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Dark Age of Camelot

Licht und Schatten
von

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Eine Vision

Alazais beschloss, Shynafays Rat zu befolgen. Sicherlich hatte sie Recht, seine Ausbilderin, die weiseste Mentalistin der Stadt, würde ihm helfen können. Doch während er nun den Rückweg zum Schloss Tir na nOgh einschlug, schwand sein ohnehin nur spärlicher Optimismus. Wieder war da diese warnende Stimme in seinem Inneren, die ihn ermahnte, besser den Mund zu halten. "Ich habe viel zu lange geschwiegen," flüsterte Alazais zu sich selbst und beschleunigte seine Schritte trotzig. Am Nordtor sah er sich unvermittelt Cheres und zwei anderen Jungelfen gegenüber. Sie lachten über einen gemeinsamen Scherz, ehe einer der Jungen Alazais bemerkte und Cheres sachte den Ellenbogen in die Seite stieß. Der Schwertmeister hörte auf zu lachen und hob verwundert den Kopf, bevor sich ein Grinsen auf sein Gesicht stahl und er seinen Freund übertrieben heftig zu sich heranwinkte. Alazais zögerte kurz und trat dann widerwillig näher. "Hallo Cheres," er nickte den anderen beiden zu, "Llynril, Serín." Die beiden Elfen erwiderten das Nicken, doch ihre gute Laune schien ein wenig nachgelassen zu haben. "Zum Gruße," sagten sie im Chor. Alazais blieb unschlüssig stehen. Die beiden Jungelfen bedachten ihn mit nicht besonders freundlichen Blicken, der Kleinere der Beiden, der sein rotbraunes Haar zu einem kurzen Zopf geflochten trug, wirkte sogar mehr als ablehnend. "Was können wir für dich tun?" fragte er kühl. Ehe Alazais antworten konnte, hatte Cheres ihm schon einen Arm um die Schultern geschlugen und drückte diese kurz. "Sei ein bisschen netter zu meinem Freund, Serín. Wäre besser für uns beide." Er grinste dabei, doch seine Augen funkelten warnend. Serín knirschte kaum merklich mit den Zähnen. "Schön," zischte er leise. Nach einem langen, bohrenden Blick auf Alazais spuckte er seitwärts auf den Boden und stapfte davon. Sein Gefährte folgte ihm eilig. Alazais sah ihnen einen Moment lang schweigend nach und löste dann beiläufig Cheres' Arm von seinen Schultern. "Was haben sie?" fragte er leise. Cheres schnaubte und warf seine kupferfarbenen Haare lässig über die Schulter. "Einen ziemlichen Schaden," antwortete er schroff. "Das soll nicht unser Problem sein. Sie glauben, du wärst ein hochmütiger Schnösel aus der Stadt. Weil du...nun ja, schon seit Wochen nicht mehr mit uns trainierst und nie zu irgendwelchen Festen erscheinst. Sie halten dich für unbeschreiblich arrogant." Er zuckte ein wenig unbehaglich die Schultern. "So, so," machte Alazais leise und einen Moment breitete sich pikiertes Schweigen zwischen ihnen aus, ehe Cheres gelangweilt gähnte. "Ach, sollen sie doch reden. Aber nochmals, wegen eben...eh, ich wollte dich nicht beleidigen, das weißt du doch, oder?" verlegen zupfte er an dem schwarzen Lederband, was er um den Hals trug. Alazais lächelte flüchtig. "Ja. Ich bitte dich ebenfalls um Verzeihung, dass ich dich so überstürzt stehen gelassen habe. Heute ist einfach nicht mein Tag." Das sagst du schon eine ganze Weile, dachte Cheres, doch er hütete sich, das laut auszusprechen- er mochte Alazais gern, war sofort bereit, ihn seinen besten Freund zu nennen und manchmal fühlte er sich ihm gegenüber beinahe wie ein älterer Bruder. "Wo warst du denn überhaupt?" fragte er leichthin, während er neben dem anderen Elfen herging. Alazais schaute konzentriert auf den Erdboden. "Bei Shynafay." Cheres' Augen blitzten auf und er unterdrückte ein Grinsen. "Und was treibt ausgerechnet dich in den Morgenstunden in die Arme der schönsten Elfe von ganz Hibernia?" er versuchte den mutwilligen Unteron aus seiner Stimme zu verbannen, doch da hob Alazais bereits den Kopf und sah ihn an. "Fängst du schon wieder damit..." Cheres seufzte inbrünstig. "Ist ja gut, ist ja gut, ich halt jetzt den Mund, bis du mir erlaubst zu sprechen, einverstanden?" er holte tief Luft, kniff die Lippen zusammen und starrte seinen Freund aus unschuldig geweiteten Augen an, bis Alazais' Mundwinkel zuckten und er in Gelächter ausbrach. "Dir ist nicht mehr zu helfen," stellte er kopfschüttelnd fest. Cheres blinzelte treuherzig, schwieg aber und hob nur die Schultern. Inzwischen im Schlossinneren, steuerte Alazais auf das Haus der Magier zu, und Cheres -der inzwischen wohl einen neuen Rekord aufgestellt hatte und nach wie vor stumm wie ein Fisch blieb- folgte ihm als getreulicher Schatten. Alazais drehte sich um, fuhr sich kurz durch die Haare und schüttelte den Kopf. "Sei so gut und entschuldige mich einen Moment, ich würde ganz gern allein mit meiner Ausbilderin sprechen, es ist...eine reine Mentalistenangelegenheit." Cheres blies die Backen auf und ließ den erstaunlich lange angehaltenen Atem mit einem leisen 'Plopp' entweichen. "Von eurem ganzen Fingergefuchtel versteh ich sowieso nichts. Und damit euch keiner stört, schmeiße ich jeden raus, der sich bis auf zehn Schritte nähert." Er verbeugte sich spöttisch und schlug dann erschrocken die Hand vor den Mund, um wieder in sein selbst auferlegtes Schweigen zu verfallen. Alazais lächelte ergeben und betrat die Kammer der Magie. Es schien ihm, als wären alle Geräusche der Außenwelt mit einem Mal verstummt, und eine herrlich-sanfte Stille, noch unterstrichen von der angenehmen Kühle der Räume, legte sich wie Balsam auf sein Gemüt. Er nickte den Ausbildern der Beschwörer und Eldritches ehrfürchtig zu und betrat dann das schlichte Zimmer, in dem seine alte Lehrerin hauste. Sehr oft schon hatte er im Beisein von mehreren Jungmentalisten ihren stets ruhigen Worten gelauscht, doch heute war er allein.

Die in die traditionellen Gewänder der Mentalisten gekleidete Elfe sah auf, als Alazais das Zimmer betrat und sich höflich vor ihr verneigte. Sie sah noch jung aus, das lange, honigfarbene Haar wies keine Spur von Grau auf und ihre Haltung war stolz und aufrecht. Nur um die Augen herum lag ein wachsamer, oftmals melancholischer und traumverlorener Zug, der ein Bild von all den Geschichten malte, die die alte Mentalistin ihren Schülern erzählen konnte. "Alazais," sagte sie lächelnd, "es ist lange her, sehr lange her, seit du mich zum letzten Mal aufgesucht hast. Woran mag das liegen?" in ihrer Stimme war keinerlei Vorwurf, doch ihre dunklen Augen bohrten sich in die ihres Schülers und es kostete Alazais ein wenig Mühe, nicht den Blick zu senken. "Ich bin gekommen, um Euch um Rat zu bitten," sagte er. Sie nickte kaum merklich, und er ließ sich zu ihren Füßen nieder. "Erzähl mir, was du auf dem Herzen hast," sagte sie ruhig. Alazais holte tief Luft und berichtete ihr von den wirren Alpträumen, die ihn Nacht für Nacht verfolgten, den Visionen und Warnungen und auch von seinem Besuch bei Shynafay. "Eine kluge Frau," murmelte die Ausbilderin. "Du hättest dich mir früher anvertrauen sollen, mein Junge," fügte sie hinzu, und dieses Mal war doch ein leiser Tadel in ihren Worten zu hören. Alazais senkte zerknirscht den Kopf. "Ich war mir nicht sicher, ich dachte...es geht vielleicht von selbst vorbei. Aber das war ein Irrtum. Es wird schlimmer, mit jeder Nacht. Manchmal..." er zögerte, unsicher, was sie davon halten würde, "manchmal habe ich das Gefühl, ich könnte die Dinge beinahe körperlich spüren." Er errötete plötzlich und sah hastig zur Seite. Die alte Mentalistin schien das nicht zu bemerken. Sie starrte sinnend auf ein Bild an der gegenüberliegenden Wand. "Hhmm," machte sie. "Und du siehst nur deinen Freund, den Schwertmeister?"

