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Fliegenfang

Womit Väter es so zu tun haben
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Weiter geht es mit einem Sting-Frosch OS. Himmel, hat es Spaß gemacht, den zu schreiben!
Er ist auch länger geworden, als ich das zuerst angenommen hätte, aber ich bin sehr glücklich damit!

Ich hoffe, er gefällt! ;) Komplett anzeigen

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Die Sache mit dem Pony

„Papa, Frosch will ein Pony haben.“

Abrupt hielt Sting inne und blickte zu seiner Tochter hinunter, die aus großen, treuherzigen Augen und mit all dem Charme einer Achtjährigen zu ihm aufblickte. Bei jedem anderen Wunsch hätte allein das schon gereicht, um Sting schwach werden zu lassen. Nur mit diesem einen Wunsch hatte Sting so seine Probleme…

Um sich Zeit zu verschaffen, beugte Sting sich wieder über den Geschirrspüler und nahm mehrere Teller an sich, die er in den Schrank stellte. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie Frosch noch immer neben ihm stand und mit beiden Händen die sauberen Löffel hielt, die sie eigentlich ins Besteckfach zurück legen sollte – die Messer hatte Sting wohlweislich als erstes aus dem Besteckkorb geholt. Ihre dunklen Augen funkelten erwartungsvoll.

Warum ausgerechnet ein Pony? Wieso nicht ein Spielgefährte für Minnie oder ein Aquarium oder eine Katze? Selbst der Wunsch nach einem Geschwisterchen wäre Sting gerade sehr viel lieber als das!

Seit Minerva überraschend – und ziemlich widerwillig – verkündet hatte, dass sie schwanger war, hatte Frosch einen Narren an der Idee gefressen, ein Baby zu betüddeln. Lector hatte mit ihr Mutter-Vater-Kind spielen müssen und Sting und Rogue hatte fast der Schlag getroffen, als ihre Tochter mal mit einem Kissen, das sie sich unters Nachthemd geschoben hatte, um einen Schwangerschaftsbauch zu imitieren, ins Wohnzimmer gekommen war.

Zum Glück hatte sich Froschs Wunsch nach einem Geschwisterchen dadurch entschärfen lassen, dass Minerva erklärt hatte, dass ihr Junge so etwas wie der kleine Bruder von Lector und Frosch werden würde. Tatsächlich hatte Minerva ihre beiden Patenkinder sogar mehr in die Schwangerschaft einbezogen als den Kindsvater. Beinahe hatte Sting Mitleid mit Laxus.

Jetzt jedoch würde Sting sich viel lieber den Fragensturm seiner Tochter stellen, warum er und Rogue ihr kein Geschwisterchen herbei zaubern konnten, als ihr erklären zu müssen, warum er nicht wollte, dass sie ein Pony bekam.

„Warum willst du denn ein Pony?“, fragte er gedehnt.

„In Froschs Klasse haben ganz viele Mädchen Ponys“, erklärte das Mädchen eifrig.

„Wahrscheinlich meinen sie diese Spielzeug-Ponys?“, fragte Sting hoffnungsvoll, aber zu seiner Enttäuschung schüttelte Frosch heftig den Kopf, wobei ihre Rattenschwänze herum gewirbelt wurden.

„Nein, sie haben Frosch Bilder von ihren Ponys gezeigt! Frosch will auch ein echtes Pony haben!“

Nur mit sehr viel Mühe konnte Sting sich davon abhalten, das Gesicht zu verziehen. Er liebte Frosch und würde ihr sonst beinahe jeden Wunsch erfüllen, aber abgesehen von den offensichtlichen Gründen, die gegen die Anschaffung eines Ponys sprachen, hasste er Pferde abgrundtief.

Diese blöden Viecher hatten es seit jeher immer auf ihn abgesehen gehabt. Angefangen bei Lucys damaligem Pflegepferd, das Sting damals hochkant abgeworfen hatte, als Lucy ihn mal auf den Sattel hatte klettern lassen, bis hin zu dem Kutschpferd, das ihm während seines ersten Urlaubs mit Rogue auf den Fuß gestiegen war, sodass er den Rest des Urlaubs hatte humpeln müssen. Sonst kam Sting mit allen Tieren gut zurecht, aber zwischen ihm und Pferden stimmte die Chemie so überhaupt gar nicht.

„Fro, wir können hier doch kein Pony halten“, versuchte er es vorsichtig.

„Aber Opi Weiß hat doch einen großen Garten!“

„Der ist für die Hunde“, erwiderte Sting und fühlte sich sogleich wie der schlimmste Vater der Welt, denn er konnte sehen, wie Froschs strahlendes Lächeln zu wackeln begann.

„Frosch möchte aber ein Pony!“

„Ponys sind teuer, Frosch. Sie brauchen Futter und einen Stall und Ausrüstung und keine Ahnung, was noch alles.“ Je mehr vernünftige Argumente er aufzählte, desto mehr bröckelte die Begeisterung in Froschs Augen.

„Frosch will auch kein Taschengeld mehr, versprochen!“

Seufzend legte Sting den Kopf in den Nacken und starrte zur Decke hoch, um seine Tochter nicht ansehen zu müssen. Es brachte nichts, dem Mädchen zu erklären, dass es mit seinem derzeitigen Taschengeld nicht einmal das Futter bezahlen könnte, das ein Pony jede Woche vertilgte.

„Frosch kümmert sich auch ganz alleine um ihr Pony! Sie wird jeden Tag mit ihm reiten und es sauber machen und füttern!“

Jetzt hatte Froschs Ton beinahe schon etwas Weinerliches und dann stampfte das Mädchen sogar mit einem Fuß auf.

„Papa!“

„Nein, Frosch“, seufzte Sting resigniert. „Du kriegst kein Pony, nur weil andere Mädchen welche haben.“

„Aber…“

Als er zu seiner Tochter runter linste, versetzte es Sting einen Stich, die Tränen in ihren Augen schimmern zu sehen. Ihre Unterlippe war trotzig hoch gezogen und zitterte verräterisch.

„Hast du Frosch nicht mehr lieb?“

„Das hat doch damit nichts zu tun, Fro“, erklärte Sting so sanft wie möglich und ging vor ihr in die Hocke. „Ich habe dich unglaublich lieb und ich mache dir gerne eine Freude, aber ein Pony ist zu viel…“

„Frosch will auch nie wieder etwas anderes haben“, versuchte das Mädchen es weinerlich.

Als Sting den Kopf schüttelte, kamen die Tränen. Behutsam wollte Sting sie fortwischen und seine Tochter in den Arm nehmen, aber die riss sich los und rannte weinend in ihr Zimmer. Geknickt blieb Sting, wo er war und starrte auf die Küchenfließen hinunter.

Hätte er es anders angehen sollen? Hätte er ihr sagen sollen, dass er es sich überlegen würde, um dann mit Rogue einen Plan zu schmieden? War er zu schroff gewesen? Hatte er seine eigene Abneigung gegen Pferde zu sehr in den Vordergrund gestellt?

„Sting, was ist denn los?“

Als Sting aufblickte, standen Rogue und Lector in der Küchentür, letzterer noch mit der Leine in der Hand. Minnie schob ihre Schnauze zwischen Rogue und den Türrahmen, auch wenn sie keinen Schritt in die Küche hinein machte. Auf Rogues Wunsch hin hatte Sting ihr rigoros – und erfolgreich – beigebracht, dass sie diesen einen Raum nicht betreten durfte.

„Frosch ist böse auf mich“, gab Sting kleinlaut zu und richtete sich wieder auf.

Lector warf über seine Schulter einen Blick in Richtung von Froschs Zimmertür, aus der die Schluchzer des Mädchens drangen. Seine Miene wurde finster. „Was hast du gemacht?“

Toll. Ganz toll! Jetzt war gleich auch noch sein Sohn sauer auf ihn! Was war er bloß für ein grottenschlechter Vater?!

„Frosch wollte ein Pony und ich habe Nein gesagt“, erklärte Sting knapp und zog den Kopf ein.

Zu seiner Erleichterung glättete sich die Wut in Lectors Miene wieder etwas und wurde von Verwirrung abgelöst. „Wieso will sie ein Pony haben?“

„Weil die Mädchen in ihrer Klasse angeblich alle welche haben.“

Lector blies die Wangen auf. „Das sind dumme Hühner!“

Hilflos zuckte Sting mit den Schultern. „Ist ja auch egal, Frosch ist jetzt böse auf mich…“

„Ich gehe zu ihr“, erklärte Lector und machte auf dem Absatz kehrt.

Rogue trat in die Küche und gab seinem Mann einen beruhigenden Kuss auf die Lippen. „Das wird schon wieder, Sting. Sie wird sich sicher wieder beruhigen.“

Sting gab nur ein „Hm“ von sich und drehte sich wieder dem Geschirrspüler zu, um endlich fertig zu werden. Wahrscheinlich hatte Rogue Recht mit seiner Einschätzung. Frosch war wirklich niemand, der Anderen lange böse sein konnte – aber andererseits war sie bisher noch nie auf einen von ihnen böse gewesen, also wer wusste schon, wie lange das jetzt anhalten würde…?
 

„Hätte ich es ihr doch erlauben sollen?“

Neben ihm stieß Rogue ein schweres Seufzen aus und drehte sich auf die Seite. Im Dunkeln konnte Sting das Gesicht seines Mannes nicht sehen, aber er wusste, dass seine Miene wahrscheinlich sorgenvolles Verständnis wieder spiegelte.

Frosch hatte sich den ganzen restlichen Abend geweigert, mit Sting zu reden. Wann immer sie ihn angesehen hatte, hatte ein stummer Vorwurf in ihren großen, schwarzen Augen gestanden, aber meistens hatte sie einfach auf ihren Teller hinunter geblickt. Auf Stings Versuche, mit ihr zu reden, hatte sie überhaupt nicht reagiert. Sie schmollte.

Zum allerersten Mal, seit er sie kannte, schmollte Frosch. Selbst für Lector war das eine Überraschung. Er und Rogue waren immer wieder unbehaglich auf ihren Stühlen herum gerutscht und hatten kaum ein Wort gesagt.

Nach dem Essen hatte Frosch wie immer beim Abräumen geholfen, aber sie hatte dabei immer einen großen Bogen um Sting gemacht, der kaum einen Bissen von seinem Schnitzel herunter gekriegt hatte. Als er sich hoffnungsvoll im Wohnzimmer auf dem Klavierhocker nieder gelassen hatte, war Frosch einfach an der Wohnzimmertür vorbei in ihr Zimmer gegangen.

„Nein“, murmelte Rogue gedämpft. „Es gefällt mir auch nicht, aber Frosch muss lernen, dass wir ihr nicht jeden Wunsch erfüllen können. Ich denke, das ist wirklich wichtig für sie.“

„Aber sie war so schrecklich enttäuscht…“ Sting musste schwer schlucken. „Ich will sie doch gar nicht enttäuschen.“

Rogues Arme schlangen sich um ihn und an seiner Schläfe spürte Sting die Lippen seines Mannes. „Sie wird es schon noch verstehen, Sting. Du hast nichts falsch gemacht.“

Dennoch frustriert drehte Sting sich in den Armen seines Mannes und drückte sein Gesicht in dessen Halsbeuge.

„Um ehrlich zu sein, bin ich sogar ein bisschen stolz auf dich“, brummte Rogue verlegen. Überrascht entfernte Sting sich eine halbe Armlänge von dem Schwarzhaarigen und versuchte, etwas von dessen Gesicht in der Dunkelheit auszumachen. „Ich wäre wahrscheinlich eingeknickt. Es ist wirklich schwer, Nein zu ihr zu sagen.“

Aller Betrübnis zum Trotz schlich sich der Anflug eines Grinsens auf Stings Lippen, als er sich wieder an seinen Mann schmiegte und diesem ins Ohr pustete. „Du bist so ein Megasoftie, wenn es um Frosch geht.“

Rogue brummte widerwillig und kniff Sting in die Seite, aber das entlockte Sting nur ein Kichern. Vom ersten Tag an hatte er gemerkt, wie sehr Rogue der gemeinsamen Tochter verfallen war. Gut zwei Drittel aller Plüschfrösche in Froschs Zimmer gingen auf Rogues Kappe und Rogue hatte sogar richtig ernsthaften Friseurunterricht bei Minerva genommen, um Frosch alle möglichen Haarwünsche erfüllen zu können. Ganz zu schweigen davon, dass Frosch die Einzige war, die Rogue auf eine Tanzfläche locken konnte. Und in die Kleiderabteilungen von Boutiquen – in all den Jahren ihrer Freundschaft war es immer nur Sting gewesen, der für Yukino oder Lucy als Shopping-Assistent hatte herhalten müssen, Rogue hatte sich davor immer erfolgreich gedrückt.

Seufzend drückte Sting sein Gesicht wieder in Rogues Halsbeuge. Er hatte sich von Frosch auch zu mancherlei Dingen überreden lassen, an die er früher nie geglaubt hätte. Einfach weil er dieses Mädchen nun einmal abgöttisch liebte. Frosch war seine Tochter und er würde für sie Himmel und Hölle in Bewegung setzen. Es tat weh, dass sie ihm jetzt aus dem Weg ging.

Rogues Hände strichen tröstend über seinen Rücken und jagten einen angenehmen Schauder darüber. Dankbar hob Sting den Kopf und suchte im Dunkeln nach Rogues Lippen.

„Lass’ ihr etwas Zeit, darüber nachzudenken, Sting“, flüsterte sein Mann gegen seine Lippen. „Sie wird es schon noch verstehen.“

„Aber bis dahin muss ich damit leben, dass sie böse auf mich ist“, murmelte Sting und lehnte seine Stirn gegen Rogues.

„Wahrscheinlich werden sie und Lector auch in Zukunft immer mal wieder böse auf uns sein. Es kann ja nicht immer so harmonisch laufen wie bisher. Langsam kommen sie aus dem niedlichen Alter heraus.“

Sting hörte das Bedauern aus der Stimme seines Mannes heraus, das auch ihn umtrieb. Natürlich war er wahnsinnig stolz auf ihre gemeinsamen Kinder, aber es war nicht zu leugnen, dass Lector und Frosch immer selbstständiger wurden. Sie waren keine Kleinkinder mehr, die rund um die Uhr kuscheln wollten.

„Oh Mann, wir klingen wie weinerliche Daddys in der Midlifecrisis… Nerva darf niemals davon erfahren, dass wir über so etwas gesprochen haben“, stöhnte Sting und drehte sich wieder auf den Rücken. „Damit wird sie uns sonst piesacken, bis Frosch ihren Masterabschluss hat.“

„Dann hör’ endlich auf, unseren Hund Minerva zu nennen, damit provozierst du sie nur noch mehr“, schnaufte Rogue und Sting wusste ganz genau, dass sein Mann die Augen verdrehte.

„Aber sie heißt doch nun einmal so!“

„Sie hört auch auf Minnie.“

„Spielverderber.“

„Mach’ nur weiter so und du schläfst heute Nacht auf dem Sofa.“

„Als ob du es auch nur eine Nacht ohne mich aushalten würdest!“

Als Antwort erhielt er nur ein Schnippen gegen die Stirn und dann drehte Rogue ihm den Rücken zu. Aber als Sting von hinten einen Arm um Rogues Brust schlang und sein Gesicht in dessen Haare drückte, protestierte der Schwarzhaarige nicht und seine Finger verschränkten sich bereitwillig mit Stings. Dankbar für die Nähe schloss Sting die Augen und versuchte, endlich zu schlafen.
 

Gelangweilt saß Sting auf dem Klavierhocker und klimperte den Flohwalzer vor sich hin. Normalerweise ging er ihm gut von der Hand und es macht Sting immer wieder Spaß, ein bisschen mit dem einfachen Motiv herum zu experimentieren. Vor allem im Duett mit Frosch machte das einen Heidenspaß. Das Mädchen war unglaublich talentiert am Klavier und hatte dabei eine fantastische Ausstrahlung. Sting war einfach unendlich stolz auf seine Tochter!

Aber sie hatte jetzt seit drei Tagen nicht mehr gespielt. Zumindest nicht, wenn er in der Wohnung war. Sie hatte auch kein einziges Wort mit ihm gesprochen und sich die meiste Zeit in ihrem Zimmer verkrochen.

Mehrmals hatte Sting es mit verschiedenen Friedensangeboten versucht, hatte Frosch Muffins von Yukino mitgebracht, hatte ihr neue Wachsmalstifte gekauft und ihr angeboten, mit ihr in den Zoo zu gehen. Nichts hatte geklappt. Sie hatte ihn immer nur so vorwurfsvoll angesehen und sich dann von ihm abgewandt.

Und das alles nur wegen eines dummen Ponys!

Allmählich war Sting mit den Nerven echt am Ende und als er Lector vorhin zum Basketballtraining gebracht hatte, hatte dieser ihm eine Predigt gehalten, warum er nicht nachgeben und Frosch doch noch ein Pony kaufen durfte. Sting konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor in so einer absurden Situation gesteckt zu haben: Sein Sohn predigte ihm Vernunft! Ausgerechnet Lector!

Brummend ließ Sting die Hände fallen, als Minnie zu seinen Füßen vernehmlich schnaufte und die Ohren anlegte. Nicht dass er dieses Zeichens bedurft hätte, um zu erkennen, dass sein Spiel heute absolut miserabel war. Er konnte sich einfach nicht von der Musik treiben lassen, weil seine Gedanken andauernd um Frosch kreisten.

Er senkte die Klappe und legte die Stirn darauf.

Es war nicht so, dass er rund um die Uhr Zeit mit den Kindern verbringen musste. Die Beiden waren schon sehr selbstständig und konnten sich auch mal alleine beschäftigen. Lector hatte sein Basketballtraining, fuhr Skateboard und machte diese Matherätsel, bei deren Anblick Sting jedes Mal verständnislos den Kopf schüttelte. Und Frosch ging oft Lucy besuchen und las deren Kurzgeschichten und Comics, die Lucy zum Spaß produzierte, um neben der Editierarbeit für ihren neuen Roman auch noch etwas anderes zu haben, malte und dekorierte gefühlt jede Woche ihr Zimmer um. Sting und Rogue hatten vom Vatersein zuweilen also wirklich mal Freizeit und normalerweise fand Sting dann auch etwas, womit er sich beschäftigen konnte. Aber heute… irgendwie nicht…

Überrascht hob Sting den Kopf, als sich jemand neben ihn setzte und die Klappe hoch zu drücken versuchte. Frosch. Sie hatte den Blick stur auf die Tasten gesenkt und schlug ein paar davon probehalber an. Nicht ein einziges Mal sah sie Sting an und sie sagte auch nichts zu ihm, aber er freute sich schon allein darüber, dass sie endlich wieder einmal neben ihm saß!

Als Frosch mit einer langsamen Version des Flohwalzers begann, betrachtete Sting aufmerksam ihre kleinen, flinken Finger, die geübt über die Tasten tanzten. Fehlerlos. Himmel, wie stolz er auf seine Tochter war! Sie war erst acht Jahre alt, aber sie hatte so viel Talent und war auch schon so weit, sich einfache Stücke selbst beizubringen, wenn sie die Noten dafür hatte.

Zuerst zögerte Sting noch, aber als Frosch das Anfangsmotiv zum dritten Mal wiederholte, verstand er die Aufforderung und leistete ihr Folge, indem er mit einstieg. Kaum dass sie einen gemeinsamen Takt gefunden hatten, zogen sie wie auf ein unsichtbares Zeichen hin das Tempo an. Vor Freude begann Stings Herz wie wild zu klopfen, als sie ihr altbekanntes Flohwalzer-Spiel vollführten, die Melodie gemeinsam abwandelten und immer weiter beschleunigten. Froschs Finger fanden mühelos die richtigen Tasten und ihr Zopf nach boscanischer Art schwenkte hin und her, als das Mädchen sich in der Melodie wiegte.

Nach zwei oder drei Minuten wurden sie wieder langsamer und schließlich ließen sie die letzten Töne ausklingen, ehe Frosch endlich den Blick hob. Ihre großen, schwarzen Augen spiegelte Erleichterung und Zuneigung wieder. Ganz unwillkürlich beugte Sting sich zu ihr herunter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn und sie schlang sofort die Arme um seinen Hals und gab ihm einen Schmatzer auf die Wange. Glücklich zog Sting sie auf seinen Schoß und drückte sie an sich.

„Bist du mir nicht mehr böse?“, fragte er vorsichtig.

„Frosch war gar nicht böse“, nuschelte das Mädchen kleinlaut. „Frosch hatte Angst, dass Papa sie nicht mehr lieb hat.“

Sanft verstärkte Sting die Umarmung und drückte einen Kuss in Froschs Haare. „Ich könnte niemals aufhören, dich lieb zu haben, Fro.“

Das Mädchen blickte wieder zu ihm auf, ihre Augen voller Hingabe und Liebe, sodass Sting ganz anders zumute wurde. Zärtlich hauchte er einen Kuss auf ihr winziges Näschen und lehnte dann seine Stirn gegen ihre.

„Ich wollte dich nicht traurig machen, Fro. Das mit dem Pony tut mir wirklich Leid.“

„Aber Frosch darf immer noch kein Pony haben, oder?“, fragte das Mädchen vorsichtig, ohne die vertrauliche Nähe zu unterbrechen.

„Nein“, seufzte Sting und rieb seine Nase an der seiner Tochter. „Aber wenn du dich so unbedingt um ein Pony kümmern möchtest, dann schaue ich mal, ob du irgendwo Reitstunden nehmen kannst. Ist das auch okay?“

Froschs Freude schäumte derartig über, dass das Mädchen seinen Vater vom Klavierhocker schubste. Schmerzhaft landete er am Boden, die Beine noch auf dem Klavierhocker, die Arme fest um seine Tochter geschlungen. Aufgeregt sprang Minnie auf die Beine und wuselte um sie Beide herum, aber aller Rückenschmerzen zum Trotz konnte Sting einfach nicht anders, als befreit zu lachen und nach dem anfänglichen Schreck stimmte Frosch mit ein und gab ihrem Vater noch einen Schmatzer auf die Wange.

„Was wird das denn?“

Immer noch lachend legte Sting den Kopf in den Nacken und erkannte Lector, der mit skeptischer Miene neben ihnen in die Hocke gegangen war. Gleichzeitig mit Frosch griff er nach dem Jungen und zog ihn zu sich runter. Lector gab ein sehr unmännliches Quietschen von sich, als er so überfallen wurde und dann auch noch Minnie vor Freude ihrer aller Gesichter abschleckte. Jauchzend und lachend balgten sie sich miteinander, bis sie schwer atmend als Menschen- und Hundeknäuel liegen blieben, Lector und Frosch mit den Köpfen auf Stings Bauch, Minnie halb auf Stings Beinen. Der Klavierhocker war während des Tobens beiseite geschoben worden.

„Ist jetzt wieder alles in Ordnung?“, durchbrach Lector die Stille schließlich, als er wieder zu Atem gekommen war.

„Ich glaube schon, oder, Fro?“

„Frosch denkt das auch! Sie hat Papa ganz doll lieb!“, erklärte das Mädchen inbrünstig.

Selig lächelnd streckte Sting eine Hand aus und strich zärtlich über die seidigen Haare seiner Tochter. Er war so unendlich dankbar, dass sie wieder mit ihm sprach. Gleich morgen würde er nach einem guten Reithof für Frosch suchen. Dann musste er eben in den sauren Apfel beißen und sich wieder mit Pferden auseinander setzen, aber das würde er schon überleben. Für Frosch würde er noch ganz andere Dinge auf sich nehmen!
 

Mit einem zufriedenen Grinsen lehnte Sting am Koppelzaun und beobachtete seine Tochter, die jauchzend vor Freude auf dem Kamel saß und sich am Sattelhorn festhielt. Geführt wurde das gutmütig dreinblickende Tier von einem der Hofangestellten, der dem Mädchen auch immer wieder Anweisungen gab, wie es sitzen, die Zügel halten und die Füße an den Körper des Tieres schmiegen musste, um die gewünschten Effekte zu erzielen. Sehr aufmerksam folgte Frosch allen Anweisungen, aber alle Konzentration konnte ihr nicht das strahlende Lächeln aus dem Gesicht treiben.

„Also doch kein Pony-Reiten.“

Sting wandte sich nach links, wo Rogue neben ihm am Zaun lehnte und ihre gemeinsame Tochter ebenfalls lächelnd beobachtete. Neben Rogue wiederum saß Lector auf dem Zaun und ließ die Beine baumeln, während er abwägend den Kopf mal auf die eine, mal auf die andere Seite neigte.

„Kamele sind cooler als Ponys“, lautete das Urteil des Jungen.

Sting schnaubte amüsiert.

Nach seiner Versöhnung mit Frosch hatte er sich an seine Cousine gewandt, um von ihr einen Reithof empfohlen zu bekommen, der für Frosch geeignet wäre. Wohl wissend, was für ein Problem er mit Pferden hatte, hatte Lucy ihm empfohlen, sich an die Cousine seines Mannes zu wenden. Juvia hatte noch immer gute Kontakte zu diesem Kamelhof hier, da hatte sie es gerne möglich gemacht, dass Frosch eine Reitstunde nehmen durfte. Eigentlich wurde hier nur Therapiereiten angeboten, aber dank Juvia wurde für Frosch eine Ausnahme gemacht. Das kostete zwar mehr als Ponyreiten, aber Sting war ehrlich erleichtert, doch noch um die Pferde herum gekommen zu sein.

Insgeheim musste er seinem Sohn nämlich zustimmen: Kamele war schon irgendwie cool. Sie waren ausgesprochen gemütliche Gesellen und Frosch schien wahnsinnig viel Spaß an ihnen zu haben. Schon als Sting ihr von der Sache mit den Kamelen erzählt hatte, war sie ganz begeistert gewesen.

Der Mann hielt das Kamel in der Mitte des Reitplatzes an und erklärte Frosch, wie sie das Tier dazu bringen konnte, in die Knie zu gehen. Es dauerte etwas, aber schließlich befolgte das Kamel den ungelenken Befehl und Frosch konnte ungefährlich aus dem Sattel rutschen. Sofort griff sie nach den Zügeln, um ihr Reittier vom Platz und zur Putzstelle zu führen.

Lector rutschte vom Zaun, um seiner Schwester Gesellschaft zu leisten und das Kamel zu streicheln, sodass Sting mit seinem Mann alleine zurück blieb.

„Ein Glück, dass Lucy das hier eingefallen ist“, seufzte Sting zufrieden, ohne die Augen von seinen Kindern zu lassen.

„Und ein Glück, dass Frosch dich gefragt hat, sonst hätten wir jetzt ein Pony“, schmunzelte Rogue und Sting fühlte, wie sein Mann einen Arm um ihn legte und am Zaun abstützte. Rogues Atem streifte seinen Nacken und Sting drehte sich wohlig erschaudernd herum.

„Vielleicht hättest du ja doch widerstanden?“

„Wohl kaum“, gab Rogue mit einem schiefen Lächeln zu und beugte sich vor.

Wie lange sie dort standen und einander küssten, wusste Sting im Nachhinein nicht zu sagen. Sie unterbrachen sich erst, als Frosch sich zwischen sie drängte, um Sting umarmen zu können. Lachend hob er das Mädchen hoch und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, während Lector zufrieden grinsend neben Rogue trat, welcher ihm eine Hand auf die Schulter legte.

„Frosch hat dich soooooooooooo lieb, Papa“, erklärte das Mädchen und schlang die Arme um Stings Hals.

„Ich dich auch, Fro“, versicherte Sting und gab ihr gleich noch einen Kuss.

Das würde gewiss nicht seine letzte Prüfung als Vater gewesen sein, aber er war wirklich froh, dass er diese hinter sich hatte und dass er sie so gut gemeistert hatte!


Nachwort zu diesem Kapitel:
Um eines klar zu stellen: ICH liebe Pferde! Ich bin zehn Jahre lang geritten und hatte unglaublich viel Freude dran. Kamele mag ich allerdings auch total gerne und ich würde furchtbar gerne mal auf einem reiten XD"

Und ja, Minerva ist zum Zeitpunkt dieses OS schwanger - und der arme Laxus hat es alles andere als leicht ID"

Über Kommentare würde ich mich sehr freuen!
LG
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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: Arianrhod-
2016-12-14T20:55:49+00:00 14.12.2016 21:55
Was für ein perfekter Einstieg, treffend und auf den Punkt gebracht, das fand ich wirklich klasse.
Das Bild von Frosch mit ihren Löffeln ist ultrasüß. >///< (Und der kleine Einblick in Minervas Schwangerschaft und die Auswirkungen auf Frosch... Omg. Kann ich mir richtig gut vorstellen.) Sting tut mir schon ziemlich leid in dieser Situation. Er kann richtig stolz auf sich sein, dass er stark geblieben ist und 'Nein' gesagt hat. Nicht nur, weil er Pferde nicht mag. XD" Ich kann mir gut vorstellen, wie sehr er gerne 'Ja' gesagt hätte, vor allem bei der Entwicklung, die das Gespräch genommen hat. Fro tut mir schon etwas leid. :( Wenigstens hat Lector gleich eingesehen, dass Sting in dieser Sache Recht hatte.
Wobei ich denke, dass Frosch bei ihren Mitschülerinnen etwas missverstanden hat. Außerdem stellt sie sich das Ganze etwas einfach vor, aber sie ist erst acht, da kann man ihr das verzeihen.

Der Abend war sicher nicht leicht für Sting. o.o Auf der anderen Seite muss Frosch auch lernen, dass sie nicht alles haben kann, was sie will, wie Rogue auch gesagt hat. (Aber er hat leicht reden, auf ihn ist sie ja nicht böse. XD")
Superdaddy!Rogue find ich aber auch zum Schreien. |D Ganz im Allgemeinen find ich diesen Moment zwischen Sting und Rogue, trotz des Themas, ziemlich schön. Die Vertrautheit der beiden ist richtig spürbar. :)

Frosch hat diesmal einen echt langen Atem. Hätte ich ihr gar nicht zugetraut. Drei Tage lang schmollen, das muss man erstmal hinkriegen. (*lol* @ Lector + seine Predigt, wobei er ja Recht hat)
Wie Frosch die Versöhnung angegangen ist, fand ich irgendwie süß und sehr passend. Sowas ist halt auch nicht leicht. Vor allem bei den Gedanken, worüber sie sich den Kopf zerbrochen hat. (Wobei sie auch selbst hätte draufkommen müssen, wie Sting ihr so entgegengekommen ist. ^^") Die Versöhnung selbst war auch herzallerliebst. ❤
Und die Lösung, dass Sting sich nun doch nicht mit den bösen, bösen Gäulen rumschlagen muss, Frosch aber trotzdem ihre Reitstunden bekommt, find ich auch klasse. Gut, dass sie da Verbindungen haben. XD

> „Und ein Glück, dass Frosch dich gefragt hat, sonst hätten wir jetzt ein Pony“
Mein Lieblingssatz. XD Rogue kennt sich.

Gruß
Arian


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