Zum Inhalt der Seite

Whisper

Ragnarok Online
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Twelth Chapter - Reunion

~†~ Twelth Chapter - Reunion ~†~
 

“Hinter dir!”, schrie Luna, während sie ihren Bogen herumriss. Dieser Ritter war verdammt flink. Viel zu flink für einen normalen Ritter. Und viel zu stark. Allein das bezeugte schon, dass es Doppelganger sein musste.

Die Priesterin fuhr erschrocken herum und konnte gerade so noch den Angriff mit ihrem Stab blocken, der nun bedrohlich zu knacksen begann. Dies ließ Aurora ihre Augen weiten und nach hinten zurück weichen.

“Verdammt”, knurrte die Schützen und ließ die Sehne ihres Bogens los.

Wie von ihr schon erwartet, wich Doppelganger dem Schuss ganz leicht aus. Diese Ausdauer und Schnelligkeit waren mehr als nur nervig. Wenn das so weiter ging, würden die beiden nichts ausrichten können. Wenigstens waren die Schwächeren geflüchtet und hatten hoffentlich die Stadtwache informiert. Denn ansonsten würde Doppelganger wohl in ganz Geffen Amok laufen.

Binnen weniger Sekunden war die Priesterin wieder hinter ihrer Freundin und sah kurz auf ihren Stab hinunter. Es fehlte nicht mehr viel und dann würde er zerbrechen. Kämpfen konnte sie damit nicht mehr, ohne ihn vorher reparieren zu lassen. Zumindest konnte sie damit noch zaubern und somit Luna helfen. Und das tat sie auch mit ihrer ganzen Kraft, wodurch sie Doppelganger immer wieder auf sich zog, denn als Priesterin war sie mit ihren heilenden Kräften zu gefährlich und vor allem könnte Luna so um einiges länger kämpfen. Denn ihre Verletzungen schlossen sich immer wieder, nachdem Doppelganger sie mit seinem Schwert getroffen hatte, egal wie tief und schwerwiegend die Wunde war. So musste Aurora selbst auch oft ausweichen oder die Schläge einstecken, denn mit ihrem Stab konnte sie nicht mehr effektiv parieren. Lange würde sie dies nicht aushalten, hatte sie selbst nie wirklich viel Zeit und Mühe in körperliche Weiterbildung gesteckt, sondern sich meist nu geistig fortgebildet.

Und genau das machte ihrer Freundin sorgen, denn sie konnte im Gegensatz zu der Priesterin die Leute nicht wieder von den Toten holen, konnte ihnen kein Leben einhauchen. So gab sie ihr bestes beim Kämpfen, wobei ihr schon der Schweiß von der Stirn rann und ihre Glieder langsam zu schmerzen begannen, und das obwohl sie noch nicht einmal eine halbe Stunde gekämpft hatten. Doppelganger saugte ihr ihre Kraft aus, so hatte sie es im Gefühl. Mit jeder Sekunde, mit der sie zunehmends schwächer wurde, schien er immer mehr an Kraft zu gewinnen. Und sein Grinsen machte sie schier wahnsinnig. Dieses Monster strotzte nur so vor Selbstvertrauen. Und genau das machte ihr Angst. Sie konnten ihn nicht besiegen, sondern nur aufhalten. Doch auf Hilfe war nicht zu hoffen, denn brauchbare Hilfe würde wohl so bald nicht kommen. Geffen war wie ausgestorben. Alle verkrochen sich in ihren Häusern und daran war einfach nur dieses unwohlige Gefühl schuld, welches wie ein Schleier über den Straßen Geffens hing. Hilfe würden die Jüngeren nicht finden, das bezweifelte Luna. Also würden sie hier aller Wahrscheinlichkeit nach sterben.

Leicht begann die Schützin zu zittern, als sie erneut einen silbernen Pfeil aus ihrem Köcher zog. Viele waren nicht mehr übrig. Und noch viel weniger würde sie wiederverwenden können. Die meisten waren - trotz des Silbers - zerborsten oder zerbrochen, wodurch diese wohl oder übel nachher in den Schmieden landeten, um zu neuen Pfeilen geschmiedet zu werden. Und das kostete Geld, besonders da sie die Federn nichtsdestotrotz entweder bezahlen oder anderweitig beschaffen müsste. Was ungefähr genauso sinnig war wie sich einfach neue Pfeile zu kaufen. Aber darüber brauchte sie sich keine Gedanken mehr zu machen, denn so weit würde es wohl nie wieder kommen.
 

