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Die Entscheidung - Ein Leben, zwei Wege

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Die Wette


 

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Kapitel 18

Die Wette

‚Wie bin ich bloß in diese verfahrene Situation gekommen?’ Diese Frage stellte sich Aylin nicht zum ersten Mal, denn seit geraumer Zeit saß sie hier, im Schlafraum der Gryffindor Sechstklässler, und durfte sich die Fragen ihrer etwas ungehaltenen Freunde an den Kopf werfen lassen. Genauso wie Vorwürfe und sonstige Sachen, die sie jedoch nicht ganz mitbekam, da sie schon nach 10 Minuten auf Durchzug geschalten hatte. Sie saß auf dem Bett, das früher von ihr besetzt worden war, ihr gegenüber, ebenfalls auf einem Bett, saßen Ginny und Hermine während Ron ruhelos im Zimmer auf und ab lief. Ginny saß im Schneidersitz da, hatte die Arme verschränkt und blickte sie durchdringend an. Sie schien etwas… pikiert zu sein… Im Gegensatz zu Hermine, die sich mit den Armen am Bett abstützte und sie nicht minder durchdringend fixierte, aber eher besorgt wirkte. Doch eines taten sie gemeinsam… sie schwiegen. Und Ron? Er warf ihr bei seinem unermüdlichen auf und ab immer wieder wütende und aufgebrachte Blicke zu, während er vor sich hin grummelte, wobei dies von wildem Herumwedeln der Arme begleitet wurde.
 

Genervt seufzte die Schwarzhaarige auf und ließ sich nach hinten fallen, sodass sie jetzt mit dem Rücken auf dem Bett lag. Wie lange konnte ein Mensch eigentlich ohne Punkt und Komma reden? Diese Frage hielt sie für sehr angebracht. Doch war sie nicht gerade erpicht darauf es herauszufinden. Mit zur Seite gelegtem Kopf blickte sie ihren besten Freund an, dessen Gesicht die Farbe seiner Haare angenommen hatte.
 

‚Die Frage ist jetzt ob er rot ist weil er sauer ist, oder weil er vom pausenlosen Meckern keine Luft kriegt…’, ging es Aylin durch den Kopf. „Ron!“
 

„Was!“, mit blitzenden Augen drehte er sich zu Aylin um und funkelte sie an, da sie es gewagt hatte, ihn in seiner Moralpredigt zu unterbrechen. „Vergiss nicht zu atmen…“, kam es ruhig von der Schwarzhaarigen, bevor sie sich abwandte und auf den Seidenhimmel des Bettes starrte. Ein Knurren entwich Ron.
 

„Deine Scherze sind nicht angebracht! Zuerst gehst du ohne einen von uns mitzunehmen mit Lavender und Parvati in die Winkelgasse! Ich wiederhole Lavender und Parvati! Dabei sagst du uns nicht mal Bescheid! Wie sollen wir auf dich aufpassen, wenn wir nicht mal wissen wo du bist?!“, kam es mehr als nur aufgebracht von Ron, der aufhörte auf und ab zu laufen. „Gut, ok, ich kann vielleicht noch verstehen, dass du dich den beiden nicht widersetzen konntest, da sie schlimmer als Kletten sind. Aber du hättest trotzdem Bescheid geben können!“ Bei der plötzlichen Lautstärke des Rothaarigen zuckte Aylin unwillkürlich zusammen und verzog leicht das Gesicht. Es wäre jetzt nicht so richtig angebracht sich zu rechtfertigen, da der jüngste der Weasley-Söhne dermaßen in Rage war, dass er es einfach überhören würde. „Und wenn das nicht genug wäre, durften wir uns von den beiden auf die Nase binden lassen, dass du in einer Beziehung steckst! Zu einem Mann! Einem Mann!!“, fuhr Ron mit nicht geminderter Leidenschaft fort, seinen besten Freund anzuschreien. „Bei Merlin Harr-!
 

Ron!“, konnte man nun Hermines schneidende Stimme vernehmen, die den aufgebrachten Jungen unterbrach. Eben dieser drehte sich ruckartig zu der Brünetten Hexe um, funkelte sie an und schleuderte ihr ein ‚Was’ entgegen. Hermine sah ihn nur durchdringend an.
 

„Erstens, schrei mich nicht an. Zweitens, mäßige deine Stimme. Drittens, denk nach was du sagst bevor du es aussprichst. Oder noch besser, halt einfach nur den Rand!“, kam es ruhig von Hermine, doch ihre Augen funkelten ihn mahnend an. Nur mühsam konnte Ron sich eine Erwiderung darauf verkneifen, doch war ihm bewusst, dass, wenn er jetzt unbedacht handeln würde, er es sich mit ihr verscherzen würde… und nicht nur mit ihr. Ein frustriertes Schnauben entwich ihm, bevor er sich umwandte und wieder anfing seine Runden zu drehen.
 

Hermine wandte sich jetzt ihrer schwarzhaarigen besten Freundin zu - dabei war Ginny sich zu hundert Prozent sicher, Triumph in ihren Augen aufblitzen zu sehen - und fixierte sie mit einem Blick, dem man nicht ausweichen konnte. Sie wartete bis diese ihr ihre Aufmerksamkeit schenkte. Aylin war überrascht als Hermine sich einmischte, doch war sie auch genauso dankbar. Die Stille, die auf den kurzen Wortaustausch zwischen ihren besten Freunden folgte, war ihr mehr als nur unangenehm, denn sie spürte, dass Hermine sie ansah… Ein leises Seufzen entwich ihr, als sie sich etwas aufrappelte und auf ihre Unterarme stützte, dabei den Blick von Hermine suchte und auch fand. Stumm sahen sich die schokobraunen und smaragdgrünen Augen an.
 

„Was Ron in seiner etwas plumpen Art sagen wollte ist, dass wir uns um dich gesorgt haben… Und was das Andere betrifft… nun… das kam überraschend… Besonders wenn man bedenkt wie du in Hogwarts auf Annäherungsversuche reagiert hast…“, hier machte Hermine eine Pause und ihre Gedanken schweiften kurz zu der These, die Lavender und Parvati dazu aufgestellt hatten, nämlich dass sie nur deswegen den Verehrern die kalte Schulter zeigte, da sie ja bereits vergeben war, es jedoch nicht bekannt gab, da Tom ja älter war als sie. So richtig überzeugt war sie ja nicht davon, aber trotzdem… das warf doch so einige Fragen auf…
 

„Aylin… wir haben nichts dagegen wenn du eine Beziehung eingehst… ob nun mit einer Frau oder einem Mann…“, Rons erstickten Laut überhörten alle ganz dezent, „… jedoch fragen wir uns, wann und vor allem wo du diesen Fremden getroffen hast… Denn in Hogwarts war es bestimmt nicht… und in den Sommerferien auch nicht… Weißt du, was für ein Gedanke einem da kommt?“, Hermines Stirn zog sich in Falten und sie durchbohrte Aylin förmlich mit ihren Augen. Diese musste hart schlucken. Diese Wendung des Gesprächs gefiel ihr ganz und gar nicht. Und sie war sich sicher, dass es noch unangenehmer werden würde. Da Hermine sie immer noch ansah und anscheinend auf eine Antwort wartete, schüttelte sie zögernd den Kopf. Ihr schwante Übles. Erwartungsvoll sahen alle die brünette Hexe an. Selbst Ron, der jetzt wieder stehen blieb und recht neugierig und etwas skeptisch dreinblickte.
 

„Nicht? Dann werde ich es dir sagen… es kommt einem der Gedanke, dass das, was du uns am Anfang der Ferien erzählt hast, nicht der Wahrheit entspricht… dass du uns etwas vorenthältst…“ ihre Stimme wurde immer leiser und ihre Augen verengten sich leicht. Aylin schluckte. Verdammt… Sie hatte Recht! Zwar gingen ihre Gedanken in eine etwas andere Richtung, doch hatte sie trotz allem mit der Aussage Recht, dass ihnen etwas verheimlicht wurde… Jetzt galt es zu handeln!
 

„Aha… das denkt ihr also von mir…“, mit diesen Worten setzte sich die Schwarzhaarige auf und sah ihren Freunden entschlossen ins Gesicht. „Ihr glaubt den beiden mehr als mir! Wieso glaubt ihr mir nicht, wenn ich euch sage, dass es nicht stimmt? Dass da nichts läuft? Mein Gott, Hermine! Ich fühle mich jeden Morgen wie ein Perverser, wenn ich mich anziehe! Glaubst du etwa, dass ich mich da irgendeinem Typen an den Hals werfe? Glaubst du das wirklich?“, die anfangs noch laute Stimme wurde zum Schluss hin leiser und smaragdgrüne Augen blickten traurig in die ihrer Freunde. Doch eines wollte Hermine noch wissen, bevor sie endlich von Aylin abließ. „Und der Kuss?!“
 

Auf diese einfache Frage hin wurde Aylin zuerst blass, errötete dann jedoch fast sofort. Verlegen senkte sie den Blick und biss sich auf die Lippen. Was sollte sie denn jetzt darauf antworten? „… Ich werde es jetzt nicht leugnen, da es keine besondere Bedeutung hatte… ja, er hat mich geküsst… doch weder durch meine Ermunterung noch durch meine Zustimmung! Und eines ist klar, sollte ich ihn jemals wieder sehen, fängt er sich eine, dass es sich gewaschen hat…“, grummelte sie leicht vor sich hin. Als Ron ihre Worte vernahm, wurde er wütend. Nicht auf sie, sondern auf den Kerl, der es wagte Aylin einfach zu belästigen - wie er es so schön bezeichnete. Sein Beschützerinstinkt war erwacht und man konnte nicht bestreiten, dass er äußerst ausgeprägt war. Nun zögerte er, ob er weiterhin wütend sein sollte, oder Aylin am besten erleichtert an sich drücken sollte. Diese sah jetzt auf und blickte ihre Freunde etwas unsicher aus großen, grünen Augen an.
 

„Seid ihr noch sauer…?!“, fragte sie zögernd und man konnte die Unsicherheit, die sich auch in ihren Augen spiegelte, deutlich aus ihrer Stimme heraushören. Diese Stimme, dieser Blick, die Haltung… dies alles ließ Rons Zögern verschwinden. Mit zwei großen Schritten kam er auf das sitzende Mädchen zu, setzte sich neben sie und zog sie in seine Arme, was diese eher verblüfft wahrnahm.
 

„Nein, wir sind dir nicht böse! Es tut mir Leid, ich wollte dich nicht anschreien… aber… ich hab mir halt nur schreckliche Sorgen um dich gemacht! Nicht nur, dass du verschwunden bist… wer weiß was dieser Typ von dir wollte!“, flüsterte Ron leise, während er Aylin etwas fester an sich drückte. Verblüfft weiteten sich die Augen der Schwarzhaarigen. Es war das erste Mal, dass Ron sie umarmte… er hatte sich also wirklich schreckliche Sorgen um sie gemacht. Leicht lächelnd erwiderte sie die Umarmung. Auch Hermine erhob sich nun und setzte sich auf Aylins andere Seite. In einer freundschaftlichen Geste legte sie die Arme um ihre zwei besten Freunde. Sie sagte nichts, da bereits alles gesagt worden war. Doch ein Blick in Aylins Augen sollte der Schwarzhaarigen klar machen, dass sie noch miteinander reden würden. Vielleicht nicht heute oder morgen. Aber sie würden noch reden… und das ohne Ron.
 

Ginny hatte das alles die ganze Zeit über stumm beobachtet… hatte sich rausgehalten. Bis jetzt. Sie stand auf und ehe jemand reagieren konnte, hatte sie sich bereits auf das ehemalige goldene Trio Hogwarts’ geschmissen. Nun lagen sie da, alle vier auf einem Bett. Aylin in den Armen ihrer besten Freunde und Ginny auf ihnen drauf, während sie ihre Arme um sie schlang. Nach einigen Minuten der Verblüffungen und des verwirrten Blinzelns sahen die drei Sechstklässler auf ihre Überwältigerin’ „Ähm… Ginny? Was sollte das eben?“, fragte Ron seine Schwester, und man konnte ihm anhören, dass er noch immer verdutzt war. „…Hrupnkuchln…“, nuschelte die Rothaarige unverständlich und verbarg ihr Gesicht noch mehr in der Robe Aylins. „Was?“, mit gerunzelter Stirn starrte der Rothaarige Ginny an. Verwirrt warf er einen Blick zu Hermine, die nur den Kopf schüttelte. „Ich sagte: Gruppenkuscheln!“, wiederholte sich Rons Schwester und grinste unschuldig, während sie ihre Arme nur noch fester um die unter ihr Liegenden schlang. Auf diese Worte hin wusste Ron nicht was er sagen sollte, Aylin grinste leicht und schüttelte den Kopf und Hermine verdrehte die Augen. „Ist dir eigentlich bewusst, dass du den Hang dazu hast, jegliche Dramatik und Ernsthaftigkeit zu untergraben?“, fragte sie die Rothaarige. „Ich weiß!“, strahlte eben diese und kuschelte sich an die nun ergeben seufzenden Älteren.
 

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Eigentlich hatte sie ja gedacht, dass alles wieder in Ordnung wäre, wenn sie das mit Ron, Hermine und Ginny klären würde… doch da war sie wohl zu naiv. Denn das ganze Ausmaß von dem, was Lavender und Parvati mit ihrem Getratsche angerichtet hatten, wurde ihr erst bewusst, als sie am nächsten Morgen zum Frühstück ging. Kaum hatte sie die Halle betreten, wandten sich ihr alle Blicke zu und starrten sie neugierig an. Schmerzhaft wurde ihr klar, dass Gerüchte und Getratsche schnell, sehr schnell, die Runde machten. Doch ließ sie sich nicht irritieren. Augen zu und durch!
 

Hoch erhobenen Hauptes schritt sie auf den Gryffindortisch zu und ließ sich dort nieder. Einfach ignorieren war ihre Devise. Jedoch wurde diese auf eine harte Probe gestellt. Und zwar in Gestallt von Lavender und Parvati, den Auslösern dieser unangenehmen Situation, und einigen weiteren neugierigen Mitschülern. Und was sie taten? Nichts. Sie saßen nur da und starrten sie erwartungsvoll an. Das war, ihrer Meinung nach, noch viel schlimmer als lästige Fragen. Doch sie musste ihnen doch noch zugestehen, dass sie lernfähig waren. Sie hatten wohl begriffen, dass nerviges Gefrage bei ihr keine Wirkung zeigte. Was sie ja in den letzten zwei Monaten ausgiebig versucht hatten. So probierten sie es nun mit einer neuen Taktik.
 

Aylin versuchte, sie nicht zu beachten. Zumindest so weit es ging. Doch fühlte sie sich mehr als gestört. Und langsam trat eine kleine, feine Ader auf ihrer Schläfe hervor, die vor sich hin pochte. Genauso wie ihr linkes Augenlid anfing zu zucken. Gemeinsam mit den zusammengepressten Lippen war es ein mehr als beängstigendes Bild, doch schienen es die neugierigen Gryffindors nicht zu merken. Nach weiteren 5 Minuten des stummen Starrens, war es der Schwarzhaarigen eindeutig zu viel. Mit einem etwas lauten Knall stellte sie ihren Becher, aus dem sie eben noch getrunken hatte, auf dem Tisch ab und blickte genau in Parvatis Augen. „Was? Was wollt ihr wissen?“ Man konnte den genervten und ungehaltenen Ton deutlich aus ihrer Stimme heraushören, doch gingen die anderen –wie so oft schon- nicht darauf ein. Mit einem strahlenden Lächeln sahen sie sie an, lehnten sich nach vorne und sahen sie noch intensiver an.
 

„Alles!“ Diese Antwort ließ Aylins Gesichtszüge für einen kurzen Augenblick entgleisen. War sie denn nur von Idioten umgeben?
 

„Alles?“, fragte sie nach. Die anderen fingen an wie wild zu nicken, ihre Augen leuchteten erwartungsvoll auf. „Wenn das so ist…“, sagte die Schwarzhaarige mit gedehnter Stimme, stützte die Arme auf dem Tisch ab, lehnte sich vor und senkte die Stimme, „…wirklich alles?“ Als Reaktion folgte erneutes Kopfnicken und es schien, als würden die begierigen Mädchen und Jungen gleich vor Neugierde platzen. „… Pech gehabt. Es gibt nichts zu erzählen.“
 

Mit diesen Worten erhob sie sich und verließ die große Halle. Sie schenkte den verblüfften Gryffindors, die sie zurückließ und die ihr mit großen Augen hinterher sahen, keine weitere Beachtung. Doch merkte sie nicht, dass ihr jemand folgte.
 

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Mit schnellen Schritten ging sie auf das Portal zu, um das Gemäuer zu verlassen und das große Gelände zu betreten. Sie hörte jemanden rufen, aber sie ging nicht weiter darauf ein. Doch als sie plötzlich an ihrem Arm gepackt und herumgedreht wurde, konnte sie es nicht mehr ignorieren. Genervt und mit einem bösen Blick drehte sie sich um, um dem Störenfried gehörig die Meinung zu sagen. Als sie in blau-grüne Augen sah, die teilweise von schwarzen Ponyfransen verdeckt wurden, konnte sie sich ein Augenverdrehen und genervtes Aufstöhnen nicht verkneifen. ‚Nicht der schon wieder!’
 

Denn sie blickte in das entschlossene Antlitz von Eddie Carmichael. Der Eddie Carmichael, der sie als Erster angesprochen hatte, der Eddie, der es seitdem immer wieder und wieder versuchte. Der, der einfach nicht verstehen wollte, dass sie kein Interesse hatte. ‚Und da sag mal einer, Ravenclaws wären intelligent! Pah! Aber Ausnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel… Aber wieso muss ausgerechnet ich an so eine Ausnahme geraten?’
 

„Was willst du?“ Aylin versuchte nicht einmal, den genervten Unterton in ihrer Stimme zu unterdrücken. Der Kerl konnte schon froh sein, dass sie ihn nicht gleich anfauchte… aber was nicht ist, kann ja noch werden…
 

„Aylin…“ Doch weiter kam er nicht. Denn die eben genannte blitzte ihn nur sauer an und versuchte ihren Arm, den ihr Gegenüber immer noch festhielt, aus der Umklammerung zu befreien.
 

„Hab ich dir erlaubt mich beim Vornamen zu nennen?“, kam die patzige Antwort von der unwilligen Schwarzhaarigen. Doch Eddie überging diesen Einwurf.
 

„Die Gerüchte, die über dich und… jemanden die Runde machen, entsprechen sie der Wahrheit? Weist du mich deswegen immer ab? Ist er das wert?!“ Eindringlich sprach er auf Aylin ein. Doch als er den verschlossenen Gesichtsausdruck sah, packte er sie bei den Schultern und fing an sie leicht zu schütteln. Aylin kam diese Situation mehr als unreal vor. Machte ihr hier wirklich dieser Ravenclaw so eine Szene? … wenn da nicht dieser Ausdruck in seinen Augen wäre, würde sie lachen… dieser Ausdruck, der ihr klar machte, dass es kein Scherz war… dass er es ernst meinte…
 

„Die Gerüchte sind genau das: Gerüchte! Und ob sie nun wahr wären oder nicht, es ändert nichts daran, dass ich nichts von dir will! Also lass mich endlich in Ruhe! Und nimm die Pfoten weg!“ Mit geweiteten Augen sah er sie nun an. Was war los? Es war doch sonst nicht ihre Art, so zu reagieren. Sie hatte ihn noch nie so heftig angefahren. Doch dachte er, dass sie sich nur zieren würde… Mit einem Ruck zog er sie an sich ran und beugte sich über sie. Bereit ihre Lippen mit den seinen zu verschließen. Sie so umzustimmen…
 

Aylins Augen weiteten sich, als sie an Eddies Brust gezogen wurde. Sie spürte seine Arme, die eisern um ihren Rücken lagen. Sie nicht freigeben würden. Sie hob den Kopf, um ihn zurechtzuweisen und blickte geradewegs in ein blasses Gesicht und schwarze Haare, die die blau-grünen Augen verdeckten. Plötzlich war sie wie erstarrt. Sie sah nicht mehr das Gesicht von dem älteren Ravenclaw, sondern das eines anderen Mannes. Eines Mannes mit ebenfalls schwarzen Haaren… mit heller Haut… doch mit braun-schwarzen Augen… Es war nicht mehr die Brust des Schülers, an die sie gedrückt war, sondern der muskulöse Oberkörper dessen, den sie nicht wiedersehen wollte. Es waren seine Arme, die sie fest umschlangen. Sein Geruch, der ihr in die Nase stieg. Der, dessen Antlitz ihr Unterbewusstsein sie sehen ließ, war… Tom… Und dies zum Leidwesen von Eddie. Wenn ihre Gedanken ihr keinen Streich gespielt hätten, wäre es für ihn wohl noch glimpflich ausgegangen… zumindest bloß mit einer Standpauke… doch so musste er für jemand anderen den Kopf hinhalten… dessen Fehler er gerade wiederholen wollte.
 

In Aylins Gedanken spielte sich die Szene des gestrigen Tages ab und Wut stieg in ihr auf. Wie konnte dieser Mistkerl es wagen es noch mal zu versuchen!? Sie hatte ihn doch gewarnt! Und bevor Eddies Mund Aylins Lippen berührte, spürte er einen heftigen Schmerz in seinen unteren Regionen. Er riss die Augen auf, ob nun vor Überraschung oder Schmerz war irrelevant, stöhnte schmerzerfüllt auf und sank in die Knie. Aylin hatte ihre Drohung wahr gemacht. Sie hatte dorthin getreten wo es so richtig weh tat. Mit einem Blinzeln tauchte sie wieder in die Realität auf. Sie sah, wem sie gerade auf äußerst schmerzhafte Weise klar gemacht hatte, dass man lieber nichts ohne ihre Zustimmung tun sollte. Ein zufriedenes Gefühl kam in ihr auf. Das würde ihm eine Lehre sein und die Anderen hoffentlich abschrecken. Den leicht bitteren Nachgeschmack, dass es nicht Tom war, den es getroffen hatte, ignorierte sie.
 

„Merk dir das für das nächste Mal, Carmichael. Und lass mich jetzt endlich in Ruhe!“ mit diesen Worten wollte sie ihren ursprünglichen Weg wieder aufnehmen. Doch etwas ließ sie innehalten.
 

+KLATSCH+ +KLATSCH+ +KLATSCH+
 

Ein Klatschen. Mit einem Ruck drehte sie sich um und sah geradewegs in graublaue Augen, die sie unverwandt ansahen. Eine ihrer Augenbrauen schoss nach oben. Was machte Draco Malfoy hier? War der Slytherin ihr gefolgt? Beim eben genanntem Slytherin bildete sich ein kaltes Lächeln.
 

„Glückwunsch, Dursley. Das nenne ich einschlagende Argumente… Hätte ich einer Gryffindor gar nicht zugetraut. Man entdeckt doch immer wieder verborgene Seiten an dir.“, kam es spöttisch von dem Blonden, der dem am Boden liegenden Ravenclaw einen verächtlichen Blick zuwarf.
 

„Tja, man lernt immer wieder was dazu. Es freut mich, zu deiner Weiterbildung beigetragen zu haben. Doch entschuldige mich jetzt bitte. Ich habe noch etwas vor.“ Mit diesen Worten wandte sie sich ab und ließ den Blonden stehen. Doch anstatt der erwarteten wütenden Reaktion des Blonden bildete sich nur ein schiefes Lächeln auf seinen Lippen und er schüttelte leicht den Kopf. Er musste wohl oder übel gestehen, dass ihn die Kleine überrascht hatte. Er wusste zwar, dass sie verbal austeilen konnte – er durfte es schließlich oft genug am eigenen Leib erfahren – aber dass sie auch zu radikaleren Mitteln greifen konnte, hatte er nicht erwartet. Soviel zur These ‚bellende Hunde beißen nicht’! Das schien ja wohl nicht auf Löwen zu zutreffen. Mit langsamen Schritten machte er sich auf, der Schwarzhaarigen zu folgen. Es könnte ja noch amüsant werden.
 

•~°~°~°~•

Zufrieden blickte Aylin auf den Besen in ihrer Hand, während sie auf das Quidditchfeld zuschritt. Zwar war es bloß ein Sauberwisch 7, doch immerhin besser als gar nichts. Es war doch wirklich lachhaft, wie einfach man die Schließfächer in den Umkleidekabinen öffnen konnte. Nein, sie hatte ihn nicht gestohlen. Stehlen war ja ein so böses Wort! … Ausgeliehen traf viel eher zu! Mit einem breiten Grinsen kam sie auf der Mitte des Feldes an, schwang sich auf den Besen, hielt einige Minuten inne und… stieß sich kräftig vom Boden ab. Schnell sauste sie einige Meter in die Höhe und blieb in der Luft stehen. Genüsslich schloss sie die Augen und legte den Kopf in den Nacken als sie den kühlen Wind spürte, der ihr ins Gesicht wehte. Das erste Mal seit sehr langer Zeit war sie richtig entspannt. Das Lächeln, das sich auf ihrem Gesicht zeigte, war befreiter als sonst. Doch blieb sie nicht lange so ruhig in der Luft stehen. Ihr Griff um den Besenstiel wurde fester, ihr Körper richtete sich etwas auf, die Augen öffneten sich langsam. Man konnte ein Funkeln in ihnen erkennen, das nur das Gefühl auf einem Besen zu sitzen bei ihr auslöste. Das Lächeln auf ihren Lippen wurde breiter und verformte sich zu einen Grinsen. Und im nächsten Augenblick… war sie fort.
 

Sie befand sich nicht mehr an der Stelle, an der sie eben noch das Gefühl zu fliegen, der Schwerelosigkeit genossen hatte. Jetzt war sie überall und nirgendwo. Das einzige, was noch auf ihre Anwesenheit hinwies, war das Zischen in der Luft. Kaum zu glauben, dass man aus einem Sauberwisch solch ein Tempo herausholen konnte. Doch sie tat es. Wilde Loopings, atemberaubend schnelle Schleifen und schwindelerregende Sturzflüge… nichts ließ sie aus… nichts, dass sie das Gefühl der Freiheit spüren ließ!
 

Doch kam sie dennoch wieder zur Ruhe, schwebte mehrere Meter über dem Boden und blickte in den klaren Himmel. Das Haar zerzaust, die Wangen gerötet, die Lippen leicht geöffnet, der Atem hektisch, feine Schweißperlen auf der Stirn… und doch… das erste Mal, dass sie ihre Sorgen vergaß… einfach nur glücklich… Wieder genoss sie den Wind, der ihr erhitztes Gesicht sanft kühlte. Behutsam legte sie ihren Kopf in den Nacken, schloss langsam die Augen. Das zufriedene Lächeln fand wieder den Weg auf ihre Lippen. Bedächtig lösten sich ihre Hände von dem Besenstiel und sie breitete die Arme aus, als würde sie den Wind umarmen. Sie hatte sich noch nie so frei gefühlt. Wie die Sonne ihre warmen Strahlen zu ihr schickte, der Wind mit ihren Haaren spielte und um sie herum nichts außer der Schwerelosigkeit. Was für ein Gefühl… Niemand hier…Nur sie allein…

Das dachte sie zumindest. Denn plötzlich zischte jemand auf sie zu und blieb genau vor ihr stehen. Unwillig öffnete sie ein Auge und blickte den Störenfried schief an. Und fast sofort wünschte sie sich, das Auge nicht geöffnet zu haben, als sie in das Gesicht eines spöttisch grinsenden Draco Malfoy blickte. Frustriert seufzend schloss sie das Auge wieder und ignorierte den Slytherin.
 

„Zumindest kannst du besser fliegen als zielen.“ Diese Aussage des Blonden ließ sie doch noch ihre Aufmerksamkeit auf ihn lenken. Fragend zog sie eine Augenbraue hoch und sah ihn an. „War das ein Kompliment?“ Ein leises Lachen war zu hören und blaugraue Augen funkelten spöttisch. „Wie man’s nimmt, Dursley, wie man’s nimmt…“
 

Aylin verkniff es sich, irgendetwas darauf zu erwidern. Sie fühlte sich gestört. Und das würde sie dem Blonden auch deutlich machen. Was musste er auch ausgerechnet jetzt auftauchen? Jetzt, wo sie das Gefühl auf einem Besen zu sitzen so richtig genießen konnte? Jetzt, wo sie keine Angst haben musste, dass jemand ihren Flugstil erkannte? Innerlich murrend machte sie die Feststellung, dass Draco Malfoy ein verdammt schlechtes Timing hatte! „Was willst du?“, schnarrte sie Draco leicht sauer an.
 

„Wieso so gereizt? Ich dachte du hättest alle deine Aggressionen bereits an dem mickrigen Ravenclaw ausgelassen?“, eine fein geschwungene Augenbraue wanderte nach oben, während der Gesichtsausdruck fast schon unschuldig wirkte. Aylin musste schnauben. Malfoy… unschuldig… ja klar, und Dudley hatte nur schwere Knochen! Lachhaft!!
 

„Ich wüsste nicht, was dich das angeht! Ich kann so viele Aggressionen haben, wie ich will!“ Es war kaum zu glauben, wie schnell ihre Stimmung wechseln konnte. Eben noch war sie so zufrieden gewesen, dass sie das Verlangen danach gehabt hatte, die ganze Welt zu umarmen und jetzt… überwog das Verlangen, ihm ihre Faust in das Gesicht zu rammen.
 

„Und außerdem… ‚mickriger Ravenclaw’?“, ihr Blick wanderte über Dracos Gestalt, „…es tut mir Leid dir die Realität ins Gedächtnis zu rufen, aber dieser ‚mickrige Ravenclaw’ ist größer und muskulöser als du.“, sie runzelt leicht die Stirn und fuhr fort: „… ein Wunder, dass dir das nicht auffallen konnte. Da dein Zimmer bestimmt über und über mit Spiegeln vollgestellt ist.“
 

Draco lächelte nur leicht. „Pass auf, Dursley, hier ist keiner deiner Freunde… und somit auch keinerlei Art von Zeugen…“, schnurrte der Slytherin schon fast.
 

Aylins Augen verengten sich. „Willst du mir drohen?“ Wieder kam ein Lachen von dem Blonden.
 

„Wie könnte ich! Aber ich will was anderes…“, die blaugrauen Augen blitzten auf, was der Schwarzhaarigen eindeutig nicht gefiel. Misstrauisch sah sie ihn an.
 

„Ach ja?“
 

„Ja.“
 

Stille. Beide musterten sich stumm. Aylin misstrauisch. Draco berechnend.
 

„Du willst doch, dass ich dich in Ruhe lasse, oder?“, fragte der Blonde plötzlich. Verwirrt blinzelte die Angesprochene. Waren sie nicht gerade bei dem gewesen was ‚er’ wollte? Trotzdem nickte sie leicht. „Gut, und ich will, dass du mit mir ausgehst.“
 

Es dauerte einige Sekunden bis diese Worte zu Aylin durchdrangen. Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder, da kein Ton herauskam. Ok, sie hatte es verkraftet, dass die verschiedensten männlichen Schüler Hogwarts’ ihr hinterher liefen… aber doch nicht Draco Malfoy! Ihr ehemaliger Erzfeind! Nun gut, er wusste zwar nichts von dieser Tatsache, aber trotzdem! Sie hatte bisher kein gutes Haar an ihm gelassen und jetzt wollte er…? Irgendwie tat ihr der Kopf weh… und es kam ihr noch viel surrealer vor, als die Sache mit Eddie Carmichael…
 

Amüsiert beobachtete Draco sein Gegenüber. Es war das erste Mal, dass er das Mädchen sprachlos sah. Und mein Gott, war das eine Genugtuung! Als er merkte, dass die Schwarzhaarige wieder aufnahmebereit war, führte er seine Ausführungen weiter.
 

„Tja, bald ist doch das Quidditchspiel Hufflepuff gegen Gryffindor…“ Aylin zog die Augenbrauen zusammen. Was war denn das für ein abrupter Themenwechsel? „… und es ist ja wohl klar, wer gewinnen wird… Hufflepuff. Zumindest wird Summerby den Schnatz vor der kleinen Weasley fangen… Die wäre ja nicht mal in der Lage einen Quaffel zu fangen… geschweige denn den kleinen Schnatz…“ Aylins Augen verengten sich. Was wagte es dieser Kerl ihr Team so niederzumachen! Und vor allem Ginny! Ok, sie war nicht die Beste, aber sie war nicht schlecht!
 

„Hufflepuff gewinnen?! Sicher doch! Genauso wie wir gegen Slytherin verlieren werden! Von was träumst du nachts? Bevor du über die Fähigkeiten anderer Spieler herziehst, solltest du zuerst deine eigenen erbärmlichen Flugkünste verbessern!“, brauste die Schwarzhaarige auf. Dracos Augen hatten jetzt wieder diesen fast unschuldigen Blick drauf, doch konnte er das listige und fast schon triumphale Glitzern nur mühevoll verbergen.
 

„Du scheinst ja sehr überzeugt zu sein…“ Die einzige Antwort darauf waren ein Schnauben und ein knappes Nicken. „… wie wäre es dann mit einer Wette?“, fing er leicht gedehnt an und bevor Aylin ihn unterbrechen und widersprechen konnte, fuhr er fort, „… oder reichen deine Überzeugung und Vertrauen dafür nicht aus? Was auch verständlich wäre… wenn man sich euer Team und vor allem die Weasley so ansieht…“ Provozierend sah Draco Aylin an. Diese verspürte den Drang, ihren Kopf gegen eine Wand zu schlagen. Natürlich vertraute sie ihrem Team… aber eine Wette mit Malfoy?
 

„Ich bin mir sicher, dass Gryffindor gewinnt!“, kam die etwas herablassende und gereizte Antwort auf Malfoys Provokation.
 

„Wenn das so ist…“, ein listiges Lächeln erschien auf seinem Gesicht, „…wenn Weasley den Schnatz fängt, lasse ich dich in Ruhe… aber wenn nicht… wenn Summerby den Schnatz zuerst erwischt… gehst du mit mir aus… Deal?!“ Auffordernd hielt er der Gryffindor die Hand hin. Und diese schlug ohne zu zögern ein. Obwohl Aylin in ihrem Inneren weniger überzeugt war, hatte sie nicht die Absicht, dem Slytherin das zu zeigen.
 

Breit grinsend nickte Draco der Schwarzhaarigen zu, bevor er gen Boden flog. Stumm blickte Aylin ihm nach. Irgendwie hatte sie ein sehr schlechtes Gefühl. So als hätte sie einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Sie konnte nur hoffen, dass sie keinen Fehler gemacht hatte… und das Ginny an diesem Tag den Schnatz fing. Seufzend flog auch sie dem Boden entgegen. Langsam und in Gedanken versunken schritt sie auf die Umkleidekabinen zu. Sie war sich nämlich sehr sicher, dass Sloper nicht so begeistert wäre, wenn er beim nächsten Training seinen Besen nicht mehr vorfinden würde. Obwohl… bei seinen Flugkünsten tat einem der Besen richtig Leid!
 

Ob sie nicht doch einen Fehler gemacht hatte?
 

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel hat ein kleines Lifting bekommen. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2006-07-19T16:59:48+00:00 19.07.2006 18:59
Boa wie geil!!!
Da hat se wirklich einen Pakt mit dem Teufel höchstpersöhnlich geschlossen *grinz*
wie das wohl ausgeht?
schon völlig aufgeregt ins nächste kappi spring *freuz*


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