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Schrei der verlorenen Kinder

von

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Engelschreck

Engelschreck
 

Die drei Jäger standen hinter der Absperrung und schauten über die Brücke zur immer noch hell erleuchteten Stadt. Am Horizont dämmerte der Morgen. Joe hielt den leblosen Körper von Mai in seinen Armen. Sein Gesicht war eine Maske aus Trauer und Schmerz. Auch die Gesichter seiner Mitstreiter, Stan und Robin, sahen nicht anders aus. Schweigend schienen sie auf etwas zu warten. Oder aber auch auf jemanden…
 

Das heilige Fegefeuer war erloschen. Zurück blieben unzählige leuchtende Seelen, die sich einander ansahen. Die ehemaligen verlorenen Kinder schienen das Geschehene nicht wirklich begreifen zu können. 16 ungläubige Gesichter sahen Mai an, doch diese hatte nur Augen für die alte, gramgebeugte Seele, die schwere Ketten trug. „Sehen sie sich an. Was hat ihnen der Pakt gebracht?“ Aus ihren Augen sprach eine Traurigkeit, die den Mann erstaunt aufblicken ließ. Dann senkte er kraftlos den Kopf. „Ich hab es nicht anders verdient. Ich war zu schwach, um meiner eigenen Gier zu widerstehen. Das, was ich eigentlich beherrschen wollte, habe ich zerstört. Und das, was ich schützen und leiten sollte, habe ich auf schändlichste Art verraten und betrogen. Ich verdiene keine andere Strafe als diese.“ Mai lächelte schwach. „Ich hoffe, sie können sich eines Tages selbst vergeben.“ Der alte Mann, der einst der Schuldirektor gewesen war, lächelte schwach. „Dies hoffe ich auch, kleine Chloe. Nein, große Mai, muss ich wohl eher sagen.“ Mit diesem schwachen Lächeln leuchtete er einmal kurz auf und verschwand. Mai blickte erstaunt auf die Stelle, an der er eben noch gewesen war.
 

„Er hat seinen Platz in den Höllenfeuern eingenommen, um zu büssen.“ erklärte eine sanfte, männliche Stimme hinter Mai. In ihrer geistigen Verfassung reichte ein Gedanke und sie hatte sich bereits umgedreht. Vor ihr stand Gavin, der seine Tochter Heather in seine Arme schloss. Diese strahlte überglücklich und war in Tränen ausgebrochen. „Papa! Ich bin so froh!“ Gavin lachte. „Ich wusste gar nicht, dass Geister weinen können.“ meinte er vergnügt. Mai sah sich um. Überall umarmten sich die Geister und lachten vergnügt. Hier und da blinzelten Freudentränen auf. Mai lächelte. „Es ist schön, dass es vorbei ist und alle wieder glücklich sind.“ murmelte sie mehr zu sich selbst. „Das ist dein Verdienst. Hättest du nicht so stark an das heilige Fegefeuer geglaubt, hätte der Dämon gewonnen.“ Gavin hatte sie gehört. Mai schüttelte den Kopf. „Ich hab nichts gemacht.“ meinte sie leicht verlegen. Gavin lachte. „Doch, sogar sehr viel. Normalerweise hätte das Fegefeuer den Dämon schon lange verbrennen müssen, doch er hat irgendwie eine Möglichkeit gefunden, es zu umgehen. Hättest du nicht so beharrlich an das Fegefeuer geglaubt, dann hätte es wohl niemals das Unrecht beseitigen können.“
 

Stille lag über das Städtchen, zu dem die drei Männer starrten. Mit einem Mal erfüllte ein dumpfes Grollen die Luft, welches sehr schnell anschwoll. Dem Grollen folgte ein Zittern der Erde, das schnell zu einem starken Erdbeben heranwuchs. Die Männer gingen zu Boden und legten sich flach hin. Die Erde hob und senkte sich unter der Stadt und es war ein Geräusch zu hören, dass an einen lang gezogenen Schrei erinnerte. Es dauerte, bis sich die Erde beruhigte. Die drei blieben noch etwas liegen, bevor sie sich langsam aufrichteten und den Staub von ihren Kleidern klopften. „Zum Glück haben wir Mai ins Auto gelegt, bevor…“ Stan stockte der Atem, als er über die Brücke zur Stadt sah. Auch Joe und Robin schauten schockiert hinüber. „Ich … fass … es … nicht…“ brachte Joe nach einigen schweigsamen Momenten heraus.
 

Noch immer lag eine große Staubwolke über dem Städtchen, doch konnte man schon schemenhaft erkennen, was passiert war. Das Städtchen, in dem sie vor kurzem noch gewesen waren, gab es nicht mehr. Der Boden hatte überall nachgeben und kein Haus, keine Mauer verschont. „Tja, das war ganze Arbeit.“ meinte eine fremde männliche Stimme hinter den dreien. Erschrocken drehten sie sich um. Ein Mann mittleren Alters stand neben dem Auto. Stan drehte den Kopf zur Seite, um zu verhindern, dass er laut loslachte. Robin und Joe sahen sich an. Ihre Mienen waren eine Mischung aus Unglaube und Belustigung. Der Mann hatte die Arme verschränkt und tippt ungeduldig mit dem Fuss. „Ja ja, lacht ihr nur…! Mit einem Engel kann man das ja machen.“ Seine Stimme klang leicht säuerlich. Stan blickte immer noch zur Seite. „Was denn? Wenn du ein Engel bist, warum… Warum um alles in der Welt kreuzt du hier in einem PINKEN Morgenmantel auf??? Willst du auf ein Treffen der Witzfiguren?“ Nun konnten sich auch Joe und Robin nicht mehr halten und lachten laut los. Stan lachte über seinen eigenen Witz am lautesten. Der Mann knirschte mit den Zähnen. „Natürlich! Aber ich bin schon da. Wie ich sehe, habt ihr es nicht geschafft, eure Freundin zu retten. Was seid ihr doch für Witzfiguren.“ Während er sprach, hatte er zum Auto gezeigt.
 

Nun begann er leicht zu schimmern. Mit einem Mal brach ein Paar Flügel aus seinem Rücken hervor. Auch die Kleidung veränderte sich. Der pinke Morgenmantel verschwand mit dem Schimmern und zurück blieb ein Gewand, welches an eine lange Robe erinnerte. Aus hellem Stoff war diese Robe und war mit goldenen Stickereien verziert. Die drei Jäger hatten inzwischen aufgehört zu lachen und blickten Zähne knirschend zu Boden. „Was denn? Warum auf einmal so ernst?“ Joe hob den Blick. „Warum bist du hier?“ „Ich wollte gucken, warum in meinem Gebiet das heilige Fegefeuer ausgebrochen ist.“ Stan blickte ihn empört an. „Gucken, warum das heilige Fegefeuer ausgebrochen ist? Hallo?! Mai hat diese Stadt und ihre Bewohner von einem schrecklichen Fluch befreit!!!“ Der Engel zuckte ungerührt mit den Schultern. „Kommt immer wieder mal vor, dass ein Jäger jemanden rettet und dabei draufgehen.“ Seine Stimme war von solcher Gleichgültigkeit, dass die Gesichter der drei rot vor Wut anliefen. „Hey, Mai war keine Jägerin! Sie hat sich für diese Stadt und die Menschen geopfert! Das einzige, was wir noch von ihr haben, ist ihr Körper.“ fuhr Joe den Engel wütend an. „Seid froh. So braucht ihr keinen leeren Sarg zu Grabe zu tragen.“ Stan verlor die Nerven. „Du Arsch! Ich töte dich!“ Er ging auf den Engel los, doch sowohl Joe, als auch Robin hielten ihn fest. „Nicht, Stan! Das bringt nichts! Beruhige dich!“ redete Joe auf ihn ein. Robin sprach kein Wort, doch ließ er Stan nicht los. Dieser beruhigte sich schnell wieder. Aufatmend ließen ihn seine Freunde los. „Schade. Es hat schon lange keiner mehr versucht, mich zu töten.“ grinste der Engel. „Verschwinde! Du wolltest gucken, warum das heilige Fegefeuer hier ausgebrochen ist. Bitte. Jetzt weißt du’s. Mai hat es irgendwie geschafft, diese Stadt zu retten. Also verpiss dich und hör auf uns noch weiter zu quälen.“ Joe sprach ruhig und beherrscht, doch sah man ihn an, dass er eigentlich mehr hatte sagen wollen. Der Engel zeigte sich ungerührt.
 

„Was denn? Kein Bitten und Betteln? Normalerweise fleht man mich an, den Verstorbenen zurückzuholen.“ Bevor Joe oder Stan etwas erwidern konnten, brach Robin sein Schweigen. „Warum sollten wir das tun? Sie hat ihre Schuldigkeit gegenüber Dir erfüllt. Du hast schon genug für sie getan. Also geht.“ Alle sahen ihn an und zum ersten Mal war der Engel sprachlos. „Wovon redest du da, Grünschnabel?“ Robin zuckte nur mit den Schultern. „Ist doch egal. Du weißt doch, Engel helfen nur, wenn es zu ihren Plänen passt. Mai hat ihre Rolle in einem dieser Pläne bereits erledigt. Sie ist nun nutzlos.“ Der Engel verzog beleidigt das Gesicht. „Das stimmt doch gar nicht! Eure Freundin war nie Teil irgendwelcher Pläne!“ Robin sah ihn nur skeptisch an. „Wirklich? Mai hat mir da etwas erzählt. Ist es nicht seltsam, dass ihre Schwester sie auf einmal hasst, obwohl sie sich so gut verstanden haben? Außerdem… Warum nennst du Mai nicht bei ihrem Namen? Etwa, weil du sie als Chloe kennst?“ Der Engel schluckte merklich.
 

Alle Seelen schwebten um Mai herum und bedankten sich bei ihr, bevor sie verschwanden. Am Ende standen noch Gavin mit Heather und Michael mit seiner Familie noch da. Mai sah sich suchend um. „Was ist los?“ fragte Gavin. Mai sah ihn traurig an. „Ich fragte mich gerade, was mit Hayley und Dina ist…“ Sie senkte den Kopf. Heather kam zu ihr und nahm ihr Hand. „Mach dir keine Gedanken. Alles wird gut.“ sagte sie mit einem Lächeln.
 

„Mai erzählte mir, dass Dina Stimmen hörte. Erst dachte ich, dass es seien die Stimmen der Dämonen, aber jetzt wird mir einiges klar. Sie hörte deine Stimme. Du hast ihr eingeredet, Mais Seele hätte die Seele des kleinen Bruders, der eigentlich hätte geboren werden sollen, verdrängt.“ Robin sah den Engel ernst an. Dieser schüttelte den Kopf. „Nein, wie kämen ich den dazu?“ Robin legte den Kopf ein wenig schief. „Das kann ich dir ganz einfach erklären. Chloe wurde vor 20 Jahren von ihrer Mutter getötet. Mai, die nachweislich Chloes Wiedergeburt ist, ist aber erst 15. Wo war sie die 5 bzw. 4 Jahre dann, wenn die Dämonen verzweifelt versucht haben, sie zurückzuholen? Ich sag es dir. Ihre Seele war in deiner Obhut. Du hast sie beschützt, damit sie ihre Aufgabe, die du ihr zugedacht hattest, erfüllen konnte. Aber du brauchtest nicht irgendeine Familie, in der Chloe wiedergeboren werden sollte. Es sollte eine sein, in der es ein starkes Medium gab, das dich hören konnte und das du manipulieren konntest, um der wiedergeborenen Chloe später den Dämonen auf den Hals zu hetzen. Damit er sie findet und sie damit ihre eigentliche Aufgabe erfüllen konnte. Sag mal, waren wir auch Teil deines Plans? Hast du uns zu Mais Unterstützung geholt?“
 

Der Engel ließ merklich den Kopf sinken. Stan und Joe starrten Robin mit offenem Mund an. „Nein, das alles war nicht mein Plan. Und ihr kamt gar nicht darin vor. Als ihr plötzlich auf der Bildfläche erschient, sah es so aus, als wäre alles umsonst gewesen. Aber ihr habt sie immer wieder gerettet und ihr ihren Weg gezeigt. Und jetzt hat sie es geschafft. Sie hat den Dämon besiegt und die Seelen können endlich in Frieden ruhen, bis sie wiedergeboren werden.“ Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Engels. Joe schaltete sich ein.
 

„Ach, nun da es vorbei ist, lässt du sie hier zurück? Nachdem sie soviel erdulden musste? Sie einfach für deine oder wessen auch immer Pläne missbrauchen und dann einfach so tun, als wäre es nie so gewesen? Ihr Engel seid so widerwärtig. Und ihr sollt Gottes Wort verkünden? Das ich nicht lache!“ In seinem Gesicht hatte sich wieder die Zornesröte ausgebreitet. Der Engel wich zurück. „Äh… Aber, aber… Immer mit der Ruhe. Ihr wisst doch, die Wege des Herren sind unergründlich…“ stammelte er. Stan grinste hämisch. „Soll ich dir was sagen, Engel?! Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild. Das heißt, wir alle sind nicht nur seine Kinder, wir sind auch wie er. All das, was wir sind, haben wir von ihm. Angefangen bei unseren Gedanken, bis hin zu unseren Taten, kann alles, was wir tun, auch sein Handeln sein. Denk mal darüber nach, wenn du das nächste Mal einen solchen Plan ausheckst oder ausführst. Jeder von uns könnte dein Gott sein.“ Die Kinnlade des Engels klappte nach unten und in seinem Gesicht spiegelte sich Erstaunen und Unglaube wider. „Das… das ist Gotteslästerung…“ meinte er. Stan zuckte die Schulter. „Könnte sein. Ja, und?! Es ist aber die Wahrheit und dieses Mal kannst du sie nicht verdrehen. Du hast Mai benutzt und zum Dank lässt du sie so im Stich. Oder sollte ich besser ihr sagen? Bist ja schließlich nicht der einzige Engel.“ „Das Gott, das einfach so gut heißt? Ich bin skeptisch. ICH heiße es nicht gut.“ schob Robin noch nach. „WIR sind darüber empört und wir müssen es als Ebenbilder Gottes ja wissen…“ Mit verschränkten Armen stand Joe da und sah den Engel herausfordernd an. Dieser hatte sich ganz klein gemacht. „Äh… Ich kann eure Wut verstehen, aber mir sind die Hände gebunden. Chloe befindet sich an einem Ort, wo meine Macht nicht hinreicht. Was aber nichts Schlechtes bedeutet.“ warf er schnell ein.
 

Mai war alleine. Gavin, Heather und Michael mit seiner Familie hatten sich bedankt und waren verschwunden. Nun schwebte Mai unsicher in der Dunkelheit. „Hayley!“ Sie sprach den Namen laut aus und mit einem Mal war sie an einem anderen Ort. Vor ihr bot sich ein Bild des Grauens. Überall schlugen die Flammen hoch und hatten alles verbrannt. Doch was Mai den Atem verschlagen ließ, war Hayley. Sie war wie im Klassenraum angekettet und unter ihr schlugen die Flammen hoch und verbrannten sie. Ihre Schreie hallten grell durch die Unendlichkeit der Hölle. Mai trieb dieser Anblick die Tränen in die Augen. „Hayley…“ Die angekettete Frau reagierte auf die Stimme des Mädchens. „Chloe..?!“ Sie blickte auf. Mai schüttelte den Kopf. „Nein, einst war ich sie, doch jetzt bin ich Mai. Bitte, Hayley! Vergib dir.“ Hayley schüttelte den Kopf. „Ich habe dich getötet. Ich habe gewaltsam dein Leben beendet.“ Mai lächelte und stand mit einem Mal genau vor Hayley. Die Flammen machten ihr nichts aus. Ganz im Gegenteil, sie wichen sogar vor Mai zurück. „Du hast Chloe gerettet. Sie hat dich dafür nie verurteilt. Jetzt bist du dran. Bitte.“ Mit diesen Worten umarmte sie die halbverbrannte Frau.
 

Mit einem Mal flüsterte Mai ihr ins Ohr: „Mama, bitte komm lach wieder! Ich mag dein Lachen so. Dann geht immer die Sonne auf.“ In Hayleys Augen sammelten sich Tränen. Mit einem Lächeln gab sie nach. „Meine kleine Chloe! Daran erinnerst du dich noch…“ Mai löste die Umarmung und wich zurück. Sie sah verwirrt aus. Währenddessen lösten sich die Ketten, die Hayley gefangen hielten. Auch die Flammen gingen zurück und erloschen ganz. Eine Kette nach der anderen fiel und Hayley wurde von einem Leuchten umgeben. Dann blickte sie auf. „Danke, Mai.“ sagte sie. Dann war sie verschwunden und auch die Umgebung veränderte sich wieder. Es herrschte wieder Dunkelheit. „Mai!“ Ein überraschter Ausruf ließ Mai erschrocken umdrehen. Vor ihr schwebte Dinas Seele. Ungläubig starrte diese ihre ältere Schwester an. „Dina… Was ist passiert?“ Dina lächelte. „Chloe hat durch dich zu ihrer Mutter gesprochen. Hayley ist endlich aus ihrer Flammenhölle befreit. Dank dir.“ Mai sah ihre Schwester an, doch im nächsten Moment überfiel sie Dina mit einer tränenreichen Umarmung. „Dina, bitte vergib mir! Ich hätte dich damals im Keller retten müssen! Es ist meine Schuld, dass du tot bist.“ Dina erwiderte die Umarmung mit einem warmen Lächeln. „Nein, es ist schon in Ordnung. Es war nicht deine Schuld. Aber es ist Zeit.“ Verwirrt löste Mai die Umarmung. „Wie meinst du das?“ Dina lachte vergnügt. „Typisch, kleine Mai. Versteht wie immer rein gar nichts. Aber du wirst es noch erfahren, keine Sorge. Jetzt aber schnell. Es gibt da welche, die sich riesig darüber freuen würden, dich in ihre Arme zu schließen.“ Mai verstand noch immer nicht, was ihre Schwester damit meinte. Doch diese lächelte nur und gab Mai einen Kuss auf die Stirn. „Ich hab dich lieb, kleine Schwester.“ flüsterte sie, als sie den Kuss löste. Bevor Mai reagieren konnte, fielen ihre Geisteraugen zu.
 

Schweigend saßen die drei Jäger im Auto und hingen ihren Gedanken nach, während Joe sein Auto steuerte. Stan saß neben ihm auf dem Beifahrersitz und Robin hintern auf der Rückbank, wobei er Mais Kopf auf seinem Schoss gebettet hatte. Traurig blickte er aus dem Fenster, doch seine Finger strichen gedankenverloren durch ihr Haar. Stan brach die Stille. „Mann, was sind wir für Trauerklötze. Wir haben zum ersten Mal in der Geschichte einen Engel fertig gemacht und jetzt sitzen wir hier und überlegen uns, wie wir Mais Eltern den Tod von zwei ihrer Töchter erklären. Das hätte uns dieser Geflügelheini ruhig abnehmen können.“ Robin nickte gedankenverloren. „Ja, das wäre kein schlechter Zug von ihm gewesen. Am schlimmsten finde ich allerdings den Gedanken, Mai zu beerdigen. Ich kannte sie zwar nur kurz, aber sie ist mir richtig ans Herz gewachsen.“ Stan konnte es mal wieder nicht lassen und setzte gleich einen nach. „Oh, unser Prinzchen hat sich verliebt. Tja, nur blöd, dass…“ „Stan!!“ unterbrach Joe ihn wirsch. Er versuchte seine Tränen schnell wegzublinzeln, doch Stan hatte sie bereits gesehen. „Entschuldigung!“ murmelte er und blickte hinaus zur vorbeiziehenden Landschaft. Mit einem Mal zuckte Robin zusammen und schrie vor Schreck kurz auf. Joe trat sofort auf die Bremse. Stan drehte sich mit seinem Revolver in der Hand um. Doch Robin hatte keine Augen für ihn. Er starrte mit großen Augen auf Mai. Dann ging alles ganz schnell. Bevor der Wagen richtig zum Stehen kam, war Mai mit einem verzweifelten Japsen hochgekommen. Robin packte ihren Oberkörper und klopfte ihr auf den Rücken. „Ganz ruhig, Mai! Atme ruhig. Keine Panik! Hörst du! Joe, Stan, schnell! Wir brauchen alles, was wärmt. Decken, Jacken, alles!“ Mai hatte sich inzwischen beruhigt, doch zitterte sie Espenlaub. Die Heizung im Wagen wurde voll aufgedreht und sämtliche Sachen der Männer dienten nun als Decke für die frierende Mai. Robin flösste ihr Wasser und warmen Tee ein, den Joe und Stan an einem kleinen Feuerchen warm gemacht hatten. Als es Mai besser ging und ihr Körper langsam, aber sicher wieder normale Temperatur annahm, fuhren sie weiter. Die Männer sahen müde und erschöpft aus, doch wirkten sie glücklich und befreit. Robin sah mit einem warmen Lächeln neben sich. Mai, die noch immer in Decken gehüllt war, hatte sich an ihn gelehnt und war eingeschlafen. Dann drehte er den Kopf und blickte aus dem Fenster. Stan sprach aus, was sie alle zu denken schienen: „Danke, Gott. Du hast was gut bei uns.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-11-15T17:26:18+00:00 15.11.2011 18:26
Mir gefällt es^^. So schön^^.


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