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Die Story seines Lebens!

Bokuroo/Bokuto x Kuroo - Journalisten AU
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich habe von vielen Dingen keine Ahnung. Ganz besonders von Journalismus/Sportjournalismus, der Arbeit bei einem Sportsender, Profisport und allem, was da so dazu gehört :')
Ich bitte mein Unwissen zu entschuldigen, falls es Journalisten unter euch gibt die sich dadurch in ihrer Ehre beschmutzt fühlen. Es ist ein AU und vielleicht funktioniert es hier ein bisschen anders als bei uns? Vielleicht mache ich auch unbewusst was richtig? Ich nehme Pipi Langstrumpf einfach als Vorbild und mache mir diese Welt ganz einfach wiediewiediewie sie mir gefällt, hahaha. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Wie man in diesem Kapitel merkt habe ich nicht nur von Journalismus/Sportjournalismus und allem was dazu gehört keine Ahnung, sondern auch von Twitter :')
(Update 05.12.21: ich habe jetzt einen Account, ich taste mich langsam heran, hahaha :D www.twitter.com/Jimini_schreibt)

Ich fühle mich wie Kuroo, wenn er im Anime sagt „Ah, die Jugend!“... Nehmt es bitte einfach so hin, wie ich es schreibe, denn wie gesagt: Ich mache mir diese AU-Welt wiediewiediewie sie mir gefällt :')

Außerdem schreibe ich die Hashtags wie ich sie schreibe, damit man sie besser lesen kann. (Geht es nur mir so oder sind die Dinger sonst schwer zu entziffern?) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Wisst ihr, wovon ich noch keine Ahnung habe? Sportverletzungen! (Hahahaha) Wer das jetzt richtig getippt hat bekommt leider nichts, aber kann trotzdem dieses Kapitel lesen und sich (hoffentlich) daran erfreuen :)

Außerdem gebe ich den Jackals Osaka als Heimat, da das für mich angenehmer zu schreiben ist als Higashiosaka... Was im Grunde zu Osaka gehört? (Wenn mich meine Googlefähigkeiten nicht komplett im Stich lassen) Bitte verzeiht! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Aufgrund von Klausuren und allgemeinen Verzögerungen in meinem Leben hat dieses Kapitel wirklich sehr lang gedauert. Das tut mir schrecklich leid!
Und dann ist es noch nicht einmal komplett fertig, weil es so viel länger geworden ist als ich es ursprünglich geplant hatte! T_T

Damit aber nicht eine noch längere Wartezeit entsteht oder ich euch ein Monsterkapitel um die Ohren haue, habe ich mich dazu entschieden einen Zweiteiler draus zu machen. Der zweite Teil wird hoffentlich nicht so lang auf sich warten lassen wie nun der erste. Thematisch gehören sie eindeutig zusammen, weswegen mir die Aufteilung etwas schwer fällt. :(
Dieses Kapitel (und diese verfluchten Verpflichtungen!) hat meine ganze Planung über den Haufen geworfen... Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier nun also endlich Teil 2. Ich entschuldige mich noch einmal vielmals für die Verzögerungen. So war das wirklich nicht geplant... Und werden die Kapitel immer länger, oder kommt es mir nur so vor? T_T

Kuroos Familiensituation ist ein Gespinst meines Hirns. Ich liebe Haruko jetzt schon, auch wenn ich sie noch ganz ausgearbeitet habe... Komplett anzeigen

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Das Interview

Das Spiel war nett gesagt nicht so gut gelaufen. Die Black Jackals hatten 3:0 verloren und das nicht einmal knapp, sondern mit einem weiten Vorsprung der Sweiden Adlers. Dazu hatten sich sowohl der Zuspieler Atsumu Miya als auch Kotaro Bokuto während des Spiels so verletzt, dass sie beide vom Feld mussten. Miya hatte sich zwar nach der Hälfte des zweiten Satzes so weit erholt, dass er im letzten Satz wieder spielen konnte aber das hatte sie auch nicht retten können. Bokuto hatte dagegen nicht ganz so viel Glück gehabt und musste sogar vom Spielfeld getragen werden. Es war ein Trauerspiel gewesen und er war hatte jede Minute vom Feldrand aus mit ansehen müssen.
 

Nun stand Kuroo mit all den anderen Sportreportern am Hallenausgang der Jackals und wartete darauf, dass sie sich auf den Weg zur Kabine machten. Sie würden gleich live dem Studio zugeschaltet werden, was ihm sein Kameramann Kai mit einem Handzeichen andeutete. Kuroo schob sich den Empfänger des Funks in sein Ohr, mit dem er schon die Unterhaltung der beiden Moderatoren aus dem Studio mithören konnte. Mit einem makellosen, professionellen Lächeln blickte er zur Kamera auf und wartete mit diesem einbetonierten Gesichtsausdruck darauf, dass Kai begann mit den Fingern seiner erhobenen Hand herunter zu zählen. Sobald er damit begann richtete sich Kuroo noch etwas weiter auf und hob das Mikrofon an, schließlich deutete Kai mit einer Handbewegung auf ihn.
 

„Schalten wir nun live zu Tetsuro Kuroo, unseren Korrespondenten in der Tokioter Sporthalle, wo gerade dieser dramatische Kampf zwischen den Sweiden Adlers und Black Jackals zu Ende gegangen ist. Guten Abend!“
 

„Einen guten Abend ins Studio und an Sie zuhause! Ich stehe hier am Pressegang der Black Jackals direkt nach dem Abpfiff des letzten Satzes, der mit einem 3:0 Sieg für die Sweiden Adlers ausging.“ Kuroo lächelte die ganze Zeit sein starres aber charmantes Lächeln, auch wenn ihm nicht danach war. Seine Professionalität war seine Stärke. Er war ein Volleyballfan durch und durch. Zwar hatte er kein Team das er wirklich favorisierte, aber er sympathisierte mehr mit den Jackals als mit den Adlers. Und sich Panne nach Panne vom Feldrand aus ansehen zu müssen hatte selbst ihm weh getan.
 

Er bekam einige Fragen zum Verlauf des Spiels gestellt. Die Zuschauer würden später eine kurze Zusammenfassung mit Analyse von Herrn Nekomata erhalten, einem Volleyball-Veteranen. Auch wenn das Spiel im Fernsehen übertragen worden war wollte man seine Einschätzung vom Feldrand aus bekommen. Und die gab er so gut er konnte und ließ sich nicht nicht anmerken was er wirklich dachte.
 

„Das waren dramatische Szenen, als Kotaro Bokuto vom Feld getragen wurde. Gibt es dazu schon Neuigkeiten?“, fragte Manabu Naoi, der zusammen mit Takaaki Anabara im Studio moderierte.
 

„Leider nein. Er hatte den Rest des dritten Satzes, in dem er sich die Verletzung zugezogen hat, am Spielfeldrand in der Obhut mehrerer Sanitäter verbracht. Sein Sturz war heftig gewesen, aber er scheint keine Verletzung am Kopf davongetragen zu haben. Für genauere Angaben müssen wir wohl auf die Pressekonferenz warten“, antwortete er und schenkte den Zuschauern ein mitfühlendes Lächeln. Das ehrlichste an diesem Abend.
 

Er hatte in diesem Moment selbst die Luft angehalten, genau wie ein Großteil der Leute in der Halle. Erst war er in einer unübersichtlichen Situation fast mit Shion Inunaki zusammengestoßen, doch als er dem ausweichen wollte war er unglücklich über dessen Beine gefallen. In diesem Moment hatte man mehr Angst um den Libero gehabt, allerdings war Bokuto danach mit schmerzverzerrtem Gesicht nicht wieder aufgestanden während es Inunaki blendend ging. Hätte sie dieser Unfall nicht erneut aus der Bahn geworfen, dann wäre der dritte Satz womöglich noch zu retten gewesen.
 

Schließlich tat sich hinter ihm etwas. Die Kameras der Zeitungsreporter begannen zu klicken und die ersten stellten ihre Fragen, die Teilweise ignoriert wurden. Manchmal blieb einer der Spieler kurz stehen um eine oder zwei zu beantworten, auch wenn sie sichtlich nicht in der Stimmung dazu waren.
 

„Es scheint als kämen die Spieler nun vom Feld“, verkündete er, als ob die Zuschauer und die Moderatoren im Studio nicht bereits das Blitzlicht der Kameras gesehen hätten. Er drehte sich zu seiner Lücke in der Reihe an Reportern und schaute, wer als erstes an ihm vorbei kommen würde. Kuroo stand mit Kai genau an der Grenze zwischen den Zeitungen und dem Fernsehen. Bei letzteren blieben die Spieler meist eher stehen, da für die Zeitungen die Pressekonferenz der Trainer eher relevant war und sie selten die Spieler selbst zitierten.
 

Als erstes eilte Kiyoomi Sakusa an ihnen vorbei. Im Gegensatz zu den Kollegen neben sich versuchte er gar nicht den jungen Mann aufzuhalten, der sie sowieso alle ignorierte. Sakusa blieb nie im Pressegang stehen. Er beantwortete auch nur Fragen die ihm in Pressekonferenzen direkt gestellt wurden und selbst dann waren seine Antworten meist unbefriedigend kurz. Man merkte immer wieder, wie unangenehm dem Spieler solche Situationen waren.
 

Als nächstes kamen Hinata und Miya. Miya mit seiner nun dick einbandagierten rechten Hand, Hinata mit einem finsteren Blick. Kuroo rief um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, doch Miya hob nur mit einem charmanten Lächeln seine verletzte Hand zu einem kurzen Gruß und ging mit Hinata weiter. Etwas weiter hinten hatte ein anderer Reporter mehr Glück als er und konnte sie für einen Moment aufhalten. Miyas Gesichtsausdruck nach zu urteilen allerdings mit einer eher unangebrachten Bemerkung.
 

Barnes erklärte sich dazu bereit Kuroos direktem Nachbarn ein paar Fragen zu beantworten, während hinter ihm ein Großteil des restlichen Teams in Richtung der Kabinen eilte. Es war klar, dass keiner von ihnen wirklich über das reden wollte, was da auf dem Feld schiefgelaufen war, ärgerte sie dieser Spielausgang doch mehr als jeden anderen. Wer wollte sich da schon vor Kameras rechtfertigen? Aber so war es leider nun mal, dachte Kuroo in diesem Moment, gehörte er doch selbst zu den 'Plagegeistern', die sie nicht in Ruhe ließen und am besten noch in der frischen Wunde der Niederlage herum bohrten.
 

Schließlich kam Bokuto, der zwischen dem Kapitän Meian und dem Teamsanitäter gestützt hüpfte. Sein Zustand war scheinbar gut genug, dass man ihn so gehen ließ. Vielleicht hatte er auch einfach darauf bestanden. Es war ein seltsames Bild den ewig gut gelaunten und strahlenden Mann so zerknickt zu sehen. Man hatte Bokuto ein Handtuch über den Kopf gelegt und sein Knöchel war in Kühlpacks eingewickelt, sein Knie am gleichen Bein war ebenfalls dick und schon deutlich blau angelaufen. In der Hand die er über Meians Schulter gelegt hatte hielt er den Schuh, der nicht mehr über den geschwollenen Fuß passte, in der anderen seinen Knieschützer.
 

So sehr er den Verletzten nicht aufhalten wollte, ein Kommentar, am besten vom Kapitän, wäre das Beste was ihm heute Abend passieren konnte. Vielleicht konnte Bokuto auch ohne Meian mit dem Sanitäter zusammen weitergehen. Kuroo gab sich alle Mühe Meian zu sich zu rufen, so wie jeder sonst der hier stand. Schließlich wollte jeder von ihnen gern die Meinung des Kapitäns haben oder den verletzten Bokuto näher zur Kamera holen.
 

Sein Glück war wohl, dass Bokuto knapp vor ihm sein Schuh aus der Hand glitt und Kuroo regelrecht vor die Füße rollte. Er bückte sich schnell und hob ihn auf, bevor es ein anderer tat und reichte ihn Meian. Als dieser dankend nach dem Schuh griff stellte Kuroo ihm einfach eine Frage und hielt ihm sein Mikrofon hin. Das war dreist, das wusste er, aber sonst würde Meian nur direkt wieder abziehen. Und tatsächlich funktionierte es, sehr zu seiner eigenen Überraschung.
 

„Ja, also so genau kann ich auch nicht sagen, was genau schief gelaufen ist. Im Training haben wir uns auf die Annahme der starken gegnerischen Bälle vorbereitet, aber scheinbar war das Glück heute nicht auf unserer Seite, sondern der der Adler“, sagte Meian, sichtlich unglücklich mit dem Ergebnis und dass er keine bessere Erklärung liefern konnte. Der Kapitän war ebenfalls professionell wie eh und je und ließ sich nicht anmerken wie genervt er davon war, dass Kuroo ihn aufhielt. Zumindest würden es die Zuschauer wohl nicht bemerken.
 

Der Sanitäter war mit Bokuto bei dem Kapitän stehen geblieben, der auch immer noch einen Arm um den Verletzten gelegt hatte. Dieser hob etwas den Kopf unter seinem Handtuch, um zu sehen warum es nicht weiter ging, doch Kuroo bedachte ihn lediglich mit einem kurzen Blick. Währenddessen sprach Meian einfach weiter, wollte er das kurze Interview doch zu einem schnellen Ende bringen.
 

„Wir werden unsere Fehler analysieren und weiter daran arbeiten uns zu verbessern. Für die nächsten Spiele und vor allem die nächste Saison werden wir unser Niveau noch weiter anheben müssen.“ Das war doch was. An sich keine richtige Erklärung, aber auch er hatte sicher nicht alles was auf dem Feld passierte im Blick. Kuroo gab sich einfach damit zufrieden, dass er nicht mehr aus dem anderen herausbekommen würde.
 

„Vielen Dank für Ihre Einschätzung. Wie geht es Bokuto? Meinen Sie er wird bei den letzten Spielen dieser Saison wieder dabei sein? Der Verlust seiner Spielstärke ist sicher ein harter Schlag“, fragte er und hielt das Mikrofon wieder Meian hin. Der blickte zu seinem Teamkollegen, der einen Moment lang etwas ungelenk auf der Stelle hüpfte, bevor er wieder ruhig stand. Er hatte sicher Schmerzen und die ganze Zeit auf einem Bein zu stehen war auch anstrengend, selbst wenn er gestützt wurde. Einen Augenblick fühlte Kuroo sich schuldig, dass er sie hier so lang aufhielt.
 

„Genaueres können wir nicht sagen, hoffen allerdings, dass es nicht gravierendes ist und er schnell wieder auf die Beine kommt. Seine Genesung hängt von der schwere seiner Verletzung ab und hat natürlich oberste Priorität für uns!“ Damit bedankte sich Kuroo erneut und verabschiedete sich von Meian, nickte auch dem Sanitäter und Bokuto zu, der in diesem Moment kurz unter seinem Handtuch hervorlugte. Langsam setzte sich die Gruppe wieder in Bewegung.
 

Bevor Kuroo seine Hand mit dem Mikrofon wieder ganz zurückgezogen hatte und sich Kai mit der Kamera zuwenden konnte griff jemand seinen Arm und hielt ihn fest. Er drehte den Kopf und sah direkt in Bokutos große goldene Augen, sein Handtuch war auf seine Schultern gerutscht. Einen Moment starrte der Volleyballspieler ihn einfach an und Kuroo blickte irritiert zurück. Meian blickte genauso irritiert zwischen ihnen hin und her, der Sanitäter bat den Verletzten „den Reporter“ loszulassen.
 

„Man, du bist wirklich verdammt hübsch“, sagte Bokuto plötzlich mit einem seltsam verträumten, schiefen Lächeln. Kuroo starrte den anderen überrascht an, genauso wie Meian und der Sanitäter. Das Kompliment und der Gesichtsausdruck des anderen ließen seine Ohren heiß werden und er hoffte, dass ihm die Röte nicht noch ins Gesicht schoss. Einen Moment wusste Kuroo nicht, was er tun sollte. Er hielt den Blickkontakt mit dem anderen, der noch breiter zu lächeln begann. Das erste Lächeln an diesem Abend, seit er aus dem Spiel ausgeschieden war.
 

Bokuto hatte es nicht laut gesagt, aber da er Kuroos Arm mit dem Mikrofon hielt war sich dieser ziemlich sicher, dass man trotzdem jedes Wort im Studio gehört hatte. Und so plötzlich, wie er aufgehalten worden war hatten die Leute dort vermutlich gedacht, dass nun ein leidenschaftlicher Kommentar des angeschlagenen Spielers kam. Kurz spürte er die Panik in seiner Magengrube brodeln.
 

Endlich ließ Bokuto seinen Arm los, als sein Kapitän ihn diesmal ermahnte. Dieser wandte sich schon zu Kuroo um sich zu entschuldigen, doch dieser fing sich so schnell und gut er konnte und begann ebenfalls zu Lächeln. 'Professionalität!', ermahnte er sich selbst, 'du kannst das!'
 

„Da sprechen wohl die Erschöpfung und Schmerzmittel aus ihm. Gute Besserung und vielen Dank für Ihre Zeit“, sagte Kuroo mit einem seiner charmantesten Lachen ins Mikrofon, die er in diesem Moment zustande bringen konnte. Interviews direkt nach einem Spiel, wenn die Spieler erschöpft und ausgelaugt, ihre Gehirne unterzuckert und noch voll im Spielgeschehen waren, waren immer gemein. Darauf baute er einfach, etwas anderes war es sicher auch nicht.
 

Kuroo sah schon den aus dem Zusammenhang gerissenen Zuschnitt dieses Interviews im Internet. Eine sicherlich peinliche Situation für Bokuto, allerdings konnte sie Kuroo auch aus der Karriere-Bahn werfen, die er versuchte einzuschlagen. Er hoffte einfach, dass er korrekt reagiert hatte. Konnte man denn in solchen Momenten überhaupt korrekt reagieren? Innerlich fluchte er. Bokutos Blick hing immer noch auf ihm, sein Lächeln schien nicht ermatten zu wollen. Meian begann ihn vorwärts zu schieben, nachdem er sich mit einem Nicken verabschiedet hatte.
 

Nachdem die drei Männer sich wieder in Bewegung gesetzt hatten drehte sich Kuroo wieder ganz zur Kamera, wo er nach ein paar weiteren Fragen der Moderatoren wieder an das Studio übergab, das den zweiten Korrespondenten auf der Seite der Adler ankündigte. Sie taten einfach alle so, als wäre das gerade nicht passiert. Kuroo seufzte, ließ seine Mikrofon-Hand fallen und legte den Kopf in den Nacken, sobald Kai ihm das Zeichen gab, dass er nicht mehr live war.
 

„Was war denn das gewesen?“, fragte ihn dieser mit einem amüsierten Lachen. Kuroo schüttelte nur den Kopf und verzog das Gesicht, bückte sich dann nach seinem Rucksack und Kais Tasche die zu ihren Füßen lagen. Er schob sich an seinem Kameramann vorbei, der ihm kurz darauf folgte.
 

„Keine Ahnung. Wer weiß, was sie ihm eingeflößt haben, sein Knie sah ganz schön schlimm aus“, sagte er und Kai gab einen zustimmenden Laut von sich. Sie verstauten ihr Equipment wieder in den Koffern, die sie an der Wand des Ganges abgelegt hatten. Die Worte des Profispielers hingen noch immer frisch in seiner Erinnerung.
 

Bokuto fand ihn hübsch? Naja, es waren vermutlich wirklich nur die Erschöpfung und die Schmerzmittel gewesen die ihn dazu veranlasst hatten so etwas zu sagen. Trotzdem bekam er es nicht aus dem Kopf und diesmal wurde er sogar richtig rot darüber, wenn er daran dachte wie er es gesagt und dabei gelächelt hatte.
 

Oh man, hoffentlich hielt ihm diese Situation keiner bei den nächsten Projektverteilungen vor! Er hatte ja schon lang um die Stelle kämpfen müssen, die er jetzt besetzte. Er hatte keine Lust sie wieder abgeben zu müssen.
 

„Ich hoffe nur, dass ich richtig reagiert habe“, sagte er während er sich den Funk aus seinem Hemd fummelte. Kai blickte zu ihm auf und ließ sich von Kuroo die letzten Kabel reichen, die dieser sich aus seinem Hemdkragen zog. Nachdem er sie verpackt hatte erhob er sich und hievte den Koffer vom Boden.
 

„Bier?“, fragte Kai, dem der immer noch irritierte Blick seines Kollegen nicht entgangen war. Kuroo tat es ihm mit dem zweiten Koffer gleich und warf sich seinen Rucksack über die Schulter.
 

„Bier.“

Ein hübscher Reporter

Sein Wecker klingelte viel zu früh. Kuroo tastete blind nach dem Knopf und stellte das nervige piepen ab, das ihn tagtäglich aus dem Bett quälte. Er hob grummelnd den Kopf und blickte auf die Zeitanzeige. Seiner Meinung nach war es noch viel zu früh um sich aus dem Bett zu erheben. Immerhin musste er dank seines 'Außeneinsatzes' am Vortag heute nicht wie sonst schon beim Morgengrauen im Büro antanzen, dennoch war seine Nacht erschreckend kurz gewesen. Und wenn er sich recht erinnerte hatte er am frühen Mittag ein Meeting mit der Redaktion. Wie ärgerlich...
 

Kuroo ließ seinen Kopf wieder ins Kissen fallen und griff nach seinem Handy, das auf dem Nachttisch lag. Sein verschlafener Blick glitt über die erschreckend vielen Benachrichtigungsanzeigen. Ein paar Textnachrichten, ein Anruf in Abwesenheit und sein Twitter war über Nacht explodiert. Er wusste, warum er sein Telefon nachts immer stumm schaltete. Wer hätte dabei noch schlafen können? Trotzdem, wer versuchte ihn mitten in der Nacht zu erreichen?
 

Er entsperrte sein Telefon und sah Tooru Oikawas Namen über einem Großteil der Textnachrichten und als den Verursacher des Anrufs. Um drei Uhr morgens? Schlaf war für ihn wohl ein Fremdwort. Dabei war er doch immer einer der ersten auf der Arbeit, noch dazu mit guter Laune, und danach mit tausend Dingen und den Trainings seiner Jugendmannschaften beschäftigt. Wenn er es sich genau überlegte war Oikawa ihm wirklich gruselig. Warum waren sie noch einmal miteinander befreundet?
 

Oikawa:

>>>Oho! Hast du wieder jemandem den Kopf verdreht?~

>>> Der arme wusste wahrscheinlich gar nicht wie ihm geschieht ;)

>>> Herr Hübscher-Reporter-Mann <3

>>> Du bist sogar schon ein Coming Up Trend auf Twitter! Hahahaha!

>>> Warte nur bis die ganzen Teenies dich entdecken~

>>> Du Leckerbissen, du! ;)

>>> Das wird dein Durchbruch! Hahahahaha!
 

Kuroo zog die Augenbrauen zusammen und verließ den Chat mit Oikawa. Scheinbar hatte dieser aufgegeben ihn mit Nachrichten zu bombardieren, als er gemerkt hatte dass er von Kuroo in dieser Nacht keine Antwort mehr erhalten würde. Ein weiterer Chat war mit Kai, der ihn nur fragte, ob er gut zu hause angekommen sei. Der Gruppenchat war erstaunlich ruhig geblieben bis auf die paar Nachrichten von Terushima und Nishinoya, die er noch auf dem Weg von der Bar nach Hause beantwortet hatte.
 

Kuroo blickte noch einmal auf die Zeitanzeige und seufzte, bevor er sich aus dem Deckenkokon seines warmen Bettes schälte. Während er seine Morgenroutine abhandelte begann er durch Twitter zu scrollen um herauszufinden, was sein Kollege mit ihm als 'Coming Up Trend' meinte und wieso die App über Nacht beinah sein Handy zum Überhitzen gebracht hatte.
 

Sein Finger stoppte über dem Knopf der Kaffeemaschine und schwebte dort, während er sich durch seine Timeline arbeitete. Retweet über Retweet über Retweet ein und der selben Szene des letzten Abends. Immer wieder hörte er wie Bokuto leise, weit vom Mikrofon entfernt, diesen kleinen Satz sagte. Wenigstens hatte Kai mit der Kamera einen so schlechten Winkel auf den Spieler gehabt, dass Kuroo ihn zum größten Teil verdeckte und niemand seinen verträumten Gesichtsausdruck sehen konnte. Der hatte sich Kuroo allerdings in den Hinterkopf gebrannt und sorgte erneut dafür, dass die Hitze in ihm aufstieg bis seine Ohren und sein Gesicht brannten. Er hatte ja schon damit gerechnet, aber dass es dann doch so schnell passierte überraschte ihn. Bokuto hatte wesentlich mehr Follower als er selbst und seine Fans liebten ihn. Vielleicht waren sie ja daran Schuld? Trotzdem sehr respekteinflößend.
 

Und dann sah er die Hashtags und verstand, was Oikawa gemeint hatte. Neben seinem und Bokutos Namen, diversen Hashtags zum Team der Black Jackals und Eigenkreationen der Fans stand da #HübscherReporter und #BokutosHübscherReporter. Einige hatten dazu kommentiert wie süß das sei, andere lachten sich schlapp und wieder andere reagierten ungläubig oder suchten gemeinsam in langen Threads nach einer sachlichen Erklärung. Seine eigene Followeranzahl war um einige hundert gestiegen. Vermutlich waren sie von Bokuto zu ihm herüber geschwappt.
 

Kuroo legte sein Handy mit dem Display nach unten auf der Arbeitsfläche neben der Kaffeemaschine ab und fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht. Das war eine Menge Aufmerksamkeit, die er in dieser Form weder wollte noch brauchte. Wenn er Glück hatte starb es genau so schnell wieder, wie es begonnen hatte, aber viel Hoffnung machte er sich nicht. Bisher hatte er keine ausschließlich negative Reaktion bemerken können, aber das konnte sich noch drehen.
 

Mit einem Seufzen drückte er endlich den Knopf an seiner Kaffeemaschine. Irgendwie war er jetzt für seinen Tag noch weniger bereit als vorher.
 

* * *
 

„Da bist du ja endlich! Wieso antwortest du denn nicht auf meine Nachrichten? Ich hab mir Sorgen gemacht!“ Oikawa sprang von seinem Platz am Empfang auf, als Kuroo die Eingangshalle durch die Drehtür betrat. Beinah hätte er wieder kehrt gemacht, als er die übertriebene „Fürsorge“ im Gesicht des anderen sah. Er sah ein bisschen aus wie seine Mutter damals, als sie ihn einmal in der Mittelschule hatte abholen müssen weil er sich übergeben hatte. Es war genau so gekünstelt. Da war wohl wieder jemand in seinen dramatischen fünf Minuten.
 

„Vielleicht habe ich dir nicht geantwortet, weil ich im Gegensatz zu dir geschlafen habe. Und als ob du dir Sorgen um mich machen würdest, so ein Blödsinn“, sagte er mürrisch und machte sich direkt auf den Weg durch die Drehkreuze hin zu den Aufzügen.
 

„Jetzt warte doch mal! Du kannst mich doch nicht einfach so hängen lassen, ich will mehr Infos!“ Damit war Oikawa hinter dem Empfangstresen hervor gesprungen und kam zu ihm gelaufen, sobald Kuroo hinter der Absperrung war. Er drückte den Knopf um einen der Aufzüge zu rufen, musste aber zu seinem Leid feststellen, dass gerade keiner in der Nähe war.
 

„Hast du nicht zu arbeiten?“, fragte er und warf einen Blick über seine Schulter zurück zum Empfang wo tatsächlich ein paar Leute standen um sich für Termine anzumelden. Allerdings wurden die bereits von Oikawas Kollegen betreut. Abgesehen davon ignorierte der andere einfach seine Bemerkung und machte da weiter wo er aufgehört hatte.
 

„Hat er dir wirklich gesagt, dass du 'verdammt hübsch' bist? Irgendwie versteht man es auf den Aufnahmen so schlecht.“ Oikawa lehnte sich gegen die Wand neben den Aufzügen und betrachtete Kuroo aufmerksam, sichtlich über dessen Unwillen zu reden amüsiert. Dieser starrte nun auf die Anzeigen der Fahrstühle und hoffte, dass sich bald einer in seine Richtung bewegte. Schließlich nickte er mit einem ergebenden Seufzer, als die Aufzüge erneut in den oberen Stockwerken anhielten. Er würde den anderen ja sowieso nicht abschütteln können.
 

„Uhhh! Und? Was hast du zu ihm gesagt?“, fragte der Rezeptionist und beugte sich etwas vor. Wie erwartet war seine Antwort auf Bokuto aus allen Aufnahmen im Internet herausgeschnitten worden. Und bei denen, wo man zumindest noch erahnen konnte dass er danach etwas sagte, hörte man ihn entweder nur einatmen oder noch ein leises aber durchaus dämliches „Ähm“ von sich geben, an das er sich aus seinem Mund gar nicht erinnern konnte.
 

„Hast du etwa meinen Beitrag nicht gesehen?“, fragte Kuroo gespielt bestürzt und drehte den Kopf mit einem passenden Blick zu dem anderen neben sich. Damit wollte er bloß vom Thema ablenken. Er hatte keine Lust sich darüber zu unterhalten, schon gar nicht mit Oikawa, der nur wieder versuchte irgendwo irgendwas hineinzuinterpretieren, doch der andere durchschaute ihn natürlich.
 

„Du weißt, dass ich mir dieses halbherzige Geplänkel nicht gebe. Mach die Analysen oder den Livekommentar, dann schau ich mir dich vielleicht auch mal im Fernsehen an“, stichelte der andere und wischte Kuroos Bestürzung mit einer Handbewegung weg, klang danach aber gleich versöhnlicher. „Außerdem muss ich die Knirpse auf ihr erstes offizielles Spiel am Wochenende vorbereiten, ich hab nur den Liveticker des Spiels mitbekommen. Grausam! Und jetzt lenk nicht ab! Was hast du zu ihm gesagt?“
 

„Nichts“, antwortete Kuroo nur nach einem kurzen Moment der Stille und zuckte mit den Schultern. Der andere sah ihn an und blinzelte irritiert.
 

„NICHTS?!“ Oikawas Stimme hallte an den Steinwänden der Eingangshalle wider. Seine Kollegen am Empfang drehten die Köpfe zu ihm, genau wie einige Gäste und ankommende Mitarbeiter. Kuroo seufzte und wünschte der Boden würde sich auftun.
 

„Dieser Gott von einem Mann sagt dir, dass er dich hübsch findet und du sagst nichts?!“ Der andere klang immer noch als könnte er nicht glauben, was er da hörte. Kuroo biss die Zähne aufeinander. Was hätte er denn sonst machen sollen? Wieder sah er Bokutos Lächeln vor sich und kurz dachte er tatsächlich darüber nach was wäre, wenn er wirklich der Grund dafür gewesen war. Kurz schloss er die Augen und schob diesen Gedanken ganz weit von sich weg.
 

„Er kam frisch vom Spielfeld, war völlig erledigt und vermutlich auf Schmerzmitteln. Du glaubst doch nicht wirklich, dass diese Aussage aus einem klaren Verstand heraus passiert ist. So habe ich das in etwa als Kommentar abgegeben, und gut ist“, erklärte er und sah schon, wie dem anderen diese Aussage nicht zu schmecken schien.
 

„Wie kommt es eigentlich, dass du einen anderen Mann als diesen Fitnesstrainer der Nationalmannschaft auf 'Gott' bezeichnest?“ Nun versuchte Kuroo den Spieß direkt umzudrehen und Oikawa ins Rampenlicht zu stellen. Zu seinem Pech öffnete sich einer der Aufzüge – den er eben noch so herbeigesehnt hatte – in diesem Moment mit einem leisen 'Ping' seine Türen und entließ seine Passagiere ins Erdgeschoss. Das Schicksal schien im Moment nicht auf seiner Seite zu sein. Hoffentlich zog sich das nicht durch den Tag.
 

