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Sekai no himitsu

6 junge Mädchen auf der Suche nach ihrem wahren Ich
von

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Vereint und Getrennt?!

Nach dem schönen Moment mit Ikiru und mir mussten wir leider getrennte Wege gehen. Auch wenn wir uns noch wiedersehen, blieb nur die Frage offen wann. Ich versprach ihm keinen Mist anzustellen und er mir, dass er sich in den Unterrichtsstunden im Kampf bemühen wird. Er kam mir schon mehr wie ein Mann vor, nicht wie die Memme, die ich anfangs kennengelernt hatte. Naja, den Umständen entsprechend. Das einzige, was mir noch verschleiert blieb, war, dass Ikiru sich je nachdem, in welcher Situation wir uns befanden, anders reagiert hatte. Ticken so Männer? Und noch dass er von mir geträumt hatte. Ich ahnte schlimmes, aber hielt den Rand.

Mit den Erinnerungen zog ich mir den traditionellen Kimono an, den mir Matsue und Jave hatten liegen lassen. Inzwischen habe ich mich in meinem kleinen Zimmer umgesehen. Die altmodischen Möbel waren mir Kurven und verschnörkelten Dingen verziert. Der alte Teppich, auf dem ich stand, bestand aus Wolle, die in alle Richtungen zeigte. Als ich von ihm runterging, um mir das Muster besser anzugucken, sah ich eine Frau. Weiße Wolken schmückten den Hintergrund. Eine fliegende Frau. Ich konnte auch fliegen. Passt da was zusammen?

Das Band, das das Kimono zusammenhielt, band ich um meine Hüften zusammen. Der zu tiefe Ausschnitt zeigte meine Oberweite zu sehr und ich zog mein Top drunter, sonst fing ich noch komische Blicke an. Die Blüten stellten Kirschblüten dar. Mit dem Rosa der Blumen und dem Himmelblau kam ich mir irgendwie doof vor. Ich wusste auch nicht warum, aber es wurde mir alles zu süß.

„Seid Ihr nun fertig, Herrin?“, die Stimme drang von der geschlossenen Holztür zu mir in mein Ohr. Ein helle, aber bestimmte. Fröhlich hörte sich anders an. Ich dachte zwar, dass Matsue oder Jave mich begleiteten, aber das war wahrscheinlich nicht der Fall.

„Darf ich Eure Herrin nun bitten mir zu folgen?“, wieder dröhnte sie zu mir. Ich schaute auf, öffnete die Tür und hielt dabei den Atem an. Nicht schon wieder.

„Mein Name ist Soru, freut mich Euch begleiten zu dürfen!“, er verneigte sich noch bevor ich etwas sagte. Kurz nachdem ich den Weg nach draußen in den Flur schaffte, verneigte sich Soru auf den Boden und wartete ab, ob ich nicht was sagen wollte.

Ich weilte ein wenig in meine Position, bis mir die richtigen Worte eingefallen waren.

„Ich hätte da ein paar Fragen“, fing ich an.

„Ihr dürft mich fragen, was immer Ihr wünscht!“, da Gesicht zum Boden gerichtet, verstand ich ihn kaum, aber trotzdem löste er sich nicht aus der Haltung. Erst als ich einen enttäuschten Seufzer hinterließ und mir an den Kopf fasste, hob er den Kopf an und runzelte die Stirn.

„Wenn Euch nicht wohl ist, dann könnt Ihr auch…“, doch ich kam ihm zuvor.

„Nein, nein, mir geht’s gut, alles prima, tip top. Aber mir geht das Ganze auf die Nerven!“, gestand ich und schwang meine Hüften eine Richtung, um meiner Aussage mehr Eindruck zu verleihen. Der so oder so zu kurze und zu Figur betonte Kimono hielt den Blick des Kämpfers in meinen Ausschnitt stand. Ich suchte den Flur nach weiteren Leuten ab, sah aber niemand.

Ich betrachtete Soru aus dem Augenwinkel. Die Rüstung glänzte, doch wie ein Ritter sah er nicht aus. Einzelne Teile wie Brust oder Schienbein wurden mit Metall geschützt, andere wie die Kniekehle oder den Kopf, der seine zerzausten schwarzen Haare und seinem männlichen Gesicht Ausdruck verlieh, blieben offen. Narben zeichneten sich in seinem Gesicht. Ebenso die Arme erhielten Wunden. Das Schwert hielt er sich an der Hüfte mit einem Gürtel fest.

Ich ging zu ihm rüber und beobachtete die Wunden. Er sah auf und schaute mich an, aber nicht in meine Augen, sondern auf den Boden. Meine Fingerkuppen rieben sich über die Kruste, die sich bei der Behandlung gebildet hatten. Ein Kämpfer, der schon Schlachten hinter sich hatte. Und doch ist er noch jung. Zwanzig, älter nicht. Auch wenn seine so stolze Erscheinung einen fasziniert hätte. Selten schaut eine in das Herz hinein.

„Das tut mir leid.“, flüsterte ich zu ihm. Ob er es hörte, wusste ich nicht, denn mir kamen die Bilder Kyosho’s Tagebuchs in den Kopf, als die letzten Überlebten in seinen Armen starben. Ob es Soru auch so ging?

Endlich wagte er auch einen Blick in meine Augen und ich sah Schmerz. Und Verzweiflung. Schwach lächelte er und es machte mich froh zu sehen, dass er es nicht vergessen hatte, wir man lacht. Doch so lang mir dieser Augenblick auch vorkam, so schnell verschwand er auch wieder.

„Verzeiht!“, er wurde ein wenig rot.

Ich schaute zu mir herunter, was der Auslöser seines Verhaltens war. Man konnte mich jetzt als Tomate erkennen, denn mein Kimono hatte sich ein wenig gelöst und entblößte meine Oberweite etwas. Der Krieger wurde noch röter. Also nicht nur ein Jungspund, sondern auch ein Amateur auf dem Gebiet. Peinlich war etwas anderes, aber ich erschrak mich, als Soru ein Messer heraus holte und sich die Ader durchschneiden wollte. Blitzschnell schoss ich vor und klatsche ihm den spitzen Gegenstand aus der Hand. Dazu bekam Soru noch eine deftige Ohrfeige.

„Was sollte das denn?!“, meine Frage drang in ihn ein. Seine Augen weiteten sich, und er starrte mich fassungslos an.

„Aber…!“, ohne darüber etwas zu sagen, verbeugte er sich wieder und entschuldigte sich noch einmal. Ich fing mich derweilen wieder, und fragte ihn die gleiche Frage.

„Eine rechtmäßige Bestrafung muss nun sein. Aber wenn Ihr sie vollziehen wollt, ich werde Euch nicht daran hindern!“, beantwortete er mir sie in einem monotonem Ton.

„Für was denn eine Bestrafung?“, immer noch entsetzt schaute ich ihn an.

„Für mein widerliches Verhaltung Euch gegenüber!“

„Und was hast du denn so schlimmes getan!“, wieder erkundigte ich mich nach seinem Verhalten.

„Ich habe Euch…“, er wurde rot. Mein Schlag war wohl zu viel des Guten, denn meine Handumrisse ließen sich deutlich sehen.

„Ach so, du hast meine Brüste gesehen, meinst du das?“, nur darüber? Auch Männer hatten ihre Freiheiten gegenüber einer Frau. Über das Wort, was meine Brust angeht, nickte er. Wahrer Gentleman, nie würde einen so sorgfältigen und ordnungsgemäßigter Mann etwas sagen. Ich war mit einem Straßenkind zu vergleichen, jedenfalls was meine Ausdrucksweiße angeht.

„Und dafür musst du dich aufschlitzen?“, in meiner Stimme schwang ein entsetzter Ton mit.

„Nein, aber so wurde ich es gelehrt! Verzeiht, dass ich Euch erschreckt habe!“, diese Entschuldigung lies ich noch so durchgehen.

„Steh erst mal auf und schau mich mal an“, Nachdem er auch wieder sorgfältig meinen Befehl ausgeführt hatte, lese ich meine Hände auf seine Schultern sinken.

„Ich bin kein Prinzesschen, das Schutz oder so was braucht. Erstens. Zweitens werde ich nicht gerne so hoch angesprochen, ich bin Yukino, sonst niemand, klar? Und drittens, leg bitte dein Gentlemanhaftes Getue bei mir ab, so was kann ich nicht gebrauchen, alles verstanden?“, er nickte.

„Gut, geht doch!“, zufrieden wollte ich mich aufs gehen wenden, doch Soru hielt mich davon ab, indem er meine Hand packte. Erstaunt über sein schnelles Verhalten zog er eine ernste Miene auf, während ich nachfragte, ob irgendetwas fehlte. Nickend stimmte er mir zu.

„Ich bin erfreut zu hören, dass Ihr voller Güte seid, aber seid bitte vorsichtig. Viele werden hinter Euch her sein. Auch wenn Ihr herausragende Fähigkeiten besitzt, seid Ihr dennoch in Gefahr. Bitte, ich möchte Euch zu Seite stehen! Als Euer Begleiter!“ Verdutzt starrte ich ihn an, als ob ich eine Wand anstarren würde. Wieder einer, der mir Treue schwört. Langsam nickte ich, aber ich werde garantiert niemanden in Gefahr bringen, wenn ich die eigentliche Zielscheibe bin. Darauf wird er Gift nehmen. Wenn ich jetzt abwerfe, werde ich nicht wirklich als Hochstehende akzeptiert. Auch wenn es mir widerstrebte, dass sich immer wieder Leute vor mir verbeugten, vielleicht würde es mir auch eines Tages Vorteile bringen, aber solange ich nicht wusste, was wirklich geschah, werde ich kämpfen!

„In Ordnung, aber bitte nicht zu höflich! Eventuell aber nur, wenn es sich nicht anders geht, okay?!“, meine Prioritäten waren zwar hoch gestellt, aber machbar.

„Wie Ihr wünscht. Wenn Ihr nun mir bitte folgen würdet. Ich bringe Euch zu Eurer Kampfstätte!“, erwähnte Soru, nachdem ich in Erinnerungen schwebte. Er riss mich wieder aus den Gedanken. Ja, ich war angeblich hier, um das Erbe meiner Mutter weiterzuführen. Fragt man sich nur, was ich alles machen musste, um nicht ungewollt Aufmerksamkeit zu erzeugen.
 

Soru begleitete mich nach draußen. Neben mir her laufend hob er stolz seine Brust nach vorn, sodass er als großer Kämpfer dargestellt werden wollte. Typisch Mann, mit ist bis jetzt noch keiner außer Ikiru vorgekommen, der nicht mit seinen Muskeln geprahlt hatte. Okay, es gab immer Ausnahmen, aber leider treffe ich nur solche männliche Typen.

„Wenn ich Euch unterbrechen darf, Ihr hattet ein paar Fragen an mich, wisst Ihr noch?“, Soru sah mich einen Augenblick lang an, bis ich antwortete. Schön anzusehen war er. Und nett auch. Vielleicht ein wenig zu nett, aber wenigstens roch er gut. Ich schüttelte mir den Gedanken ab und begann mit meiner Talkshow.

„Wo sind wir hier eigentlich? Und was sind das für Wesen? Ich meine, ja schon, ich sollte sie kennen, tue ich aber nicht. Kannst du mir das erklären?“, Aufklärung bitte.

„Natürlich. Dies ist der Hauptsitz der Organisation Soshiki. Hier versammeln sich alle, die sich gegen sie Fürsten und deren Kriege auflehnen. Dazu haben wir unseren gütigen Herrscher, Hiroki. Er kontrolliert die Aus- und Eingänge, wer sich in der Organisation befindet und wer nicht.“

„Also das Organisatorische, oder?“

„Mehr als das. Ohne ihn wäre das hier alles nicht möglich gewesen. Ebenfalls beteiligt er sich in den Kriegsgeschehen. Nicht nur strategisch ist unser Gebieter nicht zu übertreffen, sondern niemand kann ihn übertrumpfen. Ein Mann, der keine Grenzen besitzt!“, bei seiner Bewunderungsansprache hob er die Arme gen Himmel.

„Du bewunderst ihn ja sehr!“, bemerkte ich. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass dieser Kerl ja so toll sein soll. Niemand war das. Leider harte Realität.

„Mitnichten. Dieser Herrscher ist ein Gott. Nun, er…“, bevor er mir wieder von seinem so tollen Idol verrät, hielt ich die Hand hoch, dadurch stoppte ich ihn gleichzeitig.

„Übertreib es nicht. Zu meinen anderen Fragen?“, erinnerte ich ihn.

„Verzeiht. Auf dieser Insel gibt es Wesen, die Eure Vorstellungskraft weit übersteigt. Nicht nur Zentauren oder Menschen helfen bei dem Kampf. Riesen, Zauberer, Hexen, Schwertkämpfer, Trolle, Tiere, jeder, der sich gegen die Fürsten lehnen will. Jeder ist aus freien Stücken hier.

Die Hierarchie dieser Organisation ist einfach zu verstehen.

Natürlich sind euch bei Eurer Ankunft mit Sicherheit die Zelte und Häuser aufgefallen. Da immer mehr dem Clan beistehen, wird der Platz immer knapper. Dadurch sind wir gezwungen, einfache Leute wie ich in Zelten unterzubringen. Da diese Sippe aus verschiedenen Kampfrichtungen besteht, wird sie unterteilt, sodass jeder sein eigenes Kampfareal besitzt. Jeder dieser Teilstücke hat ein Oberhaupt. Ihr seid zum Beispiel ein solches Oberhaupt, Yukino.“

„Von welchem Teilstück denn?“

„Da sich die Zauberer und Hexen geteilt haben, hat jeder dieser Leute eine ganz andere Art zu kämpfen. Dort absolvieren sie auch ihre Ausbildung. Ihr seid die, der eigentlichen Zauberer und HexenWenn Eure Untertanen Euch zur Seite stehen, werden sie Euch willkommen heißen. Manche gehen auch aus der Abteilung heraus, um sich neue Künste anzueignen.

Einmal im Jahr werden sich die Oberhäupter versammeln, um ihre Neuigkeiten auszutauschen und dementsprechend zu handeln. Dieses Treffen findet nächste Woche statt.“

„Lass mich raten. Wenn ich jetzt richtig zugehört habe, bin ich in der Hierarchie höher wie die besseren Kämpfer, deswegen schlafen die auch in Zelten und so weiter. Und ich kann nicht einmal gescheit meine Kräfte nutzen, aber ich kann in einem guten Bett schlafen. Tut mir leid, aber das ist nicht fair! Ich bin nicht besonderer wie manch anderer. Jeder hat mit Sicherheit mehr getan als ich! Und dein Vorbild, dieser komischer König, verweilt inzwischen in einem richtigen Prachtschloss, frisst sich den Magen voll, und wird dann noch bewundert? Und natürlich gestattet man ihm auch ein Hochsicherheitssystem in Form von Kriegern, oder? Hab ich nicht Recht?“, ich drehte wieder durch. Ohne Nachzudenken sprossen so die Worte aus meinem Mund, den ich leider nicht halten konnte. Am Ende meiner Predigt verfluchte ich mich über mein Verhalten, doch jetzt war es zu spät. Ich stellte mich auf eine deftige Abreibung ein.

Soru dagegen wirkte nicht sauer oder desgleichen. Seine Miene war hart wie Stein.

„Wenn das Eure Meinung zu ihm ist, akzeptiere ich sie. Aber bitte Seid nicht so laut. Nicht jeder besitzt eine solche Ansicht von Hiroki. Das einfache Volk kann ihn nicht sehen, weil, Ihr hattet schon Recht, von vielen Kriegern bewundert und nicht verachtet wird. Die Geschichten, die die Ritter erzählen nach ihren Schlachten. Niemand weiß, ob sie stimmen. Aber sollte Eure Meinung jemanden hier erreichen, gibt es Probleme, also bitte. Seid leise, in Ordnung?“, sein leiser Tonfall hinter meinem Ohr ließen mich frösteln. Unterdrückung war auch hier Alltag. Na super. Freiheit gab es hier nicht. Es stimmte. Eine Ordnung musste bestehen, sonst wird nichts weiter als Chaos bestehen.

Leicht nickte ich den Kopf, denn in der Öffentlichkeit konnte wer was weiß ich sein. Ich war schon, seit ich hinausgegangen bin ein Hingucker gewesen. Nein, mein Kimono war nicht schuld. Sondern mein Alter. Ja, ganz richtig gehört.

Mitunter ein paar Ausnahmen schätzte ich alle, die ich nun erblicken konnte, mindestens fünfzig ein. Manche trugen weiße Bärte, andere hatten ihre grauen Haare kurz geschoren und ein strenges Gesicht ausgezogen ,als ich versucht hatte, zu lächeln, als sie mir ins Gesicht schauten. Soru schlug vor, die Blicke zu ignorieren, ihm erging es nicht anders als er hierher kam.
 

Schließlich erreichten wir auch unser Ziel, die Kampfarena meines Territoriums, laut Soru. Dort wurde ich erwartet. Nervös darüber, wie sich andere mir gegenüber verhalten, doch auch wieder sprach mir Soru ein paar Tipps zu, sodass ich mich nicht völlig blamierte. Dankend nahm ich sie an und begleitete ihn durch den prachtvoll geschmückten Eingang. Erwartet war ein einfaches Zelt, aber die Organisation war durch einen Überschuss an Geld gezwungener Maßen daran verpflichtet, den Lehrlingen eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Sorus Erzählungen nach, war hier nicht immer alles so. Aber bevor er mir die ganze Geschichte von Soshiki erzählte, stoppte ich ihn wieder. Als wir eintraten, kamen wir in einem Saal an.

„Dies ist die Arena, in der Übungskämpfe stattfinden, ein paar Lehrlinge könnt Ihr dort drüben sehen.“; er zeigte mir mit dem Finger auf ein paar Jugendliche, die mit kleinen blauen Kugel herumspielten. Ich lächelte. Kinder, die Spaß hatten, fand ich immer toll. Auch wenn ich gern auch eine solche Kindheit gehabt hätte, freute es mich, wenn andere sie hatten.

„Wenn Ihr die Eingangshalle nach links folgt, begeht Ihr den Vorbereitungsraum, in denen sich Lehrlinge auf ihren Prüfungskampf vorbereiten. Nach rechts geht es in den Saal der Lehrer und Meister. Eine Art privater Raum, indem sich eine kleine Bibliothek befindet, und Dinge besprechen werden. Wir werden geradeaus in die eigentliche Arena gehen. Bitte, nach Euch!“, wieder seine förmlich Art. Ich warf ihm einen bösen Blick zu. Er verstand und entschuldigte sich tausend Mal. Ein wahrer Gentleman. Kopfschüttelnd betrat ich den Schauplatz der Kämpfe. Durch einen kleinen Flur gelang ich in die Halle. Wie das Kolosseum bestand dieser Raum aus einem Teil in der Mitte, auf dessen rauen Boden Schlachten stattfanden. Am Rand stapelten sich die Zuschauerreihen. Also wurden Kerle oder auch Frauen bei ihrer Blutschlacht angefeuert. Ein Ehrenplatz, wie es Soru beschrieb, war für hohe Tiere wie ich.

Langsam trat ich in das Zentrum der Arena und breitete die Arme aus. Im Gegensatz zu diesem Raum war ich nur eine kleine Ameise, die ohne Orientierung dem Weg nach draußen suchte.

„Ihr werdet nun von eurem Lehrer erwartet, Yukino.“, Soru zeigte mir den Weg in ein kleines Zimmer, indem ein alter Mann sich über einen Schreibtisch beugte und seine Schriften studierte. Ein Zylinder schmückte seinen Kopf, aus dem seine Locken nur so quirlten. Dazu einen schwarzen Mantel und einen Bart. Seine Augen waren mit Augenringen verziert, seine Pupille schwarz. Irgendwoher kannte ich diese Gestalt, nur woher.

Ich nahm meine Hand an mein Kinn und überlegte, ging die letzten Tage nochmals durch und erinnerte mich an ihn. Der Mann an der Bar, der mir ein Getränk spendiert hatte. Und mir komische Rätsel zitiert hatte.

„Du bist doch…“, kaum wollte ich etwas sagen, sprang der Kerl auf und beäugte mich aus seinem Gesicht. Ein paar Falten im Gesicht stand ich Mitte 40 nicht schlecht. Seine Haut hatte einen bräunlichen Stich, aber er kam immer näher. Schließlich waren wir nur mehrere Zentimeter entfernt, bis er sich von seinem Schreibtisch löste und meine Schulter mir seinen Affengriffeln und ein leichtes Lächeln auf seinem Gesicht erschien.

„So sieht man sich wieder!“, meine Begrüßung war nicht ganz freundlich, aber ich hatte auch keine Zeit für Höflichkeiten, ich wollte Antworten, und die bekam ich von ihm. Was meinte er damals mit diesen Zitaten?

„Meint sie etwa, Meister, heißt das…?“, Soru wollte sich mit dem Typen auseinandersetzten, doch er schnipste mit der freien Hand und die Tür öffnete sich weit. Das war wohl der offensichtliche Weg, einem Kämpfer einen Rausschmiss zu zeigen, ohne dabei Worte zu verwenden. Den Trick musste ich lernen, unbedingt!

„Wie Ihr wünscht, Herr!“, Soru verbeugte sich kurz und wandte sich zum gehen. Als er nicht mehr zu sehen war, schnippte er erneut mit dem Finger und die Tür schloss sich, der Riegel ging runter. Nun war ich allein mit dem unheimlichen Kerl. Mal sehen, was er drauf hatte.

„Freut mich auch wieder, Yukino-Sensei!“, sein Grinsen wurde größer, als er seinen Hut weiter ins Gesicht zog. „Bevor Ihr aber wieder von unserem letzten Treffen erzählt, macht mir bitte einen Gefallen und erwähnt anderen nichts gegenüber. Ausflüge außerhalb dieses Ortes sind nicht gerne gesehen.“

Er nahm seine Pfote von meiner Schulter und ging in Richtung meines Kinns. Zog sie zu sich hin und betrachtete mich aus seinen tiefschwarzen Augen. Auch die von mir vermuteten Augenringe waren verschwunden.

Als ich mich ein wenig wehrte, ließ er mich los und ich begann mit meiner Frage: „Wer bist du?“

„Euer zukünftiger Lehrmeister in magischen Künsten, oder wie Ihr zu sagen pflegt, in Hexenkunde.“, ein belustigter Unterton war zu hören.

„Mein zukünftiger Lehrmeister?“, ungläubig wiederholte ich seine Worte.

„Natürlich. Wenn Ihr Eure Kräfte schon beherrschen könnt, dann beweist es mir. Sonst währt Ihr nicht hier, oder? Und nur weil Ihr Ihre Nachfahrin seid, heißt das noch lange nicht, dass ich Euch ein leichtes Training beschere!“

„Schon klar, behandel mich nicht wie ein Prinzesschen. Das kann ich am allerwenigsten Ausstehen. Und noch was: Wer bist du?!“, mit mehr Nachdruck stellte ich ihm erneut meine Frage.

„Kein Prinzesschen?“; immer mehr glaubte ich, dass ich in einer Komödie mitspielte, nur dass mir noch niemand davon erzählt hatte. Seine Stimme wurde zu einem Lachen.

Leider sind bei mir wieder alle Sicherungen durchgebrannt.

„Dir wird ich schon zeigen, was ich so alles draufhab, glaub nur!“

„Wenn das so ist, dann bin ich ja mal gespannt!“, kurz nachdem er mir seine Worte ins Ohr zuraunte, traf mich etwas heftig in der Magengegend. Ich schleuderte gegen die nächste Wand und rutsche langsam runter. Schmerz machte sich breit, sodass ich mir meinen Magen hielt.

„Scheiße, was war das denn?“, brachte ich schwer hervor. Ich fühlte nichts Flüssiges, also blutete ich nicht. Nur mit etwas Zeit und der Stütze, der Wand, schaffte ich es auf meine zwei Beine. Trotz der Schmerzen, die ich noch hatte, warf ich dem Kerl einen bösen Blick zu. Er wiederum balancierte eine schwarze Kugel in der rechten Hand, indem er mit den Finger Kreisbewegungen machte. Die andere hielt seine Hüfte.

„Wolltest du mir nicht zeigen, was du drauf hast?“, fragte er gehässig nach. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich quer durch die Wand gepoltert bin. Das Loch zeigte sich nun, als dieser Typ durch sie hindurch spazierte.

Wieder schoss ein Geschoss durch die Menge. Ich konnte mich gerade noch bücken, als die Kugel den Pfeiler hinterm mir traf und einstürzte.

„Mist!“, fluchend wich ich den weiteren Kugeln auswich. Geschickt konnte man das nicht nennen, eher ein Humpeln und ein Stolpern. Oder ein ganz mieser Tanz, der nicht zu deuten war.

Mir fiel nicht ein, dass ich so erwartet wurde. Ja, große Klappe, nichts dahinter, hieß es so schön. Doch ich konnte diesen Strahl, den ich nur zwei Mal hinbekommen hatte, nicht einsetzte, weil ich nicht wusste wie ich das anstellen sollte. Doch fliegen konnte ich. Ich ignorierte den Schmerz in meinem Magen und schloss die Augen. Machte mich bereit auf Geschosse, doch keine waren zu hören, kein Zischen. Vielleicht fragte er sich, was ich machte.

Allerdings dachte ich nicht nach. Das Fliegen würde mir nur mehr Schmerzen und Verletzungen einbringen, als ich nicht ohnehin schon hatte. Ob der Kerl mich jetzt am Boden oder in der Luft traf, spielte keine entscheidende Rolle. Also war das auch gestrichen.

Auch konnte ich meine Kräfte, die ich erst seit kurzem hatte, nicht beherrschen und ich kannte keine andere Kampftechnik. Also war ich ihm theoretisch ausgeliefert. Noch ein Super.

Bevor ich mir eine Strategie überlegte, obwohl ich nicht der nachdenkliche Typ war, und mich von diesen komischen Zauberkugeln treffen lasse, werde ich mich trotzdem nicht geschlagen geben. Das wollte der Kerl doch nur. Mich auf seine Schiene bringen, sodass ich glatt in sein Messer laufe.

„War das etwas das, was zu unter >zeigen< verstehst?“, fragte mein Gegner und produzierte eine weitere Blase in seiner Hand. Ich beobachtete genau, wie sie in ein kleines Fünkchen sich zu der monströsen Waffe entwickelte. Als ob es alles Zeitlupe war, schoss mein Gegenüber diese Waffe in meine Richtung.

Meine Muskeln und meine Nerven drohten zu platzten, wenn ich nicht wegging. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Ich wehrte mich geistlich gegen diesen Angriff. Nein, sterben wollte ich nicht, solange ich nicht die anderen sah! Auch wenn ich meiner Aufgabe noch nicht bewusst war, ich würde sie hier erfüllen können. In dieser Welt, ich wusste es. Irgendwoher. Weiß einer warum, aber ich war davon überzeugt, dass ich nicht in diesem Kampf gegen meinen zukünftigen Lehrmeister verlieren würde.

„Nein, mich kriegst du nicht runter. Nicht jetzt, nicht hier, noch irgendwann!“, langsam stand ich auf und rezitierte meine Worte. Selbstbewusst schritt ich zu ihm, und dessen Geschoss. Die Zeit schien stehen zu bleiben. Ich hielt mir meinen Arm mit der Rechten. Meine Haare inzwischen in alle Richtungen verstreut, schaute ich ihn an. Meine Wut konnte ich selbst spüren. Meine Haut kribbelte etwas, bis dieses Kribbeln unerträglich wurde. Irgendwas geschah. Mein Gehirn verarbeitete das zwar, aber meine Umgebung nahm ich nur noch schwach wahr. Ich konzentrierte mich nur noch auf meinen Gegner.

Er hatte inzwischen seine Attacken eingeschränkt und erblickte meine Wut. Sein Lächeln war verschwunden und er trug nun ein ernstes Gesicht auf.

Seine Attacke, die schwarze Kugel flog an mir vorbei, als ich ein Schritt zurück tat und geschickt und gekonnt auswich. Aber noch immer wurde ich von meiner Wut begleitet. Bis ich nur noch zwei oder drei Meter von ihm entfernt war, riss eine raue Stimme mich aus meiner Trance. Abrupt blieb ich stehen und lauschte. Langsam drehte ich mich um, sodass ich eine Gestalt im Schatten erkannte. Lässig an die Wand gelehnt, und mit verschränkten Armen, rief sie mir zu: „Also, früher als Angsthase hast du mir besser gefallen. Aber jetzt hast du wenigstens Kampfgeist!“ Sie drückte sich von ihrer Anlehnungsmöglichkeit weg, machte ein paar Schritte auf mich zu.

„Shizuka?!“, nicht ganz realisierte ich, dass meine verschwundene Freundin gerade wohlbehalten vor mir steht, ihr an nichts fehlte und mir Tipps zu meinem Kampf mit dem unheimlichen Typ hielt. Ohne nachzudenken rannte ich in ihre Richtung und empfing sie mit offenen Armen.

„Mach mir nie wieder solche Sorgen, verstanden!“, ich heulte los und schluchzte rum.

„Ist ja gut!“, Shizuka versuchte, mich wegzudrücken, da ich sie fast erwürgte. Doch ich hielt sie weiter fest, sodass ich sie mich noch mehr am Hals hatte. Sprichwörtlich.

„Ich find es ja auch toll, aber du erwürgst mich!“, schließlich hatte ich doch noch daran gedacht, sie loszulassen.

„Alles okay mit dir!“, voller Vorfreude, sie endlich wieder zu sehen, bewarf ich sie mit hysterischen Worten. Fehlte nur noch ein Hasenköstum und dass ich wegen meinen Adrenalinschub nervös auf der Stelle rumhopste, dann wäre ich wirklich verrückt. Zum Teufel mit meiner Fantasie.

„Erzähl mir, wie du den Rittern entkommen bist!“, nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, wollte ich ihre ganze Geschichte hören.

„Wer ist dein Freund da?“, Shizuka wich meiner Frage aus. Sie sah mir über die Schulter, und erblickte meinen früheren Gegner. Er ließ immer noch eine schwarze Kugel auf seiner Hand balancieren.

„Schwarze Magie, hm?“, neugierig zog Shizuka eine Augenbraue hoch und ich fragte mich, was sie meinte. Deshalb drehte ich mich um, um mir die Frage selbst beantworten zu können. Doch die Fragenzeichen, die sich in meinem Kopf gebildet hatten, wurden noch größer. Oder es wurden mehr. So langsam brauchte ich eine Gebrauchsanweisung für diese Welt.

„Du bist zu unkonzentriert!“, warf der Mann mir an den Kopf. Er ließ die Kugel in der Hand kleiner werden, bis sie schließlich nicht mehr zu sehen war. Mit langsamen Schritten folgte er mir zu Shizuka und nickte ihr zu. „Teilweise, aber nicht ganz. Woher wusstest du, dass es sich um diese Art von Zauberrei handelt?“, er ignorierte mich und meine bösen Blicke, die ich ihm immer wieder zuwarf.

„Das war nicht sonderlich schwer, aber ich wusste nicht, dass es noch so jemanden gibt!“, Shizuka blieb kühl und distanziert, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute den Magier eindringlich an.

„Kann mir mal einer erklären, von was ihr es habt?“, funkte ich dazwischen, und ich wurde sogar bemerkt, als ich mich zwischen die Beiden drängte.

„Von nichts. Yukino, wir treffen uns bei mir. Also, spiel noch schön!“, ohne weitere Worte mir mit oder dem Magier zu wechseln, verschwand die Frau. Sie drehte sich nicht einmal um, als ich ihr nachstarrte. Shizuka blieb und wird immer noch, mit jedenfalls, ein einziges Rätsel bleiben.

„Interessant!“, murmelte der Mann, trat neben mich hin und schaute mich an.

„Als noch mal, wer bist du!“, als ich mich wieder eingekriegt, fragte ich ihn mindestens tausendmal dieselbe Frage. Anstatt von mir genervt zu sein, oder mich anschrie, endlich meine verdammte Klappe zu halten, verschwand er geschwind in seinem Büro, in dessen Wand ein Loch herausguckte, kam wieder heraus und kam direkt auf mich zu.

Bevor ich wieder ansetzen konnte, hob er die Hand, die mich zum Schweigen brachte.

„Ihr habt zwar Fähigkeiten, aber Ihr könnt sie nicht gezielt einsetzten, oder?“, fragte ich mich. Seine fast schwarzen Augen sahen in meine smaragdgrünen und ich wurde in einen Trance-ähnlichen Zustand geschickt. Ich realisierte nur noch ihn, meine Umgebung verschwamm immer mehr. Meine Kräfte waren am Ende. Ich war am Ende. Mein ganzer Körper gehorchte mir nicht mehr. Ich wollte nur noch schlafen. Ich stellte mir ein Himmel und ein Bett vor. Ein weiches und gemütliches Bett, indem nur ich schlief. Ich ließ mich fallen, erwartete ein Bett, aber ich wurde von jemand aufgefangen.

Das war das einzige, das ich noch bemerkte.



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