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Die Entscheidung - Ein Leben, zwei Wege

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Warnung: Der erste Absatz dieses Kapitel beinhaltet leichte Folter. Zwar nur imaginärer, aber trotzdem vorhanden. Komplett anzeigen

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Albtraum


 

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Kapitel 17

Albtraum

Es war dunkel und es herrschte drückende Stille. Doch da war etwas… das spürte sie…  Aber was war es…? Es rief nach ihr…  Leise… flüsternd… lockend… fordernd…! Sie kannte sie… diese Stimme… Dieses Gefühl… Doch was war es? Sie konnte es nicht einordnen… sich nicht daran erinnern… Jedoch hörte es nicht auf… wurde nur noch drängender…  Sie versuchte zu widerstehen… doch sie konnte nicht… Ohne es zu wollen gab sie nach… Folgte den Rufen…
 

Die Dunkelheit, die sie umgab, schien an Schwärze zuzunehmen… Es wurde kälter… die Luft drückender… die Stille lauter… Angst machte sich in ihr breit… Nein… sie wollte da nicht hin… Doch konnte sie sich den Rufen nicht widersetzen… Plötzlich wurde die Finsternis um sie in gleißend helles Licht getaucht, sodass sie die Augen schließen musste. Vorsichtig blinzelte sie und fand sich in einem dunklen Raum wieder. Er kam ihr vage bekannt vor…
 

Sie fand sich an einem Fenster wieder und sah hindurch. Sie erblickte nur Schwärze… Schwärze, wie die, in der sie vor kurzem erst gefangen gewesen war… Doch dann sah sie noch etwas anderes… etwas, das sie erschrecken ließ… sie wusste selbst nicht warum… In der Spiegelung des Fensters sah sie… sich selbst!
 

Schwarzes Haar, das verstrubbelt war… smaragdgrüne Augen, deren Pupillen leicht verengt waren… ein blasses Gesicht, das angespannt wirkte… Sie sah ihr Spiegelbild… das Spiegelbild eines Jungen… Die grünen Augen wanderten zur Stirn, die nur halb von den kurzen Haaren verdeckt war und sah… eine feine Narbe in der Form eines Blitzes!
 

„Lange nicht gesehen, Harry…“, zischte eine leise, kalte Stimme hinter dem Jungen. Mit einem Schlag wurde ihm klar, wer er war und wieso ihm sein Spiegelbild so irritierte… Er war Harry Potter und sollte eigentlich das Äußere eines Mädchens haben. Mit einem Mal wirbelte er herum und schaute sich um, auf der Suche nach dem Sprecher, obwohl er sich sicher war, dass er ihn nicht sehen wollte, da er wusste wer es war.
 

Die Wände waren mit dunklem Holz verkleidet, wand hohe Fenster wurden von schweren dunkelgrünen Brokatvorhängen verdeckt, ein schwarzer Teppich zierte den Parkettboden, in einem Kamin aus schwarzem Marmor prasselte ein blau-schwarzes magisches Feuer, ein Sofa, sowie zwei schwarze Ledersessel befanden sich vor dem Kamin. Und in einem dieser Sessel saß jemand.
 

Er
 

Die hohe Gestalt in einen schwarzen Umhang gehüllt, zurückgelehnt, ein Bein über das andere geschlagen, die Ellbogen an die Sessellehnen gestützt und die Finger ineinander verschlungen. Das Gesicht, zur Hälfte von einer Kapuze verdeckt, wirkte dämonengleich, da die Flammen ihre Schatten darauf warfen und es verzerrten… Und die Augen… Rubinrote Augen, die ihm kalt und gefährlich entgegensahen… ihn fixierten…  Harry musste schlucken… Wieso war er hier? Das Ritual sollte das doch verhindern… Und wieso sprach Er mit ihm? Das hatte er sonst doch auch nie getan… ihn angesehen, ja, aber nicht angesprochen!
 

Ein diabolisches Lächeln bildete sich auf den Zügen des Mannes, der den Jungen vor sich nicht aus den Augen ließ. Jede Regung, jede Änderung der Mimik entging ihm nicht… Er spürte die Verunsicherung und Irritation des Jungen, was er mit Zufriedenheit aufnahm.
 

„Du hast mich lange nicht mehr besucht… Ich habe dich schon richtig vermisst…“, säuselte er schon fast und erhob sich langsam von seinem Sessel. Harry schluckte und trat einen Schritt zurück. Was sollte er tun? Er wusste, es war bloß ein Traum, nicht real, und doch…  hatte er Angst…
 

Plötzlich wurde alles wieder dunkel und begann sich zu drehen. Einen Moment lang verspürte er Erleichterung, denn er dachte, dass er wieder aufwachen würde, doch dem war nicht so, wie er feststellen musste, als seine Umgebung wieder klare Formen annahm. Und er wünschte sich in die Dunkelheit zurück! Der Raum, in dem er sich nun befand, wurde von Fackeln beleuchtet und befand sich in den Kerkern. Er war karg eingerichtet, doch das, was vorhanden war, ließ einem das Blut in den Adern gefrieren. An den Wänden und auch vereinzelt an der Decke befanden sich schwere Eisenketten. In der Mitte des Raumes stand ein einzelner Stuhl, an dessen Lehnen ebenfalls Ketten angebracht waren. Auf einem Tisch, der an eine der Wände gelehnt war, befanden sich verschiedene eiserne Gegenstände, von denen er nicht wissen wollte, für was sie benutzt wurden, sowie Peitschen, Messer, Nägel und Kerzen… Und daneben stand ein kleines Kohlebecken, dessen Inhalt rot glühte… Eine Folterkammer.
 

„Extra für dich, die Kleine, wo wir ungestört sind…“, kam es unvermittelt direkt hinter ihm. Erschrocken zuckte er zusammen, als er die Präsenz seines schlimmsten Albtraums direkt hinter sich spürte… ganz nah… zu nah… „Wir haben viel nachzuholen, Harry…“
 

Seine Augen weiteten sich, als er den Atem seines Peinigers an seinem Nacken spürte. Er wollte fliehen… Abstand zwischen sie bringen… doch er konnte nicht! Wie erstarrt stand er da, nicht in der Lage sich zu rühren… weil Er es nicht wollte…
 

„Wieso bist du weggelaufen, Harry?“, kam es beinahe zärtlich von dem Mann, dessen Namen niemand wagte auszusprechen. Harry antwortete nicht. Starr blickte er auf die Wand vor sich. Der Körper vollkommen verkrampft. Die Sinne zum Zerreißen gespannt. Er zuckte zusammen, als sich plötzlich etwas Kaltes und Hartes um seine Handgelenke schloss. Und ehe ihm bewusst wurde was es war, wurden seine Arme mit einem harten Ruck nach oben gerissen. Die Ketten, die an der Decke hingen, hielten ihn eisern fest.
 

„Mein lieber Junge…“, hauchte die kalte Stimme in das Ohr des Schwarzhaarigen, während sich etwas Kühles, Glattes, Biegsames und doch Festes um seinen Hals legte, „… gerade Du müsstest doch wissen, dass du mir nicht entkommen kannst!“ Mit diesen Worten zog er den Gegenstand, den er um den Hals des Jungen geschlungen hatte, enger. Eine Peitsche. Harry keuchte auf. Er bekam keine Luft! Doch kein Ton sollte über seine Lippen kommen. Ja, er wusste was passieren würde… Es war schon so oft geschehen… Plötzlich ließ der Druck an seinem Hals nach und er konnte wieder atmen.
 

„Na, na, mein Junge! Du sollst nicht mit deinen Gedanken abdriften… Wo bleibt da denn das Vergnügen?“, kam es teils amüsiert, teils spöttisch von dem Schrecken der Zauberwelt. Doch konnte Harry deutlich den drohenden Unterton heraushören. Damit löste Er die Peitsche vollkommen vom Hals des Jungen und strich mit ihr langsam den verkrampften Rücken entlang.
 

„Was meinst du… sollte ich dir in Erinnerung rufen, dass du mir nicht entkommen kannst? Und zwar so, dass du es nicht vergisst?“ Diese Worte trafen Harry wie ein Faustschlag ins Gesicht. Seine Pupillen weiteten sich, Schweiß bildete sich auf seiner Stirn. Er hatte gewusst, dass Er das tun würde… und doch hatte er gehofft, dass er sich täuschte… Er hatte gehofft… Mit einem Mal spürte er einen brennenden Schmerz, der von seinem Rücken kam. Ein Keuchen entwich ihm bevor er die Zähne fest zusammen biss und die Augen zusammen kniff. Er würde nicht schreien. Diese Genugtuung würde er ihm nicht geben…
 

„Tut es weh, Harry? Soll ich aufhören?“ Doch es kam keine Antwort. Ein Grinsen bildete sich auf Seinen Lippen. Gut so, wenn der Kleine sich widersetzte, hatte er seinen Spaß. Nur zu schade, dass es nicht die Realität war…
 

Harry vernahm ein zischendes Geräusch, bevor ihn wieder ein heftiger Schlag traf und die Schmerzen auf seinem Rücken zunahmen. Es tat weh… sogar mehr als das… Er verstand nicht, wieso er hier war… was sollte das? Hatte er etwas falsch gemacht? Für was hatte er dann diesen Zauber auf sich genommen, wenn es immer noch nicht aufhörte? Mit jedem Schlag, der seinen Rücken traf, driftete Harry immer weiter ab. Unsicherheit und Verzweiflung gewannen die Oberhand… nachdem er sie so lange verdrängt hatte…
 

Plötzlich hörte es auf. Er war noch immer hier… immer noch gefangen… in seinem Albtraum... Doch die Schläge blieben aus. Was ihn wunderte. Denn früher war es nie bei den Peitschenhieben geblieben…  Ihm war gezeigt worden, was ihn alles erwarten würde, wenn er ihnen in die Hände fallen würde… Langsam öffnete er seine Augen und blickte geradewegs in rubinrote, die ihn emotionslos fixierten. Er spürte, wie sich eine kalte Hand um sein Kinn schloss und es anhob. Bei der Berührung zuckte er unwillkürlich zusammen und seine Pupillen weiteten sich ein Stückchen mehr. Stumm blickte er seinem Albtraum ins Angesicht.
 

„Wo hast du dich versteckt, Harry? Wo hast du dich verkrochen?“ Fast schon sanft strich ein Finger über seine Wange und hinterließ Gänsehaut. Doch Harry antwortete nicht. Sein Gesicht wurde noch etwas mehr angehoben. Der Griff wurde fester, grober… „Dir ist bewusst, dass das einem Gryffindor unwürdig ist? Sich zu verstecken… zu fliehen… ich habe nicht gewusst, dass du feige bist, Harry…“
 

Harry musste schlucken. Und er konnte nicht verhindern, dass er anfing zu zittern. Angst streckte ihre Fänge nach ihm aus und ließ ihn nicht mehr los. Er wusste, dass sie berechtigt war. Aber es gab etwas, das ihn irritierte… Etwas an dem Mann… dem Monster vor sich… etwas, das er eigentlich bemerken müsste… etwas, das ihn irritierte und seine inneren Alarmglocken schrillen ließ… doch er wusste nicht was… Doch es hatte mit seinem Gesicht zu tun… mit seiner Stimme… mit seinen Augen…
 

„Du kannst nicht ewig vor mir fliehen!“ Er spürte, wie ein seltsames Gefühl in ihm aufkam… bemerkte wie das Licht verblasste… wie die Konturen verschwammen… „Ich werde dich finden…!“ Und alles verschwand… Es herrschte wieder Finsternis… Doch eines blieb…
 

Die rubinroten Augen…
 

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Mit einem Mal riss sie ihre Augen auf. Schweiß stand auf ihrer Stirn. Ruckartig setzte sie sich auf, blieb einige Augenblicke regungslos sitzen, bevor sie aufsprang und in das Bad rannte, vor dem Spiegel stehen blieb. Sie sah grüne, geweitete Augen; wirres, schwarzes Haar, das etwas über die Schultern reichte; blasse Haut, auf der Schweiß glänzte. Ihre Hand schoss zu ihrer Stirn und schob das Haar beiseite und sie sah… nichts. Nur ihr Spiegelbild. Das einer jungen Frau…
 

Ein erleichtertes Seufzen entwich ihr und sie sank auf den Boden. Ihre Augen schlossen sich und sie lehnte ihren Kopf an die Wand. Regungslos blieb sie sitzen. Lauschte ihrem rasenden Herzschlag, der sich langsam wieder beruhigte… Zögernd öffnete sie ihre Augen und blickte starr auf die Wand vor sich. Warum war sie so plötzlich aufgewacht? Was hatte sie dazu veranlasst, panisch in das Bad zu rennen? Wieso war sie so erleichtert, als sie ihr Spiegelbild erblickte? Woher kam dieses Verhalten? Hatte sie schlecht geträumt? … Was hatte sie geträumt? Verwirrt dachte sie über ihr Verhalten nach. Sie konnte es nicht nachvollziehen und wusste nichts damit anzufangen.
 