„Weil ich einen attraktiven Mann als solchen erkennen und wertschätzen kann. Und was, wenn das so ist wie mit Betrunkenen und Kindern? Die sagen doch angeblich immer die Wahrheit“, argumentierte Oikawa mit einem Schulterzucken und kam an die Aufzugtür, durch die Kuroo und einige andere Leute getreten waren. „Und so sehr du es nicht hören willst: Ich finde er hat recht.“ Der angesprochene betrachtete den Rezeptionisten einen Moment skeptisch. Wieder klang der andere wie seine Mutter, nein, eher wie seine Oma. Schließlich seufzte er, drückte den Knopf des zwölften Stockwerks und schüttelte den Kopf.
 

„Ich hole später wieder Kaffee. Pause wie immer?“, fragte Oikawa in einem wieder etwas versöhnlicheren Tonfall. Ihr Gespräch war hier zumindest beendet, aber Kuroo ahnte dass es später mit seiner Bohrerei weitergehen würde, sagte dazu aber nichts.
 

„Ich habe gleich ein Meeting bis um ein Uhr, aber die anderen sollten da sein“, sagte er und erhielt einen Daumen nach oben von Oikawa, ehe sich die Tür vor seiner Nase schloss.
 

* * *
 

Asahi betrachtete ihn mit seinem üblichen besorgten Blick, Yachi saß neben ihm an dem langen Tisch und tippte auf ihrem Laptop das Protokoll des Meetings mit. Anabara, Naoi und Daisho waren bereits gegangen. Der Produzent, die Regie, Yachi als Planungsassistenz und Azumane vom Editor Team blieben mit ihm zurück, da sie danach wohl noch weitere Themen besprechen mussten.
 

Das Meeting war wie immer ausgegangen. Die Wochenzusammenfassung für den Volleyballteil in der Sportschau am Sonntag bekam Daisho, nicht er. Das Interview mit den Adlers, die diese Saison als Favoriten galten, für das Extra bekam ebenfalls Daisho. Dafür musste er die Zusammenfassung der gelaufenen Spiele in diesem Monat für das Editor Team schreiben und bei der Planung mithelfen. Wieder hatte er nicht aus diesem Kreislauf ausbrechen können. Wie er diese Hilfsarbeit hasste.
 

Er versuchte wirklich es sich nicht anmerken zu lassen und war etwas erschrocken, als der Projektleiter ihn bat noch zu bleiben. Hatte man doch etwas gemerkt? War es jetzt raus, dass er Daisho für sein Geschleime am liebsten eine verpassen würde. Das Schlimmste war ja, dass sein Schleimen funktionierte. Zumindest sah Kuroo das so.
 

„Ich wollte dir nur sagen, dass du das gestern Abend wirklich vorbildlich gelöst hast“, sagte der Produzent mit einem Lächeln und Kuroo blickte ihn überrascht an. „Es zu ignorieren wäre für manche die sicherere Option gewesen, aber mit deinem Charme hast du das ganze wunderbar überspielt.“
 

„Vielen Dank“, sagte er und versuchte sich seine Irritiation nicht anmerken zu lassen. War das wirklich alles? Es verunsicherte ihn, dass dieser immer ernste und strenge Mann lächelte und seinen Charme lobte. Wollten sie ihn von seinem Posten abziehen? War es wie damals in der Schule? Erst positive die Kritik nach einem Vortrag, dann das Messer in den Rücken stechen und die überraschend schlechte Note für seine Mühen in ein Lächeln verpacken?
 

„Der Pressesprecher und der Kapitän der Black Jackals haben heute Morgen auch bei uns angerufen, um sich persönlich zu entschuldigen und dafür zu bedanken, dass du so reagiert hast“, sagte er. „Dein Kommentar hat das ganze auch für Kotaro Bokuto weniger peinlich gemacht.“ Kuroo gab einen zustimmenden Laut von sich, da er nicht wusste, was er sonst zu sagen sollte. Diese Situation hier war seltsam absurd und hier zu sitzen wurde ihm jeden Moment unangenehmer.
 

„Ich weiß auch, dass du gern die Zusammenfassung moderiert hättest, aber durch diesen Zwischenfall bist du leider ausgeschieden. Natürlich nicht wegen dir, aber jemand anderes könnte die Sache wieder aufgreifen und einen Strick daraus drehen, ob nun für dich, Bokuto oder uns.“ Nichts als Entschuldigungen, die in seinen Augen noch nicht einmal wirklich Sinn ergaben. Nicht wegen ihm, natürlich nicht...
 

Selbst wenn alles wie am Schnürchen gelaufen wäre hätte er den Beitrag nicht bekommen. Also war alles wie immer und trotzdem nickte er nur verständnisvoll. Diskutieren würde ihm bei diesen alten Dickköpfen nicht weiter bringen und er hing zu sehr an seinem Job, um sich mit ihnen anzulegen.
 

Daraufhin wurde er aus der Besprechung entlassen. Kaum war die Tür hinter ihm zu gefallen seufzte er genervt auf und ging direkt zu seinem Schreibplatz auf dem gleichen Stockwerk. Es war verhältnismäßig laut im Großraumbüro, viele machten ihre Pause direkt am Platz, einige waren bereits aus der Pause zurück und unterhielten sich noch mit Kollegen, es war schließlich Mittagszeit. Kuroo war dagegen der Hunger vergangen. Er hatte zwar mit diesem Ausgang des Meetings gerechnet, aber es änderte nichts daran, dass er sich jedes Mal darüber ärgerte. Über Daishous Schleimerei, und seine eigene Feigheit den Mund auf zu machen. Irgendwann würde er davon noch ein Magengeschwür bekommen.
 

Murrend ließ er seine Unterlagen auf seinen Schreibtisch fallen und betrachtete den traurigen Fertigsalat aus dem Supermarkt, der da neben einem Becher aus dem kleinen Café an der Ecke stand auf den ein Herzchen mit Marker gemalt worden war. In diesem Moment landete noch ein Schokoriegel auf dem Deckel der Salatpackung und er sah auf.
 

„Oh je, dein Blick sagt alles. Gut, dass ich noch mal zum Automaten für was Süßes gegangen bin“, sagte Terushima und bedachte ihn mit einem mitleidigen Blick, der nicht zu seinem Grinsen passen wollte. Der andere musste nicht fragen um zu wissen was los war. Es war schließlich immer die gleiche Leier nach diesen Meetings und Kuroo ging sich ja schon selbst damit auf die Nerven. Er seufzte noch einmal, schüttelte dann aber die schlechte Laune so gut es ging ab.
 

„Ist der Salat auch von dir?“, fragte er ungläubig. Wenn Terushima ihm Essen brachte war es meist etwas fettiges, ungesundes mit viel zu viel Panade.
 

„Nope! Den hat dir Oikawa mit dem Kaffee mitgebracht, nachdem du wieder 'Ohne einen einzigen Bissen zu essen' gekommen bist“, sagte der andere und ahmte dabei ihren Freund nach. Trotzdem war Kuroo dankbar. Oikawa bemerkte immer ob er nur seine Laptoptasche oder auch seinen Rucksack dabei hatte und brachte immer etwas zu essen für ihn mit oder beauftragte jemanden aus ihrer Gruppe etwas zu besorgen, wenn ersteres der Fall war. Meist dachte er selbst gar nicht daran und bemerkte es erst wenn sie alle gemeinsam Pause machten.
 

„Wir sind noch auf der Terrasse, kommst du mit?“ Kuroo blickte noch einmal auf seine Uhr, dann auf das mitgebrachte Essen. Kurz haderte er, allerdings würde er es später bereuen, wenn er nichts aß. Außerdem hatte Okiawa sicher schon alle, die wenig bis keine Twitterpräsenz hatten, darüber informiert, was dort am letzten Abend geschehen war. Es gab also so oder so kein entkommen. Und vielleicht heiterten ihn die Kommentare seiner Freunde und Kollegen ja etwas auf.
 

Kuroo sammelte die Lebensmittel von seinem Schreibtisch auf und deutete dem anderen an vor zu gehen. Kaum traten sie durch die Tür auf die begrünte Terrasse hinaus hörte er Tanaka seinen Namen jubeln und Nishinoya stieg mit einer Wolf Whistle ein. Er verdrehte zwar die Augen, aber wie erwartet wuchs ein Grinsen auf seinem Gesicht. Von hier an konnte es nur besser werden.
 

* * *
 

Zwei Tage später stand er an der Drucker-Kopiekombination im kleinen Geräteraum des Stockwerks und versuchte eben dieses Gerät dazu zu überreden einfach seinen Artikel auszudrucken, damit er ihn ein letztes Mal lesen und überarbeiten konnte.
 

„Was bekomme ich von dir, wenn ich die Sache mit dir und Bokuto nicht in der Zusammenfassung anspreche?“ Kuroo hob den Blick von der Anzeige und drehte sich zu der Stimme um. Dort stand Daisho an den den Türrahmen gelehnt und betrachtete gespielt gelangweilt seine Fingernägel. Einen Moment lang starrte er den anderen Mann an, der schließlich seinen Blick hob und frech zu grinsen begann.
 

„Keine Nackenschelle, das bekommst du“, sagte Kuroo trocken und sammelte das Papier auf, dass der Drucker endlich ausgespuckt hatte. Leider hatte sich auch Twitter nach diesem Vorfall immer noch nicht beruhigt, eher im Gegenteil. Da sich Bokuto persönlich bisher nicht öffentlich dazu geäußert hatte, sondern nur das PR-Team der Black Jackals, gingen die Spekulationen was dieser Kommentar zu bedeuten hatte wild weiter.
 

„Warum denn gleich mit Gewalt drohen?“, fragte Daisho und lachte auf als hätte Kuroo gerade den Witz des Jahres gerissen. Innerlich verdrehte er die Augen und hoffte, dass der andere einfach ging. Er hatte keine Lust sich mit ihm herumzuschlagen. Daisho hatte doch alle Aufträgen bekommen, die man sich wünschen konnte. Reichte es ihm mittlerweile nicht mehr Kuroo seine Träume vor der Nase wegzuschnappen? Musste er jetzt auch noch anfangen nach ihm zu treten, während er am Boden lag? Reagierten seine Gedanken gerade nicht etwas zu dramatisch? Oikawa färbte wohl langsam auf ihn ab.
 

„Warum so bitter, Kuroo? Hast du seine Nummer nicht bekommen?“, setzte der andere nach, nachdem er nicht geantwortet hatte. Mit dieser Bemerkung begann er zu ahnen, woher der Wind wehte. Dieses Spiel wollte er also wieder spielen. Kuroo klopfte den Papierstapel mit mehr Schwung auf den Deckel des Kopierers als unbedingt nötig, um die Seiten zu ordnen. Danach drehte er sich langsam mit einem süffisanten Lächeln um.
 

„Warum so interessiert an meinem Liebesleben, Daisho? Lässt dich Mika wieder mal nicht ran? Oder hat sie dich diesmal endgültig vor die Tür gesetzt?“, imitierte er den Tonfall des anderen. Das Grinsen im Gesicht seines Gegeübers verschwand sehr plötzlich. Ups, hatte er etwa den korrekten Nerv getroffen? Sie kannten sich mittlerweile lang genug, dass Kuroo es geradezu riechen konnte, wenn das Paar sich wieder einmal gestritten hatten. Wirklich selten passierte das ja auch nicht gerade und Daisho wurde dann immer so streitlustig. Leider vertrug er nur geringe Dosen seiner eigenen Medizin.
 

Bevor der andere zum Gegenangriff ansetzten konnte begann allerdings jemand zu lachen und rief 'Burn!'. Terushima tauchte hinter ihm in der Tür auf und klopfte Daisho vielleicht etwas zu fest auf den Rücken, da dieser seinen Halt am Türrahmen verlor und einen Schritt nach vorn machen musste.
 

„Ist es mal wieder so weit? Was hast du diesmal angestellt, na?“, fragte der blonde und während Daisho stotternd irgendwas davon zu erzählen begann, dass das was Kuroo eben gesagt hatte nicht stimmte und er gar nichts gemacht hätte, schob sich eben dieser an den beiden vorbei zurück in den Bürobereich. Terushima ließ allerdings nicht locker und würde den armen Daisho auch nicht in Ruhe lassen, bis er jedes Detail kannte und seine absolut unnützen Beziehungstipps gegeben hatte.
 

Einen kurzen Moment fühlte er sich tatsächlich schlecht. Warum hatte er das bloß gesagt? Zu seiner eigenen Verteidigung musste Kuroo aber sagen, dass er nicht gewusst hatte dass Terushima hier herumlungerte. Eigentlich sollte dieser gar nicht hier oben sein. Von daher war er nicht an dieser Situation schuld. Und Daisho hatte es sicher auch verdient, wenn er schon versuchte Kuroo in dieser, für ihn schrecklichen Woche ans Bein zu pinkeln. Andererseits...
 

Daisho ging es gerade sicher auch nicht blendend, wenn er sich wirklich wieder mit Mika gestritten hatte. Gesund waren diese häufigen Auseinandersetzungen zwischen ihnen sicher nicht, aber er wusste wie sehr die beiden eigentlich aneinander hingen. Kuroo seufzte und drehte sich noch einmal zu den beiden Männern um. Er war ja so ein herzensguter Mensch...
 

