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Glowing in the dark

von

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Holding your hand

Peeta

Meine Schritte hallten in meinem eigenen Kopf nach. Nie zuvor war es mir so schwer gefallen eine Treppe herunter zu steigen. Jeder Schritt den ich von ihr weg tat riss an dem Anker in meiner Brust der mich zu ihr zurückzog. Aber wenn ich das nicht beendete, wenn ich nicht endlich einen Weg fand uns beide aus diesem Alptraum zu befreien, dann würden wir daran zugrunde gehen. Ich straffte die Schultern und ging weiter. Ich öffnete die Tür, ging ohne mich umzudrehen über die Straße, ich hatte meine Haustür noch nicht erreicht als ihr Schrei mir gellend durch Mark und Bein fuhr. Ich wankte, zitterte und kaum das ich meine Tür hinter mir geschlossen hatte, rutschte ich auch schon an ihr zu Boden und vergrub das Gesicht in den Händen. Ich atmete hektisch gegen meine Panikattacke an. Ihr Schrei hallte in meinem Kopf nach, ich kannte diesen Schrei. Ich hatte ihn tausende Male im Schlaf gehört, war davon aufgeschreckt. Selbst schreiend. Erinnerungen sprudelten in mir hoch. Ich sah den blanken, klinisch weißen Boden meiner Zelle im Capitol. Ich zitterte so unkontrolliert das meine Beine zu krampfen begannen. Mein Blick ging starr und voller blankem Entsetzen in die Leere. Ich saß nicht mehr in meinem Flur ich saß in meiner Zelle. Es war nicht vorbei. Es würde nie vorbei sein. Ich sah Katniss vor mir, schreiend, verstümmelt. Ich sah wie zwei Männer ihr Dinge antaten die ich selbst in meinem Kopf nicht aussprechen konnte. Ich war angekettet, spürte wie das eiskalte Metall sich in meine Handgelenke fraß, wie es meine Haut aufriss und über das blanke Fleisch scheuerte. Ich riss mit aller Kraft an den Ketten die mich hielten, schrie aus voller Lunge dass sie aufhören sollen, schrie ihren Namen. Blut floss von ihrem Körper in die Mitte des Raumes, ich sah wie es ein grausames Muster auf dem Schneeweißen Boden hinterließ. Irgendwann schrie sie nicht mehr. Ihr Blick war starr und leer auf mich gerichtet. Von ihrem Körper den ich so liebte, den ich bis ins Detail kannte, war nichts mehr übrig. Nichts als zerrissenes, blutiges Fleisch. Ich lag auf dem Boden neben ihr, meine Arme in unnatürlichem Winkel nach hinten verdreht um ihr möglichst nahe zu sein. Minutenlang schrie ich sie an nicht tot zu sein, und plötzlich blinzelte sie. Ihre wunderschönen grauen Augen wurden schwarz. Und das grauenhaft verstümmelte Wesen dass die Capitol Männer aus ihr gemacht hatte begann zischend und gurgelnd auf mich zu, zu kriechen. Entsetzt und verzweifelt wich ich zurück, ihre verstümmelte Hand streckte sich nach mir aus. ‚Peeetaaa~‘ gurgelte sie mit einer grauenhaft verzerrten Stimme.

Als ich wieder zu mir kam lag ich auf dem Boden meines Flurs, ich hatte Muskelkater und konnte mich kaum bewegen, so steif waren meine Muskeln. Ich atmete bebend durch und blinzelte gegen die Dunkelheit an. Wie lange hatte ich hier gelegen? Mein Hals war staub trocken und ich brauchte einiges an Kraft um wieder auf die Beine zu kommen. Ich hatte es gerade geschafft mich an der Wand hoch zu ziehen als ich feststellte was mich aus meinem Alptraum gerissen hatte. Haymitch hämmerte gegen meine Tür. Ehe ich sie auf machen konnte oder auch nur meinen tauben Arm nach dem Türgriff ausstrecken konnte trat Haymitch sie ein. Aus blutunterlaufenen, verquollenen Augen sah ich ihn an. Er tobte vor Wut. Ich sah die Faust kommen ehe er ausholte. Sein Schlag holte mich von den Füßen und ich schlug hart auf meinem Dielenboden auf. „Das nennst du einen sauberen Schnitt?!“ fuhr er mich an und ich sah stumm zu ihm auf. Was hatte er denn erwartet? Dass sie es einfach hinnahm und ihr Leben weiter lebte? War ihm entgangen was ich seit Tagen so deutlich sah? Offenbar, denn er zerrte mich am Kragen wieder auf die Füße und bugsierte mich in mein Wohnzimmer wo er mich hart auf das Sofa stieß. „Sie ist vollkommen weggetreten. Was hast du ihr gesagt?!“ schrie er mich an und ich saß nur benommen da. Was hatte ich ihr gesagt? In meinem Kopf zischte noch immer ihr verstümmelter Mutt Körper. „Die Wahrheit.“ Antwortete ich ruhig. Mein Blick fing Haymitchs ein. „Das ich sie nicht mehr liebe.“ Haymitch verschränkte die Arme vor der Brust. Ich wusste das Katniss ihm ans Herz gewachsen war auch wenn er es ungern zu gab. Er war ihr viel zu ähnlich um sie nicht zu mögen. Und da er ihr schon in der ersten Arena das Leben gerettet hatte war all sein Gehabe mehr als Fassade. Ich streckte meine Beinprothese aus und seufzte tief, fest rieb ich mit dem Handballen über mein schmerzendes Knie. „Sie wird darüber hinweg kommen. So wie sie dank dir seit Jahren über mich hinweg kommt.“ Meine Stimme war nicht vorwurfsvoll, sie war ernüchtert. Ich wusste das Haymitch mich bis heute ohne mit der Wimper zu zucken für sie opfern würde. So wie er mich schon in der Arena hätte drauf gehen lassen wenn er mich nicht weiter für seine Farce einer Liebesgeschichte hätte benutzen können. Ich war eine weitere Schachfigur auch wenn mir das lange nicht klar gewesen war. Aber mich jetzt über meine Naivität zu ärgern war verschwendete Kraft und Zeit. Nichts von dem was passiert war konnte ich rückgängig machen. Mein Kopf zuckte leicht bei der Erinnerung an Katniss in der Höhle. An unseren ersten wirklichen Kuss. Meine Brust zog sich zusammen. Ich ignorierte es. Abwartend sah ich mit verschränkten Armen zu Haymitch auf. „Sie wird sich fassen, dann kannst du deinen Mockingbird weiter in Szene setzen. Aber tu uns beiden einen Gefallen und streich mich aus der Gleichung. Ich werde nicht länger für dich oder Pultchard den Liebeskranken Krüppel spielen. Wenn er ein weiteres Symbol für den Wiederaufbau will muss ich jemand anderen suchen.“

Haymitch sah mich einen langen Moment an. Seine Kiefermuskeln arbeiteten. Langsam ließ er sich mir gegenüber in den Sessel fallen und musterte mich. Die Minuten tickten dahin und keiner von uns sagte ein Word. Schließlich lehnte er sich vor und sah mir direkt in die Augen. Ich wusste dass er nicht nüchtern war aber sein Blick war überraschend klar. „ Ich habe immer versucht euch beide zu retten. Ich musste sie am Leben erhalten damit sie dich am Leben erhalten konnte. Ich werde mich nicht dafür entschuldigen euch benutzt zu haben. Aber ihr wart Kinder. Kaum 17. Und ihr wart die ersten die eine Chance hatten lebend da raus zu kommen. Dass die Kleine so eine Nummer hinlegen würde konnte ich nicht ahnen. Schaffen wir das ein für alle Mal aus der Welt Peeta.“ Schweigend musterte ich ihn. Ich erinnerte mich an den jungen Haymitch der clever genug war das Capitol vorzuführen. Hin und wieder sah ich noch Spuren dieses Menschen durch den Alkohol durchblitzen. Langsam nickte ich. „Es ist mir egal Haymitch. Lass mich ab jetzt einfach in Ruhe.“ Inzwischen klang ich erschöpft. Das Zittern begann von neuem. In einer resignierten Bewegung schob ich meine Hände zwischen meine Knie um das Zittern zu unterdrücken. Haymitch schien verstanden zu haben. Er nickte nur knapp, warf mir einen letzten, undeutbaren Blick zu und überließ mich meinen Alpträumen.

Die nächsten Tage verbrachte ich wie in Trance. Ich hatte weitaus mehr Zusammenbrüche als in den letzten Wochen. Immer wieder wachte ich auf dem Boden liegend auf, verkrampft, halb erstickt. Ich hatte einen Blackout nach dem anderen. Es dauerte zwei Wochen bis ich meinen Verstand wieder soweit zusammengesetzt hatte dass ich mich vor die Tür wagte. Ich vermied es zu ihrem Haus zu sehen und machte mich auf den Weg in die Stadt. Ich wollte sehen was von unserer Bäckerei übrig war und vielleicht, nur vielleicht das Grab meiner Eltern und Brüder besuchen. Es war ein sonniger, warmer Tag und ich beobachtete fasziniert wie unsere Stadt um mich herum wieder auferstand. Ich begrüßte ehemalige Nachbarn, Menschen aus dem Seam. Sie waren fast alle zurückgekommen. Überall entdeckte ich bekannte Gesichter und zu meiner Überraschung wurde ich weder auf Katniss noch auf die Rebellion und meine perfide Rolle darin angesprochen. Stattdessen sprach man mir das Beileid über den Tod meiner Eltern aus, bedankte sich für das Brot und die Brötchen die ich in den letzten Wochen gebacken und gespendet hatte. Überall entdeckte ich Menschen aus anderen Distrikten. Familien aus 3, 8 und 10. Eine Gruppe verschüchterter Capitol Mädchen drängten sich unsicher um einen groß gewachsenen Mann der ihnen offenbar Anweisungen geben sollte. Mein Distrikt war im Aufbau und zum ersten Mal seit Wochen zeigte sich ein Lächeln auf meinen Lippen. Ich spürte die Sonne, atmete die frische Luft und fühlte mich lebendig. Es wurde Zeit das ich wieder in mein altes Leben zurück fand und sei es nur um meine Alpträume weiterhin unter Kontrolle zu halten. Erst als ich vor den Trümmern der Bäckerei stand schwand meine Kraft wieder und ich fühlte mich erschlagen. Ich lehnte mich an das was von dem Baum vor unserer Bäckerei übrig war und atmete tief durch. Der einzige Mensch den ich wirklich vermisste war mein Vater. Weder meine Brüder noch meine Mutter hatten einen Finger gerührt als ich ausgewählt worden war. Auch danach war unser Verhältnis angespannt. Zwar wohnte ich jetzt im Victors Village aber ich war mit Katniss Everdeen verlobt. Meine Brüder sprachen kaum noch mit mir und meine Mutter wollte nicht glauben dass das was sich zwischen Katniss und mir abgespielt hatte unecht war. Vermutlich lag es auch an meinem kläglichen Versuch sie zu überzeugen, ich war mir schließlich selbst nicht sicher was es da zwischen Katniss und mir gab. Bis heute. Und heute war ich es der an unserer Liebe zweifelte.

„Wirst du sie wieder aufbauen?“ Ich hob überrascht den Kopf und drehte mich leicht um die Person auszumachen. Es war ein Mädchen in Katniss Alter, vielleicht 17 Jahre. Ihre blonden Haare fielen ihr in weichen Wellen über die schmalen Schultern. Sie kam nicht aus Distrikt 12. Ihr schneeweißes Kleid war kunstvoll verarbeitet, kein Kleidungsstück aus Distrikt 12 war derart schön gearbeitet. „Ich weiß es nicht.“ Antwortete ich ehrlich und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Augen waren ebenfalls blau, aber sie hatten einen leicht violetten Schimmer. Wie Veilchen. Dunkler und tiefer. Anders als Katniss Augen. Zum ersten Mal fiel mir auf das ich außer Katniss nie ein Mädchen bemerkt hatte, es gab außer ihr niemanden. Jedenfalls bis vor-

Ich brach den Gedanken ab ehe ich ihn vertiefen konnte. „Ich habe die Interviews mit deinen Eltern gesehen, sie haben das schöne Bäckereigebäude gezeigt.“ Lächelte sie offen und ging langsam auf den Trümmerhaufen zu zwischen dem inzwischen schon Unkraut wucherte zu. Mein Blick folgte ihr. In einer grazilen Geste streckte sie das schlanke Handgelenk aus und pflückte eine Wildblume. Fasziniert musterte sie sie, drehte sie zwischen ihren Fingern. „In meinem Distrikt gibt es keine Blumen.“ Sagte sie leise. Ich begann mich zu fragen woher sie wohl kam. „Du stammst aus Distrikt 8 oder? Textilien richtig?“ sie drehte sich mit einem breiten Lächeln zu mir um. „Ja. Ich habe all den Wald und das Grün hier im Fernsehen gesehen. Ich wollte es mit eigenen Augen sehen.“ Ihr Blick wanderte über das Trümmerfeld das sich bis zum Zaun erstreckte. Dahinter gab es nichts als Wiesen und Wald. „Hier ist alles so viel friedlicher, so offen.“ Sie atmete tief ein. „Das ist es erst seit der Revolution.“ Seufzte ich und musste unweigerlich an Gales Auspeitschung denken. An den Hunger und die Armut die hier herrschten. „Bestimmt könnte man hier eine wunderschöne neue Bäckerei bauen. Ich habe deinen Kuchen auf Finnicks Hochzeit gesehen, du bist sehr talentiert.“

Ihr Lächeln war so echt. Es zog mich an wie Motten das Licht. Als würde ich mich der Sonne zu wenden nachdem ich Jahrelang nur in die Dunkelheit geblickt hatte. Alles an ihr war frisch, ehrlich und echt. Unsicher lächelnd, da ich sie offenbar zu lange angesehen hatte ohne mit ihr zu sprechen begann sie mit einer ihrer Haarsträhnen zu spielen. „Wie heißt du?“ fragte ich schließlich und riss meinen Blick von ihr los. „Bekka.“ Sie strahlte mich an. Vielleicht war es genau das was ich suchte, was ich brauchte. Bekkas Licht und nicht länger Katniss Dunkelheit. Vielleicht war sie der Neuanfang den ich brauchte. Ich wusste dass es Bekka gegenüber nicht fair wäre, doch ich war es leid Gut und Liebenswert zu sein. Also kam ich auf sie zu und blieb neben ihr stehen. „Wie würdest du dir die Bäckerei vorstellen Bekka?“ fragte ich und in ihren Veilchenaugen begann es zu leuchten.

In den nächsten Tagen begegnete Bekka mir immer wieder. Ich half beim Aufbau. Denn wenn ich noch immer eines war, dann stark. Ich bewegte zusammen mit Jungen die mich mein Leben lang ignoriert hatten die Trümmer ihrer Elternhäuser. Wir lernten uns völlig neu kennen und bald schon fand ich mich als Teil unserer neuen Gemeinschaft wieder. Immer mehr Menschen kamen zurück, es gab mehr und mehr Einwanderer. Bekkas Familie war nicht die einzige aus Distrikt 8. Ich erfuhr das es nur wenige Überlebende aus diesem Distrikt gab und das Paylor den Abriss der grauen, kalten Fabriken angeordnet hatte. Die neuen Textilfabriken sollten zwar ebenfalls in Distrikt 8 entstehen, jedoch zu völlig anderen Bedingungen. Es verging ein guter Monat bis die Fragen nach Katniss wieder begannen. Es waren zuerst nur Beifällige Bemerkungen. Immer öfter verbrachte ich meine Tage mit Bekka, sie tat mir gut. Dennoch vermied ich es sie mit ins Victors Village zu nehmen, auch wenn sie mich schon ein paarmal gefragt hatte ob sie mein Haus sehen dürfte. Ich wusste was es mit Katniss machen würde mich mit einem anderen Mädchen zu sehen. Aber ich brauchte sie, ich brauchte Bekka. Ich musste wissen was es war das mich zu Katniss zog, ob es wirklich Liebe war oder etwas anderes. Gerüchte über unsere Trennung wurden laut, es wurde über Katniss Geisteszustand spekuliert, aber nie auf verletzende oder negative Art. Alle machten sich Sorgen um sie, ich wurde nicht offen angefeindet aber es war deutlich dass die meisten Menschen erwarteten Katniss an meiner Seite zu sehen. Aber wie auch ich konnten sie sich Bekkas offener Art, ihrem strahlenden Lächeln und den hellen Augen nicht verwehren. Meine Alpträume ebbten ab, ich konnte endlich wieder klar denken und dank Bekka war Katniss nicht länger der einzige Mensch über den ich nachdachte. Der Wiederaufbau war in vollem Gange und als ich hörte dass es überall in Panem ein Fest geben sollte schöpfte ich Hoffnung. Vielleicht würde doch alles gut werden. Bekka half dabei eine Näherei zu eröffnen, es waren Nähmaschinen und Webrahmen aus Distrikt 8 angeliefert worden und Bekka erklärte mit unendlicher Ruhe und Geduld wie man Stoff wob, wie Kleidung zugeschnitten und entworfen wurde und man aus einem Stück Stoff ein Kleidungsstück erschaffen konnte. Der Sommer brachte das Leben und die Hitze nach Distrikt 12. Die Ärmel wurden hochgekrempelt, die Kleider wurden leichter und kürzer. Ich verschwendete keinen Gedanken mehr an Katniss. Nicht bis wenige Tage vor dem Fest Cinna eintraf. Ich sah ihn aus dem Zug steigen und wir begrüßten uns herzlich. In Distritk 13 waren wir uns sehr nahe gewesen, da wir beide lernen mussten Katniss nicht mehr zu hassen. Nächtelang hatten wir uns Aufnahmen von ihr angesehen, versucht uns an das zu erinnern was wir an ihr liebten. Ihn jetzt wieder zu sehen, erholter und sehr viel lebendiger als bei meinem Abschied vor wenigen Monaten, brachte vieles wieder hervor. In dieser Nacht träumte ich von Katniss. Aber es war keiner meiner üblichen Träume. Ich träumte von der Nacht an der sie am Fenster gestanden und gesungen hatte. Der Nacht in der ich erkannte dass sie mich doch liebte. Die Nacht in der ich entschieden hatte sie zu verlassen. Wieder folgte mein Blick den Wassertropfen die über ihre blasse Haut liefen. Ihrer Hand die über ihren schlanken Hals fuhr, ich folgte dem weichen Schwung ihrer Brüste zu ihren Hüftknochen. Sehnsucht und Verlangen zogen in meinen Lenden. Ich wollte sie berühren, ihren Körper an meinem spüren. Ich vermisste sie so sehr das ich schweiß gebadet und schwer atmend aus dem Schlaf schreckte. Atemlos lag ich da und starrte an die Decke meines Zimmers. Mein Herz raste und auch der Rest meines Körpers war von diesem Traum nicht verschont geblieben. Ich stöhnte hilflos und schwang die Beine aus dem Bett. Bebend fuhr ich mir mit beiden Händen übers Gesicht und zerrte mir das durchweichte T-Shirt vom Körper. Es musste die Hitze gewesen sein, diese erste wirklich schwüle, brütend heiße Sommernacht, die meinen Kopf und Körper so völlig aus dem Ruder geworfen hatte. In dieser Nacht fand ich keine Ruhe mehr. Ich zog mich an und ging im fahlen Mondlicht spazieren. Ohne wirkliches Ziel schlenderte ich die Hauptstraße herunter. Der Kies knirschte unter meinen Füßen, es war beinahe Taghell und der Mondschein warf obskure Schatten auf die Wiesen und den Weg. Doch anders als sonst bargen sie zum ersten Mal keine Schrecken. Ich sah keine Verbindung zu meinem Traum oder Bekka oder Cinna. Ich sah nur dass ich endlich durch die Nacht laufen konnte ohne vor jedem Schatten Angst zu haben. Meine Lippen verzogen sich zu einem schiefen Lächeln. Es war befreiend mich wieder normal fühlen zu können. Hier und da brannte noch Licht in den Häusern, ich konnte Lachen und sogar Gesang hören. Jetzt durch meine Stadt zu laufen fühlte sich so vollkommen anders an. Distrikt 12 war nicht wieder zu erkennen. Meine Füße trugen mich unweigerlich zum Rohbau meiner Bäckerei. Bisher standen nur die hellen Holzpfeiler und das Fundament. Ich stieg die wenigen Stufen hoch und lief langsam durch das was in ein paar Monaten die Backstube sein würde. Sacht fuhr ich mit der Hand über das glattgeschliffene Holz. Es war genau diese Art von Neuanfang die ich brauchte. Ein leichter Südwind hob an und trug den Duft von Sommerblüten, Wald und Holz zu mir. Ich atmete tief ein und ging langsam zurück. Vielleicht würde ich doch noch etwas schlaf finden. Es war das leise Rascheln ihres Rockes das mich aufmerksam machte. Ich musste etwas suchen ehe ich sie auf der Veranda ihres Hauses entdeckte. Ihre Eltern hatten gemeinsam mit ihr eines der leerstehenden Häuser bezogen und wieder hergerichtet. Es war nur zum Teil vom Brand verschont worden, weshalb Veranda und Vorderfront heller waren als der Rest des Hauses. Ihr helles Kleid fiel vor dem cremefarbenen Holz im Mondschein kaum auf. Bekka saß auf einer in die Hauswand eingelassenen Bank und sah zum Mond auf. Offenbar konnte sie auch nicht schlafen. Einen Moment zögerte ich. Aber was hatte ich zu verlieren? Ich verließ den Weg und lief über das trockene Gras zu ihr. „Kannst du auch nicht schlafen?“ fragte ich schief lächelnd und hob sacht eine Augenbraue. Bekka fuhr überrascht zusammen, doch kaum das sie mich erkannte zeigte sich ihr strahlendes Lächeln. „Peeta..“ die Art wie sie meinen Namen aussprach bewegte etwas in mir, ich spürte wie mein Herz einen leichten Satz machte. Sie streckte ganz selbstverständlich die Hand nach mir aus. Ohne zu zögern schoben sich meine Finger zwischen ihre. Bekkas Hand war zierlich, blass und klein. Vollkommen anders als Katniss. Sanft schlossen sich meine Finger um ihre Hand und sie lehnte sich leicht an mich. Abwesend strich mein Daumen über ihre weiche Haut. Es war seltsam vertraut sie so zu halten, vollkommen anders und doch vertraut. Ihr Kopf lehnte an meiner Schulter und der Duft von Wildblumen stieg mir in die Nase. „Weshalb hast du mich damals angesprochen?“ fragte ich leise und runzelte die Stirn. Ich wusste nicht auf welche Antwort ich mich einstellen sollte. Aber ich brauchte eine Antwort, ich brauchte so viele Antworten. „Weil ich mich in dich verliebt habe.“ Flüsterte Bekka und ein wunderschönes Rot legte sich sanft auf ihre blassen Wangen. „Ich sah dich im Fernsehen und wie sehr du versucht hast Katniss zu beschützen. Ich habe mir auch immer jemanden gewünscht der mich so beschützen würde. Aber du gehörtest Katniss, ich hätte mich niemals zwischen euch stellen können. Und dann..“ sie biss sich auf die volle Unterlippe und setzte sich etwas auf um mich ansehen zu können. „Dann hat sie dich in der Arena zurück gelassen und du hast dich von ihr entfernt und ich habe gehofft dass du vielleicht eines Tages nicht mehr nur sie sehen würdest.“ Unweigerlich musste ich mich fragen ob es viele Mädchen wie Bekka gab. Und was ausgerechnet sie zu mir gebracht hatte. Ich musterte ihre großen, runden Augen. Sie war das vollkommene Gegenteil von Katniss. So zerbrechlich, zierlich und ehrlich. Dieser Gedanke versetzte mir einen Stich. Katniss war- Auch diesen Gedanken beendete ich nicht. Nicht jetzt, nicht hier. Nicht mit Bekka in meinen Armen die mich so ansah. Ich hob meine Hand und strich ihr sanft eine Strähne hinters Ohr, fuhr mit den Fingerspitzen über ihre Wange und die Kinnlinie entlang. Meine Finger legten sich unter ihr Kinn und hoben es an. Ich konnte in ihrem Blick alles lesen, ich spürte ihren schnellen Herzschlag, sah das blasse rot ihrer Wangen, die Sehnsucht in ihrem Blick. Alles Dinge die ich nur ein einziges Mal in Katniss Blick gesehen hatte. Ich neigte den Kopf, schloss die Augen und küsste Bekka. Ihre Lippen teilten sich weich und süß und warm unter meinen. Ich schob meine Arme um sie und zog sie an mich, bis sie halb auf meinem Schoß saß. Alles verschwand. Meine Erinnerungen, die Gegenwart, die Nacht um mich. Ihre Finger schoben sich zaghaft in mein Haar und hielten sich darin fest. Ihre kleinen, sehnsuchtsvollen Laute jagten mir Schauer den Rücken runter und ich hielt sie noch enger. Meine Hände gruben sich in ihre Seiten. Ich hing an ihren Lippen wie ein ertrinkender, küsste sie bis wir beide außer Atem waren und sie ihren Kopf schwer atmend an meiner Halsbeuge vergrub. Und so blieben wir sitzen. Bis der Horizont sich am nächsten Morgen heller färbte. Liebevoll hob ich ihren Kopf erneut an und hauchte einen letzten Kuss auf ihre noch immer übervollen Lippen. „Versuch noch etwas zu schlafen.“ raunte ich und stand mit ihr im Arm auf. Ihre zierlichen Finger schoben sich haltsuchend zwischen meine und ich hielt sie noch einen Moment im Arm, nippte an ihren Lippen und hauchte ihr Küsse auf die Nase und die müden Augenlider. „Geh schlafen..“ flüsterte ich und Bekka nickte. Sie streichelte noch einmal über meine Wange, reckte sich auf die Zehenspitzen um mich ein letztes Mal zu küssen und verschwand dann mit einem liebevollen Blick zurück ins Haus. Langsam drehte ich mich um, schob die Hände in die Hosentaschen und ging zurück nachhause. Meine Stirn lag in feinen Falten und ich zermarterte mir das Hirn. Ich versuchte zu ergründen was ich fühlte, ob es sich anders anfühlte, ob ich mehr für sie als für Katniss empfand. Aber ich konnte es nicht definieren. Es gab Unterschiede und im Moment gewannen meine Gefühle für Bekka die Oberhand. Und doch waren da immer die Gefühle für Katniss die direkt unter der Oberfläche lagen, bereit jederzeit wieder hervor zu brechen. Ehe ich mich versah hatten meine Füße mich zu ihrem Haus getragen. Ich stand unbeweglich unter dem Baum im Garten und sah zu ihrem Fenster auf, fragte mich zum ersten Mal bewusst wie es ihr ging, was Cinna wohl aus ihr machte. Inzwischen ging die Sonne auf und ich konnte zusehen wie Cinna ihr Zimmer betrat, das Fenster öffnete. Und dann sah ich sie. Ihr Anblick fuhr mir in durch Mark und Bein. Sie war erschreckend zierlich und dünn geworden, aber da war mehr. Sie hatte sich verändert. War weniger kantig, ihr Gesicht war schmaler aber voller, ihre Haare waren wirr und lang und man sah ihr deutlich an was ich ihr angetan hatte. Ich erstarrte und wartete gerade lange genug um sicher zu sein das sie mich nicht sahen ehe ich so schnell ich konnte nachhause lief.

An diesem Tag stand ich spät auf. In wenigen Stunden würde das Fest beginnen und ich hatte Bekka versprochen sie abzuholen. Der vermeintliche Friede den mein Verstand mir gegönnt hatte war mehr als trügerisch. Ich erwachte mit Halluzinationen aus einem Alptraum. Das Zittern begann von neuem und ich musste den ganzen Vormittag gegen meine Einbildungen ankämpfen. Widerliche Wesen die mich aus allen Ecken anstarrten und immer wieder Katniss. Wunderschön und eiskalt, eine tödliche Waffe des Kapitol. Ersonnen um mich um den Verstand zu bringen. Erst gegen Mittag war ich in der Lage mich anzuziehen und das Haus zu verlassen. Die warme Sonne und die vielen Menschen halfen. Ich bahnte mir einen Weg zu Bekkas Haus vor dem sie bereits in einem schönen, hellen Kleid auf mich wartete. Ich schob lächelnd meine Arme um sie und küsste sie, hob sie dabei leise lachend von der Veranda. Wir mischten uns unter die Feiernden, aßen, tranken und warteten auf den eigentlichen Beginn des Festes. Ich konnte nicht verhindern dass mein Blick sie suchte, doch ich vermied es allzu auffällig den Kopf zu drehen. Underwood hielt eine Rede in der Katniss dankte. Sie war also sicher irgendwo zwischen all diesen Menschen. Als die Musik wieder lauter wurde zog Bekka strahlend an meiner Hand. „Lass uns tanzen!“ bat sie und ich gab widerwillig nach. Zwar hatte ich mich an mein Bein gewöhnt, aber ich hatte nie versucht zu tanzen. Als wir die Tanzfläche erreichten hatte sich gerade ein Kreis gebildet. Wir mussten ein paar Leute beiseite drängen um die Mitte zu erreichen. Doch was ich dort sah ließ mich erstarren. Mein Herz wurde durchbohrt und ich war festgenagelt. Schmerz und Sehnsucht durchfuhren mich mit solcher Wucht das ich keuchte. Katniss. Sie tanzte mit einem anderen und begann sich zu drehen. Ihr Kleid wirbelte um sie herum, weichfallend und flatternd, ihr offenes Haar wehte ihr um das wunderschöne Schneeweiße Gesicht. Ich konnte sie nur anstarren, sprachlos, bewegungslos, hilflos. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich begehrte sie mit einer solchen Verzweiflung das ich mich kaum aufrecht halten konnte. Sie zwang mich in die Knie und nur Bekkas Hand in meiner hielt mich aufrecht. Katniss. Sie wirkte wie eine seltene Blume, eine wundervolle, einzigartige Schöpfung. So selten und kostbar das man sie verstecken und schützen musste. Ich spürte wie Bekka an meiner Hand zog, doch ich konnte mich nicht rühren. Verlangen und unstillbarer Hunger nach ihren Lippen, ihrem Körper, ihrer Stimme, nach IHR überflutete mich und machte es mir unmöglich Bekka auch nur einen Hauch Aufmerksamkeit zu schenken. Ich wusste dass es falsch war und doch konnte ich die Augen nicht von ihr nehmen. Für einen Moment taxierten meine Augen Fionn über die Tanzfläche hinweg. Meine Augen verengten sich leicht und ich hob eine Augenbraue. Ernsthaft? Fionn? Meine Lippen verzogen sich kurz zu einem schiefen Lächeln. Sollte er sein Glück versuchen. Ich sah gerade noch rechtzeitig wieder zu Katniss um zu sehen wie sie taumelte, sich nicht halten konnte und zu fallen drohte. Ich löste meine Hand von Bekka, machte intuitiv einen Schritt nach vorne und fing sie auf. Es war wie Haymitch vor meiner Abreise zur zweiten Arena gesagt hatte. ‚Du kannst Instinkte nicht unterdrücken. Und dein Instinkt ist es Katniss zu beschützen.‘ Sie war leichter, wog fast nichts in meinen Armen. Wie ein Vogel den ich im Flug gefangen hatte. Einen Atemlosen Moment sahen wir uns in die Augen. Für diesen einen, kurzen, magischen Moment waren wir wir selbst. Ich konnte sie sehen und sie mich. Und dann zerbrach sie. Vor meinen Augen. Vorsichtig zog ich sie auf die Füße und ließ sie los. Auch ich entdeckte uns auf der Leinwand und Wut kochte in mir auf. Was sollte das? War das Zufall? Meine Hände bebten als Katniss mich mit diesem verzweifelten Blick von sich stieß. Ich stolperte einen Schritt zurück, direkt neben Bekka die sofort meine Hand nahm. Und dann zerfiel was von Katniss übrig war vor meinen Augen. Sie fiel innerlich in sich zusammen und rannte vor mir weg. Ich wusste dass sie vor mir und Bekka weg rannte und doch konnte ich nichts tun. Es war beinahe als würde ich so etwas wie Genugtuung verspüren.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Vanima
2013-11-30T15:28:17+00:00 30.11.2013 16:28
Okay entschuldigt mich, aber ich hasse diese ach so perfekte Bekka jetzt schon, auch wenn ich weiß, dass sie schlussendlich keine Chance haben wird, aber sich so an Peeta ranzumachen stinkt mir! Ich weiß dass das gemein ist, schließlich braucht auch Peeta ja mal jemanden der ihn aufbaut und ihm etwas Seelenfrieden schenkt, aber das müsste verdammt nochmal Katniss sein!!
Ähh übrigens hast du wieder sehr schön geschrieben, ich hänge grade begierig an jedem deiner Worte. Hut ab!
Von:  Adame
2013-04-07T16:06:06+00:00 07.04.2013 18:06
Ja mensch, du hast es ja doch geschafft früher weiter zu schreiben. Konnte gerade meinen Augen nicht trauen^^
Wieder sehr schön geschrieben! aus Peetas Sicht sieht es schon wieder ganz anders aus. Bekka scheint ja echt nett zu sein aber sie soll sich trotzdem einen anderen suchen! wie man eben sehr schön lesen konnte, gehört Peeta ganz allein Katniss und sie ganz allein ihm. Keine Chance für Bekka und Fionn. Sollen die sich doch finden; -)
Wirklich toll.
Jetzt bin ich erst recht gespannt wie es weiter geht. Also schön schnell weiter machen:-)
Von:  Satomi
2013-04-07T15:51:39+00:00 07.04.2013 17:51
Sehr schönes Kapitel von der Sicht von Peeta.
Es wäre nur mit ein paar Absätzen mehr besser zu lesen, dieses hier war jetzt besser zu lesen, als die drei davor.
Im Gesamten eine sehr schöne Fanfiktion bisher, die ich sehr gerne weiterhin verfolgen werde.
Auch wenn manche englische Begriffe das gängige Lesen etwas stoppen lässt.
Also ran an die Tastatur und schreib fleißig weiter :D mein Favo haste jedenfalls.
Jetzt kann ich mir diese Annäherung der beiden im dritten Band so kurz vorm Ende besser vorstellen.
Und schön finde ich die Darstellungen der Charas, sehr schön. ^^

Liebe Grüße Satomi


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