„Bleibt am besten draußen“, schlug der blonde Jüngling vor und zog seinen Bogen vom Rücken. Sein Falke tapselte unruhig auf seiner Schulter umher und sah sich ständig um. Beruhigend strich der Jäger ihm durch sein Gefieder und ließ ihn dann auf seine rechte Hand klettern. Noch einmal sah er zurück zu der kleinen Gruppe. „Ich kann nicht für euer Leben garantieren.“ Mit diesen Worten drehte er sich zum Tor des Turms Geffens. Kurz atmete er durch und stieß dann das Tor auf. Der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihn erstarren. Die Eingangshalle war voller Blut und überall lagen Körperteile verstreut. Nur noch drei Menschen standen in der Halle. Zwei davon blutbespritzt, der dritte unnatürlich sauber und durchsichtig. Alle drei fuhren zu ihm herum.

„Renn!“, schrie die in den nun blutigen Roben gewandte Frau. „Flieh wenigstens du!“ In diesem Moment drehte sie sich wieder um, wich nur mit Mühen dem Schwerthieb des Durchscheinbaren aus.

Der erstickte Schrei hinter Chris befreite ihn aus seiner Starre. Hier spielte man mit dem Tod, die Gewinnchancen schwindend gering. Und dies war kein Ort für die Gruppe hinter ihm. Ein kurzer Schritt nach vorne, dann drehte sich der Jäger rasch um und verschloss das Tor, bevor die anderen reagieren konnten. Mit einem seiner Eisenpfeile verkeilte er es provisorisch. Das Hämmern von draußen überzeugte ihn, dass dies eine gute Idee gewesen war.

„Leb wohl, du schöne Welt“, flüsterte er und wandte sich wieder dem Kampf zu. Seine Finger glitten zu den Federn seiner Pfeile. Er wusste, mit wem er es zu tun hatte. Diese Schattenhaftigkeit, dieses menschliche Äußere hatte nur ein Wesen in Geffen. Und gegen dieses kam er nicht an, selbst mit der Hilfe der beiden.

Leise schabte Silber auf Holz, als er den Bogen spannte. Sein Gegner schenkte ihm keine Beachtung. So zielte er sorgfältig, beobachtete die Bewegungen, die Aktionen und Reaktionen aller. Man sah deutlich, wer die Oberhand in diesem Kampf hatte und ihn beherrschte. Für Luna und Aurora war es ein Kampf auf Leben und Tot, für den anderen nur ein Spiel.

Ruhig hielt Chris den Pfeil, wartete auf den richtigen Moment. Noch einmal würde er nicht zielen können.

„Aus den Tiefen der Seele, stark und unerschütterlich im Glauben“, hörte der Jäger eine männliche Stimme im Raum. Seine Augen wanderten kurz umher, doch er konnte niemand neues erkennen. Und von Doppelganger waren diese Worte mit Sicherheit nicht, denn ihm kam die Stimme bekannt vor.

Völlig ruhig zielte er erneut, bevor er die Sehne los ließ. Der Pfeil schnellte vor. Das leise Pfeifen war kaum zu hören, doch es reichte dem Ritter aus, um sich im letzten Moment wegzudrehen. Das Silber durchschlug die Haut und das Schulterblatt seines Feindes, obwohl Chris auf sein Herz gezielt hatte. Ungläubig erkannte er, dass sein Feind zu bluten begann, ein sehr helles rot. Geisterwesen sollten nicht bluten, da sie keinen Körper besaßen, doch dieses Wesen schien anders zu sein. Und genau das bereitete ihm noch mehr Angst, denn durch diesen Treffer hatte er seine komplette Aufmerksamkeit. Rasch ließ er den Bogen sinken und machte sich bereit, auszuweichen. Ihm war die Gefahr bekannt und auch die hohe Wahrscheinlichkeit, getroffen zu werden. Die Devise hieß, so lange wie möglich zu überleben. Doch was würde ihm das bringen? Wahrscheinlich nichts mehr, weil er dann tot sein würde, aber es würde anderen helfen. Und vor allem Doppelganger schwächen. Das genügte ihm.

Alles verlief für ihn wie in Zeitlupe. Das Adrenalin schoss durch seine Adern, seine Finger begannen zu Zittern und kleine Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Der Jäger sah den Schlag deutlich kommen, duckte sich zur Seite weg und rollte sich ab. Eigentlich hätte ihn der Schlag treffen müssen, da er sich zu langsam abgerollt hatte. Verwundert darüber, sah er hinauf. Sein Gegner schien nicht minder verwirrt zu sein. Nur eine Sekunde lang sah er zu Aurora. Sie schien ihn nicht geschützt zu haben,

Als er wieder zu seinem Feind sah, holte dieser schon wieder zum nächsten Schlag aus. Kurz bevor er wieder abermals abrollen konnte, sah er einen Schatten hinter dem fälschlichen Ritter. Dieser taumelte wenige Schritte zur Seite, als ihn ein hellschimmernder Stab traf. Ungläubig riss Chris die Augen auf.

„Du lässt deine Finger von allen!“, knurrte der Hohepriester, während er zum nächsten Schlag ausholte. Dieser wurde pariert, doch die Wucht drängte Doppelganger zurück. Man konnte förmlich Etos Wut spüren, sah man sie ihm an. Als sein Gegner vor ihm die Gestalt änderte, war er nicht überrascht. Die Gestalt des Priesters zu wählen, war eine kluge Entscheidung, denn so konnte sich niemand in den Kampf einmischen. Doppelgegner schien sich im Duell als Sieger zu sehen, doch da kannte er den Braunhaarigen noch nicht. Denn dieser war – im Gegensatz zu seiner Schwester – auf das Kämpfen spezialisiert. Und er würde gewinnen, musste gewinnen, denn sonst könnte er nicht einmal seine Schwester, geschweige denn die anderen, verteidigen.

„Eto...“, flüsterte Aurora leise und stellte sich neben ihre beste Freundin, die sich ihren blutigen Arm hielt. Sanft legte die Priesterin ihre Hand auf die Wunde. Ein wärmendes Licht umgab ihre Hand, als sie sie heilte.

Erleichtert atmete Luna aus, bevor sie ihre Hand auf die Schulter ihrer Freundin legte. „Er kriegt das schon hin.“

„Hoffe ich“, erwiderte die Rothaarige leise. Sie hörte ein leises Seufzen neben sich, bevor sie an sich hinunter sah. Am liebsten hätte sie geflucht, doch hielt sie sich zurück. Diese Robe würde sie wegschmeißen können, so blutgetränkt war sie.

„Beherrscht du nicht einen Zauber, der sich gegen Dämonen und Untote richtet?“, fragte eine dunkle Stimme links neben ihr, was sie zusammenzucken ließ. Der blauhaarige Zauberer sah sie wissend an, bevor er seinen Blick wieder auf die Kämpfenden richtete. „Zumindest können ihn manche Priester. Ich weiß nicht, ob du ihn beherrschst.“

Mit erstaunten Augen sah sie ihn an, bevor sie ihre Bibel aufschlug, die sie immer bei sich trug. „Wer bist du?“, fragte sie ihn leise, während sie das Buch Gottes aufschlug und darin blätterte. Sie hatte hier in dem Buch notiert, wie dieser Spruch ging, da sie selbst noch nicht die Möglichkeit hatte, ihn vollständig zu lernen. Ihr fehlte bis jetzt die Zeit und die Ruhe.

„Ich? Wie soll ich es ausdrücken? Ein verlorenes Schaf, welches von Eto wiedergeholt wurde.“

Kurz sah sie von dem Buch auf, sah ihn an, beobachtete ihn kurz. Das konnte nur eines bedeuten. Er war tot gewesen. Und ihr Bruder hatte ihn von den Toten wiedergeholt. Wurde er etwa durch Doppelganger getötet? Normalerweise belebte ihr Bruder nicht einfach so Fremde. „Du..“

„Nichts ist. Beeil dich lieber ein bisschen. Auch wenn er stark ist, es sieht nicht allzu gut für ihn aus.“

Ihr Blick schnellte zu ihrem Bruder und sie musste schlucken. Sie wusste, welcher von den beiden der richtige war und welcher nur der Gestaltenwechsler. Sie spürte es. Das Blut verband beide. Und obwohl ihr Bruder mit solch einer Kraft und Präzision angriff, hatte immer noch sein Gegner die Überhand. Und ewig würde er diesen Kampf nicht durchhalten. Rasch blätterte sie weiter durch die Bibel, bis sie eine freie Seite sah. Einmal blätterte sie zurück und las sich die rechte Seite durch.

Während des Kampfes bewegte sich der Jäger zu der zusehenden Gruppe. Dabei achtete er stetig auf den Kampf, wollte nicht, dass ihm plötzlich Doppelganger in den Rücken fiel. Denn das könnte seinen Tod bedeuten. Als er bei den dreien angekommen war, grüßte er die beiden, wobei Aurora nur leicht nickte und weiterlies. Dann gesellte er sich neben den Zauberer. „Mein Name ist Chris, und deiner?“, fragte er leicht lächelnd, sah ihn dabei jedoch nicht an, sondern beobachtete wie die anderen beiden auch den Kampf.

„Kiron“, antwortete der Gefragte kurz, schien er auch nicht mehr sagen zu wollen. Und das war auch gut so. So waren sie nicht abgelenkt und konnten – falls nötigt – irgendwie in den Kampf eingreifen. Auch wenn nur Kiron und Aurora wussten, wer nun der richtige von beiden war.
 

Caren fluchte. Hinter diesem Tor war der Kampf zugange und sie kamen nicht herein, um zu helfen. Immer und immer wieder hämmerte sie mit ihren Fäusten gegen das schwere Holz. Irgendjemand hatte das Tor von innen verschlossen. Es bewegte sich kein Stück, wenn sie sich dagegen warf. Und genau das machte sie so wütend. Sie wollte helfen. Sie wollte ihr Möglichstes tun. Und genau das wurde ihr verwehrt. Mit dem Schwert auf das Tor einschlagen, würde nichts bringen. Viel mehr würde sie ihr Schwert daran zerstören, da das Holz viel zu massiv war. Warum hatte der Jäger es nur so schnell schließen können? Das war alleine doch kaum möglich. Als starker Ritter vielleicht, aber als eher schmächtiger Schütze? Wie konnte das nur sein? Fragen über Fragen waren in Carens Kopf, während die anderen drei der Truppe nur daneben standen und ihr zusahen. Sie zu beruhigen, hatten sie schon lange aufgegeben. Das war nicht möglich, wenn die Schwertkämpferin mal wütend war und sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Also sahen sie ihr lieber schweigend daneben und hofften einfach nur, dass sich ihre Freundin bald von selbst beruhigte.

„Hör auf, Mädchen“, ertönte eine weibliche Stimme weit hinter ihnen. Alle drehten sich zu ihr herum, wobei Caren sie anfunkelte. Die rothaarige Assassine kam langsam näher, schlenderte den Weg entlang. „Das bringt nichts. Wenn jemand das Tor verschlossen hat, wird er es wohl kaum aufmachen, wenn du dagegen hämmerst. Und das Tor wird sich kaum von selbst reinlassen, nur damit du aufhörst. Du verletzt dich nur selbst dabei.“ Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie sah, wie sehr das die Schwertkämpferin in Rage brachte. Ihr schien es Spaß zu machen, sie zu sticheln.

„Dann öffne du doch das Tor“, schlug Senri schnell vor, damit Caren nicht direkt explodierte.

Daraufhin musste die Assassine lachen und schüttelte grinsend den Kopf. „Warum sollte ich? Dort drinnen ist ein Monster, welches uns alle ganz leicht besiegen und töten könnte. Wenn das Tor noch immer verschlossen ist, wird es wohl noch am Leben sein.“

„Und genau deswegen müssen wir rein!“ Caren sah sie noch immer aus funkelnden Augen an, ihre Hand auf dem Griff ihres Schwertes. So dumm, die Assassine anzugreifen, war sie nicht. Sie würde das nicht überleben.

Verwirrt hob die Angesprochene ihre Augenbrauen. „Um zu sterben?“

„Nein! Um ihnen zu helfen!“, rief die Schwertkämpferin, bevor sie wieder zum Tor sah.

„Wem? Da kämpft schon jemand? Na, das könnte interessant werden.“ Amüsiert stellte sie sich neben Caren und sah hinauf. „Von hier außen kann ich eh nichts machen. Das Schloss des Tores kann ich nur von innen öffnen. Von außen hast du gar keine Chance.“ Leise lachte sie, als sie die enttäuschten Gesichter der anderen sah. „Ich komm rein.“ Mehr sagte sie nicht, bevor sie ihre Finger um deinen Stein des Turmes legte und zu klettern begann.

Nun sahen auch die anderen nach oben, sahen, dass eines der Fenster offen stand. Dort könnte man hinein kommen. Kurz sahen sich alle gegenseitig an. Keiner würde da hochklettern können.

„Ich folg hier“, kam Senri lächelnd auf die Idee und fing an, hinaufzuklettern.

Keiner hatte erwartet, dass er klettern konnte. Zwar wollte er ein Mönch werden und war körperlich aktiver als Fin, aber Sami und Caren konnten nicht klettern, obwohl sie stärker waren als der angehende Mönch.

„Pass auf dich auf!“, rief Fin ihm hinterher und faltete ihre Hände ineinander. Man sah ihr deutlich an, dass sie sich um ihren Freund sorgte. Mehr noch als um ihre anderen Freunde, wenn diese dasselbe machen würden.

„Du liebst ihn“, stellte Sami lächelnd fest. Dies erschreckte Fin und ließ sie erröten. „Gib es zu, es ist nur zu deutlich.“ Sanft legte sie ihre Hand auf die Schulter der Akolytin.

Diese nickte nur leicht und sah beschämt nach unten, zu ihren Füßen.

Die Händlerin konnte nicht anders, als sie zu umarmen. „Du bist so süß“, schwärmte sie nun und schmiegte sich an ihre Freundin, welche offensichtlich ziemlich überfordert damit war.

Die Schwertkämpferin schüttelte nur ihren Kopf, bevor sie den Turm hinauf sah. Die Assassine war schon nicht mehr zu sehen und Senri würde auch bald im Fenster verschwunden sein. Die beiden müssten nur nach unten finden, überleben, und das Tor öffnen. Das Überleben bereitete ihr Sorgen, denn der Gegner war nicht zu unterschätzen. Denn die beiden hatten nicht gerade zuversichtlich ausgesehen, dass sie überleben würden. Hoffentlich lebten sie noch und hoffentlich konnte Caren ihnen doch irgendwie helfen.
 

Die Assassine stieg in ein privates Zimmer eines Magiers. Ein Regal voller Bücher und Schriften war an der Wand, daneben ein relativ einfaches Bett und ein Schreibtisch vor dem Fenster. Auf diesem Schreibtisch lagen Papierrollen und verschiedene Schreibutensilien. Vorsichtig stieg sie auf den Tisch und sprang auf den Boden. Der Stuhl, der normal vor dem Tisch stand, lag umgeworfen auf dem Boden, als sei der Magier eilig aufgestanden. Die Magier und Zauberer hier oben schienen von Doppelganger Notiz genommen zu haben. Zumindest von einer Gefahr, die unten lauerte. Ob sie nun geflohen oder gegen ihn kämpfen waren, wusste die Rothaarige nicht. Kurz sah sie sich um, doch sonst viel ihr nichts auf. Die Tür stand offen. Ihre Schritte führten sie zu eben dieser Tür, wo sie merkte, dass noch jemand durchs Fenster ins Zimmer stieg. Als sie sich umdrehte, merkte sie, dass dies der männliche Akolyt war. „Warum folgst du mir?“

„Weil du das Tor nicht aufmachen wirst.“

Lächelnd drehte sich die Rothaarige wieder um und verließ das Zimmer. Im Gang ging sie nach rechts, folgte ihm und fand eine Treppe. Ihre Intuition war schon immer richtig gewesen. Mit leisen Schritten ging sie die Treppe hinunter, ging in leicht geduckter Haltung. Lautlos zog sie ein Katar und legte diesen um ihre Hand, schnallte ihn fest. Die metallische Klinge glänzte, im Gegensatz zu Carens Schwert, nicht, war sie leicht gräulich. Ebenso die andere Klinge des anderen Katar, welchen sie jetzt zog und um ihre andere Hand schnallte. Wenn ihr ein Monster oder gar Doppelganger entgegen käme, müsste sie kampfbereit oder eben fluchtbereit sein. Denn gegen Doppelganger würde sie es nicht wagen, zu kämpfen. Er würde sie besiegen, ohne dass sie nur den Hauch einer Chance hätte.

So schlich sie die Treppe hinunter, bis sie in das nächste Stockwerk gelangte. Warum hier nicht die Treppe weiter nach unten ging, war ihr nicht bewusst. Doch die Treppe lag irgendwo anders auf diesem Stockwerk. Und diese Treppe würde sie suchen müssen, was bei der Größe des Turms und dem Gangsystem lange dauern könnte. Leise seufzte sie, sah auf den Boden. Irgendwo mussten doch Spuren sein. Der richtige Weg musste doch öfters benutzt werden als die anderen. Wär sie nur damals mit Kiron hinauf in den Turm gegangen, als dieser seine Prüfung abgelegt hatte. Dann wüsste sie nun auch den Weg hinab. Verflixt nochmal. Sie hatte erwartet, dass sie dies nicht brauchen würde. Wer hätte schon gedacht, dass sie hier Einsteigen würde, um sich einen Kampf anzusehen. Magie selbst interessierte sie normal nicht. Als sie Schritte hinter sich hörte, dachte sie sich schon, dass der Akolyt sie endlich mal aufgeholt hatte. „Auch endlich da?“, flüsterte sie, ohne nach hinten zu schauen.

„Du musst nach links“, meinte eine weibliche Person hinter ihr.

Sofort fuhr die Assassine herum und sah eine Frau in kurzer Kleidung hinter sich stehen. Dahinter sah sie Senri, welcher leicht lächelte.

„Er hat mir erzählt, was hier los ist. Ich hab mir schon gedacht, dass etwas nicht stimmt, doch dass Doppelganger so weit nach oben gekommen ist, hätte ich nicht gedacht“, gab die Zauberin von sich und drückte leicht ihren Stab in die Seite der Rothaarigen, welche sofort einen Schritt beiseite machte. Als diese ihr aus dem Weg gegangen war, ging die Zauberin nach links. Ihren Stab brauchte sie nicht, um sich abzustützen. Dieser war golden, hatte ein rot schimmerndes Juwel an dessen Kopf befestigt. Eigentlich sah es eher aus, als würde es über dem Stab schweben, zwischen zwei goldenen, aus dem Stab gewachsenen Flügeln. „Ich hoffe, es kommt sonst keiner auf die Idee, hier wortwörtlich einzusteigen. Das Fenster habe ich wieder geschlossen und ihr tut gut daran, es nicht zu öffnen. Ein Lehrling scheint es in der Eile offen gelassen zu haben.“ Dass ihr keiner antwortete oder etwas erwiderte, überraschte sie nicht. Der Akolyt war eingeschüchtert und die Assassine – wie die meisten – generell schweigsam. Dass sie vor den beiden lief, mögen manche als töricht bezeichnen, doch sie fühlte sich vollkommen sicher und sogar von der Assassine nicht bedroht.

Senri hingegen fühlte sich momentan von allem bedroht. Der Assassine vertraute er sowieso nicht und bei der Zauberin wusste er auch nicht, inwieweit er ihr vertrauen konnte und sollte. Was, wenn sie in Wirklichkeit der Feind war und ihn nur in Sicherheit wiegen wollte? Aber was für einen Grund hätte sie dafür? Er war keine Gefahr für sie. Dazu reichte seine Kraft nicht aus. Sie würde ihn binnen weniger Sekunden besiegt haben und das wusste sie. Genauso wie sie zu wissen schien, dass er nicht gegen sie kämpfen würde. Ihm war das alles hier unheimlich. Der Wissensstand der Zauberer stand denen der Alchemisten in nichts nach. Und genau das machte die beiden Berufe für ihn mehr als unheimlich. Was Kiron damals – heute wahrscheinlich immer noch – an diesem Beruf fand, konnte er nicht verstehen. Vielleicht lag es daran, dass Kiron doch derjenige von ihnen war, der am meisten wissen wollte, der die größte Gewissheit haben wollte. Ob er schon Magier oder gar ein Zauberer war? „Äähm..“

„Was?“, fragte die führende Person und sah kurz über ihre Schulter.

„Ich hab eine Frage. Die Prüfung zum Zauberer macht man doch hier. Sind Sie da einem Mann namens Kiron begegnet?“ Innerlich wappnete er sich für ein Nein, doch als er die Frau dann nicken sah, fing er an zu lächeln. Also war er schon Zauberer. Und er war schon hier gewesen. Aber hatte er sich vollkommen von seinen alten Freunden losgesagt oder wollte er ihnen nur beweisen, dass er ihre Hilfe nicht brauchte? Dann hätte er jedoch direkt zu ihnen gehen können, also hatte er sich wohl wirklich von ihnen losgesagt.

„Es ist nicht sonderlich lange her. Vielleicht ein bis zwei Wochen. Er hatte ein außerordentlich gutes Ergebnis bei der Prüfung.“

Vielleicht hatte er einfach noch nicht die Zeit gehabt, zu ihnen zurück zu kommen. Hoffnung kam in dem jungen Akolyten auf. „Danke!“ Nun weniger beunruhigt folgte er den beiden, bis sie an eine Treppe nach unten kamen. Von unten konnte man leisen Kampfeslärm hören.

„Du bleibst am besten hier oben. Das ist zu gefährlich für dich.“ Diese Worte waren an Senri gerichtet, was auch verständlich für ihn war. Doch er musste das Tor öffnen, damit seine Freunde hier rein kamen. Aber warum? Damit sie sich unnötig in Gefahr brachten? Er war anfangs so von dem Plan überzeugt, Fin und die anderen beiden hier herein zu lassen, dass er gar nicht über mögliche Folgen nachgedacht hatte. Wenn er nun das Tor öffnete und die drei rein konnten, könnten sie dabei sterben. Und der Gedanke daran, dass einer von ihnen sterben könnte, ließ den Akolyten erstarren und nur leicht nicken.

Die Assassine warf ihm einen verwunderten Blick zu, als hätte sie nicht erwartet, dass er hier oben warten würde, bevor sie zusammen mit der anderen Frau nach unten verschwand.

Senri seufzte leise und sah die Treppe hinunter. Hinab würde er nicht gehen. Es würde nichts bringen. Er würde sich selbst nur in Gefahr bringen und am Ende auch seine Kameraden. Also blieb er hier oben und wartete, lauschte dem Kampf, der dort unten von statten ging.
 

Kiron beobachtete den Kampf. Seinem Retter helfen konnte er nicht, wollte er diesen Kampf alleine bestreiten. Doch die Priesterin neben ihm wusste dies nicht, weswegen er sie dazu animiert hatte, ihm zu helfen. Der Zauberer selbst hatte ihm versprochen, nicht einzugreifen, falls es nicht nötig war. Zudem würde er nur unnötig Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Seine Brust schmerzte noch immer von dem Schwertstoß, obwohl die Wunde verheilt war und er wieder lebte. Den Schmerz konnte kein Priester beseitigen. Desto weniger verstand er, warum der Hohepriester alleine kämpfen wollte und somit sogar den Tod in Kauf nahm.

Als der Blauhaarige Schritte von der Treppe vernahm, fuhr er herum und umfasste seinen Stab. Zwar erwartete er keinen Angreifer, doch würde er den Personen, die da die Treppen hinabstiegen, klar machen, dass das hier unten kein Ort für sie war und sie sich oben verstecken sollten. Wobei ihm ein Rätsel war, wie überhaupt noch ein Magier oder Zauberer hatte oben sein können, bei der Menge an Leichen, die hier verstreut lagen. Ein Ort des Grauens und des Todes war dieser Turm geworden, der einst eine heilige Stätte des Wissens war und eigentlich noch immer ist. Hier hatte er seine Prüfung zum Zauberer bestanden und hier wurde ihm auch das Wissen vermittelt, was er gebraucht hatte. Er selbst ging nun zur Treppe, um die Personen direkt abzufangen, doch als er erkannte, wer ihm da entgegen kam, verbeugte er sich nur kurz. Wie konnte es sein, dass die stärkste Zauberin, die hier im Turm hauste, noch nicht gekämpft hatte und erst jetzt hinab kam? Hatte sie die Gefahr unterschätzt und nur ihre Lehrlinge geschickt gehabt? Lange verbeugte er sich nicht, machte er nämlich einen Schritt zur Seite und sah wieder zum Kampfesgeschehen.

„Interessant“, hörte er nur neben sich sagen und wusste direkt, dass das seine Meisterin war. „Ich konnte noch nie einem Kampf gegen Doppelganger zusehen. Zumindest wurde ich noch nie dazu gezwungen, hilflos daneben zu stehen.“

Kurz sah er zu seiner Meisterin und dann zu der Person hinter ihm und erstarrte. Nach wenigen Sekunden verdunkelte sich sein Blick, bevor er der rothaarigen Attentäterin keine Aufmerksamkeit mehr schenkte. Sie hatte ihn unten sterben lassen, hatte ihn zurückgelassen und war weggerannt. So schnell würde er ihr das nicht verzeihen. Und außerdem waren sie nun so mehr als nur quitt. Sie hatte ihm damals das Leben gerettet und nun hatte sie es ihm genommen gehabt. Doch sie war nicht minder verwirrt, dass er noch lebte.

„Kiron“, flüsterte sie leise und machte einen Schritt auf ihn zu, doch er hatte ihr den Rücken zugedreht und machte auch keine Anstalten, sich zu ihr umzudrehen. Was verständlich war. Maya würde wahrscheinlich genauso handeln wie er, obwohl sie an seiner Stelle eher handgreiflich und aggressiv geworden wäre. Aber was hätte sie tun sollen? Auch dort unten sterben? Sie hatte nichts ausrichten können. Ihre Waffen waren weder magisch noch heilig. So konnte sie Doppelganger nichts tun und wär auch nur gestorben. Doch warum lebte er noch oder wieder? Hatte einer der Hohepriester im Raum ihn wiederbelebt. Schlagartig wurde ihr übel, als sie den Raum richtig wahrnahm. Überall lagen verschiedene Körperteile verstreut und der Boden war nass vom Blut. Eigentlich sollte ihr das nichts ausmachen, doch das tat es. Sie war nicht annäherungsweise so abgebrüht und abgehärtet, wie sie immer tat.

„Kiron?“, fragte die Zauberin ihren Lehrling. Dieser sah sie fragend an. „Oben ist jemand, der dich kennt. Geh lieber hoch, damit du nicht so endest wie die anderen..“ Man könnte hören, wie sie um ihre Lehrlinge und die anderen Lehrlinge trauerte. Jedoch hielt sie sich stark zurück und es fiel ihr sichtbar schwer, sich zusammen zu reißen. „Sieh mich nicht so fragend an. Ich weiß nicht, wer er ist. Er hat nach dir gefragt und schien dich unbedingt sehen zu wollen. Dass ich dich hier unten finde, wusste ich selbst nicht.“

Nur leicht nickte der Blauhaarige. Ihr widersprechen würde er nicht, denn sie würde so oder so ihren Willen bekommen. Also ging er nun langsam zur Treppe, wo er noch einmal zurück sah. Er wünschte Eto alles Gute und viel Erfolg, hoffte er sehr, dass dieser gewann. Kurz zögerte er, bevor er einen Fuß auf die erste Stufe stellte und dann die Treppe empor stieg.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück