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Misfits: Kreuzdame

{ boy x boy }
von

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Gaara - Veränderungen Pt. 1

Summend ertönte die elektronische Nadel, fuhr mit Präzision über Kaitos blassen Oberarm und formte schwarze, geschwungene Linien. In seinen haselnussbraunen Augen erkannte man den Schmerz, doch er ließ sich weiter nichts anmerken. Als er von der Nadel zu Sky und mir aufblickte, änderte sich sein Blick ins Genervte.

„Habt ihr nichts Besseres zu tun?“, fragte er. Sky und ich wechselten kurze Blicke, ehe wir mit einem Lächeln auf den Lippen antworteten: „Nö, nicht wirklich.“
 

Das Tattoostudio gehörte nicht zu den Größten Berlins. Der Tätowierer war ein stämmiger, kleiner Kerl mit zahlreichen Tattoos und Piercings und einem dichten, grauen Bart, der ihm über das markante Kinn ragte. Dafür hatte er kein einziges Haar auf dem Kopf, welcher eine glatte Fläche bot. Er trug Fingerlose Lederhandschuhe und arbeitete äußerst konzentriert. Immer nur dann, wenn er die Nadel absetzte, um über das bisherige Tattoo mit einem Tuch zu wischen, sprach er. Sky und ich saßen nicht weit entfernt auf einer schmalen Bank und naschten Gummibärchen, während wir zuschauten, wie Kaito versuchte so zu tun als hätte er keine Schmerzen. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er vor Sky damit angeben wollte, doch ich war mir relativ sicher, dass man mit so etwas Frauen nicht beeindrucken konnte. Auch heute sah Sky wieder absolut hübsch aus. Ihre Lippen waren blutrot, ihre Augen schwarz und ihre weißblonden Haare fielen ihr wie ein Wasserfall über die schmalen Schultern. Sie trug ein enges Top, darüber eine lockere Weste mit Ansteckern und zerfetzten, aufgenähten Mustern. Ihre schönen Beine konnte man dank einer schwarzen Hotpants aus Kunstleder ebenfalls bestaunen. Daneben musste ich aussehen wie eine graue Ente.
 

Seit fast zwei Wochen hatte ich nichts mehr zum Kiffen gehabt und das Verlangen nach dem Geschmack und dem Gefühl wurde immer größer. Mit normalen Zigaretten versuchte ich es zu kompensieren, was darauf hinaus lief, dass ich jeden Tag so viel rauchte, dass ich abends das Gefühl hatte meine Lungen wären gestorben. Normalerweise hielt ich Phasen in denen meine Dealer an kein Gras mehr heran kamen, besser aus. Kaito und Marc waren sich ziemlich sicher, dass ich solche Probleme aufgrund von Liebeskummer hatte. Mittlerweile war zu viel Zeit vergangen, als dass ich mit Lukas einfach wieder umgehen könnte wie zuvor. Ihn jeden Tag in der Schule zu sehen, setzte mir mehr zu als ich zugeben wollte und zum Einschlafen brauchte ich Ewigkeiten, weil meine Gedanken mich wach hielten.
 

Vor wenigen Tagen hatten Sam und Larissa Vorschläge gemacht, wie ich ein Gespräch mit Lukas anfangen könnte. Eins, das darauf hinaus lief, dass wir unseren Streit aus der Welt schafften, doch sie waren zu keinem richtigen Schluss gekommen, weil sie nicht mehr genau wussten, warum wir uns eigentlich nicht miteinander vertrugen. Leider erging es mir ähnlich. Mittlerweile hatte ich nur noch das Gefühl, dass wir eine Sache kompliziert machten, die doch eigentlich einfach war und ich wusste, dass ich mit Lukas darüber reden musste, wenn ich ihn nicht komplett verlieren wollte. Wenn ich wollte, dass er wieder bei uns in den Pausen stand und sich nicht zu anderen Klassenkameraden verdrückte, weil er es in meiner Nähe nicht aushielt. Doch bisher hatte ich keinen passenden Zeitpunkt gefunden. Ich konnte nicht einfach so über ihn herfallen, der Moment musste stimmen und das hatte er bisher noch nicht getan. Das würde aber noch kommen...
 

Um wieder darauf zurück zu kommen, dass ich neben Sky aussah wie ein Penner: Dies lag nicht nur daran, dass ihre blasse Schönheit den Raum erhellte, sondern auch daran, dass ich kränklich und übermüdet aussah. Um die Nase herum war ich blass, unter meinen Augen befanden sich schwarze Schimmer von zu wenig Schlaf und meine Zunge fühlte sich an wie Pappe, woran das viele Rauchen Schuld war. Dass ich jetzt Gummibärchen aß, machte die Sache nicht gerade besser.

„Wir haben es gleich geschafft“, sagte der Tätowierer gerade. Er hatte sich uns vorgestellt, doch ich hatte seinen Namen schon wieder vergessen. Er hatte auch schon Sky ein Tattoo gestochen: Ein Skorpion ziemlich nahe an ihrem Schambereich. So nahe, dass sie ihn mir nicht zeigen wollte.

„Okay, klasse“, sagte Kaito und lugte auf seinen Oberarm.

„Hast du schon Pläne für das nächste Tattoo?“, fragte der Mann und lachte bei Kaitos verwirrtem Gesichtsausdruck.

„Woher weißt du, dass ich noch eins will?“

„Ich kenne das doch selbst. Du lässt dir eins stechen und dann kannst du damit nicht mehr aufhören. Fast wie mit Drogen.“ Er lachte und stach dann weiter. Kaito lächelte mich schief an, doch ich konnte es nur mit einem Mundwinkelzucken erwidern. Lustig, dass er bei Kaito ausgerechnet den Vergleich mit den Drogen gewählt hatte... obwohl er wirklich lange nichts mehr genommen hatte. Abgesehen von Gras und Alkohol natürlich, doch das zählte nicht. Wichtig war, dass er mit dem koksen aufhörte und das hatte er nun schon seit Monaten. Vielleicht hatte er es endlich geschafft.
 

Seltsamerweise freute ich mich darüber nicht so sehr wie ich es sollte und ich freute mich auch nicht so sehr darüber, dass Kaito und Sky so gut wie zusammen waren. Oder, dass Larissa eine Ausbildung hatte, bei der sie ständig auf Achse war, irgendwo hin fuhr, manchmal sogar mit Übernachtungen, ins Ausland oder zumindest in einen anderen Teil Deutschlands. Natürlich war das super. Eine solche Ausbildung passte zu ihr und machte sie auch glücklich, aber... Kaito übernachtete immer häufiger bei Sky, was zur Folge hatte, dass er immer weniger bei mir übernachtete. Und, wenn ich alleine war, fiel mir das Einschlafen nur noch schwerer. Eigentlich fiel mir alles schwerer, wenn ich alleine war. Sam hatte Chris und Noah brauchte viel Privatsphäre, außerdem traf er sich ständig mit Hannah und Lukas. Wenn ich mich darüber bei Marc beschweren würde, würde er mich nur auslachen. Er wohnte nur zwei Häuser weiter, warum sollte er also bei mir übernachten? Und Larissa hatte keine Zeit für mich. So langsam wurde ich immer einsamer.
 

„Das war's.“ Der Tätowierer setzte die Nadel endgültig ab und Kaito durfte sich endlich wieder bewegen. Erfreut klatschte Sky in die Hände.

„Zeig schon her!“ Kaito stand vom Stuhl auf und präsentierte uns sein erstes Tattoo. Es war noch gereizt, sah jedoch trotzdem ziemlich gut aus: Eine Friedenstaube, die eine Handgranate in den Krallen hatte, die Flügel ausgestreckt als würde sie fliegen. Es bedeckte einen Großteil von Kaitos linken Oberarm und war komplett in Schwarz und Grau gehalten.

„Willst du es irgendwann noch kolorieren?“, fragte Sky.

„Mal sehen“, antwortete Kaito. „Vielleicht, wenn ich mich entscheide, ob ich einen Sleeve haben will oder nicht.“

„Also, ich fände es scharf“, gestand Sky mit einem schüchternem Blick.

„Das ist ja schon mal ein Strich auf der Pro-Sleeve-Liste.“ Kaito grinste ihr zu, ehe er mich anblickte und fragte, wie ich denn das Tattoo fand.

„Ziemlich geil“, antwortete ich.

„Und was hältst du von einem Sleeve?“

„Hmm“, machte ich und überdachte meine Worte genau, ehe ich sie aussprach. „An sich finde ich, sehen Sleeves echt gut aus, wenn denn die Muster zueinander passen und alles einen schönen Übergang hat. Aber, mit so einem riesigen Tattoo ist es später schwierig... wenn du einen Job -“

„Ach Gaara!“, beschwerten sich Kaito und Sky gleichzeitig und begannen zu lachen.

„Von so etwas kann man sich doch nicht aufhalten lassen“, zwinkerte mir Sky zu und Kaito klopfte mir auf die Schultern.
 

Danach waren wir ziemlich schnell aus dem Studio draußen und fuhren mir der S-Bahn zurück zu mir. Kaito trug ein lockeres Top, auf dem sich ein wildes Muster befand und sein Tattoo schien mit einer Art Frischhaltefolie abgewickelt zu sein, damit kein Dreck in die noch offenen Wunden geriet und sich alles entzündete. Bei mir im Garten stellten wir auf der hölzernen Terrasse einen Tisch auf, gemeinsam mit drei Sitzsäcken und, während ich die Shisha vorbereitete, begannen Kaito und Sky zu kuscheln. Eher gesagt lagen ihre Sitzsäcke direkt beieinander, sodass sie sich quer legen und ihren Kopf in seinen Schoß betten konnte. Mit einer Hand strich Kaito ihr durch die weißblonden Haare und sie sahen so süß und glücklich aus, dass ich am liebsten geweint hätte. Oder gekotzt. Oder Beides. Und dann hätte ich noch mal gekotzt, weil ich so ein schlechter Mensch war, dass ich mich nicht einmal für meinen besten Freund freuen konnte, nur, weil es bei mir momentan nicht so super lief. Ich hasse mich.
 

„Ich brauche so dringend Gras“, entfuhr es mir als ich anfing die Shisha zu rauchen und im Schneidersitz auf meinem Sitzsack saß.

„Du solltest versuchen anders damit klar zu kommen“, sagte Kaito. „Du rauchst echt zu viel in letzter Zeit.“

„Hältst du mir gerade ne Drogenpredigt?!“, fragte ich eine Spur zu scharf.

„Kein Grund direkt so angepisst zu sein“, murrte Kaito.

„Nicht streiten“, sagte Sky und ihre Stimme klang wie verschleiert. Das tat sie häufig. „Nur, weil Kaito in der Vergangenheit Fehler gemacht hat, heißt das noch lange nicht, dass du sie nicht auch machen kannst. Und gerade, weil er sie gemacht hat, kann er dich auf deine hinweisen.“ Nach dieser Weisheit kehrten ein paar Sekunden der Stille ein, dann fuhr Sky fort: „Kaito hat mir erzählt, dass du gerne Gitarre spielst.“

„Habe ich schon lange nicht mehr gemacht“, meinte ich Schulterzuckend und zog kräftig den Rauch ein. Das Wasser in der Shisha blubberte und die Kohle glühte, dann reichte ich den Schlauch rüber zu Sky und blies weiße Wolken aus.

„Wieso fängst du nicht wieder damit an?“, fragte sie und ließ Kaito zuerst ziehen. „Lieder einzustudieren verbraucht viel Zeit, die du ansonsten mit rauchen verbringen würdest.“

„Das ist gar keine miese Idee“, stimmte Kaito zu, der sich in weißen Nebel gehüllt hatte. „Du könntest auch wieder in dieser Musikschule mitmachen.“

„Hast du in einer Musikschule Gitarre spielen gelernt?“, erkundigte sich Sky interessiert.

„Nein“, antwortete ich. „Ich war in einer Musikschule Lehrer.“

So plauderten wir noch eine ganze Weile, bis die Sonne langsam hinter den Häuserdächern verschwand und Berlin in ein beinahe rötliches Licht tauchte. Bis dahin war unsere Kohle schon längst verglüht und die Shisha kalt. Gemeinsam wuschen wir sie noch aus, ehe Kaito und Sky mich verließen und ich mich mit einer Zigarette wieder auf die Terrasse setzte. Gedankenversunken beobachtete ich den Sonnenuntergang, rauchte eine Zigarette nach der Anderen, bis sich meine Lungen wieder hart anfühlten und ich hustend die Letzte in der Hälfte ausdrücken musste. Im Garten nebenan hörte ich Kinder spielen, nur waren die Holzzäune, die die Gärten voneinander trennten zu hoch, als dass ich sie hätte sehen können. Kaum, da die Dunkelheit über uns eingebrochen war, erklang die Stimme der Mutter.
 

„Es ist dunkel, kommt schnell rein!“

„Noch fünf Minuten, Mama, bitte...“

„Ich dachte wir wollen uns den Film mit dem Polarexpress anschauen?“, fragte die Mutter beinahe neckisch. „Na, dann schaue ich ihn halt ganz alleine.“

„Nein!“, riefen die beiden Kinder im Chor und begannen lachend zu schreien. Ich konnte auch ihre Mutter lachen hören, bis sie im Haus verschwanden und die Tür zum Garten zu fiel. Danach umfing mich Stille und ich fühlte mich so einsam, wie schon lange nicht mehr. Einsamkeit war ein seltsames Gefühl. Es schien als wäre man ausgehöhlt und hilflos, doch im Herzen pochte ein erdrückender Schmerz. Manchmal schien er das Herz zusammen zu pressen, mal schien er es von innen zerreißen zu wollen. Seit der Sache mit Lukas war das Gefühl der Einsamkeit viel schlimmer geworden und dann hatten meine Freunde auch noch alle irgendetwas zu tun und keine Zeit jedes Wochenende bei mir rum zu hängen. Als ich das Gefühl nicht mehr aushielt, stand ich auf und ging ins Haus zurück, um meine Gitarre zu holen.
 

Verstaubt stand sie im hintersten Eck meines Zimmers. Ich musste sie erst einmal in der Küche sauber machen, ehe ich mich damit zurück auf die Terrasse setzen konnte. Ein Ton gespielt, reichte, um zu wissen, dass sie total verstimmt war. Es dauerte zwanzig Minuten bis ich alles richtig eingestellt hatte, denn ich arbeitete ohne Stimmgerät. Früher war mein Gehör wohl feiner gewesen oder ich war einfach aus der Übung, nur nach dem Klang die Gitarre richtig einzustimmen. Als ich endlich fertig war, klimperte ich zuerst nur ein wenig, bis ich irgendwann anfing ein richtiges Lied zu spielen. Nach wenigen Minuten hatte ich die Melodie gefunden und begann sogar zu singen.
 

The world was on fire and no-one could save me but you

It's strange what desire will make foolish people do

I'd never dreamed that I'd meet somebody like you

And I'd never dreamed that I'd lose somebody like you
 

No, I don't wanna fall in love

With You
 

What a wicked game to play, to make me feel this way

What a wicked thing to do, to let me dream of you

What a wicked thing to say, you never felt this way

What a wicked thing to do, to make me dream of you
 

In Gedanken war ich bei Lukas.
 

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Übersetzung:
 

Die Welt hat gebrannt und niemand konnte mich retten außer dir

Es ist seltsam, was Verlangen dumme Menschen machen lässt

Ich habe niemals davon geträumt jemanden wie dich zu treffen

Und ich habe niemals davon geträumt jemanden wie dich zu verlieren
 

Nein, ich möchte mich nicht in dich verlieben
 

Was für ein gemeines Spiel, mich so fühlen zu lassen

Was für eine Gemeinheit, mich von dir träumen zu lassen

Was für eine Gemeinheit zu sagen, du hättest niemals so gefühlt

Was für eine Gemeinheit, mich von dir träumen zu lassen



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  tenshi_90
2014-05-02T13:10:54+00:00 02.05.2014 15:10
Immerhin ist Gitarre spielen doch besser als iwelche Drogen zu nehmen... Aber Liebeskummer ist scho ziemlich schwer zu verarbeiten.. ich kenne das sehr gut...

Gaare ist wohl jetzt teilweise das 5. Rad am Wagen.. Klar, dass er sich einsam fühlt...
Antwort von:  Hushpuppy
02.05.2014 17:59
Danke für den Review! Auf jeden Fall ist Gitarre spielen die bessere Lösung O.O
*schiebt dir ne Schüssel Cookies hin* Die helfen gegen Liebeskummer
Antwort von:  tenshi_90
02.05.2014 20:20
Danke für die Kekse :) ich freu mich schon auf das nächste Kapitel


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