Ein tragisches Schicksal
Ein tragisches Schicksal
Es war bereits früher Abend und Ryou hatte sich aufgemacht in den Ess-Saal zu gehen. Er aß gerne früh, denn nur dann war er alleine und musste sich nicht wieder irgendwelche Freundlichkeiten anhören.
Er war ein wenig zu klein für seine 16 Jahre, zu dem hatte er kaum Selbstvertrauen, was dazu führte dass er nur selten etwas sagte. Er war das gefundene Fressen für gewisse Jungs und Ryou war sich sicher, lange würde er diesen Psychoterror nicht mehr aushalten...
Eigentlich kam der englische Junge aus einer angesehenen, wohlhabenden Familie. Doch wie es so oft in reichen Familien vorkommt, hatten seine Eltern kaum Zeit für ihn und schoben ihn letztendlich auf ein Internat ab. Niemals hatte sich der zierliche Junge mit den weißen, langen Haaren, den großen, runden Rehaugen und der Porzellanhaut beschwert, doch in ihm drin drohte etwas zu zerbrechen.
Mittlerweile stand er morgens erst kurz vor Unterrichtsbeginn auf und verschwand auch gleich nach Unterrichtsende wieder. Aß etwas und verbrachte dann den Rest des Tages irgendwo draußen, meistens am Bach oder in der alten Kapelle. Dort war er für sich, dort konnte ihm keiner etwas anhaben. Doch manchmal erwischten sie ihn auch... Er hätte niemals einem Lehrer etwas davon erzählt, dafür war er zu stolz, deshalb galt er bei allen, die nicht wussten, was los war, als extrem tollpatschig und schusselig...
Er war nur noch wenige Meter vom Saal entfernt, als er hinter sich Stimmen vernahm. Stimmen die ihm nur all zu bekannt vorkamen, Stimmen bei denen ihm angst und bange wurde.
Er beschleunigte seinen Gang und ärgerte sich gleichzeitig darüber, dass er sich so fürchtete. Es waren doch nur Schläge, sich brachten ihn ja nicht um und trotzdem lief er weiter, rannte bald, vorbei am Ess-Saal, raus aus der Schule, um sich irgendwo zu verstecken. Doch schon hatten sie ihn.....
Tränen liefen aus seinen Augen, benetzten die Wangen und liefen über den schmalen Hals. Seine Hände waren dreckig und aufgeschürft, seine Knochen schmerzten ein wenig, aber es hatte ihn schon schlimmer erwischt. Langsam ging er zurück zum Schloss, immer darauf bedacht, seinen Peinigern nicht noch einmal an diesen Abend zu begegnen. Er bog um eine Ecke und lief in eine weitere Person rein. Er hatte die Augen geschlossen und betete zu allen Göttern, dass dies nicht einer seiner Feinde war.
Stevie guckte geschockt in das Gesicht des Jungens mit dem sie gerade kollidiert war. Er hatte die Augen geschlossen, doch trotzdem konnte sie erkennen dass er geweint hatte.
„Alles okay?!“ Ryou öffnete die Augen und ein erleichterter Seufzer kam aus seinem Mund. Er blickte in die besorgten Augen seines Gegenübers und löste sich erst Sekunden später aus seiner Erstarrung: „Tut mir leid, ich habe wohl nicht aufgepasst wohin ich gelaufen bin...“ Er senkte den Kopf und wollte sich an Stevie vorbei drängeln, doch sie stellte sich ihm in den Weg: „Wirklich alles okay, kann ich dir helfen?!“ Stevie empfand den Jungen, der so schüchtern war, dessen Augen aber soviel aussagten als recht sympathisch, er erinnerte sie an eine Person, welche sie vor einiger Zeit einmal sehr geliebt hatte...
Auch Bakura spürte, dass ihre Anteilnahme (wenn man es so nennen kann) nicht gespielt war, doch er brauchte keine Hilfe. Er unterdrückte die Tränen, schüttelte heftig mit dem Kopf und drängte sich dann an ihr vorbei. In seinem Zimmer angekommen, vergrub er sein Gesicht im Kissen und lies den Tränen freien lauf.
Stevie zuckte mit den Schultern. Gerade hatte sie sich entschlossen etwas essen zu gehen und nun so was... Sie setzte ihren Gang fort und fand in einer Ecke sitzend auch schon Katy. Die anderen Schüler guckten nicht schlecht, als sie sahen, dass sich das neue Mädchen doch wirklich zu der unzugänglichen Katy setzte und sich beide dabei auch noch angrinsten.
Beide holten sich ihr Essen (es gab Hackbraten) und machten es sich dann bequem.
Stevie nahm einen Bissen: „Sag mal Katy, ich bin gerade in einen Jungen rein gelaufen und...“ Ihr Gespräch wurde prompt durch die Stimme Sir Crocodile’s unterbrochen: „Wie ich sehe hast du dich schon gut eingelebt, Stevie! Das ging ja schnell und dass obwohl du dir mit Katy ein Zimmer teilst!“ Er zwinkerte Katy zu, schenkte Stevie ein breites Grinsen und ging dann weiter.
„Halt dich bloß von ihm fern!“ Stevie guckte Katy mit großen Augen an: „Wieso denn das?!“ „Guck ihn dir an, du kannst mir nicht sagen, dass dieses Verhalten normal ist!“ Da musste sie ihr zustimmen.
„Du bist in einen Jungen rein gelaufen?“ Katy war wieder beim eigentlichen Thema.
„Ach ja... Na ja, ich bin in diesen Jungen rein gelaufen, ein kleines bisschen größer als wir, lange, helle Haare und total durch den Wind!“ „Du meinst wohl Ryou! Ja, der ist öfters durch den Wind, aber frag mich nicht warum, ich habe keine Ahnung von den Typen aus der 11. und aus der 12., 13.....“ Katy grinste. Doch Stevie musste permanent an ihn denken. Wie konnten so liebevolle Augen, soviel Kummer ausstrahlen?