Zum Inhalt der Seite

Echo

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 2! Viel Spaß :) Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

2

II |
 

Ein leichter Nieselregen hatte bald eingesetzt nachdem Fai und Kurogane aufgebrochen waren. Fai bereute längst, dass er seinen Hut in Recort demonstrativ dafür geopfert hatte, Kurogane davon abzuhalten sich in die ätzenden Fluten vor den Stufen der Bibliothek zu werfen. Er wünschte sich seinen Mantel mit der wohlig warmen, Fell besetzten Kapuze herbei, doch andererseits war er nicht bereit einen Preis dafür zu bezahlen und er hatte aus erster Hand erfahren, dass kein Wunsch in Erfüllung ging, ohne dass man nicht zuerst für ihn bezahlt hatte.
 

Fai beschloss stattdessen den Regen zu begrüßen. Er breitete die Arme aus, schloss die Augen und hielt sein Gesicht mit einem leisen Lachen auf den Lippen dem düsteren Himmel entgegen, als wolle er ihn herausfordern. Das kühle Nass durchtränkte sein blondes Haar und bald klebten ihm die langen Strähnen im Gesicht. Es war kalt und nass und dennoch fühlte sich Fai so lebendig wie schon lange nicht mehr. Er genoss die natürliche Stille dieser Welt, in der es keine anderen Geräusche zu geben schien außer das Rauschen des Regens und das Schmatzen ihrer Stiefel im matschigen Gras.
 

Kurogane, der den Kopf tief in den hohen Kragen seines Mantels gezogen hatte, musterte ihn mit einem Blick, als wolle er prüfen, ob Fai letztendlich vollkommen den Verstand verloren hatte. Aber andererseits hatte er diese Vermutung wahrscheinlich schon lange gehabt. Der Ninja schüttelte verständnislos den Kopf und beschleunigte seine langen Schritte um mehr Abstand zwischen sich und dem Magier zu bringen, was Fai nur noch lauter lachen ließ.
 

Als der Regen gegen Abend nachließ und schließlich vollständig versiegte, hatten sie den Rand des Waldes erreicht, doch noch immer keine Spur von ihren fehlenden Reisegefährten gefunden. Stattdessen waren sie mit etwas Glück auf die Ruinen eines kleinen Dorfs gestoßen, die sich hervorragend als Lagerstätte anbot. Es war nur eine Ansammlung einer handvoll heruntergekommener Hütten und einem alten von Ranken überwuchertem Brunnen in ihrer Mitte. Die Dächer der Gebäude waren verfallen und das Mauerwerk teilweise eingestürzt, nur eines wirkte halbwegs bewohnbar. Es war vollkommen still dort, nur das Rascheln der Blätter im Wind war zu hören.
 

„Hallo?“ rief Fai laut in diese Stille hinein, „ist irgendjemand hier?“ Kurogane, der mit vorsichtigen Schritten, konzentriertem Blick und der Hand am Schwertgriff vorne weg gegangen war, fuhr zu ihm herum und starrte ihn entsetzt an. „Was machst du da, du Idiot!“ zischte er und ließ den Blick prüfend über die scheinbar verlassenen Gebäude schweifen. Das Grinsen auf Fais Lippen wurde bei der Reaktion seines Gefährten noch breiter.

„Ach komm schon, Kuro-pin. Hier ist niemand.“ Fai deutete mit einer trägen Geste auf die Ruinen der Gebäude um sie herum. Kurogane warf ihm einen vernichtenden Blick aus funkelnden roten Augen zu, ehe er leise vor sich hin knurrend davon stapfte.

„Wäre es ein Hinterhalt gewesen, dann wären wir jetzt tot und das alles nur wegen dir.“

„Ja, ja,“ rief Fai ihm fröhlich nach, dann folgte er dem gereizten Ninja zu jener Hütte, die noch am ehesten den Eindruck machte, dass sie nicht über ihren Köpfen zusammenstürzen würde.
 

Das alte Strohdach war zwar nicht mehr vollständig dicht und das Glas in den Fenstern zerschlagen, aber dennoch war das kleine Gebäude im Innern weitgehend trocken geblieben und die nahezu vollständig intakten steinernen Wände boten Schutz vor dem Wind. Es gab nur einen Raum in dessen Mitte sich eine kleine Feuerstelle befand. Möbel befanden sich keine mehr darin, dafür gab es jedoch eine ganze Menge Spinnweben in den Ecken, deren Bewohner durch das plötzliche Eindringen der beiden Fremden aufgescheucht wurden. Im Eingang hing eine morsche Holztüre, die Kurogane beim Versuch sie zu öffnen vollständig aus den Angeln riss.
 

Sie entschieden sich dazu, die Hütte als Nachtlager zu verwenden, ehe sie in den Wald hinüber gingen, auf der Suche nach trockenem Feuerholz und etwas Essbarem., denn es wurde schnell dunkel. Auf dem Weg dorthin passierten sie einen kleinen Bachlauf, an dem sie ihren Durst stillen konnten, denn der Brunnen im Dorf hatte sich nach einer kurzen Inspektion als leer erwiesen. Das dichte Blätterwerk der Bäume hatte den Waldboden weitgehend vor dem Regen geschützt, das üppige Grün hatte bereits stellenweise begonnen sich gelblich zu färben. Es würde also bald Herbst werden. Fai ging in die Hocke und summte leise vor sich hin, während er trockene Äste und Rindenstücke aus dem Unterholz fischte. Als er schließlich den Arm voll brennbarem Material hatte, stand er auf und sah sich um. Kurogane war irgendwo zwischen den Bäumen verschwunden, hoffentlich der Spur eines Tieres folgend, dass sie als Abendessen zubereiten konnten. Nach dem langen Fußmarsch und der Tatsache, dass sie in der letzten Welt auch nichts mehr gegessen hatte, ließ ihm allmählich denn Magen knurren. Als Fai den Blick über den Waldboden schweifen ließ, entdeckte Fai zu seiner Freude etwas tiefer hinein einen Strauch mit kleinen, runden, tiefrot leuchtenden Beeren. Er brachte schnell das Holz zu der Hütte und kehrte dann zurück. Vom Boden hob er ein gebogenes Stück Rinde auf, das ihm als Schale dienen würde, ehe er begann die Beeren vom Strauch zu zupfen. Fai nahm eine der kleinen Beeren zwischen Daumen und Zeigefinger und drehte sie langsam, ehe er dazu ansetzte sie sich in den Mund zu stecken.
 

„Willst du dich umbringen?“ unterbrach ihn plötzlich eine wohlbekannte Stimme in seiner Bewegung. Fai zuckte erschrocken zusammen, wobei ihm die Rindenschale aus seiner Hand glitt und die Beeren auf den Boden kullerte.
 

„Kuro-tin, du musst wirklich aufhören dich so anzuschleichen,“ wies er seinen Gefährten an ohne sich zu diesem umzudrehen. Stattdessen folgte sein Blick wehmütig den Beeren, die zwischen Gräsern, abgebrochenen Zweigen und Wurzeln verschwanden.
 

„Ich hab mich nicht angeschlichen, du passt nur absolut nicht auf!“ knurrte Kurogane und Fai musste nicht hinschauen, um zu wissen, dass die Braue des Ninjas verärgert zuckten, „Wenn ich ein wildes Raubtier gewesen wäre, wärst du jetzt mein Abendessen.“ Fai lachte und drehte sich schließlich doch um, während er sich langsam aufrichtete. „Aber Kuro-rin, du hast unser Abendessen doch schon gefangen,“ antwortete er mit einem heiteren Grinsen auf den Lippen und deutete auf den toten Hasen, den Kurogane in einer Hand hielt, „kein Grund zum Kannibalen zu werden.“
 

„Ich hab dir gerade das Leben gerettet,“ erwiderte der Ninja gereizt, „also hör auf meinen Namen zu malträtieren und zeig ein wenig Dankbarkeit!“ Fai schenkte ihm ein fröhliches Lächeln. „Bei allem Respekt, Kuro-sama, das einzige Raubtier hier weit und breit bist du.“ Kurogane maß ihn mit einem ungläubigen Blick und schloss dann einen Moment lang die Augen, wohl um in einem stillen Gebet die Götter, welche immer es auch sein mochten, um Geduld anzuflehen. Oder um Erlösung, Fai war sich da nicht so sicher. „Hat dir nie jemand beigebracht, dass man keine Beeren essen soll, die man nicht kennt?“
 

Fai starrte Kurogane an, das Lächeln noch immer auf den Lippen, doch für den scharfen Beobachter wirkte es nun schal. Er schüttelte langsam den Kopf.

„Die da,“ Der Ninja wies auf die Beere, die Fai noch immer zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, „ist giftig.“
 

„Oh.“ Fai betrachtete enttäuscht die Beere zwischen seinen Fingern, ehe er sie zu Boden fallen ließ, wo sie zu den anderen kullerte. Kurogane fuhr sich mit dem Rücken der Hand, die sein Schwert hielt, über die Stirn. „Es ist ein Wunder, dass du so lange überlebt hast,“ brummte er, mehr zu sich selbst, als an Fai gewandt. Er ließ den Magier stehn und machte sich kopfschüttelnd auf den Weg zurück zu der verlassenen Hütte. Sobald er hörte, wie Kurogane sich stampfend von ihm entfernte, schwand das Lächeln von Fais Lippen. Kein Wunder, nein, dachte er schwermütig, nur ein Wunsch, dessen Preis er noch immer bezahlte.
 

Fai schüttelte den Kopf um die düsteren Gedanken abzuwerfen, die allmählich Form annahmen. Nicht jetzt. Er stand auf, klopfte sich die Hände an seinem Mantel ab und folgte seinem Reisegefährten. Als er die Hütte erreichte, saß Kurogane vor dem Eingang und hatte bereits damit begonnen seine Beute für das Essen vorzubereiten. Fai setzte erneut ein Lächeln auf, ehe er Kurgane zuwinkte – eine Geste, die der Ninja in keiner Weise zu schätzen wusste und vollkommen ignorierte – und an ihm vorbei in das Innere der Hütte ging. Er ging in die Knie und begann das Holz, das er zuvor gesammelt hatte, in der Feuerstelle aufzuschichten. Er hatte vielleicht nie gelernt genießbare Beeren von giftigen zu unterscheiden, doch wie man ein Feuer anzündete, das wusste er. Es war wohl auch kaum erstaunlich, zog man in Betracht, dass er viele Jahre lang in einer Welt gelebt hatte, die von Eis und Schnee dominiert wurde.
 

Als schließlich die erste Flamme um die Äste und Rindenstücke züngelte, setzte Fai sich auf den Boden, lehnte sich mit dem Rücken gegen die steinerne Wand und legte die Arme um die angewinkelten Beine. Seine Augen waren auf das wachsende Feuer fixiert, während ihm allmählich bewusst wurde, wie müde er eigentlich war. Der lange Marsch und das Wirken der Magie hatte an seinen Kräften gezehrt, weshalb sein Körper nun nach Schlaf verlangte. Draußen dämmerte es bereits. Er erwischte sich dabei, wie er beinahe einnickte, als Kurogane die Hütte betrat. In der Hand hielt er einige Äste auf deren angespitzte Enden er Fleischstücke aufgespießt hatte. Sie hatten keinerlei Ausrüstung bei sich, abgesehen von dem wenigen, das sie am Körper trugen, was bei weitem nicht viel war. Vielleicht ließ sich in einer der anderen Hütten etwas nützliches finden, doch das hatte bis zum Morgen Zeit.
 

„Was meinst du ist mit den Menschen hier geschehen?“ Fai lehnte sich mit dem Rücken zurück gegen die Wand und starrte ins Feuer. „Dieses Dorf wurde schon vor vielen Jahren verlassen. Vielleicht sind sie ausgewandert, weitergezogen,“ überlegte er weiter.

„Oder sie wurden ausgerottet,“ erwiderte Kurogane trocken. Fai lachte.

„Der ewige Optimist,“ bemerkte er belustigt. „Ist dir aufgefallen, dass keine Straße in dieses Dorf führt? Es gibt noch nicht einmal einmal einen Weg.“ Sein Reisegefährte brummte zustimmend. Keiner von ihnen wusste die Antwort auf dieses Rätsel.
 

Sie aßen schweigend und als Kurogane später aus dem Wald zurück kam, wo er noch mehr Holz geholt hatte um das Feuer auch über die Nacht hin am brennen zu halten, hatte Fai den Kopf bereits auf die Knie gelegt und war im Sitzen eingeschlafen. Er musterte den Magier einen Moment lang prüfend, dann brummte er leise: „Also gut, ich übernehme die erste Wache.“ Er setzte sich auf die anderen Seite des Feuers im Schneidersitz auf den Boden und zog sein Schwert aus der Scheide um mit dem Daumen die scharfe Klinge zu prüfen. Im Kragen seines Mantels verbarg Fai das schmale Lächeln, das sich auf seine Lippen geschlichen hatte, ehe er vollkommen in den Schlaf sank.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück