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Pirschjagd

1328 N.E.
von
Koautor:  Sharatur

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Die Verfolgung

Angespannt nach weiteren Anzeichen einer anderen Person horchend, fixierte Thylocaleo den Spaltdurchgang. Hatte die Abtei ihm jemanden nach gesandt? Unwahrscheinlich. Wer oder was auch immer sich über ihm aufhielte, verstand es sich anzuschleichen. Um genaueres in Erfahrung zu bringen müsste der Charr nachsehen, aber sein Versteck durfte er nicht unüberlegt verlassen. Vielleicht wusste man gar nichts von seiner Anwesenheit.
 

Langsam sich dem Eingang nähernd und darauf achtend kein unnötiges Geräusch zu verursachen, grübelten die Gedanken nach einer bestmöglichen Lösung. Der Abteiler war in einer ungünstigen Position. Von oben war er leichter und vor allem schneller zu sehen. Zwar tarnte ihn seine Fellfarbe und auch das rostige rotbraun seiner Rüstung war nicht auffallend, seine abstehende Haarmähne hingegen konnte ihn frühzeitig ankündigen. Mit etwas Glück saß oder stand man mit dem Rücken zu ihm. Aber wie hoch war schon die Wahrscheinlichkeit dafür?

Die spitzen Ohren aufstellend horchte Thylocaleo erneut. Eventuell konnte er etwas hören, dass ihm die ungefähre Blickrichtung des über ihm verriet. Eher konnte er sein Versteck nicht verlassen. Kaum hörbar und vom aufkommenden Wind aufwirbelnden Staub fast übertönt, war über Gestein streichendes Fell zu vernehmen. Es handelte sich also nicht um einen Norn oder etwas anderem pelzlosen. Das über ihm war entweder ein anderer Charr oder ein wildes Tier. Letzteres war aber auszuschließen, da Tiere eher selten eine komplette Eisenrüstung trugen. Und der Charr stand genau über ihm.
 

Schmunzelnd verfolgte Sharatur mit seinen feinen Sinnen die Unsicherheit des anderen. Der junge Charr war sich nicht klar, ob er das Versteck verlassen oder umkehren und wieder tiefer hinein schleichen sollte. Geduldig überwachte der Hüne den Eingang von oben aus. Irgendwann musste der Charr raus kommen oder er riskierte in der zunehmenden Kälte der werdenden Nacht eine Unterkühlung.
 

Die Sonne versank hinter dem weiten Canyon und die Nacht brach herein.

Noch immer schien das Abtei-Mitglied nicht zu wissen wohin mit sich. Immer wieder mal sich umgewandt, schien er nach einem Ausweg aus seiner Situation zu suchen. Das sein Angstgeruch dabei vor lauter Unsicherheit stärker geworden war, verriet Sharatur viel über dessen Charakter. Jung und aufbrausend, wie es für junge Charr normal war. Agil und äußerst Aufmerksam, was ihm anderen gegenüber Vorteile brächte, wäre da nicht sein aufbrausendes Gemüt. Sein Pflichtbewusstsein jedoch war wohl am ausgeprägten, da er trotz seiner Situation das Lager nie gänzlich aus den Augen ließ.
 

Wie Pflichtbewusst der Jungspund wohl wirklich wäre, überlegte Sharatur. Sich aufrichtend trat er lautlos an den Rand der Steinplatte heran. Genau unter ihm hockte der Charr, dessen Aufmerksamkeit gerade dem Lager gewidmet war. Herab springend landete Sharatur keinen Meter von ihm entfernt. Die Landung viel nicht ganz geräuschlos aus und der junge Charr wandte sich angriffsbereit um.

Beim Anblick Sharaturs erschrak Thylocaleo, der auf allen Vieren vor dem Durchgang hockte und ihn direkt ansah. Der Altersunterschied war deutlich zu erkennen und auch, dass der graue Tigercharr weit mehr Erfahrung besaß als er selbst. Eine Augenklappe deutete auf eine schwere Verletzung am rechten Auge hin. Das andere Auge dagegen war klar und wies eine Schärfe auf, die dem jungen Charr das Fell aufstellte. Ihm war der Abstand von einem knappen Meter viel zu nah und so nahm er schnellst möglich einen größeren Abstand zu dem Fremden ein.
 

Nun saß Thylocaleo wirklich in der Falle. Den Ausgang blockierte der fremde Artgenosse und hinten raus ging es auch nicht. Die steile Felswand wäre trotz ihrer vielen Unebenheiten ein zu großes Risiko beim hinab klettern. Einerseits konnte er abrutschen oder daneben treten und abstürzen, andererseits könnte das Lager auf ihn aufmerksam werden. Würde er kämpfen müssen?

Der alte hölzerne Stab in seiner rechten Pfote würde ihm nicht viel bringen. Jeder Angriff würde das unten liegende Lager sofort alarmieren und dann säßen sie beide in der Patche. Jetzt wo Thylocaleo mittig seines Verstecks hockte, hatte er etwas Zeit sich den Fremden genauer anzusehen. Wegen dessen Größe und der schweren Rüstung, würde er nicht an ihn heran kommen. Wer war der Fremde? Niemand aus dem Lager, andernfalls wäre es längst zu einem Kampf gekommen und die Räuber duldeten seinen Notizen nach auch keine anderen Rassen.
 

Vom prägnanten Geruch ausgehend, war der Charr kein Gladium oder Söldner, sondern ein Soldat mit einem hohen Rang. Vielleicht einer aus der schwarzen Zitadelle, aber dann würde er nicht alleine so weit draußen herum streunen. Thylocaleo konnte dessen Herkunft nicht klar ausmachen. Er war zwar in der Zitadelle geboren, aber hatte er sich früh der Abtei Durmand angeschlossen um seinem Geburtsort zu entfliehen. Somit kannte er auch kaum irgendwelche Regeln, nur dass hohe Tiere zwar viel Freiraum besaßen, aber noch mehr Verpflichtungen, die sie an die Schwarze Zitadelle banden.

Schnaubend stellte er für sich klar, dass der Fremde ein Experte im anpirschen war und das er wohl viel Zeit erübrigen konnte. Andernfalls wäre er längst nicht mehr hier und würde weiterhin den Durchgang blockieren. Vielleicht war der Charr von der Asche-Legion? Das ist die einzige Legion die ihm einfiel, die häufiger alleine auswärts agierte. Die Blut-Legion schickte eigentlich eher Gruppen weg und die Eisen-Legion, der er selbst mal angehörte, war nicht so sehr an weite Spaziergänge interessiert.
 

Da der junge Charr nicht sofort mit seinem Stab angegriffen hatte, zeigte dass er zumindest so viel Erfahrung besaß, nicht gleich die gesamte Umgebung auf sie beide aufmerksam zu machen. Sharatur würde vermutlich noch bis in die frühen Morgenstunden hier sitzen können, wenn der andere weiterhin in seiner Spalte Schutz suchte. Sich vom Durchgang abwendend, um aus seiner hockenden Körperhaltung heraus zu kommen, streckte er den Rücken durch. Leise knackten vereinzelt ein paar Wirbelknochen.

Diesen kurzen Moment nutze Thylocaleo, um die wenigen gewonnen Zentimeter Platz zur Flucht nutzen zu können. Geschickt preschte er um Millimeter an dem grauen Charr vorbei. Überrascht von dem plötzlichen Sinneswandel des jüngeren wich Sharatur zurück.
 

Die verschiedenen Vorsprünge vor dem Versteck nutzend, um ausreichend Abstand zu gewinnen, entfernte sich der junge Charr blitzschnell. Trotz des schnellen Tempos verursachte er kaum ein Geräusch, brachte keinen größeren Stein ins Rollen oder kam mit den umstehenden Wänden in Kontakt. Alles was blieb, war aufwirbelnder Staub, der seine Position verriet und ihn zugleich in der Dunkelheit der Nacht vor den Augen anderer verbarg.

Zufrieden grunzend machte sich Sharatur bereit ihn zu verfolgen. Er gab dem Abteiler die Zeit seinen Abstand zu vergrößern. Die Chancen ihm zu entkommen lagen im Grunde bei null. Die Sekunden zählend drehte der Charr sich gemütlich in die Richtung, in die der andere verschwunden war. Der Gesteinstaub, der sich auf seiner Rüstung nieder gelassen hatte, viel dick zu Boden als er die Verfolgung aufnahm.
 

Auf einer entfernten und erhöhten Plattform zum Stehen kommend, wandte Thylocaleo sich auf allen Vieren um und nahm eine verteidigende Haltung ein. Von der Plattform aus konnte er auf sein Versteck herab sehen und hatte auch in alle anderen Richtungen freie Sicht. Wie die meisten Charr konnte auch er gut bei Nacht sehen. Es überraschte ihn nicht, dass der Fremde nicht mehr am Durchgang stand.
 

Langsamer als sein jüngerer Artgenosse nutzte Sharatur seine Kenntnisse im Fährten lesen um ihm zu folgen. Durch seine Größe und der schweren Rüstung musste der Charr ein paar Umwege gehen, da er nicht durch die schmalen Lücken und Spalten hindurch passte, die der jüngere auf seiner Flucht genommen hatte. Immer voraus denkend in welche Richtung die nächste Spur verlaufen würde, erspähte Sharatur schon bald auf einer erhöhten Plattform das im Blau der Nacht hervorstechende orange Fell des Abtei-Mitgliedes.

Mit wenigen Sprüngen erklomm der Charr das Steingebilde und landete lautlos hinter dem Artgenossen. Dieses Mal aber schien dieser sein Kommen bemerkt zu haben, sein Stab schnellte von der Seite direkt auf ihn zu. Sich weg duckend grinste Sharatur und sprang auf die nun ungeschützte Frontseite zu.
 

Thylocaleo nutzte das letzte bisschen Schwung seines Angriffes um der frontalen Attacke zu entgehen. Die Beine vom Boden weg drückend, sprang er knapp über die Stacheln der Rückenpanzerung hinweg und rollte sich bei der Landung ab. Sharatur war positiv überrascht und wandte sich gemächlich dem anderen zu. Er hatte schon viele Soldaten gehabt, die es beim Training nicht schafften ihm auszuweichen, obwohl das doch recht einfach war.

Den aufgewirbelten Staub betrachtend, kam dem jungen Charr eine Idee. Es war nicht fair, aber er musste nutzen was ihm die Umgebung bot. Auf den Fremden zu rennend, wandte er sich direkt vor ihm so schnell um, dass der Staub auf dem Gestein erneut aufstob und Thylocaleo mit dem Schweif eine große Ladung gezielt in dessen Gesicht schleuderte.
 

So einen fiesen Angriff hatte Sharatur nicht erwartet, aber er war effektiv. Trotz seines Wächterschutzes war Staub in das Auge gelangt. Den Kopf senkend, um sich den Dreck aus dem Auge zu entfernen, hörte er wie der junge Charr die Chance nutzte und die Plattform verließ. Einen Angriff schien er nicht zu wagen, was nicht viel geändert hätte. Sharatur kämpfte nicht zum ersten Mal im Leben mit schlechter Sicht.
 

Die Plattform wieder hinab rennend, stolperte Thylocaleo beinahe über seine eigenen Pfoten. Der Fremde war ein Wächter wie er, dass war ihm aufgefallen als er gerade den Staub aufwirbelte. Dabei fiel ihm eine Schriftrolle an der Hüfte des Artgenossen ins Auge. Wächter nutzten solche Gegenstände öfter zur Verstärkung ihres Schutzes. Wäre ihm das entgangen, hätte der Staub nichts bewirkt und der Fremde wäre unbeeindruckt zum Gegenangriff übergegangen. So aber konnte er vorher noch mit einem leichten Gegenstoßen des Stabschaftes den Blockzauber aufheben.

Ein anderer Wächter als Gegner würde problematisch werden, zumal dieser nicht nur gut im Anschleichen zu sein schien. Als er ihm nahe war, waren Thylocaleo feine Schrammen und Spuren früherer Ausbesserungen an der Rüstung aufgefallen. Auch an seinen Hörnern hatte er mehrere unterschiedlich große Kerben gesehen. Dieser alte Charr besaß Kampferfahrung und davon nicht zu wenig. Thylocaleo durfte kein Risiko eingehen, kämpferisch würde er klar unterliegen.
 

In einem Spalt zweier Felserhebungen inmitten der Platten, hoffte Thylocaleo genug Zeit und Abstand mit der Staubattacke gewonnen zu haben. Doch rieselnde kleine Steinchen sagten ihm, dass der Fremde bereits über ihm stand. Ohne aufzuschauen sprang er wieder ins Freie hinaus. Sharatur tat es ihm gleich und sprang hinab. Grinsend fixierte er den jungen Charr, der ihn fast lautlos anfauchte.

Hinter sich den Absprung in die Tiefe wagend, verschwand der junge Wächter aus Sharaturs Blickfeld. An dessen Stelle stehend sah er unter sich eine weitere Spalte, durch die Thylocaleo sich geschwind hindurch wandte. Den Verlauf der Spalte genauer betrachtend, entschied er sich für eine Abkürzung an die Stelle, wo der Spalt wieder ins Freie führen würde.



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