Helios
Helios
Die nächsten paar Tage ließ Duir zugunsten einiger Gildenlvlevents
das nächtliche Training ausfallen, sodass Ruîn sich ein wenig mehr
als sonst mit Solar beschäftigte. Dieser schien, den Göttern sei
Dank, das Thema Jeran erstmal auf Eis gelegt zu haben, da er
Ruîn gegenüber nichts mehr davon erwähnte. Na gut, da sie sich
auch nicht mit ihm traf, hatte er ja auch keinen Grund dazu. Sie
trainierten nun in der untersten Höhle des Payon Dungeons. Die
Monster dort waren nicht wirklich eine Herausforderung, aber
sie hatten es ja auch in erster Linie auf die Items abgesehen. Von
einigen der Monster konnte man sogar kleine Goldbarren
bekommen, die sie dann immer von Isan verkaufen ließen.
Zahlreiche Ninetails huschten zwischen den Ruinen eines alten
Schreins umher und immer wieder sah man in der Dunkelheit
die blauen Lichter der Horongs aufblitzen. Sie mussten sich nur
vor der flinken Moonlight Flower in Acht nehmen. Sie war die
Wächterin des alten Heiligtums und kündigte sich immer mit ihrer
großen goldenen Glocke lautstark an wenn sie in der Nähe war.
So konnte man praktischerweise einen schönen großen Bogen
um sie laufen.
Pünktlich zum angekündigten WoE bekam Ruîn dann auch die
versprochene Waffe von Jeran. Sie bezweifelte zwar, dass sie
überhaupt einen Unterschied bemerken würde, aber versuchen
konnte man es ja mal. „Ist halt leider nur für dieses eine Mal.“
Sie betrachtete die glänzende Klinge des Kurzschwertes und
überlegte sich, welches ihrer Eigenen sie noch mitnehmen sollte.
„Und? Wo treibt sich dein Mann herum?“ Jeran blickte sie ein
wenig von oben herab an. „Hmmm…“ Ruîn deutete nur leicht mit
dem Kopf nach hinten in Richtung Prontera Culberts und fuhr
damit fort ihre Waffen gegeneinander abzuwägen. Am Eingang
des Dungeons waren einige Gildenmitglieder dabei Thief Bugs hin
und her zu jagen. Solar war auch dabei. „Schon mal vom Teufel
in Niffelheim gehört?“ „Hmmm? Wer trainiert in Niffl?“ Ruîn blickte
von ihren Waffen auf und Jeran seufzte. „Ach nicht so wichtig,
komm mit es geht los.“ Er deutete zu den Leadern die ein wenig
Abseits gerade den Befehl für die Warps gaben. Wie üblich waren
sie wieder im Gebiet der Prontera Castles unterwegs, die Ruin
inzwischen schon ganz gut kannte. Die Leaderin der Allianz hatte
sich für dieses Mal Kriemhild ausgesucht. Sie stürmten einige Male
in das Castle und kloppten sich mit einigen Gilden ihre Größe.
Kämpfe unter gleich starken Gilden waren immer die interessantesten,
weil es da vor allem auf das Können der einzelnen Mitglieder
ankam. Meist übernahm in so einem Fall Duir die Führung und
schickte seine Leute gekonnt in die einzelnen Kämpfe. Waren
die Gegner allerdings zu Zahlreich oder von ihrem Können her
zu Überlegen brach er die Kämpfe ab. Man musste ja nicht
sinnlos Potions und Items verschwenden. Heute allerdings lief
es ganz gut. Sie wechselten sich im Castlebesitz mit einer anderen,
ähnlich organisierten Gilde ab und übten sich so ganz gut am
Empraum deffen. Ruîn stand die meiste Zeit mit Solar in der
Mitte des Saales am Emperium um es im Notfall noch zerstören
zu können. Dadurch wurden sämtliche Gegner aus dem Schloß
gewarpt und man hatte ein wenig Zeit gerettet. Diesmal hatten
sie es allerdings ohne das breaken geschafft, die meisten ihrer
Gegner aus dem Empraum zu werfen und so tobten nur noch
einige vereinzelte Kämpfe, als plötzliche ein Highwizzard im
Eingang erschien den Ruîn irgendwoher kannte. Sein Storm
Gust fegte sofort einige Mitglieder der Allianz aus dem Castle
bevor Jeran ihn mit einigen schnellen Pfeilen am weiteren casten
hindern konnte. Als die Priesterin den Raum betrat wusste Ruîn
wessen Gilde sie nun gegenüber standen. Als er zusammen mit
drei weitern Peco Reitern in den Empraum kam preschte Ruîn
nach vorne. Duir und Jeran hatten den Highwizzard gelegt und
sie hörte Raido einige Befehle schreien, als sicher noch um die 20
weitere feindliche Gildenmitglieder den Empraum stürmten. Aber
das war ihr nun ziemlich egal. Als er sie entdeckte huschte ein
überraschter Ausdruck über sein Gesicht dann grinste er. Auch
Ruîn konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als sie über das
Geländer sprang und direkt vor seinem Peco zum stehen kam.
Mit einem schnellen Satz rammte sie dem Reittier die erste Waffe
tief in die Seite, zog sich daran hoch und stieß ihre Zweite direkt
in Helios Hals. Sie wusste zwar, das sie viel zu schwach war, um
gegen ihn eine Chance zu haben, aber sie schaffte es trotzdem ihn
durch ihren Schwung von dem Peco zu werfen. Seine Frau war
gleich neben ihnen und belegte Ruin mit dem Mute Fluch. So
konnte sie keine ihrer Spezialfähigkeiten einsetzen. Helios ergriff
sie und warf Ruîn zu Boden. Sie spürte wie der erneute Storm
Gust ihr beinahe die letzten Kräfte raubte. Nun zog Helios langsam
sein Schwert und kam durch die wirbelnden Schneeflocken auf sie
zu. Er grinste immer noch als er sich über sie beugte und sie am
Hals packte. „Na so einfach ist das nicht, meine Süße.“ Dann
stieß er ihr das Schwert zwischen die Rippen und der Empraum
verschwamm zur bekannten Waldlichtung bei den Culberts.
Neben Ruîn tauchten nun immer mehr Member ihrer Allianz hier
auf. Helios Gilde hatten sie förmlich überrannt. „VERDAMMT!
Was machen die hier in Prontera? Die haben doch ein Geffen
Invest.“ Duir und Raido scheuchten die anderen Mitglieder
zusammen. „Wenn es nur ein Späher Trupp ist können wir sie
vielleicht besiegen. Los alle wieder rein!“ Jeran deutete den
Priestern die Warps wieder zu öffnen und als Raido nickte, lief
Ruîn als eine der Ersten wieder los. Der Eingangsbereich des
Castles war fast völlig leer. Sie kamen beinahe bis vor den
Emperiumraum bevor sie auf die ersten Feinde trafen. Zwei
Highwizzards casteten hinter einem Scolar nach vorne, der unter
ihnen einen Land Protector gelegt hatte, um sie vor feindlichen
Zaubern zu schützen. Vier Peco Reiter hatten hinter ihnen gewartet
und kamen nun nach vorne um anzugreifen. Helios war einer von
ihnen. Raido deutete seinen Reitern nach vorne zu preschen und
die anderen liefen nach links und rechts, um sie von den Seiten her
anzugreifen. Ruîn folgte den Pecos, obwohl sie genau wusste, dass
sie das nicht durfte. „RUÎN, sofort nach rechts!“ Raido deutete
zu den anderen hinüber. „NEIN!“ Als Helios sie sah stoppte er
und sprang von seinem Reittier. Der Lord Knight neben ihr lenkte
zu Ruîn hin um Helios angreifen zu können doch sie stieß sich
gegen sein Reitier. „Was machst du da?!“ „DER GEHÖRT MIR!“
Auf ihrer linken Seite prallten die Reiter nun zusammen und der
Kampf begann. Helios nickte amüsiert und winkte sie zu sich.
