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Dragon Age II Chronicle

The pain of Lyrium Scars
von

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Wohlverdienter Schlaf

8. Kapitel: Wohlverdienter Schlaf
 

„Hey, Fenris! Mach die verdammte Tür auf! Ich weiß, dass du da bist.“, rief Morana frustriert und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe dich vor dem Fenster gesehen.“ Ein kühler Wind wehte von unten hinauf und Morana fröstelte trotz ihres gefütterten Wamses. Die Luft wurde immer klarer und verkündete einen bald hereinbrechenden, harten Winter.

Morana blickte hinauf und zog die Stirn kraus. Die Fensterscheibe blickte blind in die Straßen der Oberstadt Kirkwalls hinab, doch Morana war sich sicher, dass sie Fenris Gestalt hinterm Fenster gesehen hatte. Es war nur ein dunkler Schatten gewesen, doch etwas hatte sich hinter der Scheibe bewegt. Ungeduldig trommelte sie mit dem Fuß auf den Boden und verschränkte die Arme vor der Brust.

Moranas Unwohlsein wuchs mit jeder Sekunde, die sie hier draußen in der klaren, kalten Nacht stehen musste. Sie war froh, dass sie ihre Waffenhandschuhe heute Nachmittag in weiser Voraussicht angezogen hatte. Irrte sie sich oder zog da sogar eine dunkle Wolke über den Himmel, die den ersten Schnee brachte? Großartig. Sie verspürte nun wirklich nicht den Drang hier heute zu einem Schneemann zu werden nur weil Fenris sie nicht hineinlassen wollte.

Hawke trat vor und klopfte laut und fordernd gegen die hölzerne Tür. Dumpf hallte das Geräusch von den steinernen Wänden wieder und schon wieder sah sie erneut den Schemen, der hinter dem Fenster hervortrat und dann ganz schnell wieder verschwand. Großartig, Fenris. Sie hatte nun wirklich keine Lust auf Spielchen. Dafür war es einfach zu kalt. Morana verdrehte ihre Augen und schnaubte frustriert, als sie plötzlich Gekicher hinter sich vernahm.

Mit gerunzelter Stirn drehte Hawke sich um und sah sich drei feingekleideten, jungen Damen gegenüber. Ihre Augenbrauen senkten sich hinab als sie die drei Mädchen- ungefähr 19 wie Morana schätze- aus dem Adel Kirkwall gegenüber sah. Ihre Kleider waren aus dünner, farbenfroher Seide gefertigt und ihre hochhackigen Lederstiefel klackerten auf dem Boden. Die Kriegerin runzelte die Stirn, als sie es sah. Völlig ungeeignet für dieses Wetter. Sie mussten fürchterlich frieren, doch stattdessen versteckten sie sich hinter ihren Fächern und schienen mit einander zu tuscheln. Morana verdrehte genervt die Augen und trippelte mit ihren Fingern auf den Arm.

„Gibt es hier etwas Interessantes zu sehen?“, fragte sie sich genervt und fixierte die feinen Damen. Überrascht sahen die drei Frauen sich an, fast so als hätten sie nicht damit gerechnet, dass Hawke sie ansprach. Angeregt tuschelten sie hinter ihrem Seidenfächern und große, um malte Augen betrachten Morana abschätzig, beinahe herablassend.

„Du kannst so viel klopfen wie du willst, Fereldnerin. Es wird sowieso nichts bringen.“, antwortete die Größte und Bestausgestatteste der drei Mädchen. Sie trat mit schwingenden Hüften einen Schritt auf Morana zu, während der lange Saum ihres Gewandes über den rauen Boden strich und schmutzig wurde. Dass es sie nicht störte. Wahrscheinlich zog sie keines ihrer Kleider mehr als einmal an.

„Und warum nicht?“, fragte die junge Kriegerin eine Spur zu freundlich, sodass es wie ein Nachäffen klang. Brüskiert hob die mittlere eine schlanke, gezupfte Augenbraue hoch und kräuselte verärgert die Lippen.

„Weil darin Niemand lebt…außer ein Gespenst.“, antwortete die Dritte mit kurzen, blonden Haaren und kicherte übertrieben. Morana stutzte und musste sich schwer beherrschen um nicht zu lachen. Ein Gespenst? Großartig, Aveline! Der Hauptmann der Wache zeigte wirklich Kreativität. Die Geschichte würde Fenris neugierigen Nachbarn aus der Oberschicht sicherlich abschrecken, ob das allerdings auch bei Truchsess Bran funktionierte, wagte Morana zu bezweifeln.

„Ein Gespenst?“, fragte Morana trotz allem mit betonter Höflichkeit und neigte nachdenklich ihren Kopf, während sie aus den Augenwinkeln wieder die Bewegung über ihr vernahm. Verdammt, Fenris! Nun hol sie doch endlich hier heraus. Sie hatte keine Lust sich mit sich langweilenden Damen herumzuschlagen. Beim Erbauer, nichts war nerv tötender.

Die drei Freundinnen kicherten erneut und versteckten sich wie als Schutz hinter ihren Fächern und tuschelten kurz miteinander, dann trat die Anführerin vor. Ihr langes, kunstvoll geflochtenes Haar wippte bei jeder Bewegung mit und einige gelöste Strähnen um flatterten ihr schlankes Gesicht.

„Dieses Gespenst…“

„Nicht, Yasminda!“, rief die zweite Schwarzhaarige, deren Haar aber nicht halb so geschmeidig wie das der Ersten war. „Sag es ihr nicht, dann holt es sie vielleicht noch. Das wäre doch aufregend.“

Morana hätte am liebsten etwas Bissiges erwidert, doch sie schluckte es herunter und schaute nur gespielt geschockt.

„Nein, Nadja, das gehört sich nicht.“, fuhr Yasminda sie ruppig an und warf der Schwarzhaarigen einen vernichtenden Blick zu, welche sofort schützend die Schultern hochzog und sich hinter der Blonden versteckte.

Morana hatte es gewusst. Gelangweilte Töchter aus reichem Hause. Etwas Schlimmeres konnte es nicht geben. Himmel noch eins, bald würde sie die Flucht ergreifen. Sie ertrug es einfach nicht mehr. Sollte sich Fenris seine Salbe doch sonst wohin stecken. War ihr auch egal, aber sie hatte keinen Nerv sich mit den Gören herumzuärgern.

Argwöhnisch blickte Morana zu Yasminda, welche sie aus dunklen, ebenholzfarbenen Augen ansah. Yasminda war ein exotischer Name und auch ihre dunkle Haut schien nicht von hier zu stammen. Woher sie wohl kam? Sie war weder Fereldnisch, noch aus Kirkwall.

„Also das Gerücht besagt, dass das Gespenst immer um Mitternacht heraus kommt. Seine Haut leuchtet im Dunklen und es flucht. Jeder, der sich seinem Anwesen oder gar ihm nähert wird verschleppt und verflucht.“, erklärte Yasminda im besten Geschichtenerzählerton, während sie ihren Zeigefinger hob. Morana hingegen wurde von ihrer Warnung nicht in Bann gezogen sondern musste nun wirklich loslachen. Prustend brach das Lachen aus ihr heraus. Oh, Aveline! Wie herrlich diese Beschreibung passte. Dafür würde sie dem Hauptmann ein Bier spendieren. Wirklich köstlich. Oder war es doch Varric gewesen? Ach, sicher beide zusammen.

Irritiert sahen die drei Mädchen die sich vor Lachen krümmende Hawke an und schienen sich zu fragen, warum diese denn nicht von der Geschichte erschrocken war. Morana hingegen jappste nach Luft und erholte sich langsam wieder. Sie richtete sich auf und strich eine zerzauste Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Warum lachst du, fereldnische Bäuerin? Die Geschichte ist…“, setzte die törichte Nadja an, doch Morana zuckte bei ihrer Anrede und warf dem arroganten Mädchen einen zornigen Blick zu.

„Fereldnische Bäuerin?“, zischte Morana bedrohlich und ihr Körper begab sich unbewusst in Kampfstellung. Nadja quiekte entsetzt und verstecke sich hinter Yasminda, welche Hawke genau beobachtete, doch diese schnaubte nur erbost. Was erlaubten diese Schnäpfen von Kirkwall eigentlich ihre Heimat zu verunglimpfen? Was bildeten sie sich eigentlich ein?

„Jetzt hört mir mal zu, ihr dummen Mädchen.“ Sie hatte keine Lust mehr auf das Spiel und erst Recht keine Lust sich weiter beschimpfen zu lassen. All der Frust und die Wut der letzten Woche stauten sich in ihr zusammen und weckten in Morana einfach das Bedürfnis die Mädchen bloßzustellen. „Was da drin wohnt…“-sie deutete auf das Fenster hinauf-„ist…“

Weiter kam Morana jedoch nicht, denn wie von Geisterhand öffnete sich lautlos die Tür hinter ihr und eine Hand griff nach ihrer Schulter und zog sie ruckartig in das Haus. Die Mädchen kreischten vor Entsetzen auf und rannten in heller Panik auseinander, während sie „Geist, Geist, der Geist!“, riefen.

Morana hingegen krachte gegen die Wand des Eingangsbereichs und spürte einen starken Druck an ihrer Schulter. Sie stöhnte kurz und blickte dann auf. Vor ihr funkelten die vor Zorn lodernden, grünen Augen von Fenris, der sein Gesicht zu einer hässlichen Maske verzogen hatte.

„Bist du verrückt, Hawke?“, heischte er sie an und seine Hand bohrte sich noch tiefer in ihre Schulter.

„Fenris, lass mich los!“, sagte Morana warnend und bleckte leicht die Zähne. All ihre Wut brodelte nun gefährlich in ihrem Inneren. All der Frust des Umherscheuchens und der Hoffnungslosigkeit dieser chaotischen Stadt hatten sie zermürbt und für Fenris Paranoia hatte sie nun wirklich nicht die Geduld.

„DU wolltest mich verraten.“, erwiderte Fenris scharf und seine Augen verschmälerten sich zu gefährlichen Schlitzen. Morana versteifte den Nacken und beugte sich vor, sodass sich ihre Gesichter ganz nah waren und sie den Atem des jeweils anderen auf ihrer Haut spüren konnten.

„Du bist paranoid!“, knurrte Morana erbost zurück und zischte, als sich die Fingerkrallen von Fenris in ihre Haut bohrten und einen dumpfen Schmerz hinterließen. Ihre blaue Augen bohrten sich in die Fenris‘ und all die Wut die sich in ihr angestaut hatte überspülte sie. Fenris knurrte wütend und er fletschte seine Zähne.

„Bin ich nicht! Ich bin nur…“

„Und ob du das bist! Wir sind nicht alle Spione der Magistraten, Fenris.“, widersprach sie ihm harsch und riss seine Hand grob von ihrer Schulter.

„Das weiß man nie.“, knurrte Fenris und tiefe Zornfalten gruben sich in sein Gesicht. Morana warf ihm nur einen verachtenden Blick zu und wandte sich ab.

Wütend stapfend ließ sie Fenris stehen und ging in den Raum den er als Wohnort nutzte. Spinnweben hingen in den Ecken der Decke und eine umgeworfene Bank lag rechts von ihr. Insgesamt war dieses Zimmer alles andere als ordentlich. Vielleicht weil es in Fenris Inneren auch alles andere als geordnet war. Immer war der Elf aufgewühlt, das konnte Morana spüren. Dennoch konnte sie es nicht glauben, dass er noch immer glaubte, sie würde ihn verraten. Das traf sie hart, denn ihre Freunde waren das Wichtigste für die junge Kriegerin.

Fenris kam ihr nach und blieb in dem Türrahmen stehen. Morana spürte es in ihrem Rücken und sie schnaubte auf Grund dessen. Er schnitt ihr die Flucht ab und das verärgerte Morana sehr.

„Was willst du hier, Hawke?“

„Was für eine freundliche Begrüßung. Fast so nett wie die eben, als du mir ins Fleisch geschnitten hast.“, keifte sie ihn an. Siedend heiße Wut ließ schwarze Sterne vor ihren Augen tanzen und all die Ungerechtigkeiten, Frust und Wut entluden sich nun auf Fenris. Es war ihr egal, dass es nicht richtig und nicht fair war. Fenris hatte das Pech zum falschen Zeitpunkt ihr dumm zu kommen.

Fenris blieb mit verschränkten Armen vor ihr stehen und betrachtete sie nur abschätzig, sagte jedoch nichts, was in dieser Situation wohl angebracht war.

„Hawke, beruhige dich...“

„Mich beruhigen? Mich beruhigen?“, fuhr Morana ihn an und drehte sich blitzschnell um. Blitze schienen aus ihren Augen zu sprühen, als sie Fenris Blick durchbohrte. Fenris zog nachdenklich eine Augenbraue hoch und lehnte sich gegen die geschieferte Wand des Anwesens, während er sich bemühte, Morana nicht zu nahkommen zu lassen.

„Was ist los mit dir?“

„Das sollte ich ja wohl dich fragen.“, schrie die Kriegerin ihn an. Schwer atmend stand sie vor ihm und durchdrang seinen Blick. Langsam, stoßweise hob sich die Brust unter ihrem dicken Stoffwams und eisig strahlten ihre blauen Augen.

„Ich weiß nicht...“, setzte der Elf an, doch Morana unterbrach ihm mit einem wütenden Schnauben.

„Wer von uns beiden hat sich denn die letzte Woche verkrochen, geht jedem aus dem Weg und lässt Niemanden rein? Was beim Erbauer ist los mit DIR?“ Entsetzt blickte Fenris sie an und schlug nun die Augen wieder. Morana war nun verwundert und ihre Wut verrauchte ein wenig. Fenris Reaktion nahm ihr den Wind aus den Segeln. Sie hätte gedacht, dass er wütend würde, dass er sie anschreien würde, doch stattdessen schien er sich ertappt zu fühlen.

„Ich...musste nachdenken...“, seufzte Fenris schließlich und fuhr sich müde seine Augen.

„Du bist vor uns geflohen.“, sagte Morana nüchtern und verschränkte nun ebenfalls die Arme vor der Brust. Der Elf blieb stehen, als er ihre abwesende Haltung bemerkte. Überraschte, tiefgrüne Augen sahen sie an, doch Moranas Blick blieb hart.

„Das kann man so nicht sagen...“

„Red es dir nur weiter ein, Fenris. Ist mir egal. Du solltest nur in deiner dunklen Welt auch mal an andere denken und nicht nur an dich.“ Moranas Stimme war ruhig, doch ihre Körperhaltung verriet, dass sie kurz vorm Explodieren war. Ihr Körper bebte vor versteckter, lange unterdrückter Wut und sie knirschte unbewusst mit den Zähnen. So lange hatte Morana all ihre Wut heruntergeschluckt und immer die diplomatische, freundliche Frau gegeben, als dass sie es länger unterdrücken konnte. All der Hohn, all der Spott hatten sich tief in ihre Seele gebrannt und schmerzende Narben hinterlassen. Sie verstand nicht warum Fenris sich auf einmal von ihr fernhielt, warum er sie mied und es kam ihr einem Verrat gleich. Morana hatte ihr Leben für ihn in den Tiefen Wegen riskiert und als Dank hatte er Niemanden mehr in seine Nähe gelassen.

Fenris runzelte nachdenklich die Stirn und neigte seinen Kopf. Sein Haar glomm im Licht des Vollmondes, welches durch das einzige Fenster des Raumes fiel.

„Wann hat jemals einer an mich gedacht?“, sagte Fenris unwirsch und warf ihr einen wütenden Blick zu.

„Ja, ja. Schreckliches Ritual, große Schmerzen, Demütigung und Sklaverei, hab ich schon beim ersten Mal verstanden, Fenris. Du musst das nicht weiter ausbauen.“, erwiderte Morana genervt und wedelte mit der Hand als wollte sie die lästigen Worte vertreiben. Der Elf knurrte und versteifte drohend seinen Nacken. Zornig funkelten die grünen Augen Morana an, doch diese beachtete es nicht weiter.

Morana betrachtete Fenris abschätzend und rollte nur genervt mit den Augen. Nun kam die Masche wieder. Kaum trieb man den Wolf in die Enge, zeigte er seine Zähne. Darauf verspürte sie nun wirklich nicht die geringste Lust.

„Wenn du aufgehört hast das verletzte Schaf zu spielen, dann komm ich wieder.“, sagte Morana genervt und drehte sich ab, doch noch bevor sie einen Schritt hätte tun können, hatte Fenris sie am Arm gepackt. Seine Hand schloss sich schmerzhaft fest erneut um ihre verletzte Schulter und schnitt ihr das Blut ab. Morana zischte und kniff die Augen zusammen. Ihr Kopf drehte sich zu Fenris herum und sie blickte in grüne Augen in denen unterdrückte Wut brannte. Sein Atem kam stoßweiße und strich über ihre Haut. Morana schüttelte sich, allerdings vor Unwohlsein.

„Ich sag es noch einmal, Fenris. Lass mich los!“, knurrte sie ihn an.

„Warum bist du hergekommen?“, presste der Elf zwischen seinen Zähnen hervor und unterdrückte nur mit aller Not ein weiteres Knurren. „Bloß um mich zu beleidigen und mich zu demütigen? Dann habe ich dich falsch eingeschätzt, Hawke. Ich dachte du wärest anders.“ Fenris Stimme war hart, doch Morana glaubte weit versteckt Enttäuschung zu hören. Sie seufzte und die Glut ihrer Wut kühlte sich ein wenig ab, brodelte allerdings noch bedrohlich unter der Oberfläche.

„Ich wollte eigentlich nach dir sehen, aber nach der freundlichen Begrüßung...“- Moranas Stimme triefte vor Sarkasmus, als sie den Satz sprach.- „...und der Bezichtigung als Verräterin war es ziemlich schwierig freundlich zu bleiben. Das verstehst du doch.“ Züngelnde, übertriebene Sanftmut ließen Fenris erschaudern und zurückweichen.

„Aber...“

„Fenris...“ Morana seufzte und versuchte das Kochen in ihrem Magen zu vertreiben, welches sie so aufwühlte. „Sensibilität ist nicht wirklich seine Stärke. Pass mit deinen Worten bitte auf. Ich will keinen Streit, aber du provozierst ihn geradezu.“ Müde massierte Morana sich ihre Schläfen und versuchte das Pochen ihres Pulses hinter ihnen zu vertreiben. Etwas stimmte nicht. Sie war noch nie so gereizt gewesen. Und was waren das für Kopfschmerzen? Wieso brodelte die Wut so stark in ihr? Und warum pochte es plötzlich in ihrer Schulter? Fast schien es, als würde ihr Herz nun in der verletzten Schulter schlagen. Morana fragte sich, ob all die Last und der Druck ihrer Aufgabe sie zu zerdrücken drohte.

„Hawke?“ Fenris Stimme klang besorgt, blieb aber dennoch misstrauisch.

„E...es geht gleich wieder.“, sagte sie und ließ sich auf die Bank fallen. Mit einem Mal fühlte sie sich kraftlos und zittrig. Ihr Körper schüttelte sich, während sie sich über die Arme rieb und die alles erstickende Kälte zu vertreiben.

„Du bist blass...“, stellte Fenris fest und kniete sich vor ihr hin. „Wann hast du das letzte Mal geruht, nachdem wir zurückgekehrt sind?“

„Die ganze Woche...Anders hat mir Bettruhe angeordnet...“ Fenris sah sie kurz misstrauisch an, schwieg aber und schüttelte bloß den Kopf.

„Ich rede nicht von Bettruhe, Hawke, sondern von Schlaf.“ Hawke erstarrte und starrte dann zu Boden. Schlaf....richtig geschlafen. Hatte sie das jemals? Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie sich das letzte Mal ausgeruht gefühlt hatte. Das letzte Mal...war in Lothering gewesen. Bevor die ganze Misere hier in Kirkwall begonnen hatte. Doch seit jener Nacht, in der die Zwillinge geboren worden waren, hatte Morana immer damit rechnen müssen nachts Templer gegenüber stehen zu müssen oder zu fliehen. Richtig tief, alle Sorgen verschlingenden Schlaf hatte Morana also lange nicht mehr genossen.

Plötzlich durchfuhr ein glühender Schmerz und ihr Körper verkrampfte sich vor der inneren Pein.

„Hawke? Hawke!“, rief Fenris aus und packte sie an der Schulter. Ein Schmerz aus glühender Wut durchfuhr ihren Körper wie ein Blitz und sie zuckte zusammen. Ihre Schulter begann zu Pochen und Übelkeit übermannte sie. Kalter Schweiß rann ihren Rücken hinab und ließ sie frösteln. Fenris Haus war nicht besonders gut isoliert und es zog durch kleine Löcher im Zement der Backsteinwände.

„Hawke! Was ist mit dir?“, rief Fenris besorgt und stützte sie, als sie zu umzukippen drohte.

„Mei...meine Schulter... sie tut so weh.“ Morana krampfte verzweifelt ihre Hand in den Oberarm um einen Gegenschmerz zu erzeugen. Ihr Körper wand sich unter den siedenden Schmerzen, die sie zu verschlingen drohten. Eisige Schauer liefen ihren Rücken hinab und ihr Blut fühlte sich nun an, als würde es kochen. Fahrig versuchte Morana den Stoff ihres Wamses zu greifen um ihn von ihrer Schulter zu bekommen, doch sie schaffte es nicht ihn zu greifen. Fenris Hände kamen ihr zu Hilfe und zogen ihr den Stoff weg. Fenris erstarrte, als er erkannte, was geschah.

Dunkle, unheilvolle schwarze Linien breiteten sich von ihrer Schulter aus und umschlangen ihren gesamten Körper in einer grausamen Umarmung. Es schien als würde ihr Blut von Finsternis durchtränkt werden und unheilvolle Runen auf die bleiche Haut zeichnen. Fenris versuchte eine Linie zu berühren, doch die Wege der dunklen Magie pulsierten warnend und ließen Morana vor Schmerz aufschreien. Erst jetzt wurde Fenris bewusst, dass er eventuell daran schuld war. Er hatte Morana an ihrer verletzten Schulter gepackt und sich nicht um ihre Verletzung geschert. Vermutlich hatte der Blutmagier diesen Moment genutzt um die Kontrolle ihres Blutes an sich zu nehmen. Er wusste genau, dass es Blutmagie war. Zu oft hatte er solche Magie mit ansehen müssen, als er Danarius gedient hatte um nicht zu wissen, was hier geschah. Jemand wollte sich Hawke bemächtigen.

„Das war sicher dieser Magier...“, knurrte Fenris wütend und bleckte instinktiv seine Zähne.

„Nein...es ist nicht...Anders‘ Schuld...“, sagte Morana heiser. Mit aller Kraft sah sie zu ihm auf. Ihr Blick war dumpf, von Schmerzen verspiegelt und große Schweißperlen rannen von ihrer Stirn.

„Wie kannst du ihn jetzt noch verteidigen? Wo der Magier dir doch...“

„Er...war es nicht...“ Ihre Stimme war matt. Bald würde sie jegliche Kraft verlieren. Die dumpfe Schwärze der Ohnmacht breitete sich wie eine wohltuende Decke über das Feuer ihrer Schmerzen aus. Mit all ihrer Kraft kämpfte sie dagegen an und versuchte mit allen Mitteln wach zu bleiben, doch es war schwer etwas Wohltuendes aufzugeben um etwas Quälendes zu behalten.

„Er hat doch...“ Mit zitternden Händen griff sie in ihre Ledertasche und holte die Salbe heraus. Vorsichtig, als wäre es eine heilige Gabe, bot sie Fenris die Phiole dar, ein schwaches Lächeln auf den Lippen. Dieser sah sie irritiert an und seine großen Augen blinzelten schnell.

„Was ist das?“, fragte er und betrachtete die giftgrüne Flüssigkeit skeptisch.

„Anders‘...Salbe...für dich...“ Moranas Stimme brach beinahe und ein starker Hustenanfall durchschüttelten ihren Körper. Blut quoll nun unentwegt aus ihrem Mund. Es war zäher, dunkler als normal. Es sah aus, als würde ihr Blut nun aus Schlamm bestehen. Langsam fielen dicke, träge Tropfen auf die schlichte Holzbank.

„Hawke...“ Fenris Augen zitterten.

„Ich...wollte sie dir...bringen...“, hauchte Morana leise, doch ihre Hände zitterten zu sehr und die Phiole fiel klirrend zu Boden und zerbrach in tausend Einzelteile.

„Das...war wohl nichts...“, lächelte sie matt. Die junge Kriegerin zuckte unter einer erneuten Welle des Schmerzes zusammen. Ihre Augen zuckten ruhelos hinter ihren Lidern und ihr Körper sackte kraftlos gegen Fenris. Glühend heißes Blut raste durch ihre Adern, ließ ihren gesamten Körper in Flammen stehen. Sie schrie auf, als sie eine dumpfe Stimme in ihrem Kopf vernahm, die ihre Worte wie glühende Nägel hinter ihre Augen trieben.

Widersetze dich mir nicht. So kannst du dein Leid verkürzen. Dies ist deine Bestrafung. Dein Schicksal ist besiegelt, Morana Hawke. Ich werde dich töten.

Die Male auf ihren Körper verdichteten sich, zuckten und wirbelten herum wie ein Mahlstrom, der alles zu verschlingen drohte.

„Hawke! Sag doch so was nicht.“, fuhr er sie an, doch seine Stimme verließ ihn auf der Hälfte des Weges. Seine Hände krallten sich zitternd in ihrem Arm. Verzweifelt sahen seine grünen Augen sie an. Vergessen war alles was vorgefallen war. Er wollte ihr helfen, doch wie? Sein Fluch konnte nur zerstören, nicht heilen. Er konnte sie nicht erlösen. Morana Körper zitterte in seinen Armen, verkrampfte sich unter jedem Blitz des Schmerzes und ihre Haut war mittlerweile so weiß wie der Schnee, der nun fiel. Bibbernd sah sie zu ihm auf und ihre Augen waren nun von dem inneren Kampf zerbrochen. Ihr Körper und Geist gaben auf. Ihre Kraft war ausgeschöpft und die Wellen des Feuers zu stark, als dass sie noch länger widerstehen könnte. Es tat ihr alles Leid. Sie wollte Niemand, der ihr Nahe stand Kummer bereiten, doch sie konnte nicht mehr. Alles vor ihren Augen wurde schwarz und plötzlich hatte Morana das Gefühl zu schweben. Alles wurde leicht und ihre Sinne schwanden. Nun würde sie endlich schlafen...
 

Fenris blickte sich hilflos in dem Zimmer um. Den ohnmächtigen Körper seiner Freundin lag kalt und leblos in seinen Armen und er konnte nichts dagegen tun. Er hatte nicht die Macht gegen Magier etwas auszurichten. Welcher Magier würde so etwas tun? Die Antwort war aus seinem Blick nicht schwer. Einfach jeder Magier, wenn das Angebot des Dämons nur zu verlockend genug war.

Seine Zähne knirschten, als er ihr verzweifelt durchs Haar strich. Nun hatte die Magie ihm noch mehr genommen, als zuvor. Er spürte ihr Herz noch schwach an seiner Haut, doch sein Schlag war zu langsam um sie am Leben zu halten. Was konnte er nur tun? Sie durfte nicht sterben. Aber sie müssten den Blutmagier finden um den Fluch zu brechen oder ein anderer Magier müsste ihn durchbrechen. Doch wie sollten sie das anstellen? Selbst wenn er direkt losging und sich nicht um das Aufsehen scheren würde, so würde Fenris doch niemals rechtzeitig bei diesem Magier in der Tiefstadt ankommen. Wütend verkrampfte Fenris seine Hand bis sein eigenes Blut aus seiner Handfläche tropfte. Er betrachtete die tiefrote Flüssigkeit, wie sie aus seiner Hand quoll und sah dann zu Hawke hinab. Leicht wehte ihr schwacher Atem über seine Haut und Fenris versuchte es ihr so bequem wie möglich zu machen. Wut und Trauer brandeten in seinen Körper, wurden zu einem Strudel aus unauslöschbaren Emotionen, der ihn in ein Loch zogen.

Da sollte ihm noch einmal Jemand sagen, dass Magier Schutz bedürften. In ihren Träumen vielleicht, aber wenn sie zu solchen Mitteln griffen, dann verspürte Fenris auch keinerlei Mitgefühl für sie. Hawke schien es besessen zu haben, doch er wusste es besser. Er hatte in Tevinther gesehen, was geschah, wenn man den Magiern freie Hand ließ. Sie rissen die Macht an sich und unterwarfen selbst ihres Gleichen nur um ihre Macht zu stärken. Fenris schüttelte den Kopf. Nein, solche Wesen verdienten Skepsis im besten Falle. Sicherlich, es gab Magier wie Hawkes Schwester, die durchaus annehmbar waren, doch selbst die gutmütige Bethany war stets der Gefahr der Versuchung erlegen, obwohl Fenris ihr zugestand stärker zu sein, als die meisten ihrer Art. Vielleicht war das der Grund, warum Hawke den Magiern vertraute, da sie niemals gesehen hatte, wozu sie wirklich in der Lage waren um ihre Position zu verbessern. Sie kannte nur ihre Schwester und sah, dass die Magier dagegen trotzten. Dass sie ausgerechnet nun selbst der Machtgier eines Blutmagiers zu Opfer fiel, schmerzte Fenris. Lieber hätte er sie in dem Glauben an die Güte gelassen, auch wenn er es besser wusste, doch nun war es eh zu spät und somit auch für ihn an der Zeit zu gehen. Seine Schuld würde diese Nacht enden und ohne Hawke würde sich Niemand mehr hier in Kirkwall um sie scheren. Er war nicht so naiv zu glauben, dass sich irgendein weiterer Gefährte um ihn kümmern würden- selbst Aveline und Varric nicht. Sie taten es bloß aus Wohlwollen Hawke gegenüber- nicht für ihn. Das wusste er. In dieser Stadt überlebte nur die Zweckgemeinschaft und seine war nun gekappt. Durch die Magie. Zu Schade, er begann allmählich sich sogar fast einzugewöhnen.

„Es tut mir leid, Hawke...aber du siehst nun wozu die Magie in der Lage ist. Es ist traurig, dass du es auf diese Art erfahren musst.“, sagte er leise und blickte dem sanften, friedlichen Schneetreiben vor seinem Fenster zu.

„Du...sollst doch so was...nicht sagen, Fenris.“ Der Tevinther Elf fuhr erschrocken zusammen, als er Hawkes schwache Stimme an seiner Schulter vernahm.

„Hawke? Wie?“, sagte er irritiert.

„Uuuh...nicht so laut...“, stöhnte Morana und rappelte sich langsam auf. Sie war gerade wieder aus dem Dunklen erwacht und hatte somit Fenris Satz noch gehört. Der Schmerz in ihrem Körper war mittlerweile abgeebbt und bloß ein dumpfes Pochen in dem Knotenpunkt ihrer Schulter war geblieben. Ihr Kopf pochte noch laut, doch es war nicht mehr dieser brennende Schmerz der Kontrolle, sondern eine schlichte Migräne. Kurz hielt die Kriegerin der Atem an, wartete auf eine erneute Welle, doch sie blieb aus. Erleichtert atmete sie aus.

„Was ist geschehen...?“

„Es war bloß eine Warnung...als er mich übernahm...habe ich kurz eine Verbindung zu ihm gehabt... ich solle mich...nicht weiter einmischen... Er sagte zwar, er wolle mich töten, aber ich konnte spüren, dass es nicht seine Intention war. Er wollte mir Angst...machen...“, hauchte sie erschöpft. „Nun war das Blut, was er als Medium...verwendete erschöpft...und er konnte mich in der Starre...nicht mehr halten.“

„Aber wer hat das getan?“, frage Fenris besorgt und sah sie an.

„Keine...Ahnung...ich bin schon so vielen in die Quere gekommen...da erinnere ich mich nicht mehr an Jeden, Fenris.“ Plötzlich schwanden ihre Kräfte und sie sackte auf seine Schulter. Sofort waren Fenris Hände da und halfen ihr sich wieder aufzurichten.

„Wir müssen ihn finden...vorher bist du nicht befreit.“

„Ich weiß...“, keuchte Morana und schloss erschöpft die Augen. Bleierne Müdigkeit war von ihrem Kampf gegen den Magier geblieben und sie fühlte sich nun unendlich erschöpft. Ihre Lider fielen immer wieder zu und ihr Kopf sackte immer wieder auf ihre Brust.

Fenris blickte sie nachdenklich an und seufzte.

„Wir müssen ihn finden...aber komm...du solltest dich erst einmal ausruhen.“ Vorsichtig griff Fenris unter ihre Arme und hob sie auf die Beine. Die Welt vor Moranas Augen begann sich augenblicklich zu drehen. Übelkeit brach aus ihrem Magen hervor, doch sie erbrach sich nicht, sondern schwankte bloß. Taumelnd krachte sie gegen die Seite von Fenris und krallte sich in seine lederne Rüstung. Hilfsbereit schlang der Elf einen Arm um ihre Hüfte und führte sie zu seinem Bett. Langsam legte sie sich hin und kauerte sich unter die warme Decke.

„Wo...wirst du schlafen?“

„Das Anwesen ist groß genug.“ Fenris zuckte mit den Schultern. „Es gibt genug Möglichkeiten.“

„Fenris...“, murmelte Morana schlaftrunken. „Danke...“

„Schon in Ordnung...“, seufzte er und rang sich zu einem kleinen Lächeln durch. „Schlaf gut.“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer und losch das Licht, doch Hawke war bereits eingeschlafen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  greymouse
2012-06-18T14:21:31+00:00 18.06.2012 16:21
Soso, da haben die Figuren also angefangen ein Eigenleben zu entwickeln. Bin gespannt wie du das weiterführen und auflösen wirst. Lass es aber bitte nicht in Rot-Grün-Blau enden ;)

Eines deiner bessten Kapitel bisher. Hast du fein gemacht *Keks geb*. Siehst du? Ich kann nicht nur böse sein ;3

Harte Kritik gibt es wieder, wenn mich die Probleme im Text anspringen. Die geben dann so wunderbare Beispiele ab. =P
wir können auch gerne via chatt ausführlicher darüber diskutieren.
Von:  Chibara-sama
2012-06-14T01:07:00+00:00 14.06.2012 03:07
Ein Geist! Ein Geist! XD ich kann mich nur anschließen, diese Aufgeblasenen Puten waren der Hammer. Klingt ganz nach Varrics Gerüchteküche^^.

Fenris und Anders sind als Team irgenwas zwischen unschlagbar und unerträglich. Wenn die sich mal einig sind, fress ich nen Besen. Man ist stets versucht einen von beiden zuhause zu lassen...

So so, Blutmagie... das liebt Fenris ja besonders. (Man muss ja nur Magierin sein, um ständig sein Genörgel in den Ohren zu haben... grummel, grummel.) Am Anfang habe ich gedacht, die Verderbnis hätte Hawk erwischt, wie das mit dem jeweiligen Geschwisterchen passiert, wenn man sie in die Tiefen Wege mitnimmt. Aber wenn es nur Magie ist... hau drauf Fenris!^^

Die Beschreibungen sind herrlich lebhaft, die Bilder entstehen wie von selbst, kleine Fehler in Zeichensetzung und Co. fressen da kein Brot.

Ich freue mich schon auf die Fortsetzung, ich will nämlich auch wissen, wer der Magier ist, obwohl mich das schon so ein Verdacht beschleicht. Also wieder warten^^
Liebe Grüße von einem weiteren ungeduldigen Drängler,
Chibara

Von: abgemeldet
2012-06-05T16:58:33+00:00 05.06.2012 18:58
Alsoooo, ich muss sagen, dass dieshier bis jetzt mein absolutes lieblings chap ist! XDDDD an so manchen Stellen musst ich mich einfach soooo weglachen XD
Die drei eingebildeten Damen waren einfach zu köstlich XDDD
Und das Gerücht über den "Geist" looool
Varric und Aveline = Unschlagbar XDDDDDD

Und die Auseinandersetzung zwischen Hawke und Fenris war auch supi beschrieben!
Als es Hawke dann plötzlich so schlecht ging war ich megaaaaa überrascht! BLUTMAGIE?!?! An Hawke?! woah Ö.Ö
Geile Idee!
*unbedingt wissen muss wer der Magier ist* !!!
waaah ich will soooooooooooo megaaaaaaaaaa gern grad weiterlesen!!! T^T *ungeduldig bin*

Ach ja und als Fenris dachte Hawke wäre tot und er sie so im Arm hatte da war ich nur so "Aaaaaaaaawwwwww! <3"

mach weiter soooo!! *___*
Du bist toll! <3


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