Langsam stand sie auf und ging wieder in den Schlafsaal. Mit offenen Augen lag sie in ihrem Bett. Starrte an den seidenen Himmel ihres Betts. Doch sie sah nichts. Sie versuchte zu verstehen, was geschehen war. Sie versuchte ihre Gedanken zu ordnen, ihre Gefühle zu deuten… und die seltsame Ahnung in ihrem Herzen zu entschlüsseln… Doch es gelang ihr nicht. So lag sie da, in der Dunkelheit der Nacht… und fühlte sich so verloren wie noch nie zuvor…
 

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Einige Stunden später, die Sonne war bereits aufgegangen, liefen zwei geschäftige Gryffindormädchen durch ihren Schlafsaal und machten sich ausgehfertig. Nachdem sie fertig waren, waren sie der Meinung, dass ihre Klassenkameradin genug geschlafen hatte und es Zeit wäre, dass auch sie sich fertig machte. Denn sie wollten so bald wie möglich aufbrechen um ihre Einkäufe zu erledigen. Lavender Brown schritt auf das Bett, dessen Vorhänge zugezogen waren, zu und öffnete diese mit Schwung. Gerade wollte sie zu einem lautstarken Weckversuch ansetzen, als sie merkte, dass das Bett leer war. Vollkommen verdutzt blickte sie zu ihrer besten Freundin, doch auch sie wusste nicht was los war. Mit gerunzelter Stirn machten sie sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum, vielleicht wusste ja Hermine, die ebenfalls bereits verschwunden war, wo ihre Mitschülerin steckte. Doch kamen sie in dem noch menschenleeren Gemeinschaftsraum (was sollte man auch erwarten an einem Samstagmorgen um 7.30 Uhr) an und blieben sie verblüfft stehen. Dort vor dem Kamin saß, in einen der weichen Sessel gekuschelt, das verschwundene Mädchen und starrte ins Feuer. Langsam kamen sie auf sie zu und ließen sich neben ihr nieder. Sahen sie besorgt an.
 

„Aylin? Alles in Ordnung?“, fragte Parvati behutsam und legte vorsichtig eine Hand auf den Arm des Mädchens. Doch diese antwortete nicht und sah sie auch nicht an. Stumm nickte sie mit dem Kopf. Doch waren sie sich nicht sicher, ob Aylin sie überhaupt verstanden hatte. „Wirklich?“, fragte nun auch Lavender vorsichtig, erhielt jedoch auch nur ein abwesendes Nicken als Antwort. Lavender und Parvati warfen sich einen Blick zu und nahmen jeweils eine Hand von der Schwarzhaarigen, die dies nicht mal zu registrieren schien.
 

„Dann lass uns runter gehen, etwas frühstücken… danach können wir gleich aufbrechen…“ Mit diesen Worten zogen sie Aylin auf die Beine und mit sanfter Gewalt in Richtung Porträtloch und weiter in die große Halle. Sie ließ alles mit sich geschehen. Hatte weder die Kraft, noch den Ansporn sich zu wehren. Auch war sie nur körperlich anwesend, denn ihre Gedanken waren in weiter Ferne.
 

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Desinteressiert saß Severus Snape am Lehrertisch und hörte nur mit halbem Ohr zu was ihm seine Kollegen erzählten, während er die Schüler in der Halle im Auge behielt, zumindest die wenigen, die jetzt schon anwesend waren. Sein Blick fiel auf eine kleine Gruppe von Gryffindors. Eher gesagt, auf die Person, mit deren Bewachung er beauftragt worden war. Diese saß stumm zwischen Lavender Brown und Parvati Patil, die auf sie einredeten. Wenn er ihre Blicke richtig deutete, waren sie besorgt und versuchten sie aufzumuntern. Währenddessen blickte Aylin einfach nur starr auf ihren Teller, dessen Inhalt sie noch nicht angerührt hatte. Sie wirkte seltsam verkrampft, wie sie da saß. Ihr Gesicht war blass und man konnte Augenringe unter den müden und abwesenden Smaragden erkennen. Es schien, als wäre sie heute nicht in allzu guter Verfassung… als hätte sie schlecht geschlafen…
 

Er zog die Augenbrauen leicht zusammen und fixierte weiterhin das Mädchen. Das war seltsam. In solch einem Zustand kannte man sie gar nicht. In Ordnung, es kam sehr oft vor, dass sie schlecht gelaunt war, was darauf schließen ließ, dass es sich bei ihr um einen Morgenmuffel handelte, aber das? Es musste etwas passiert sein, und er würde es herausfinden. Mit diesem Gedanken erhob er sich wortlos und rauschte aus der Halle, ohne seine verblüfften Kollegen eines Blickes zu würdigen.
 

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So abwesend Aylin den Morgen über auch war, verspürte sie dennoch Erleichterung, als der Fahrende Ritter anhielt und sie in der Londoner Einkaufsmeile raus ließ. Kaum hatte sie wieder festen Boden unter den Füßen, wurde sie von den Tratschtanten Gryffindors untergehakt und in Richtung einer Boutique gezerrt, in deren Schaufenster verschiedene Kleider ausgestellt wurden. Dort angekommen fing für die Schwarzhaarige ein Albtraum an. Denn ihre Begleiterinnen schienen in einen Kaufrausch verfallen zu sein. Doch ließ sie es über sich ergehen und probierte alles an, ohne zu murren. Sie fühlte sich heute nicht im Stande um ihnen zu widersprechen und sich auf eine Diskussion einzulassen.
 

Drei Stunden später saßen sie in einem kleinen Café um sich eine kurze Pause zu gönnen, bevor sie sich auf den Weg zur Winkelgasse machten um neue Festumhänge zu besorgen. Zufrieden lehnten sich Parvati und Lavender zurück, da sie Kleider gefunden hatten, die genau ihren Ansprüchen entsprachen. Auch für ihre heute wortkarge ‚Freundin’ hatten sie etwas Passendes gefunden. Diese schien es jedoch kalt zu lassen. Gedankenversunken saß sie da und blickte in die Ferne, ohne etwas zu sehen oder um sich zu registrieren. So merkte sie auch nicht, wie die zwei Gryffindormädchen neben ihr plötzlich verstummten und mit großen Augen auf eine Person hinter ihr starrten. Genauso wenig bemerkte sie den Schatten, der auf sie fiel, als der Stuhl neben ihr zur Seite geschoben wurde und sich jemand darauf niederließ. Wie dieser jemand sie betrachtete, jede einzelne Veränderung seit ihrer letzten Begegnung registrierte und auf Grund ihres Zustandes die Augen kurz aufblitzten. Die schwarz-braunen Augen…
 

Langsam lehnte die Person sich vor, bis sie nahe am Ohr der abwesenden Schwarzhaarigen war. „Ich habe mir gedacht, dass du Sehnsucht nach mir haben würdest, aber dass es so sehr ausarten würde, dass du geistesabwesend Löcher in die Luft starrst und nichts mehr um dich herum bemerkst, hätte ich nicht erwartet. Ich bin geschmeichelt…!“
 

Aylin zuckte heftig zusammen und blinzelte kurz verwirrt, als ihr plötzlich von einer dunklen Stimme diese Worte ins Ohr geraunt wurden. Ein Schauer lief ihren Rücken herab und sie wandte sich ruckartig um und blickte geradewegs in dunkle Augen, die ihr verschmitzt entgegen blitzten. Sie brauchte einige Momente um zu realisieren, wer da neben ihr saß. Dabei ließ sie ihren Blick unbewusst über die Gestalt des anderen wandern. Den Körper, der in eine schwarze Stoffhose und ein dunkelgrünes seidenes Hemd gehüllt war. Als sie doch noch realisierte, wer da neben ihr saß, öffnete sie den Mund um etwas zu sagen, doch bekam sie keinen Ton heraus. Sah ihn einfach nur mit großen Augen an. Dies ließ Tom schelmisch grinsen.
 

„Fertig mit deiner Musterung? Hat es dir die Sprache verschlagen?“, fragte er frech und lehnte sich leicht zu ihr rüber. Einige Sekunden herrschte Stille, in der Tom leicht spöttisch eine Augenbraue hob und weiterhin sein Gegenüber fixierte, die den Blick erwiderte. „…Tom…“, brachte Aylin dann doch noch hervor. Wobei ihre Stimme sich mehr als trocken anhörte und sie ihn emotionslos anblickte. Toms zweite Augenbraue beschloss der bereits gehobenen Gesellschaft zu leisten und er blickte die Schwarzhaarige etwas verwundert an. Was war denn das? Wo war das Temperament geblieben? Normalerweise explodierte sie doch jedes Mal, wenn sie sich begegneten… Könnte es vielleicht doch sein, dass…
 

„Erfasst. Ich fühle mich geehrt, dass die Dame sich meinen Namen gemerkt hat. Kann ich mir etwas darauf einbilden?“ Mit diesen Worten lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und feixte die Schwarzhaarige an. Aylin sah ihn nur noch einen weiteren Moment an, dann erhob sie sich.
 

„Tu was du nicht lassen kannst, es ist mir egal. Los Mädels, lasst uns die Rechnung bezahlen, wir gehen.“, sagte Aylin noch ruhig bevor sie zum Tresen ging um zu zahlen. Lavender und Parvati, die das ganze Schauspiel nur mit geweiteten Augen und sprachlos beobachtet hatten, sprangen jetzt schnell auf und liefen der Schwarzhaarigen hinterher. Doch konnten sie es nicht verhindern, dem Fremden immer wieder Blicke zu zu werfen. Eben dieser lächelte leicht, schüttelte nur den Kopf und erhob sich, um den Mädchen zu folgen. Gerade als er bei ihnen ankam, kramten diese nach ihrem Geld um zu zahlen, doch Tom schritt schnell ein.
 

„Lasst nur meine Damen, ich zahle. Es ist mir eine Freude, solche Schönheiten einzuladen.“, kam es charmant von ihm, während er bereits dem Kellner einen Geldschein in die Hand drückte und ihm mit einem Handzeichen bedeutete, dass er das Wechselgeld für sich behalten sollte. Verblüfft blickten Lavender und Parvati ihn an, bevor sie rot wurden und anfingen verlegen zu kichern. Aylin warf ihm nur einen seltsamen Blick zu und verließ das Café. Die anderen würden ihr schon folgen. Und das taten sie auch. Doch zu ihrem Leidwesen auch Tom. Sie konnte hören, wie dieser sich den beiden anderen vorstellte und diese wieder anfingen zu kichern, bevor sie ebenfalls ihre Namen nannten. Irgendwie konnte sie ein Schnauben nicht unterdrücken, doch wusste sie nicht, was es ausgelöst hatte. Stur geradeaus blickend machte sie sich auf in Richtung Tropfender Kessel und Winkelgasse. Versuchte, dabei die drei plappernden Anhängsel zu ignorieren. Die Einkaufstüte, in der sich ihr neu erworbenes Kleid befand, wurde eisern festgehalten. Doch eben diese wurde plötzlich aus ihrer Faust befreit. Verwundert blickte sie auf und genau in schwarz-braune Augen, die sie belustigt anfunkelten. Verwirrt zog sie die Augenbrauen zusammen und setzte schon an etwas sehr… patziges von sich zu geben, doch kam sie nicht dazu.
 

„Nicht meckern, Aylin! Lass mir doch das Vergnügen deine Sachen zu tragen. Und außerdem… ist es ja nicht das erste Mal…“, kam es sehr freundlich und zum Ende hin fast schon geschnurrt vom Schwarzhaarigen. Bei diesen Worten rissen Lavender und Parvati die Augen auf. Aha, aha, aha… das war ja mehr als interessant… hatte ihnen die Schwarzhaarige da etwa etwas verschwiegen? Eben jene warf Tom nur einen vernichtenden Blick zu, während sie weiterhin zügig voranging. Sie dachte nicht mal im Traum daran, etwas darauf zu erwidern. Doch dieser Blick verfehlte, wie so viele schon vor ihm, seine Wirkung und veranlasste den Mann neben ihr nur dazu, sie weiterhin zu provozieren und zu ärgern. Und so hieß es für ihn: ab in Runde zwei!
 

„… ach, Aylin… ich bin begeistert! Jedes Mal wenn ich dich wiedersehe verbessert sich deine Garderobe… Und ich muss zugeben, dass dir Röcke stehen… sehr sogar…“, kam es schelmisch von Tom während er aufreizend mit den Augenbrauen wackelte und seinen Blick schamlos über den Körper des Mädchens wandern ließ, der in die Schuluniform gehüllt war. Diese Worte lösten endlich die gewünschte Reaktion aus. Aylin errötete. Sie warf ihrer persönlichen Nervensäge einen bitterbösen Blick zu, während ihre Hände fahrig und unbewusst an ihrem Rocksaum zupften. Wie sie Röcke doch hasste! Gerade als Tom, breit grinsend, dazu ansetzte etwas zu sagen, wurde er von einem Räuspern unterbrochen. Fragend blickte er sich zu den fast schon vergessenen Mädchen hinter ihnen um, die sie mit immer noch großen, neugierigen Augen und kichernd beobachteten.
 

„Kennt ihr euch schon lange?!“, kam es gleichzeitig wie aus der Pistole geschossen von den beiden. Noch bevor Aylin ein genervtes ‚Nein, wir kennen uns überhaupt nicht!’ von sich geben konnte, schlang Tom einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich ran.
 

„Schon ewig! Wir haben uns kennen und lieben gelernt! Doch leider ist diese kleine Wildkatze etwas schüchtern und zeigt ihre Gefühle auf etwas… ungewöhnliche Art und Weise. Nicht wahr, Kätzchen?!“ Bei den letzten Worten blickte er auf Aylin herab und lächelte sie so charmant an, dass ihr die Beleidigung, die sie ihm entgegen schleudern wollte, entfiel. Sie sah zu ihm auf, genau in diese dunklen Augen, dieses Lächeln… und die Röte, die zuvor abgenommen hatte, kehrte mit aller Heftigkeit wieder zurück. Triumphierend klopfte Tom sich gedanklich auf die Schultern, während er sie noch etwas näher an sich drückte und seinen Arm dort ließ wo er war. Man musste es ja so lange ausnutzen wie es möglich war, denn wie oft war Aylin schon so überrumpelt und verlegen? Das Kichern von Parvati und Lavender nahm zu. Wussten sie es doch! Da lief was zwischen den beiden, auch wenn Aylin es leugnete! Na, da konnte sie sich noch auf ein Gespräch gefasst machen!
 

Nach einer Weile erwachte Aylin doch noch aus ihrer Erstarrung und versuchte, sich von Tom loszumachen. Was leider nicht so recht gelang. „Lass. Mich. Los!“, zischte sie ihm aufgebracht entgegen, mühsam um ihre Fassung bemüht. „Wenn du mir versprichst, dass wir uns wiedersehen.“, kam die Erwiderung in einer mehr als bestimmenden Tonlage.
 

„Nein!“
 

„Dann lasse ich dich auch nicht los.“ Die nüchterne Antwort reizte Aylin. Hatte sie heute noch gedacht, dass sie nicht die Kraft hätte sich aufzuregen, so hatte sie sich wohl getäuscht, wie ihr in eben diesem Moment bewusst wurde.
 

„Wenn du mich nicht loslässt, dann trete ich dir dorthin wo es richtig weh tut… und damit meine ich nicht das Schienbein!“, warnte sie ihn mit zu Schlitzen verengten Augen. Toms Kehle entkam ein Lachen. „Ach ja?“, fragte er sie mehr als amüsiert.
 

„Willst du es wirklich riskieren?“
 

„Hmm… die Aussicht ist zwar mehr als verlockend, aber… nein Danke… Dafür fällt mir eine viel bessere Gegenleistung ein…“, kam es geheimnisvoll und verschmitzt von Tom. Und bevor Aylin sich fragen konnte, was er damit meinte, zeigte er es ihr. Kaum hatte er es ausgesprochen, zog er sie mit einem Ruck an seine Brust, hob ihr Kinn mit einer Hand an und verschloss ihre Lippen mit den seinen. Wie erstarrt lag sie in seinen Armen, riss die Augen erschrocken auf. Noch ehe sie sich soweit gefasst hatte, dass sie ihn von sich stoßen und ihre Drohung wahr machen konnte, hatte Tom sich von ihr gelöst und mehrere Meter Abstand zwischen sie gebracht. Vollkommen bedröppelt starrte Aylin ihn an und versuchte zu realisieren, was geschehen war. Tom lachte nur charmant, warf ihr die bereits kennen gelernte Kusshand zu und verschwand. Indem er apparierte. Doch seine Worte, die er ihr noch vor seinem Verschwinden zurief, hallten noch in ihrem Kopf wider. “Ich werde aber nicht aufgeben!“
 

Jetzt endlich wurde ihr klar, was geschehen war. Er hatte sie geküsst! Einfach so… ein Mann! Und nicht irgendeiner… sondern dieser… dieser… Tom! Ihr Gesicht wurde bei dieser Erkenntnis und den Gedankengängen erst blass und dann rot. Na, der konnte was erleben wenn sie ihn in die Finger bekam! Doch eine Frage stellte sich einem trotzdem… Was war der Auslöser der Röte? Wut? Scham? Verlegenheit? Oder… vielleicht doch etwas anderes?
 

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Frustriert ließ sich Aylin rücklings auf ihr Bett fallen. Bei Merlin, war sie froh wieder in Hogwarts und ihrem Bett zu sein! Die restlichen Stunden in London waren die reinste Folter gewesen! Pausenlos war sie von ihren Begleiterinnen gelöchert worden. Als es ihr zu viel geworden war, hatte sie einfach kehrt gemacht und die beiden stehen lassen. Sie war nicht in Stimmung dafür, sich ihr Geschnatter anzuhören. Langsam drifteten ihre Gedanken wieder weg… Zu ihrem Albtraum… an den sie sich nicht erinnern konnte… Zu Tom… dessen Verhalten sie irritierte… Zu dem Kuss… der sie verunsicherte…
 

Langsam hob sie eine Hand und berührte zögernd, vorsichtig und abwesend mit ihren Fingern ihre Lippen. Und ihre Gedanken blieben an seinem letzten Satz hängen… Was meinte er damit? Sie verstand es nicht…
 

Stunden lang lag sie da. So sehr in Gedanken versunken, dass sie nicht merkte, wie sie mit eben diesen immer mehr abdriftete… nicht merkte, dass der Schlaf sie übermannte… Es nicht merkte, obwohl sie vorher noch solche Angst davor gehabt hatte… Angst, ohne zu wissen warum… Ohne es zu verstehen…
 

Doch in dem Bewusstsein, dass es begründet war… dass es wichtig war… dass sie vorsichtig sein sollte… dass etwas schief gegangen war… etwas, das nicht hätte schief gehen dürfen… Doch nun war es zu spät…
 

Endgültig zu spät…
 

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel hat ein kleines Lifting bekommen. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2006-07-14T10:30:57+00:00 14.07.2006 12:30
Hey there !

Ein mega Lob an dich - fand die Story bis hierher richtig gut !!! Okay, Harry als Mädchen ist nicht so meine Sache und ein paar Szenen waren leider sehr durchschaubar (zB Toms erster Auftritt). Auch der Krtitk mit den ständigen Wiederholungen muss ich zustimmen - das wäre zu vermeiden... ^.~ Aber alles in allem eine richtig gute Leistung !!! weiter so *smile*

Nemesis
Von: abgemeldet
2006-07-08T17:03:04+00:00 08.07.2006 19:03
hay XD also hat nciht lange gedauer dich zu findenXD
also schöne story und s weiter und so fort halt wie in den anderen komis XD *wartet auf die mail* ;)
bis dahin cu *knuddel*
Morgana
Von:  Kerstin-S
2006-07-02T07:33:11+00:00 02.07.2006 09:33
huhu +wink+

das kapi ist super... +seufz+ ich weiß gar nicht was ich sagen soll +gg+
mit dem pairing bin ich auch einverstanden +lol+
freu mich schon wahnsinnig aufs nächste kapi.
hoffe du lädst es bald hoch ;)

+knuddel+


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