Zum Inhalt der Seite

Namrael's Seed

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Winter’s Coming

“Eisblumen…”, murmelte Befana und ihre Stimme hatte den Klang zerspringender klarer Kristalle, vermischt mit dem Beigeschmack des Winterwindes, der durch einen Wald voller kahler Bäume strich. Ihre blassroten Lippen verzogen sich, als sie lächelte. Es war ein ehrliches, sanftes Lächeln. Der Blick ihrer pupillenlosen Augen folgte dem sich windenden Pfad, dessen Ränder getaucht waren in dunkles Grün und dessen lehmige, vom Regen aufgequollene Erde unter einem Teppich herbstroten Laubes ruhte. “Namrael liebt Eisblumen…”

Ein riesiger, geflügelter Schatten glitt über die Wipfel der fast blätterlosen Bäume hinweg.

Befana entschied sich, ihm zu folgen.

Ruhig, ohne zu zögern schritt sie den Pfad entlang. Die Fußsohlen ihrer bloßen Füße hinterließen keinerlei Spuren, doch sie zog einen eisigen Wind hinter sich her, gefolgt von Raureif, der sich über das spärliche Gras und das Laub und die Sträucher und kahlen Bäume legte wie ein weißer königlicher Mantel. Bei jedem ihrer Schritte knirschte es als breche dünnes Eis ein.

Sie hörte ein leises knackendes Geräusch und ein großer grauer Schemen löste sich aus der Dunkelheit vor ihr. Der Wolf zog die Lefzen hoch, knurrte. Dann setzte er sich mitten auf den Pfad und sah aus treuen Augen zu Befana auf.

Sie erwiderte seinen Blick. “Was tust du hier? Das Morgengrauen ist nicht mehr fern. Spürst du nicht sein Kommen? Ich spüre bereits die wärmenden Strahlen der Sonne, auch wenn sie sich noch nicht zu zeigen wagen… Heute ist mein Tag.” Sie deutete den Pfad entlang. “Lauf, treuer Gefährte, und kündige meinen Besuch an.” Sie legte den Kopf schief. “Es ist schon lange her…” Sie lächelte.

Der Wolf erhob sich und trottete davon.
 

Die ersten Sonnenstrahlen des letzten Herbsttages krochen über den Horizont, behutsam mit ihren Fühlern über die hügelige Landschaft streichelnd. Das erste Licht des neuen Tages ergoss sich wie süßer goldener Sirup über die vor Befana liegende Steppe. Kein weiterer Wald, keine menschliche Siedlung störten das Bild der im stärker und kälter werdenden Wind hin und her wogenden Gräser.

“Aswang.”

Die junge Frau mit der sonnengebräunten Haut drehte sich um. Sie fröstelte und legte ihre Arme schützend um sich, als sich der Blick ihrer schönen dunklen Augen verloren auf Befana richtete.

“Ist dir kalt, Kind?”

“Ist es wieder soweit? Ist dein Tag wieder angebrochen? Es kommt mir vor, als lebe ich nur die halbe Zeit, die alle anderen die Welt betrachten können…” Sie wandte sich wieder ab. “Ich habe noch nie die Nacht gesehen.”

“Es gibt Menschen, die darum flehen, niemals die Nacht zu sehen.”

“Aber ich flehe darum, einen Blick auf ihre Schönheit werfen zu können. Sie in mir aufzusaugen wie köstlichen Nektar, der mich erfüllt und meine Einsamkeit fortreißt.”

Befana lächelte. “Die Einsamkeit ist unser aller Fluch. Sieh, da kommt ein Bote!”

Weißes Gefieder, im Licht der Sonne golden schimmernd. Gespreizte Flügel. Ein Hauch von Tod, vom Wind getragen.

“Willkommen, Caladrius.”

“Sei gegrüßt, Schneekönigin.” Der Vogel landete im hohen Gras, nur sein Kopf ragte aus dem wogenden dunkelgrünen Meer heraus. “Und auch dir gilt mein herzlichster Gruß, geliebte Schwester.”

Aswang sah auf ihn herab und runzelte die Stirn. “Herzlich?”

“Ja doch!” Seine listigen, lauernden Vogelaugen richteten sich auf Befana. “Ich komme, um dich zu begrüßen und zu geleiten, Schneekönigin.”

“Wer gab mir diesen Namen?”

“Mutters Gefährte. Vater.”

“Ich hoffe, bald die Gelegenheit zu haben, mich bei ihm zu bedanken.”

“Die wirst du haben.”

“Ja, das werde ich.” Befana klatsche dreimal in die Hände und die Steppe überzog eine Decke aus Raureif soweit das Auge reichte. “Lass uns aufbrechen. Wir haben ein weiten Weg vor uns.”

Caladrius erhob sich mit einigen kraftvollen Flügelschlägen in die Luft. “Wirst du uns begleiten, Schwester?”

Aswang nickte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück