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Das Blut der Lasair

von

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Unterwegs nach Edinburgh

Unterwegs nach Edinburgh
 


 

Die Pläne begannen Früchte zu tragen: am nächsten Wochenende luden Lea und Catherine ihre Taschen in den Wagen und waren kurz davor, nach Edinburgh aufzubrechen. Elizabeth hatte aus einem unverständlichen Grund darauf bestanden, dass Catherine selbst fuhr. Vielleicht hatte sie gehofft, dass Catherine es sich wegen dem Rechtsverkehr in Schottland dann doch anders überlegte, doch Elizabeth war enttäuscht worden: Begeistert hatte Catherine die Autoschlüssel an sich genommen, hatte im Internet eine Wegbeschreibung erstellen lassen und Lea damit beauftragt, noch eine normale Straßenkarte zu besorgen, doch das war alles kein Problem. Nun stand Elizabeth mit einem leicht angesäuerten Gesichtsausdruck am Eingang und sah Catherine und Lea nach, wie sie langsam die Einfahrt hinunter fuhren.
 

Catherine fuhr auf die Woodland Avenue hinaus, bog dann in die Bank Street ab und schließlich auf die Annick Road. Dann wählte sie nach zwei Kreisverkehren die Auffahrt zur A71, folgte dieser knapp 8 Meilen und wechselte dann auf die A77. Nachdem die A77 die Glasgow Road überquert hatte, wechselte Catherine auf die M77 und nach weiteren 17 Meilen nach den Schildern auf die M8. Kurz darauf überquerten sie den Fluss Clyde.

„Brauchst du die Karte eigentlich überhaupt?“ fragte Lea, die bisher still ihren Weg auf der Karte verfolgt hatte, falls Catherine Anleitung brauchte.

„Nein, so wie es aussieht nicht. Ich habe mir die Wegbeschreibung durchgelesen.“

„Und jetzt kennst du den Weg auswendig? Was hast du denn für ein Gedächtnis?!“

„Ein trainiertes, nehme ich an.“ meinte Catherine grinsend und musste auf dem weiteren Weg feststellten, dass die A8 und die M8 dieselbe Straße waren und die Namen scheinbar nur abgewechselt wurden.

„Ja, Schilder und Straßenbezeichnungen sind in Schottland nicht immer logisch.“ gab Lea zu und ließ die Karte aufgeschlagen.

Dass Catherine den Weg wusste, gab ihr Gelegenheit über alles nachzudenken, was Catherine ihr in den letzten paar Tagen erzählt hatte – über die Vision an erster Stelle. Catherine im Körper des Jungen war ungewöhnlich, denn Leas Visionen ermöglichten ihr, als unbeteiligte Person ungesehen und unbemerkt durch Räume zu spazieren und sich dies und das anzuschauen. Natürlich war sie auch eingeschränkt. Ihre Sinne waren nicht so scharf, ihre Bewegungen etwas langsamer und ein wenig fühlte sich das wie ein tranceartiger Zustand an, doch insgesamt blieben ihr mehr Möglichkeiten als Catherine.

„Wo sind wir gerade?“ fragte Lea nach einer Weile und Catherine meinte:

„Inzwischen von der A720 bereits auf der A701 nach Edinburgh.“ Lea blickte aus dem Fenster und erkannte eine Art Vorstadtgebiet, das immer wieder von Industriearealen durchzogen war.

„Dann dauert es ja nicht mehr lange.“ stellte sie fest, worauf Catherine nickte.

Jetzt hatten die Straßen wieder Namen, die nicht mit Ziffern versehen waren: Howden Hall Road, Liberton Gardens, Liberton Brae, Craigmillar Park, Mayfield Gardens, Minto Street, Newington Road…

„Musst du dich gerade konzentrieren?“ fragte Lea.

„Ein bisschen. Was ist?“

„Ich wollte nur wissen, was wir jetzt gleich machen. Was hast du vor?“

„Ich bin extra so nach Edinburgh gefahren, dass ich direkt in die Straße komme, in der die Royal Bank of Schottland ihre Zentrale hat, aber ich denke, das dauert noch ein bisschen….Ah, nein! Das ist jetzt schon die South Clerk Street.“

„Wolltest du nicht vorher zum Hotel?“

„Doch, aber ich wollte wissen, wo die Bank ist.“ antwortete Catherine und stellte fest, dass die South Clerk Street nun in die Clerk Street überging. „Sehr sinnig.“ murmelte sie und entdeckte links auf einem Platz eine kleinere Parkfläche.“ „Ist das jetzt der Nicolson Square? Siehst du irgendwo ein Schild?“

„Ja, da an der Hauswand. Nicolson Square.“

„Gut, perfekt. So, unser Hotel müsste nun geradeaus sein… Nicolson Street… South Bridge… Cowgate… und am Kreisel in Grassmarket… Und dann ist es die… 61.“

„Da vorne ist es… Bist du sicher, dass wir hier richtig sind? Ist das nicht ein bisschen teuer?“

„Lea, die Bank wird mich überprüfen. Da kann ich nicht in irgendeinem Hostle absteigen.“

„Klar… aber gleich das Apex City Hotel? Ich meine… ich kann dir das nicht zurückzahlen.“

„Habe ich das etwa gesagt? Nein, natürlich nicht! Es ist einfach die beste Adresse in der Nähe der Bank und außerdem können wir hier ungestört die Unterlagen durchsehen, falls es welche gibt.“ erklärte Catherine und parkte das Auto vor dem Hotel. Sie schaltete den Motor ab und blickte die moderne Fassade nach oben. „Vergiss’ nicht, dass ich jetzt mit Akzent sprechen werde, bitte fang’ also nicht an zu lachen, sonst wirkt das leicht seltsam. Ich werde mich bei manchen Worten auch etwas ungeschickt stellen.“

„Wieso eigentlich?“

„Ich bin aus Paris. Und wir Franzosen haben Probleme mit jeder Sprache, die nicht unsere eigene ist.“ bemerkte Catherine lächelnd.

„Du aber nicht. Du sprichst flüssig und ohne Akzent englisch…“

„Ich spreche auch flüssig Latein. Das kommt von der Bruderschaft.“

„Du hattest Sprachunterricht bei der Bruderschaft?“

„Nicht nur das. Sprachunterricht, verschiedene Dialekte, menschliche und territoriale Bräuche… alles, was sinnvoll ist, um nicht aufzufallen…“

„Das hört sich beinahe wie Agententraining bei irgendwelchen CIA-Filmen an.“ bemerkte Lea, worauf Catherine lachte.

„Ja, vielleicht… Komm!“ Catherine griff nach dem Türgriff, doch Lea meinte:

„Sag’ mal…“

„Hm?“ Catherine drehte sich noch einmal zu ihr um und wartete ab.

„Hast du mit Lestat französisch oder englisch gesprochen?“

„Französisch.“ erwiderte Catherine knapp und stieg aus dem Wagen. Lea nickte und folgte ihr.
 

An der Rezeption stand ein jüngerer Mann und blickte neugierig auf, als Catherine und Lea eintraten.

„Guten Tag, ich hatte ein Zimmer reserviert…“ Weiter kam Catherine mit ihrem französischen Akzent nicht, denn der Angestellte legte los:

„Ah, Mademoiselle du Ravin, c’est un très grand honneur pour nous, que vous avez choisi notre hôtel. Je suis Mike MacLynn et je suis totalement à votre disposition.“

„Merci beaucoup.“

„Was hat er gesagt?“ fragte Lea und zupfte Catherine am Unterarm an ihrer Jacke.

„C’est très gentil. Votre français est très bien...“

„Oh, merci…“

„Mais je préférais si nous pouvions parler l’anglais, parce-que je le sais et parce-que ma cousine ne comprend pas le français.“

„Ah, oui, c’est pas… Natürlich. Englisch. Sie hatten ein Zimmer reserviert… ja, hier ist es. Zimmer 312 im dritten Stock.“

MacLynn rief einen weiteren Angestellten hinzu, händigte ihm den Schlüssel aus und überließ es ihm, den Gästen das Zimmer zu zeigen. Mit Catherine klärte er noch die Art der Zahlung, bei dessen Gespräch sich Catherine etwas unbeholfener gab, als sie tatsächlich war, doch dann konnte der andere Angestellte seiner Arbeit nachgehen. Im Aufzug redete er über die vielen schönen Sehenswürdigkeiten, die es in Edinburgh gab, doch Lea zeigte sich wenig beeindruckt.

„Wir sind nicht privat hier…“ begann sie, worauf Catherine leise lachte und schließlich mit französischem Akzent fortfuhr:

„Nün ja, zümindest nischt nür! Wir wörden üns mit Sischereit die Stadt anschauen.“ Dann lächelte sie und begegnete Leas sehr belustigtem Blick, den sie nur allzu schwer unter Kontrolle brachte.
 

Im Zimmer abgekommen bekam Lea erst einmal einen Lachanfall, nachdem der Page sein Trinkgeld erhalten hatte und verschwunden war.

„Noch eine Sekunde länger und ich hätte es nicht mehr ausgehalten!“ meinte sie unter Lachtränen und suchte sich dann ihre Seite des Bettes aus.

„In der Bank werde ich das lassen. Das ist auf Dauer zu anstrengend.“

„Wozu dient es dann hier?“

„So haben wir unsere Ruhe. Es wird niemand auf die Idee kommen, mit uns mehr zu reden als nötig.“

„Clever. Was hat der Typ an der Rezeption eigentlich von sich gegeben. Ich habe tatsächlich kein Wort verstanden.“ gestand Lea und legte ihre Tasche auf den Sessel in der Ecke. Catherine nickte und fasste schnell zusammen:

„Es sei eine sehr große Ehre für ihn, dass wir uns für das Apex entschieden hätten, und er stehe uns völlig zur Verfügung. Dann meinte ich, dass sein Französisch gut sein, ich aber vorziehe, Englisch zu sprechen, da du – meine entfernt verwandte Cousine – kein Englisch sprichst.“ Lea setzte sich auf das Bett und beobachtete Catherine, die etwas in ihrer Tasche suchte.

„Aha. Was suchst du?“

„Etwas zum Anziehen…“

„Du hast doch wohl genug dabei… Wieso ziehst du dich jetzt um? Ich dachte, wir wollten zur Bank?“

„Ich werde dieses Gespräch nicht in Jeans und Pullover hinter mich bringen. Und du auch nicht. Ehrlich gesagt suche ich gerade etwas, das ich für dich mitgenommen habe.“

„Wie bitte?“

„Ja, ich war einkaufen und habe dir etwas besorgt.“

„Ich hoffe, keinen Rock. Wenn es ein Rock ist, bleibe ich hier und warte auf dich! Dann kannst du das allein machen.“ Catherine grinste und blickte Lea an. Diese verzog immer mehr das Gesicht – in Erwartung, ob Catherine doch bald einen Rock herausziehen würde.

„Nein, ich hatte eine schwarze Hose und ein dunkelviolettes Oberteil, das etwas länger ist, aber einen dünnen Gürtel mit einer mit Strasssteinen besetzten Schnalle besitzt.“

„Wo hast du das her? In Irvine ist es selbst schwierig, eine normale Jeans zu bekommen.“

„Ich war vor zwei Tagen in Glasgow.“ erklärte Catherine, worauf Lea sie mit offenem Mund anstarrte.



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