„Zeig mir was du kannst!“ „Keine Skills!“ Ruîn zückte ihre Waffen
und Helios erhob sein Schwert. Er war stark, sie konnte seine
Schläge kaum blocken, aber dafür sie war schnell. Immer wieder
gingen seine Hiebe ins Leere. Als sie der Meteorstorm des
Highwizzards traf, war sie für einen Moment abgelenkt und Helios
packte sie am Arm und zog sie an sich. Sie stand mit dem Rücken
zu ihm und konnte sehen wie er sein Schwert an ihren Hals hob.
Mit letzter Kraft trat sie ihm heftig gegen das Schienbein und er
lockerte seinen Griff. Sie fuhr herum und stieß ihm ihre Dolche
gegen die Seite. Sie wusste, dass seine Rüstung dort etwas
schwächer war, aber sie hatte nicht genug Kraft um sie zu zerstören.
Aber wenigstens wollte sie ihn aus dem Gleichgewicht bringen,
wenn er stürzte hatte sie vielleicht eine Chance. Sie hieb mehrmals
kräftig auf ihn ein, aber er blockte sie geschickt ab. Dann trafen
die Pfeile. Helios wurde ein Stück nach hinten geschleudert und
Ruîn fuhr herum. „Geh zurück!“ Jeran kam auf sie zu und schoss
einen Pfeil nach dem anderen auf den Paladin ab. „Nein!“ Sie
wollte ihn am weiterschiessen hindern, doch der gegnerische
Scolar war schneller. Der Fireball traf Ruîn, ohne das sie ihn
überhaupt gesehen hatte und schon stand sie wieder auf der
Waldlichtung. „VERDAMMT!“ Sie warf ihre beiden Waffen vor
sich auf den Boden und stampfte sauer hin und her bis die anderen
Gildenmitglieder erschienen.
„Ruîn, was bitte sollte das?“ Raido kam zu ihr aber sie stieß den
Champ zur Seite und ging direkt auf Jeran zu. „Wieso hast du das
gemacht?“ Sie war wütend. „Weil du keine Chance gegen einen
Paladin hast, auch wenn er sich nicht selbst heilt!“ Jeran war ein
wenig verwirrt. Was zur Hölle hatte sie sich bei diesem Kampf nur
gedacht? „Das ist meine Sache, da hast du dich nicht einzumischen!“
Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn und wischte einige Haare
aus ihrem Blickfeld, sie musste sich beruhigen. „Und was hast du
davon wenn du sinnlos stirbst?“ „RUHE DAHINTEN!“ Duir kam
auf die Beiden zu. „Wir gehen da sowieso nicht mehr rein, also ist
es egal!“ „Wieso nicht?“ Ruîn schüttelte den Kopf. „Weil es die
ganze Gilde und nicht nur ein Späh Trupp ist. Die sind eine
Nummer zu groß für uns.“ Raido winkte die anderen Member
zu sich. Sie suchten sich nun ein neues Schloss aus und schickten
ihre Kundschafter los. Ruîn ließ sich ins kühle Graß fallen und
überlegte. „Was war das eben da drinnen?“ Solar stand neben ihr.
„Ein Kampf! Das nennt man PvP!“ Sie stand auf und erwischte
ihre Waffen. Die ersten Späher waren zurück und es ging weiter.
Das restliche WoE verging etwas ruhiger. Sie kämpften sich durch
Skogul und hielten das Castle sogar für eine ganze Weile, bevor sie
kurz vor dem Ende von einer größeren Allianz überrannt wurden.
Ruîn hielt sich während dem Deffen von Jeran fern, aber sie
merkte, dass er sie beobachtete. Natürlich war ihr klar, dass sie
gegen einen Kämpfer wie Helios nicht gewinnen konnte, aber sie
hätte sich sicherlich noch eine Weile gegen ihn zur Wehr setzen
können, wenn er nicht eingegriffen hätte.
Als das WoE zu Ende war, drückte sie alle ihre Waffen Duir in
die Hand und verließ den Gildeplatz ohne ein Wort in Richtung
des Westtors von Prontera. An der Kafra war, wie immer nach
einem WoE, sehr viel los und Ruîn musste sich durch eine Menge
Leute und Händlershops drängeln. Sie bemerkte nicht mal, dass
ihr jemand folgte. An dem Gildengebäude hatte sich in der ganzen
Zeit, in der sie nicht mehr hier gewesen war, nichts verändert,
auch der große Baum stand noch an Ort und Stelle. An den
knorrigen Stamm gelehnt beobachtete sie das Treiben rund um
den Platz vor dem Haus. Die meisten Gildenmitglieder kamen
wohl gerade von der Kafra und einige Partys wurden besprochen.
Dann sah sie Helios. Er sprach mit einer Sniper, seine Frau war
nicht zu sehen. Das Mädchen kicherte als sie vor dem Haus
stehen blieben und zog ihn zu sich herunter, damit sie ihm was
ins Ohr flüstern konnte. Ruîn musste sich sehr bemühen um ein
Lachen zu unterdrücken. Als sie ihn im WoE wieder gesehen
hatte, waren einige ihrer alten Gefühle wieder hochgekommen,
aber wenn sie ihn nun so mit der Sniper beobachtete… Sie liebte
ihn nicht. Als er sie entdeckte ließ er seine Begleiterin mitten im
Satz stehen und kam zu Ruîn herüber. „Wie lange ist das her, dass
du zu mir gekommen bist?“ Er ergriff sie am Arm und wollte sie
umarmen aber Ruîn drückte ihn weg und schüttelte den Kopf.
„Nanana, das kannst du deiner kleinen Freundin da doch nicht
antun.“ Sie lächelte und wanderte ein Stück um den Baum herum.
„Ach das lass mal schön meine Sorge sein…“ Er hatte den Baum
auf der anderen Seite umrundet und sie standen sich nun gegenüber.
„Ist schon bald ein ganzes Jahr her.“ Ruîn versuchte ihn daran zu
hindern sie zu umarmen was zur Folge hatte das er nun ihre beiden
Hände hielt. „Das ist viel zu lange…“ Er zog sie an sich aber sie
senkte den Kopf sodass er sie nicht küssen konnte. Es war wirklich
sehr lange her das sie ihm so nahe gewesen war und sie musste
zugeben, dass sie sehr wohl ein wenig Lust hatte ihn zu küssen.
Aber sie hatte sich geschworen Solar nicht mit Helios zu betrügen.
Langsam zog sie ihre Hände zurück. „Lass die Kleine nicht
warten.“ Sie winkte ihm zu und wandte sich ab. „Jetzt warte
doch mal.“ Helios wollte sie zurückhalten, aber sie war schon
zwischen den Menschen auf der Hauptstrasse verschwunden.
Er seufzte und wandet sich dem Gildenhaus zu, wo die Sniper
mit sehr interessiertem Blick auf ihn wartete.
„Kein PvP Heute?“ Ruîn hatte ihr Zimmer betreten und blickte
auf Solar, der auf dem Bett saß und wohl auf sie gewartet hatte.
„Was war das heute im WoE und jetzt?“ Ruîn schüttelte den Kopf.
Warum musste Solar auch immer so neugierig sein? Sie setzte
sich auf den Fenstersims und blickte nach unten über die Stadt-
mauer. „Ich kannte den Paladin, das war alles.“ „Du kennst ihn?“
Solar war aufgestanden und wanderte langsam zu ihr herüber. „Ja,
und bevor du wieder damit anfängst- ich habe auch nichts mit
ihm.“ Er kniete sich vor Ruîn hin. „Das habe ich nicht gemeint.
Ich habe mir nur Sorgen gemacht, du warst ja wie ausgewechselt.“
Er fuhr mit seinen Händen über ihre Oberschenkel, aber seinem
Blick nach zu Urteilen machte er sich wirklich nur Sorgen. Ruîn
seufzte. „Und nur deswegen sitzt du hier rum, anstatt mit deinen
Freunden im PvP deinen Spaß zu haben?“ Er zuckte mit den
Schultern und sie schüttelte den Kopf. „Ach hau schon ab, killt
ein paar feindliche Gildenmember und mach dir keine Gedanken
mehr.“ Sie scheuchte ihn trotz einiger Gegenwehr zur Tür. „Jaja,
ist ja schon gut, ich gehe, aber willst du nicht mitkommen?“ „Nein,
ich gehe lieber in die Bibliothek und lese noch etwas.“ Sie gab ihm
einen Kuss und schob Solar zur Tür hinaus. Sie schüttelte den
Kopf. Ruîn mochte Solar, sie hatte ihn sogar ziemlich gerne, aber
irgendwie wurde sie dieses Gefühl nicht los. Das Gefühl, ihn als
eine Art kleinen Bruder zu betrachten. Sie wickelte ihre Arm-
schoner auf und ließ auch ihre Schulterrüstung im Zimmer zurück
als sie sich in die Gildenbibliothek aufmachte.
Über die Stadt Geffen waren zahlreiche Legenden im Umlauf.
Die bekannteste befasste sich mit einem großen Krieg, in dem
die Stadt Geffenia quasi über Nacht vom Erdboden verschwand.
Tief unter den Katakomben der Magiergilde im heutigen Geffen
konnte man immer noch die alten Ruinen der Stadt finden. Aber
die Monster, die nun dort hausten, waren sehr Gefährlich und
nicht viele Abenteurer die dorthin aufgebrochen waren, kamen
auch wieder zurück. Ruîn klappte das riesige, alte Buch zu und
betrachtete den Stapel der noch vor ihr auf dem Tisch stand. Sie
ergriff die ersten drei Bücher und machte sich daran sie zurück-
zubringen. Sie wanderte zwischen den Regalen hin und her und sah
sich hin und wieder einige der Einbände näher an. Es war schon
ziemlich Dunkel, aber noch reichte das Kerzenlicht zum lesen. Vor
einiger Zeit war noch ein Sage im vorderen Teil der Bibliothek
gewesen, doch nun sah es so aus als ob Ruîn alleine war. Sie stellte
gerade das letzte Buch ins Regal als sie die Tür hörte. Ein wenig
neugierig blickte sie um die Ecke.
Es war Jeran. Trotz des schummrigen Lichtes hatte sie ihn sofort
erkannt. Als er sie sah schloss er die Türe und kam auf sie zu.
Aber es war nicht so wie sonst. Da war etwas in seinem Blick
das Ruîn einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Er
streifte im Vorbeigehen mit der rechten Hand über einen der Tische
und warf alle Bücher und eine der Kerzen hinunter. Sein Blick war
ganz auf Ruîn fixiert und unbewusst trat sie einen Schritt nach
hinten. Dann war er bei ihr. Sie trat noch einen Schritt zurück
und spürte die Wand hinter sich. Ruîn hob die Hand aber er war
schneller. Er erwischte sie am Handgelenk und drückte sie gegen
die kalte, steinerne Mauer. Er packte auch ihre andere Hand und
führte sie nach oben. Mit ihren Fingern konnte sie die Fugen
zwischen den Mauersteinen fühlen. Sie sahen sich an. Seine
Stirn berührte die ihre und sie konnte sehen, dass seine Lippen
zitterten. „Deinen Ehemann akzeptiere ich. Das muss ich ja wohl…“
Sie hatte das Gefühl das ihr das Herz bis zum Hals schlug. Sein
Griff um ihre rechte Hand lockerte sich, dann ließ er sie los.
„Aber diesen Paladin da, das akzeptiere ich nicht!“ Er streifte ihr
langsam über die Wange, dann erwischte er sie am Kinn, zog ihren
Kopf hoch und küsste sie. Es war ein wilder und harter Kuss und
Ruîn krallte sich an seiner Schulter fest. Jeran ließ auch ihre
andere Hand los als er sie erneut küsste. Diesmal aber viel sanfter
und weicher, beinahe wie damals in Amatsu. Seine Hände
streiften ihren Oberkörper entlang nach unten, er umarmte sie
und zog sie an sich. „Das mit dem Paladin ist schon lange vorbei...“
Er sah sie an und Ruîn schüttelte langsam den Kopf. Als er sie
erneut küsste schloss sie die Augen und umarmte ihn ebenfalls.
Sie ließ ihren Kopf nach hinten fallen und Jeran küsste sie am
Hals. „Damals kannten wir uns noch nicht...“ Seine weichen
Lippen und sein heißer Atem an ihrer Haut ließen eine Gänsehaut
an ihrem ganzen Körper entstehen. Wie war es nur möglich, dass
nur ein paar Küsse von Jeran so etwas bei ihr auslösen konnten?
Gemächlich glitten seine Finger nach unten und sie konnte seine
Fingernägel an ihren Oberschenkeln spüren. Dann packte er sie
und hob Ruîn hoch. Sie schlang ihre Beine um seine Hüften und
er wanderte mit ihr zu dem Tisch wo er sie langsam wieder
absetzte. Er streifte ihr die Träger ihres Oberteils von den
Schultern und liebkoste sie dabei am Hals. Ruîn ließ sich nach
hinten fallen und seine Hände streiften über ihren Oberkörper.
Geschickt löste er die Bandagen ihres Oberteils und zog den
Stoff auseinander. Sie schloss die Augen und genoss seine
Berührungen in vollen Zügen. Jeran beugte sich über sie und
streifte mit den Fingern sanft über ihren Hals und über ihr Gesicht.
Langsam hob Ruîn ihre Hand und legte sie um seinen Hals. Er sah
sie an. Plötzlich huschte ein leicht entsetzter Ausdruck über sein
Gesicht. Er zog seine Hand zurück und wandte sich von ihr ab.
„Verdammt…“ Hastig fuhr er sich mehrmals durch die Haare
und wanderte dabei hin und her. „Es tut mir leid, ich habe mein
Versprechen gebrochen…“ „Nein, nein, das muss es nicht.“
Ruîn war ein wenig verwirrt, schnell sammelte sie die Bandagen
ihrer Kleidung zusammen. Jeran sah sie an und schüttelte den
Kopf. „Tut mir wirklich Leid…“ Damit drehte er sich um und
verließ die Bibliothek.
Zurück in ihrem Zimmer setzte sich Ruîn auf den hinteren
Fenstersims und blickte nach draußen in die Dunkelheit. Das
Glas war angenehm kalt und sie hoffte es würde ihre innere
Hitze ein wenig dämpfen. Sie seufzte, das war wirklich knapp
gewesen. Beinahe hätte sie ihren Ehemann betrogen. Sie wollte
ihm das wirklich nicht antun. Immerhin hatte sie ihn ja wirklich
sehr gerne.
Als Solar von seinem PvP Ausflug zurückkam, saß sie immer
noch am Fenster. „Hallo! Also heute hast du echt was verpasst,
da war ne große Party mit sicherlich 6-7 Leuten…“ Er wandere
aufgedreht im Zimmer hin und her und verteilte dabei seine Waffen
und einige Teile seiner Rüstung. „Wir haben zwar gedacht davon
schaffen wir eh keinen, weil halt viele Rebis und so…“ Er war vor
ihr stehen geblieben und fuchtelte nun ein wenig umständlich mit
seinen Armen vor ihr herum. „Mhm, ja, und wie gings weiter?“
Ruîn nickte hin und wieder während sie Solars lautstarken
Erzählungen lauschte und ihm dabei zusah, wie er ihr alles mit
Händen und Füßen zeigte, aber dabei irgendwie überhaupt nichts
richtig mitbekam. Nach einiger Zeit hörte er damit auf imaginäre
Kämpfe nachzustellen und kam zu ihr. Er erwischte ihre Hände,
zog sie auf die Beine und wanderte mit ihr hinüber zum Bett. Ruîn
wusste was er von ihr wollte und es wäre sicherlich unfair gewesen,
sich nach alledem was vorhin gewesen war, dagegen zu sträuben.