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Die Legende von Shikon No Yosei

Das Schicksal einer Elementarmagierin
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Unverhofft kommt oft! Darum kommt hier eine kleine Bonusstory, die zwischen Prophecies und Nightfall spielt - klein, aber fein. Viel Spaß!

Fünf Monate sind seit Shikon No Yosei´s und Ohtah Ryutaiyo´s ruhmreicher Rückkehr aus Tyria vergangen. Gemeinsam haben sie den Kampf gegen die Befallenen aufgenommen, um das Kaiserreich Cantha endgültig von der Pest zu befreien. Doch die schöne Elementarmagierin muss erneut auf schmerzlichste Weise lernen, dass manche Kämpfe Opfer fordern, die vielleicht zu groß sind … Komplett anzeigen

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Zwischenspiel 01: Ohtah in Lebensgefahr

Die schwerste Entscheidung

Shikon No Yosei durchschritt das Tor zum Linnok-Hof. Die junge Mönchin Jamei erwartete sie bereits. Jamei hatte nach Meister Togo´s Tod seine Nachfolge – sprich die Führung des Klosters – übernommen. Und galt somit die inoffizielle Vorgesetzte der Verteidigerin von Cantha und Shing Jea. Direkt nach Kaiser Kisu. Nur kamen die beiden Frauen nicht wirklich miteinander zurecht – Jamei war einfach nicht wie ihr Meister, den sie so sehr bewundert hatte, und genau diese Anzweiflung ihrer Autorität verbesserte die Beziehung nicht gerade.

„Ihr habt nach mir gerufen, Meisterin Jamei.“, sagte die Shing Jea mit einer knappen Verbeugung.

Die Braunhaarige nickte ernst: „So ist es, Shikon. Ihr hattet in den letzten Wochen bereits großen Erfolg im Kampf gegen die Befallenen … doch heute Morgen erreichte das Kloster eine dringende Nachricht aus der Gemeinde Linkei, welche in der Nähe der Haiju-Lagune liegt. Dort soll eine gewaltige Gruppe Befallener rebellieren und die Dorfbewohner in Angst versetzen.“

„Ohtah und ich werden uns natürlich sofort darum kümmern.“, antwortete Shikon No Yosei entschlossen.

Mit einem sanften Lächeln erwiderte sie: „Ihr werdet aber nicht alleine gehen. Ich gebe Euch vier Schüler zur Unterstützung mit. Wir dürfen keinesfalls eine Niederlage riskieren.“

Shikon No Yosei verbeugte sich abermals, bevor sie den Linnok-Hof verließ. Dabei versuchte sie die leichte Wut zu unterdrücken, die in ihr aufstieg. Jamei vertraute noch immer nicht auf ihre Fähigkeiten als Verteidigerin … Wieder spürte sie den Stich im Herzen. Nicht, dass sie eingebildet war – aber sie und ihr Liebster hatten schließlich Shiro Tagachi sowie den Untoten Lich besiegt.
 

Shikon No Yosei, Ohtah Ryutaiyo und die vier Schüler des Klosters nahmen den Saoshangweg zum Hafen von Seitung und gingen von dort aus durch die verschneiten Jaya-Klippen. In der Haiju-Lagune angekommen, machten sich die kleine Gruppe auf die Suche nach den Befallenen. Sie durchquerten eine Höhle und entdeckten auf der anderen Seite ein weites Feld, das sich vor ihnen erstreckte. Die Schüler wollten es betreten, aber Ohtah Ryutaiyo stellte sich ihnen in den Weg.

Er sah sich um und flüsterte: „Ihr dürft nichts unüberlegtes tun. Begebt euch nie unbedacht auf feindliches Territorium. Und nun seht genau hin …“

Die Schüler folgten seinem Blick und fuhren vor Schreck zusammen. Am anderen Ende des Feldes lagerten die Befallenen, die es zu vernichten galt.

„Es gibt etwas, das ihr niemals vergessen dürft, wenn ihr gegen Befallene kämpft.“, meldete sich Shikon No Yosei ebenso leise zu Wort, „>Niemand wird wirklich freiwillig zum Monster.< Alles, was wir noch für sie tun können, ist, sie von diesem Schicksal zu erlösen und ihre Seelen in die Nebel zu schicken … Auch ich habe diese Lektion lernen müssen“

Ohtah Ryutaiyo verkniff sich ein Lachen und meinte: „Nicht zu vergessen, dass unsere große Heldin hier, genau wie ihr auch einst nur eine einfache Schülerin des Klosters war.“

„Die nur aufgrund deiner wunderbaren Hilfe überleben konnte … Ja, ja. Ich weiß.“, scherzte die Elementarmagierin, wurde anschließend aber schlagartig wieder ernst, „Ab jetzt heißt es absolute Konzentration – wir dürfen ihnen keine Möglichkeit zur Flucht lassen!“

Auf den Gesichtern der Schüler breitete sich ein kleines Lächeln aus. Ohtah Ryutaiyo zog seine Dolche und Shikon No Yosei tat den ersten Schritt auf das Feld hinaus. Der geschickte Assassine rannte in geduckter Haltung an seiner Geliebten vorbei, direkt auf die Befallenen zu. Derweil gingen die Schüler und Shikon No Yosei in Angriffsposition.