"Meistens, aber oft sind noch andere bei ihm. Doch nur ihn kann ich klar erkennen."

"Wie lang geht ein solcher Traum?"

"Die ganze Nacht hindurch, glaube ich. Zwischendurch wache ich gelegentlich auf."

Eine ganze Weile blieb es still. Der junge Elf saß bewegungslos auf dem weißen Fußboden und hielt den Kopf gesenkt, seine Lehrmeisterin lehnte sich in ihrem gepolsterten Sessel zurück und blickte nachdenklich in die Ferne. "Sag mir, Alazais, wirst du eigentlich auf diesen Reliktfeldzug gehen?" fragte sie plötzlich. Der Angesprochene hob verwundert den Kopf. "Ich glaube nicht. Vermutlich würden sie auch gar nicht erlauben, dass ich mitgehe." Die alte Mentalistin wiegte den Kopf. "Und wird dein Freund, Cheres, daran teilnehmen?" Alazais spielte unbehaglich mit den Fingern. "Höchstwahrscheinlich schon, er wird einen Weg finden. Wenn es nach ihm ginge, würden sie ja schon morgen aufbrechen. Aber warum..." er verstummte und starrte seine Lehrmeisterin an. Die Augen der Elfe waren leicht geweitet, die Lippen geöffnet, und ihr Blick war starr. "Was habt Ihr?" fragte Alazais beunruhigt. Die bleichen Lippen der Mentalistin bewegten sich und formten lautlose Worte, ihre zierlichen Hände krallten sich in die Sessellehnen. Plötzlich keuchte sie und rief mit brüchiger Stimme: "Tod! Tod und Leid warten auf dich und deine Begleiter, wehe wenn du ins Grenzland ziehst. Feuer, das dir den Atem raubt, dein Blut, das in der Erde versickert und Schmerzen, wie du sie nie gehabt hast. Herabgewürdigt und unverstanden und fern von allem, was dir lieb und teuer ist!" ihre Stimme schwoll an und Alazais sprang entsetzt auf und ergriff sie bei den schmalen Schultern. "Was ist mit Euch?" rief er und schüttelte sie behutsam. Die Elfe blinzelte und ihr Blick klärte sich. Aus halbgeschlossenen Lidern betrachtete sie ihren vor Schreck blass gewordenen Schüler. "Gehe nicht, oder alles wird sich für dich ändern," murmelte sie. "Höre auf deine Träume, mein Junge. Höre auf deine Träume, höre auf sie!" Alazais nickte automatisch. "Ja," sagte er, "das werde ich. Bitte...geht es Euch gut? fehlt Euch etwas?" die Elfe murmelte noch immer vor sich hin, ehe sie tief seufzte und sachte den Kopf schüttelte. "Visionen," sagte sie mit wieder völlig klarer Stimme, "sind unberechenbar. Entschuldige, wenn ich dich erschreckt habe, mein Junge. Es ist wohl besser, wenn du jetzt gehst. Frag nicht mehr nach dem Warum, akzeptiere diese Träume, sie wollen dich nur warnen. Bleib hier und lerne weiter, du bist so ein vortrefflicher Schüler. Forsche nicht mehr und dies alles wird bald vergessen sein." Alazais öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Er nickte nur, verneigte sich tief und verließ mit bleischweren Beinen das Zimmer. Alles in allem hatte der Besuch kaum fünf Minuten gedauert, doch es kam ihm wie Stunden vor. Als er sich jetzt für einen Moment an eine kühle Marmorsäule lehnte, merkte er, dass er leicht zitterte. Die unheilvollen Worte klangen wie ein Echo in seinem Kopf nach und er hatte das Gefühl, noch ein wenig ratloser dazustehen als zuvor. Nachdenklich und mit betrübter Miene verließ er die Kammer der Magie und wäre wohl schnurstracks an Cheres vorbeigelaufen, der nach wie vor auf ihn wartete. "Hey, ich möchte auch nicht dumm sterben, was war denn?" sagte er in lautem Tonfall und holte Alazais in die Gegenwart zurück. "Eine Sache zwischen meiner Ausbilderin und mir," sagte Alazais abweisend. Cheres hob eine Augenbraue. "Verstehe. Das muss ja was sehr Bedeutendes gewesen sein- anders kann ich mir dein leichenblasses Gesicht nicht erklären." Offenbar drang nichts von dem, was in der Kammer der Magie gesprochen wurde, nach draußen, genau so wenig wie Außengeräusche in der inspirierenden Stille der Kammer vernommen werden konnten. Doch Alazais ärgerte sich trotzdem. "Lass das doch meine Sorge sein," sagte er gereizt. "Es hat nichts mit dir zu tun und es geht dich nichts an." Cheres betrachtete ihn eingehend und spielte einen Moment mit dem Gedanken, seinen Freund in die nächstbeste Pferdetränke zu stecken. "Na schön," sagte er, holte tief Luft und betonte die nächsten Worte mit einem deutlichen Hauch Sarkasmus, "dann werde ich mich jetzt auch mal um meine Sorgen kümmern. Man sieht sich." Alazais runzelte die Stirn. "Sorgen?" Cheres pustete sich eine kupferfarbene Strähne aus dem Gesicht und maß den Freund mit einem langen Blick. "Es hat nichts mit dir zu tun," sagte er trocken. Der junge Mentalist wandte mit einem Ruck den Kopf ab und wollte gehen, da ergriff ihn Cheres untypisch behutsam am Handgelenk. "Willst du mich wieder stehen lassen? allmählich gibt mir das zu denken. Wir sind doch Freunde...oder?" Alazais wandte ihm den Kopf zu. "Das ist nicht fair," sagte er gepresst. "Fair?" der Schwertmeister legte den Kopf schräg. "Findest du es fair, mich ständig im Unklaren zu lassen? glaubst du vielleicht, ich mach mir keine Sorgen um dich? glaubst du, mir ist völlig egal, was dich beschäftigt? oh Junge, da kennst du micht aber doch schlechter als wir wohl beide gedacht haben. Warum erzählst du mir nicht einfach, was los ist, he? das kann doch nicht so schwer sein." Alazais seufzte. "Doch, Cheres. Aber...ich werde es dir erzählen. Später. Ich verspreche es," fügte er mit leicht erhobener Stimme hinzu, als sein Freund Anstalten machte, zu protestieren. "Ich verspreche es," wiederholte er. "Aber dafür musst du mir auch etwas versprechen. Schwören. Tust du das?" Cheres hob unbehaglich die Schultern. "Ja...gut...ich schwöre es bei meiner Ehre als Schwertmeister. Reicht das?" Alazais nickte. "Ja." Als der andere ihn auffordernd ansah, sagte er leise: "Du musst mir versprechen, dass du nicht an dieser Schlacht teilnimmst."



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