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Adventskalender 2011

Eine Kurzgeschichtensammlung
von

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Türchen 21 - Des Winters Herz

Ich erinnere mich, als sei es gestern gewesen. Der Winter in den Bergen war sehr streng in jenem Jahr. Meine beste Freundin Eva und ich, mussten uns durch meterhohe Schneewehen von einem Hof zum anderen kämpfen, um uns zu treffen. Wir waren beide in den frühen Zwanzigern und teilten nicht nur viele Interessen, sondern auch das Leben abseits der Stadt auf einem Bergbauernhof.

Wie jeden Winter stand der Adventstanz auf der Maier-Alm statt. Ein Fest der Jugend, bei dem sich die jungen Leute der Umgebung zum trinken und feiern trafen und so manche Bande geschlossen wurden. Auch Eva und ich waren auf dem Weg dorthin. Dick eingepackt in mehrere Schichten Kleidung und dicken Strumpfhosen unter den Röcken, stapften wir auf die mit Fackeln erleuchtete Lichtung im Wäldchen, das zu Meier-Alm gehörte. Lautes Lachen und Stimmengewirr empfing uns schon von weitem, sowie der Duft von gebratenem Fleisch und Glühwein. Eine Musikgruppe spielte eine flotte Melodie zu der sich einige Paare ausgelassen drehten, die Wangen rot vor Kälte und Freude. Wir gesellten uns dazu und verbrachten einige kurzweilige Stunden mit Freunden und Bekannten. Hier kannte man ohnehin fast jedes Gesicht, denn allzu viele junge Leute gab es dort oben auch nicht.

Es muss gegen Mitternacht gewesen sein, als die Fackeln langsam verlöschten und nur noch geheimnisvolles Licht verbreiteten. In Evas schwarzem Haar glitzerte feiner Puderschnee und langsam begann uns zu frösteln. Ein schon ziemlich angeheiterter junger Mann kündigte den letzten Tanz an, doch ich wollte meinen Füßen etwas Ruhe gönnen und stellte mich näher ans Feuer. Da kam ein großer, schlanker Mann auf Eva zu. Er lächelte freundlich, aber ich sah den Frost in seinen hellen Augen. Sein schwarzes Haar lag seidig über seinen Schultern und mir fiel auf wie elegant er gekleidet war. Der dunkelblaue Mantel war mit silbernen Spangen besetzt und mit Stickereien an den Ärmeln verziert. Zu meinem Erstaunen griff Eva nach der ihr angebotenen Hand. So tanzte sie mit dem Fremden im Schnee bis der letzte Ton der Musik verklang. Danach verließ er sie und verschwand in der Menge der jungen Leute, die nach Hause aufbrachen.

Als Eva wieder zu mir kam, hielt sie ein durchsichtiges, scheinbar Kristallenes Herz an einem Anhänger in der Hand. Sie erzählte mir, dass sie ihn noch diese Nacht wieder treffen wollte. Er hatte ihr versprochen, dann seinen Namen zu nennen. Dafür sollte Eva später zum alten Brunnen kommen, der sich genau zwischen unseren Höfen befand.

Ich weiß noch genau, wie sehr ich versuchte ihr diese waghalsige Entscheidung auszureden, sagte mir doch mein Bauchgefühl, dass irgendetwas nicht stimmte. Aber letzten Endes scheiterte ich. Die Augen meiner Freundin hatten dieses Leuchten der Sehnsucht in sich, gegen das kein noch so gutes Argument ankommen konnte. Schweren Herzens verabschiedete ich mich an der Zufahrt zu unserem Hof von ihr und riet meiner Freundin noch auf sich aufzupassen. Sie lächelte mich nur an, winkte und ging.

Am nächsten Morgen rüttelte mich meine Mutter aus dem Bett. Ich sollte mich schnell anziehen und mitkommen. Mit Eva sei etwas geschehen, sagte sie nur. Als wir Minuten später zum alten Brunnen kamen, standen schon ein dutzend Nachbarn herum, tuschelten und starrten auf etwas das ich noch nicht sehen konnte. Ich schob mich nach vorne und stieß einen grellen Schrei aus, als ich Eva erblickte. Sie saß im Schnee. Blaugefroren, die Augen offen, gen Himmel starrend. Ihre Lippen in einem verträumten Lächeln erstarrt. Sie wirkte wie eine Porzellanpuppe, bleich und mit glitzerndem Schnee bedeckt. An ihrem Hals hing die Kette mit dem Kristallherz, an ihrem Finger steckte ein Ring aus Eis. Ich hörte noch wie eine alte Frau krächzte: »Der Winter. Der Winter selbst hat sich eine neue Braut gesucht!« Dann fiel ich in Ohnmacht



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Evilsmile
2011-12-21T16:04:55+00:00 21.12.2011 17:04
Was für eine geniale und gleichzeitig tragische Geschichte, ich finde die ist das Sahnehäubchen auf dieser Adventskalender-Torte! *0*
Die Hauptcharaktere konnte ich mir richtig gut bildlich vorstellen hihihi...und den Winter hast du gut beschrieben! Wie sieht er sonst aus, wenn nicht so!
Am Ende war Eva sicher sehr glücklich ^____^

Noch 3 Tage!!!



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