„Angriff!“, rief die schöne Shing Jea, als die ersten Befallenen durch die gezielten Giftpfeile starben.

Die Schüler schlugen sich tapfer. Es war ihr erster, richtiger Kampf außerhalb des Klosters, der sie auf eine harte Probe stellte. Jamei sollte allerdings Recht behalten – trotz aller Schwierigkeiten waren sie eine große Hilfe. Der Kampf neigte sich bereits dem Ende entgegen, als der Letzte verbliebene Befallene, ebenfalls ein Assassine plötzlich einen Schattenschritt auf Shikon No Yosei zu machte. Seine Waffe schwebte drohend über ihr. Sie war so von der Attacke überrumpelt, dass ihr magischer Schutz versagte. Aber nicht nur sie selbst war überrascht, auch die Schüler waren wie erstarrt. Der Dolch des Befallenen sauste auf die Elementarmagierin herab. Im letzten Moment warf sich Ohtah Ryutaiyo – ebenfalls via Schattenschritt – vor Shikon No Yosei. Schwer verwundet brach der canthanische Assassine zusammen.

„OHTAH!“, schrie Shikon No Yosei erschrocken und wurde durch den Schock zurück ins Kampfgeschehen katapultiert.

Gnadenlos feuerte sie einen Feuerball direkt auf das Herz des Befallenen, der zu einem Haufen Asche verkohlte.

Anschließend sank sie neben ihrem bewusstlosen Liebsten zu Boden und ließ ihrer Verzweiflung freien Lauf: „Ohtah, bitte! Du darfst nicht sterben! Hörst du? Bleib´ bei mir! Bitte! Warum hast du das nur getan? Du verdammter Idiot! Was soll ich denn ohne dich machen? Ich brauche dich! Ich liebe dich, Ohtah! Bitte! Bitte, du darfst nicht sterben!“

Unter Tränen riss sie einen Stoffstreifen von ihrer Kleidung ab und versuchte damit die Blutung der Wunde zu stillen. Die Farbe wich bereits aus seinem Gesicht.

Einer der Schüler aus dem Kloster räusperte sich leise und meinte: „Meisterin Jamei wird ihm sicher helfen können. Wir müssen ihn schnellstmöglich ins Kloster bringen.“

Mehr als ein knappes Nicken brachte sie nicht zustande. Auf einem Wink hin, formte sich eine Trage aus Erde und Gestein. Im Stillen wünschte sich Shikon No Yosei, Seiketsu No Akari könnte jetzt bei ihr sein … oder zumindest Bruder Mhenlo.
 

Nach einem erschwerten Rückweg erreichten die Gruppe das Kloster von Shing Jea, welches sofort die Leiterin verständigte.

„Ohtah wurde … von einem Befallenen verwundet.“, erklärte Shikon No Yosei verstört, „Er … hat mich beschützt. Es ist meine Schuld …“

Jamei legte ihr tröstend eine Hand auf die Schulter und sprach: „Ich werde alles in meiner Machtstehende tun, um ihm zu helfen. Das verspreche ich Euch, Shikon.“

Die Schüler, die seine Trage trugen, folgten ihr so behutsam wie möglich. Nur Shikon No Yosei blieb zurück, während ihre Beine langsam nachgaben.

„Meisterin Jamei ist erfahrener als Seiketsu. Ihre Heilkraft ist ausgereifter. Trotzdem … könnte sie dir sicher etwas geben, was sonst niemand kann. Hoffnung … Kraft.“, sprach sie auf einmal ihre Tante an, die sich ihr langsam genähert hatte, „Seiketsu war stets deine Schwester, mich dagegen hast du nie als deine Mutter … nicht wahr? Und ja, das ist gut so – ich bin nicht Kai. Du bist ihre Tochter und deshalb glaube ich, dass du genau weißt, was zu tun ist … wenn der schlimmste Fall eintritt.“

Die Rothaarige wollte sie schon fragen, was sie damit meinte – dann jedoch traf sie die Erkenntnis von selbst. Ohtah Ryutaiyo war nicht einfach nur schwer verwundet … er war von einem Befallenen vergiftet worden. Wenn er dieser Verletzung erlag, würde ihm dasselbe geschehen wie einst Minister Cho bei ihrer ersten Mission mit Meister Togo …

„Egal, wie weit Sei und ich voneinander getrennt sein mögen, sie ist immer bei mir … Ich habe ihr versprochen, dass wir Cantha eines Tages gemeinsam verteidigen werden.“, antwortete sie entschieden, „Doch noch gebe ich Ohtah nicht auf! Denn auch er hat mir etwas geschworen …“
 

Einige Zeit später verließ Jamei das Behandlungszimmer, in dem Ohtah Ryutaiyo untergebracht war, und ging mit vorsichtigen Schritten zu Shikon No Yosei, die sich nach dem Gespräch mit Adeptin Bishu ebenfalls in den Krankenflügel begeben hatte.

„Wie geht es ihm, Meisterin Jamei?“, wollte sie sofort wissen.

Die junge Leiterin des Klosters wich ihrem Blick aus und antwortete: „Ich werde ehrlich zu Euch sein, Shikon – das Gift des Befallenen hatte sich bereits weitläufig verteilt und er hat eine Menge Blut verloren ... Ich weiß nicht, ob er die nächsten Stunden überleben wird. Und ... nun ja ... Ihr wisst wohl selbst am Besten, was dann geschehen wird.“

Die Elementarmagierin nickte, ohne eine Stück Unsicherheit und trat an das Lager ihres Liebsten heran. Als er nach ihrem Sieg über Shiro Tagachi in die Unterstadt verschwunden war, hätte sie selbst ihr Amt niedergelegt, um wieder mit ihm zusammen sein zu können … Es wäre für sie eine schier unmögliche Entscheidung zwischen Ohtah Ryutaiyo und Cantha. Nichtsdestotrotz gerade weil Meister Togo Shikon No Yosei dazu auserkoren hatte, kannte sie ihre Pflicht genau. Sie berührte den herzförmigen Anhänger an ihrem Hals. Bishu mochte recht haben – in ihr lebte der Geist ihrer Mutter, die Shing Jea ebenso sehr geliebt hatte. Aber noch mehr liebte sie Ohtah Ryutaiyo …

„Ich brauche dich, Ohtah. Du darfst mich nicht verlassen – bitte … tu´ mir das nicht an! Wir sind die Verteidiger von Cantha und ja, es war seit jeher mein größter Wunsch, für meine Heimat zu kämpfen. Doch jetzt … Ich glaube an dich, Ohtah! Hörst du? Du hast mich unzählige Male gerettet – ich weiß, du hast die Kraft, um zu mir zurückzukommen!“, redete die Rothaarige ihm zu, während sie seine Hand hielt, und begann dann zu beten, „Teinai, bitte, verweigere ihm den Zutritt zu den Nebeln … Die Götter mögen ihm beistehen! Und mir … Ich kann keinem Befallenen erlauben, hier im Kloster zu wüten … deshalb flehe ich euch an, bewahrt ihn vor diesem Schicksal!“

Langsam senkte sich ein goldrotes Licht über der Insel. Sie blinzelte ein paar Mal. Zunächst erschien es, als würde sich die untergehende Sonne auf seinem Gesicht spiegeln, doch beim genaueren Betrachten stellte die Elementarmagierin fest, dass seine Wangen wieder an Farbe gewonnen. Ein leises Stöhnen verstärkte den Fluss ihrer Tränen. Die Luft blieb Shikon No Yosei im Hals stecken, als sein Blick durch den Raum wanderte, bis er endlich ihren fand.

„Shiko …“, flüsterte er kraftlos.

Sie rückte ein wenig näher und erwiderte beruhigend: „Ja, ich bin hier. Ich bin hier. Du hast es geschafft, Ohtah …“

„Ja … du lebst. Ich habe meine Aufgabe … ein weiteres Mal erfüllt.“, meinte der geschickte Assassine und schloss die Augen, „Du ... warst diejenige ... die mich aus ... der Dunkelheit ... gerettet hat. Du bist diejenige, die ... die ich ... liebe. Deshalb werde ... werde ich dich ... für immer ... beschützen ... Mit meinem Leben ... beschützen. Das verspreche ich dir ...“

Genau das zeichnete Ohtah Ryutaiyo aus. Allein ihr Leben zählte für ihn, das wusste sie … einerseits liebte Shikon No Yosei ihn dafür und gleichzeitig hasste sie es. Denn wenn er ihretwegen wirklich sterben würde, könnte sie das nicht ertragen. Diesmal hatte ihn erneut seine Ausbildung bei den Am Fah gerettet, bei der sein Körper kontinuierlich verschiedenen Giften ausgesetzt wurde, um ihn fast vollkommen immun dagegen zu machen … Doch irgendwann wäre sie es – egal, zu welchem Preis!
 

In den darauffolgenden Wochen erholte sich Ohtah Ryutaiyo´s Körper vollständig von den Auswirkungen des Giftes. Einzig eine Narbe am Arm und die schreckliche Erinnerung blieben zurück. Genauso wie Shikon No Yosei´s Wunsch, welcher in ihrem Herzen weiterlebte …


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ihr wollt wissen, ob es Shiko gelingt, ihren Wunsch wahr werden zu lassen? Dann lest »Buch 3: Von Legenden, Göttern und Finsternis!<< Komplett anzeigen

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