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Indian Tale

von

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Im Tempel

Als seine Gedanken, ins Jetzt zurückkehrten, sah Joshua sich mit Aznats dunklen Augen konfrontiert. "Tiger, also?", fragte er und der Brite nickte. Aznats Augen blitzten abermals auf. Das Thema schien ihn zu interessieren.

Joshua wischte sich einen letzten Rest Suppe vom Kinn. "Da du...das du macht dir doch nichts aus?`", unterbrach er sich selbst, da Aznat ohnehin nicht viel von Höflichkeitsfloskeln hielt. Der Mann nickte auch nur und daher fuhr Joshua fort: "Da du ja hier im Wald lebst, müsste dir doch auch schon etwas aufgefallen sein? Ich meine, ganz ungefährlich kann es doch auch nicht sein."

Aznat sah wieder hinaus, in Richtung Dschungel. "Der Tiger, wegen dem du hier bist, reißt noch nicht lange Menschen. Und hierher traut er sich nicht."

Joshua hob fragend seine Augenbraue. "Nun, Tiger, also alte Tiger reißen hin und wieder Menschen, allerdings nur, wenn sie sonst keine Beute finden. Von solchen Fällen gibt es aber bisher erst zwei dokumentierte Ereignisse und die Tiere wurden recht schnell gefangen und getötet."

Er strich sich die langen Ponysträhnen aus den Augen. "Welches Zaubermittel hast du denn gefunden, dass er dich ausgerechnet hier in Ruhe lässt?"

Aznat stand auf, nahm eine kleine Lampe vom Borden und entzündete ihren Docht. Mit dem kleinen Licht in der Hand, ging er dann näher an die Felswände heran und beleuchtete sie. Der runde Schein der Flamme, erhellte einen winzigen Teil der sonst so großen Wand, aber jetzt konnte Joshua endlich mehr von den Zeichnungen darauf erkennen.

Es waren Tiger. Stilisierte Tiger, die mit den Schwänzten peitschten, die Mäuler mit den gelben Zähnen fauchend aufgerissen. Unwillkürlich lief dem Biologen ein eisiger Schauer über den Rücken, der nichts mit dem Nachtwind zu tun hatte, der sich hereingeschlichen hatte.

Obwohl die Wildkatzen auf dem Stein nur aus Farbe bestanden, wirkten sie unwirklich und gleichzeitig lebendig. Joshua versuchte sich einzureden, dass es nur an der flackernden Dochtflamme lag, aber es klang dünn und fadenscheinig.

Der Bann brach, als Aznat die Lampe wieder sinken ließ. "Er fürchtet diesen Platz", sagte er schlicht und kam wieder zum Bett.

Joshua zog seine Knie an und schlang die Arme darum, wobei er kurz zusammenzuckte, als er die Schulter in einer schmerzhaften Weise bewegte. "Das lässt ja hoffen", meinte er etwas gequält, noch immer verwirrt von den seltsamen Bildern.

"Und wie willst du etwas gegen diesen Tiger unternehmen?", fragte Aznat ruhig.

Der Engländer schüttelte den Kopf. "Ich werde die Sache anschauen und beurteilen, ob es sich tatsächlich um einen einzelnen Tiger handelt. Sie sind zwar Einzelgänger, aber vielleicht haben sich doch mehrere Zusammengeschlossen. So ein verhalten hat man auch schon beobachtet. Da bisher drei Menschen zum Opfer geworden sind, wird die Lage kritisch, nicht nur für das nahe Dorf. Falls ich den Unterschlupf finde, werde ich den Mittler aus Kalkutta anrufen und er wird sich dann um alles weitere kümmern."

Joshua sah auf seine Hände. "Tiger sind in Indien selten geworden - man kann es sich nicht mehr leisten, eine wilde Hetzjagd zu veranstalten." Er seufzte leise. "Tiger sind eigentlich nicht...nicht so. Blutrünstig, meine ich."

Der Inder brummte leise, stand dann wieder auf und ging zur Höhlenöffnung. "Du brauchst noch mehr Schlaf, Engländer."

"Und was machst du?"

Aznat antwortete nicht, ließ sich jedoch am Höhleneingang nieder, die Beine überkreuzt und sah hinaus auf den Dschungel.
 

*******

Am nächsten Morgen, saß Aznat bereits wieder neben dem Bett, als Joshua aufwachte. Die Besorgnis seines Gastgebers erschien dem Briten fast als unheimlich, aber er war trotzdem froh und dankbar.

Es war nicht nur die Fürsorge und das versorgen der Wunden gewesen - Joshua wusste, dass er jetzt sicher nicht mehr atmen und sitzen würde können, wenn der Inder nicht gewesen wäre. Wenn ein Bengal Tiger wirklich angriff, hielt ihn sonst kaum etwas zurück.

Die mächtigen Raubkatzen hatten keine natürlichen Feinde zu fürchten. Nachdenklich musterte er daher den Inder und fragte sich im stillen, wie der es geschafft hatte, das Raubtier zu verjagen.

Der hochgewachsenen Mann war gerade dabei gewesen, weiteres Wasser zu holen und sah genau in dem Augenblick auf, als Joshua ihn so nachdenklich musterte.

Der Rothaarige merkte, wie sein Gesicht die Farbe seiner Haare annahm und sah schnell zur Seite. Er war ein wenig überrascht über sich selbst. Dass er ein eindeutiges Faible für Männer hatte, war ihm schon seit längerem klar.

In London war er auch oft genug dieser Leidenschaft nachgegangen, aber Schüchtern war er dabei eigentlich nie gewesen. Joshua mochte vielleicht nicht der Paradeschwule sein, der in den Achtzigern auf der Strasse demonstriert hatte, aber gerade im Job hielt er sich über seine Sexualität eher bedeckt. Homosexualität war nicht unbedingt förderlich, wenn man einen Posten an der Akademie anstrebte.

Joshua erinnerte sich gut, an seinem Inneren Zwiespalt, was sein Outing anging. Er war damals noch mit Vincent zusammen gewesen, der niemals einen Hehl daraus gemacht hatte, dass er lieber mit Männern ins Bett stieg.

Es hatte lange Diskussionen gegeben, zwischen den Beiden, weil Joshua bisher noch niemandem gesagt hatte, dass er schwul ist.

"Pussy", hatte Vincent ihn beschimpft und war wütend durch die Wohnung gelaufen, weil Joshua ihn seinen Eltern als "Studienkollegen und guten Freund" vorgestellt hatte. Er war in diesem Augenblick beschämt, wie nie gewesen und hatte Vincent nicht ins Gesicht sehen können.

Kurze Zeit später, hatten sie sich getrennt.
 

Aznat reichte ihm wieder die Schale mit dem kühlen Nass und nickte auffordernd. Joshua sah ihn kurz an, nahm dann die Schale und trank.

Er seufzte leise, unhörbar als er die Schale wieder absetzte. Homosexualität, egal ob bei Männern oder Frauen, war seines Wissens nach in Indien verpönt. Es wurde als unnatürlich angesehen und so sehr verdammt, dass man nicht einmal darüber sprach.

Joshua sollte gar nicht erst anfangen, über die Attraktivität des Mannes neben sich nach zudenken. Allerdings war das einfacher gedacht, als getan...

Er schluckte und schloss für einen Moment die Augen, um sich zu sammeln.

Aznat zog an dem Verband um Joshuas Körper. "Lass mich nachsehen."

Ein wenig steif beugte Joshua sich vor, damit Aznat den Knoten des Stoffes lösen konnte und ihm den Verband abnehmen konnte. Der Inder musterte die drei roten Kratzer, deren Enden bis zu Joshuas Brust reichten. So, wie es brannte, hatte das Raubtier auch noch einen Teil seines Rückens erwischt.

Joshua drehte den Kopf zur Seite und sah auf die roten Enden der Kratzer, auf denen etwas Grünes geschmiert war. "Was ist das?"

Aznat berührte leicht die aufgeschlitzte Haut und runzelte nachdenklich die Stirn. "Kräuter", sagte er nur und kratzte mit der Fingerkuppe etwas von dem grünen Gemisch herunter. Er achtete nicht auf Joshua, der hin und wieder zusammenzuckte, wenn Aznat so die langsam verheilenden Striemen streifte.

Nach einer Weile nahm Aznat ein weiteres Stück Tuch und band es um Joshuas Brust. "Es verheilt gut. In ein oder zwei Tagen ist es verschwunden."

Joshua schielte auf den Verband. So schnell also? Für ihn hatte es sich angefühlt, als wäre da wesentlich mehr passiert.

Entweder war er neuerdings sehr schmerzempfindlich oder Aznats Kräuter hatten einen unglaublichen Effekt.

"Was genau für Kräuter waren das?", fragte er etwas ungläubig. Aznat schüttelte den Kopf. "Ich kenne ihre Namen nicht. Jemand...gab sie mir einmal."

Der Inder nahm etwas von der abgekratzten grünen Salbe auf die Hand und hielt sie Joshua hin. Der betrachtete das Klümpchen nachdenklich.

"Man schmiert es auf die Haut und es hilft, die Heilung zu unterstützen. Allerdings darf sie nicht länger als einen Tag dort bleiben, sonst wird sie zu Gift."

Aznats Erklärung war nicht sehr befriedigend und Joshua schüttelte den Kopf. "Ich würde mir das irgendwann einmal gerne näher ansehen."

Der Inder zog seine Hand zurück und schloss sie zur Faust, als würde er fürchten, dass der Mann im Bett ihm das Geheimnis der Salbe stehlen könnte. Er sagte nichts, zu Joshuas Bitte und der Engländer sah betreten zur Seite.

Er hatte etwas falsch gemacht, war sich aber nicht ganz sicher, was.

Um seine Verlegenheit zu überspielen, stützte er die Hände in die Decken unter ihm und versuchte, aufzustehen.

Wortlos schlang sich ein kräftiger Arm um seine Taille, ein weiter legte sich um seine Schultern und Aznat half ihm auch.

Es traf Joshua unvorbereitet aber dafür umso stärker: Aznats Duft, eine Mischung aus Wald, Regen und Kräutern hüllte ihn ein, nahm Joshua den Atem. Der Rothaarige japste unabsichtlich, als die schiere Anwesenheit des Mannes ihn derartig aufregte. Aznats besorgter Blick legte sich auf ihn. "Tut dir etwas weh?"

Unfähig zu sprechen, schüttelte Joshua nur den Kopf und konzentrierte sich darauf, auf seinen noch wackeligen Beinen zu stehen. Der Arm seines Gastgebers lag dabei noch immer um seine Schulter, für den Fall, dass die zittrigen Stelzen unter Joshua nachgaben, was an dessen Erregung allerdings nichts äderte.

Verdammt, fluchte er stumm und mied sorgsam jeden Blick zur Seite. Die bronzene Haut war warm; Joshua spürte es nur allzu genau, da er kein Hemd mehr trug. Muskeln bewegten sich unerwartet geschmeidig darunter, bei jeder Bewegung, die der Inder tat.

Joshua war nicht schmächtig aber neben diesem Mann fühlte er sich wie ein zerbrechliches Kind. Es schien ihm kaum Mühe zu machen, seinen Körper zu halten und zu stützen.

Joshua schämte sich, als ihm Bilder durch den Kopf schossen, die sehr viel mit Aznat zu tun hatten, während der nur daran interessiert schien, ihm zu helfen.

Aznat führte ihn durch den Höhlenraum bis zur Türöffnung, wo Joshua halt machen musste. Der junge Brite stützte sich an den Türrahmen und war froh, dass Aznat ihn losließ. Dass dessen Berührung ihn so aufregte, machte ihn unsicher und befangen.

Er hob den Blick und ihm stockte der Atem - Aznats Wirkung auf ihn war für einen Augenblick vergessen.

"My Goodness...", stieß er unbewusst hervor und sah Aznat an, der lächelte.

"Ich sehe gerne hinaus", sagte der und deutete mit einer knappen Geste auf das Tal vor sich. Joshua konnte nur nicken, während er wieder hinsah.

Er stand auf einem kleinen Felsplateau und unter ihm erstreckte sich der weite Dschungel. Etwas entfernt sah man die Lichtung im Dschungel, wo das Dorf stand. Eine winzige Ansammlung von Hütten, zu klein um einen Namen zu haben und unscheinbar gegen die grüne Weite um sich herum.

Joshuas Blick reichte weit.

Nach seinem überstürzten Aufbruch nach Indien und seinem raschen eintreffen hier, hatte er bisher nicht die zeit gehabt, sich der Schönheit dieses Landes bewusst zu werden. Jetzt traf sie ihn mit aller Macht und er verliebte sich in binnen eines Lidschlags.

"Du solltest wieder reingehen - der Wind ist rau hier", holte ihn Aznats tiefe Stimme in die Wirklichkeit zurück.

Joshua nickte und stützte sich wieder auf die Schulter des Inders.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2005-06-27T20:59:43+00:00 27.06.2005 22:59
Schade, dass ich das dritte Kap nicht auch lesen kann... Naja... schade, jedenfalls, aber da kann man wohl nichts machen!^.-
Liebe Grüße,
Nanashi.

PS: Bin ich tatsächlich die Erst, die hier Kommentare zu schreibt? Unglaublich! Ich empfehle die FF auf jeden Fall weiter!^.-


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