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Grim's academy

Gleichgewicht der Elemente
von

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Zwischen Himmel und Hölle

~Aloha ihr Lieben!
 

Hier das erste Kapitel einer meiner beiden neuen Projekte, die neben "Gods & Monsters" starten werden. Ich hoffe wirklich sehr, dass ich euch für die Geschichte begeistern kann, und dass euch dieses erste Kapitel neugierig auf mehr machen wird.
 

Bin schon gespannt, wie es euch gefallen wird. Mit den liebsten Grüßen starte ich frisch ins neue Arbeitsjahr und wünsche euch wirklich viel Vergnügen mit dieser Geschichte ;)
 

LG

Galenhilwen~
 


 

Seine Schritte hallten durch das gut 15 Meter hohe Gemäuer, einen imposanten Flur gigantischen Ausmaßes, welcher, abgesehen von ihm, menschenleer war. Trocken kicherte er leise auf. Menschenleer... Zumindest war niemand außer ihm hier. Noch nicht. Es waren ohnehin nie viele Menschen in diesem beeindruckenden Gebäude... Doch im Moment waren es selbst für hiesige Verhältnisse enorm wenige. Hinter ihm hinterließen seine Füße kleine, schneeweiße Felder aus purem Eis, die nach ein paar Sekunden jedoch in tanzenden Eiskristallen in die Höhe schwebten, um sich schließlich im Nichts zu verlieren.
 

Der matte, aber weich fließende, schwarze Stoff seiner Robe wehte leicht mit jedem Schritt hin und her. Eine Kordel aus feinem, schwarzem Samt lag um seine Hüfte und hielt die Robe dort mit einem Knoten fest. Unter „normalen Umständen“ hätte er wohl gesagt, dass seine alles verhüllende Kleidung angenehm zu tragen wäre; warm und weich. Doch so genau konnte er es in Wirklichkeit nicht definieren. Eine große Kapuze bedeckte seinen Kopf und verbarg einen großen Teil seines Gesichts in nichtssagender Dunkelheit.
 

Zugegeben: er zeigte sein Gesicht nicht gerne. Er zeigte sich nicht gerne. Und das schon seit so unsagbar vielen Jahren. Wirklich viele. Viel bedeutete für ihn nicht etwa 10 oder 20 Jahre. Das waren vielleicht für einen normalen Menschen viele. Doch für ihn waren 20 Jahre nicht viel mehr als ein kurzer Lebensabschnitt; ein Augenblick in einer mittlerweile stattlichen Ansammlung hinter sich gebrachter Lebensjahre, die selbst dieses Bauwerk in seinem „Alter“ lächerlich gegen ihn wirken ließ. Alleine die Zeit selber schien älter zu sein, als er es war. Und nichts auf dieser Welt glich seinem Erscheinungsbild...
 

Nein. Er lebte schon seit hunderten von Jahren mit dieser Schmach, und er hatte es sich selbst zuzuschreiben. Eine Fehlentscheidung, die eine Strafe nach sich gezogen hatte, die sich keim Mensch auf diesem Planeten vorzustellen fähig war. Aber gut 500 Jahre waren auch eine lange Zeit, um sich mit der Situation zu arrangieren. Einerseits hatte er das. Wirklich. Weil er es MUSSTE. Er musste es akzeptieren, da er Regeln unterworfen war, die durch nichts zu ändern waren. Doch andererseits... Auch wenn er das nie vor anderen zugeben würde, aber er verabscheute es zutiefst. Es war nicht an ihm es zu ändern, doch er hasste es an manchen Tagen einfach. An Tagen, an denen seine einstige Menschlichkeit wie ein kleiner Funke in absoluter Dunkelheit in ihm zum Vorschein kam.... auch, wenn dieser ebenso schnell wieder ins Nichts verschwand, wie er daraus hervorgetreten war.
 

Geradezu erhaben schritt er auf eine große, schwere Tür zu. Unter seinen Füßen war der kalte Stein, aus dem die gesamte Akademie erbaut war, über die er die Direktion innehatte. Helle und dunkle Quadrate formten ein Rautenmuster unter ihm, das am Rand von dunklen Abschlüssen gesäumt war. Säulen, so breit wie drei Mann, wuchsen schier zur Decke empor, um sich parallel zum Gang in 10 Meter Höhe in filigran wirkenden Bögen miteinander zu verbinden und den Flur in 3 nebeneinanderliegende Abschnitte zu unterteilen.
 

In der Mitte schritt der verhüllte Direktor auf die schwere, dunkle Holztür zu. Zu seiner Linken und zu seiner Rechten verbargen sich Schmuckstücke, unter der niedrigeren Decke hinter den Säulen, und Zierwerke an den Wänden, die sich im Laufe der Jahrhunderte angesammelt hatten und von einer bewegten, wie beeindruckenden Historie dieser Akademie erzählten. Manche hatten einen persönlichen Erinnerungswert, andere jedoch waren nicht mehr als Lückenfüller. Nach so vielen Jahren hatte er auch das Interesse verloren, die einen von den anderen unterscheiden zu müssen oder zu wollen. Zeit war für ihn bedeutungslos geworden, jedoch auf eine unangenehme und quälende Art und Weise.
 

Dunkelheit verzehrte alles in diesem Bollwerk historischer Baukunst. Der dunkle Stein und die Schwärze, die sich nicht nur in jedem Winkel versteckte, sondern überall zu hausen schien, machten diese Hochschule zu einer Art Portal in eine längst vergangene Zeit. Grässliche Fratzen von Wasserspeiern schienen im Nichts der Dunkelheit auf ihre Beute zu lauern. Ein gottesfürchtiger Mensch würde diesen Ort wohl als absolut gottlos und als Tor zur Hölle bezeichnen. Die Akademie war wie eine reale Reise ins tiefste Mittelalter, gepaart mit all den klischeebehafteten Vorstellungen, die Menschen davon hatten, die an diesem Ort zur grausigen Realität geworden waren.
 

Nur an den Säulen, an denen der Direktor unmittelbar vorbei schritt, entfachten die dort angebrachten Fackeln eine Flamme, die ausreichend Licht spendete, ohne jedoch die Dominanz der Dunkelheit zu untergraben. Nicht, wie üblich, wurde der blanke Stein in einen warmen rot-orangen Ton gehüllt, sondern in ein ungesundes, fauliges Grün. Nervös flackerten die giftgrünen Feuer auf, wenn sich der Meister über dieses Bauwerk näherte, um hinter diesem wieder in den lauernden Schlaf zu erlöschen, bis die nächste Person ihre Position passieren würde.
 

Wer es nicht besser wusste, der hätte wohl diabolische Mächte oder absurde magische Phänomene dahinter vermutet, doch dem war keineswegs so. Er war kein Hexer oder Magier, kein Dämon und auch keine fiktive Figur übernatürlichen Ausmaßes. Er war Teil eines komplexen Geflechtes dieser Welt und gleichzeitig ein bedeutender Teil ihres Anfangs und wohl auch ihres Endes. Er war ein Hüter, ein Wissender und doch auch eine Art Schöpfer, ohne dabei über eine Kraft zu verfügen, die ihn unbesiegbar oder gar allmächtig machte.
 

Und Nichtwissende würden ihn in seiner Erscheinung und seiner geschätzten Akademie wohl auch als das personifizierte Böse bezeichnen, was natürlich Unsinn war. Die Menschen aber waren mit jedem Jahrzehnt einfältiger geworden, und arroganter. Eine Mischung, die sein Dasein noch unerträglicher machte, als es seine Strafe nicht ohnehin bereits tat. Doch es war nicht seine Aufgabe darüber zu urteilen, das wusste er nun. Es gefiel ihm nach wie vor nicht, aber er hatte es verstanden und gelernt. Und er wusste, dass es auch richtig so war. Nicht immer was das Richtige auch das Beste. Eine Lektion, die er sich hart hatte erarbeiten müssen, und für die er viel Lehrgeld gezahlt hatte...
 

Bedächtig hob er seine Hand, woraufhin sich die Tür zu öffnen begann, die seinen Weg bisher versperrt hatte. Der schwere, schwarze Stoff seiner Robe glitt bis zu seinem Ellbogen zurück und gab die Wahrheit frei, die sich unter der irdischen Hülle an Kleidung verbarg...
 

Blanke Knochen kamen zum Vorschein und erinnerten ihn, wie bei jedem Mal, an all die Zeit, die seit der Verkündung seiner Strafe vergangen war. Erinnerten ihn daran, dass er nicht nur eine Aufgabe, sondern eine kaum zu begreifende Verantwortung besaß, die ihn zwischen Raum und Zeit in einen Zustand des Wartens, des Behütens und des Handelns versetzte. Ein Zustand, der weit über das bloße Lehren von Schülern hinausging.
 

Langsam passierte er den mittlerweile geöffneten Durchgang und trat zunächst in absolute Finsternis.
 

Am Meisten jedoch erinnerte sein eigener Anblick ihn an die Tatsache, warum er bestraft worden war. Er kannte all die Bilder, die sich die Menschen von ihm machten und keines schmeichelte ihm wirklich. Entweder wurde er als Karikatur seiner Selbst verbildlicht, oder aber als unheilbringender Henker ohne Gewissen und Reue. Den Menschen fehlte schlicht die Vorstellungskraft, um zu verstehen was es bedeutete, wenn man aus nichts weiter als seinen eigenen Gebeinen bestand. Es war nicht witzig. Es war nicht einmal empathisch nachzuvollziehen. Es war, was ihn irgendwie doch wieder amüsierte, wenn er es so formulierte: die Hölle auf Erden.
 

Nach ein paar Schritten erhellte sich der Raum mit einem Mal, den er betreten hatte, während sich die Tür hinter ihm wieder schloss.
 

Lautlos seufzte er. Es war eine Folter, ohne die Fähigkeit existieren zu müssen, Dinge ertasten zu können. Weder der Stoff seiner Robe, noch Wind, Wetter, Berührungen oder irgendetwas auf dieser Welt würde ihm jemals wieder eine Sinneswahrnehmung geben können, wie es sich „anfühlte“. Oberflächen, Beschaffenheiten, Temperaturen... nichts wurde von ihm wahrgenommen. Und doch verursachte dieser Zustand eine emotionale Kälte in ihm, die ihn immer wissen ließ, dass er für seine Entscheidung von einst zu leiden hatte.
 

In der Mitte des gigantisch wirkenden Saals entzündeten sich giftgrüne Flammen an einer Art Kronleuchter, der aus massivem Holz gemacht war und einen Durchmesser von gut 5 Metern hatte. Wie ein Damoklesschwert thronte der schwere, hölzerne Ring über einem antiken Holztisch und vermittelte eindeutig das Gefühl klein und unbedeutend zu sein.
 

Auch dieser Raum wurde von den Säulen umschlossen, die einen Rundgang vom eigentlichen Saal trennten und an denen ebenfalls Fackeln hingen, die sich reihum nach dem Kronleuchter mit grünen Flammen zu schmücken begannen.
 

So bedächtig wie bisher schritt er auf die Mitte des Saals zu, wo er sich hinzusetzen und auf seine Kollegen zu warten gedachte.
 

Niemals wieder würde er die Wohltat einer Umarmung in ihrem vollen Ausmaß erleben und genießen dürfen. Nur sporadisch hielten verlebte Reste an Muskeln und Sehnen seine Knochen in ihrem anatomischen Gefüge. Nur marginal zeugten kleine Fetzen grauer Haut von der längst vergessenen Menschlichkeit, die sein Erscheinungsbild ausgemacht hatte. Nur mit Ironie war es zu bezeichnen, dass er das Antlitz erhalten hatte, welches die Menschen ihm nachsagten und mit Angst versehen hatten. Nur schwer war es zu ertragen, dass er nach dem imaginären Dämon aussah, dem man ihm fälschlicherweise zu sein unterstellte. Nur an Unmöglichkeit grenzend war es denkbar, seinem Anblick den göttlichen Funken zu entnehmen, aus dem er entsprungen war. Und unmöglich schien es den Meisten, ihm auch nur eine positive Eigenschaft zuzuschreiben.
 

Er war ein unumgänglicher und wesentlicher Bestandteil der Welt, die er beschützte und im Gleichgewicht zu halten verpflichtet war, die ihn aber zumeist als ungerecht, schrecklich und unnötig erachtete. Er war der Geächtete im Kreise seiner Kollegen, die von den Menschen weit mehr Gnade und Güte erfuhren als er. Sie alle hier wussten es wahrlich besser, und doch blieb der bittere Geschmack der Undankbarkeit immer in und um ihn, die ihm die Menschheit entgegenbrachte.
 

Langsam und betrübt ließ er sich auf einen der antiken Stühle gleiten, die um einen großen Tisch arrangiert und mit einem für Menschen angenehmen Polster versehen waren, welches mit feinem, weinrotem Samt bezogen war.
 

Vielleicht war es auch eine Spur Neid, die er empfand. Seit Jahren schon war er ohne Schüler. Im Moment hatten zwar so einige Lehrer ebenfalls keine, doch er war wohl die längste Zeit von Allen ohne einen möglichen Nachfolger geblieben. Immerhin, was ihn dann doch wieder ein wenig beruhigte, war er nicht der Einzige, der mit der Ausbildung eines wirklichen Nachfolgers erfolglos geblieben war. Sie alle versuchten es schon seit so vielen Jahren, doch keiner ihrer bisherigen Schüler hatte die kosmische Sphäre je erreichen können. Und nur die Zeit wusste, wann sie von ihrer Aufgabe und dieser Suche je erlöst werden würden. Mit jedem Tag mehr erfüllte ihn diese Tatsache mit Frust, was jedoch nicht das Schlimmste war...
 

Das mit Abstand Schlimmste war in Wirklichkeit die Abwesenheit der ganzheitlichen Existenz. Auch etwas, das ein menschlicher Verstand wohl nie zu begreifen fähig war; war die Menschen als zu abstrakt abtun würden...
 

Natürlich war es abstrakt. Abstrakt, und doch, für ihn und seine engsten Kollegen, so unsagbar natürlich. Die ganzheitliche Existenz war etwas, das mit irdischen Worten nicht zu beschreiben war; das mit irdischen Gefühlen oder Zuständen nicht zu vergleichen war; das mit irdischem Wissen nicht zu erfassen war; und das mit irdischem Bewusstsein nicht zu begreifen war. Denn es war nicht irdisch. Die Welt, die ihrem Schutz unterlag und in die sie verbannt worden waren, war ein kleiner Teil davon. Nur, wer einst die kosmische Energie dieser ganzheitlichen Existenz je erlebt hatte, der wusste, was sie war und was es bedeutete von ihr abgeschnitten zu sein.
 

Es war mehr, als nur das Gefühl nicht vollständig zu sein; als sich einsam und alleine zu fühlen; als gefoltert zu werden; als jeder psychische Schmerz es jemals sein könnte; und sogar als jedes Kind dieser Welt erfahren musste, wenn es seiner eigenen Mutter im Augenblick ihres Todes in die Augen blickte. Es war so viel mehr. Es war eher so, als schaue man sich selbst jeden Tag dabei zu, wie man innerlich mehr und mehr zu sterben schien, ohne es je wirklich zu können. Vielleicht kam die Vorstellung eines Fegefeuers diesem Zustand recht nahe, wenngleich nie ein Mensch dieses je zu verspüren hatte und sich deshalb niemand wirklich vorzustellen fähig war, was dieses kosmische Fegefeuer für Qual, Schmerz und Leid bedeutete...
 

Der antike Holztisch, an dem er nun saß, war massiv, rund und aus scheinbar einem Stück gefertigt. Der Direktor wusste noch vage, dass sie ihn einst aus einem Baum schlagen ließen, der von bedeutend imposanterer Größe war, als die weit verbreiteten Exemplare der heutigen Zeit. Seine geschätzte Freundin und Kollegin hatte dieses Meisterwerk gefertigt, welches mit feinsten Ornamenten verziert war, die in das einst weiche, frische Holz geschnitzt worden waren. Die Schöpferin wusste mit belebten Dingen einfach umzugehen, auch wenn ihr jedes Wesen und Ding naheging, das mit seinem Ableben in den ewig währenden Kreislauf aller Dinge zurückkehrte.
 

Ein Kreislauf, den sie einst aus der Ferne betrachteten und nun Teil davon waren, und gleichzeitig wieder nicht. Nicht fähig zu „leben“, nicht fähig zu „sterben“. Ein Harren in einer gefühlten Körperlosigkeit und in einem Zustand des Wartens auf etwas, von dem sie nicht sagen konnten, ob es jemals zurückkehren würde. Das Warten auf Godot (1). Das Spüren von Zeit, die doch nicht verstreichen wollte.
 

Sein Blick wanderte durch den Saal. Seine Tür war eine von vier Zugängen. Es gab eine Tür in jede Himmelsrichtung, und jede führte in einen von vier großen Trakten, deren Zentrum dieser Saal war. Er war das Zentrum der gesamten Akademie und das Refugium der Lehrer, die an ihr unterrichteten.
 

Da er Direktor war, sahen alle Trakte wie der aus, aus dem er gekommen war. Sie unterschieden sich lediglich in einem Detail voneinander, und zwar in den Türen. So war sofort für jeden zu erkennen, in welchem Trakt er sich befand. Seine eigenen Türen beispielsweise waren aus dunklem, massivem Holz, welches mit ebenso bedrückendem Eisen im Stein befestigt war und in den Angeln gehalten wurden. Er selbst war in ihrer Mitte dargestellt, von Schemen umgeben, deren grünliche Augen durch giftgrün leuchtende Steine zur Geltung gebracht wurden. Es waren Türen, die den Eindruck vermittelten, dass man besser nicht der Neugier nachgehen sollte erfahren zu wollen, was sich hinter ihnen verbarg. Doch in Wirklichkeit waren es Türen, wie alle anderen in dieser Akademie auch.
 

Das fulminante Gebäude war nach strengen Regeln erbaut worden und angeordnet. Das Zentrum war dieser Saal, der von den vier wichtigsten Trakten umschlossen war. Diese wiederum waren von einem weiteren Ring aus Trakten umschlossen, 5 an der Zahl, die mit den untergeordneten Bereichen besetzt waren. Den äußersten Bereich schließlich bildeten die diesen 5 Trakten untergeordneten Bereiche, derer es 7 gab.
 

So nüchtern betrachtet konnte man schnell dem Eindruck erliegen, dass es sich bei der Akademie um ein quadratisches Ungetüm aus Stein handelte, doch dem war nicht so. Sie glich viel eher einer düsteren Version eines Märchenschlosses.
 

Die Akademie war von einem dunklen Nadelwald eingeschlossen, von dem nicht einmal die Lehrer genau wussten, wo dieser lag. Sie hatten eher unkonventionelle Wege zu reisen und „in die Zivilisation“ zu gelangen. Der älteste Teil hob sich durchaus ein wenig vom Rest des Gebäudes ab, da dieser das Zentrum bildete und gleichzeitig über die Dächer der restlichen Hochschule ragte. Er war über Flure zu erreichen und lag in einem separaten Bau, welcher vom Rest der Akademie umschlossen wurde.
 

Gotische Elemente waren kaum zu übersehen, und prägten das äußere Erscheinungsbild immens. Nur hin und wieder wurde die alles verschlingende Schwärze des verarbeiteten Steins von dem ungesunden Grün des überall genutzten Lichts durchbrochen. Spitze steinerne Türmchen ragten überall drohend in den Himmel und überragten die winzig wirkenden Bäume um Längen.
 

Der äußerste Teil der Akademie fiel vor allem durch seine großzügigen Fronten aus Fenstern auf, die jedoch nicht weniger Schwärze mit sich brachten, als das Bollwerk im Kern der Anlage. Dennoch hatten die äußeren Bereiche durchaus etwas Prunkvolles an sich, wirkten sie in ihrer Bauart deutlich weniger schwermütig und unheimlich. Trotzdem passten sie hervorragend zum gotischen Zentrum, wenngleich ihre Flure, Säle und Zimmer nicht 15, sondern „nur“ 10 Meter hoch waren.
 

Ein plötzliches Geräusch ließ ihn aus seinen Gedanken aufschrecken und merken, wie tief er eigentlich darin versunken war. Eine der drei anderen Türen öffnete sich. Es war eine helle und freundliche Tür, die zwar ebenso groß wie seine eigene war, aber weit weniger wuchtig und schwer wirkte. Helles Holz mit einer leicht rötlichen, filigranen Maserung bot eine große Fläche für die liebevollen Verzierungen, die diese Tür schmückten. Feinste Ranken, in einer gesunden, blattgrünen Farbe angemalt, erhoben sich vom Rest der Tür und zeugten von geduldiger und wahrhaft meisterlicher Arbeit. Auch die eingeschnitzten Lilien, die sich hier und dort als Erhebung vom Untergrund abhoben und in frischen, freundlichen Farben gestaltet waren, ließen klar und deutlich erkennen, zu wem diese Türen gehörten.
 

Die Frau, die aus der Dunkelheit der anderen Seite in den Saal trat war von einer atemberaubenden und einmaligen Schönheit. Es war nicht einmal ihr perfektes Aussehen, welches einem den Atem zu rauben fähig war, sondern viel mehr ihre anmutige und elfengleiche Präsenz, die sie wie eine Aura umgab. Für das ungeübte Auge sah sie aus, als sei sie gerade einmal Mitte 20, doch wer tief in ihre Augen blickte, der konnte die kosmische Weisheit und die göttliche Güte hinter dem satten Smaragdgrün erkennen, die ein überirdisches Funkeln zu besitzen schienen.
 

Die Tür schloss sich hinter ihr, sie trat ins Licht und er erhob sich höflich. Während sie an den Tisch schritt, ließ er seinen Blick prüfend über seine engste Vertraute gleiten. Sie war das absolute Gegenteil von ihm, in mehr als einer Hinsicht und weit mehr als nur rein äußerlich. Ihre samtig glänzenden und weich fallenden Haare reichten ihr bis knapp über den Po und schillerten in allen Variationen, die man sich von der Farbe grün nur vorstellen konnte. Ihr schlanker und wohl geformter Körper wurde von einem luftig fallenden Kleid aus Seide verhüllt, welches sich kaum ihre Haut zu berühren traute und von beiger Färbung war.
 

Das Seidengewand endete vorne knapp über ihrem Knie und verlor sich nach hinten in einer endlos wirkenden Schärpe, die jedoch nicht über den Boden streifte, sondern in hauchzarten Bewegungen darüber schwebte. Die Seide wurde an den Schultern über die Arme hinweg von einem leicht durchsichtigen Taft abgelöst und ließ einen vagen Blick auf die zarten Arme zu, die von ähnlich filigranen Ranken aus Silber geschmückt waren, wie sie auch an ihrer Tür zu sehen waren.
 

Wenn er selbst als Ausgeburt eines Dämonen betrachtet werden konnte, so war sie die personifizierte Göttlichkeit.
 

Ihre zierlichen Füße waren unbekleidet, am Knöchel aber von je einem Ring aus Gänseblümchen umspielt. Und, im Gegensatz zu seinen eisigen Schritten, hinterließen ihre Füße ein flüchtiges Aufbegehren gesunden Grases, welches sich nach einem kurzen Moment jedoch genau so in Wohlgefallen auflösten, wie es auch sein Eis zu tun pflegte.
 

Ein zutiefst liebevolles Lächeln zierte ihren vollen, zart rosa schimmernden Lippen, die im Schein der Fackeln leicht glänzten. Ohne auch nur eine Spur von Angst oder Abscheu schloss sie ihren Vertrauten in die Arme, als sie diesen erreichte, und sprach mit einer warmen, hellen und herzlichen Stimme: „Grim! Ich freue mich, dich zu sehen.“ Auch wenn sie wusste, dass er diese Umarmung nicht spürte, so wusste sie aber ebenso, dass diese Geste für ihn von großer Bedeutung war. Sie liebte Grim, wie sie jedes einzelne Lebewesen dieser Erde liebte. Und auch ein wenig mehr, denn etwas ganz Besonderes verband sie seit dem Tag ihrer Erschaffung, was sich auch in alle Ewigkeit nicht zerstören oder entzweien ließ.
 

Grim löste sich von der göttlichen Schönheit. Seine Stimme klang beinahe diabolisch und ein eisiger Hauch umgab sie: „Gaia, es ist mir immer wieder ein Rätsel, wie sehr du dich über meinen Anblick freust, wo wir am Morgen doch noch gemeinsam mit allen anderen den Unterricht vorbereitet haben.“ Ihr wundervolles Lächeln veränderte sich in keiner Weise: „Deine Anwesenheit fehlt mir aber zwischendurch, wie dir meine fehlt. Und 'er' uns allen...“ Der Verhüllte senkte den Kopf und nickte leicht. Ehe er jedoch zu einer Antwort ansetzen konnte, öffneten sich die beiden übrigen Türen.
 

Beide Durchgänge waren von einer eindeutigen Symbolik und Machart verziert. Auf der einen Tür erhob sich ein stilistisches Sonnensymbol mit geschwungenen Strahlen auf dem rötlich schimmerndem Kirschholz über die Grundfläche. Diese Sonne war so kunstvoll mit Farbe versehen worden, dass man tatsächlich denken könnte, sie brenne wirklich. Rot, gelb und orange dominierten diese Farbgebung.
 

Auf der anderen Tür war in einer ähnlichen Weise ein nach oben geöffneter Halbmond zu sehen. Das Ebenholz, aus dem sie gemacht war, war dunkel, beinahe schwarz, doch der Halbmond schimmerte in einem zarten mondgelben Ton, von hellen Steinen umgeben, die das dunkle Holz wie einen Nachthimmel wirken ließen.
 

Durch die Sonnentür trat ein jugendlich aussehender Mann, der, ähnlich wie Gaia, eine gewisse göttliche Ausstrahlung und Anmut besaß, jedoch bei Weitem nicht so ausgeprägt. Zumindest empfand Grim dies so, doch er war wohl durch seine Bindung zu Gaia voreingenommen.
 

Eigentlich war der Rothaarige, hinter dem die Tür sich wieder schloss, ein wunderschöner Mann, wenn man es objektiv betrachtete. Seine blutroten Haare besaßen einen goldenen Schimmer und reichten ihm bis zur Mitte des Rückens, obwohl sie zu einem ordentlichen Zopf geflochten waren. Auf seiner Stirn war eine ähnliche Sonne zu sehen, wie auf der Tür, lediglich bedeutend kleiner. Seine Augen strahlten in einem warmen Orange, welches von einem rötlichen Ring umrandet wurde. Ein goldenes Diadem mit einem funkelnden Rubin thronte auf seinem Kopf und gab ihm etwas königliches. Gekleidet war er in einen weichen Kimono, der das Muster eine Tigerlilie aufwies.
 

Durch die Mondtür war eine Frau in den Saal getreten, die ebenfalls viel schöner und anmutiger als der Durchschnitt war. Ihre Haare reichten beinahe bis zum Boden und schimmerten in einer farblichen Mischung aus silber, pastellgelb und hellblau. Auf ihrem Kopf saß ein silbernes Diadem, in welches ein strahlend blauer Opal eingefasst war.
 

Ihre Haut war blass, schier weiß, und ihre zierlich geschwungenen Lippen hoben sich durch die indigoblaue Schminke ab. Ihre Augen waren beinahe weiß, dennoch schimmerten sie in einem ganz leichten Blauton. Die junge Frau trug ebenfalls einen Kimono, der jedoch nachtblau und mit feinen, hellblauen Linien gemustert war.
 

Grim und Gaia begrüßten die beiden Ankömmlinge mit freundschaftlichen Umarmungen, ehe der Verhüllte auf die Stühle deutete und zu sprechen begann, nachdem sie alle Platz genommen hatten: „Ich danke euch für euer Erscheinen... Solarion...“ Er sah den Rothaarigen an, der ihm zunickte. „...Luna...“ Sein Blick wanderte zu der jungen Frau im Kimono, die ebenfalls mit einem Kopfnicken verdeutlichte, dass sie den Dank annahm.
 

Gaia übernahm das Wort und lächelte liebevoll in die Runde: „Eigentlich danke ICH euch drei für euer Erscheinen. Denn ich habe um diese Konferenz gebeten. Es gibt nämlich eventuell gute Nachrichten...“ Der Rothaarige, Solarion, sah seine Kollegin fragend, aber durchaus neugierig an: „Eventuell? Was meinst du damit?“ - „Nun, ich habe heute Nachmittag Nachricht von Kakashi erhalten...“ Aufgeregt presste Luna ihre Hände aneinander und sprach mit funkelnden Augen: „Sag nicht, dass er endlich ein paar neue Schüler ausfindig machen konnte?“
 

Auch Grim wurde hellhörig. Wenn Luna Recht hatte, dann würde endlich wieder Bewegung in ihre Akademie kommen. Geduldig und schweigend wartete er ab, bis seine Vertraute zu erklären begann: „Es sieht ganz danach aus, als habe er nicht irgendeinen Schüler gefunden... Sondern einen ganz Besonderen, weshalb auch die Schülerzahlen vermutlich im Allgemeinen so niedrig sind.“ Der Direktor keuchte aufgeregt: „Willst du damit sagen, dass endlich wieder ein Schüler meines Fachs aufgetaucht ist?!“ Gaia sah ihn an und nickte lächelnd: „Kakashi ist sich ziemlich sicher, dass es so ist. Er wollte nur noch ein paar letzte Tests machen, um ganz sicher zu sein.“
 

Erschöpft ließ Grim sich nach hinten gegen die Lehne sinken und seufzte leise. Man konnte hören, dass er froh und erleichtert war, und unter normalen Umständen wohl gelächelt hätte: „Das... ist fantastisch! Eine vollständige, kosmische Gruppe hat es viel zu lange nicht mehr gegeben! Hat Kakashi bereits Informationen verlauten lassen?“ Gaia nickte abermals und spürte die Erleichterung und die angenehme Aufregung, die auch Grim in sich spürte. Sie war glücklich, dass ihn diese Nachricht so ungemein in Verzückung versetzte. Immerhin war ihr Freund und Vertrauter schon viel zu lange über die ganze Situation für sie und die Akademie deprimiert gewesen. Endlich schien das Blatt sich zu wenden, auch wenn keiner von ihnen sagen konnte, ob sie dieses Mal eine geeignete Gruppe gefunden hatten.
 

Sie legte Grim eine Hand auf die knochige Schulter und schmunzelte: „In der Tat. Kakashi erzählte mir, dass die Aura deutlich zu spüren sei... und dass Nachforschungen ergeben hätten, dass diesen jungen Mann viele menschliche Verluste in seinem Leben begleitet haben. Auffällig viele.“ Während der Direktor nickte und über diese Worte nachzudenken schien, meldete Luna sich wieder zu Wort: „Sollen wir unseren Schülern schon einmal Bescheid sagen, oder sollen wir lieber noch warten, bis wir ganz sicher sind?“
 

Solarion legte seine Hand ans Kinn und knurrte nachdenklich: „Die Truppe ist sehr... lebhaft. Ich denke, dass wir erst sichergehen sollten. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir uns ansonsten eventuell mehr unnötiges Chaos schaffen, als wirklich nötig.“ Gaia nickte zustimmend: „Ich denke auch. Sie sind eben alle noch recht jung und haben teilweise eine beneidenswerte Energie.“ Grinsend sah Luna ihre Kollegin schelmisch an: „Vor allem DEIN Schüler... und Solarions. Ich kann mich bei meinem über übermäßige Kindlichkeit nun wahrlich nicht beschweren... ganz im Gegenteil.“
 

Der Rothaarige verdrehte die Augen: „Hör bloß auf... er ist ja wirklich lieb und herzensgut... aber manchmal würde ich ihm am Liebsten den Mund versiegeln, damit ich mal fünf Minuten Pause für meine armen Ohren habe...“ Gaia schmunzelte erheitert und schüttelte lächelnd den Kopf: „Die beiden sind wie Tag und Nacht, aber das müssen sie eben sein. Das wisst ihr doch. Sie ergänzen sich so gut, wie noch nie Schüler vor ihnen, die bei euch beiden Unterricht hatten. Und ich glaube, dass Grim einen sehr fähigen und ihm ähnlichen Schüler kriegen wird, wenn dieser ein richtiges Pendant zu meinem Schützling ist.“
 

Nun sah der Verhüllte wieder auf, stützte das Gesicht auf den Knochen seiner Finger ab, und kicherte leise: „Wisst ihr... wenn dem so ist, dann wird es wohl der perfekte Schüler sein... Absolut perfekt...“ Er sah seine Kollegen verheißungsvoll an. „Ich werde Kakashi gleich morgen auftragen, sich mit den Überprüfungen zu beeilen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass an der Sache mehr dran ist... Vielleicht haben wir dieses Mal Glück und kriegen tatsächlich eine... perfekte Gruppe zusammen...“
 

(1): "Warten auf Godot" ist ein Theaterstück von Samuel Beckett, in welchem 2 Hauptfiguren auf Godot warten, der jedoch bis zum Schluss nicht erscheint. Weitere Infos: http://de.wikipedia.org/wiki/Warten_auf_Godot

Die Hölle auf Erden

Die Sonne schien seicht vom Himmel und begrüßte die ersten Schneeglöckchen mit einer sanften, aber nicht zu warmen Umarmung. Die Luft war von einer Frische erfüllt, wie man sie nur an solchen Frühlingsmorgen zu finden fähig war: ein wenig kühl, aber doch von den Düften erfüllt, die von der Sonne aus den ausgezehrten Pflanzen gelockt und dem Flair eines nicht allzu lang zurückliegenden Regens unterstrichen wurden.
 

Der Asphalt der Straße, die zum Campusgelände führte, war hier und dort noch vom Regen der vergangenen Nacht gezeichnet. Tiefere Mulden und Schlaglöcher hielten eisern die letzten kleinen Pfützen fest, die noch übrig waren.
 

Zahlreiche Studenten marschierten auf das geradezu majestätische Gebäude zu, welches am Ende eines gepflasterten Weges, und von Bäumen und Wiesen umgeben, den Kern des Campusgeländes ausmachte. Wie ein kleines Märchenschloss thronte das historische Universitätsgebäude über den Grünanlagen.
 

Die uniformierten Studenten strömten in mehr oder weniger großen Gruppen redend, lachend, fröhlich, aufgeregt und erwartungsvoll auf das Gebäude zu. Alle hatte wohl so ihre größeren und kleineren Probleme, von denen keiner ihrer Kommilitonen wusste oder diese das etwas anging, doch alle führten ein mehr oder minder normales Leben. Alle, bis auf einen...
 

Sasori sah auf die Uhr. Noch 15 Minuten, bis der Unterricht beginnen würde. Seufzend strich er sich durchs Haar und sah sich um. Viele Erstsemester, die mit ihm im Wintersemester begonnen hatten, tummelten sich mit ihm auf dem gepflasterten Weg. Doch er war der Einzige von ihnen, der völlig alleine war.
 

Irgendwie kam er sich mittlerweile wirklich blöd vor, dass er ernsthaft daran gedacht hatte, dass sich eventuell etwas ändern würde, wenn er erst einmal an der Universität war. Doch, natürlich, hatte sich rein gar nichts geändert.
 

Wie auch? Knapp 90% der Studenten, die ihn aus der Schule kannten, hatten Angst vor ihm. Und vor den restlichen 10% machte er, so gut es eben ging, einen großen Bogen.
 

Sein Ruf war ihm an der Hochschule mal wieder vorausgeeilt und ihm erst gar nicht die Möglichkeit gegeben herauszufinden, ob er von vielen ungünstigen Zufällen umgeben gewesen war in seinem bisherigen Leben, oder ob er verflucht war. Er wusste es nicht. Sicherlich war der Gedanke an Flüche lächerlich, aber so langsam blieben ihm eindeutig die Ideen aus.
 

Langsam näherte er sich dem Eingang des Universitätsgebäudes und schaute starr, eisern und mit ausdruckslosem Blick auf den Boden vor seinen Füßen. Die Hände hatte er in den Hosentaschen vergraben und seine kurzen, roten Haare schotteten sein Gesicht wenigstens ein wenig vor Blicken ab. Blicke, die zumeist von Abscheu geprägt waren. Oder von Sensationsgier. Je nachdem, ob die ihn musternde Person ihn schon aus der Schulzeit kannte oder nicht.
 

Diejenigen, die ihn kannten und ihn aus Angst mieden, die waren ganz sicher von einem Fluch überzeugt. Und es wunderte ihn mittlerweile nicht mehr wirklich. Denn sie hatten alle schlicht und ergreifend Angst um ihr Leben...
 

Sein regungsloses, versteinertes Gesicht verriet, wie immer, nichts davon, dass es ihn mehr als nur kränkte, wie ein Aussätziger behandelt zu werden. Er konnte sich nicht einmal genau daran erinnern, wann er endgültig an diesem „Leben“, das er führte, zerbrochen war. Ein „Leben“, welches mit dieser Bezeichnung so lächerlich in die Ironie gestoßen wurde, dass es schon beinahe tragikomisch gewesen wäre.
 

Sasori betrat das Gebäude und schlurfte noch immer mit gesenktem Blick, aber zielsicher zu seinem Lehrraum.
 

Seine Eltern waren tot. Seit 9 Jahren bereits schon. Damals war er gerade einmal 10 Jahre alt gewesen, als sie ihn bei seiner Großmutter einquartiert hatten und in den Urlaub gefahren waren. Das Flugzeug, in dem sie gesessen hatten, war über dem Atlantik abgestürzt.
 

Vor 2 Jahren dann war seine Großmutter gestorben. Die letzte bis dahin noch lebende Verwandte, die er hatte. Und sie war nicht etwa eines natürlichen Todes gestorben, sondern von einem Einbrecher bei der Arbeit in ihrer Wohnung entdeckt und einfach erschossen worden.
 

Seine Familie war ausgelöscht, bis auf ihn.
 

Als er schließlich auf die Oberschule ging, da fing der Wahnsinn erst richtig an. Nicht nur, dass dort das Mobbing begonnen hatte, dem er sich seither täglich ausgesetzt sah. Nein. Damals hatten die wirklich merkwürdigen Todesfälle ihren Anfang gefunden. Und nicht nur das...
 

Seit über 5 Jahren trug er das Gefühl der Schuld mit sich. Er hatte niemandem etwas getan, und doch... Immer waren es Menschen gewesen, die besonders abartig zu ihm gewesen waren. Anfangs waren das noch sehr viele, da er einfach schon als Kind durch seine Verluste schweigsam, verschlossen und zurückgezogen gewesen war. Er hatte nie viel gesagt und die Lehrer hatten es irgendwann aufgegeben, ihn zu integrieren. Die anderen Schüler hatten ihn für dumm gehalten, da er nie Antworten auf Fragen gegeben hatte, die er für unnötig erachtet hatte.
 

Das erste Mal passierte „es“, als sie auf einem Ausflug im Museum gewesen waren. Damals war er 13 Jahre alt gewesen und hatte noch bei Chiyo, seiner Großmutter, gewohnt. Sie hatten sich eine Ausstellung von diversen Künstlern angesehen, die Beiträge zum Thema „Toleranz“ zur Verfügung gestellt hatten. Als Junge hatte er damals gedacht, dass diese Ausstellung ein Geschenk für ihn gewesen wäre, da die anderen dort gelernt hätten, dass er einfach nur anders war...
 

Doch dem war nicht so. Ein Mitschüler hatte ihn immer wieder geschubst, ausgelacht und beleidigt, wenn ihr Sensei es nicht mitbekam. Er hatte eine Diskussion angefacht, sich gewehrt. Das erste Mal. Was darin geendet hatte, dass der andere Schüler ihn als miese kleine Schwuchtel, Bastard, zu kurz geratenem Schwachmaten und noch viele andere Dinge bezeichnet hatte. Und er war so wütend darüber geworden, dass er sich aufrichtig den Tod dieses Jungen gewünscht hatte.
 

Keine zwei Minuten später machte dieser Junge mal wieder Unfug und entfernte sich ein Stück von der Gruppe. Er lief pausenlos umher, brachte den Sensei zum Verzweifeln und fiel schließlich über seine eigenen Füße... und rammte sich bei dem Sturz den Stift, den er wie die anderen für Notizen in der Hand gehalten hatte, in den Hals.
 

Ein Jahr später war er auf Klassenfahrt gewesen und niemand wollte ihn auf dem Zimmer haben, bis der Sensei einfach eine Gruppe bestimmt hatte, zu der er schließlich ziehen musste. Am Abend hatten sie ihn dann auf den Balkon gesperrt und die ganze Nacht dort gelassen. Immer wieder hatten sie die Vorhänge aufgezogen und ihn ausgelacht. Beschimpft. Fertig gemacht. Und wieder war da dieser Wunsch in ihm gewesen...
 

Und als man ihn am nächsten Tag wieder ins Haus holte, da lagen sie alle tot in ihren Betten... die Gasheizung hatte ein Leck gehabt, sie waren im Schlaf erstickt.
 

Er nahm im endlich erreichten Hörsaal in seiner üblichen Ecke, fernab von allen anderen, in der ersten Reihe Platz.
 

Seither mied man ihn völlig. Jeder wusste, was diese Jungs immer mit ihm gemacht hatten. Und jeder war auf den Gedanken gekommen, dass ER es gewesen sei... und auch Sasori selbst hatte damals bereits gedacht, dass es seine Schuld gewesen war!
 

So hatte er sich damit abgefunden und war nur froh gewesen, dass die Meisten aufhörten ihn zu schikanieren... auch wenn er dadurch mit niemandem mehr auch nur ein Wort wechselte.
 

Trotzdem gab es immer mal wieder Mitschüler, die ihn gemobbt hatten... und nun nicht mehr lebten. Zwei hatten ihn während einer Schulpause verprügelt, als er 15 war. Nur, weil er deutlich kleiner gewesen war und gegen sie keine Chance gehabt hatte. Nach der Sportstunde schließlich war ein Radio in den Duschen zu Boden gefallen, als die zwei noch nicht fertig gewesen waren. Sie waren sofort tot gewesen...
 

Immer mehr Studenten füllten die Bänke. So langsam wurde es unangenehm voll.
 

Mit 16, am Tag nachdem seine Großmutter gestorben war, da war ein Sensei ihm gegenüber ausfallend geworden. Er hatte seine Hausaufgaben nicht gemacht gehabt, was wohl das Verständlichste der Welt war... Doch er hatte kein Wort über seine Lippen bringen können. Er hatte nicht vor all diesen schrecklichen Mitschülern über so etwas Persönliches sprechen wollen, doch der Lehrer hatte sich strikt geweigert, ein Gespräch unter vier Augen zu führen. Hatte ihn ermahnt, endlich mal die Zähne auseinander zu kriegen und sich endlich mal ins soziale Gefüge einzuordnen. Hatte ihm noch die Schuld dafür gegeben, dass er nicht dazugehörte...
 

Das Leben dieses Senseis hatte in der folgenden Nacht dann ein Ende gefunden. Groß und schockierend hatte es in allen Zeitungen gestanden, dass dieser Lehrer von seiner Frau mit einer Schülerin im Bett erwischt worden war... woraufhin seine Frau beide regelrecht mit einem Küchenmesser hingerichtet hatte.
 

Abermals schaute Sasori auf die Uhr. Dieses Mal knurrte er ungehalten. Es war schon drei Minuten nach Unterrichtsbeginn und der Sensei war noch nicht da.
 

Auch in den letzten drei Jahren hatten diese Todesfälle einfach kein Ende genommen. Fünf Mitschüler der Hochschule waren tot, zwei Kommilitonen und ein weiterer Sensei. Und jedes Mal war im Vorfeld irgendetwas passiert, in das er verwickelt gewesen war. Jedes Mal hatte er sich, auch wenn es nur für Bruchteile von Sekunden gewesen war, wieder zu dem Gedanken verleiten lassen, die Personen mögen doch einfach tot umfallen.
 

Mittlerweile wurde er nicht nur gemieden, er mied auch von sich aus. Er hatte einfach keine Lust mehr, dass ständig Menschen starben, nur weil er sich das wünschte. Unter normalen Umständen hätte man dies als Zufall werten können, doch nach all den Jahren, nach all den Todesfällen... da wäre es vermessen gewesen zu glauben, dass es da keinen Zusammenhang gab. Er sprach nicht viel, doch er war alles andere als dumm. Denn wenn man seine Zeit nicht mit Menschen verbrachte, so hatte man sehr viel davon, um sich mit Büchern oder anderen Dingen zu beschäftigen, denen man nichts antun konnte. Ob nun bewusst oder unbewusst.
 

Zehn Minuten später kam auch endlich der Dozent in den Saal... gestürmt wäre übertrieben gewesen. Maßlos. Viel zu spät und dann auch noch die Ruhe in Person.
 

Den Sensei kannte Sasori gar nicht. Die wuscheligen graumelierten Haare und der dicke Schal vor dem halben Gesicht wären ihm definitiv in Erinnerung geblieben. Und besonders diese dreiste Unpünktlichkeit!
 

Rasch stellte sich der Dozent als Sensei Hatake Kakashi vor und erklärte, dass er kurzfristig für den eigentlichen Dozenten einspringe, da dieser kurzfristig verhindert sei. Im Grunde war Sasori es einerlei, wer den Unterricht machte. Hauptsache war, dass er seine Zeit nicht vergeudete und sie endlich anfingen. Und die verstrich recht ereignislos, während die Studenten dem Vertreter erklärten, wo sie mit ihrem Stoff waren und was für den heutigen Tag geplant war. Weitere 15 Minuten gingen für diese Diskussion drauf, bis der Sensei endlich mit dem Unterricht begann.
 

Wie üblich vertiefte Sasori sich ganz in seine Notizen, die er sich nebenbei machte. Doch an diesem Morgen hielt er nach einer Weile plötzlich inne. Zwar sah er nicht auf, sondern starrte auf seinen Block, doch das, was ihn ablenkte war so stark und merkwürdig, dass er kein Wort mehr zu Papier brachte.
 

Er konnte es nicht einmal genau erklären, was es war, aber trotzdem war es so klar und deutlich, dass er es nicht ignorieren konnte. Er spürte etwas... eine Art Aura, Präsenz. Verstohlen blickte er sich um, doch die anderen Studenten schienen keinerlei Notiz davon zu nehmen. Dabei war es doch unmissverständlich wahrzunehmen... oder drehte er nun völlig durch? Es war, als konzentriere sich pure, elektrische Energie an einer einzigen Stelle.
 

Sein Blick wanderte weiter durch den Saal, bis...
 

Der Sensei sah ihm irgendwie erwartungsvoll in die Augen und kam bei seinen Ausführungen noch ein Stück näher. Sasori schluckte schwer. Die Aura wurde mit jedem Schritt stärker. Und der Blick in den Augen des Dozenten verriet ihm auf irgendeine Weise, dass dieser zu wissen schien, dass er sie wahrnahm.
 

Rasch schüttelte er den Kopf und kritzelte mit zitternden Händen weiter auf seinen Block. Er drehte durch, eindeutig. Vermutlich war es einfach auch für ihn Zeit für die Semesterferien, eine kleine Pause.
 

Kakashi lächelte ungesehen unter dem Schal. Es war ihm keineswegs entgangen, dass der Rothaarige seine Präsenz wahrgenommen hatte. Im Grunde gab es keinen Zweifel mehr, dass dieser Student nicht an diese normale Universität gehörte, und dafür würde er nach dem Unterricht sorgen...
 


 

Nach der Doppelstunde war Sasori noch nie so froh gewesen, den erlösenden Gong zu hören. Ausnahmsweise mal eilig packte er sofort seine Sachen zusammen, um möglichst schnell aus dem Hörsaal verschwinden zu können. Zu seinem Bedauern strömten auch all die anderen Studenten direkt nach draußen und blockierten sämtliche Gänge, als er noch mit Einpacken beschäftigt war.
 

Und schließlich riss ihn die plötzlich wieder starke Aura, sowie die Stimme des Senseis ihn aus seinen Gedanken: „Akasuna no Sasori?“ Kurz zuckte er zusammen, ehe er aufsah und wortlos nickte. Er konnte erkennen, dass der Dozent hinter seinem Schal lächelte. Dieser nickte ihm schließlich freundlich zu und sprach ungeniert weiter: „Ich würde Sie bitten, einen Augenblick zu warten. Es gibt da etwas, das ich gerne mit Ihnen besprechen würde...“ Innerlich seufzte Sasori auf, nickte aber als Antwort und packte den Rest seiner Sachen in Ruhe ein, während seine Kommilitonen nach und nach auf den Flur strömten und sich in alle Himmelsrichtungen verteilten.
 

Sensei Hatake schloss die zwei Türen nach draußen und kehrte in aller Seelenruhe zu ihm zurück, musterte ihn mit beinahe schon amüsierten Augen und setzte sich einfach auf den Nachbartisch, ehe er abermals zu sprechen begann: „Ich danke dir, dass du gewartet hast. Ich weiß, dass du neugierige Zuhörer nicht magst... Und ich würde dir gerne ein paar Fragen stellen.“
 

Hinter Sasoris Stirn arbeitete sein Verstand auf Hochtouren, von viel zu vielen Fragen zu Höchstleistungen animiert. Doch er blickte einfach nur auf und nickte wieder. Kakashi lächelte: „Du bist anders...“ Erschrocken riss er seine Augen auf und erntete dafür lediglich ein erheitertes Kichern: „Nun schau nicht so. Ich weiß, dass du meine Aura wahrnimmst. Ich verrate dir etwas... Du besitzt auch eine. Und die kann ich wahrnehmen, klar und deutlich.“
 

Abwehrend verschränkte er die Arme vor der Brust, hob skeptisch eine Augenbraue und sah den vermeintlichen Sensei argwöhnisch an: „Wer sind Sie?“ - „Das sagte ich doch: Sensei Hatake Kakashi.“ Scheinbar amüsiert nahm der Dozent, oder was dieser merkwürdige Kerl auch immer sein mochte, sein abfälliges Schnauben wahr, setzte allerdings auch einfach fort: „Wir haben dich schon eine Weile im Auge, Sasori. Du weißt so gut wie ich, dass du nicht an diese Universität gehörst. Aber... es gibt eine Akademie, an die du hervorragend passen würdest. Dort werden nur Menschen wie du aufgenommen.“
 

So langsam reichte es ihm. Wovon faselte dieser Silberpudel da eigentlich?! Genervt knurrte er: „Hören Sie... ich weiß nicht, wer Sie sind, woher Sie kommen oder was Sie wollen. Lassen Sie mich einfach in Ruhe, okay?“ Doch Kakashi schüttelte den Kopf: „Du brauchst keine Angst haben, denn ICH werde definitiv NICHT tot umfallen, wenn es dir in den Sinn kommt...“
 

Panisch sprang Sasori auf und starrte Kakashi entsetzt an: „Was wollen Sie?“ Ohne eine Spur Angst oder gar Abscheu schmunzelte der Sensei leise: „Ich möchte dich zu der Akademie bringen, die deine wahren Qualitäten zu unterstützen weiß. Die merkwürdigen Todesfälle in deinem Leben waren nämlich kein Zufall, Sasori. Du trägst eine Gabe in dir, die gefördert werden kann und muss!“
 

„Gabe?! GABE?! Wissen Sie was: es ist mir egal, wer Sie sind oder was Sie wollen! Lassen Sie mich in Ruhe und wagen Sie es bloß nicht noch einmal von einer Gabe zu sprechen! Ich weiß nicht, woher Sie das zu wissen glauben, aber eines kann ich Ihnen sagen: Es ist ein Fluch! Okay?!“ keifte Sasori ungehalten. Nicht, weil er wirklich wütend war, sondern viel mehr, weil er sich in die Ecke gedrängt fühlte. Dieser Kerl wusste Dinge, die niemals seine Lippen verlassen hatten!
 

Fast panisch schnappte er sich seinen Rucksack und stürmte aus dem Hörsaal. Es war ihm egal, ob er sich gerade unhöflich verhielt, oder nicht. Es war ihm wirklich egal, woher dieser Typ das alles zu wissen schien. Es war ihm auch egal, was dieser Kerl von dieser komischen Akademie gefaselt hatte! Es war einfach nur eine Frechheit aus seinem Martyrium eine dämliche „Gabe“ zu machen! Er brachte Menschen um! Wie er es auch immer anstellte, aber er tötete durch seinen bloßen Wunsch! Was, bitte, war daran eine beschissene Gabe?!
 

Völlig aufgelöst mogelte er sich ungewohnt forsch und demonstrativ zwischen den anderen Studenten hindurch. Er bekam es gar nicht mit, dass er von allen Seiten irritiert angeschaut wurde. Zumindest zunächst. Manch einer realisierte plötzlich panisch, wie aufgebracht Sasori war, und brachte sich und seine Freunde möglichst schnell auf Abstand. Doch er selbst nahm es einfach nicht wahr. Seine Gedanken waren ganz woanders.
 

Und schneller, als er es überhaupt realisieren konnte, bekam er für seine Achtlosigkeit die Quittung. Unsanft prallte er gegen jemanden und fiel rücklings zu Boden. Erschrocken sah er auf und biss sich auf die Unterlippe. Von allen Studenten dieser Universität musste es ausgerechnet DER sein! Nervös rappelte er sich wieder auf und knurrte: „Tschuldigung.“
 

Sasori hatte wirklich kein Interesse, jetzt auch noch in Schwierigkeiten zu geraten. Rasch machte er sich auf, um endlich aus dem Gebäude zu kommen und nach Hause zu gehen, um sich dort einen ruhigen Abend zu gönnen und niemanden mehr sehen zu müssen. Und vor allem wollte er es unter allen Umständen vermeiden, schon wieder in eine Situation zu geraten, in der möglicherweise wieder etwas... tödliches passierte. Er konnte es einfach nicht mehr ertragen.
 

Doch der Riese, gegen den er gelaufen war und der für üblich zu den 10% der Menschen gehörte, um die er einen großen Bogen machte, packte ihn grob am Arm und hielt ihn fest. Lautlos seufzte Sasori auf. Er kannte Juugo und dessen Clique noch von der Oberschule, sie kannten ihn. Und sie waren so von Hass und Abscheu ihm gegenüber erfüllt, dass sie die Phase der Angst vor ihm schon lange hinter sich hatten, sondern viel eher... die Jagd auf ihn mit großer Freude eröffnet hatten und frei von Scheu auch aussprachen, was jeder sich dachte.
 

Schon seit Jahren beschuldigten sie ihn so vieler Dinge und verstanden es darüber hinaus auch noch, ihn mit dem nötigen Nachdruck davon abzuhalten, einem von ihnen den Tod an den Hals zu wünschen. Er hatte irgendwann aufgehört die Stunden zu zählen, die er wegen ihnen auf der Krankenstation verbracht hatte. Doch nach so vielen Jahren hatte er sich ihnen gegenüber mit seinen Gedanken im Griff. Er dachte nicht einmal mehr das, was er wollte. Wäre auch nur einer von ihnen unter merkwürdigen Umständen ums Leben gekommen... er wäre wohl öffentlich aufgeknüpft worden.
 

Die riesige Hand Juugos hielt ihm am Kragen fest und die tiefe, grollende Stimme fuhr ihm durch Mark und Bein, auch wenn niemand das zu sehen vermochte: „Was fällt dir ein?! Willst du hier etwa wieder Ärger machen?! Scheinbar liegt die letzte Lektion schon zu lange zurück...“ Sasori schluckte schwer, schüttelte den Kopf und sprach, was er innerlich verfluchte, so monoton wie immer: „Nein, es war ein Versehen und dafür habe ich mich entschuldigt.“ Er entdeckte die anderen Mitglieder der Clique hinter dem Koloss, in dessen Mangel er sich noch immer befand: ihr Anführer Sasuke, Karin, Suigetsu, sowie die Zwillinge Sakon und Ukon.
 

Sasuke kicherte nur trocken und sah ihn spöttisch an: „Spiel dich mal nicht so auf hier und mache einen auf obercool. Das Wetter ist so schön... ich finde, wir sollten eine Runde nach draußen gehen...“ Die anderen kicherten dreckig und Juugo zerrte ihn am Kragen herum, als dieser sich an einem der Schließfächer ordentlich einen wischte. Sasori reagierte sofort. Noch ehe Juugo sich von dem Schreck erholt hatte, riss er sich aus dem dadurch gelockerten Griff und rannte los.
 

Die übrigen Studenten wichen ihm aus, was ihm zum ersten Mal als Segen erschien. Doch er hörte die Clique direkt hinter sich. Natürlich konnten die eine solche Niederlage nicht einfach einstecken. Er seufzte innerlich auf. Wäre ja auch mal etwas Neues gewesen!
 

Flink suchte er sich seinen Weg durch die Kommilitonen auf den Fluren, schlug Haken, wenn es ging, und versuchte seine Verfolger abzuschütteln. Juugo war bereits nicht mehr hinter ihm zu sehen, als er einen Blick riskierte. Doch die anderen ließen sich nicht so leicht loswerden wie der Hüne.
 

Sasori sah wieder nach vorne und atmete erleichtert auf. In der Bibliothek hatte er eine reelle Chance, seinen Verfolgern endgültig zu entkommen, da diese verwinkelt und durchaus auch von Dozenten besucht war. Rasch rannte er durch die große Schwingtür und reduzierte dahinter augenblicklich sein Tempo, um sich mit einem kurzen, prüfenden Blick umzusehen. So leise es ihm möglich war, huschte er in den erstbesten Gang hinein, als seine Verfolger ebenfalls in die Bibliothek stürmten.
 

Er hatte bereits ein paar Gänge hinter sich gebracht, als er in einen weiteren einbog und nach ein paar Schritten abrupt seine Flucht bremste. Zerknirscht drehte er sich herum, er war in eine Sackgasse gelaufen. Er musste sich einen anderen Weg suchen. Doch ehe er den betretenen Gang wieder verlassen konnte, tauchten die Zwillinge am einzigen Ausgang auf, grinsten ihn an und riefen ungeniert: „Wir haben ihn!“
 

Vorsichtig machte Sasori ein paar Schritte zurück, während die beiden Verfolger immer näher rückten, und auch Karin, Suigetsu und Sasuke nach ein paar Augenblicken dazukamen. Er schluckte schwer und wich immer weiter zurück. Es war eine Weile her, seit sie ihn das letzte Mal so gejagt hatten und irgendwie hatte sich die unsinnige Hoffnung in ihm breitgemacht gehabt, dass es auch so bleiben würde. Doch, wie schon so oft an diesem Tag, wurde er eines besseren belehrt.
 

Als er mit dem Rücken gegen das Regal stieß, welches ihn von der begrenzenden Wand der Bibliothek trennte, schloss er seine Augen und seufzte lautlos. Vermutlich war es besser, es einfach über sich ergehen zu lassen und ihnen den Spaß damit zu verderben, dass er nicht reagierte. So ging es in der Regel am Schnellsten. Es war ja doch unausweichlich. Und sich gegen sechs Leute wehren war mehr als nur dumm. Ebenso wie die Hoffnung, dass ihm irgendjemand helfen würde. Viele hatten ihn gesehen, wie auch seine Verfolger. Doch alle hatten ihren Blick abgewandt, obwohl sie wussten, was passieren würde.
 

Er riss seine Augen auf, als Sasuke ihn am Kragen packte und leise zischte: „Jetzt gibt es eine Abreibung...“ Die Clique, die mittlerweile mit Juugo wieder komplett war, kicherte. Sasori reagierte nicht. Er hatte sich damit abgefunden. Was konnte er schon tun? Er hatte gelernt, sich nicht von dieser Gruppe provozieren zu lassen. Es gab nur wenige Ausnahmen, die ihn absolut rot sehen ließen...
 

Und als wolle das Schicksal sich über ihn lustig machen, brüllte einer der beiden Zwillinge, er konnte sie nie auseinanderhalten, lauthals und mit einer verächtlichen, widerlichen und herablassenden Stimme auf ihn ein: „Du kriegst die Fresse so poliert, dass du nicht mehr wissen wirst, wie du heißt! Du dreckiges, abartiges, zu kurz geratenes und schwules Standgebläse!“
 

Mit einem Mal, wie auf Knopfdruck, waren alle guten Vorsätze völlig vergessen. Wütend knirschte Sasori mit den Zähnen und fixierte den Zwilling aus Augen, die pure Rage verrieten. Es war eine Sache, ihn wegen dieser beschissenen Todesfälle das Leben zur Hölle zu machen... aber wenn es um so persönliche Dinge ging, drehte Sasori einfach durch!
 

Waren die Anschuldigungen wegen der ganzen Toten in seinem Umfeld nicht unbedingt ungerechtfertigt, so hasste er es wie die Pest, wenn irgendjemand dieser ignoranten, arroganten und intoleranten Idioten etwas über ihn persönlich sagte, und das noch auf eine Weise, als wisse dieser Idiot auch noch irgendein Detail über ihn! Sie wussten gar nichts! Nicht mal ein kleines Bisschen!!
 

Nur noch dumpf realisierte er, wie Sasuke ihn zur Vernunft mahnte und ihm irgendetwas androhte, doch seine Realität lag nicht mehr in der Wirklichkeit. Seine Augen pressten sich zu schmalen Schlitzen zusammen, seine Gedanken gerieten völlig außer Kontrolle. Es ging diese Tyrannen rein gar nichts an, dass er einfach kleiner als der Durchschnitt war. Es ging sie rein gar nichts an, wie sehr er sich selber für diese Vorfälle verachtete und wie ihm all das bereits sein Leben versaut hatte! Aber am Allerwenigsten ging es irgendjemanden etwas an, ob er schwul war oder nicht! Als ob er es jemals hätte herausfinden können! Er kam ja niemandem näher als auf höfliche Distanz und das nur, wenn es denn unbedingt nötig war! All diese Menschen, die ihn beleidigten, waren doch nur Schuld daran, dass er völlig alleine war!!! Niemand war so dumm sich ihm mehr zu nähern als nötig!
 

Und zum ersten Mal in seinem Leben formte sich der so gefürchtete Wunsch nicht nur in seinem Kopf, sondern verließ durch eine eiskalte und gepresste Stimme seine Lippen: „...fahr doch zur Hölle und verrecke, du Arschloch!“
 

Sasori bekam nicht einmal mit, wie die anderen der Truppe geschockt raunten und ihn entsetzt ansahen. Selbst Sasuke lockerte den Griff an seinem Kragen, bis er schließlich ganz von ihm abließ.
 

Der Anführer drehte sich zu seinen Freunden um und knurrte: „Kommt, verschwinden wir lieber, bevor der Freak noch völlig austickt.“ Sichtlich in Unruhe versetzt machten die Studenten Kehrt. In einem Anflug von Panik lief Karin los und stieß gegen Juugo. Unsanft prallte sie, wie Sasori auf dem Flur, von ihm ab und strauchelte gegen das Regal, welches zwischen ihr und dem nebenan liegenden Gang stand.
 

Erschrocken sahen alle auf, als es zu wackeln begann. Sasuke schüttelte ungläubig den Kopf und keuchte auf: „Alle weg da!“ Karin erstarrte in ihrer Panik, wurde aber im letzten Augenblick von Juugo in Richtung Ausgang gezogen. Die anderen versuchten sich in die Sackgasse zu flüchten. Doch der Platz reichte nicht...
 

Das Regal donnerte zu Boden. Alle starrten mit glasigen Augen auf das schwere Ungetüm aus Holz, welches nicht nur die herausgefallenen Bücher unter sich begraben hatte... Sasori bekam allmählich mit, was passiert war, und schlug sich die Hand vor den Mund. Blut rann langsam zwischen den Büchern umher. Er sah sich um. Nur noch ein Zwilling stand inmitten der Gruppe, zu der sich immer mehr Schaulustige und besorgte Anwesende der Bibliothek mischten. Alle starrten noch gebannt auf das schwere Regal, unter dem eine Hand hervorschaute, die sich nicht mehr regte.
 

Sasori presste sich noch fester an das Regal in seinem Rücken, welches zu seiner Erleichterung immerhin direkt an der Wand aufgestellt war. Während alle noch immer nicht wirklich begriffen, was sie sahen, spürte er eine Bewegung in seinem Rücken. Irritiert wollte er sich umdrehen und nachsehen, als sich bereits eine Hand auf seinen Mund drückte, ihn nach hinten in die Dunkelheit zog, und die Regale sich vor seinen Augen mitsamt der Wand wieder... materialisierten und ihm die Sicht auf das Szenario mit dickem Mauerwerk genommen wurde.

Eine schwierige Aufgabe

Aloha ihr Lieben!
 

Es tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat, aber ein paar private Begebenheiten hatten einfach Vorrang.
 

Ich hoffe sehr, dass sich eure Geduld lohnen wird und euch das Kapitel gefällt :) Mir hat es jedenfalls Spaß beim Schreiben gemacht, da ich die beiden Hautcharaktere dieses Kapitels so noch nie miteinander habe agieren lassen, und diese Herausforderung hat wirklich was gehabt. Ich hoffe, dass diese Chemie zwischen den beiden auch gut rüberkommt.
 

Lange Rede, kurzer Sinn: hoffentlich viel Vergnügen beim Lesen ;)
 

LG

Galenhilwen~
 


 

Sein Blick war auf das massive Mauerwerk gerichtet, welches sich vor ihm materialisiert hatte, doch seine Aufmerksamkeit galt ganz demjenigen, der ihm die Hand auf den Mund drückte, aber allmählich den Griff lockerte.
 

Die Stimme, die plötzlich ertönte, hatte Sasori vorhin schon einmal gehört: „Ganz ruhig, ich tue dir nichts und dir wird nichts passieren. Ich wollte dich nur von dieser Meute weg kriegen...“ Er wurde aus dem Griff entlassen, fuhr herum und funkelte Kakashi aus wütenden Augen an: „Was fällt Ihnen eigentlich ein?! Was soll der ganze Scheiß hier?!“
 

Erst jetzt sah er sich kurz prüfend um. Er befand sich in einer Art Flur, der allerdings nur von Mauerwerk umgeben war. In ihrer unmittelbaren Nähe flackerten ein paar Fackeln vor sich hin. Stutzend blieb sein Blick an diesen hängen. So langsam wurde es ihm wirklich unheimlich. Diese Fackeln leuchteten nicht im gewohnten, warmen Rot, sondern versprühte ein fast fauliges Licht, welches durch die verschiedenen Grüntöne verursacht wurde, in denen die Flamme getönt war. Ansonsten lag alles andere in absoluter Dunkelheit. Er war sich jedoch sicher, dass auch nichts weiter aufregendes zu sehen gewesen wäre, so lange dieser Gang nicht irgendwo ein Ende nahm.
 

Kakashi hob verteidigend die Hände und lächelte leicht: „Es tut mir Leid, Sasori. Ich wollte dich wirklich nicht erschrecken, aber die Sache mit der kleinen Portion statischer Ladung hatte nicht den Erfolg gehabt, den ich mir erhofft hatte...“ Irritiert hielt der Akasuna inne und hob skeptisch eine Augenbraue: „Was soll das heißen, 'Aktion'? Der Kerl hat sich einen gewischt, mehr nicht...“ - „Ja und nein. Genauso wie du diesen Kerl in der Bibliothek auf dem Gewissen hast und doch wieder nicht.“
 

Mit einem sich verkrampfenden Magen trat Sasori einen Schritt zurück und zischte bedrohlich, auch wenn es ihm eigentlich nur unangenehm war, dass dieser Kakashi mehr als er selber zu wissen schien... und das über den Menschen, den er eigentlich am Besten kennen müsste, sich selber: „Hören Sie, ich habe Ihnen vorhin schon etwas dazu gesagt und...“ Abfällig knurrte er, als der Ältere ihn einfach unterbrach: „Das weiß ich und ich respektiere das. Ich möchte dir nur gerne ein paar Dinge zeigen und erklären. Wenn du danach noch immer der Meinung bist, dass du nichts damit zu tun haben möchtest, dann werde ich dich nicht weiter behelligen.“
 

Knurrend verschränkte Sasori die Arme und dachte nicht im Traum daran, sich von diesem Fremden irgendetwas irgendwo zeigen zu lassen! Er vertraute niemandem. Nicht einmal, wenn er denjenigen bereits Jahre kannte, da würde er einem Fremden wie diesem Kakashi unter normalen Umständen nicht einmal die Uhrzeit sagen. Ablehnend schüttelte er den Kopf und raunte: „Kein! Interesse!“
 

Mit einem schelmischen Glänzen in den Augen seufzte der Ältere theatralisch: „Gut, wie du meinst. Dann werde ich dich wieder in die Bibliothek lassen. Ich bin mir sicher, dass dir das, was dich dort erwartet, viel angenehmer sein wird, als ein Gespräch fernab dieser hetzenden Meute und...“ - „SCHON GUT! Ich habe den Wink verstanden! Sie haben mich mit dem Zaunpfahl ja schon fast erschlagen! Von mir aus... reden wir.“ Kakashi lächelte und nickte zufrieden: „Dann lass uns gehen...“
 

Sasori folgte dem Graumelierten und seufzte lautlos. Das Einzige, was er eigentlich wollte, war seine Ruhe. Er mochte sich seit Jahren wünschen, dass sein Leben sich ändert, aber DAS hier... Er blickte auf und schüttelte den Kopf. Das hier grenzte ja ans Sarkastische! Alleine die Tatsache, dass sich nur knapp vor ihnen links und rechts an den Wänden diese schaurigen Fackeln entzündeten, und knapp hinter ihnen wieder erloschen, überforderte seinen Verstand maßlos. Und die Tatsache, dass es für Kakashi absolut normal zu sein schien, machte den Älteren nicht unbedingt vertrauenswürdiger für ihn...
 

Es war ihm immer nur ein Wunsch gewesen, endlich als „normaler“ Mensch unter all den anderen zu leben. Er wollte einfach nur sein Studium durchziehen, einen Job finden, der ihm Spaß machen würde, und sein Leben unauffällig und ruhig leben. Er wollte den Menschen aufgrund seiner künstlerischen Begabung und seines Wissens in Erinnerung bleiben und nicht, weil er der Kerl war, der den Tod magisch anzog. Oder, was er als Namen irgendwie noch schlimmer fand, der Rachedämon. So nannten sie ihn und so sahen sie ihn... als rachsüchtiges Ungetüm, welches nur die Hölle selbst ausgespien haben mochte. Und nach all den Jahren, inmitten dieser Menschen, die ihn so sahen, da fühlte er sich auch als ein solches...
 


 


 

Sanft schien die Sonne auf das saftig grüne Gras, leicht glitt der Wind zwischen den jungen Blättern und Trieben der Bäume hindurch. Eine beinahe ironische Idylle beherrschte das Bild im Park, obwohl es in Sasori wie bei einem Unwetter tobte. Kakashi hingegen, was den Rothaarigen so langsam extrem aufzuregen begann, hatte die Ruhe weg; streckte das halb verhangene Gesicht der Sonne entgegen, hatte die Hände im Rücken ineinandergelegt und schlenderte so gemütlich wie bei einem Sonntagsnachmittagsspaziergang umher.
 

Sasori fragte sich ernsthaft, wieso er eigentlich noch immer hier war. Wieso ging er nicht einfach?! Dieser Kerl regte ihn ja doch nur auf und er hatte im Moment wirklich andere Probleme, als diesem Silberpudel beim Nichtstun zuzusehen! Sein Leben war schon kurios genug, da bedurfte es nicht noch einem solch provokanten i-Tüpfelchen.
 

Knurrend blieb er stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Kakashi genervt an. Der schlenderte erst noch ein paar Schritte weiter, als habe dieser nichts davon bemerkt, ehe er stehenblieb und den Rothaarigen spitzbübisch über die Schulter hinweg ansah: „Nun komm schon, wir haben nicht ewig Zeit...“
 

Hätte Sasori seine Mimik nicht unter Kontrolle, so wäre ihm in diesem Augenblick sämtliche Gesichtszüge entgleist. Statt dessen explodierte seine Geduld wie eine Bombe in einer gewaltigen Detonation: „Wollen Sie mich verarschen?! WER trödelt hier denn bitte herum, als ob nichts wäre?! Sagen Sie mir ENDLICH was sie wollen, sonst gehe ich! Und zwar sofort!!!“ Kakashi grinste, nickte aber: „Gut, setzen wir uns.“ Mit vor Wut rotem Gesicht beobachtete Sasori, wie der Ältere gemütlich zu einer Parkbank schlenderte, sich hinsetzte und ihn erwartungsvoll ansah.
 

Den Kopf schüttelnd seufzte er, setzte sich aber doch mit auf die Bank, verschränkte die Arme und legte einen Blick auf, der keinen Zweifel daran ließ, dass er beim nächsten falschen Wort aufspringen und gehen würde. Kakashi lehnte sich gemütlich nach hinten, streckte sich genüsslich in der Sonne und seufzte schließlich: „Deine Ungeduld ist wirklich einmalig! Aber ein bisschen Geduld muss du noch aufbringen, denn erst muss ich dir ein paar Fragen stellen...“ Ohne seinen Gesichtsausdruck zu verändern knurrte der Rothaarige: „Dann sehen Sie zu.“
 

Lächelnd sah der Ältere in den azurblauen Himmel: „Hast du schon immer solche Probleme gehabt? Ich meine... es ist nun nicht gerade normal von einem Mob gejagt zu werden, der mit einem Toten endet...“ Sasori schluckte den Drang herunter, über diese frechdreiste Art und Frage zu diskutieren. Je eher er diese dummen Fragen beantworten würde, je eher könnte er endlich nach Hause gehen und seine Ruhe haben. Er blickte auf den Kies unter seinen Füßen und raunte: „Ich weiß nicht so genau. Wirklich bewusst wahrgenommen habe ich es das erste Mal mit 13... aber ich habe oft nachgedacht und habe auch früher schon so einige... Ungereimtheiten entdeckt. Und die hatten begonnen, als...“ Er stockte kurz, schloss die Augen und krächzte heiser: „Vor 9 Jahren, als meine Eltern im Urlaub...“
 

Kakashi nickte: „Sehr gut.“ Wütend fuhr der Rothaarige herum und fauchte: „SEHR GUT?!“ - „So war das nicht gemeint!“ - „Wie denn, bitte schön, dann?!“ Der Graumelierte seufzte: „Auch, wenn du das noch nicht so siehst, aber es ist gut, dass du so früh deinen ersten Kontakt mit dem Element gemacht hast, denn manche Schüler entdecken ihre Fähigkeiten erst sehr spät, was zu erschwerten Bedingungen bei der Ausbildung führt.“ Skeptisch hob Sasori eine Augenbraue: „Ja, ist klar. Element?! Fähigkeiten?! Ausbildung?! Ich gehe. Guten Tag.“
 

Doch ehe er sich erheben konnte, hielt Kakashi ihn fest und schüttelte den Kopf: „Du hast versprochen, dass ich es dir erklären darf, also lass mich doch auch. Das geht nur nicht so schnell, wie du es gerne hättest.“ Seufzend fuhr Sasori sich durchs Haar: „Ich weiß wirklich nicht, wieso ich mich von Ihnen immer überreden lasse... ehrlich.“ Der Ältere lächelte leicht und ließ Sasori wieder los, ehe er erklärte: „Weil du im Grunde weißt, dass ich recht habe. Weißt du, ich war damals, als man mich an die Akademie holen wollte, auch skeptisch. Und vorher habe ich mich auch nie so richtig wohl gefühlt, weil ich eben anders war.“ Er lächelte mitfühlend. „Auch, wenn ich weiß, dass es bei dir um Einiges stärker ist, so haben wir doch diese Gemeinsamkeit. Und auch alle anderen, denen du dort begegnen wirst, haben ähnliche Erfahrungen gemacht.“
 

Kakashi beobachtete ihn, das konnte Sasori genau spüren. Und doch entspannte er sich bei dem Gehörten ein wenig. So langsam wurde er neugierig, was der Ältere merkte und mit seinen Erklärungen fortfuhr: „Und mir ging es an der Akademie von Tag zu Tag besser, weil ich nämlich lernte, meine Fähigkeiten kontrolliert und bewusst einzusetzen und sie genauso bewusst auch zurückzuhalten. Und diese Erfahrung macht jeder Schüler dort und auch du würdest merken, dass deine Fähigkeit eine solche ist, wenn du erst einmal gelernt hast sie zu kontrollieren.“
 

Er spürte den erwartungsvollen Blick auf sich liegen. Langsam strich Sasori sich die Haare aus dem Gesicht und seufzte: „Schön und gut, aber ich glaube kaum, dass... die anderen mit ihren super tollen Fähigkeiten, was auch immer die sein sollen, ständig irgendwelche Menschen umgebracht haben.“ - „Teils, teils.“ Fragend blickte der Akasuna auf: „Was soll das denn jetzt wieder heißen?!“ Kakashi lächelte: „Das, was ich sagte. Teilweise war dem nicht so, teilweise aber eben doch. Es ist eine sehr komplizierte Angelegenheit, musst du wissen. Aber ich will versuchen es dir zu erklären... Komm mit.“
 

Der Graumelierte erhob sich und wartete geduldig, bis Sasori ihm folgte. Langsamen Schrittes verließen sie den staubigen Gehweg und schritten beinahe bedächtig über die noch feuchte Wiese, direkt auf einen großen Baum zu. In einiger Entfernung jedoch blieb Kakashi stehen und deutete auf das majestätische Gewächs: „Weißt du, diese Welt ist doch eigentlich ein Meisterwerk. Man macht es sich nur viel zu selten klar. Wie von Zauberhand scheint alles in diesem filigranen System genau zu wissen, was es tun muss. Das gesamte ökologische System ist auf einem Kreislauf aufgebaut, der sich selber immer in einem Gleichgewicht hält, weil er ansonsten nicht funktionieren würde.“
 

Leise kicherte er und sah Sasori an: „Manche Menschen versuchen dieses grandiose Meisterwerk durch einen Gott zu erklären, weil sie es einfach nicht in ihrer gesamten Tragweite verstehen können. Das ist so aber nicht ganz richtig, denn das Göttliche, das ist im Prinzip wie ein winziges Sandkorn, aus dem all das entstanden ist.“ Skeptisch hob Sasori eine Augenbraue: „Wird das jetzt eine Bibelstunde?“ Sein Blick wurde noch skeptischer, als Kakashi heiter loslachte und wild den Kopf schüttelte: „Der war gut!“ Kichernd gluckste er sich aus, ehe er den Akasuna wieder mit dem nötigen Ernst ansehen und ansprechen konnte: „Nicht liegt mir ferner. Bibelstunde... So etwas wie 'Gott' im christlichen Sinne gibt es nicht. Es geht hier auch nicht um irgendwelche religiösen Fragen, Sasori. Es geht hier einzig darum, dass diese Welt, wie sie existiert, aus Kräften besteht, die WEDER Religion NOCH Wissenschaft richtig erfassen können.“
 

Er deutete wieder auf den Baum: „Diese Welt ist aus Bausteinen entstanden, die wir an der Akademie Elemente nennen. Da war kein weißbärtiger Mann, der mal eben den Baum erfunden oder geschaffen hat... nein. Der Baum besteht aus vielen verschiedenen Elementen und unterliegt ebenso vielen. Lass mich erklären...“
 

Er deutete auf den untersten Teil des wuchtigen Stamms: „Ohne das Element Erde würde ein Baum nirgendwo Halt finden. Sie ist eines der sogenannten irdischen Elemente.“ Er zwinkerte dem immer fragender guckenden Rothaarigen schelmisch zu. „Keine Sorge, das wirst du alles an der Akademie lernen. Der theoretische Unterricht ist für alle Pflicht, damit ihr auch versteht, was ihr später tun werdet.“ Er lächelte amüsiert über den verwirrten Blick. „Jedenfalls... die Erde als irdisches Element ist sozusagen eines derjenigen, die man greifen kann, anfassen, die auch tatsächlich in stofflicher Form auf der Erde auftreten. Und als solcher bietet die Erde nicht nur Halt für den Baum, sondern auch Nährstoffe, die er zum Leben benötigt.“
 

Er deutete mit seiner Hand immer weiter hinauf, bis sie auf die Baumkrone zeigte: „Doch all diese Nährstoffe wären nutzlos, wenn es das irdische Element Wasser nicht gäbe. Wasser ist bis in die kleinste Zelle zu finden und ein nicht wegzudenkendes Element, um Nährstoffe zu transportieren, aber auch Schadstoffe. Es ist bei Mensch und Tier die Grundlage für das Blut und es ist notwendig, um zu leben. Ohne Wasser würden alle Organismen eingehen.“
 

Seine Hand deutete noch ein Stück höher und machte eine ausladende Geste: „Gleichwohl würde dem Baum all das Wasser und all die Erde nichts bringen, wenn ihm das Element Luft fehlen würde. Sauerstoff ist ebenso lebensnotwendig. Du siehst also, es ist mehr, als einfach nur ein 'Baum'... es ist ein Kreislauf, der selber wiederum Teil eines größeren Kreislaufs ist. Und alleine dieser Baum ist ein hochkomplizierter Organismus, der nur durch die perfekte Abstimmung der einzelnen Komponenten auf die Elemente so funktioniert, wie er funktioniert.“
 

Sasori nickte. So hatte er das tatsächlich noch nie betrachtet. Vieles um ihn herum war so selbstverständlich, obwohl jedes einzelne Objekt doch irgendwie etwas Besonderes in sich hatte. Was seine Andersartigkeit irgendwie angenehm relativierte. Dennoch hatte er seine ursprüngliche Frage noch nicht beantwortet bekommen: „Aber was hat das jetzt damit zu tun, dass bei mir ständig diese Todesfälle auftauchen... und dass das bei anderen angeblich auch so sein soll...?“
 

Kakashi lächelte freundlich und erklärte nickend: „Das hat etwas mit dem Kreislauf zu tun, zu dem dieser Baum gehört. Ich sagte dir ja, dass das Wasser ein Element ist, ohne das der Baum nicht existieren könnte. Gleichwohl kann Wasser aber auch die Gestalt einer Flutwelle, eines Monsun oder von Eis und Schnee annehmen. Und ein Tsunami kann enorme, destruktive Kräfte freisetzen, der selbst Bäume nicht mehr gewachsen sind. Was nichts anderes bedeutet, als dass Wasser auch für die Beendung eines existierenden Organismus verantwortlich sein kann.“ Er sah den Rothaarigen mit ernstem Blick an: „Oder Feuer beispielsweise... Es kann in klirrender Kälte von lebenswichtiger Bedeutung sein, aber ebenso ist es fähig, einen ganzen Wald zu vernichten. Doch diese Zerstörung ist keineswegs das Ende... Denn stirbt ein Baum, so verrottet er und zerfällt sozusagen in die Elemente, aus denen er entstanden ist. Und daraus wiederum entsteht schließlich neues Leben und der große Kreislauf schließt sich. Alles, was stirbt, ist auch in der Lage wieder neues Leben entstehen zu lassen.“
 

Er blickte wieder zum Baum und lächelte: „Und der große Kreislauf, das ist derjenige, zu dem die sogenannten kosmischen Elemente gehören. Sie sind allgegenwärtig und ein wichtiger Bestandteil dieser Welt, und doch sind sie für niemanden wirklich greifbar. Etwas... abstraktes. Eben irgendwie etwas Göttliches, ohne dabei etwas Religiöses zu sein. Und eines dieser kosmischen Elemente ist es, welches dein Leben bisher so geprägt hat. Was es so schwer macht dir zu erklären, wieso das alles passiert ist. Was aber etwas sein wird, das dir dein persönlicher Lehrer beibringen kann und wird.“
 

Sasori fasste sich an den Kopf, der allmählich heftig zu schmerzen begann. Gut, bis zu einem gewissen Punkt hatte er folgen und den Worten sogar einen Sinn entnehmen können. Wirklich. Es klang logisch und durchaus... im Bereich des Möglichen. Er verstand es auch. Im Grunde hatte er auch verstanden, was Kakashi mit diesen kosmischen Elementen gemeint hatte... und doch zerrte es an seinem Magen und dröhnte es unangenehm in seinem Kopf.
 

Wenn es das war, was er insgeheim ahnte, dann konnte er dieser Sache weder wirklich Glauben schenken, noch irgendetwas abgewinnen. Eigentlich wollte er es auch gar nicht. Er hatte niemanden um diese blöde „Fähigkeit“ gebeten und wollte damit rein gar nichts zu tun haben! Weder in diesem Leben, noch in einem an dieser ominösen Akademie! Er wollte doch einfach nur seine Ruhe... Wieso... erlaubte man ihm diesen einen Wunsch einfach nicht? Wieso passierte all das ausgerechnet ihm? Es war nicht fair!
 

Aus verzweifelt schimmernden Augen sah er Kakashi an, der fast liebevoll lächelte und doch einfach weitersprach: „Es gibt genau 4 dieser kosmischen Elemente... von denen sich je 2 im Gleichgewicht halten. Zum Einen Licht und Dunkelheit, Stellvertreter von Sonne und Mond... und zum Anderen das Leben... und dein Element, den Tod.“ Sasoris Augen weiteten sich, während er einen Schritt nach dem anderen nach hinten torkelte und den Kopf schüttelte: „BLÖDSINN!“
 

Doch wieder lächelte der Graumelierte ihn nur freundlich an und sprach mit ruhiger Stimme: „Und warum bist du dann so wütend, wenn es Blödsinn ist?“ Wütend blieb Sasori stehen, ballte die Fäuste und zischte: „Halt die Klappe! Und lass mich in Ruhe! Es IST Blödsinn und ich bin wütend, weil ich meine Zeit hier verschwendet habe! Der Tod... so ein Quatsch! Du willst mich auf den Arm nehmen! Verarschen, wie all die anderen auch!“
 

Seufzend kratzte der Ältere sich am Hinterkopf und murrte: „Gut, verstehe. Du glaubst also, dass ich dir hier einen vom Pferd erzähle.“ Mit einem fast unmerklichen Blick sah er sich um und registrierte zufrieden, dass niemand in ihrer Nähe war. Schließlich sah er den Akasuna herausfordernd an: „Wenn du meinen Worten keinen Glauben schenkst, dann überzeugen dich vielleicht Taten...“
 

Sasori fiel hintenüber zu Boden, die Augen vor Schreck weit aufgerissen, als ein ungemein lautes Zischen und Donnern ertönte, nachdem Kakashi fast gelangweilt eine Hand erhoben hatte und ein greller Blitz mit einer kaum zu erfassenden Geschwindigkeit zu Boden geschossen war. Als wäre er aus Papier hatte das gleißende Licht den Baum in der Mitte gespalten und ließ auch noch Sekunden nach dem Einschlag die Erde unter ihnen erzittern.
 

Während der Baum langsam zu brennen begann, rappelte Sasori sich panisch auf und starrte Kakashi an, der noch immer freundlich und schier gutmütig blickte. Doch so richtig realisierte der Rothaarige das gar nicht. Er war endgültig an einen Punkt gekommen, an dem er sich sicher war, völlig durchgedreht zu sein. Wahnvorstellungen! Vielleicht war das auch nur ein wirrer Traum, und in Wirklichkeit lag er noch blutend in der Bibliothek, von der Clique einfach ins Nirwana geprügelt worden...
 

Doch was es auch war, HIER wollte er keine Sekunde länger bleiben! Ohne auf irgendetwas zu achten lief er los. Einfach nur weg! Weg von diesem Irren, weg von diesem Baum, und vielleicht auch weg aus diesem Traum heraus. Auch wenn er die schreckliche Ahnung nicht abstellen konnte, dass er wohl nicht aufwachen würde...
 

Kakashi sah dem Rothaarigen hinterher und blieb doch ruhig stehen. Gut, er hatte sich diese Aufgabe leichter vorgestellt. Aber immerhin hatte er auch zum ersten Mal mit einem Schüler dieses Elements zu tun. Und er konnte sich gut vorstellen, dass es einfach zu viel für den Jungen war. Verständlich. Von daher ließ er Sasori erst einmal gehen. Das Gesagte musste wohl erst einmal sacken und wirklich bei dem Jungen ankommen.
 

Langsam schritt er zurück in Richtung Universität. Er sollte erst einmal nach Hause gehen, Bericht erstatten und mit Grim Rücksprache halten. Vermutlich war es das Beste, wenn dieser sich ausnahmsweise persönlich um die Angelegenheit kümmerte. Wie sollte er selbst als Mensch einem jungen Mann etwas beibringen, von dem er nur theoretisch eine Ahnung hatte. Alle Lehrer der irdischen Elemente waren einst Schüler gewesen; Menschen, wie auch Sasori einer war. Er würde nie fähig sein, diese Göttlichkeit zu vermitteln, die Tragweite dieser kosmischen Elemente zu erklären oder dem Rothaarigen gar die Angst zu nehmen...
 


 


 

Grim saß in seinem Büro, als es klopfte. Es war kein übermäßig großes Zimmer und nur selten verirrte sich jemand hier her. Nur, wenn es etwas Wichtiges gab. So schaute er aus Gewohnheit überrascht, aber gleichwohl gespannt auf: „Herein.“ Die Tür öffnete sich und Kakashi sah durch den Spalt ins Innere des Büros: „Störe ich?“ Der Direktor schüttelte den Kopf: „Nein, komm ruhig rein.“
 

Wie geheißen betrat Kakashi das Büro, schloss hinter sich die Tür und schaute sich auf dem Weg zum Schreibtisch rasch um. Er war einer derjenigen, die noch am Häufigsten hier ein und ausgingen, und doch entdeckte er bei jedem Besuch in diesem Raum etwas Neues.
 

Dominiert wurde das Büro eindeutig von dem riesigen, schweren und massiven Schreibtisch, der so ähnlich aussah wie die Türen, die in Grims Teil der Akademie zu finden waren. An den Wänden türmten sich ebenso massive, aber meterhohe Regale, die bis unter die Zimmerdecke mit Büchern und Schriftrollen gefüllt waren. Auf jeder Seite stand eine Leiter davor, um auch überall das gewünschte Objekt erreichen zu können. Kakashi konnte sich kaum vorstellen, dass all diese Bücher in Gebrauch waren, und doch standen die beiden Leitern selten am selben Punkt, wenn er mal hier war. Seine Lektüre bewegte sich selten über das Lehrmaterial hinaus... eigentlich gab es da nur eine einzige Ausnahme...
 

Neben dem Schreibtisch standen zwei gusseiserne Kerzenständer, die mit ihren grünen Flammen ein schummriges Licht spendeten. Auf dem Schreibtisch selbst hatte Grim noch eine Art Leselampe stehen. Ein wulstiger Bauch aus grünem Glas bildete den unteren Teil, auf dem ein Metallgestell angebracht war, in dem ein Docht befestigt war, der eine gleichermaßen grünliche Flamme mit dem nötigen Petroleum nährte und von einem feinen Glas vor Wind geschützt wurde.
 

Grim sah erwartungsvoll auf, als Kakashi vor seinem Tisch stehenblieb: „Was kann ich für dich tun? Gibt es Neuigkeiten?“ Der Angesprochene nickte seufzend: „Ja, aber ich bin mir noch nicht sicher, ob es gute oder schlechte Neuigkeiten sind.“ Nickend steckte der Direktor den Federkiel in das kleine Tintenfässchen und lehnte sich in seinem Sessel zurück: „Erzähl einfach. Was ist passiert?“
 

Während er die Kälte an seinen Füßen zu spüren begann, die von Grim ausging, erklärte der Lehrer wie gewünscht: „Er ist es. Definitiv. Ich habe keinen Zweifel daran.“ - „Das sind doch erfreuliche Nachrichten.“ - „Schon. Aber ich habe keinerlei Erfahrungen mit einem Schüler deines Elements, Grim. Man mag es kaum glauben, aber er ist nach außen hin noch kaltschnäuziger, und innerlich noch sensibler als du. Ich weiß einfach nicht, wie ich ihn locken kann. Aus lauter Verzweiflung habe... ich ihm eine kleine Kostprobe zuteil werden lassen... was auch nicht so ganz den gewünschten Effekt hatte...“
 

Etwas verstimmt knurrte der Knochige: „Das war wirklich nicht unbedingt die beste Idee, die du hattest. Aber sei es drum. Du hast es selbst gesagt: deine Erfahrungen sind nicht ausreichend dafür.“ Er verhakte die Knochen seiner Finger ineinander und stützte seinen Kopf nachdenklich darauf ab, ehe er nach einigen Augenblicken des Überlegens murmelte: „Gut, machen wir es so: du übernimmst morgen meinen Unterricht in der Klasse, und ich werde Sasori einen Besuch abstatten. So ist es wahrscheinlich am Besten.“ Kakashi nickte: „Ist gut. Was steht morgen auf dem Plan?“ - „Ich bringe dir nachher meine Unterlagen und werde dir auch schon einmal die Unterlagen über meinen Schüler aushändigen. Er wird herkommen, die Frage ist nur noch: wann. Aber das kriege ich schon geregelt und ich möchte, dass die anderen Schüler informiert sind, wie immer.“
 

Wieder nickte der Lehrer und lächelte: „Natürlich. Ich werde mich darum kümmern, wie immer. Gaia soll mir Bescheid sagen, wann ich die Klasse informieren soll, dann werde ich sie vorbereiten.“ - „Danke dir, Kakashi. Ach, und sag Tsunade bitte, dass sie Deidara zu mir bringen soll. Ich will ihn vorsichtshalber heute Abend schon aufklären, damit...“ Der Graumelierte grinste breit: „Schon klar, verstanden. Am Besten, sie wird ihm dabei auch Beine machen. Du kennst seine sehr legere Auffassung von konventioneller Zimmerführung ja...“ Ein tiefes Grummeln war Kakashi Antwort genug: „Dann werde ich mich zurückziehen, wenn du gestattest.“ - „Natürlich.“
 

Während er das Büro des Direktors wieder verließ konnte er nicht anders, als sich ernsthaft Sorgen darüber zu machen, wie die beiden zukünftigen Zimmernachbarn wohl miteinander auskommen würden. Sie waren wohl wie Feuer und Eis. Aber das war anfangs bei den sich ausgleichenden Elementen immer so, bis schließlich jeder Schüler merkte, dass sie eine Einheit bildeten und aufeinander angewiesen waren. Doch interessant würde das Aufeinandertreffen von Sasori und Deidara allemal werden, selbst für ihn als Lehrer.
 

Und trotzdem musste er irgendwie grinsen. Er war nur froh, dass er die beiden nicht praktisch unterrichten müsste, zumindest nicht am Anfang. Da würden Grim und Gaia wohl eine Menge zu tun haben und er war sich sicher, dass es zwar anstrengend werden würde, aber für Grim auch endlich ein wenig Ablenkung bedeutete. Der Direktor hatte eine sinnvolle und so umfassende Aufgabe dringend nötig. Er selbst würde sich zurücklehnen und einfach mal schauen, was da so auf sie zukam...

Vorfreuden

~Aloha ihr Lieben!
 

Puh... spät, aber ich habe es noch geschafft :) Ich will nicht lange quatschen, ich hoffe nur sehr, dass es euch gefallen wird ;)
 

LG

Galenhilwen~
 


 

Gelangweilt blickte Itachi auf die Uhr und strich sich durch das lange, schwarze Haar, welches zu einem Zopf gebunden war. Er wusste eigentlich gar nicht so richtig, wieso eigentlich, aber ihm war wirklich langweilig. Es war 19:23 Uhr und er saß im Gemeinschaftsraum der Schüler, wo sich auf der einen Seite gähnendes Nichtstun wie eine Pestwolke ausbreitete, und auf der Anderen Seite kindisches Gekicher, welches nur marginal von der Öde ablenkte. Eigentlich gar nicht, denn irgendwie gehörte es beinahe schon dazu.
 

Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Er selbst saß an einem der runden Tische, die zum Lernen oder für Freizeitaktivitäten wie Brettspiele gedacht waren. In der von der Tür aus gesehen hinteren rechten Ecke standen eine sehr große Sofagruppe, die aus dunklem Holz und schwarzem Leder gemacht war, und ein schwerer, dunkler und robuster Holztisch vor einem Lowboard aus demselben dunklen Holz, auf dem ein absurd wirkender Fernseher stand. In dieser fast mittelalterlich wirkenden Umgebung wirkte der Fernseher wirklich ulkig!
 

Shikamaru, ein verhältnismäßig integrierter, hoch intelligenter Nerd mit schwarzem, recht kurzem Haar, welches er zu einem hochstehenden Zopf gebunden hat, war der Einzige, der auf einem der Sofas saß. Wie üblich schnorchelte dieser leise vor sich hin und frönte dem Nichtstun mit einem seiner zahlreichen Nickerchen.
 

Der kalte Stein an den Wänden ließ den Raum irgendwie düsterer wirken, als sie ihn alle mittlerweile wahrnahmen. Überall standen Kerzenständer, hingen Kronleuchter von der Decke und waren Petroleumlampen aufgestellt. Selbst an dieses grüne Licht hatten sie sich im Laufe der Zeit gewöhnt.
 

Gaara, ein extrem wortkarger und soziophober Geselle mit feurrotem, kurzem Haar, einem schier tödlichen Blick in den, zugegebenermaßen, schönen, schwarz umrandeten, türkisfarbenen Augen und einer Tätowierung des Kanji für „Liebe“ auf der Stirn, saß, mal wieder, fernab der Gruppe und schien wenig erbaut über die Übungsausgaben zu sein, die er zu erledigen hatte. Irgendwie war Itachi immer mehr als froh darüber, dass er kein Schüler der kosmischen Elemente war. Er hatte ja schon genug Arbeit und Lehrstoff... Gaara, Naruto und Deidara aber hatten noch eine ganze Menge mehr zu lernen. Wobei... eigentlich war Gaara der Einzige, der das Ganze wirklich Ernst zu nehmen schien, und das, obwohl sie ALLE bereits über 18 und damit „erwachsen“ waren. Aber bei manchen schien sich die Pubertät selbst mit 20 noch nicht so richtig ausgetobt zu haben...
 

Mit ihm am Tisch saßen noch drei weitere Schüler. Konan, eine Mitt-Zwanzigerin, wie Hidan und er selbst auch und damit eine der Ältesten, mit mittellangen, blauen Haaren, in denen sie immer eine hübsche, weiße Blume trug, einem wohl aussehenden Piercing unter dem Mund und, so wie auch in diesem Augenblick, dem Hang ihre Freizeit mal mit Origami zu gestalten; Neji, ein pessimistischer, eher ruhiger Typ mit fast weißen Augen und schwarzem, langem Haar, welches fast spielerisch von einem locker sitzenden Haarband einigermaßen im Zaum gehalten wurde, der vor Allem durch seinen Ehrgeiz und sein umfangreiches Wissen auffiel, und auch im Moment erstaunlicherweise immer noch über den Büchern hockte und regelrecht die theoretischen Inhalte verschlang, noch ehe sie im Unterricht drankamen; und schließlich Nejis Cousine Hinata, die ebenso fast weiße Augen hatte und eine fesche Kurzhaarfrisur ihrer schwarzen Haare trug, sehr schüchtern, aber herzensgut war und die im Augenblick einfach ganz... Hinata war, indem sie sich mit schweigen, rot werden und Naruto hinterherseufzen die Zeit vertrieb.
 

Dieser wiederum hatte blondes, kurzes Strubbelhaar, merkwürdige Kratzer im Gesicht, sowie einen wirklich gewöhnungsbedürftigen Fable für unmenschliche Lautstärke, Unsinn und die Farbe orange, und gehörte definitiv zu den nachpubertierenden Kandidaten! Mit den beiden anderen Kindsköpfen, Deidara und Hidan, heckte Naruto wieder irgendeine Eselei aus. Daher auch das Kichern. Gut, zumindest kicherten Hidan und Deidara im Moment wie die Blöden herum, während Naruto draußen vor der Tür Schmiere stand.
 

Deidara war, wenn man es so wollte, eine Diva: lange, blonde Haare, die diesem wirklich heilig waren, azurblaue Augen und ein Auftreten, das keinen Zweifel daran ließ, dass gerade eine Königin den Raum betreten hatte. Nicht einmal unbedingt überkandidelt, aber in jedem Fall irgendwie erhaben und königlich, während er allerdings auf der anderen Seite eine wahnwitzige Energie an den Tag legte, die dann doch eher an Eichhörnchen auf Drogen erinnerte, das Ganze gepaart mit einer perversen Freude an Explosionen aller Art...
 

Hidan... das war ein GANZ spezieller Typ. Entweder man liebte seine Art, oder man hasste sie und wurde nach und nach einfach wahnsinnig in seiner Gegenwart. Hidan hatte silbernes, glatt nach hinten gekämmtes Haar und war zwar mit Leib und Seele bei seiner Ausbildung, Kopfarbeit war allerdings... nicht so sein Ding. Er war noch lauter als Naruto, benutzte dabei jedoch Schimpfwörter, bei denen nicht nur Hinata rot wurde und von denen er selber teilweise noch nie etwas gehört hatte, war dazu noch angriffslustig und ein Choleriker, wie er im Buche stand. Und schließlich hatte Hidan noch einen sehr merkwürdigen Hype für seinen Lehrer entwickelt...
 

Itachi seufzte. Es würde ja doch wieder dasselbe passieren, wie immer. Die drei machten irgendeinen Unsinn, würden dabei, aufgrund ihrer einmaligen Begabung es maßlos zu übertreiben, erwischt werden, und anschließend wieder eine Strafarbeit aufgebrummt bekommen. Es war ihm ein Rätsel, wieso die drei diese Energie nicht einfach sinnvoll in ihre Ausbildung investierten, statt für solch einen präpubertären Kinderkram.
 

Aber wenn sie schon einmal dabei waren, so konnte er sich auch genauso gut zurücklehnen und die Show genießen, da reden ohnehin keinen Erfolg brachte. Er hatte es schon, wie die Anderen auch, lange aufgegeben. Er ließ sich ein wenig tiefer auf seinen Stuhl rutschten, verschränkte erwartungsvoll die Arme und harrte der Dinge, die da kamen...
 

Deidara sah Hidan breit grinsend an und gluckste: „Das wird ein echter Knaller! Du hast die Farbe echt gut getroffen... sieht aus wie echt...“ Während Hidan den mit roter Flüssigkeit gefüllten Ballon zuknotete, stopfte Deidara den kleinen selbstgebauten Sprengsatz in eine seiner selbstgemachten Tonfiguren aus der Freizeit-AG, nahm alles an sich und verstaute die Ladung fast liebevoll in der Topfpflanze neben der Eingangstür.
 

Hidan sah dem Blonden hinterher und knurrte, da dieser ihn mal wieder nicht hatte ausreden lassen. Von wegen „Farbe gut getroffen...“! Er war kein verfickter „Künstler“ und panschte mit Farben herum! Da konnte Blondi lange warten. Er war Schüler des Elements Blut, nichts anderes, und auch nichts anderes war in diesem verfickten Ballon! Bei dem Gedanken musste er doch wieder schäbig grinsen. Alter, was hatte das Schwein gequiekt, als er es „entsaftet“ hatte... Aber die Mühe hatte sich definitiv gelohnt! Einen der Lehrer würde es erwischen, das würde gleichermaßen eine Sauerei und ein Fest werden!
 

Während Deidara die letzten Handgriffe setzte, stürmte Naruto plötzlich herein und sah ihn mit großen Augen panisch an: „Verdammt! Abbrechen! Aktion abbrechen! Da kommt...“ Deidara sah auf und schüttelte den Kopf: „Das Ding ist scharf, ich kann nicht abbrechen!“ Er raffte sich auf, schnappte sich den Uzumaki und hechtete zurück zu Hidan an den Tisch. Erwartungsvoll sah dieser auf und grinste: „Was guckst du denn so panisch, Hasenfuß?!“ Sauer blickte der Angesprochene auf und keifte: „Verdammt, Tsunade-sensei ist im Anmarsch! Echt jetzt!“ Plötzlich blickten auch Hidan und Deidara bleich auf. Der Älteste unter ihnen knurrte resignierend: „Fuck...“ Keine Sekunde später ging die Ladung auch schon in die Luft...
 


 


 

„Ich habe NICHTS von Blut gesagt, es sollte wie Blut AUSSEHEN!!!“ - „LECK MICH, BLONDI! DU wolltest eine, ich zitiere, 'schier blutige Sauerei' und die hast du bekommen!“ - „SCHIER heißt nicht, NICHT!, eine Sauerei MIT Blut, sondern eine WIE mit Blut!“ - „Hör mal zu, Kackbratze! Wenn deine verfickten Böller nicht so beschissen wären, dann hätten wir den Dreck abbrechen können und...“
 

„RUUUUUUUUUUUUUUUUHE!“
 

Mit einem Mal herrschte eisernes Schweigen im Raum, auch wenn Deidara und Hidan sich weiterhin wütende Blicke zuwarfen.
 

Tsunade schien regelrecht zu hyperventilieren, während sie noch immer mit einem Handtuch versuchte, das Schlimmste Blutbad auf ihrem Gesicht, ihrem Haar und ihrer Kleidung zu beseitigen. Schnaubend sah sie die drei Unruhestifter an, während sie neben Grim hinter dem Schreibtisch stand. Sie kochte vor Wut! Ihre sonst blonden Haare standen nahezu in alle Himmelsrichtungen ab und waren eher rot, ihr Bindi hatte sich mit Schweineblut vollgesogen und war ihr in den Ausschnitt gefallen, ihre gute Kleidung sah aus, als wäre sie Jack the ripper persönlich.
 

Hidan grinste dreckig. Ihre Stimme war so gewaltig wie ihr Vorbau...
 

Dieses verging ihm jedoch rasch wieder, als die Blonde wieder zu brüllen begann: „DAS war mit ABSTAND die dämlichste, abstoßendste, widerlichste, gedankenloseste und WAHNSINNIGSTE AKTION, DIE IHR JEMALS DURCHGEZOGEN HABT!“
 

Deidara und Naruto sahen völlig panisch auf, als Hidan kicherte und schnarrte: „Hehehe, ohhhhh jaaaaa... Das Scheißzeug stinkt auch noch ein paar Tage nach...“
 

„WAAAAAA! IHR DREI WERDET AB MORGEN VOR DEM UNTERRICHT FÜR DREI WOCHEN STRAFARBEIT IN MEINEM BÜRO MACHEN, VERSTANDEN?!“ keuchte Tsunade weit über das Maß ihrer üblichen Wut. Ehe die drei Schüler protestieren konnten, blickte Grim schließlich auf: „Ich werde mich um die Drei kümmern, Tsunade. Beruhige du dich erst einmal und... befreie dich von der Sauerei. Ich werde dich nachher noch einmal aufsuchen, damit wir die Strafarbeiten besprechen können...“ Mit noch tödlicherem Blick, als Gaara ihn für üblich aufsetzte, sah sie die Drei an und knurrte: „Von mir aus, ich habe schon ein paar gute Ideen...“
 

Nachdem die Blonde wutentbrannt die Tür des Büros hinter sich ins Schloss geknallt hatte, verschränkte Grim die Arme vor der Brust und sah die Schüler kopfschüttelnd an: „Was soll ich nur mit euch machen?! In all den Jahren, die diese Akademie bereits besteht, habe ich noch nie solche Kindsköpfe wie euch gehabt! Warum könnt ihr euch nicht einfach auf eure Ausbildung konzentrieren?“ Er seufzte. „Besonders ihr, Naruto und Deidara, hängt ständig mit der Arbeit hinterher.“
 

Deidara sah erstaunlich ernst auf und murmelte bedrückt: „Ja, aber es ist alles immer so ernst... ich meine... die ganze Akademie lädt ja förmlich dazu ein, Depressionen zu kriegen und das will ich nicht!“ Grim nickte: „Das verstehe ich ja, aber das ist doch noch lange kein Grund, Tsunade mit einer Ladung Schweineblut zu versehen...“ - „Vielleicht nicht, aber es fehlt eindeutig Spaß... Freude hier, Direktor. Ein wenig Unbeschwertheit, die zum Leben genauso gehört, wie die Arbeit.“
 

Plötzlich entspannte sich der Verhüllte und sprach mit aufgehellter Stimme: „Sei froh, dass ich diese Ansprachen von Gaia kenne, Deidara. Scheinbar lernst du ja doch so einiges von ihr.“ Er seufzte abermals. „Ich kann euch das nicht durchgehen lassen, denn dieses Mal habt ihr den Vogel echt...“ Er stockte, als die Drei schon verdächtig, ob der etwas ungünstigen Formulierung, kicherten, und setzte noch einmal neu an: „Ihr habt es einfach übertrieben. Naruto, du wirst in den nächsten zwei Wochen den Klassendienst übernehmen... Schwämme putzen, Tafeln reinigen und Tische und Stühle für den nächsten Tag herrichten, damit du in Zukunft daran denkst, dass solche Aufgaben der Klasse dienlicher sind, als für irgendwelche Streiche Schmiere zu stehen.“
 

Etwas zerknirscht maulte der Blonde: „Och menno...“ Grim wandte sich an Hidan: „Ich wäre fast geneigt, dich in der Bibliothek einzusetzen, mein Lieber, aber... wir wissen beide, dass das eine dumme Idee ist.“ Fast schon stolz grinste der Angesprochene: „Jep. Ruhigstellen absolut hoffnungslos.“ - „In der Tat... Aber ich habe eine andere Idee. Du wirst zwei Wochen lang in der Waschküche arbeiten und die dreckige Wäsche sortieren, damit du lernst, was für ein Aufwand eine Reinigung ist.“ Beleidigt verschränkte Hidan die Arme vor der Brust und keifte: „Scheiße! Ich will keine verfickte Dreckwäsche sortieren! Das ist kacke!“ Doch der Direktor zeigte sich entschlossen: „Es ist immerhin eine Strafe. Und die machen per Definition schon keinen Spaß. Wenn du Ärger machst, Hidan, dann lasse ich dich wieder morgens um 5 Uhr eine Runde um die Akademie joggen... zusätzlich zum Waschdienst, verstanden?“ Grummelnd wandte der Silberhaarige den Blick ab: „Schon gut... Fuck ey...!“
 

Schließlich wandte Grim sich an Deidara und raunte: „Und du... du wirst 2 Wochen lang von der Kunst-AG ausgeschlossen, damit du lernst, dass damit kein Schindluder getrieben wird.“ Panisch riss der Blonde die Augen auf: „WAS?! Nein, das...“ Hidan fauchte ihn von der Seite an: „Halt bloß die Fresse, wir können ja tauschen. Unfairer Scheißverein hier...“ Der Direktor räusperte sich und sprach mit strengem Tonfall weiter: „Hört auf zu meckern, alle beide! Deidara, du bekommst noch eine zusätzliche Strafe: du wirst bis morgen dein Zimmer SO aufräumen, dass Tsunade keine Beanstandungen mehr haben wird.“
 

Nun wurde der Künstler wütend und schnaubte: „BIS MORGEN?! Ich bin kein Zauberer! Und wieso sollte ich?! Das ist nicht fair!“ Grim seufzte knurrend: „Das erkläre ich dir unter vier Augen. Naruto. Hidan. Ihr habt gehört, was ihr für Strafen habt. Geht jetzt auf eure Zimmer. Wenn ich einen von euch heute noch auf dem Flur erwische, dann gibt es eine Woche lang Putzdienst in den AG-Räumen!“ Widerwillig murmelnd, knurrend und fluchend verließen schließlich auch die beiden das Büro.
 

Erst als nichts mehr zu hören war, blickte Grim Deidara wieder an und erklärte: „Das mit deinem Zimmer ist keine zusätzliche Strafe.“ - „Aber es hört sich schwer danach an.“ - „Wenn man so ein Chaot ist, wie du, dann stimmt das wohl. Aber es hat einen anderen Grund, weshalb ich das von dir verlange, und den wollte ich noch nicht vor den anderen verkünden. Es ist nämlich so, dass du mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich einen Zimmernachbarn bekommen wirst.“ Nun hellte sich die Miene des Blonden auf: „Ehrlich?!“ Der Direktor nickte: „Ja, ehrlich. Sein Name ist Akasuna no Sasori, mehr kann ich dir aber noch nicht sagen. Wenn alles klappt, dann wird Kakashi euch frühestens morgen alles Wichtige mitteilen, wie immer.“
 

Mit einem Lächeln auf den Lippen und doch ziemlich aufgeregt nickte Deidara: „Das ist natürlich etwas anderes... Ich... oh mein Gott... ich kriege einen Zimmernachbarn und einen Teampartner! Ich...“ Der Direktor unterbrach das hektische Gestammel: „Hör zu, behalte es vorerst für dich. Wir können nicht sicher sein, dass er auch wirklich kommen wird. Von daher will ich den Ablauf in der Akademie nicht dadurch durcheinandergebracht wissen, dass alle neugierig geworden sind und sich nicht mehr auf das Wesentliche konzentrieren.“ Wieder nickte der Blonde: „Ist gut.“ - „Schön. Und nun geh und räume auf. Tsunade wird es kontrollieren.“ Mit einer Verbeugung verabschiedete der Künstler sich und stürmte aufgeregt aus dem Büro.
 

Während er über den Flur eilte, vom Licht der Fackeln begleitet, lauschte er dem Klopfen unter seiner Brust. Ja, er war wirklich aufgeregt über diese Nachricht. Er hatte sich darauf eingestellt, wohl nie einen Partner zu bekommen und nun änderte sich diese Angelegenheit nach nur einem Jahr hier auf der Akademie.
 

Deidara lächelte. Er war nicht einfach nur aufgeregt, sondern er war glücklich. Seit er hier war hatte er gedacht, dass er ein Außenseiter sein würde. Sämtliche Schüler, auch wenn nicht alle Fachrichtungen belegt waren, hatte eine reelle Chance gehabt, dass sie über kurz oder lang ihr Gleichgewicht finden würden. Nur ihm wurde sofort erklärt, dass er wohl stets alleine und ohne ausgleichende Kraft sein würde...
 

Doch nun sah es ganz anders aus!
 

Völlig in Gedanken versunken marschierte er durch das Gebäude zu den Wohnräumen. Sicher, er kam mit den anderen Schülern gut klar, aber trotzdem hatte er sich immer im Abseits gefühlt. In Gedanken malte er sich aus, wie sein Zimmergenosse wohl aussehen und sein würde. Akasuna no Sasori. Er fand den Namen schön, aber wirklich weiterhelfen tat es ihm bei seinen Überlegungen nicht.
 

Irgendwie hoffte er ein wenig, dass es jemand sein würde, der ihn zu etwas mehr Disziplin bringen würde, mit dem er aber Spaß haben und lachen könnte. Eben jemand, der mit ihm auf einer Wellenlänge lag, aber ein bisschen mehr Vernunft an den Tag legte. Deidara lächelte. Er war weder dumm, noch ein gedankenloser Idiot, aber er liebte es einfach viel zu sehr, sich dem Moment hinzugeben, als lange über Konsequenzen nachzudenken. Er tauchte in den Augenblick ein, um das Leben so lange und so intensiv wie möglich zu genießen. Das war seine Natur und das war sein Element.
 

Natürlich war ihm klar, dass der neue Schüler im genau gegenteiligen Element unterrichtet werden würde, und dass sie von daher niemals absolut gleich sein würden. Aber ein paar gemeinsame Interessen würde es doch sicherlich geben...
 

Auf der anderen Seite waren Naruto und Gaara auch völlig verschieden. Ihren Elementen entsprechend waren sie wie Tag und Nacht. Licht und Dunkelheit. Das waren ihre Elemente und diese passten zu den beiden. Doch eines, das verband sie alle drei miteinander: sie waren Schüler des kosmischen Elemente und noch größere Außenseiter in ihrem Leben gewesen, als die anderen. Sie alle hatten intensive Lebensgeschichten durchmachen müssen und waren schließlich hier gelandet. Hatten hier so etwas wie Toleranz und Akzeptanz erfahren. Hatten alle, mehr oder minder, gelernt Vertrauen zu fassen. Auch, wenn Gaara noch lange nicht so weit wie Naruto oder er selber war.
 

Tief in Gedanken versunken bog er in den nächsten Flur ein, auf dem die Schülerzimmer lagen, stieß gegen jemanden und fiel rücklings zu Boden. Verwirrt blickte er auf und hob skeptisch eine Augenbraue: „Naruto?!“ Der Uzumaki half dem Blonden auf und legte einen Finger auf die Lippen, ehe er grinste: „Pssst. Nicht so laut. Echt jetzt.“ Während der Künstler seine Kleidung wieder richtete, fragte er flüsternd: „Was machst du hier?! Wenn die dich erwischen...“ - „Ja, ich weiß, aber mir ist so langweilig auf dem Zimmer und Hidan hat meinen Laptop noch. Den wollte ich mir ja nur fix holen.“ Naruto seufzte und verdrehte die Augen. „Und Gaara ist schlecht drauf, weil Temari mal wieder ganz die große Schwester hat raushängen lassen...“
 

Deidara nickte: „Verstehe. Er ist immer noch wütend, dass sie damals einfach gegangen ist, ohne sich von ihm zu verabschieden.“ - „Aber echt jetzt! Schlimmer ist nur, dass er dasselbe mit seinem Bruder machen musste...“ Er stockte und sah den Künstler schulterzuckend an. „Na ja, ich sollte mich beeilen und schnell aufs Zimmer zurück.“ Er stockte abermals. „Ach, da fällt mir ein... was wollte der Direx denn noch von dir?“ Deidara strahlte über das ganze Gesicht und flüsterte: „Verrate es keinem, aber... Naruto, ich kriege einen Zimmergenossen!“
 

Der blonde Strubbelkopf bekam große Augen: „Waaaas?“ - „Ja! Ich kriege echt einen Teampartner! Ist das nicht super?!“ - „Klar! Ich freu mich voll für dich, echt jetzt! Ich bin schon gespannt, wie er sein wird.“ Deidara nickte lächelnd: „Ich auch. Deshalb muss ich auch aufräumen. Womit ich besser anfange, sonst kann ich eine Nachtschicht einlegen.“ - „Ja, ich hab auch keinen Bock erwischt zu werden. Wir sehen uns morgen.“
 

Die beiden blonden Schüler verabschiedeten sich voneinander. Deidara ging zielsicher auf eine Tür zu und betrat rasch sein Zimmer. Als er hinter sich wieder verschlossen hatte und das Licht entzündet war, sah er sich seufzend um. Er würde wohl so oder so eine Nachtschicht einlegen müssen...
 

Seine Klamotten lagen überall, nur nicht im Schrank; sein Ton und seine Figuren bedeckten den gesamten Tisch, der zu seiner Rechten mit zwei Stühlen an der Wand stand; das Hochbett, zu seiner Linken, war sowohl oben als auch unten völlig zerwült; das Badezimmer, ihm gegenüber, war voll mit Pflegeprodukten, Shampoo, Duschgel und anderen Hygieneartikeln, die teilweise schon lange leer waren.
 

Er seufzte leise. Das würde eine laaaange Nacht werden...
 


 


 

Dieses süffisante Grinsen nervte. Ungemein! Hätte er doch bloß nichts gesagt! Jetzt war er übermüdet, weil er bis 2 Uhr in der Nacht aufgeräumt hatte, musste sich dieses dämliche und selbstgefällige Grinsen von Itachi antun und zu allem Überfluss hatte Kakashi-sensei den Unterricht von Direktor Grim übernommen. Und nicht einzuschlafen fiel ihm schwer, da Kakashi, mal wieder, zu spät kam.
 

Das allgemeine Gemurmel in dem Klassenzimmer trug auch seinen Teil dazu bei, dass ihm die Augen immer wieder zu fielen. Viel mehr hatte es eine tranceähnliche Wirkung auf Deidara, der er von Sekunde zu Sekunde weniger entgegenbringen konnte. Alleine das Aufregen über Itachis blödes Grinsen hielt ihn einigermaßen wach.
 

Beleidigt wandte er sich dem Uchiha zu und giftete: „Geh einem anderen auf die Nüsse, ey!“ - „Ich sage doch gar nichts.“ - „Geh sterben! Ehrlich! Ich finde NICHTS lustiges daran, dass ich die halbe Nacht unter Tsunades Aufsicht putzen musste! Nicht im Geringsten!“ - „Oh, es IST lustig!“
 

Nun mischte sich Hidan, der auf der anderen Seite neben ihm saß, ebenfalls ein: „Fuck, ehrlich, es ist beschissen lustig! Vor allem, weil du es nicht einmal als Strafe machen musstest.“ Plötzlich sah Deidara wie aus dem Schlaf gerissen auf: „WAS?!“ - „Na, wegen dem Neuen musstest du dich doch als Putze machen, oder nicht?“ Wütend fauchte der Blonde: Psst! Woher...“ Er stockte. Überlegte. Und knurrte: „Naruto... Konnte die alte Petze nicht die Klappe halten?!“ Hidan schüttelte den Kopf: „Nicht wirklich. Du kennst ihn doch.“
 

Itachi nickte bestätigend: „Der war auf jedem Zimmer und hat es erzählt.“ Genervt wischte Deidara sich über das Gesicht: „Großartig... das sollte doch noch keiner wissen...“
 

Das Gemurmel verstummte, als 20 Minuten nach Unterrichtsbeginn Kakashi endlich das Zimmer betrat, die Tür schloss und sich vorne am Pult auf den Stuhl fallen ließ: „Entschuldigt die Verspätung, aber die spontane Umstrukturierung hat ein paar Probleme gemacht und...“ Hidan grinste breit und posaunte einfach ins Klassenzimmer: „Alter, erzählen Sie das wem anders.“ Etwas irritiert, aber durchaus ertappt blickte der Sensei auf. Hidan grinste noch breiter: „Wusste ichs doch. Das Flirtparadies ist schuldig.“
 

Knurrend richtete Kakashi sich auf und raunte: „Wie auch immer, beginnen wir mit Lektion Nummer...“ Plötzlich krähte Naruto durch das Klassenzimmer: „Seeeenseeeeeiiii... Erzählen Sie uns was über den Neuen!“ Wieder ertönte Gemurmel, während der Lehrer Deidara mahnend ansah: „Das sollte doch vorerst noch geheim bleiben...“ Der Blonde grinste und kratzte sich am Hinterkopf: „Tschuldigung, Sensei. Ich war so froh, dass ich es einfach nicht für mich behalten konnte...“
 

Da immer mehr Fragen immer lauter durch den Klassenraum flogen, seufzte Kakashi resignierend und sah auf: „Ruhe! Also schön. Da ihr ja ohnehin alle im Bilde seid, kann ich euch genauso gut wieder damit zur Konzentration verhelfen, indem ich euch den neuen Schüler wie üblich präsentiere...“
 

Nun war Deidara endgültig wach. Aufgeregt rutschte er in eine aufrechte Position, während der Sensei eine Leinwand ausklappte und das Notebook startete. Die moderne Technik wirkte noch verlorener in diesen Gemäuern, als der Fernseher es bereits tat. Doch mit der Zeit hatten sie alle sich an diesen merkwürdigen Ort gewöhnt und fühlten sich mehr daheim, als jemals zuvor in ihrem Leben.
 

Kakashi legte die Daten-CD ins Laufwerk, startete den Beamer und wartete, bis alles hochgefahren und geladen war, ehe er die Präsentation startete und eine kleine Fernbedienung zur Hand nahm. Lässig setzte er sich in der hinteren Reihe auf einen der freien Tische, mahnte die Klasse noch einmal zur Ruhe und rief die erste Seite per Knopfdruck auf.
 

Auf der Leinwand erschien eine Art Steckbrief mit den wichtigsten Informationen, die er begleitend erklärte: „Also. Es ist zwar noch nicht 100%ig sicher, aber ihr werdet wohl einen neuen Mitschüler bekommen. Er wird Deidaras Teampartner sein und ist demnach der Schüler des Direktors im Element 'Tod'.“ Er drückte auf den Knopf und eine Liste erschien, die unter dem Titel 'Allgemeine Informationen' stand: „Sein Name ist Akasuna no Sasori und er lebt in Tokio. Aktuell studiert er Kunst und Literatur, ist 1,64m groß...“
 

Hidan kicherte dreckig: „Was ein Pimpf... AUA!“ Beleidigt rieb er sich den Hinterkopf, gegen den er ein Stück Kreide bekommen hatte. Kakashi knurrte: „Ruhe auf den billigen Plätzen! Wo war ich? Ach ja... jedenfalls... er ist 1,64m groß, hat rote Haare, braune Augen, keine Familie mehr und sammelt seltene Marionetten.“ Wieder drückte er den Knopf, was Hidan abermals zu einem Kommentar einlud: „Der sammelt PUPPEN?! AUAAA!“
 

Dieses Mal hatte der Schlüsselbund des Senseis ihm am Hinterkopf getroffen. Kakashi blickte zurück auf die Leinwand, auf der eine Liste zur 'Persönlichkeit' zu sehen war: „Sasori ist definitiv vom ruhigen, verschlossenen und introvertierten Typ. Er neigt zur Ungeduld, ist sehr akribisch und perfektionistisch, ordentlich...“ Deidara musste nicht hinsehen um zu wissen, dass der Blick des Lehrers auf ihm lag. „...und er ist... ein bisschen verkorkst, wenn ich es so sagen darf.“
 

Nun blickte der Blonde neugierig auf: „Wie meinen Sie das?“ Kakashi seufzte: „Moment.“ Er drückte, ein neues Bild erschien: „Besonderheiten“. Wieder begann der Lehrer zu erklären: „Nun, ich muss euch in diesem speziellen Fall ein paar Vorsichtsmaßnahmen ans Herz legen, die ihr unbedingt, wirklich UNBEDINGT, beachten solltet. Zwar kann euch nichts passieren, da ihr als Träger von Elementen dem Einfluss der jeweils anderen Elemente nicht unterliegt, dennoch müssen ein paar Dinge beachtet werden, die ein Miteinander erforderlich machen.“
 

Er stockte kurz und fuhr schließlich fort: „Wir alle sind unerfahren mit Schülern dieses Elements. Ich habe Sasori kennenlernen dürfen und kann nun auch guten Gewissens sagen, dass diese Maßnahmen durchaus notwendig sind. Es ist so, dass Träger vom Element 'Tod' eines der schwersten Schicksale haben, wie uns hier alle verbindet.“ Er seufzte. „Sasoris Leben war bisher von vielen, vielen tragischen Todesfällen begleitet. Es ist so, dass er seine Kräfte schon lange besitzt, aber nicht kontrollieren kann. Viele Menschen wurden getötet, weil er extrem ausgegrenzt und gemobbt wurde. Er ist empfindlich und hat so manchem schon den Tod gewünscht, was sich tragischerweise immer erfüllte.“
 

Kakashi warf einen mahnenden Blick in die Runde: „Von daher ist es unbedingt notwendig, dass ihr ihn integriert und nicht isoliert. Es kann euch nichts passieren, aber Hänseleien, wie die von Hidan, möchten wir nicht im Ansatz erleben, hast du verstanden, Hidan?“ - „Jaja...“ - „Ich hoffe es. Denn es gibt einen Grund, weshalb so selten Schüler von Grim auftauchen. Und, im Gegensatz zum Direktor, bin ich überzeugt, dass ihr das durchaus wissen solltet. Es ist nämlich so, dass die Träger meistens nicht so schnell von uns gefunden werden, weil sie sich selbst vorher bereits das Leben nehmen.“
 

Noch einmal stockte er kurz. „Diese potentiellen Schüler verlieren nicht nur beispielsweise ihre Eltern, sondern erleben direkt in kurzer Zeit ZIG Todesfälle teilweise hautnah mit und müssen mit der Erkenntnis leben, dass sie dafür verantwortlich sind. Jedes irdische und jedes menschliche Element ist in sich schon ein Gleichgewicht. Die kosmischen Elemente hingegen sind eklatant auf ihr Pendant angewiesen, um dieses Gleichgewicht zu erlangen. Durch die vielen Jahre in dieser Isolation hat sich also ein sehr unausgewogener Geist entwickelt, der Zeit zum Ausgleich benötigt.“
 

Deidara schluckte schwer. Natürlich! Deshalb war er ständig in Bewegung, tobte sich permanent mit irgendwelchen Streichen aus... Er war selber in ein Extrem abgedriftet, weil ihm einfach der ausgleichende Gegenpol fehlte. Naruto war weit ruhiger geworden und auch Gaara war nicht mehr ganz so... abgrundtief ablehnend. Mit jedem Tag wurden die beiden ausgeglichener. Eigentlich war er es auch immer, der die ganzen Aktionen überhaupt ins Rollen brachte... Naruto machte meist aus Langeweile irgendwie mit, wenn auch nie gerne bei so extremen Sachen. Und Hidan... war einfach ein kleiner Psychopath, der allerdings in sich selbst völlig mit sich im Reinen war. Hidan war eben Hidan. Und dieser akzeptierte das so, wie es war.
 

Während in der Klasse wieder aufgeregt über die Neuigkeiten gemurmelt wurde, drückte Kakashi ein letztes Mal auf den Knopf und Deidara hielt den Atem an. Endlich erschien das Foto seines zukünftigen Zimmergenossen. Ein gleichermaßen heißer, wie kalter Schauer lief an seinem Rücken herab. Er hörte nicht einmal mehr, was der Sensei noch kurz dazu sagte. Er hatte sich viele Gesichter ausgemalt, aber nie wäre er dazu gekommen, sich ein solch perfektes Antlitz vorzustellen. Wie die reinste Perle schimmerte die helle Haut, die schier zärtlich von dem roten Haar umschmeichelt und absolut wunderschön betont wurde.
 

Rein äußerlich schien er sich einem Engel gegenüber, dessen Augen jedoch all das verrieten, was hinter der perfekten Fassade verborgen lag. Ein Blick in den Abgrund, den der Sensei ihnen geschildert hatte. Und doch gab es nichts, rein gar nichts, was Deidara je als schöner empfunden hatte. Keine Explosion dieser Welt konnte es mit diesem Anblick aufnehmen. Obwohl er Sasori nicht einmal persönlich gegenüberstand, wusste er, spürte er, dass mit diesem rothaarigen Engel die vermisste Ausgeglichenheit kommen würde... Es war nicht mit Worten zu erklären. Nicht richtig. Doch dieses Bild löste in ihm ein Gefühl von... nach Hause kommen aus. Das Heimkehren nach einer sehr, sehr langen Reise.
 

Er blickte zu Hidan, der wild mit den Händen vor seinen Augen herumwedelte und irgendetwas sagte. Doch er verstand es nicht wirklich. Es war ihm irgendwie gerade auch völlig egal. Das Einzige, was ihn wirklich beherrschte, war das bange Warten auf den Augenblick, in dem er dieses Gesicht zum ersten Mal in natura sehen würde... den Augenblick, in dem Sasori wirklich zu einem Teil seiner selbst werden würde... den Augenblick, in dem sie beginnen würden, eine sich ausgleichenden Einheit aus Leben und Tod zu sein... ein Team... ein Kreislauf... und, wie er erschrocken feststellte, erhoffte er sich nur wegen des Bildes so viel mehr...
 

Sein Herz schlug aufgeregt. Er kannte Sasori nicht und doch wusste er bei dem Anblick des Bildes mit einem Mal sofort, dass dieses Gleichgewicht zwischen ihnen weit mehr als nur Teamwork war; weit mehr, als sich durch ihre Fähigkeiten zu ergänzen; weit mehr als eine Einheit, ein Kreislauf zu werden. Diese Verbindung war... kosmisch. Größer und intensiver als alles, was er in seinem bisherigen Leben je gefühlt hatte... Naruto würde ihm so einige Fragen beantworten müssen...

Der Schritt in eine neues Leben

~Aloha ihr Lieben!
 

Nur kurz: ich hoffe, wie immer, sehr, dass euch das Kapitel gefallen wird :) Tut mir Leid, dass es ein wenig länger gedauert hat. Viel Vergnügen beim Lesen,
 

LG

Galenhilwen~
 


 

Knurrend öffnete Sasori seine Augen und wartete ungeduldig darauf, dass er seine Umgebung wieder vernünftig erkennen konnte. Um schneller zu dem gewünschten Ergebnis zu kommen, rieb er sich den Schlaf aus den Augen, wobei ihm ein herzhaftes Gähnen entwich. Er hatte nicht wirklich viel geschlafen, und spürte schon jetzt, dass man ihm das auch den ganzen Tag ansehen würde. Wenn er auch nur im Ansatz so aussah, wie er sich fühlte, dann würde er keine zwei Schritte vor die Tür machen, so viel war zumindest schon einmal sicher!
 

Verstimmt drehte er sich auf die Seite und schaute auf das Display seines Radioweckers, der auf dem Nachtschränkchen stand. Abermals knurrte er. 9:23 Uhr. Er wischte sich über das Gesicht und drehte sich auf den Rücken, starrte an die langweilige Zimmerdecke und seufzte.
 

Nein, er würde heute nicht zur Universität gehen. Einerseits wollte er niemanden sehen, vor allem aber Sasuke und seine Clique, sowie diesen Spinner Kakashi nicht. Und andererseits fühlte er sich seit dem gestrigen Abend einfach nur beschissen. Und das war noch freundlich und vorsichtig ausgedrückt.
 

Am Abend nämlich hatte die Polizei ihm einen Besuch abgestattet gehabt... Und er hatte große Probleme damit gehabt zu erklären, wieso er nach den Vorfällen einfach abgehauen war. Immerhin hatte er kaum erzählen können, dass ihn ein Unbekannter in den Park geführt hatte, wo dieser mal eben einen Baum spaltete. Nein, er hatte sich etwas anderes überlegen müssen und so erzählt, dass er vor Schreck und Angst vor der Clique getürmt war. Auch hatte er brav beteuert, dass er diese übereilte Aktion für falsch erachtete.
 

Danach hatte er noch viele Fragen beantworten müssen, wobei die Polizisten immer darauf bedacht gewesen waren, ihn nicht zu verärgern. Selbst die Polizei hatte Angst vor ihm. Immerhin war es nicht das erste Mal gewesen, dass die Beamten ihn hatten befragen müssen, so kannte sie ihn eben. Und sie kuschten aus purer Angst vor ihm, als ob er ein gemeingefährlicher Irrer wäre! Gleichzeitig hatten sie mit jeder Frage unterschwellig mitklingen lassen, dass sie ihn für den Schuldigen hielten, aber ihm mal wieder nichts nachweisen konnten. Alle hatten bestätigen können, dass er mit am Weitesten vom Geschehen in dem Gang entfernt gewesen war.
 

Eine Sache beschäftigte ihn nun aber doch seit dem Abend ungemein. Nicht ein Wort hatten die Polizisten darüber verloren, was er in der Bibliothek vorher gesagt hatte. Und er konnte einfach nicht aufhören darüber nachzudenken, ob sie es nicht wussten, oder ob sie Angst hatten es auszusprechen. Er wusste es einfach nicht. Und da sie es nicht erwähnt hatten, hatte er es auch nicht zwingend erwähnen wollen. Wenn sie es nicht gewusst hatten, dann wäre er vielleicht in noch größere Schwierigkeiten geraten, die er im Moment einfach nicht gebrauchen konnte...
 

Seufzend zog er die Decke von seinem Körper und setzte sich an den Rand seines Bettes. Er musste dringend ins Bad, eine Dusche nehmen und den ganzen Ärger fortspülen. Das half meistens schon ein wenig. Auch wenn es offiziell wieder als tragischer Unfall gewertet wurde, fühlte er sich schuldig. Er hatte es laut und deutlich gesagt und wieder war es passiert. Wieder hatte er Blut an seinen Händen kleben. Und diese Schmach, diese Schuld und dieses Wissen hefteten wie Dreck an ihm.
 

Langsam stand er auf, schlurfte aus dem Schlafzimmer und durch den Flur ins Bad. Dort schaltete er das Licht ein und drehte schon einmal das Wasser der Dusche auf, ehe er an den Spiegelschrank über dem Waschbecken trat und diesen öffnete. Zielsicher griff er nach einer kleinen Packung, wie jeden Morgen, entnahm dieser eine Tablette, goss sich einen Schluck Wasser in das bereitgestellte Glas und spülte mit diesem das Medikament in seinen Magen. Jeden Tag dasselbe Prozedere. Jeden Tag dieselbe Frage, ob es überhaupt etwas brachte Antidepressiva zu nehmen. Und jeden Tag die Erkenntnis, dass er sie lieber nahm und es nicht wusste, statt sie wegzulassen und mit einem Absturz feststellte, dass es etwas brachte...
 

Rasch schloss er den Schrank wieder. Er war nicht besonders glücklich, auf diese Medikamente angewiesen zu sein, aber sie halfen ihm wohl doch, nicht völlig durchzudrehen oder zu verzweifeln. Von daher war es eher ein notwendiges Übel in seinem Leben, über das er sich ausschwieg. Aber es war ja nicht so, als käme er sonderlich häufig mit irgendwelchen Menschen ins Gespräch oder überhaupt in Kontakt. Es war ja schon ein Wunder, dass er die Medikamente überhaupt von einem Arzt bekam. Einen Therapeuten hatte er über Jahre gesucht, doch keiner hatte sich mit ihm beschäftigen wollen. Sein einmaliger Ruf... Fadenscheinige Begründungen hatten jedes Mal zu Absagen geführt, bis er es schließlich einfach aufgegeben hatte.
 

Sasori zog sich Shorts und T-Shirt aus, warf sie in den Wäschekorb, der neben der Tür stand, und stellte sich anschließend unter die Dusche. Sofort entspannte er sich deutlich, als das heiße Wasser auf ihn herab prasselte und in feinen Bahnen alles mit sich zu reißen schien, was ihm Unbehagen verlieh. Vorsichtig schloss er die Augen und legte den Kopf in den Nacken, damit das Wasser ihm direkt ins Gesicht fiel. Für ein paar Augenblicke verharrte er so und atmete ein paar Mal tief ein und aus.
 

Langsam, aber sicher, versanken Schmach, Schuld und Niedergeschlagenheit im Abfluss, der gierig röchelte. Doch das kümmerte ihn gerade nicht. Einzig die Entspannung war wichtig, die ihn immer mehr in Beschlag nahm. Oder vielmehr die kleiner werdende Anspannung, die ihn beherrschte. Wirklich entspannt war er eigentlich nie. Er war immer angespannt, manchmal eben einfach mehr, und manchmal weniger.
 

Und das Duschen senkte das Anspannungspotential in der Regel. Zumindest für den Augenblick. Mehr war nicht von Bedeutung. Das Ansteigen und die Versuche es zu senken waren außerhalb der Universität fast alles, was sein Leben bestimmte. Die Anspannung senken bedeutete, handlungsfähig und lebensfähig zu bleiben. So war das eben. Er ärgerte sich schon lange nicht mehr darüber. So hatte er wenigstens etwas zu tun und musste sich nicht ständig mit der Tatsache beschäftigen, dass er ein Ausgestoßener war.
 

Nach 15 Minuten, einer Haarwäsche und einer Ladung Duschgel stieg er wieder aus der Dusche, wickelte sich ein Handtuch um den Kopf und eines um die Hüfte, ehe er sich zurück zum Schlafzimmer begab, um sich neue Sachen aus dem Schrank zu holen und sich anzuziehen, ehe er halbherzig in der Küche nach etwas Essbarem suchen würde.
 

Er hatte noch keine zwei Schritte ins Schlafzimmer gesetzt, als urplötzlich ein helles Licht durch den Raum zuckte und ihn so blendete, dass er den Blick abwandte. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte Sasori rein gar nichts sehen. Das Licht selbst verklang so schnell, wie es aufgetaucht war. Irritiert blickte er nach einigen Augenblicken, die er brauchte um das zu realisieren, vorsichtig wieder auf und kreischte, dabei einen wohl portionierten Satz nach hinten machend: „UAH!“
 

Mit weit aufgerissenen Augen und einem Blutdruck jenseits von gut und böse starrte er die Gestalt an, die plötzlich vor ihm stand, in eine schwarze Kutte gehüllt und mit Händen, die nur noch aus Knochen bestanden. Mehr konnte er nicht erkennen, zumindest nicht optisch. Was er jedoch deutlich bemerkte, das war eine Präsenz, die er kaum zu fassen fähig war...
 

Kälte breitete sich in dem Zimmer aus, beinahe wie eine unsichtbare Schicht aus Eis, die um die Füße der Gestalt jedoch tatsächlich Form annahm, ohne dabei wirklich den Boden zu berühren. Zwar konnte Sasori unter der schwarzen Kapuze nichts erkennen, und dennoch wusste er genau, dass er intensiv gemustert wurde. Er spürte den Blick schier auf sich liegen.
 

Das, was ihn jedoch am Meisten wie ein eisiger Schauer durch sämtliche Adern schoss, das war die bloße Wahrnehmung, dass dort eine konzentrierte Form dessen stand, was er Zeit seines Lebens in den Momenten gespürt hatte, in denen all die Todesfälle in seiner Nähe passiert waren. Eine hoch konzentrierte Essenz seiner eigenen Wahrnehmung in solchen Augenblicken. Eine Aura, welche wie die von diesem Kakashi zu spüren war, nur um einiges intensiver und... vertrauter.
 

Die Gestalt in der Kutte kicherte leise und begann mit einer Stimme zu sprechen, die nicht von dieser Welt schien: „Hallo Sasori, ich wollte dich nicht erschrecken...“ Wieder weiteten sich seine Augen, während er ungläubig den Kopf schüttelte: „Woher... was... wer...?“ Der Verhüllte hob beschwichtigend die Hände: „Ich bin nur hier, um dir ein paar Fragen zu stellen und um mich mit dir zu unterhalten. Einverstanden?“
 

So langsam fand der Rothaarige wieder zur Realität zurück und zischte: „Woher kennen Sie meinen Namen, wer sind Sie und was, zum Teufel, haben Sie hier verloren?!“ Sollte das alles ein schlechter Scherz sein?! Erst dieser Kerl mit seinen Blitzen und nun DAS?! Er wollte seine Ruhe, nicht mehr und nicht weniger!
 

Wieder kicherte die Gestalt leise, wobei Sasori sich eingestehen musste, dass es weit weniger nach auslachen, als nach einer gewissen Erheiterung klang. Er selbst jedoch fühlte sich einfach nur in die Ecke gedrängt, bedroht. Der Verhüllte nickte ihm zu und sprach wieder: „Entschuldige. Mein Name ist Grim, ich bin Direktor der Akademie, von der Kakashi dir sicherlich erzählt hat, und ich möchte mich mit dir darüber unterhalten, dass du zu uns kommen sollst.“
 

Nun wurde Sasori wütend. Hatte er sich gestern nicht klar genug dazu geäußert?! Wie ein Tiger, der sich bedroht fühlte, knurrte er sein Gegenüber an: „Lassen Sie mich in Ruhe! Ich will von dem Mist nichts wissen und einfach nur meine Ruhe haben! Hauen Sie ab!“ Er stockte kurz. „Und wehe Sie brutzeln hier irgendetwas in meiner Wohnung, wie dieser Silberpudel, dann gibt’s Ärger!“ Grim jedoch lachte nur heiter: „Silberpudel... den Spitznamen habe ich auch noch nicht gehört... Aber mal im Ernst: Sasori, ich bin hier, um dir ein paar Dinge zu erklären, die dir Kakashi nicht erklären KONNTE. Denn ich bin nicht nur der Leiter der Akademie, sondern auch Lehrer für das Element 'Tod'...“
 

Ein Stück weit resignierend lehnte Sasori sich an den Türrahmen, strich sich das feuchte Haar aus dem Gesicht und seufzte: „Wann lassen Sie mich endlich in Ruhe? Ich will das nicht...“ Er bemerkte, wie Grim ein paar vorsichtige Schritte auf ihn zukam, während dieser erklärte: „Hör zu, du kannst mir wirklich glauben, wenn ich dir sage, dass ich weiß, wie es dir geht. Und gerade deshalb kann ich dir alle Fragen beantworten, die du hast.“ Er blickte den Verhüllten an und knurrte: „Lassen Sie mich dann in Frieden, wenn Sie meine Fragen beantworten konnten?“ Grim nickte: „Versprochen.“
 

Seufzend stieß Sasori sich wieder vom Türrahmen ab und nickte: „Gut. Warten Sie im Wohnzimmer. Wenn es Ihnen recht ist, dann würde ich mir vorher doch ganz gerne etwas überziehen...“ - „Natürlich, entschuldige.“
 

Knapp 10 Minuten später saßen die beiden im Wohnzimmer, welches jedoch aus Wohnraum und Küche bestand. Sasori hatte sich angezogen und einen Kaffee gemacht, saß nun neben Grim auf der kleinen Couch, trank einen Schluck und seufzte schließlich: „Gut. Aber ich verlange ehrliche Antworten!“ Der Direktor nickte: „Die sollst du bekommen.“ Der Rothaarige schloss die Augen und nickte leicht: „Schön. Dann würde ich gerne mal wissen, wieso ich mich auf eine Ausbildung einlassen sollte, die mich zu einem Mörder macht? Warum sollte ich Menschen umbringen?!“
 

Er konnte wieder spüren, dass Grim ihn ansah. Eigentlich war alles, was dieser Verhüllte tat, deutlich spürbar, merkbar, obwohl dieser nur aus Knochen und ein paar unansehnlichen Überresten zu bestehen schien. Nichtsdestoweniger hatte Sasori jedoch nie das Gefühl, etwas anderem als einem normalen Menschen gegenüberzustehen, der, wie er selbst, überlegte, Mimik und Gestik nutzte und Emotionen damit... Ausdruck verlieh, obwohl dies rein physisch gar nicht möglich war. Aber er spürte es trotz allem genau.
 

So verbarg sich auch nicht die Mischung aus Mitgefühl und Unbehagen, als Grim zu erklären versuchte: „Dein Problem ist, dass du die falschen Fragen stellst. Natürlich wirst du nicht zu einem Mörder ausgebildet, solltest du zu uns kommen. Sicherlich könntest du jeden einzelnen Menschen und jedes einzelne Wesen dieser Erde töten, das ja. Aber das ist nicht Sinn und Zweck deiner Ausbildung, ganz im Gegenteil.“ Skeptisch hob der Akasuna eine Augenbraue: „Ist es nicht?“ - „Nein. Um es vereinfacht zu erklären: du würdest dazu ausgebildet werden, deine Kräfte... sinnvoll und ausgleichend zu nutzen. Beispielsweise, um eine Art nicht explosionsartig in die Höhe schießen zu lassen.“
 

Grim sah ihm an und schien irgendwie... zu lächeln. Er konnte es nicht sehen, aber er konnte es hören: „Und selbst das ist nur ein geringer Teil der Aufgabe, die dir zuteil käme. Der Tod ist keine Ungerechtigkeit, Sasori. Er ist Teil des Lebens und Teil dieser Welt. Sie braucht den Tod, um sich regenerieren und fortbestehen zu können. Natürlich ist ein Verlust immer sehr schmerzhaft für Menschen, die glauben, dass es ein endgültiger Bruch ist. Mit dem Tod jedoch verschwindet eine geliebte Person nicht einfach, sondern sie kehrt in das große Ganze des natürlichen Kreislaufs zurück, aus dem sie auch gekommen ist. Die Hülle eines jeden Wesens wird wieder zu den Elementen, aus dem sie gemacht wurden.“
 

Grim stockte kurz, ehe er mit fast liebevoller Stimme weitersprach: „Alleine die Menschen haben noch etwas Besonderes an sich: ihre... Seele, wenn man so will. Das, was sie eben zu Menschen macht. Als klar wurde, dass dieser Teil nicht in den Kreislauf der irdischen Elemente, wie Feuer oder Wasser, zurückkehrt, sondern ziellos suchend umherirrt, bekam ich einst die Aufgabe, mich um diese Seelen zu kümmern.“ Etwas überfordert wischte Sasori sich über das Gesicht: „Was soll das heißen?“ Der Verhüllte schmunzelte und erklärte weiter: „Der physische Tod ist eine ganz natürliche Sache und passiert in der Regel ohne mein Einschreiten. Der 'Tod' einer Seele jedoch ist komplizierter. Ich muss diese Seelen beruhigen und vorbereiten, damit sie in ihre Elemente zurückkehren können, die wir die 'menschlichen Elemente' nennen. Das sind all die Emotionen und menschlichen Dinge, die zum Leben ebenso wichtig sind, wie beispielsweise die Luft oder das Wasser. Sie wurden nur für den Menschen geschaffen, da dessen emotionale Wahrnehmung so komplex und notwendig ist, dass sie einen eigenen Kreislauf bildet.“
 

Grim blickte zum Fenster: „Jeder Mensch verfügt über dieselben emotionalen Voraussetzungen, die sich allerdings unterschiedlich entwickeln. Das Leben haucht ihnen diese ein, und der Tod führt sie in den Kreislauf zurück, wo sie einem neuen Menschen schließlich wieder zur Verfügung gestellt wird. Deshalb kann ein Mensch auch nicht aus den Erfahrungen anderer lernen. Sein Wissen kann er weitergeben, das schon. Aber Erfahrungen und das Wachsen des Charakters, der Seele, das ist eine immer wiederkehrende Sache, die jeder für sich selbst bewältigen muss.“ Der Direktor sah wieder ihn an und erklärte sanft: „Und deshalb besteht meine Aufgabe viel weniger darin Menschen zu töten, als ihre Seelen nach ihrem Tod zu erlösen und in den Kreislauf zurückzubringen. Ein Mörder bleibt ein Mörder, Sasori, damit habe ich nichts zu schaffen. Geschöpfe pflanzen sich fort, Geschöpfe töten, um zu überleben... oder aus anderen, manchmal unverständlichen Gründen. Ich passe nur auf, dass das Gleichgewicht nicht aus den Fugen gerät und dass die Seelen ihre Ruhe finden.“
 

Seufzend blickte Sasori in seine Tasse. Er hatte seinen Kaffee völlig vergessen, so dass er es rasch nachholte ihn zu trinken, ehe er kalt und völlig ungenießbar werden würde. Er brauchte einen Augenblick Ablenkung, um das Gehört sacken zu lassen.
 

Das war verdammt viel für einen so beschissenen Morgen! Allein, dass sein Kopf vor lauter Überlastung nicht qualmte, verwunderte ihn doch ein wenig. Nichtsdestoweniger hatten die Worte des Verhüllten ihre Wirkung nicht verfehlt. Er dachte darüber nach! Und auf diese Weise betrachtet erschien ihm diese ganze Sache gar nicht mehr so unglaublich abartig... Skeptisch war er noch immer und natürlich konnte er auch die Frage nicht abschütteln, ob er schweren halluzinogenen Schüben unterlag... immerhin unterhielt er sich gerade mit dem Tod auf seiner Couch, während er einen Kaffee trank!!!
 

Trotzdem sagte ihm sein Gefühl etwas anderes, als sein Verstand. Trotz aller Absurdität und Realitätsfremde fühlte es sich... irgendwie richtig an. Nicht zwingend gut, aber eben auch nicht verkehrt. Es beruhigte ihn irgendwie, was das absolute Gegenteil von dem war, was sein Verstand als Reaktion einforderte. Und entgegen aller Pläne, die er sich insgeheim zurecht gelegt hatte, sah er Grim an und wollte mehr wissen: „Aber ich bin doch jetzt schon... ein Ausgestoßener...“ Er biss sich leicht auf die Unterlippe. Nein, er konnte es einfach nicht. Er konnte nicht aussprechen, was in ihm schlummerte an Angst, Unsicherheit und... Verletzlichkeit.
 

Doch der Direktor antwortete, ohne weiter nach zu bohren: „Weißt du, man könnte wirklich denken, dass es eine einsame Aufgabe ist, aber dem ist nicht so. Selbst wenn dich die meisten Schüler nie wirklich verstehen könnten, so gäbe es immer ein Element, welches dir niemals von der Seite weichen würde... und zwar das 'Leben'. Leben und Tod sind untrennbar miteinander verwoben. Ohne das eine gäbe es das andere nicht. Es ist eine Symbiose, die eine innige Verbindung schafft, die sich auch auf ihre Träger auswirkt.“ Wieder klang es, als würde Grim lächeln. „Und wir legen an der Akademie sehr großen Wert auf das soziale Gefüge. Alle Elemente sind Teil eines großen Ganzen, und so sollen sich auch die Schüler empfinden. Jeder einzelne von ihnen hat Respekt vor dem Element der anderen und seinem eigenen. Das ist eine der ersten Lektionen, die wir dort vermitteln. Es gibt kein Ausgrenzen von Personen, da es kein Ausgrenzen von Elementen geben kann und darf.“
 

Trocken und weit sarkastischer, als er es eigentlich wollte, lachte Sasori auf: „Das klingt ja zu schön, um wahr zu sein.“ Ein wenig beleidigt stemmte der Verhüllte die knochigen Hände in die Hüfte und knurrte: „Na hör mal! Dir wird kaum mein äußeres Erscheinungsbild entgangen sein... und ich bin Direktor an dieser Akademie! Was, glaubst du, wäre, wenn dort ein Umgang wie an deiner tollen Universität herrschte?! Ich würde als Anschauungsmaterial an einem Haken im Unterricht hängen... und das auch noch nackt!“
 

Die beiden sahen sich für ein paar Sekunden eingehend an, bis sie beide anfingen zu lachen. Sasori konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal wirklich und so gelöst gelacht hatte. Eigentlich war es ihm auch einerlei, denn so oder so tat es einfach nur unheimlich gut. Nicht alleine das Lachen an sich, sondern auch die Erkenntnis, dass der Tod persönlich einen seeehr speziellen Humor zu haben pflegte. Fast schon schwarz und ein wenig makaber. Aber gut.
 

Nachdem sie sich ausgelacht hatten, wurde er jedoch wieder ernst und sah Grim an: „Eines interessiert mich aber doch noch... gemäß dem Fall ich würde mitkommen, würde ich dann... also...“ Der Angesprochene winkte ab und schüttelte den Kopf: „Nun, um es kurz zu fassen: nein. Es ist eine lange Geschichte, wieso ich meine menschliche Gestalt verloren habe, die ich dir jetzt nicht auch noch aufhalsen möchte. Aber eigentlich gehört dieses Erscheinungsbild nicht dazu, das ist alleine mein persönliches Verschulden.“ Sasori nickte: „Verstehe... und... wie sind die anderen Schüler so?“
 

Unerwartet ließ der Verhüllte sich nach hinten sinken und seufzte auf: „Ach, im Grunde sind es wirklich nette Leute. Es ist ein bunter Haufen, der mich manchmal ein wenig mehr Nerven kostet, als mir das lieb ist. Ein paar von ihnen... haben einfach noch viel zu viele Faxen im Kopf, aber alle sind trotzdem sehr nett und haben das Herz am rechten Fleck. Die Quälgeister, wie auch die Introvertierten... ein oder zwei 'normale' Menschen haben wir, glaube ich, auch dabei...“ Er kicherte. „Es sind schon irgendwie Freaks, aber, wie gesagt, alle herzensgut. Erst gestern wurde eine Lehrerin von einer Ladung Schweineblut erwischt.“ Er sah den Akasuna an. „Weißt du eigentlich wie schwer es war, den strengen Rektor raushängen zu lassen, ohne dabei in schallendes Gelächter auszubrechen, weil sie wirklich urkomisch ausgesehen hatte?!“
 

Sasori lächelte leicht: „Nicht wirklich, aber ich kann es mir in etwa vorstellen.“ - „Es war furchtbar! Ich bin wirklich froh, dass ich ihr heute morgen nicht über den Weg gelaufen bin.“ Wenn er ehrlich mit sich war, so klang das alles doch gar nicht sooo schlecht. Eigentlich war doch alles besser, als die Uni, wenn er es sich recht bedachte. Ohne, dass Sasori es selber wirklich bemerkt hatte, hatte Grim ihm ein Gefühl von Vertrautheit gegeben, welches ihm hier mehr als nur fehlte. Ein selbstverständlicher Umgang lag zwischen ihnen, der ihm die Entscheidung, die er vor Minuten noch als striktes „Nein“ gesehen hatte, beinahe schon abgenommen hatte.
 

Es war eben alles besser, als das Leben, das er hier führte. Und wenn er dort Menschen treffen konnte, die ebenso introvertiert waren, wie er selber, dann sah er zumindest die geringe Chance, sich nicht mehr ganz so ausgestoßen zu fühlen. Um diese Quälgeister würde er vorerst einen großen Bogen machen, so viel stand fest. Er mochte diese aufgedrehten Typen nicht, die einfach nicht ruhig sitzen und ernst sein konnten. Er mochte vor allem die Typen nicht, die durch die Gegend stolzierten und ein Selbstbewusstsein an den Tag legten, welches ihm immer das Gefühl vermittelte nicht so gut zu sein, geradezu minderwertig. All diese Menschen erinnerten ihn an die Clique, die sicherlich irgendwo in der Uni nur darauf lauerte, dass er zurückkehrte, um sich an ihm für den Vorfall in der Bibliothek zu rächen...
 

Alleine der Gedanke daran ließ ihn erschaudern. Vielleicht war es eine Flucht, die er damit beging, und für üblich wollte er unter keinen Umständen als Feigling dastehen. Doch es war eine Flucht nach vorne. Er ließ seine Probleme ja nicht alle hier. Und er war sich ziemlich sicher, dass es Mitschüler geben würde, die ihn herablassend behandeln würden. Aber eben nicht nur. Er würde ein Freak unter vielen werden. Eine Chance, die gar nicht mehr so abwegig klang, wie er zunächst gedacht hatte...
 

Er blickte auf und sah Grim an, der ihm geduldig den Raum für seine Überlegungen gelassen und einfach geschwiegen hatte: „Wenn ich mitkäme... wäre die Entscheidung unwiderruflich?“ Der Direktor schüttelte den Kopf: „Nein, natürlich nicht. Sicher wäre es sehr bedauerlich, wenn du es dir dort irgendwann wieder anders überlegen würdest, aber... du hast jederzeit die Möglichkeit die Akademie wieder zu verlassen.“ Entschlossen nickte Sasori: „Gut... dann möchte ich es auf einen Versuch ankommen lassen.“
 

Freudig richtete Grim sich auf: „Wirklich?! Das freut mich sehr, Sasori! Dann pack deine Sachen, damit wir keine Zeit verlieren. Um das Organisatorische werde ich mich kümmern.“ Von der Spontanität ein wenig überrumpelt stand der Rothaarige langsam auf: „Okay... dann... packe ich...“ Verwirrt verließ er das Wohnzimmer. Damit hatte er nicht unbedingt gerechnet, aber er wollte sich bestimmt nicht beschweren. Eigentlich war es ihm sogar sehr angenehm, dass Grim keine Zeit verschwenden wollte. Und wenn er sich um nichts weiter als das Packen kümmern musste, dann war ihm das auch nur Recht so...
 

Als Sasori im Schlafzimmer verschwunden war, holte der Direktor eine kleine, gläserne Kugel aus einem Beutel, der an der Kordel seiner Kutte befestigt war. Vorsichtig strich er mit den knochigen Fingern darüber, ehe sich im Kern der Kugel das Abbild Gaias zeigte, die ihn lächelnd ansah: „Hallo Grim. Wie läuft es?“ - „Sag Kakashi Bescheid, dass er die Vorstellung präsentieren kann. Wir sind auf dem Weg...“ Das schöne Gesicht in der Kugel strahlte schier vor Freude: „Wirklich?! Oh, Grim, das ist wundervoll! Ich werde sofort alles in die Wege leiten! Bis später!“ Er nickte: „Ich danke dir. Bis später.“ Das Bild löste sich auf und er ließ die Kugel wieder in den Beutel sinken, aus dem er sie geholt hatte.
 

Ächzend erhob er sich von der Couch und knurrte. Seine Knochen waren wirklich nicht mehr die Jüngsten...
 

Langsam folgte er dem Rothaarigen ins Schlafzimmer. Sasori hatte einen Koffer auf das Bett gestellt und räumte penibel sämtliche Kleidung ein, die ihm in die Hände kam. Grim blieb in der Tür stehen und neigte den Kopf zur Seite: „Willst du nicht auch ein paar Andenken mitnehmen?“ Erschrocken sah der Akasuna auf. Er hatte den Verhüllten gar nicht bemerkt. Leise seufzte er und packte weiter: „Ich weiß nicht, höchstens ein paar Bilder...“ - „Das ist eine tolle Idee. Wir haben auch ein paar AGs, unter anderem eine für Kunst. Dein Zimmergenosse ist auch großer Kunstfan, er würde sich ganz bestimmt für deine Werke interessieren.“
 

Wieder hielt Sasori inne und sah auf: „Zimmergenosse?!“ - „Ja. Ihr werdet sozusagen ein Team bilden.“ - „Aber... aber... das...“ - „Mach dir keine Sorgen, Sasori. Deine Erfahrungen sind Vergangenheit. Du wirst neue machen und lernen, dass nicht alle Menschen solche Idioten sind. Du wirst mit dem Schüler des Elements 'Leben' auf ein Zimmer kommen, da eure Zusammenarbeit unverzichtbar ist.“ - „Aber ich bin es nicht gewohnt, mit anderen... ich meine...“ Grim nickte: „Weiß ich doch. Aber ihr habt alle Zeit der Welt, um euch an die neue Situation zu gewöhnen. Mache dir da mal keine Sorgen.“
 

Widerwillig nickte der Rothaarige und packte schließlich weiter. Gefallen tat ihm das gar nicht. Er wollte nicht mir irgendeinem Fremden ein Zimmer teilen... Er war so viele Jahre alleine gewesen, da konnte er doch nicht einfach von jetzt auf gleich Gesellschaft haben, die ständig zugegen war... oder? Was war, wenn doch wieder alles so wie früher sein würde?
 

Sein Magen verkrampfte sich, während er die letzte Kleidung in den Koffer legte und diesen verschloss. Er seufzte. Den Schwanz einziehen, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte, würde er sicherlich auch nicht.
 

Alles war besser, als das hier.
 

Wie ein Dogma rief er sich diesen Satz immer wieder in Erinnerung. Es konnte einfach nur besser werden, selbst mit einem Zimmergenossen.
 

Er ließ von seinem Koffer ab und packte rasch seine Mappe mit allen Bildern, die ihm wichtig genug waren, um sie mitzunehmen. Auch seine Materialien verstaute er noch schnell, ehe er Grim ansah und nickte: „Von mir aus können wir los...“ Der Verhüllte nickte ebenfalls: „Gut. Folge mir...“
 


 


 

Leichte Schritte hatten Gaia bis zum Klassenzimmer befördert. Sie war gut aufgelegt. Eine riesige Freude erfüllte sie. Ja, sie freute sich für Grim. Sehr sogar! Es machte sie glücklich, dass er endlich einen Schüler gefunden hatte. Und irgendwie spürte sie, dass dieses Mal eine reelle Chance bestand, dass diese Schülergruppe der kosmischen Elemente mehr waren, als alle bisherigen. Zweifelsohne waren es die mit Abstand schwierigsten bisher, aber gerade das machte sie so besonders. Alleine Naruto und Gaara waren so unterschiedlich, wie sie es noch nie gesehen hatte. Und wenn sie bedachte, was für ein Wirbelwind Deidara war... Es würde definitiv eine schwere, aber interessante Zeit werden. Für alle.
 

Sie klopfte kurz und öffnete ein wenig ungeduldig die Tür. Abrupt hielt sie jedoch inne, als sie in den Raum blickte. Auf der Leinwand war Sasoris Bild zu sehen und Kakashi saß auf einem der Tische, sie ein wenig ertappt anschauend: „Gaia... ähem...“ Sie stemmte zwar die Hände in die Hüfte, konnte sich ein Grinsen bei dem Anblick jedoch nicht verkneifen: „Da konnte es jemand wohl gar nicht erwarten...“ Der Lehrer kratzte sich am Hinterkopf und grinste ebenfalls: „Du kannst dich bei deinem Schüler bedanken, der hatte den Schnabel nämlich nicht halten können...“ Deidaras Stimme ertönte beleidigt: „Petze!“
 

Gaia schmunzelte und schüttelte leicht den Kopf: „Seid froh, dass Grim nicht da ist. Aber macht euch keine Sorgen, denn deswegen...“ Sie deutete auf das Bild. „...bin ich hier. Ich wollte dir gerade mitteilen, dass die offizielle Erlaubnis zur Präsentation eingegangen ist.“ Ehe irgendjemand etwas sagen konnte, war Deidara bereits aufgesprungen und stand vor seiner Lehrerin: „Er kommt her?! Er wird wirklich mein Teampartner?!“ Sie nickte: „Ja, in der Tat. Und so aufgeregt wie du bist, hat Kakashi sicherlich nichts dagegen, wenn du mit mir kommst und wir in deinem Zimmer auf ihn warten.“
 

Kakashi hob abwehrend die Hände: „Ich tue einen Teufel und lege Einspruch ein. Nimm ihn ruhig mit, dann können wir hier vielleicht auch mal wieder Unterricht machen.“ Ein genervter Hidan übertönte das Gemurmel in der Klasse: „Fuck! Die alte Bratze darf schwänzen?! Scheißverein! AUAAAA!“ Mahnend sah der Sensei den Aufmüpfigen an, den er mit einem Buch getroffen hatte: „Kannst du nicht mal fünf Minuten die Backen halten?“ Er wandte sich wieder Gaia und Deidara zu: „Geht ruhig. Immerhin ist das schon etwas Besonderes, wenn dein Schüler einen Partner bekommt. Deidara hat eh schon die ganze Zeit Hummeln im Hintern.“
 

Freudig lief der Blonde zu seinem Platz, schob die Sachen von seinem Tisch in die geöffnete Tasche und kehrte in Rekordzeit zu seiner Lehrerin zurück, die ihn anlächelte und sich anschließend noch einmal an die Klasse wandte: „Wie gewohnt werden wir den Neuen dann heute Abend beim Essen allen vorstellen. Bis später.“
 

Nachdem sie das Klassenzimmer verlassen hatten, schritten die beiden den Flur entlang, um zu Deidaras Zimmer zu gehen. Aufgeregt klammerte er sich an seiner Tasche fest. Ihm war durchaus bewusst, dass er sich gerade verhielt, als habe er das 15. Lebensjahr noch nicht erreicht, aber die Freude und die Aufregung waren einfach so immens groß in ihm, dass er sie irgendwie abbauen musste. Er war halt ein Energiebündel und wirkte manchmal ein wenig kindisch, aber er war keineswegs infantil. Er zeigte eben nur einfach, was ihn bewegte. Und im Moment war das eben vor allem Anderen Freude.
 

Er konnte es kaum erwarten, dieses wunderschöne Gesicht vor sich zu sehen. Er liebte schöne Dinge. Es würde wohl lange dauern, bis er sich an Sasori satt gesehen haben würde, aber das störte ihn nicht. Er liebte schöne Dinge, er liebte das Leben. Und er kostete es in seiner ganzen Bandbreite aus, ob es nun schön war, oder traurig. Das war nicht kindisch. Vielleicht schon ein wenig, aber auch nur, weil Erwachsene es einfach verlernten mit offenen Augen und vor allem einem, auch wenn es ein wenig kitschig klang, offenen Herzen durchs Leben zu gehen. Es war viel zu kurz, um es mit Missmut, permanenter Ernsthaftigkeit und Trübsal zu verschwenden. Es gab so viele wundervolle Dinge, die man nur wahrnehmen musste. Kinder konnten das. Und das war nicht zu belächeln, sondern zu bewundern. Punkt.
 

Langsam wurde er auch ein wenig ruhiger. Gaia versprühte immer eine zeitlose Gelassenheit, bei all der Lebensfreude, die in ihr steckte, was immer auch auf ihn abfärbte. Er war eben noch recht jung, da wusste die Energie manchmal nicht so recht, wo sie hin sollte. Seine Lehrerin aber hatte nach all der Zeit, in der sie bereits existierte, viel gesehen, erlebt und erfahren, was sie natürlich deutlich ruhiger machte. Irgendwann würde es ihm nicht anders ergehen. Aber er freute sich darauf. Im Moment kostete er seine Unbeschwertheit aus, und irgendwann würde er es genießen, diese Ruhe in sich zu finden.
 

Das Wichtigste jedoch war erst einmal die Ankunft Sasoris. Deidara lächelte leicht. Er konnte es kaum noch erwarten, endlich dieses schöne Wesen vor sich zu haben...
 


 


 

Irritiert sah Sasori Grim an: „Was machen wir hier?“ Der Angesprochene kicherte, während er sie zielsicher auf die Universität zu führte: „Wir gehen zur Akademie.“ - „Aber...“ - „Nun hinterfrage doch nicht immer alles. Du wirst es früh genug erfahren.“ Etwas beleidigt schleppte er den Koffer und die Mappe die Stufen empor, die sie zur Eingangstür führten. Zumindest war gerade Unterricht. Da lief er wenigstens nicht Gefahr, seinen speziellen „Freunden“ über den Weg zu laufen...
 

Grim schritt erhaben durch den Flur, bis sie zur Treppe kamen, die in die unterschiedlichen Etagen führte. Entgegen aller Gewohnheit ging es dieses Mal jedoch nicht nach oben, sondern nach unten in Richtung Keller. Zig Fragen schwirrten schon wieder in seinem Kopf, doch dieses Mal schaffte er es eisern, sich diese zu verkneifen. Unwissenheit war eine Sache, eine Belehrung aber eine andere. Darauf hatte Sasori noch viel weniger Lust, als auf irgendwelche Überraschungen.
 

Außer ihren Schritten, die laut von der steinernen Treppe aus durch das Gebäude hallten, war nichts zu hören. Eine fast friedliche Stille lag über ihnen. Am Ende der Treppe versperrte eine Tür den Weg, durch die sie gingen. Auf der anderen Seite breitete sich ein Flur nach links und nach rechts aus, der ungefähr so viel Flair versprühte wie ein Atombunker. Doch wieder verkniff Sasori sich seine Fragen, auch wenn er sich so langsam verarscht vorkam. Hatte er sich nicht vielleicht doch einen Bären aller erster Güte aufbinden lassen? Immerhin... stapfte er mit einem voll gepackten Koffer durch das Kellergewölbe der Universität!
 

Sie hatten den linken Weg eingeschlagen, passierten hier und dort weitere Abzweigungen und Türen, doch stur lief Grim immer weiter geradeaus. Selbst dann noch, als keine Tür und keine Abzweigung mehr kam, dafür hingegen das Ende des Flurs. Lautlos schüttelte Sasori den Kopf. Er wurde hier eindeutig verarscht!
 

Direkt vor der kalten Betonmauer hielt der Verhüllte an, so dass auch er stoppte. Und es reichte dem Akasuna. Das war doch lächerlich! Ungehalten knurrte er: „Das war schon vor 15 Metern eine Sackgasse...“ Grim seufzte: „Klugscheißer...“ Ehe Sasori patzig antworten konnte, hob der Direktor seine knöcherne Hand und berührte die kalte Mauer vor ihm. Ein giftgrünes Licht blitzte auf, ehe sich die Materie der Mauer... aufzulösen begann. Grim sah ihn über die Schulter hinweg an und Sasori konnte das selbstgefällige Grinsen mehr als deutlich spüren, was er mit nicht mehr als einem widerwilligen Knurren beantwortete.
 

Er folgte dem Verhüllten durch die Mauer hindurch, hinter der sich ein kleiner Raum befand, in dem sich mit einem Mal eine ganze Reihe Fackeln entzündete. Hinter ihnen materialisierte sich das Mauerwerk wieder.
 

Sasori sah sich um. Groß war der Raum wahrlich nicht. Imposant aber trotzdem. Denn in der Mitte erschien immer deutlicher ein gut 2 Meter hoher Ring aus grünem Licht, der bedächtig auf und ab, vor und zurück waberte. Als der Ring sich komplett geschlossen hatte, wurde der Blick auf die dahinter liegende Wand plötzlich versperrt. Statt dessen war ein Gebäude zu erahnen, welches eindeutig auch von diesem grünlichen Licht umgeben und erhellt wurde.
 

Er sah Grim mit großen Augen an: „Was...?“ Dieser nickte zu dem Portal hin: „Das ist die Akademie, Sasori. Sie liegt... nicht unbedingt in der Nähe. Aber das wirst du alles noch erfahren und lernen, wenn wir erst einmal dort sind.“ Er hielt kurz inne und sah den Akasuna herausfordernd an: „Bist du bereit?“
 

Für einen Moment betrachtete Sasori das Portal. Das war keine Verarsche... das war die Wirklichkeit. Er stand tatsächlich nicht nur im übertragenen Sinne an der Schwelle zu einem neuen Leben. Ein Schritt würde entscheiden, ob er in seinem Alten blieb, oder ob er in das Neue treten würde. Ein einziger, kleiner Schritt...
 

Er atmete tief ein und aus, ehe er entschlossen nickte: „Ja. Ich bin bereit.“ Er spürte, wie die eisigen Knochen von Grims Hand sich um seine legten, ehe er von ihnen durch das Portal gezogen wurde. Und für den Augenblick, in dem er diese kaum spürbare Membran durchschritt, schien sich sein Körper von ihm zu lösen. Wirbelte sein Verstand, sein Geist durch etwas, das er mit Worten niemals würde beschreiben können. Er war überall und nirgendwo. Zu jeder Zeit und doch niemals. Alles und nichts. Er selbst und doch etwas viel Größeres.
 

Und dann hörte es so schnell auf, wie es begonnen hatte...

Erster Eindruck

~Aloha ihr Lieben!
 

Tut mir Leid, dass es ein wenig länger gedauert hat, aber 1. ist meine Oma ins Krankenhaus gekommen und 2. ist das Kapitel doch etwas umfangreicher geworden, als ich zu Beginn gedacht hatte.
 

Ich hoffe wirklich sehr, dass es euch gefallen wird. Gibt auch die eine oder andere kleine Überraschung ^.^
 

Viel Spaß beim Lesen!
 

LG

Galenhilwen~
 


 

Mit großen Augen sah Sasori sich um. „Nicht unbedingt in der Nähe“ war als Beschreibung völlig untertrieben gewesen! Langsam verließ er den steinernen Grund, auf dem das Portal stand. Trockener, staubiger Boden knirschte unter seinen Schuhen.
 

Sie befanden sich auf einer Anhöhe, an deren unterem Ende die Akademie wie ein Bollwerk thronte. Schwarzer Stein, gepaart mit giftgrünem Licht ließen diesen Ort alles andere als einladend wirken, und doch musste Sasori sich eingestehen, dass es ihm auch nicht missfiel. Der Komplex wirkte wuchtig, düster und unheimlich... und doch verspürte der Rothaarige eine schier magische Anziehungskraft, die dieser Ort auf ihn ausübte.
 

Von hohen Plateaus eingeschlossen wirkte die Akademie sogar ein wenig Schutz suchend, was ihm bei dieser Umgebung nicht unangebracht erschien. Karger, trockener und steiniger Boden dominierte alles, was er von hier aus sehen konnte. Die Geröllwüste erstreckte sich in alle Himmelsrichtungen so weit er gucken konnte. Über ihnen am Himmel drang blutrotes Licht durch die tief hängenden, bedrohlichen, dunklen Wolken.
 

Die Luft schien wie aufgeladen zu vibrieren, ein starker Wind wirbelte seine Haare durcheinander und kreierte am Himmel schiere Strudel aus schwarzen Wolken und rotem Licht. Ein Summen, wie man es bei starken Stromleitungen hören konnte, erfüllte die Luft und wurde nur gelegentlich von sich laut entladenden, blutroten Blitzen übertönt.
 

Kein Mensch und kein Wesen außer ihm und Grim schien weit und breit zu existieren. Und es schien auch kein Geschöpf und keine Pflanze zu geben, die einen ernsthaften Versuch in dieser Umgebung wagen wollte.
 

Er zuckte zusammen, als er die Knochen von Grims Hand auf seiner Schulter spürte. Nicht, weil es ihm unheimlich war, sondern eher weil er an Berührungen nicht gewöhnt war. Er sah den Verhüllten an, der in die Ferne zu schauen schien und schließlich zu erklären begann: „Du wunderst dich sicherlich wo wir hier sind...“ Sasori nickte wortlos. „Es ist nicht einfach zu erklären... Es ist eine Art kosmisches Exil, wenn man so will. Ein Ort, der von Raum und Zeit völlig abgeschnitten ist.“ Der Akasuna schaute einfach nur fragend und Grim seufzte: „Du kannst es dir wie eine Art Paralleluniversum vorstellen...“
 

Grim sah ihn an und er hörte wieder dieses Lächeln heraus, welches dieses Mal jedoch eher verbittert, als erheitert klang: „Es war mal schöner hier, musst du wissen. Die Lehrer der kosmischen Elemente, Luna, Solarion, Gaia und ich, sind keine normalen Menschen, wie du, die anderen Schüler oder die anderen Lehrer. Wir sind...“ Der Direktor stockte und schien zu überlegen. „Nun, vielleicht so etwas wie Gottheiten. Keine Götter, sondern göttliche Erscheinungen einer größeren, kosmischen Macht. Gemeinsam mit dieser höheren Macht schufen wir eure Welt aus den Elementen.“
 

Sasori nickte einfach nur und folgte Grims Blick, der wieder in die Ferne schweifte. Es klang zwar alles unglaublich, dennoch verstand er rein intellektuell, was der Verhüllte ihm zu sagen versuchte. Zumindest hatte er nicht das Gefühl, völlig auf dem Schlauch zu stehen.
 

Das schien auch der Direktor zu merken und setzte die Erklärung fort: „Diese höhere Macht war einst das, was uns unsere Göttlichkeit verlieh. Unser Kreislauf sozusagen, in dem wir existierten. Und diese Macht war kein geringerer als der Hüter der Zeit.“ Er seufzte. „Ohne die Zeit gäbe es uns alle nicht, verstehst du?“ Sasori nickte, blickte den Größeren nun aber doch fragend an: „Aber die Zeit verstreicht doch... aber es klingt bei Ihnen, als sei das Vergangenheit. Das verstehe ich nicht so ganz.“
 

Grim nickte: „Ich weiß, dazu wollte ich noch kommen. Denn damals hat der Hüter der Zeit mit uns hier sozusagen residiert, es war unsere Heimat, von wo aus wir stets in eure Welt konnten, um unsere Arbeit zu erledigen.“ Er stockte und Sasori merkte wieder deutlich etwas. Der Verhüllte schien nicht gerne darüber zu sprechen, was dieser ihm gerade erzählte. Etwas unsicher sah er den Lehrer an und murmelte: „Sie müssen mir das nicht sagen...“ Nun erklang dieses Lächeln wieder in der Stimme: „Doch, denn es ist wichtig. Und hör mit dem 'Sie' auf, da fühle ich mich immer so alt...“
 

Grinsend hob Sasori eine Augenbraue, nickte aber: „Das will ich natürlich nicht, dass du dich unnötig alt fühlst.“ Grim kicherte kurz, erklärte aber schließlich weiter: „Wir gerieten in einen Streit mit dem Hüter der Zeit, der alles veränderte. Um uns eine Lektion zu erteilen, entzog er uns seine göttliche Anwesenheit. Er gab uns als Strafe auf, dass wir seine Göttlichkeit in den Menschen wiederfinden sollten... weshalb wir letztlich aus unserer Residenz diese Akademie gemacht haben.“
 

Mit einem Mal wurde Sasoris Blick verbittert. Seine Stimme klang, wenn auch nur ganz vage, verletzt: „So ist das also. Wir sind eine Strafe.“ Grim sah ihn an und schüttelte den Kopf: „Unsinn. Die Strafe war die Suche nach dem Hüter, Sasori. Nicht die Menschen. Ich rede hier von Zeiträumen über Jahrhunderte, in denen sich aus einer planlosen Suche eine Freude an dem göttlichen Funken in den Menschen gewandelt hat... Die Akademie hatte sich ergeben, als wir bei unserer Suche feststellten, dass auch Menschen Fähigkeiten über die Elemente hatten.“ Etwas verlegen senkte der Rothaarige den Blick: „Achso...“
 

Freundschaftlich klopfte die knöcherne Hand auf seine Schulter: „Schon gut, es ist viel, was ihr hier zu erlernen habt. Und glaube mir... so sehr uns die Abwesenheit des Hüters schmerzt, und das tut sie wirklich unvorstellbar, so sehr haben wir in dieser düsteren Gegend, die mit seinem Verschwinden entstand, zu schätzen gelernt, unser Wissen an euch weiterzugeben... In der Hoffnung, irgendwann irgendwo in den Menschen das Wesen unserer väterlichen Gottheit wiederzufinden. Und dieses Phasenportal ist das, was unsere und eure Welt miteinander verbindet.“ Während Sasori nickte, wandte Grim sich der Akademie zu und schien wieder zu lächeln: „Und nun komm, man erwartet uns bereits. Den Rest wirst du noch lernen, sobald dein Unterricht losgeht.“
 

Es dauerte eine ganze Weile, bis sie schließlich den Eingang des Gebäudes erreicht hatten. Sasori knurrte innerlich. Nicht nur, dass sie ewig gebraucht hatten. Nein. Er hatte seinen Koffer und seine Mappe den ganzen Weg schlören müssen. Da hatten sie schon ein Portal zum Reisen und dann war dieses so weit vom Gebäude weg, dass man trotzdem seine Zeit mit Latschen vertrödelte!
 

Wie bereits in der Universität, hallten auch in den Fluren der Akademie ihre Schritte einsam umher, bis sie irgendwo in weiter Ferne verklangen. Dennoch verzog Sasori das Gesicht ein wenig. Er wusste nicht wirklich wieso, aber er fühlte sich wohl hier... zwischen dem dunklen Stein, den grünlichen Fackeln und den merkwürdigen Dingen, an denen sie vorbeikamen.
 

Aus einer großen Tür beispielsweise liefen Rohre an der Decke entlang und folgten einem Flur in eine andere Richtung. Leuchtend grüne, rote und blaue Flüssigkeiten waren darin zu erkennen, die wabernd ihren Weg in eine Richtung nahmen, die Grim jedoch nicht einschlug.
 

Ein wenig missmutig unterdrückte der Akasuna seine Neugier und folgte dem Verhüllten wortlos weiter. Finstere Wasserspeier blickten ihn grimmig von Podesten an, Gemälde mit düsteren Szenarien oder Landschaften unterstrichen das Ambiente. Sasori seufzte lautlos. Manches dieser Bilder hätte gut aus seiner eigenen Sammlung stammen können. Und irgendwie bedrückte ihn diese Tatsache nicht, sondern sie weckte einen winzigen Funken Hoffnung in ihm. Bisher hatte er seine Bilder für das kranke Werk eines kranken Ausgestoßenen gehalten, dessen Fantasie wohl niemand würde verstehen können. Seine Bilder, die all das widerspiegelten, was er nicht in Worte fassen konnte und wollte, waren für andere einfach nur abscheulich. Und das war keine Vermutung, es war Gewissheit.
 

Rasch suchte er die Umgebung nach etwas Anderem ab. Er wollte nicht darüber nachdenken. Er wollte dieses infernalische und von Schmerz zerrissene Kreischen seines Herzens einfach nicht mehr hören. Er wollte nicht, dass diese Ablehnung, diese Abschätzigkeit und dieser Hass ihm so weh taten. Und noch viel weniger wollte er, dass das irgendjemand wusste...
 

Himmel, wenn er nur daran dachte, dass diejenigen, die ihn tagein tagaus gemobbt, verprügelt und angefeindet hatten, jemals davon erfahren hätten, gefror ihm das Blut in den Adern. Wenn sie gewusst hätten, wie tief sie ihn mit ihrem bisherigen Verhalten getroffen hatten... aus seiner Hölle wäre etwas geworden, das er sich nicht im Ansatz vorstellen konnte oder wollte! Hätten sie jemals geahnt, dass sie weit stärker als er waren, sie hätten ihn wahrscheinlich so lange gejagt, bis... es niemanden mehr gegeben hätte, den sie hätten jagen können.
 

Es war schon schlimm genug gewesen, als sie damals seine „perversen“ Bilder gesehen hatten. Nachdem sie ihn die Treppe runtergestoßen und seine Mappe sich geöffnet hatte. Jedes einzelne Wort, jeder einzelne Schlag hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt.
 

Er war weder schwach, noch hilflos. Aber nie hatte er sich gewehrt. Nicht, nachdem seine „Abwehr“ in den meisten Fällen tödlich geendet war. Er war nicht gnädig um ihrer selbst Willen gewesen. Er war es nur für sich selbst gewesen. Ein Wunsch, ein Gedanke hätte gereicht. Doch er hatte alles daran gesetzt, dass er niemanden mehr tötete. Eigentlich hatten sie diese Gnade gar nicht verdient gehabt. Weder Sasuke und seine Clique, noch irgendein anderer Mensch, der ihn verachtet hatte..
 

Ja, sie hätten es verdient gehabt, einen qualvollen Tod zu erleiden. Manchmal hatte er sich vorgestellt, wie er sich für jede Beschimpfung, für jeden Schlag und für jeden Blick gerächt hätte. Manchmal hatte er diese Gedanken in seinen Bildern verewigt. Und manchmal, wenn er sie nach einer Weile wieder betrachtete... da verabscheute er sich selbst. Der Teufel persönlich würde von seinen Gedanken der Qual und der Folter lernen können.
 

Ein leichtes Zittern ergriff seinen Körper.
 

Er hatte sich oft vorgestellt, wie er sich für alles rächen würde. Hatte stundenlang auf dem Bett gelegen und sich in Gedanken ausgemalt, wie er alle anderen dabei zusehen lassen würde, während er einem von ihnen Gifte von Schlangen oder Skorpionen in die Füße und Hände injizierte. Genüsslich hatte er sich jedes Mal vorgestellt, wie diese Gifte den Körper zerstörten. Manch ein Gift zersetzte die Haut, andere fraßen sich wie Säure durch das Fleisch, einige schwollen an der Injektionsstelle so weit an, dass die Haut platzte, wieder andere lähmten und nahmen nach und nach jegliche lebenswichtige Funktion. Aber er würde sie nicht alle auf einmal geben, sondern nacheinander. Er wartete in seinen Gedanken immer, bis sein „Opfer“ beinahe tot war, um diesem das Gegengift zu verabreichen... und gleich darauf das nächste Gift.
 

Es war dem Akasuna mehr als bewusst, wie abartig diese ihn beruhigenden Gedanken eigentlich waren. Nichtsdestoweniger fühlte er sich gut damit. Gab diesen Menschen in seinen Gedanken doch nur das, was sie verdient hatten. Fügte ihnen Schmerzen zu, damit sie in etwa verstanden, was sein Lebensinhalt war. Wegen ihnen. Durch sie. Sie hatten ihn doch erst zu dem gemacht, was sie in ihm sahen...
 

Sasori kniff die Augen zusammen und knurrte leise. Er hatte doch NICHT drüber nachdenken wollen! Und nun tat er es ja doch wieder. Vergessen würde er es eh niemals... konnte es nicht...
 

Er schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf den Weg. Gerade rechtzeitig, wie er feststellte. Grim blieb vor einer Tür stehen, drehte sich zu ihm herum und deutete auf den noch verschlossenen Durchgang: „Wir sind da.“ Sasori nickte wortlos, ehe der Verhüllte einfach klopfte und von der anderen Seite ein freundliches „Herein.“ ertönte. Nachdem der Direktor die Tür geöffnet hatte, schob dieser ihn einfach vor sich in den fremden Raum hinein, folgte und verschloss die Tür hinter ihnen wieder.
 

Etwas verhalten sah er sich um. Das Zimmer war zu seiner Erleichterung großzügig in der Größe. Es sah zwar ein wenig chaotisch aus, aber aushaltbar. Auch war Sasori nicht undankbar, dass es ein eigenes Badezimmer gab, so dass er nicht ständig aus dem Zimmer musste. Das Hochbett und der Tisch waren schmucklos, würden ihm aber reichen. Alles in allem war es ein Zimmer, in dem man sich nicht extrem auf der Pelle hing, welches dem Akasuna aber wegen der Schlichtheit sehr zusagte. Er konnte arbeiten, er konnte sich eine Ecke für sich selbst suchen. Was wollte er mehr?!
 

Er musterte rasch die beiden Personen, die ihnen gegenüber standen. Die Präsenz der beiden, insbesondere der Frau, war enorm. An ihren Füßen rankte sich frisches, saftiges Grün knapp über dem Boden in alle Richtungen. Ihr Blick war freundlich, ihre Aura wirkte nett, aufgeschlossen und liebevoll. Zwar würde er sich nicht mit auch nur einem Wort aus dem Fenster lehnen, aber er war sich ziemlich sicher, dass diese zugegebenermaßen wirklich schöne Frau Gaia sein müsste.
 

Der Blonde daneben musste in etwa so alt wie er selber sein. Die blauen Augen sprühten nur so vor Energie und unterstrichen das dümmliche und absolut breite Grinsen in dessen Gesicht. Irgendwie musste er sofort an Suigetsu denken... Selbst die arrogant-lässige Körperhaltung war dieselbe. Fehlte nur noch der überhebliche und alles sagende Hüftschwung!
 

Innerlich lachte er trocken auf. Es war ja schon peinlich genug, dass er all die Schläge und Worte über sich hatte ergehen lassen, ohne auch nur ein Wort zu verlieren. Dass er aber regelmäßig von Suigetsu, der größten und bekanntesten Prinzessin an der Universität, als Schwuchtel tituliert worden war... das hatte ihm vor Jahren schon den Rest gegeben, als Suigetsus „Regentschaft“ noch auf der Schule gewesen war. Er hasste diese Diven abgrundtief... und sie ihn.
 

Nein, es ging hier nicht um Homophobie. Wäre auch irgendwie schlecht für ihn. Er ließ sich bloß nicht gerne von einer Schwuchtel als Schwuchtel bezeichnen, so einfach war das. Wer im Glashaus saß, der sollte nicht mit Steinen werfen. Zumal Suigetsu nun wahrlich keine Ahnung haben konnte, ob seine Aussage zutraf oder nicht. Außer ihm selbst wusste davon niemand und dabei würde es auch bleiben. Er wollte wirklich nicht wissen, was sie mit ihm angestellt hätten, wenn sie es denn gewusst hätten, selbst wenn einer von ihnen eine extrovertierte Diva war.
 

Deswegen hasste er eben diese aufgetakelten Diven, die sich präsentierten, als seien sie die Krone der Schöpfung. Als sei ihnen nichts bewusster in ihrem Leben, als dass sie gut aussahen und jeder das auch aufs Auge gedrückt bekommen wollte. Pah!
 

Die Frau blickte Grim an und lächelte sanft: „Schön, dass du zurück bist.“ Ihr Blick wanderte zum Rothaarigen. „Und du bist Akasuna no Sasori?“ Wortlos nickte er und die Frau lächelte wieder: „Dann herzlich willkommen an der Akademie der Elemente. Mein Name ist Gaia, Lehrerin für das Element Leben. Und das hier...“ Sie legte dem Blonden eine Hand auf die Schulter. „...ist mein Schüler. Deidara. Er wird mit dir auf diesem Zimmer wohnen und sich während deiner Eingewöhnungszeit um dich kümmern und hinterher auch mit dir trainieren.“
 

Deidara verbeugte sich und Sasori erwiderte die Geste höflich. Die azurblauen Augen seines Gegenüber musterten ihn... Er wusste es nicht. Alleine was es NICHT war konnte er sagen. Es war kein Hass, keine Abscheu, kein Ekel, keine Abschätzigkeit. Und vor allem keine Angst.
 

Nachdem er auch nach endlos scheinenden Sekunden keinen Ton von sich gegeben hatte, lächelte der Blonde ihn freundlich an: „Es ist schön dich kennenzulernen, Sasori.“ Wieder nickte er nur. Was sollte er auch antworten? Das hatte seit dem Tod seiner Eltern keiner mehr zu ihm gesagt. Er wusste nicht wirklich, was er antworten sollte. Eigentlich war ihm nicht einmal wirklich bewusst, dass er dazu etwas sagen sollte. Und ihm war auch nicht danach einen auf freundlich zu machen, da dieser Blonde ohnehin ganz anders sein würde, sobald sie unter sich wären.
 

Deidara wirkte leicht verwirrt, hielt kurz inne, schien zu überlegen, und lächelte schließlich wieder: „Ich werde dir auch alles Wichtige in der Akademie zeigen, wenn du richtig angekommen bist.“ Wieder war nur sein Nicken seine Antwort. Wieder Verwirrung bei dem Blonden: „Gut... also... oh, ja. Ich schlafe oben.“ Er schluckte seinen Kommentar herunter und nickte wieder bloß.
 

Grim brach mit einem leisen Seufzen die Stille: „Deidara, bitte kümmere dich um Sasori. Erkläre ihm am Besten auch gleich den Tagesablauf. Ich denke, dass wir uns erst einmal zurückziehen, damit Sasori auspacken und das Zimmer erkunden kann.“ Der Verhüllte schien wieder zu lächeln: „Und seid pünktlich beim Abendessen, verstanden, Deidara?“ Etwas genervt verdrehte der Blonde die Augen: „Jahaaaa...“
 

Schmunzelnd hakte Gaia sich bei Grim ein und sah die beiden Schüler noch einmal an: „Tut euch die Ruhe an, ihr zwei. Wenn etwas ist, sind wir immer erreichbar. Bis nachher dann.“ Die beiden verließen das Zimmer und machten sich auf den Weg zurück zum Unterrichtstrakt. Lächelnd wandte die Grünhaarige sich an den Direktor: „Ich bin gerade richtig ins Schwelgen gekommen... es ist schon lange her, aber ich kenne da einen 'Tod', der war auch mal so grummelig.“ Der Verhüllte sah seine Begleiterin an und kicherte kehlig: „Du willst mir doch nicht unterstellen, dass ich zur Frohnatur mutiert bin?!“
 

Gaia schmunzelte ausgelassen: „Um Himmels Willen, alleine die Vorstellung wäre absurd.“ Grim nickte und wurde plötzlich wieder ernst: „Ich hoffe nur, dass er nicht so... verbissen sein wird, wie ich war.“ Ihr Blick wurde mitfühlend und weich: „Du machst dir Sorgen?“ - „Schon, ja. Ich möchte einfach nicht, dass ihm dasselbe passiert, wie mir damals. Ich habe die Geschichte angedeutet, aber ihm nicht alles erzählt...“ - „War vermutlich das Beste, mein Lieber.“ - „Meinst du wirklich?“ Sie nickte: „Aber ja doch. Die ganze Geschichte hätte ihn wohl überfordert, ihm vielleicht sogar Angst gemacht. Er muss sich erst einmal ein bisschen fangen, mit der neuen Situation klar kommen. Deidara wird sich schon gut um ihn kümmern, du wirst sehen.“
 

Grim blickte den Flur entlang und nickte seufzend: „Das weiß ich doch. Aber wenn ich bedenke, wie wir früher waren... dann wird es noch nervenaufreibender, als es mit Naruto und Gaara am Anfang gewesen und auch jetzt noch ist.“ Gaia schmiegte sich liebevoll an ihn und lächelte leicht: „Sicherlich waren wir früher auch so unbedacht und hitzköpfig, wir alle Vier. Aber so sehr wir uns damals zu Beginn die Augen hatten auskratzen können, so sehr brauchten wir uns. Und das tun wir noch heute.“
 

Der Verhüllte blieb stehen und senkte den Kopf ein wenig: „Ich habe mir meinen Fehler nie verziehen... ich...“ Die Grünhaarige stellte sich vor ihn und griff liebevoll nach seinen knöchernen Händen, blickte ihm direkt in die... Augen. Und noch immer lächelte sie: „Grim, ich liebe dich genau so wie du bist. Das habe ich immer und das werde ich immer.“ Er wich ihrem Blick aus und knurrte verbittert: „Ich weiß, ich dich auch. Aber es zerreißt mich, dass ich dich nicht so in die Arme schließen kann, wie es dir gebührt. Es zerreißt mich, dass ich nicht einmal deine Hände spüren darf, die meine berühren! Habe ich nicht genug gelitten?! Wann erlöst er mich endlich, Gaia?! Habe ich DAS wirklich verdient?!“
 

Zärtlich ließ sie ihre Hand in seine Kapuze gleiten und strich liebevoll über den kläglichen Rest, der von seiner menschlichen Erscheinung geblieben war. Er trug die Kapuze nicht umsonst. Knapp ein Drittel seines Gesichts war noch... nun. Er hatte es sich selbst schon lange nicht mehr angesehen. Es war nicht wirklich übrig, aber es war auch nicht so verkümmert, wie der Rest von ihm. Irgendetwas dazwischen eben. Doch Gaia berührte diesen Rest, als sei es das Natürlichste der Welt. Als wäre er kein abscheuliches Unding.
 

Vage konnte er die Berührung spüren. Vorsichtig neigte er den Kopf und schmiegte sich an die Hand. Langsam schloss er die Augen. Das tat so unglaublich gut! Innerlich lächelte Grim. Was würde er ohne Gaia nur machen?! Er war mit den Jahrhunderten wirklich ruhiger und ausgeglichener geworden. Nur noch manchmal litt er so immens unter dieser Strafe, doch wenn es mal so war, dann war stets die Grünhaarige bei ihm und führte ihn zurück auf den rechten Weg; zeigte ihm, dass er noch immer ein fühlendes, spürendes Wesen war, welches sich im Grunde nicht von den anderen unterschied. Vor allem aber zeigte sie ihm, dass er... liebenswert war. Sie liebte ihn. Und nur das zählte!
 

Er seufzte leise, ehe sie wortlos ihren Weg schließlich fortsetzten. Es war kein Wort mehr nötig. Er hatte verstanden, was sie ihm mit dieser Geste hatte sagen wollen. Und sie wusste, dass er verstanden hatte. Und Grim hoffte wirklich aufrichtig, dass es Sasori und Deidara besser ergehen würde, als ihnen. Er würde alles daran setzen, dass sich der Fehler, die Probleme und Ereignisse der Vergangenheit nicht wiederholen würden. Er würde dafür Sorge tragen, dass Sasori nicht so verbittert durchs Leben ging, wie er es einst getan hatte. Und Gaia würde ihm helfen, Deidara auf dessen schwierige Aufgabe dabei vorzubereiten. Wie viel Hoffnung in der neuen kosmischen Gruppe lag, konnte allein die Zukunft zeigen...
 


 

„...und nachher beim Abendessen werden dir die anderen vorgestellt. Oh! Und du musst unbedingt den Schokoladenpudding probieren, der ist einfach grandios! Ich könnte mich da immer reinsetzen, wenn es den gibt!“ Deidaras Augen funkelten gierig auf, während er gedankenverloren vor dem Kleiderschrank stand.
 

Sasori massierte sich die Schläfen, ehe er die letzte Fuhre Kleidung aus seinem Koffer nahm. Das ging seit geschlagenen 10 Minuten schon so! Selbst wenn er gewollt hätte, wäre er nicht zu Wort gekommen!
 

Er schob sich an dem Blonden vorbei und räumte die Sachen zu den anderen. Geschafft, aber zufrieden schloss er den Kleiderschrank, kehrte zu seinem Koffer zurück, schloss diesen und schob ihn unter das Bett. Er spürte den Blick auf seinem Rücken, den Deidara ihm zuwarf. Es war doch alles geklärt... Was also wollte der Blonde noch? Oder war es wieder dieses Lauern darauf, dass er auch nur eine verkehrte Bewegung machte? Die Suche nach einem Grund, um ihn anzumachen? Ihm eine zu verpassen?
 

Sein Körper spannte sich bis zum Zerreißen an, seine Zähne pressten sich schmerzhaft aufeinander. Er drehte sich mit einem Ruck um und zischte: „Was glotzt du so?!“ Deidara sah ihn etwas unsicher an, grinste aber und kratzte sich am Hinterkopf: „Ich muss dir noch etwas sagen, was du direkt wissen solltest...“ Sasori verschränkte die Arme vor der Brust und hob skeptisch eine Augenbraue: „Du sabbelst mich seit 10 Minuten zu. Wenn es was Wichtiges gibt, dann sag einfach und dann lass mich in Ruhe.“
 

Plötzlich verschwand jegliche Unsicherheit bei seinem Zimmernachbarn und dessen Grinsen wurde noch ein bisschen breiter: „Du hast eine schöne Stimme, auch wenn du so unfreundlich daher redest.“ Dem Rothaarigen entgleisten sämtliche Gesichtszüge. Ungläubig sah er seinen Gegenüber mit großen Augen an: „WAS?!“ - „Du hast eine schöne Stimme, wenn du mal die Zähne auseinander kriegst.“
 

Sasori knurrte bedrohlich: „Das war jetzt SO wichtig?!“ - „Nein, nein. Das fiel mir nur auf, als du endlich mal geantwortet hast. Eigentlich wollte ich etwas Anderes sagen...“ - „Dann sieh zu und hör auf mich zu verarschen!“ Etwas beleidigt blickte Deidara auf: „Ich verarsche dich nicht, ich hab das ernst gemeint.“ Knurrend drehte der Akasuna sich wieder zum Bett um. Klar! Deswegen ließ dieser Kerl sich auch bei all dem Gesabbel alles Wichtige aus der Nase ziehen! Der wollte ihn ganz eindeutig verarschen.
 

Seufzend wandte er sich dem Blonden halbherzig wieder zu, als dieser sich dazu entschlossen hatte, ihm endlich zu sagen, was er wollte: „Ich wollte nur, dass du weißt, dass ich schwul bin. Nur, damit keine Missverständnisse auftauchen.“ Sasori verdrehte die Augen und zuckte mit den Schultern: „Soll ich dir eine Glückwunschkarte schicken? Wem das nicht aufgefallen wäre, der müsste schon blind und taub sein.“
 

Rasch drehte er sein Gesicht zur Seite und biss sich auf die Unterlippe. Großartig gemacht! Gleich erst einmal wieder Ärger heraufbeschwören... Innerlich schlug er seinen Kopf gegen die Wand. Er sollte einfach den Mund halten, wie gewohnt, dann würde er auch nicht ständig Stunk provozieren.
 

Entgegen sämtliche Befürchtungen hüpfte der Blonde plötzlich in sein Blickfeld und grinste ihn breit an: „Gut, du hast mich erwischt, ich bin halt eine kleine Diva...“ Deidara stockte kurz und überlegte. „Wie sagte Hidan noch? Ach ja... eine Bilderbuchschwuchtel!“
 

Sasoris Körper verkrampfte sich endgültig. Alles um ihn herum verschwamm zu einem undurchdringlichen Brei an Farben, Tönen, Eindrücken. Nichts war mehr als Wahrnehmung zu erfassen, schien keinen Sinn mehr zu haben. Es war ein chaotischer Wust aus allem und nichts...
 

{~Sag doch was, du kleine Schwuchtel!~ … ~ICH bin schwul, aber DU bist erbärmlich, Akasuna!~ … ~HEY! Akasuna! Ich könnt ein Standgebläse wie dich gut gebrauchen!~ … ~Ist eigentlich alles an dir so klein wie du?!~ … ~Du machst mich krank, du Schwuchtel!~}
 

Deidara sah den Rothaarigen besorgt an. Irgendetwas stimmte nicht. Nicht nur, dass dieser nicht mehr antwortete. Nein. Sasori schien gar nicht mehr... wirklich hier zu sein. Nicht einmal die Augen reagierten auf irgendeinen Reiz.
 

Erschrocken kreischte er auf, als sein zukünftiger Teampartner ihn von jetzt auch gleich am Kragen packte und mit einer ungeahnten Wucht mit dem Rücken gegen den Kleiderschrank donnerte, ihn aus Augen anfunkelte, die absolut eiskalt waren, und ihn mit bedrohlicher Stimme anknurrte: „Sag. Sowas. Nie! Wieder.“ Völlig irritiert schüttelte er den Kopf: „Was? Was geht denn bei dir quer?! Ich hab doch gar nichts...“ - „Wenn du Stress mit mir willst, dann mach weiter so! Lass! Mich! In! Ruhe!“
 

Der Blonde stieß ihn von sich und sah ihn herausfordernd an: „Komm runter! Ich habe dir nichts getan!“ Sasori trat einen Schritt zurück und verschränkte die Arme: „Klar.“ - „Hallo?! Hast du etwa ein Problem damit, dass ich schwul bin?! Wie erbärmlich bist du eigentlich?!“ Blind vor Wut stieß er seinen Zimmernachbarn wieder an den Schrank und zischte: „Wer von uns hat hier das Problem?! Du hältst dich wohl für eine ganz große Nummer, was?!“ Aus dem Zischen wurde ein wirklich wütendes Knurren: „Wenn du es noch einmal wagen solltest mich als erbärmlich zu bezeichnen, dann reiße ich dir die Eier ab! Glaube bloß nicht, dass ich Angst vor dir hätte, nur weil ich kleiner bin als du!“
 

Den Kopf schüttelnd wand der Größere sich wieder aus seinem Griff und schubste ihn zum Bett: „Du bist durchgeknallt, Alter! Ich habe kein Wort über deine Größe verloren und ich finde Homophobie nun einmal erbärmlich! Dein Pech!“
 

Mit einem Mal wandte Sasori sich ab und schritt ins Badezimmer, schloss die Tür hinter sich und wischte sich über das Gesicht. Scheiße! Suigetsu hatte nichts gesagt?! Aber er hatte es dort gehört... hatte es doch gesehen...
 

Er hielt inne. Da draußen war nicht Suigetsu! Da draußen war Deidara!!! Aber...
 

Verwirrt schüttelte er den Kopf. Deidara hatte wirklich nichts gesagt? Aber woher kamen dann seine Erinnerungen daran? Drehte er jetzt völlig durch?! Deidara hatte doch dasselbe gesagt, wie Suigetsu immer... oder? Nicht? Doch?
 

Langsam sank er, mit dem Rücken an der Tür, zu Boden. Es war eine dumme Idee gewesen, sich auf diesen Mist einzulassen. Es war vor allem aber eine dumme Idee gewesen, sich auf ein Doppelzimmer einzulassen. Den ersten Eindruck hatte er ja mal ordentlich versaut. Er hatte sich so fest vorgenommen, erst einmal zu versuchen unvoreingenommen zu sein. Und nach nicht einmal einer halben Stunde hatte er einen Ausraster aller erster Güte hingelegt...
 

Er seufzte leise. Er war sich so sicher gewesen, dass Deidara ihn blöde angemacht hatte. Doch nun... zweifelte er an dieser Wahrnehmung. War es so gewesen? Er wusste es einfach nicht mehr... Das einzige was er wusste war, dass er wirklich erbärmlich war. Und von nun hatte, dafür hatte er selber gesorgt, würde der Blonde ihn das spüren lassen! Was auch sonst würde diesem übrig bleiben nach seinem bescheuerten Auftritt?! Was sonst sollte ein Mensch mit einem Freak wie ihm machen?!
 

Nichts... wie immer...
 


 


 

Es war kurz vor sechs Uhr abends, als er im Speisesaal vor einem großen, langen Tisch stand, an dem alle Lehrer und Schüler saßen. Sasori spürte, wie nervös ihn all die Blicke machten. Er hasste es, angeschaut zu werden und noch viel mehr hasste er es so im Mittelpunkt zu stehen.
 

Deidara, der neben ihm stand, hatte auf dem ganzen Weg hierher kein Wort mehr mit ihm gewechselt. Das wunderte ihn aber in keiner Weise und er hatte sich damit abgefunden. Lieber sie schwiegen sich an, als dass er wieder so durchdrehte. Lieber fühlte er sich gehasst, als ungewohnte Situationen zu verbocken.
 

Hinter ihnen standen Grim und Gaia. Die Anwesenheit der beiden beruhigte ihn ein wenig, ansonsten wäre er wohl schon lange wieder auf seinem Zimmer verschwunden und hätte sich verkrochen. Aber sie waren hier bei ihm und nahmen ihm ein wenig das Gefühl von einer Zirkusattraktion, die von allen angestarrt wurde.
 

Langsam legte sich das Gemurmel im Saal und Grim erhob seine tiefe, dunkle Stimme: „Wie schön, dass ausnahmsweise mal alle pünktlich sind. Ihr habt es ja schon gehört, dass wir einen neuen Schüler begrüßen dürfen. Das hier...“ Der Verhüllte legte ihm wieder eine „Hand“ auf die Schulter. „... ist Akasuna no Sasori.“ Wieder ertönte eine Weile Gemurmel und er nickte einfach nur. Wenn er etwas sagen sollte, würde man ihn schon darauf hinweisen.
 

Wieder sprach der Direktor: „Wie immer wäre es schön, wenn ihr euch alle auf die gewohnte Weise vorstellen könntet. Einfach reihum. Die Lehrer beginnen.“
 

Links vorne erhob sich ein jung aussehender Mann mit langen, rötlich schimmernden Haaren, der eine ähnlich starke Aura wie Grim oder Gaia hatte. Er lächelte ihm freundlich zu und nickte: „Ich bin Solarion, Lehrer des kosmischen Elements des Lichts. Herzlich willkommen, Sasori.“
 

Nachdem Solarion wieder saß, stellte sich seine Sitznachbarin auf dieselbe Art vor. Ihre Haare schimmerten wie der Mond selbst es nur konnte. Ihre Stimme klang dunkel, aber sehr angenehm: „Ich bin Luna und die Lehrerin des kosmischen Elements der Dunkelheit.“
 

Neben ihr erhob sich eine weitere Frau, die nicht viel Älter als die Schüler selber war. Ihre blonden Haare waren zu komischen Zöpfen in alle Himmelsrichtungen gebändigt. Sie lächelte: „Hi, ich bin Temari und Lehrerin des irdischen Elements 'Luft'.“
 

Kakashi grinste ihn breit an: „Wir kennen uns ja schon.“ Sasori knurrte als Antwort bloß, doch der Silberpudel grinste noch breiter: „Ich bin Lehrer für das Element 'Elektrizität'.“
 

Daneben erhob sich ein schlacksiger Typ mit heller Haut und langen, dunkelroten Haaren: „Ich bin Nagato, Lehrer für das menschliche Element 'Mut'.“
 

Als nächstes stellte sich eine Blondine mittleren Alters vor, die zu wissen schien, dass sie gut aussah, und mit strenger Stimme sprach: „Ich bin Tsunade, stellvertretende Direktorin und Lehrerin des menschlichen Elements 'Weisheit'.“
 

Abermals erhob sich eine weibliche Lehrkraft mit schwarzem Haar und feuerroten Lippen im Kontrast zu ihrer hellen Haut: „Ich bin Kurenai und unterrichte das menschliche Element 'Liebe'.“
 

Der nächste, der sich erhob sah etwas... kränklich aus. Bleiche Haut, schwarze, lange Haare und eindeutig schon ein wenig älter: „Orochimaru, menschliches Element 'Geschicklichkeit'.“ Gut, der war kurz angebunden.
 

Sein Sitznachbar war es nicht weniger. Ein Kerl mit einer undefinierbaren Frisur, schwarzen Haaren und schwarzen Augen: „Madara, Lehrer für das irdische Element 'Feuer'.“
 

Ein ziemlich großer und wuchtiger Kerl mit bläulich schimmernder Haut und einem Zähne zeigenden Grinsen stand auf und sah ihn an: „Ich bin Kisame und bin der Schwimmlehrer...“ Irgendwo aus dem Saal konnte man, wie sollte es auch anders sein?, Hidan keifen hören: „DAS nennst du schwimmen?! AUAAAAA!“ Kakashi grinste zufrieden über seinen Treffer mit dem Brötchen, und war froh, dass Hidan die Klappe hielt. Kisame grinste breit und nickte: „Ich unterrichte das irdische Element 'Wasser'.“
 

Daneben erhob sich ein ziemlich verhüllter Kerl, von dem man kaum etwas sehen konnte. Nur die durchdringenden Augen stachen deutlich hervor: „Kakuzu, Lehrer des irdischen Elements 'Metall'.“
 

Eine weitere etwas merkwürdige Gestalt erhob sich. Der Kerl hatte dunkelgrünes Haar und smaragdgrüne Augen und begrüßte ihn: „Zetsu, Lehrer des irdischen Elements 'Erde'. Willkommen.“ Die Stimme wurde zu einem Knurren: „Aber lass mich in Ruhe!“ Rasch beugte Grim sich zum Akasuna vor und flüsterte: „Er ist ein bisschen schizophren. Aber keine Angst, im Grunde ist er sehr nett.“
 

Während Sasori nickte, stellte sich der letzte Lehrer vor, da auf dieser Seite des Tisches nicht mehr Personen saßen. Der Kerl war eindeutig der merkwürdigste von allen! Lief halbnackt durch die Gegend und präsentierte überhebliche die schwarz-weiß gemusterte Haut. Um den Hals trug er eine dicke Silberkette mit einem Symbol als Anhänger, welches er nicht kannte. Mit einem breiten Grinsen stellte der Kerl sich vor: „Hi, ich bin Jashin und Lehrer für das geilste Element von allen! Das irdisch-menschliche Element 'Blut'! Und ich bin ein verfickter Gott!“ Wieder posaunte Hidan lauthals herum: „Ich habts gehört, ihr Ficknasen! Bei Jashin!“ - „Halt dein verficktes Maul, du Arschkriecher!“ - „Was immer du sagst, Meister... AUAAAA!“ Wieder grinste Kakashi. Die Butter würde in der Schmalzfrisur auch nicht mehr auffallen... Hidan mit Sachen beschmeißen machte richtig Spaß! Und es sorgte doch echt mal für Ruhe!
 

Einigen Lehrern gegenüber saßen, so vermutete Sasori, ihre dementsprechende Schüler. Auch wenn es bei Weitem nicht so viele waren.
 

Vorne rechts erhob sich als erster eine Grinsebacke mit blondem Strubbelhaar und zusammengekniffenen Augen: „Hi, ich bin Naruto! Schön, dass du da bist, echt jetzt! Ich bin Schüler des kosmischen Elements 'Licht.“
 

Daneben stand ein Rotschopf mit einer Tätowierung auf der Stirn und türkisfarbenen, dunkel umrandeten Augen auf: „Gaara, kosmisches Element 'Dunkelheit'.“
 

Ein weiterer junger Mann, der in etwa in seinem Alter war, fast weiße Augen und langes, schwarzes Haar hatte, erhob sich und verbeugte sich höflich: „Ich bin Neji und Schüler des menschlichen Elements 'Weisheit'.“
 

Neben ihm stand ein Mädchen auf, welches Neji recht ähnlich sah. Ihr Gesicht war jedoch von einer leichten Röte bedeckt und sie sah ihm auch nicht in die Augen, als sie sich vorstellte: „Ich bin Nejis Cousine... Hinata... ich bin Schülerin des menschlichen Elements 'Liebe'...“ Sie hatte zwar sehr leise gemurmelt, aber Sasori hatte so ungefähr verstanden, was sie gesagt hatte.
 

Ein junger Mann erhob sich, der wohl ein bisschen älter als er selbst war. Er hatte ebenfalls schwarzes Haar, welches jedoch zu einem Zopf gebunden war. Sasoris Augen weiteten sich. Irgendwie kam ihm dieses Gesicht so schrecklich bekannt vor... aber woher?! Der Schwarzhaarige nickte ihm leicht zu: „Ich bin Itachi und Schüler des menschlichen Elements 'Geschicklichkeit'.“
 

Itachi, Itachi... Sasori überlegte angestrengt, doch ihm wollte einfach nicht einfallen, woher ihm dieser Kerl so bekannt vorkam... Während er in seinen Gedanken versunken war, bekam er die Vorstellung von diesem Brüllaffen Hidan und einer Schülerin namens Konan gar nicht richtig mit. Erst beim letzten Schüler gab er seine sinnlosen Versuche sich zu erinnern auf.
 

Alle Augen richteten sich auf einen Schwarzhaarigen, der Kisame gegenüber saß und den Kopf auf den Armen abgelegt hatte, die auf dem Tisch lagen. Die kurzen Haare standen durch den strengen Zopf ziemlich wüst in alle Richtungen ab. Kisame wischte sich über das Gesicht und knurrte: „Ich fass es nicht!“ Er beugte sich über den Tisch, bis er direkt neben dem Kopf des Schlafenden war und brüllte plötzlich: „AUFSTEHEN!!!!!“ Alle kicherten, als der Typ mit einem Mal aufsprang, aufkreischte und sich verwirrt umsah: „Was... bin ich schon dran?!“ Sein Lehrer keifte: „Ja, du fauler Sack!“ Trotz der Ansage erhob sich der Geweckte eher mühselig, sah zu Sasori herüber: „Ich bin Shikamaru, Schüler des irdischen Elements 'Wasser' und totmüde...“ Kisame verschränkte die Arme: „Strötenfaul hast du vergessen.“ Shikamaru zuckte jedoch nur unbeeindruckt mit den Schultern: „Wenn dich meine Einser stören, dann...“ - „Halt die Klappe und schlaf weiter!“
 

Grim lächelte zufrieden und erhob seine Stimme wieder: „Schön, damit hätten wir das ja erledigt. Wir werden Deidara eine Woche lang vom Unterricht befreien, damit er Sasori alles zeigen und erklären kann. Danach werden die beiden in den Unterrichtsablauf integriert. Benehmt euch und wenn er Hilfe braucht, dann werdet ihr zur Verfügung stehen, wie immer.“
 

Alle Augen richteten sich nun auf Hidan. Doch der schwieg eisern und rieb sich noch immer die Butter aus dem Haar.
 

Der Direktor schmunzelte leise und wandte sich ein letztes Mal an die Versammelten: „Und nun guten Appetit.“ Während sie zu ihren Plätzen gingen, seufzte Sasori lautlos. Eine Woche pausenlos mit Deidara zusammen?!
 

Das konnte doch nur in die Hose gehen...

Eine schlaflose Nacht

~Aloha ihr Lieben!
 

Es ist zwar ein wenig kürzer geworden, aber ich finde, dass das Ende für dieses Kapitel einfach keinen besseren Zeitpunkt hätte haben können ^.^
 

Ich hoffe wirklich sehr, dass es euch gefallen wird :)
 

In diesem Sinne störe ich gar nicht länger, sondern wünsche euch ganz viel Vergnügen beim Lesen!
 

LG

Galenhilwen~
 


 

Die Stille war erdrückend. Tödlich geradezu. In jedem Fall unerträglich.
 

Sasori seufzte lautlos. Es war eine andere Stille als vor einem Tag noch in seiner Wohnung. Dort war es still gewesen, weil es nichts und niemanden gegeben hatte, der ein Geräusch hätte verursachen können. Hier jedoch...
 

Er lag in der Dunkelheit und das Einzige, was ihn ein wenig ablenken konnte war sein Herzschlag, den er jedoch mehr spürte, als dass er ihn wirklich hören konnte. Seit sie vom Abendessen zurück waren, hatten Deidara und er kein Wort miteinander gesprochen. Und entgegen aller Erwartungen fühlte sich das alles andere als gut an. Nein. Es verursachte diese erdrückende Stille, die voller unausgesprochener Vorwürfe und verurteilender Wut war.
 

Langsam öffnete er seine Augen wieder und starrte an den Lattenrost über sich, der in dieser Dunkelheit nicht viel mehr als eine Mischung dunkler und noch dunklerer Schatten war. Nicht einmal das Kissen oder die Decke über ihm raschelte. Da war kein Atemgeräusch, kein gar nichts. Nur diese anklagende Stille.
 

Seit einer geschlagenen halben Stunde fragte er sich immer wieder, wie er das mit seinen Medikamenten machen sollte. Noch hatte er welche. Aber irgendwann müsste er sich Nachschub besorgen. Irgendjemandem müsste er die Wahrheit sagen. Vermutlich würde er sich an Grim wenden. Aber noch schien dies bereits eine unmögliche Hürde zu sein. Es war schon peinlich genug, dass er sie brauchte. Es war noch peinlicher, dass er sich trotzdem elend und am Ende fühlte. Und am Peinlichsten war es wohl, dass er Angst hatte dieses Geheimnis zu offenbaren oder darüber zu sprechen.
 

In dem festen Glauben, dass Deidara bereits schlief, drehte er sich nach einer Stunde reglosen Ausharrens auf die Seite. Wie ein Trommelfeuer wirkte das Rascheln seines Bettzeugs nach dieser schier ewig andauernden Lautlosigkeit.
 

Er kniff die Augen zusammen, als plötzlich ein Licht im Zimmer anging und ihn, so unverhofft es gekommen war, unangenehm blendete. Aus schmalen Schlitzen sah er, wie weiches, blondes Haar von oben herabfiel, das Gesicht Deidaras mit einem Mal an der Kante kopfüber auftauchte und blaue Augen ihn eindringlich musterten. Sie sahen sich eine ganze Weile einfach an, gewöhnten sich augenscheinlich an die Helligkeit, ehe der Blonde plötzlich unverhohlen fragte: „Wieso hast du so ein Problem damit?“
 

Irritiert hob er eine Augenbraue: „Womit?“ - „Mit Homosexualität.“ Seine Kinnlade klappte herunter. Wollte Deidara ihn verarschen? Er schüttelte den Kopf: „Wie kommst du auf die Idee? Das habe ich nicht.“ - „Klar... Deswegen bist du auch vorhin so ausgetickt, weil du kein Problem damit hast.“ Sasori setzte sich auf, ohne dabei den ungläubigen Blick von dem Blonden zu nehmen. Wieder schüttelte er den Kopf: „Das hatte damit doch gar nichts zu tun.“ - „Ach, womit dann, bitte?“ Er wich dem Blick der wütend funkelnden Augen aus und raunte leise: „Das... geht dich nichts an.“
 

Wieso sollte er Deidara die Wahrheit sagen? Selbst wenn er wollte... Er hatte nie über seine Probleme gesprochen, wusste ja nicht einmal wie das ging. Er wusste nur, dass dafür Vertrauen notwendig war. Und er vertraute niemandem. Nie hatte ihm jemand auch nur einen Grund dafür gegeben. Außerdem machte es doch keinen Unterschied aus welchen Gründen er etwas gesagt oder getan hatte. Oder nicht? Er konnte sich auch keinen Grund vorstellen, wieso es den Blonden interessieren sollte. Um ihn zu hassen waren noch nie vernünftige Gründe nötig gewesen. Das wäre das erste Mal...
 

Deidara verzog das Gesicht zu einer Grimasse und knurrte: „Arschloch.“
 

Ruckartig sah er wieder auf. Wie war das, bitte? Was sollte das? Wütend entgegnete er ebenfalls knurrend: „Was willst du eigentlich von mir?“ - „Ich will wissen, wieso du so ein Faschist bist.“ - „Fa...? Hallo?! Nur weil ich es nicht einsehe mit dir darüber zu reden, heißt das noch lange nicht, dass ich ein Faschist oder Schwulenhasser bin. Es geht dich nichts an, wieso ich ausgerastet bin und ich möchte auch nicht darüber reden.“
 

Aufgebracht ließ er sich wieder ins Kissen fallen und drehte dem Blonden demonstrativ den Rücken zu, der jedoch die Beendung dieser Diskussion als solche nicht zu akzeptieren schien und raunte: „Ich muss mich wirklich korrigieren: homophobes Arschloch!“
 

Sasori schlug seinen Kopf innerlich gegen die Wand, als sein Mund schneller reagierte, als sein Verstand, und einfach verstimmt brummte: „Wäre ungünstig, wenn es so wäre...“ Mit einem Mal lief er rot an und war nur froh, dass der Blonde nur seinen Rücken sehen konnte. Auch rang er seine Neugier nieder, die mit jeder Sekunde größer wurde, in der keinerlei Antwort kam. Er würde doch schon gerne sehen, was Deidara so die Sprache verschlug... und vor allem auf welche Art und Weise.
 

Nach einer endlos wirkenden Zeit hörte er das Bettzeug seines Zimmergenossen rascheln, ehe er einen Windhauch spürte und schließlich das Geräusch nackter Füße auf dem steinigen Boden vernahm. Seine Matratze hob und senkte sich, ehe er die unerwartet sanfte Stimme hörte: „Du... bist selber... schwul?“
 

Er vergrub sein rot glühendes Gesicht noch weiter unter seiner Decke und schluckte schwer. Da hatte er sich ja wieder ein grandioses Eigentor geschossen! Angespannt rollte er sich zusammen. Vielleicht... würde der Blonde ja einfach gehen? Er biss sich auf die Unterlippe und wurde sich gerade darüber klar, wie lächerlich er sich in seiner Hilflosigkeit benahm, als sich eine Hand auf seine Schulter legte und er erschrocken herumfuhr.
 

Die azurblauen Augen musterten ihn in einer Mischung aus Erheiterung und Besorgnis. Wieder klang Deidaras Stimme so... unverhofft sanft: „Warum hast du das nicht gleich gesagt?“ Mit tiefrotem Gesicht setzte er zu einer Antwort an, hielt jedoch inne und bekam keinen Ton heraus. Ein dicker Kloß saß in seinem Hals fest und unterband jedes Wort, das er hätte sagen wollen. Das alles machte ihn nervös. Er wusste nicht, was er tun, lassen, sagen oder denken sollte. Verzweifelt wandte er den Blick ab.
 

Sein Herz schien in seiner Brust schier explodieren zu wollen, als sich weiche und warme Finger an seine glühende Wange legten und seinen Blick auf ein lächelndes und liebevolles Gesicht dirigierten. Deidara schüttelte sanft den Kopf: „Das... muss dir doch nicht peinlich sein.“ Panik ergriff den Rothaarigen. Er drückte den Blonden von sich und schüttelte energisch den Kopf: „Ist es nicht... ich... lass mich...“ Er sah den hilflosen Blick seines Gegenüber, der vorsichtig fragte: „Wieso bist du denn so explodiert? Ich verstehe das nicht...“
 

Deidara trat einen Schritt zurück. Sasori saß im Bett und zitterte am ganzen Leib. So langsam beschlich ihn eine Ahnung, was Kakashi bei der Präsentation mit der Vorsicht gemeint hatte. Auch Gaia hatte ihm, während sie gewartet hatten, noch einmal ins Gewissen geredet, dass er es mit einem sehr komplizierten und verstörten Zimmergenossen zu tun kriegen würde. Er hatte gesagt, dass er das schon hinkriegen würde, aber nun... Nun war er sich da gar nicht mehr so sicher. Er hatte sich nicht im Ansatz eine Vorstellung von dem machen können, was hier gerade passierte. Und er ahnte, dass das nur der Anfang war.
 

Scheinbar schien Sasori nicht diese... Verbindung zu bemerken. Wenn er den Rothaarigen betrachtete, dann fühlte er selbst sich unheimlich gut. Glücklich. Fast schon selig. Auch wenn er nicht sagen konnte, welches Gefühl das eigentlich war, so war es wundervoll. Als würden sie sich schon ewig kennen, zusammengehören. Und gerade deshalb hatte der Ausraster unheimlich weh getan. Ja, es war wie ein Stich ins Herz gewesen, dass Sasori ihn so angefahren hatte. Aber scheinbar war es nicht persönliches gewesen, so viel stand für Deidara nun allmählich fest.
 

Mit einer plötzlichen Entschlossenheit kam er dem Akasuna wieder näher. Gaia hatte etwas angedeutet, als sie gewartet hatten. Zunächst hatte er es nicht verstanden, aber nun schien es ihm absolut klar zu sein. Sie hatte ihm erklärt, dass eine schwierige Aufgabe mit viel Verantwortung auf ihn zukommen würde. Und eine Bindung, die viel komplizierter sein würde, als er sich das vorstellen könnte. Ja, so langsam wurde ihm klar, was sie damit gemeint hatte...
 

Zuversichtlich lächelte er Sasori an und legte diesem seine Hand wieder auf die Schulter, begann vorsichtig über den Rücken des Zitternden zu streichen und hauchte sanft: „Hey, schon okay. Wenn irgendetwas ist, dann komm ruhig zu mir. Ich beiße nicht und helfe dir, wenn du mich brauchst.“ Plötzlich sahen die braunen Augen ihn panisch an.
 

Sasori schüttelte ungläubig den Kopf. Was sollte das denn jetzt? Versuchte Deidara sich da gerade sein Vertrauen zu erschleichen? Wollte er sich so an ihm rächen? Niemand wollte ihm helfen oder für ihn da sein. Dieser plumpe Versuch der Rache war ja wohl mehr als offensichtlich. Es würde nie jemanden geben, der ernsthaft sein Vertrauen wollte. Es würde auch niemals jemanden geben, der es wirklich verdiente. Sein Leben, sein Dasein, seine Existenz und Vertrauen waren wie Feuer und Wasser. Sie taten sich gegenseitig einfach nicht gut und gehörte nicht zur selben Zeit an denselben Ort.
 

Er schlug Deidaras Hand von sich, sprang auf und fauchte den Blonden hilflos an: „Lass mich in Ruhe!“ Noch immer zitternd und völlig verstört stürmte er zur Zimmertür, ignorierte die besorgten Fragen seines Zimmergenossen und lief ziellos nach draußen.
 

Das Licht flackerte seicht auf, wo er vorbei kam. Seine unbekleideten Füße patschten auf dem kalten Stein. Er bog links ab, rechts, wie es ihm gerade in den Sinn kam, Hauptsache weg von Deidara, weg von diesem Zimmer, weg von dieser Freundlichkeit... Ob es aufgesetzt war, dass der Blonde so nett zu ihm war, oder nicht, das war einerlei. Er konnte es nicht ertragen, nicht damit umgehen. In allem sah er einfach einen Angriff, Anfeindungen, Niedermachungen...
 

Erst, als er das Rufen Deidaras nicht mehr hören konnte, verlangsamte sich sein Lauf und er ging weiter. Er war ein paar Treppen nach oben gerannt und hatte wirklich keine Ahnung mehr, wo genau im Gebäude er sich befand. Innerlich lachte er trocken auf. Naja, er hatte eine Woche, um zum Zimmer zurückzufinden...
 

Ein kühler Lufthauch strich über seine unbedeckten Arme und er war nicht böse darüber, dass er wenigstens Shorts und sein Lieblingsshirt trug. Er hatte nicht halbnackt vor einem Fremden herumlaufen wollen...
 

Er blieb stehen und sah sich fröstelnd um, bis er eine schwere, dunkle Tür entdeckte, die einen Spalt breit offen stand. Vorsichtig trat er an die Tür heran und riskierte einen Blick durch den Spalt. Eigentlich wusste er selbst nicht so genau, wieso ihn die Neugier gepackt hatte. Vermutlich war es einfach nur die Macht der Gewohnheit. Immerhin war es ungewöhnlich, dass mitten in der Nacht eine Tür offenstand, durch die auch noch kalte Luft zog. Seine Erfahrungen hatten ihn einfach misstrauisch gemacht...
 

Hinter der Tür eröffnete sich ihm ein atemberaubender Anblick. Er konnte auf das Dach der Akademie gucken. Die dunklen Wolken und das rote Licht wirkten so unglaublich nahe. Fast greifbar schienen die blutroten Blitze zu sein, die den Nachthimmel durchbrachen.
 

Vorsichtig schob er die Tür weiter auf und trat ins Freie, ehe er stehenblieb und seinen Gegenüber etwas ertappt ansah. Schwarz umrandete, türkis funkelnde Augen musterten ihn mit einer ähnlichen skeptischen Distanziertheit, wie er sie von sich selber kannte.
 

Gaara erhob sich und musterte ihn durchdringend, ehe seine tiefe, kalte Stimme die Stille zwischen ihnen brach: „Was willst du hier?“ Sasori erwiderte den Blick. Diese abweisende Art... sie war immerhin etwas Bekanntes. Nicht schön, aber vertraut. So blieb ihm zumindest das Repertoire an Reaktionen, derer er sich bedienen konnte und die wie automatisch abliefen. Nicht weniger unfreundlich knurrte er zurück: „Das geht dich nichts an.“
 

Plötzlich huschte ein fast kaum merkbares, flüchtiges Lächeln auf die Lippen des Tätowierten: „Du bist der Erste, der mich hier gefunden hat.“ Sasori verschränkte die Arme vor der Brust und lächelte unterkühlt. Er konnte es nicht genau beschreiben, aber zwischen ihnen lag eine Art Spannung, die sich mit dem tosenden Gewitter über ihnen vergleichen ließ. Nicht unbedingt lebensgefährlich, nicht absolut unsympathisch, aber angespannt, lauernd, ebenbürtig.
 

Er nickte Gaara zu und grinste: „Keine Sorge, es war eher Zufall. Ich würde wohl so schnell nicht wieder her finden.“ Der Angesprochene nickte und setzte sich wieder hin, richtete den Blick zum Himmel und knurrte leise: „Trotzdem.“ Der Rothaarige sah ihn aus den Augenwinkeln an. „Was treibt dich eigentlich dazu, mitten in der Nacht durch die Akademie zu rennen?“
 

Etwas ertappt wandte Sasori den Blick ab: „Mein Zimmergenosse.“ Gaara lachte trocken auf: „Verstehe.“ - „Und was treibt dich dazu, mitten in der Nacht auf dem Dach zu hocken?“ Der Tätowierte grinste ihn kühl an: „Mein Zimmergenosse.“ Der Akasuna nickte: „Verstehe. Ich suche den Weg zurück.“
 

Sasori hatte sich bereits abgewandt, als Gaaras Stimme wieder hinter ihm ertönte: „Kannst auch bleiben. Ich kann eh selten schlafen und soll... Gesellschaft üben. Das scheint mir hier mit dir einfacher zu sein, als mit Naruto auf dem Zimmer.“ Er drehte sich wieder um. Irgendwie wusste er, dass es ein ernst gemeintes Angebot war. Gaara schien sehr puristisch, geradezu spartanisch zu sein, was Kommunikation anging. Da war es leicht zu erkennen, was dieser so meinte und was nicht. Wie er selbst würde der Rothaarige auf dem Dach wohl nichts sagen, wenn er es nicht für nennenswert erachtete.
 

Lautlos nahm er in einiger Entfernung zu dem Anderen Platz und blickte auch gen Himmel. Er konnte verstehen, wieso Gaara hier war. Dieser raue, unbarmherzige Anblick des Himmels hatte trotz seiner urbanen Wirkung auch etwas beruhigendes. Über seinem Kopf tobte eine Kraft, die absolut zerstörerisch sein könnte, es aber nicht war. Eine Kraft, die er mit jeder Pore spüren, regelrecht aufsaugen konnte, die aber ihre wahren Ausmaße nicht freisetzte.
 

Sasori seufzte leise. Gaara sollte sich also darin üben, Gesellschaft zu haben. Der Gedanke, dass es mit jemandem einfacher war, der einem sehr ähnlich zu sein schien, war gar nicht mal so schlecht. Er selbst fühlte auch, dass ein gewisses Maß an Anspannung von ihm abließ. Diese Spannung zwischen ihnen war ungebrochen, aber...
 

Es fühlte sich ein wenig so an, als hielte man zwei Minuspole aneinander. Sie hatten einen ähnlichen Kern, würden sich aber niemals näher kommen, als notwendig. Irgendwann würde diese unsichtbare Barriere, die auch zwischen zwei negativen Polen bestand, so stark sein, dass es gar nicht möglich war, die gewollte Distanz zu überbrücken, während ein Pluspol bei ihnen beiden angeschossen käme, ohne dass sie etwas dagegen würden tun können.
 

Langsam schloss er seine Augen und genoss die Entspannung, die sich in ihm ausbreitete. Hier brauchte er keine Angst haben, dass Gaara ihm näher käme, als er das wollte. Und er würde dies umgekehrt ebenso wenig versuchen. So merkwürdig das anmuten mochte, so angenehm war es. Diese unsichtbare Barriere stieß sie war auf eine gewisse Art voneinander ab, ließ aber ein Zusammensein zu, dessen Grenzen gewahrt wurden. Und das entspannte ihn.
 

Gaara widmete sich ebenfalls seinen Gedanken und beobachtete die zuckenden Blitze, ohne sie dabei wirklich wahrzunehmen. Es war in der Tat erstaunlich, dass es nach zwei Jahren, in denen er hier war, das erste Mal war, dass ihn jemand hier gefunden hatte. Und er war dankbar darüber, dass er sich trotzdem keinen neuen Platz suchen musste. Naruto schlief so tief und fest, der wusste nicht einmal, dass er kaum eine Nacht schlief oder des nachts nicht einmal auf dem Zimmer war.
 

Er hatte auch keinerlei Interesse daran, dass dieser das je herausfinden würde. Eigentlich mochte er den Blonden ja, aber... Aber was er gar nicht ausstehen konnte war diese penetrante Art und die ständigen Versuche ihn zu ändern. Er war kein fröhlicher, durchgeknallter und ewig gut gelaunter Clown und würde es niemals sein.
 

Sicherlich war er dankbar dafür, dass er in diesen 2 Jahren umgänglicher geworden war und nicht mehr versuchte, jedem den Hals umzudrehen, der es auch nur im Ansatz wagte ihn anzusprechen. Und das hatte er Naruto zu verdanken, so ungern er das auch zugab. Gesellschaft war schon okay. Aufdringlichkeit aber nicht.
 

Es ging, trotz aller Veränderungen, niemanden etwas an, wieso er so war, wie er war... Introvertiert, möglicherweise unfreundlich, abweisend. Doch der Blonde akzeptierte diese Tatsache einfach nicht. Dieser wollte vielleicht „nur helfen“, aber ein Nein war ein Nein. Da gab es keine Diskussion. Andere schienen diese Entscheidung ja auch zu verstehen, nur Naruto schien zu meinen, dass er nicht gut so war, wie er war.
 

Sicherlich mochte er sich selbst nicht sonderlich gut leiden, aber er war so lange der Einzige gewesen, den er gehabt hatte. Er war alleine gewesen. Und am Schlimmsten war es geworden, nachdem seine Schwester über Nacht verschwunden war... Sie hatte immer behauptet, stets für ihn da zu sein. Und auch wenn er dieses Angebot niemals angenommen hatte, so hatte es ihn sehr gekränkt, als sie ohne ein Wort einfach fort war. Sie hatte ja nicht mit den Konsequenzen leben müssen, die sich dadurch daheim ergeben hatten...
 

Langsam schloss Gaara seine Augen. Zeit seines Lebens hatte sein Vater ihn für den Tod seiner Mutter verantwortlich gemacht. Zu recht. Immerhin war sie bei seiner Geburt gestorben. Temari war dadurch immer das Wichtigste Familienmitglied zu Hause gewesen. Und als sie nach ihrem Streit plötzlich über Nacht verschwunden war, da hatte sein Vater ihn rausgeschmissen. Ihm den Vorwurf gemacht, nun auch noch seine Schwester auf dem Gewissen zu haben. Vor lauter Verzweiflung hatte sich auch sein Bruder nach kurzer Zeit abgesetzt und war in eine andere Stadt gezogen.
 

Die Essenz der Dunkelheit in ihm hatte seiner Mutter sämtliche Lebensenergie gestohlen. Sie hatte ihn immer beschützt, wenn ihm jemand zu nahe kam. Wie ein gieriger, endloser Schlund hatte sie Menschen verschlungen, verletzt, getötet. Langsam hatte er sie unter Kontrolle und konnte sie so nutzen, dass sie das Gleichgewicht beschützte und nicht wahllos in der Nacht um sich schlug, wenn er schlief. So manches Kindermädchen war dabei umgekommen. So manche Verletzung hatte seine Familie davongetragen.
 

Die Dunkelheit war eine Last. Ein Element, welches er niemandem wünschte. Sie war auf der einen Seite so friedlich, bedeckte die Nacht mit ihrer Anwesenheit und schuf Frieden. Doch das zu tun hatte lange Zeit des Lernens nötig gehabt. Als Kind hatte sie wie ein schwarzes Loch auf seine Gefühle reagiert. Die Schatten anderer angegriffen, Visionen heraufbeschworen, die Menschen sämtliches Leben aus dem Körper gesogen hatten. Viel zu oft hatte er als Kind bereits Menschen gesehen, die ob dieses Anblicks wie Schrumpfköpfe ausgesehen hatten, nur eben am ganzen Leib.
 

Temari war sein einziger, winziger Halt gewesen. Hatte nie Angst vor ihm gehabt, ihn nie verabscheut. Das zumindest hatte er immer gedacht. Bis zu dem Tag, an dem sie fortging. Sie hatte ihn auch fallen gelassen, wie alle anderen auch. Und das hatte er noch immer nicht verziehen, auch nach den 2 Jahren nicht, in denen sie beide hier waren und er die wahren Gründe kannte. Er verstand es nicht, wieso sie nicht wenigstens ein Wort gesagt hatte... wieso sie einfach gegangen war, ohne sich zu verabschieden...
 

Kurz blickte er zu Sasori herüber. Er konnte sich von allen wohl noch am Ehesten vorstellen, was dieser hatte durchmachen müssen. Er selber war am Anfang ein ähnliches Nervenbündel gewesen. Hatte sich wie ein Igel eingerollt und war glücklich darüber gewesen, wenn sich die anderen an seinen Stacheln verletzt hatten, denn so hatten sie ihn nicht verletzen können. Doch manchmal ließ er zumindest einen Blick auf das zu, was die Stacheln beschützten. Lernte, dass er vertrauen musste. Lernte, dass Naruto ihm nichts wollte außer helfen. Und doch war es noch immer schwierig. Es fühlte sich nicht mehr unmöglich an, aber eben ungemein schwer.
 

Ein leichtes Gefühl von Zuversicht und sogar Freude legte sich flüchtig um sein schweres Herz. Zwei Jahre war er hier, in der Naruto darum kämpfte, dass er diesem wirklich zu vertrauen begann. So sehr ihm diese Versuche des Veränderns manchmal missfielen, so deutlich war ihm, dass der Blonde sich wirklich seinetwillen bemühte. Und dafür war es eben durchaus dankbar. Irgendwann würde er es vielleicht sogar mal sagen, ausdrücken können. Aber das würde wohl noch viel Zeit, Arbeit und Nerven kosten, und zwar für alle...
 

Sasori strich sich durchs Haar. So angenehm es hier war, er würde sich überlegen müssen, was er Deidara zu seiner Flucht sagen sollte... ob er überhaupt etwas sagen sollte, ob der Blonde überhaupt noch etwas dazu hören wollte. Er wusste es nicht und schob den Gedanken vorerst auch gekonnt beiseite. Noch waren ein paar Stunden Zeit. Darüber hinaus war diese Stille zu friedlich, um sie mit unliebsamen Gedanken zu trüben.
 

Aber es beruhigte ihn, einen Ort gefunden zu haben, an den er fliehen konnte, wenn es ihm zu viel wurde. So wie es Gaara scheinbar auch tat. Hier gab es keine neugierigen Fragen, keine aufgedrehten Zimmergenossen und keine Anfeindungen. Es war... perfekt...
 

Er schloss seine Augen und reckte sein Gesicht dem frischen Wind entgegen. Zum ersten Mal, seit er sich zurückerinnern konnte, verspürte er einen Anflug von Freiheit in sich. Die Freiheit, so zu sein wie er war, ohne schwerwiegende Konsequenzen befürchten zu müssen. Und alleine für diesen Moment hatte sich die Entscheidung gelohnt, sein Leben für immer für verändern...
 

Grim trat einen Schritt zurück und entfernte sich wieder von der Tür zum Dach. Innerlich lächelte er leicht, während er sich zurück zu seinem Büro begab. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet, aber es kam ihm nicht ungelegen. So aufgelöst, wie Deidara vor knapp zehn Minuten vor ihm gestanden hatte wusste der Direktor, dass der Blonde mit dieser Aufgabe alleine überfordert sein würde. Und er selbst konnte sich um dieses Problem nicht wirklich kümmern.
 

Deidara schien eine etwas zu große Portion Lebensfreude und Energie für Sasori zu sein. Und Naruto noch immer für Gaara. Aber vielleicht konnte er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Vielleicht sollte er die Vier von Anfang an näher zusammenbringen, damit die beiden Rothaarigen voneinander das lernen konnten, was ihnen bei den beiden Blonden eindeutig fehlte, aber unumgänglich für ihrer aller Bindung war.
 

Sasori musste lernen, dass auch ein Mensch wie Deidara ihm nichts Böses wollte. Und Gaara musste lernen, dass Naruto ihn nicht verändern wollte. Alle beide hatten die Lektion definitiv noch vor sich, dass sie vertrauen mussten, und dass es hier Menschen gab, die sie so mochten und liebten, wie sie waren. Und dass sie diese Zuneigung verdienten. Sie auch erwidern konnten und durften.
 

Doch all das würde nie funktionieren, wenn sie nicht beginnen würden, Vertrauen zu fassen. Und da, so sah es jedenfalls für Grim aus, würden sie sich vielleicht behilflich sein können.
 

Er gab ein kurzes, schrilles Pfeifen von sich und schritt zunächst unbeeindruckt und unverändert weiter. Es war unumgänglich, dass er Deidara und Naruto einweihte. Allmählich nahm der Plan in seinem Kopf konkretere Formen an. Es war ihnen allen klar gewesen, dass eine komplette kosmische Truppe den Ablauf durcheinanderbringen würde. Sie durften jetzt nicht panisch an irgendwelchen Regeln festhalten, sondern mussten improvisieren.
 

Spätestens morgen früh bei Konferenz würde er auch Gaia, Luna und Solarion einweihen. Grim spürte so deutlich, dass diese Gruppe, zum ersten Mal, das Potential dazu hatte, die zweite Stufe der kosmischen Elemente zu erreichen. So stark war es ihm noch nie aufgefallen, in all den Jahrhunderten nicht. Ja, er hatte es absolut im Gefühl. Dieses Mal könnte alles anders werden...
 

Er blickte zur Seite, als eine behaarte, große Vogelspinne auf seiner Schulter landete, die sich von der Decke abgeseilt hatte. Er lächelte dem missverstandenen und gefürchteten Geschöpf zu: „Danke, dass du so schnell gekommen bist, Tara.“ Die Spinne gab ein paar Laute von sich und erwiderte den Blick. Grim strich ihr mit seinem Fingerknöchel über den Kopf, was ihr beinahe so etwas wie ein Schnurren entlockte. Nachdem er mit der Streicheleinheit fertig war, erklärte er der Achtbeinigen, was er wollte: „Würdest du so gut sein und Deidara und Naruto zu mir ins Büro schicken? Ich muss sie dringend sprechen.“
 

Wieder antwortete Tara mit leisen Geräuschen, ehe sie mit schnellen Schritten von Grims Schulter krabbelte und in einer Ritze im schwarzen Stein verschwand. Der Verhüllte war wirklich froh und dankbar, nicht jedes Mal überall hin laufen zu müssen, da Tara ihm diese Botengänge gelegentlich abnahm. Nicht viele mochten seine kleine Gehilfin, aber die Meisten hatten sich zumindest daran gewöhnt.
 

Er grinste innerlich. Das würde gleich im Büro zwar erst einmal Theater geben, aber das machte nichts. Er wusste ganz genau, dass Naruto es so gar nicht leiden konnte, wenn Tara aufkreuzte. Noch viel weniger gefiel es dem Blonden, wie diese ihn weckte. Aber seine kleine Freundin hatte jedes Mal so einen großen Spaß daran, dass er einfach selten widerstehen konnte.
 

Sie kitzelte Naruto nämlich immer so lange mit ihren Haaren an der Nase, bis dieser niesend wach wurde und selten darüber erfreut war, dass ihm eine Vogelspinne im Gesicht saß. Grim kicherte leise, aber zutiefst schadenfroh. So ging es immerhin schnell, was bei dem Uzumaki ja immer so eine Sache sein konnte... und bei Deidara nicht wirklich besser war.
 

Zufrieden bog er in den Gang ein, auf dem sein Büro zu finden war. Es würde nicht lange dauern, bis die beiden Gewünschten hier waren. Und dann konnte er damit beginnen, die Gruppe in die richtige Richtung zu stubsen. All seine verlorenen Hoffnungen legte er in diese Vier. All die Zuversicht, endlich Nachfolger auszubilden, die es wirklich als solche schaffen konnten.
 

Und auch sein längst verloren geglaubter Optimismus schlich sich wieder ein, durch diese Vier vielleicht die Chance zu erhalten, von seinen Qualen erlöst zu werden und endlich den Hüter der Zeit wiederzufinden...
 

Und die Zeit war es, die zeigen würde, ob sich seine Hoffnungen als solche, oder aber als utopische Narretei herausstellen würden...
 

Er erreichte gerade die Tür zu seinem Büro, als ein markerschütterndes Kreischen durch die Gänge hallte und ihm wieder ein schadenfrohes Grinsen bescherte.

Nachts, wenn (fast) alles schläft

Deidara saß auf seinem Bett. Ein Zeichenblock ruhte auf seinem Schoß, als Unterlage für den Zettel, den er nun schon seit einer halben Stunde anstarrte. Er war nur froh, dass er erst einmal frei hatte. Morgen früh hätten sie gleich in der ersten Stunde bei Jashin Unterricht gehabt... Er schüttelte sich. Uhuhuh, wenn er nur an diesen durchgeknallten Spinner dachte, lief ihm ein eiskalter Schauer den Rücken runter.
 

Bei Sensei Orochimaru hätte er ja noch eine Runde schlafen können. Der konnte ihn eh nicht leiden und er war dem senilen Klappergestell so dermaßen egal, dass der ihn sicherlich nicht geweckt hätte, auch wenn es eine Strafaufgabe am Ende der Stunde gegeben hätte. Sensei Jashin aber brüllte so dermaßen herum, dass man gar nicht zum Schlafen kam. Selbst das wäre noch halb so schlimm, denn das konnte auch Tsunade wirklich einmalig.
 

Bei diesem Spinner aber könnte ein Nickerchen echt schmerzhaft werden, da dieser sogenannte Lehrer mit perverser Freude alles immer sehr... lebhaft zu erklären geneigt war. Was nichts anderes bedeutete, als irgendwelche völlig übertriebenen Geschichten aus dessen Jugend, gepaart mit einem unsterblichen Irren im Klassenraum, der mit seiner Sense jede Bewegung nachahmte, von der dieser erzählte! Dieser Arsch mit Ohren hatte ihm dabei schon einmal, ganz am Anfang, seinen Zopf abgesenst! Was hatte er getobt! Deidara, oder vielmehr dieser abgedrehte Idiot von einem Lehrer, konnte wirklich von Glück sprechen, dass er nicht alle Haare zu einem Zopf band. So hatte er die kurz geschorene Stelle noch irgendwie kaschieren können. Seither ging er aber immer ohne Zopf zu diesem Irren in den Unterricht!
 

Shikamaru passierte das sogar öfter, deswegen wurden dessen Haare auch einfach nicht länger. Der pennte wirklich knallhart immer ein, wenn der sich langweilte. Konans Blume hatte es auch schon einmal zerpflückt. Und Naruto trug zwar keinen Zopf, sah aber auch schon einmal aus, als hätte er einen englischen Rasen auf dem Schädel. Eine militärisch korrekte G.I. Joe Frisur.
 

Deidara wischte sich über das Gesicht. Er driftete ständig mit seinen Gedanken ab. Diese Aufgabe war aber auch irgendwie unfair. Grim hatte ihnen am Ende ihres Gespräches einen Fragebogen gegeben, den sie ausfüllen sollten. Nur für sich selber. Naruto und Gaara kannten sich immerhin schon 2 Jahre, da würde dem Uzumaki das wohl deutlich leichter fallen als ihm, der Sasori nicht einmal 24 Stunden kannte. Trotzdem musste er bis zum Ende der Woche irgendwas auf diesen Zettel eintragen.
 

Nein. Nicht irgendwas. „Irgendwas“ wäre kein Problem gewesen. Aber diese Fragen waren wirklich... peinlich. Selbst für seinen Geschmack.
 

Grim jedoch hatte erklärt, dass es für sie sehr wichtig sei, sich über diese Dinge klar zu werden, um eine geeignete Strategie für ihr Vorgehen auszuarbeiten. Das leuchtete ihm ja sogar noch irgendwo ein, aber...
 

Er seufzte und las sich die Fragen und Aufgaben noch einmal durch.
 

„Erstens: Beschreibe das Aussehen deines Teampartners. Was gefällt dir besonders gut und wieso.“
 

„Zweitens: Beschreibe genau was dir durch den Kopf ging, als du die Präsentation deines Teampartners gesehen hast. Falls du diese nicht mitbekommen hast, beschreibe was du gedacht hast, als du deinen Teampartner das erste Mal gesehen hast. Spiel dabei nichts herunter oder versuche es schönzureden, sondern beschreibe es ehrlich!“
 

„Drittens: Wenn du deinem Teampartner ein Geheimnis anvertrauen solltest, welches wäre das? Und warum?“
 

„Viertens: Wenn du deinem Teampartner eine Frage stellen könntest, die er beantworten müsste, welche wäre das? Und warum?“
 

„Fünftens: Nimm dir einen Moment für dich und gehe in dich. Beschreibe genau und ehrlich, was du dir von deinem Teampartner wünschst. Wie sollt ihr miteinander umgehen? Wenn es nach dir ginge, was sollte dein Partner fühlen, was sollte er von dir und über dich denken? Was wärst du bereit dafür zu tun?“
 

„Achtung: In genau einer Woche gebt ihr mir diese Aufgaben bearbeitet zurück. Eure Angaben werden absolut vertraulich behandelt. Es ist von größter Wichtigkeit, dass ihr wirklich ehrlich bei der Bearbeitung seid. Falls ihr Fragen oder Probleme habt, wendet euch an die Lehrer euren Elements oder an mich. Mit freundlichem Gruß, Grim.“
 

Deidara seufzte erneut. Wenn er wirklich ganz ehrlich war, dann könnte er die Fragen ohne groß nachzudenken beantworten. Aber noch hatte er kein einziges Wort zu Papier gebracht. Im ersten Augenblick war alles in ihm so klar, so deutlich und so einfach. Doch wenn er den Stift ansetzte, dann hielten Zweifel ihn vom Schreiben ab. Denn das, was er so deutlich spürte und fühlte, konnte einfach nicht sein. Nicht so schnell. Er kannte Sasori nicht. Er wusste nicht wirklich etwas über den Rothaarigen, der ihn nicht einmal zu mögen schien.
 

Welchen Sinn also machte das hier? Wieso sollte er sich von einem Menschen etwas wünschen, das dieser ihm sowieso nicht geben könnte?
 

Erschöpft schnaubend verstaute er den Zettel in dem Block und legte diesen ans Fußende seines Bettes. Es machte auch keinen Sinn sich jetzt mit diesen Zweifeln durch die Nacht zu quälen. Vielleicht könnten die nächsten Tage diese Zweifel ein wenig zerstreuen. Immerhin hatte er eine Woche Zeit, da konnte er den Rothaarigen erst einmal etwas mehr auf sich wirken lassen. Gemäß dem Fall, dass dieser nicht wieder einfach die Flucht ergriff...
 

Mit Tränen in den Augen legte er sich hin, drehte sich auf die Seite, machte rasch das Licht aus und zog sich die Decke über den Kopf. Er kam sich so blöd vor, aber diese Flucht tat ihm auch wieder so unendlich weh. Wie konnte ihn die Reaktionen eines Menschen nur so verletzen, den er nicht kannte? Eigentlich wusste er genau was er fühlte, eigentlich wusste er genau was er wollte. Er wusste nur nicht, ob das wirklich ging, ob er das durfte...
 


 


 

Etwas irritiert schaute Grim auf, als es an seiner Bürotür klopfte. Er sah flüchtig auf die Uhr. 3:48 Uhr. Skeptisch blickte er auf und brummte: „Herein.“
 

Ruppig wurde die Tür aufgeschmissen und wieder ins Schloss gedonnert, nachdem sein Besuch den Raum betreten hatte. Schnaubend kam Naruto auf ihn zu, knallte ihm den Zettel auf den Schreibtisch und keifte: „So!“
 

Stille.
 

Grim sah den Blonden fragend an. Er hatte nicht wirklich eine Idee, was dieser Auftritt sollte. Er lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück, faltete die Hände auf dem Schoß und fragte mit irritierter Stimme: „So?“
 

Wieder herrschte erst einmal Stille.
 

Naruto nickte: „So!“
 

Absolute Stille.
 

Er wurde aus diesem Jungen manchmal wirklich, wirklich nicht schlau. Der Direktor schüttelte leicht den Kopf: „Was 'so'?“
 

Lächerliche Stille.
 

Der Blonde wischte sich knurrend über das Gesicht und deutete auf das Blatt: „So 'so'!“
 

Abgrundtief lächerliche Stille.
 

Das war doch nicht zum Aushalten! Grim lehnte sich wieder nach vorne und keifte zurück: „Naruto, hör auf mit dem Blödsinn und sage mir, was du von mir willst! Herrschaftszeiten...“ Beleidigt verschränkte der Uzumaki die Arme vor der Brust und zog eine Schnute: „Ich habe den blöden Zettel ausgefüllt. Und jetzt will ich wissen, was ich machen kann. Es geht mir nämlich voll auf die Nerven, dass die beiden da oben alleine auf dem Dach hocken. Echt jetzt!“
 

Grim nahm den Zettel an sich, blickte dabei jedoch noch immer den Schüler an. In seiner Stimme klang eindeutig ein Grinsen mit: „Na sieh mal einer an, da ist jemand... eifersüchtig. Ich dachte, dass du nur Freundschaft...“ - „Wah! Du hast doch gewusst, dass das nicht wahr ist. Vorhin schon. Und weiß der Geier, wie lange vorher bereits. Ich hoffe, du bist jetzt zufrieden.“ Der Direktor lächelte deutlich hörbar, während er sprach: „Naruto, es geht hier nicht darum mich zufriedenzustellen. Es geht alleine darum festzustellen, wie intensiv eure Bindung ist. Wir können diese Verbindung nur dann vernünftig fördern, wenn ihr euch klar darüber seid, was das bedeutet.“
 

Etwas resignierend entspannte der Blonde sich wieder und seufzte: „Gut, verstehe. Aber was bringt mir das? Gaara reißt mir im besten Fall die Eier ab, wenn ich ihm mit solchen... Gefühlen um die Ecke komme.“ Grim schmunzelte leicht und sah den Schüler freundlich an: „Ich erkläre dir jetzt etwas: Hunde die bellen, beißen nicht. Und Gaara bellt wie ein Wachhund jeden an, der seinem Revier auch nur einen Schritt zu nahe kommt. Und so lange du vor diesem Wachhund wegrennst, wirst du nie einen Fuß in das Haus setzen können, in das du so gerne eingeladen werden würdest.“
 

Dem Uzumaki entgleisten alle Gesichtszüge: „WAS?!“ Grim verdrehte die Augen und knurrte: „Du musst den Wachhund umgehen und einfach mal klingeln.“ - „WAS?!“ - „Man, bist du manchmal schwer von Begriff... Ich denke, dass du Gaara nicht mit Samthandschuhen anpacken solltest. Sicherlich ist er schwierig und sensibel. Allen voran ist er aber bockig. Reden hilft bei ihm nicht viel. Da wird Temari ein Lied von singen können. Versteckte Hinweise aussenden bringt noch viel weniger, Naruto. Er wird es so lange nicht verstehen, bis du nicht etwas GETAN hast und er dann darüber nachdenken muss.“ - „Du willst wohl, dass er mir die Eier abreißt...“
 

Grim knurrte und wischte sich über sein... Gesicht: „Gut. Noch einmal von vorne. Ich werde dir jetzt genau erklären wie du vorgehen solltest und was das für Konsequenzen mit sich bringt, okay?“ - „Willst du den Zettel nicht vorher lesen?“ - „Nein, Naruto. Und das werde ich auch nicht. Für mich ist nur wichtig, dass du endlich erkannt hast, was du wirklich willst. Alles andere ist für mich nicht von Belang. Behalte den Zettel als eine Art Fahrplan. Als Hilfestellung, wenn du Zweifel kriegst.“
 

Der Blonde nickte: „Gut...“ - „Schön. Und jetzt hör zu, wir haben eine Möglichkeit herauszufinden, ob unser Plan eine reelle Chance auf Erfolg haben wird. Dafür brauchst du aber Hilfe...“
 


 


 

Schwerfällig setzte er einen Schritt nach dem anderen. Dunkelheit hatte sich über die Geröllwüste gelegt. Eine schwere Stille bettete die Umgebung, nur von dem Zischen der Blitze durchbrochen. Selbst das tosende Gewitter über ihm täuschte nicht darüber hinweg, dass die Akademie in Stille und Schlaf versank. Der ideale Augenblick, um sich davonzustehlen und sich um... persönliche Belange zu kümmern...
 

Er erreichte das Portal und aktivierte es, wartete ein paar Sekunden, bis schließlich eine vermummte Person vor ihm erschien und sich vor ihm verbeugte. Er lächelte zufrieden. Auch er selbst hatte sich bis zur Unkenntlichkeit verhüllt. Niemand durfte auch nur im Ansatz erkennen, dass er sich unter dem Stoff verbarg. Zu viele Jahre der Vorbereitung hatte es gekostet, zu viele Erniedrigungen hatte er über sich ergehen lassen müssen, um nun, da die Zeit zu drängen begann, durch Unachtsamkeit alles aufs Spiel zu setzen.
 

Seine Hand glitt über die Wange des Kleineren, die sich unter einer Kapuze zu verstecken versuchte, und raunte: „Mein Schüler... was hast du mir zu berichten?“ Der Angesprochene schmiegte für einen kurzen Augenblick das Gesicht an seine Hand, ehe dieser ihm antwortete: „Drei von vier Gefäßen sind fertiggestellt. In knapp 2 Monaten ist auch das letzte Gefäß so weit.“ - „Das freut mich wirklich zu hören. Bald ist es also vorbei. Ich ertrage diese Akademie nicht mehr! Mir wird schlecht, wenn ich an diesen freundlichen, passiven Umgang denke!“
 

Der Kleinere lächelte leicht: „Ich beeile mich, Meister.“ - „Überstürze nichts. Wir können uns keine Fehler erlauben. Der Schüler des Todes ist zwar aufgetaucht, aber... dieser verweichlichte Direktor wird genug damit zu tun haben, seine vier kleinen Lieblinge im Zaum zu halten. Und ihnen diese lächerliche Lektion beizubringen, nicht in das Gleichgewicht einzugreifen, die Welt nicht nach ihrem Wunschbild zu verändern...“ - „Die Essenz wird mit jedem Tag stabiler, Meister. Du wirst es bald schon besser machen können, als diese Gottheiten.“
 

Ein Grinsen schlich sich auf das Gesicht des Älteren. Sein Schüler wusste, was er hören wollte. Er ließ seine Hand in den Nacken des Jüngeren gleiten, packte dort zu und knurrte zufrieden: „Ich glaube, du hast dir eine kleine Belohnung verdient... Ein bisschen Zeit haben wir ja noch, bis ich in dieses grässliche Gebäude zurück muss.“ Mit einem trocken Kichern stieß er den Kleineren von sich, der durch das Portal wieder in die Menschenwelt verschwand.
 

Eine gewisse Vorfreude erfüllte ihn. Das würde auch ihm den Tag erträglicher machen.
 

Langsam folgte er seinem inoffiziellen Schüler durch das Portal. Bald schon würde ihm die Welt zu Füßen liegen. Mehr noch. Bald schon könnte er die Welt nach seinem Gutdünken lenken, verändern. Bis dahin musste er sich noch ein kleines bisschen in Geduld üben. Und die willkommene Abwechslung seines Aufenthalts genießen...
 


 


 

Sasori schlug die halb geschlossenen Augen auf. Ohne groß darüber nachzudenken deutete er mit einer Hand in Richtung Portal und raunte: „Guck mal...“ Gaara blickte zunächst fragend auf, ehe er mit seinem Blick der angedeuteten Richtung folgte und schließlich sah, was der Akasuna meinte. Es war nur schwach zu erkennen, aber es war zu erkennen. Das Portal war aktiviert worden. Skeptisch hob er eine Augenbraue: „Wer benutzt das Ding denn um diese Uhrzeit?“
 

Der Kleinere schüttelte den Kopf: „Woher soll ich das wissen? Aber ich entnehme deiner Frage, dass es nicht üblich ist.“ Der Sabakuno schien sich anzuspannen und erhob sich in die Hocke, blickte mit zusammengekniffenen Augen weiter zum Portal und knurrte: „Richtig, das ist überhaupt nicht üblich. Das sollten wir Grim melden...“ Sasori nickte. Er konnte zwar nicht sagen, dass er sich da unbedingt einmischen wollte, aber es würde ihm einen Vorteil bringen: Er müsste nicht nach dem Rückweg zu den Zimmern fragen.
 

Die beiden erhoben sich und machten sich wortlos auf den Weg, während das Leuchten des Portals wieder erlosch. Gaara überlegte kurz, doch er kam zu dem Schluss, dass er es trotzdem melden sollte. Er konnte nicht einmal genau sagen wieso, es war einfach ein sehr ungutes Gefühl, welches ihn ergriff. Wer mitten in der Nacht das Portal heimlich benutzte, der musste etwas zu verbergen haben.
 

Ob es sich letztlich als Lappalie herausstellte war dabei zweitrangig. Ebenso konnte es etwas bedrohliches sein. Und ehe das nicht geklärt war, fühlte er sich dazu verpflichtet dem Direktor davon zu erzählen. Die Akademie war zu seinem zu Hause geworden, das er auf seine Art beschützte. Das er auf seine Art beschützen konnte. Und das würde er tun.
 

Schweigend lief er voraus, von dem ebenso schweigenden Akasuna gefolgt. Rasch erreichten sie den Flur der Lehrerbüros und steuerten auf das von Direktor Grim zu, als sich dort die Tür öffnete. Die beiden Rothaarigen blieben stehen, sahen sich kurz fragend an, ehe sie wieder in Richtung Büro schauten, aus dem Naruto gestapft kam.
 

Der Blonde hielt abrupt in seiner Bewegung inne, als er sie entdeckte.
 

Sasori hob skeptisch eine Augenbraue, als ihr Gegenüber Gaara völlig perplex in die Augen starrte und zu stammeln begann: „Gaara... also... ich... du... also...“ Mit leuchtend roten Wangen fing der Blonde sich scheinbar wieder: „Da bist du. Ich habe dich schon überall gesucht! Echt jetzt!“ Der Sabakuno verkrampfte sich merkbar, ehe er knurrte: „Mach nicht so einen Aufstand. Dass du nach zwei Jahren überhaupt mal merkst, dass ich nicht da bin, ist ja schon ein Wunder.“
 

Etwas beleidigt plusterte Naruto die Wangen auf, blickte ins Büro und keifte: „Vergessen Sie es, Direktor. Ich habe ihn gefunden.“ Von drinnen hörte man Grim deutlich rufen: „Dann ist ja gut. Und nun ab ins Bett, verstanden?“ - „Jaaajaaa.“ Genervt stapfte der Blonde auf sie zu, blickte sie auffordernd an, stapfte an ihnen vorbei... und blieb stehen, drehte sich fragend herum, als sie diesem nicht folgten. Irritiert sah er sie an: „Kommt ihr?“
 

Gaara schüttelte den Kopf: „Geh vor, wir haben noch etwas mit dem Direktor zu besprechen.“ - „Was'n?“ - „Frag nicht so doof, sondern schleich dich, Naruto.“
 

Mit zutiefst beleidigter Schnute sockte der Blonde ab, grummelte leise vor sich hin: „...blöder Stinkstiefel... Frechheit... echt jetzt... blöder Kläffer...“
 

Einen Augenblick sahen sie dem Schimpfenden skeptisch hinterher, ehe sie sich daran erinnerten, weshalb sie eigentlich hier waren. Entschlossen betraten sie das noch offene Büro des Direktors, schlossen die Tür hinter sich und traten an den Schreibtisch heran.
 

Grim musterte die beiden Rothaarigen irritiert und murmelte: „Was ist denn hier heute Nacht los? So viel Besuch kriege ich sonst die ganze Woche nicht... was kann ich für euch tun?“
 

Sasori hielt sich lieber bedeckt. Er war nicht einmal einen Tag hier und kannte sich mit den Gepflogenheiten nicht aus. Es war ihm unangenehm genug, dass er in Shirt und Shorts neben dem vollständig angezogenen Gaara im Büro seines Lehrers stand. Der konnte auf alle möglichen Ideen kommen, so wie sie vor ihm standen.
 

Er atmete jedoch auf. Gaara schien es nicht anders zu ergehen mit solchen Befürchtungen. Und zu seiner Erleichterung war der Sabakuno darüber hinaus ein wirklich beneidenswert guter Lügner: „Ich war oben auf dem Dach und habe eine merkwürdige Beobachtung gemacht, die ich melden wollte. Unterwegs kam mir Sasori entgegen, der sich verlaufen hatte. Deswegen sind wir beide hier.“ Grim nickte, musste innerlich aber grinsen. Er wusste ja, dass das nicht der Wahrheit entsprach, aber dem Gesicht seines Schülers konnte er genau entnehmen, dass dieser für die Lüge dankbar war. Von daher wollte er es erst einmal auf sich beruhen lassen. Irgendwann würde ihm diese kleine Tatsache eventuell noch einmal nützlich sein.
 

Davon abgesehen schien es einen wichtigeren Anlass zu geben, der die beiden hergeführt hatte. So sah er die beiden Rothaarigen an und hakte neugierig nach: „Was für eine Beobachtung denn?“ Gaara versuchte zu erklären: „Ich weiß nicht, ob es wirklich wichtig oder besorgniserregend ist, aber ich konnte vom Dach aus sehen, dass jemand das Portal benutzt hat. Vor nicht einmal zehn Minuten.“
 

Nun wurde Grim doch hellhörig. Mit einer solchen Information hatte er überhaupt nicht gerechnet. Das war in der Tat mehr als merkwürdig... Er sah die beiden Schüler wieder an und nickte: „Ich danke dir, dass du sofort zu mir gekommen bist. Geht ihr zwei wieder auf eure Zimmer, ich werde mich darum kümmern.“ Die beiden nickten wortlos und gingen zur Tür.
 

Ehe sie jedoch ganz draußen waren, räusperte Grim sich noch einmal: „Ach, Sasori...“ Mit einem mulmigen Gefühl des Ertapptseins wandte er sich um: „Ja?“ Der Verhüllte sah ihn streng an und schwieg einen Augenblick, bis der Lehrer ihn schelmisch anzugrinsen schien: „Zieh dir in Zukunft Pantoffeln an, sonst holst du dir auf diesem kalten Boden noch... den Tod.“ Mit offenem Mund schüttelte der Akasuna den Kopf und starrte Grim an, der ungemein belustigt vor sich hin kicherte.
 

Nach ein paar Sekunden jedoch huschte auch über sein Gesicht ein kurzes Lächeln und er nickte: „Mache ich.“
 

Er schloss die Tür des Büros und folgte Gaara, der ihn aus den Augenwinkeln ansah: „Der Direktor hätte sich wirklich auch als Komiker gut gemacht.“ Sasori nickte nur. Dem war nun wirklich nichts mehr hinzuzufügen...
 


 

~Aloha ihr Lieben!
 

Ich habe ein paar wichtige Anmerkungen, die ich euch mitteilen möchte :)
 

Nach diesem 8. Kapitel wird die FF "Grim's academy" kurzzeitig pausiert, damit ich das Konzept überarbeiten kann. Leider hat sich da irgendwie der Fehlerteufel eingeschlichen, weshalb ich mich noch einmal dransetzen möchte, um die Geschichte auch vernünftig fortsetzen zu können.
 

Mit "A past and a future secret" und "Gods and Monsters" wird es aber wie gewohnt weitergehen!
 

Ich hoffe sehr, dass die Überarbeitung nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Ich werde mein Bestes tun, um so schnell wie möglich fortsetzen zu können und bitte euch wirklich herzlichst um Nachsicht.
 


 

Im Laufe der nächsten Monate werde ich darüber hinaus mit renovieren und umziehen beschäftigt sein. Wann genau es losgeht, werde ich euch aber noch frühzeitig wissen lassen, sobald ich selber Genaueres weiß!
 

Ich danke herzlichst im Voraus.
 

GLG

Galenhilwen~



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Kommentare zu dieser Fanfic (7)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  neko_kiara
2013-03-28T20:30:41+00:00 28.03.2013 21:30
Diese Geschichte gefällt mir auch ungemein gut. Ich hoffe sehr, dass sie noch fortgeführt wird, da sie eindeutig Spannung verspricht und eine unheimlich tolle Idee dahinter hat. Bei Grim dachte ich zwar erst an Märchen, aber so ist es eigentlich noch besser, als das was ich erwartet habe (und das obwohl ich Märchen mag).
*Kekse dalass*
Von:  sumomo_hioru
2013-01-22T10:44:09+00:00 22.01.2013 11:44
Whuaaa ein tolles Kapitel^^
Vor allem die end-Szene :D
Alles Super Ideen und schön ausgewogen :)
Von:  die_achte_plage
2012-05-09T20:47:11+00:00 09.05.2012 22:47
Dein Schreibstil ist echt großartig. Du schaffst es die Geschichten unglaublich bildhaft rüberzubringen. Ich bin fast schon ein bisschen neidig ^^
Die Story find ich auch super. Mach weiter so ^^
Von:  Caliane
2012-05-03T19:45:49+00:00 03.05.2012 21:45
ich hab zwar erst 10 seiten gelesen, aber ich finde deinen schreibstil einfach großartig.
auch, dass du zu anfang nicht gleich verrätst, um wen es geht, hat mir mit am besten gefallen. :)
ich freu mich auf die nächsten seiten
LG Vivi
Von:  Herzstillstand
2012-04-26T17:34:29+00:00 26.04.2012 19:34
Beeilung. Los! Ich hab nicht ewig Zeit zu warten.

Hab deine ganzen Fanfics einmal grob überflogen und diese und die Vampirstory gefällt mir bis jetzt am besten und diese hier bisjetzt am meisten.
Glück für mich das ich von dir diesen One Shot gefunden habe.
Du schreibst sehr fantasievoll und denkst dir viele Details aus, das gefällt mir, wobei ich mir echt denke: wie kommt sie darauf??!

Die beiden Pairings liebe ich und ich mag es wie du die Charakter darstellst. Ich sehe und weiß, dass Gaara und Sasori viel durchmachen mussten, aber ich habe echt nicht die Geduld mir diese Zerfleischung anzutun. xD Aber es soll ja auch authentisch wirken, also machst du einen super Job hier. ;)


Freue mich schon, wenn es weitergeht!
Von:  Rusalka
2012-03-22T22:33:14+00:00 22.03.2012 23:33
Die FF gefällt mir wirklich gut.
Ich kann mir echt gut vorstellen wie sich Sasori und Gaara mit ihren Elementen fühlen müssen.
Klar können sie so schnell niemanden an sich heran lassen. Dass ist für Naruto und Deidara eine harte Nuss, die sie erstmal knacken müssen.

Und lass mich raten der Typ der das Portal benutzt hat, ist Orochimaru mit seinem lieblings Schüler Kabuto. :)

Ich freu mich schon darauf wenn die Story fortgesetzt wird.

LG Athene_Chan und hoffentlich bis bald :D














Von:  DizzyD
2012-02-25T22:59:08+00:00 25.02.2012 23:59
Go Kakashi!! :D
Der soll noch mehr auf Hidan werfen! :D
Das ist genial :-D Immer wieder was neues auf ihn! XD

Gut geschrieben ^^
lg
Dizzy ^^


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