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Das Leben geht weiter

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My Immortal

Lange Zeit war ich einfach nur mit dem Wagen durch die Nacht gefahren. Vollkommen ohne Ziel. Jetzt stand ich hier, hatte den Motor ausgestellt und sah aus der Windschutzscheibe, hinaus auf die Mauer die sich schwach vom Rest der Gegend abhob. 8 Monate war es nun her, seit ich das letzte Mal hier gewesen war und dennoch kam es mir vor wie gestern. Ich erinnerte mich noch genau an diesen einen Tag. Der Tag der so vieles verändert hatte, der mich verändert hatte und der mein Leben verändert hatte. Einen Tag den ich lange Zeit erfolgreich verdrängt hatte der aber nun klarer als jemals zuvor in meinem Kopf war. Damals war mir klar geworden dass alles im Leben vergänglich war, sogar das Leben selbst. Dass es nichts gab, was bis in alle Ewigkeiten bestehen konnte. Alles an was ich damals geglaubt hatte war mit einem Male wie weggewischt gewesen. Ich war in ein tiefes Loch gefallen, wo ich geglaubt hatte niemals wieder heraus zu kommen. Aber ich hatte mich wieder nach oben gekämpft, mich wieder zurück in das Licht gekämpft, die Dunkelheit hinter mir gelassen... Doch wozu? Wozu waren diese ganzen Mühen gewesen? Das Leben hatte mir eine helfende Hand gereicht und ich habe nach ihr gegriffen und nun, nun war es die gleiche Hand, die mich wieder zurück in das Loch warf.
 

These wounds won't seem to heal

This pain is just too real

There's just too much that time cannot erase
 

Ich zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und öffnete die Türe. Für einen Moment zögerte ich, doch dann stieg ich aus dem Wagen. Die Türe warf ich einfach zu und zog den Reißverschluss meiner Jacke nach oben. Es war kalt geworden und der Wind pfiff leise durch die menschenleeren Straßen. Verfing sich in den Ästen der Bäume und brachte die Blätter zum rascheln. Es klang als würden leise Stimmen unverständliches vor sich hin murmeln. Mit langsamen Schritten ging ich auf das hohe, schmiedeiserne Tor zu. Es fiel mir nicht leicht diese Schritte zu gehen. Schon damals waren sie mir nicht leicht gefallen. Die ganze Zeit hatte ich mich an der Vorstellung festgehalten alles sei nur ein böser Traum, doch dieses Tor hatte mich zurück in die Realität gebracht. Mein Blick glitt langsam an dem dunklen Eisen entlang nach oben. Für einen Moment schloss ich meine Augen, bevor ich die Hand an die Klinke legte und sie hinunter drückte. Beinahe lautlos schwang eine Seite des Tors nach hinten und gab den Weg frei. Schritt für Schritt ging ich weiter. Der Kies knirschte unter meinen Schritten. Der helle Kies der sich kaum merkbar vom Rest abhob. Hier und da brannten Kerzen und hüllten die wenigen Zentimeter um sie herum in ein schwaches, rötliches Licht.
 

When you cried I'd wipe away all of your tears

When you'd scream I'd fight away all of your fears
 

Es war dunkel und obwohl ich den Weg nur ein einziges Mal gegangen war, so wusste ich genau wohin ich musste. Es war ein Weg gewesen den ich nicht gerne gegangen war und auch jetzt war es ein Weg den ich nur ungern ging. In der Ferne war der leise Ruf einer Eule zu hören. Für einen Moment lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Es war kein Ort an dem man sich Nachts aufhalten sollte. Kein Ort an dem sich ein Lebender aufhalten sollte, denn das war nicht sein Reich und dennoch war es ein Ort der Begegnung. Als ein leises Rascheln die Stille um mich herum durchbrach blieb ich stehen. Lauschte in die Dunkelheit, doch es war nichts mehr zu hören. Langsam setzte ich mich wieder in Bewegung. Weiter meinem Ziel entgegen. Ein Blitz durchzuckte den Himmel und tauchte alles für einen winzigen Augenblick in ein grelles Licht. Schatten tanzten für den Bruchteil einer Sekunde und malten ihre grotesken Schatten auf die dunkle Erde, gefolgt von einem lauten Donnergrollen. Es schien fast so, als würde jemand nicht wollen, dass ich mich hier aufhielt. Als würde jemand mich davor warnen wollen, alte Erinnerungen wieder zum Leben zu erwecken. Wollte mich so bewegen, ruhen zu lassen was schon seit Monaten ruhte. Aber ich konnte es einfach nicht mehr. Ich hatte es 8 Monate lang ruhe lassen ohne es für mich beendet zu haben. Ich hatte gedacht ich würde es auch so schaffen, aber ich hatte gemerkt, dass ich es nicht konnte. Alle hatten sie mir gesagt dass es nicht meine Schuld gewesen war, dass ich es nicht hätte verhindern können, aber sie waren alle nicht dabei gewesen, sie alle konnten das gar nicht beurteilen. Ich war es gewesen und ich wusste was sich abgespielt hatte. Ich wusste dass ich Schuld daran war. Wäre ich nicht gewesen, dann wäre alles anders gekommen...
 

Now I'm bound by the life you've left behind
 

Ich war dort angekommen wo ich hatte hin wollen und blieb stehen. Mein Blick glitt langsam über die Blumen die dort trotzig der Kälte widerstanden und versuchten mit ihren Farben über das hinweg zu täuschen, weswegen sie gepflanzt worden waren. Eine letzte Erinnerung an glückliche Tage. Langsam ging ich den kaum sichtbaren Pfad entlang. Es waren nur wenige Schritte gewesen. Ich ging in die Hocke und fuhr mit der Fingerspitze langsam die Konturen der Schrift nach die in den Stein gemeißelt worden waren. Meine Lippen formten lautlos den Namen der dort geschrieben stand. Ein Name der mich so viele Jahre lang begleitet hatte. Der Name einer Person die mich zum lachen gebracht hatte, die immer für mich da gewesen war, die mich festgehalten hatte wenn ich Halt brauchte, die mir zugehört hatte wenn ich jemanden zum reden gebraucht hatte, die mir immer einen Rat gewusst hatte und auch jetzt wohl einen gewusst hätte. Eine Person die mich nie absichtlich im Stich gelassen hätte.
 

Your voice it chased away

All the sanity in me
 

Eine Person die mir so vieles im Leben bedeutet hatte und nun... Nun war sie nicht mehr da. Ich konnte niemals mehr zu ihr gehen und sie um Rat fragen, konnte mich niemals mehr an ihre Schulter anlehnen wenn es mir dreckig ging und konnte niemals mehr ihr fröhliches Lachen vernehmen. Das Lachen was mich selbst zum lachen gebracht hatte, gleich wie traurig oder wütend ich auch gewesen war. Er hatte es immer wieder geschafft mich auf zu muntern. Es war nicht einmal das gewesen was er gesagt hatte, sondern er war einfach nur da gewesen wenn ich ihn gebraucht hatte. Er hatte immer gewusst was in mir vorging und nichts hatte ich ihm vormachen können. Ich war wie ein offenes Buch für ihn gewesen. Er war der einzige Mensch gewesen dem ich jemals richtig vertraut habe. Es hatte nichts von mir gegeben, was er nicht gewusst hatte. Ich hatte mit allem zu ihm kommen können, ihm alles erzählen können egal wie peinlich oder lächerlich es gewesen war. Aber jetzt... Jetzt war er nicht mehr bei mir. Er konnte mich vielleicht hören, aber er würde mir keine Antwort mehr geben können. Ich ließ mich neben seinem Grab auf die Knie sinken. Ich fühlte mich so müde. So leer als sei alles menschliche aus meinem Körper verschwunden.
 

„Warum du?“, fragte ich leise in die Stille der Nacht hinein. „Warum habe nicht ich es sein können?“

Ich richtete meinen Blick hinauf in den Himmel der in diesem Moment seine Schleusen öffnete. Die Kälte, der Regen... ich spürte es nicht. Meine Kleidung sog den Regen auf und hing schwer an meinen Schultern, doch waren sie leichter als die Schuld die schon seit Monaten auf ihnen lastete.

„Du hättest nicht der sein dürfen der gehen musste“, sprach ich leise und lenkte meinen Blick wieder auf das dunkle Grab. „Du hattest doch noch so vieles vor dir gehabt. Du hattest Ziele, du hattest Pläne... Ich nicht... Es hätte mich treffen müssen, nicht dich.“

Ich fuhr mir mit den Händen durch die nassen Haare und schloss leicht die Augen. Verfolgte die Bilder die vor meinem inneren Auge auftauchten. Bilder aus vergangenen Zeiten. Bilder auf denen ich gelacht hatte, auf denen er gelacht hatte. Bilder von uns Beiden wie wir am See mit den anderen gegrillt hatten. Bilder wie wir gemeinsam auf dem Fasching gewesen waren. Bilder aus gemeinsamen Zeiten. Zeiten die für immer ein Ende gefunden hatten. Nur wenige Sekunden waren es gewesen und doch hatten sie für die Ewigkeit entschieden.

„Erinnerst du dich noch daran wie wir gemeinsam auf dem Turm gesessen waren und du mir erzählt hattest was du im Herbst beginnen wolltest?“, fragte ich leise und hielt meine Augen noch immer geschlossen. „Wie du mich gefragt hattest und ich dir keine Antwort geben konnte? Damals hattest du mich auch gefragt ob ich mir jemals vorstellen würde können zu heiraten oder eine Familie zu haben. Damals habe ich alles verneint und von mir gewiesen, doch heute... heute hätte ich dir wohl eine andere Antwort gegeben.“

Leise seufzte ich auf. Ja heute hätte ich ihm wirklich eine andere Antwort gegeben. Eine Antwort die er nie würde hören können. Ich wünschte ich hätte die Chance ihm all das sagen zu können. Ihm sagen zu können dass ich einen Menschen gefunden hatte den ich liebte, einen Menschen mit dem ich meine Zukunft verbringen wollte, einen Menschen für den ich alles aufgeben würde... Einen Menschen von dem ich geglaubt hatte er würde mich lieben. Er hatte mir weh getan und dennoch, dennoch liebte ich ihn noch immer. Fühlte mich einsam weil er nicht bei mir war und zugleich jedoch wünschte ich ihn weit weg von mir. Ich konnte nicht mit ihm, aber noch weniger konnte ich ohne ihn.

„Weißt du, nachdem du... Nachdem du dein neues Leben angetreten hast, hatte ich mir geschworen nie wieder einem Menschen so sehr zu vertrauen wie dir“, sprach ich leise und ich spürte wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Wie sie sich langsam mit dem Regen vermischten der mir über das Gesicht lief. „Ich wollte einfach nicht noch einmal den Schmerz spüren, diese Leere spüren die zurückbleibt wenn diese Person geht und doch... Doch habe ich es wieder getan. Ich dachte dieses Mal... Dieses Mal würde es nicht so kommen... Ich dachte dieses Mal würde es anders werden... Aber... aber ich habe mich getäuscht.“

Mein Kinn sank mir auf die Brust und meine Finger gruben sich in die vom Regen aufgeweichte Erde neben mir. Ja ich war verzweifelt. Ich wollte ihm doch vergeben, wollte doch verzeihen, aber warum konnte ich es dann nicht? Warum konnte ich nicht einfach zurückgehen? Ja er hatte einen Fehler begangen und er hatte mein Vertrauen missbraucht, aber sollte man in einer Beziehung solche Fehler nicht auch verzeihen können? Andere schafften es doch auch, warum konnte ich es dann nicht?

„Kannst du mir sagen was ich tun soll? Kannst du mir sagen warum ich dem Menschen den ich über alles liebe nicht verzeihen kann? Warum ich nicht über meinen Schatten springen kann? Warum ich mir selbst das nehme was mir das einzig wichtige in meinem Leben ist?“, fragte ich leise und mein Blick richtete sich in die Ferne. „Es ist so dunkel geworden und ich finde den Weg nicht mehr... Kannst du ihn mir nicht zeigen? So wie du es früher auch immer getan hast?“

Ein Zittern überkam meinen Körper und ich schlang meine Arme um meinen Körper. Hoffte so ein wenig Wärme zu bekommen. Doch die Kälte wollte mich nicht wieder loslassen. Hielt mich weiter fest in ihrem Griff.
 

I've tried so hard to tell myself that you're gone

But though you're still with me

I've been alone all along
 

„Warum hast du mich alleine gelassen? Warum bist du einfach gegangen? Du hast doch gewusst dass ich für das Leben das auf mich wartete noch nicht bereit gewesen war! Warum hast du mich einfach im Stich gelassen?! Warum?!“, rief ich verzweifelt und schlug mit den Händen gegen den Grabstein. „Warum bist du nicht da wenn ich dich am nötigsten habe! Warum hilfst du mir nicht? Warum hast du mich alleine gelassen!!“

Kraftlos sanken meine Hände zu Boden. Er konnte mich nicht hören. Er konnte mir nicht antworten. Er würde es niemals wieder tun. So viele Monate hatte ich mich geweigert es zu akzeptieren. Geweigert zu akzeptieren dass er nicht mehr unter uns war. Doch jetzt konnte ich es einfach nicht mehr verdrängen. Er hatte ein neues Leben angefangen und mich in meinem Alten zurückgelassen...



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