Lyonesse: mind palace

Es gibt so einiges was ich an der Cosplayszene nicht verstehe. Vielleicht widme ich jedem dieser Themen irgendwann einmal einen Blogeintrag - 

Doch heute möchte ich der Frage nachgehen, was es mit dem Begriff „Elite-Cosplayer“ auf sich hat.

Ich hab das Wort hier schon mehrfach gelesen, auf Cons schon mehrfach gehört und auf meine Nachfrage hin, stieß ich immer auf recht ähnliche, mit Abwertung behafteten, Erklärungen:

„Das sind Cosplayer mit perfekten Kostümen, perfekten Fotos und von herablassender Arroganz.“

Lassen wir das doch einfach mal auf uns wirken.....

Perfekte Kostüme

Sollte das nicht der Anspruch an jedes Cosplay sein? Setzte ich mich nicht an die Umsetzung einer Idee, um möglichst nah an das Original zu kommen?

Fängt es nicht schon damit an, dass man Geld für teure und möglichst authentische Stoffe investiert?

Gehört es nicht dazu, stundenlang nach dem richtigen Schnittmuster zu suchen, Zeit und Arbeit in die Sache zu stecken, damit dass Cosplay nicht nur gut - sondern perfekt wird?

Dazu gehört eine gesunde Selbsteinschätzung nach dem Motto:

• Welchem Charakter sehe ich verdammt noch mal ähnlich?
• Habe ich die passende Figur dazu?
• Kann ich als Frau wirklich einen Mann verkörpern?
• Kann ich den Charakter mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln umsetzen oder muss ich erst ein Rüstungsbau-Seminar belegen?
• Wo bekomme ich guten Stoff und eine passende Perücke her?
• Welches Make-Up macht Sinn?
• Komm ich damit klar, dass ich Monate dafür brauche und in diesem Jahr vermutlich nichts anderes mehr cosplayen kann?
• Sieht meine Gruppe auch gut aus?

Wer das alles berücksichtig, wer das schafft, der fällt positiv auf. Den bewundert man, den nimmt man sich zum Vorbild - zumindest was das optische Darstellen betrifft.

Ich gehe nicht in eine Klausur mit dem Anspruch: „Vier Punkte reichen mir zum Bestehen“ - ich gehe stets mit dem Ziel durchs Leben, das best mögliche Ergebnis heraus zu schlagen. Was dabei rauskommt ist erst mal Zweitrangig - aber wer schon nicht mit den höchsten Erwartungen an sich selbst durchs Leben geht, hat auch vom Leben nicht diese beste Antwort zu erwarten.

Perfekte Fotos

Mit dem gerade angesprochenen im Hinterkopf ist es doch selbstverständlich, dass man für seine Mühe nur die schönsten Fotos akzeptiert.

• Kann mein Fotograph sein Handwerk?
• Passt die Location zu meinem Charakter?
• Stimmt der Bildausschnitt, das Licht, die Farben......?
• Ist das Foto so geworden, wie ich es mir vorgestellt habe oder probiere ich es gleich nochmal?
• passt meine Darstellung auch zu der Art meines Charakters?

Auch das kostet Arbeit, Zeit und bedeutet häufig Stress.

Das ist narzisstisch - aber sind wir nicht alle zu einem gewissen Grad irgendwie Narzissten? 

Es gehört doch zu dem Hobby dazu, dass man Fotos macht, dass man sie auf Animexx hochläd und sich bewerten lässt. 

Mir kann niemand erzählen, dass er hier Fotos reinstellt, ohne insgeheim zu hoffen, dass sie anderen gefallen, dass man Kommentare dafür bekommt und im Rating den ein oder anderen Platz nach oben rutscht. Das ist das System auf Animexx und wer mitmacht, der unterwirft sich ihm bewusst und der hat sich auch einzugestehen, dass er nichts anderes möchte!

Was spricht also dagegen, wenn sich manche Menschen mehr Mühe geben als andere, um dieses Animexx-Spiel irgendwie zu gewinnen?

Um besser zu sein als die anderen der gleichen Kategorie. So läuft das Leben eben. Wenn du den Job willst musst du eben besser sein als alle anderen. Willst du auf Animexx auf Platz 1, dann muss man sich eben reinknien.

Nocheinmal: Ob man es schafft und wie man mit Misserfolgen umgeht, ist erst einmal zweitrangig - aber den höchsten Anspruch sollte man in jedem Falle haben.

Arroganz

Aber geht dies alles unbedingt gleichzeitig, mit einer unausstehlichen, herablassenden Arroganz einher?

Vielleicht -

und wenn ja, dann doch wohl zurecht.

Wer das perfekte Cosplay und das perfekte Bild vorweisen kann, der hat ein gutes Recht darauf stolz auf sich zu sein und sich in seinem Ruhm zu sonnen. Der hat das Recht darauf, es zu genießen, wenn Fremde ihm gratulieren oder fotographieren wollen. Der hat das Recht darauf, ein gutes Rating zu erzielen.

Aber darf man deswegen über andere Lästern?

Natürlich und das Gesetz steht auf ihrer Seite!

Im Rahmen von Freunden und Familie spricht überhaupt nichts dagegen über andere herzuziehen, sie schlecht zu machen und über sie zu lachen. 

Wer das nicht macht, der tut mir ernstlich leid, denn es macht einfach spaß und befreit ungemein. Man macht sich damit Luft und von Ärger frei.

Ich freue mich auf Cons, wenn ich eine richtig schlechte Darstellung sehe. Ich teile mit meinen Freunden die grausamsten Bilder, die ich in den Animexx-Galerien finde. Das ist ein Hobby von mir, das macht mich einfach glücklich.

Ich weiß nicht, was mit dieser Community nicht stimmt. Hier sind alle auf einem grässlichen Kuschel- und Toleranzkurs.

Wahrscheinlich weil die meisten hier eine tragische Mobbing-Vergangenheit hinter sich haben, einer sexuellen Minderheit angehören und irgendwie in ihrem Selbstmitleid suhlend, in Animexx eine besser, tolerantere Welt gefunden zu haben glauben.

Ist man hier schwach, armselig und im offensichtlichen Unrecht, rottet sich ganz schnell eine breite, zur Unterstützung eilende Allianz zusammen.....

Setzt man einen Weblog darüber auf, dass dicke Menschen keine Elben spielen sollen, sind Hasstiraden und Shitstorm die Antwort einer Community, die sich „Nächstenliebe, Verständnis und Toleranz“ auf die Stirn schreibt. Den schwachen helfen, weil man selbst schwach ist.

So läuft es irgendwie auf Animexx, aber nicht im wirklichen Leben - 

Wer die Augen vor der Realität verschließt, der muss sich nicht wundern, wenn die Bombe plötzlich platzt und man sich schweiß gebadet in einem unerwarteten Alptraum wieder findet.

Wo macht das denn Sinn, dass man das Wort „Elite“ mit einer negativen Bewertung behaftet? Etwas an sich positives zu etwas negativem deklariert?

In welcher Welt macht es denn Sinn, dass man die schlechtesten kürt, die besten aber verspottet?

Ein „wow, das Cosplay steht dir aber richtig gut“ unter einem katastrophalen Foto, hilft weder dem Darsteller noch der Freundschaft etwas. Ich will doch keine Freunde die mich anlügen?!

Kein Wunder dass die grausamsten Gestalten bei „Deutschland sucht den Superstar“ landen, wenn noch keiner in ihrem Bekanntenkreis die Eier hatte, ihnen zu sagen, dass sie so garnicht singen können.

Aber wehe, ich gebe öffentlich meine Meinung kund. Wehe ich kritisiere ein Gruppenfoto in dem so viele Aspekte verfehlt sind....

Wie schnell gilt man als arrogant, wo man doch nur ehrlich ist.

Kritik hört keiner gern und man wertet es schnell als Angriff. Doch niemandem schadet es, sich damit auseinander zu setzen und sie danach zu hinterfragen, ob nicht doch ein Fünkchen Wahrheit dahinter steckt.

Mir persönlich hilft es sehr, mir einfach mal die Cosplays des Kommentators anzusehen, denn das zeigt meistens wie viel man auf die Kritik geben darf.

Bevor der Shitstorm einmal wieder mehr losgeht, ist mir folgendes noch wichtig:

Niemand hat das recht andere bloß zu stellen, zu beleidigen oder zu mobben. Aber jeder hat das Recht, über andere zu reden wie er will, solange es im engen Freundeskreis bleibt. Das macht jeder und das muss auch so sein. 

Spaß ist das wichtigste in jedem Hobby. Auf Conventions kann man ihn sowohl mit als auch ohne Cosplay haben. Entscheidet man sich allerdings für die Cosplay-Version, sollte man sich auch alle Mühe dabei geben - so meine Meinung.

Ich halte mich selbst nicht für einen Elite-Cosplayer - denn ich verstehe unter Elite etwas äußerst positives und begehrenswertes, dass ich noch lange nicht erreicht habe, aber an dem ich arbeite. Ich bewundere alle Menschen, deren Kostüme und Bilder einfach klasse sind und denen es gelingt, ihre Rollen auch entsprechend zu verkörpern - und nichts würde mich mehr freuen, als Tips und Anregung von jenen Vorbildern zu bekommen.

Fazit: 

Elite ist etwas ungeheuer positives, was jeder anstreben sollte und was nur wenige durch viel Arbeit und Zeit erreicht haben.