Schmerzen
Sasukes POV
Zuerst nur widerwillig wollte ich meine Augen öffnen, doch als mir der Kampf einfiel, riss ich sie schlagartig auf.
Das helle Licht ließ mich blinzeln, doch ich konnte schnell erkennen, dass ich mich im Krankenhaus in Konoha befand.
Als sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, schaute ich mich genauer um.
Ich lag in einem der großen, weißen Betten, die im Krankenhaus üblich waren.
Neben mir stand genau das gleiche Bett.
Zuerst registrierte ich gar nicht, dass dort eine Person drinnen lag. Doch nach genauerem Betrachten konnte ich sogar mit Sicherheit sagen, wer sich da in die weichen Kissen gekuschelt hatte.
Der blonde Haarschopf verriet Naruto sofort.
Naruto… wurde er beim letzten Kampf etwa auch verletzt?
Hoffentlich war es nichts Schlimmeres. Aber da er weder mit irgendwelchen Maschinen verkabelt, noch in der Notaufnahme war (außer ich befand mich auch dort und das konnte mich mir bei meinem „guten“ Zustand nur schwer vorstellen), glaubte ich nicht, dass es etwas Ernsteres war.
Tsunade hatte Team Sieben eine leichte Mission gegeben, wir stießen dabei auf feindliche Ninja, die uns angriffen.
Es waren sechs, jeder von uns musste sich um zwei von ihnen kümmern.
Das funktioniert auch alles gut, da es nur Chuunin waren, wir hatten die Hälfte von ihnen schon besiegt, bis ein unentdeckter Siebter mich am Arm verletzte, ich dadurch abgelenkt war und mein Gegner mich… naja, wohl bewusstlos geschlagen haben musste.
Was wohl danach passiert war? Hatte Naruto mich beschützt und war deshalb verletzt worden?
Als ich neben mir ein leises Stöhnen wahrnahm, wusste ich, dass ich meine Antworten wohl gleich bekommen würde.
Naruto gab noch einmal einen schläfrigen Laut von sich, drehte sich dann auf die Seite und schaute mich an.
Ich blickte zurück und wir fragten wie aus einem Mund: „Wie geht es dir?“
Ich schmunzelte und sah, wie sich auch ein Lächeln auf Narutos Zügen ausbreitete.
„Naja, geht schon.“, meinte er dann, „Ich habe nur ein paar Kunai in den Arm bekommen, dann bin ich gestolpert, muss wohl mit meinem Kopf gegen irgendeinen Stein geknallt und bewusstlos geworden sein.“
Ich zog eine Augenbraue hoch.
„Du liegst hier nur neben mir, weil du so doof warst und gestolpert bist?“, fragte ich ungläubig.
Er zog einen leicht bandagierten Arm unter der Decke hervor und kratze sich verlegen am Hinterkopf: „Naja, du weißt ja was für ein Unfallgenie ich bin.“
Darüber konnte ich nur den Kopf schütteln.
Dann wurde er ernster: „Und wie geht es dir?“
Ich zuckte mit den Schultern.
Kein Problem. Mir geht’s super.
„Aber was ist eigentlich passiert, nachdem ich… ausgeknockt wurde?“, fügte ich laut mit an.
Der Blondschopf legte leicht seinen Kopf schief. „Ich weiß auch nicht sehr viel mehr als du. Als wir mitten im Kampf waren durchzuckte mich plötzlich ein Schmerz am Arm, dadurch wurde ich abgelenkt. Ich konnte gerade noch meine Arme hochreißen, bevor mich die Kunai durchbohrten.“
Schmerzen im Arm?
Ich zog meinen linken Arm unter der Bettdecke hervor. Er war fest mit Mullbinden umwickelt.
Erkenntnis blitze in Narutos Augen auf.
„Ah, daher kamen die Schmerzen…“
Ich ballte meine Hand zu einer Faust und verzog das Gesicht.
„Alles okay?“, fragte Naruto vorsichtig.
Ich überging seine Frage: „Naruto, jetzt bringen wir den anderen durch unsere Verbindung schon in Gefahr.“, meinte ich zögernd.
Ein erstaunter und leicht trauriger Ausdruck huschte über Narutos Züge.
Er wusste, dass ich etwas mehr Probleme mit dieser geistigen Verbindung zwischen uns hatte, als er.
Denn Naruto, das wusste ich, freute sich riesig, dass wir so etwas hatten.
Klar, ich freute mich auch, aber betrachtete das mit ein bisschen mehr Misstrauen.
Der Blondschopf konnte Dinge einfach leichter nehmen und einfacher akzeptieren als ich…
„Ich meine, sollten wir nicht langsam mal darüber reden?“, fügte ich noch an.
„Warum? Was möchtest du da denn besprechen?“, fragte er nun leicht wütend.
Ich rollte mit den Augen: „Jetzt komm mal runter. Ich möchte damit doch nicht unsere Freundschaft anzweifeln, oder die Verbindung kappen, oder so etwas. Ich möchte nur ein bisschen mehr über diese unnatürliche Verbundenheit raus finden. Außerdem hat es jetzt ja sogar schon Auswirkungen auf unsere Missionen. Wir müssen jemand anderem Bescheid geben, wir müssen darüber reden.“
„Pff, als ob du ein großer Fan von reden wärst. Aber du hast wohl Recht…“
Ich ließ mich wieder in meine dicken Kissen zurückfallen.
Nach einer längeren Stille, fragte Naruto plötzlich: „Wann hast du eigentlich das erste Mal die Schmerzen von mir gespürt?“
Da musste ich nicht lange überlegen. Dieser Moment hatte sich bei mir richtig eingebrannt.
„Auf der Mission mit den Tengu, als du von ihnen entführt wurdest. Das war am Arm und leicht an der Wange… Du?“
„Auch auf der Tengu-Mission. Als wir bei den Akasas waren, nachdem du verschüttet wurdest. Kannst du dich erinnern?“
„Klar.“, meinte ich nüchtern.
So etwas vergisst man nicht. Nachdem ich von unseren Feinden mit einem Katana durchstochen und einen Höhleneinsturz nur mit Glück überlebt habe, konnte ich mich die nächsten Stunden erst einmal vor Schmerzen rumwälzen…
„Dann hast du diese Schmerz-Verbindung aber sehr viel später bekommen als ich. Schließlich wurde ich davor noch einmal aufgespießt und verschüttet.“
Naruto lachte humorlos auf: „Ich glaube nicht, dass ich sie sehr viel später als du bekommen hab. Es war bloß so, dass ich davor viel zu sehr mit „fast eine Herzattacke vor Sorgen bekommen“ beschäftigt war, als auf irgendwelche Schmerzen zu achten. Du weiß gar nicht, was für ein Schock das war, was für mehrere große Schocks das waren…“
„Doch, kann ich mir vorstellen.“, murmelte ich und dachte an all die anderen Situationen, in denen sich Naruto in die unmöglichsten, gefährlichsten Lagen gebracht hatte.
Wieder herrschte Schweigen, doch dann: „Ok, wir reden mit jemanden. Aber wem?“
„Ich würde sagen Kakashi.“
„Was ist mit mir?“, fragte unser grauhaariger Lehrer, der gerade mit Sakura im Schlepptau ins Zimmer kam.
„Ähm, wir wollten Sie fragen, was eigentlich noch auf unserer Mission passiert ist.“, antwortete ich schnell.
Ich warf Naruto einen Blick zu.
Wir sollten uns erst einmal erholen.
Guter Plan…
Der Blondschopf streckte sich auf dem Bett aus, legte die Arme unter den Kopf und schaute Kakashi erwartungsvoll an.
„Naja, euch scheint es ja wieder gut zu gehen.“, kicherte Sakura, als sie Narutos entspannte Pose sah.
Trotzdem kam sie noch einmal auf uns zu, fühlte unseren Puls und begutachtete unsere Arme, während Kakashi erzählte: „Eigentlich nicht viel. Wir hatten die meisten Ninja ja schon besiegt. Plötzlich habe ich aus dem Augenwinkel gesehen, wie Sasuke angegriffen und getroffen wurde. Ich habe mich meines Gegners entledigt und dir dann geholfen, Sasuke. Dann bemerkte ich aber, dass auch Naruto zu Boden fiel.“
„Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, was für ein Schrecken ich bekommen habe, als ich mich nichts ahnend umgedreht habe und euch blutend am Boden liegen sah. Was war eigentlich los?“, unterbracht Sakura Kakashi.
„Das würde ich auch gerne wissen.“, meldete sich wieder Kakashi zu Wort.
Anscheinend haben unsere beiden Teamkameraden die Situation gerettet.
Ich zuckte mit den Schultern: „Ein siebter Ninja ist plötzlich aufgetaucht und hat mich erwischt, als ich noch mit dem anderen beschäftig war.“
Naruto hatte sich wohl gleich eine Geschichte zurecht gelegt, denn er fügte hastig hinzu: „Ich habe Sasuke auch so aus dem Augenwinkel fallen sehen, hab mich ablenken lassen und naja…“
Wow, das war sogar ziemlich nah an der Wahrheit dran…
„Naruto!“, meinte Kakashi tadelt.
„Ja, ich weiß. Das hätte nicht passieren dürfen, aber ich habe mich halt erschrocken!“
„Wie dem auch sei, es ist ja nichts Schlimmeres passiert, oder?“, wandte sich Kakashi nun an Sakura, die gerade mit unserer Untersuchung fertig war.
Sie lächelte: „Nein, zum Glück nicht. Sasuke wird seine Bandagen wohl noch zwei Wochen tragen müssen, aber Naruto kann sie wohl schon in ein paar Tagen loswerden. Seine Wunden sind schon am verheilen.“
„Klasse!“, grinste Naruto, warf mir aber einen schnellen Blick hinüber.
Dem Blondschopf war es manchmal unangenehm zu wissen, dass andere, im Gegensatz zu ihm, noch sehr viel länger unter solchen Verletzungen zu „leiden“ hatten.
Ich nickte ihm ganz leicht zu und fragte dann: „Wie lange waren wir eigentlich weg?“
„Nur ein paar Stunden. Ich glaube nicht, dass die Wunden große Probleme machen, aber zur Beobachtung solltet ihr noch ein bisschen hier bleiben. Wir wollen noch sehen, ob sie sich entzünden. Übrigens, wir haben euch ein Schmerzmittel gegeben, also wundert euch nicht, wenn ihr nach ein paar Stunden Schmerzen bekommt.“, meinte Sakura, während sie schon wieder auf dem Weg aus dem Zimmer war.
Ach, deshalb hatten wir keine Schmerzen…ich habe mich schon gewundert…
„Sorry, Jungs. Ich muss weiter, es gibt noch ein paar andere Verletzte.“
Und hinter Sakura schloss sich die Tür.
„Naja, dann werde ich wohl auch mal. Euch wird ja bestimmt nicht langweilig. Ciao, ich komme vielleicht heute Abend noch einmal!“, und so verschwand auch Kakashi in einem lauten „Puff“ und einer Rauchwolke.
„Das war aber ein kurzer Besuch.“, sagte ich trocken.
„Viel schlimmer ist, dass wir noch ein paar Tage hier drinnen bleiben müssen!“, fing Naruto an sich aufzuregen.
„Das war doch klar.“, seufzte ich, „Sakura behält uns immer länger als andere im Krankenhaus. Ich glaube sie denkt, dass wir sonst gleich wieder hier landen würden…“
„Pff, sie ist einfach zu überführsorglich. Aber das ist doch voll unfair, außerdem…“, moserte Naruto lautstark weiter.
Ich ließ mich noch tiefer ins Kissen sinken und wusste plötzlich, warum Sakura und Kakashi so schnell verschwunden sind…
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Kurze Erklärungen am Schluss:
Die „Tengu-Mission“, von der beide sprechen, wurde in unserer ersten, gemeinsamen FF erzählt. Kurz gesagt, ging es dabei darum, dass sie Gerüchten über angebliche Tengu-Sichtungen (menschenähnliche Dämonen mit Flügeln und Greifvogelfüßen) nachgehen sollten. Entgegen der Erwartungen trafen sie auch tatsächlich welche an, doch verschiedene Umstände führten dazu, dass erst Naruto entführt, später dann Sasuke fast erstochen und vom einstürzenden Höhleneingang verschüttet wurde.
Die Familie Akasa, die auch erwähnt wird, stand im indirekten Zusammenhang mit den Tengu, weswegen Sasuke und Naruto ihnen mehrmals über den Weg liefen und auch nach Ende der Mission dort landeten.
