daniel trat einen weiteren Schritt zurück und sprang.

Für einen ewigen Moment schien er zu schweben.

Lächelnd streckte er Jack die Hände entgegen.

Entsetzt griff Jack nach ihm aus, wollte ihn packen.

"JACK!" schrie Sam und stürzte nach vorne.

Hart prallten beide auf dem Dach auf.

Sam hatte Jack gerade noch erreicht, bevor er in die Tiefe stürzen konnte.

"Carter?" fragte er verwirrt.

Jack rappelte sich auf und half auch Sam wieder hoch.

Er warf einen Blick hinunter auf die Straße, doch der Junge war verschwunden.

"Sir, was haben Sie da getan?" fragte Sam ängstlich.

"Haben Sie nicht gesehen....?"

Doch Jack wurde klar, dass Sam ihn nicht gesehen hatte.

"Gehen wir rein, Carter. Hier sind wir nicht sicher."
 

So schnell sie konnten waren sie in Daniels Wohnung gelaufen.

"Und jetzt?" fragte Sam. "Was tun wir jetzt."

"Ich weiß es nicht", gab Jack zu. "Doch was immer wir suchen, es ist nur hier.... nur hier.... Daniel hat das auch gesagt. Es ist nur hier...."

"Naja.... aber wir wissen nicht genau wonach wir suchen sollen. Daniel kann seinen Bruder anscheinend sehen, wir jedoch nicht."

"Aber wir können spüren das er da ist. Deswegen ist es hier auch so kalt."

Sam ging ganz langsam mit suchendem Blick durch die Wohnung.

"Und was tun wir, wenn wir ihn gefunden haben, Sir?"

"Darüber denke ich nach, wenn es soweit ist."

Diese Aussage beruhigte Sam in keinster Weise.

Eine Welle schrecklicher Gefühle streifte sie plötzlich.

Sie fuhr herum.

Ihr Blick ruhte auf einem Vorhang neben der Balkontür.

Es war ihr, als gingen diese Gefühle von diesem Vorhang aus.

Sie ging darauf zu.

"Carter?"

Doch sie hörte seine Stimme nicht.

Ihre Hand schob zitternd den Vorhang bei Seite.

Es war plötzlich eiskalt um sie herum geworden.

Hinter dem Vorhang hing ein großer Spiegel.

Auf einer Ecke klebte ein Aufkleber.
 

Kristall, echt Versilbert
 

"Der Spiegel...", flüsterte sie. "Auf dem Video war doch ein Spiegel.... Ein Bild von einem Spiegel....."

Jack wurde schwindelig.

Eine fiebrige Hitze stieg in ihm auf und er musste sich setzen.

Sam bemerkte es nicht.

Sie stand da und starrte auf den Spiegel.

Wie ein Fenster..., dachte sie.

Die Oberfläche des Spiegels wirkte nicht wie aus Glas.

Es war vielmehr, als würde man in ein anderes Zimmer blicken.

Sie streckte die Hände aus um den Spiegel zu berühren.

Ein Gefühl, als würden sich ihr Hände entgegen strecken ergriff von ihr Besitz.

Jack rieb sich die Stirn.

Ihm war so heiß.

Das Atmen fiel schwer.

Schlafen, dachte er. Ich will schlafen...

Er blickte auf um Sam anzusehen.

Eine tiefe Dunkelheit hüllte sie ein, während sie ihre Hände immer weiter vor streckte.

Ihre Augen waren völlig leblos und starr auf den Spiegel gerichtet.

"Sam!" rief er. "Sam! Lass das!"

Jack sah deutlich einen Schatten im Spiegel.

Er huschte hektisch hin und her, so als freue er sich.

"SAM!"

Jack fuhr herum.

In der Tür stand Daniel.

Er lief zu Sam und riss sie vom Spiegel fort.

Doch sein Bein protestierte heftig und sie stürzten.

"Nein!" schrie Sam und wollte sich Daniels Griff entwinden.

Daniel hielt ihre Handgelenke fest und handelte sich einige Schläge ein.

Jack war speiübel.

"Daniel.... was machst du hier?" fragte er mit schwacher Stimme, seine Kehle war wie ausgedörrt.

Daniel warf Sam zu Boden und richtete sich auf.

Sie blieb einfach liegen und starrte mit leeren Augen die Decke an.

"Als du sagtest, du wolltest für ein paar Tage weg, hab ich dir was in die Jackentasche gesteckt", erklärte Daniel.

Jack fiel auf, dass er seine Jacke gar nicht ausgezogen hatte und griff in seine Tasche.

Ein Taschentuch mit drei großen Blutstropfen kam zum Vorschein.

"Damit konnte ich deine Gefühle auch auf große Entfernungen spüren."

"Daniel.... du solltest doch...... wo ist Teal'C?"

"Ich dachte du hast mir hinterher spioniert. Dann solltest du auch wissen, dass ich Menschen Dinge sehen lassen kann, wenn ich will."

Jack nickte schwerfällig.

Die Hitze schwand langsam aus seinem Körper, sein Blut rauschte laut in seinen Ohren.

"So schaffst du es also immer, unbemerkt zu verschwinden...."

Daniel machte plötzlich ein ernstes Gesicht.

Er starrte böse den Kristallspiegel an der Wand an.

"Hör endlich auf! Lass sie in Ruhe!" schrie er. "Verschwinde! Verschwinde von hier!"

"Daniel?"

"Spürst du diese Hitze?" fragte er. "Er wollte dich in die Falle locken. Die Wärme gibt dir ein Gefühl von Sicherheit und lässt dich unvorsichtig werden. Dann ist es ein Leichtes dich....."

Er beendete den Satz nicht.

Daniel senkte den Kopf und lies seine Schultern hängen.

"Es ist meine Schuld...", flüsterte er. "Ich hätte niemals zulassen dürfen, dass du mir so wichtig wirst..."

Daniel schluchzte.

"Daniel, was meinst du damit?" fragte Jack.

Sam rollte sich stöhnend auf die Seite, schloss die Augen.

Sie war bewusstlos.

Daniel setzte sich.

Jack sah, dass er weinte.

"Erzähl mir, was passiert ist."

"Das weißt du doch schon!" gab Daniel böse zurück.

"Ich möchte es von dir hören!"

Daniel wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, doch sofort flossen neue nach.

"Wieso musste das geschehen?" fragte Daniel, den Kopf noch immer gesenkt. "Wir waren glücklich, alles war gut. Aber dann.... Rehana starb. Wir wussten es und konnten es nicht verhindern. Mama hat auf uns aufgepasst, doch Rehana verstand es noch nicht. Sie verstand ihre Gabe noch nicht. Und dann war sie plötzlich tot...... Genau, wie wir es gesehen hatten.... Und dann.... Amiel starb...... Ich fühlte mich so schrecklich, Jack. So furchtbar hilflos. Mama sagte immer, dass sei ein "Cassandrafluch". Sie wusste es. Sie hat es immer gewusst."

Er machte eine kurze Pause.

"Weißt du, meine Mutter war eine Empatin. Sie konnte die Gefühle anderer Leute spüren. Und Nick beherrscht die Psychometrie, er lies durch Berührung die Geschichte aus einem Gegenstand, oder einem Menschen. Und ich... ich kann meine Gedanken auf Magnetband bannen.... Die Projektion beherrschte ich recht gut, nur die Aufzeichnung hinterher ist jedes mal schrecklich...."

Er lachte nervös.

"Ich kann..... mit Amiels Hilfe begrenzt in die Zukunft sehen....... und wenn ich will, kann ich auch Dinge in dieser Welt manipulieren...... Auch hab ich die Gabe meiner Mutter geerbt. Daher weiß ich, was die Leute denken....."

Daniel lächelte traurig.

"Mama war immer stolz auf ihre Kinder. Sie sagte, ich könnte ganz groß werden. Mein Vater sah dies eher skeptisch. Er fürchtete diese Gabe könnte ein Fluch werden..... und er hatte Recht.... Es ist ein Fluch......."

Jack biss sich auf die Lippen.

"Ich.... ich hab nur die Wahrheit gesagt.... ich lüge nicht."

Daniel schüttelte den Kopf.

"Man sagte mir, ich solle Amiel vergessen. Nichtmehr auf ihn hören. Aber er ist doch mein Bruder! Irgendwann....... begriff ich... dass ich einfach lügen könnte. Und ich log, und man lies mich gehen........ Doch dann....... starb Maya....... Amiel hat sie dazu getrieben.... sie starb, weil er sie in den Tod getrieben hat!"

Er schluckte.

"Ich war wütend auf ihn..... habe ihn dafür gehasst.... Ich hab es versucht....", flüsterte Daniel. "Ich habe versucht, es zu ignorieren..... doch..... Ich kann nicht! Ich... ich höre ihn ständig, Jack. Seit Jahren. Ich hab es ertragen, doch es wird immer schlimmer! Wir sind ja Brüder und ich hab ihn ja lieb..... doch, jedes mal wenn ich jemandem näher komme....... dann mischt er sich ein..... aus Angst mich zu verlieren......"

Daniels Hände zitterten heftig auf seinem Schoß.

"Es ist...... es ist..... er..... ich...... Ich halte das nicht mehr aus, Jack! Ich kann es nicht länger ertragen! Solange wir alleine sind ist alles gut... wir sind glücklich zusammen...... haben unseren Spaß.... Wusstest du, dass ich Schatten manipulieren kann?"

Daniel streckte seinen Zeigefinger aus.

Der Finger seines Schattens berührte dabei den Schatten einer großen Topfpflanze.

Der Schatten veränderte seine Form, wurde zu einem Hund, dann wieder zu der Pflanze.

Daniel lies seine Hand sinken.

"Lustig, nicht? Das haben wir als Kinder oft gemacht. Ich hab meinen Bruder lieb, Jack...... aber ich will auch.... andere Menschen lieben...... von ihnen geliebt werden.... Aber er will das ja nicht..... und es ist nicht mal seine Schuld.... ich kann ihm nicht mal böse sein.... er ist doch noch so klein.... "

Daniel sah Jack flehendlich an.

"Weißt du, wie lange ich das schon ertragen muss? Diese Einsamkeit? Diese fürchterliche Einsamkeit?"

Seine Stimme klang verzerrt und ängstlich.

Jack schüttelte den Kopf.

"Ich ertrage das seit zweiunddreißig Jahren, Jack. Zweiunddreißig Jahre voll mit Geflüster und Bildern, die sich in meine Gedanken schleichen. Zweiunddreißig Jahre lang Angst und Kälte um mich herum. Deshalb wollte mich keine Pflegefamilie behalten. Sobald ich irgendwo auftauche passieren diese Dinge..... Er folgt mir.... ist immer da.... Gebunden an den Ort, an dem ich lebe.... Immer.... immer, Jack.... immer..... Und jetzt will er dir etwas antun! .... Ich soll nur für ihn da sein....... nur für ihn....."

"Daniel...."

"Ich..... es wäre ja nicht so schlimm..... aber.... wir konnten das ja schon immer..... doch nur..... wenn...... wenn wir zusammen sind...... wäre er nicht da...... dann...... würde ich auch..... all diese Dinge nicht sehen...... nicht hören..... ich könnte normal..... ganz normal leben, Jack.... Nur gemeinsam.... nur gemeinsam können wir...... das alles sehen...... Weißt du, Amiel kann immer nur die Bilder zeigen, die er mit eigenen Augen gesehen hat. Neue Bilder kann er nicht erschaffen... Dafür braucht er meine Hilfe... Es tut gut, dass zu tun.... die Bänder zu bespielen..... es hilft, das zu tun.... es erleichtert.... doch..... sobald es jemand entdeckt...... sobald man es entdecken würde...... sie würden mich zurück bringen... in die Klinik. Zurück...... zurück...... Weißt du, wie es ist für etwas für verrückt erklärt zu werden, für das du doch gar nichts kannst? Dafür, dass du die Wahrheit sagst?"

Daniel schluchzte laut.

"Ich konnte das doch niemandem sagen! Hätte ich nicht so glaubhaft gelogen, wäre ich heute noch in dieser Klinik!"

Jack kniete sich neben Daniel und legte die Hände auf seine Schultern.

"Ich.... ich.... nur Maya..... nur Maya hat mir geholfen...... doch er hat..... Amiel hat sie getötet! Er hat..... er hat sie..... dazu gebracht... zu springen... Jack, ich.... ich hab sie geliebt....."

"Daniel.... könnte ich Amiel sehen?"

Daniel blickte auf.

"Wieso? Wieso fragst du?"

"Ich meine.... vielleicht könnte ich ja mit ihm reden..... und.... wenn wir...... wenn wir einfach alle drei Freunde werden.... Du weißt, ich mag Kinder! Und....."

Daniel rang nach Luft.

Ihm war wieder so fürchterlich heiß.

"Jack! Ich..... ich..... die Bilder....."

"Daniel... Es gibt doch sicher eine Möglichkeit...."

Daniel biss sich auf die Lippen, versuchte den Fluss seiner Tränen zu unterbrechen.

Daniel! Lass uns zusammen spielen!

"Gemeinsam...", flüsterte Daniel. "Gemeinsam...."

Ja! Zusammen! Jack ist lieb! Ich will auch, dass mich jemand lieb hat!

"Bruder.... Mein kleiner Bruder!"

Daniel sank in Jacks Arme.

Sachte streichelte er seinem weinenden Freund über den Rücken.

Daniel hob den Kopf und sah stumm an die Wand.

Jack folgte seinem Blick mit den Augen.

Der Punkt den Daniel fixierte wurde dunkler, fast schwarz.

Ein immer größer werdender Fleck.

Der Schatten nahm Form an, die unscharfe Kontur eines kleinen Menschen.

Daniel hatte die Augen geschlossen.

Ein angestrengter Ausdruck lag auf seinem Gesicht.

Der Schatten wurde größer, als käme er näher.

Erst jetzt bemerkte Jack, dass der Schatten nur ein Spiegelbild war.

Die gleiche Kontur zeichnete sich auf der Oberfläche des Spiegels ab.

Die Gestalt wurde heller und bekam realistischere Formen.

Jack erkannte schemenhaft ein Gesicht.

Der Schatten beugte sich nach vorne und durchbrach die Spiegeloberfläche.

Daniel fühlte eine schreckliche Kälte seinen Körper umschlingen.

Der Schatten wand sich, streckte den Kopf, Hände und Schultern durch die Spiegelfläche.

Eine starke Kraft hielt Daniel fest.

Er fühlte wie sein Körper zum größten Teil in der Wand feststeckte.

Die Kälte biss ihn in Arme und Beine.

Er lehnte sich nach vorne, krabbelte auf den Spiegel zu.

Die Gestalt hob ein Knie an und es trat durch das Kristall.

Langsam fühlte Daniel, wie die Wand ihn seufzend los lies.

Er streckte seine Arme aus und der Schatten tat es ihm gleich.

Mit einem weiteren Seufzen gab die Wand ihn frei.

Jack sah, wie der Schatten sich mit einem glitschigen Geräusch in Daniels Arme gleiten lies.

Jetzt klarte der Schatten völlig auf und Jack sah einen kleinen Jungen, der seine Arme um Daniel legte.

Daniel streichelte ihn sanft über den Kopf.

Das Kind hob den Kopf und stand auf.

Sein T-Shirt war zerrissen und blutig, sein ganzer Körper zerkratzt und auf seiner Stirn klaffte eine große Wunde.

Seine Augen waren blassblau und starrten Jack durchdringend an.

"Hi, Amiel", sagte Jack und hielt dem Jungen seine Hand hin.

Amiel kam leise auf ihn zu.

Er berührte beim Gehen kaum den Boden.

"Du bist Jack?" fragte Amiel.

Jack fühlte sich, als schnüre ihm etwas die Kehle zu.

"Ja... ich bin Jack", antwortete er mit schwacher Stimme.

"Hast du meinen Bruder lieb?" fragte der Junge, wobei sich keinerlei Regung auf seinem Gesicht abzeichnete.

Jack warf Daniel einen kurzen Blick zu.

"Na ja, ich.... ich mag deinen Bruder, ja... wir sind Freunde."

Er fühlte sich überhaupt nicht wohl auf seinem Platze.

Dieses Kind rief ein äußerst unbehagliches Gefühl in ihm hervor.

"Daniel?" sagte Amiel plötzlich.

Daniel nickte und plötzlich schaltete sich der Fernseher ein.

Jack sah sich selbst und Amiel auf dem Bildschirm.

"Bist du das?" fragte er und sah Daniel in die Augen.

Zugleich drehte der Jack auf dem Bildschirm den Kopf und schaute den Betrachter genau an.

Jack hörte, wie eine Kassette, die wohl noch im Rekorder gesteckt hatte zu laufen begann.

Sie nahm auf.

Und Daniels Augen waren die Kamera.

Jedes Mal, wenn Daniel blinzelte, wurde der Bildschirm für eine Mikrosekunde dunkler.

"Hast du mich auch lieb?" fragte Amiel.

Jack zwang sich selbst zur Ruhe.

"Weißt du, das kann ich doch gar nicht sagen... ich kenne dich doch gar nicht.... Lass mich dich doch erst einmal kennen lernen, bevor..."

"Wirst du dann auch mein Freund sein?"

Was sollte er jetzt antworten?

Wenn der Junge auch seine Gedanken lesen konnte....?

"Wieso nicht?" antwortete Jack und richtete sich etwas auf.

Amiel legte den Kopf schief.

Er streckte seine kleine Hand nach Jack aus.

Die kalte Hand berührte Jacks Stirn.

Jack durchzuckte ein Gefühl, als würde er mit unglaublicher Geschwindigkeit nach vorn gerissen.

Für einen Augenblick war alles dunkel und er spürte einen heftigen Druck in seinen Ohren, dann explodierte ein Schwall aus Geräuschen in seinen Ohren.

Tausend Stimmen sprachen durcheinander, in unterschiedlichsten Sprachen.

Jack erkannte Französisch und Spanisch.

Bilder erschienen.

Sie wirbelten hektisch durcheinander.

Er erkannte mit Mühe einzelne Szenen.

Es waren Episoden aus Amiels und Daniels Leben.

Einige Bilder waren wohl nur fiktiv, doch sie waren schrecklich.

Doch immer wieder tauchten Bilder auf, die sehr realistisch erschienen.

Grauenhafte Visionen von Tod, Folter und Vernichtung des Lebens.

Eine Frau, die auf einen Behandlungstisch fixiert Elektroschocks bekam.

Die Leiche eines Soldaten, dem mach den Bauch aufgeschlitzt hatte.

Ein Kind wurde von einem jungen Mann ertränkt.

Hände griff nach ihm, ein grelles Licht raubte ihm die Sicht, eine Nadel.

Er wehrte sich, schrie auf, doch es half ihm niemand.

Jack sah sich selbst, wie er von einer Stabwaffe im Rücken getroffen wurde und zu Boden stürzte.

Ein Gefühl, als wollten sich seine Organe den Weg durch seine Kehle nach draußen bahnen überkam ihn, und Jack übergab sich.

Daniel schloss kurz die Augen.

Jack zitterte heftig.

Er spürte in seinem Herzen alle Gefühle der Zwillinge, jeden Schmerz, jede Freude, jede Traurigkeit.

"Gott...", flüsterte er und hustete den letzten Rest aus.

"Jetzt kennst du mich", erwiderte Amiel und sah Jack traurig an.

Jack nickte und schluckte den beißenden Geschmack von Magensäure hinunter.

Langsam richtete er sich wieder auf.

Daniels Blick haftete immer noch stumm auf ihm.

"Ich....", keuchte Jack. "Ich glaube.... ja, ich bin dein Freund...."

Daniel horcht auf.

Seine Augen weiteten sich.

Amiel kniete sich hin und lehnte sich an Jack.

Es fühlte sich nicht an, als berührte ihn ein Mensch, aber dennoch war dort eine Berührung.

Daniel lies sich auf seinen Hinter fallen und schlug die Hände vor den Mund.

Er glaubte es nicht.

Er glaubte nicht, was er dort sah.

Jack bemerkte Daniels tränenfeuchte Augen und winkte ihn zu sich.

Schluchzend warf er sich in seine Arme.

"Hey, ist ja gut", flüsterte Jack und legte den Arm um Daniel.

Amiel legte den Arm auf Daniels Schulter.

"Warum weinst du?" fragte er.

Daniel nahm seinen Bruder in die Arme.

"Ich bin nur so glücklich", erwiderte Daniel und zwang sich zu einem Lächeln.

Seltsam, dachte Jack. So sieht er fast lebendig aus... Wieso kann Daniel ihn berühren, als wäre er ein normales Kind?

Jack legte sachte den Kopf auf Amiels Hand.

Er spürte deutlich einen Widerstand, so ähnlich, wie er Magnetfeld sich anfühlte.

Amiel sah ihn aus großen Augen an.

"Jetzt wird alles gut", sagte Jack und lächelte ihn an.

Daniel nickte und lehnte den Kopf gegen seine Schulter.
 

Ende
 


 

© 2004 Daniel-chan



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2007-02-21T13:41:23+00:00 21.02.2007 14:41
Super Geschichte !!
Dein Schreibstil gefällt mir voll gut !
Kompliment ^^
Von: abgemeldet
2006-05-01T19:40:11+00:00 01.05.2006 21:40
Eine sehr schöne Geschichte und gut ausgearbeitet. Gefällt mir. Nur am Ende bleibt die Frage offen, wo Carter ist, oder habe ich etwas überlesen?

Gruß,
Liz_McKay
Von: abgemeldet
2006-02-26T13:38:47+00:00 26.02.2006 14:38
ich finds toll. die ganze geschichte und so. du schreibst sehr schöne geschichten und ich mag sowieso die geschichten, in denen daniel eine hauptrolle ist.
schreib weiterhin so gut.
Von:  Miyu-Moon
2005-05-18T18:19:42+00:00 18.05.2005 20:19
Ich bin zwar erst bis zu Seite 5 gekommen, aber es ist ziemlich spannend. Daniel Jacksons Charakter hast du gut rausgearbeitet, auch die der anderen.


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