„Yuuji, hast du nicht was zu tun? Yachi hat dich vorhin gesucht. Ich glaube du solltest runter ins Studio kommen“, sagte er in den Raum hinein, wo der angesprochene bereits einen Arm um sein Opfer gelegt hatte. Beide drehten den Kopf zu ihm, Daisho überrascht, Terushima mit begeisterter Neugier.
 

„Oho! Sie hat es geschafft dir gegenüber einen ganzen Satz zu formulieren?“, fragte er und klang beeindruckt. In Meetings war Yachi sehr professionell, allerdings sprach sie dort auch so gut wie nie und führte fein säuberlich Protokoll. Außerhalb der Meetingräume war sie immer noch sehr nervös, auch wenn sie nicht erst seit gestern hier arbeitete. Mit der Zeit verbesserte sie sich aber stetig. Manche Leute schienen ihr allerdings mehr Angst zu machen als andere und leider war Kuroo wohl einer von ihnen.
 

„Nicht wirklich, aber ich konnte es mir aus 'Shima', 'Praktikant' und 'Studio' irgendwie zusammenreimen“, antwortete er und Terushima ließ Daisho endlich los. Stattdessen kam er nun zu ihm und legte einen Arm um seine Schultern, nachdem er sich noch schnell von dem anderen verabschiedete. Der wirkte sichtlich erleichtert den blonden endlich los zu sein, würde Kuroo aber natürlich nicht dafür danken.
 

„Du schaust einfach zu bedrohlich“, sagte er und machte sich an Kuroo gelehnt auf den Weg zurück zu dessen Platz, Daisho hatte er mit einem Mal ganz vergessen. Kuroo schnaubte, aber vermutlich hatte der andere recht.
 

„Dann mach dich endlich auf den Weg. Nicht dass sie noch nervöser wird, weil sie dich nicht finden kann“, sagte er und schüttelte Terushimas Arm ab.
 

„Ok, ok! Wir sehen uns später, mein hübscher Reporter!“ Mit einem Zwinkern – was Kuroo einem genervten Seufzer entlockte – verschwand der andere Mann in Richtung der Aufzüge und ließ ihn endlich allein. Das würde er sich für immer anhören dürfen.
 

Sogar seine Schwester, die kein Interesse an Volleyball hatte, kein Twitter nutze und keine Ahnung hatte wer Kotaro Bokuto war hatte ihm heute morgen ein Foto eines Ausschnitts in einer Klatschzeitschrift, die sie beim Arzt aus Langeweile hatte lesen müssen, per Nachricht geschickt. Noch lief das ganze unter der Rubrik „Peinliche Ausrutscher!“ und der Artikel bestand bloß aus drei kleinen Sätzen. Wenn es nicht mehr wurde, perfekt! Er hatte keine Lust sich mit seiner Mutter darüber auseinander zu setzten, wie es seine Schwester bereits prophezeite, nachdem er ihr die ganze Situation hatte schildern müssen.
 

Kuroo ließ sich an seinem Schreibplatz nieder und seinen ausgedruckten Artikel auf den Tisch vor sich fallen, als das kleine, rot blinkende Licht seines Telefons seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Na toll, hatte er nicht schon ohne Leute die ihn von seiner Arbeit abhielten genug zu tun? Vielleicht hörte es auch wieder auf, wenn er nur lang genug wartete? Er zählte bis zehn aber die Person am anderen Ende der Leitung war sehr entschlossen ihn zu erreichen. Also schön. Kuroo atmete einmal tief ein und nahm den Hörer ab. Noch bevor er sich jedoch melden konnte vernahm er Oikawas entschuldigenden Tonfall.
 

„-achricht hinterlassen? Oh, Moment, ich glaube da ist er! Kuroo?“ Sofort wechselte die Stimmung des Rezeptionisten und er klang geradezu begeistert. Der angesprochene zog zweifelnd die Augenbrauen zusammen und beobachtete die bunten Schleifen seines Bildschirmschoners vor sich.
 

„Ja, was ist los? Du rufst doch sonst nie an und kommst einfach hoch“, sagte er und der andere kicherte. Es war dieses nervige kichern, wenn er meinte etwas zu wissen was andere nicht wussten.
 

„Komm bitte mal runter, mein Lieber, du hast Besuch“, sang er förmlich und Kuroo verdrehte die Augen. Wer könnte ihn denn auf der Arbeit besuchen kommen? Lang musste er nicht überlegen, es fiel ihm nur eine Person ein, auch wenn sie heute keinen Grund dazu hatte.
 

„Sag meiner Schwester bitte, dass ich keine Zeit habe und dass sie das ganz genau weiß“, sagte er und seufzte. Die Frau hatte sogar mit einem Kleinkind noch zu viel Zeit, wenn sie wieder einmal meinte hier unangemeldet aufzuschlagen. Das geschah nicht oft aber es war eine unliebsame Eigenschaft von ihr.
 

„Es ist nicht deine Schwester! Komm runter!“
 

„Wer ist es dann?“ Er hatte keine Lust umsonst seine Arbeit hier liegen zu lassen, nur weil irgendjemand seinen Namen aufgeschnappt hatte und ihm jetzt sonst was andrehen wollte. Wäre nicht das erste Mal. Normalerweise wehrte Oikawa diese Leute aber immer ab und es waren eher die neuen an der Rezeption, die noch darauf rein fielen.
 

„Komm. Runter. Jetzt!“ Der Befehlston des anderen ließ ihn erneut seufzen und er legte mit eine 'Ok,ok!' auf. Er erhob sich wieder von seinem Platz, nahm das Band mit seinem Ausweis vom Tisch und hing es sich um den Hals bevor er sich auf den Weg zu den Aufzügen machte um zur Rezeption zu fahren und seinen Besuch in Empfang zu nehmen.
 

Wenn es nicht seine Schwester war, wen würde Oikawa zu ihm lassen oder besser gesagt ihn dafür sogar zu sich zitieren? Auf seinem Weg zum Erdgeschoss ging er sämtliche Möglichkeiten durch, aber ihm wollte niemand einfallen. Schon seltsam, dass der andere ihm auch nicht verraten wollte wer es war. Irgendwie wurde ihm mulmig.
 

Endlich taten sich die Aufzugtüren wieder auf. Er trat hinaus in die Eingangshalle und sah... niemanden? Sein Blick wanderte rüber zum Empfangstresen, wo Oikawa gerade etwas auf seinem Handy tippte, während sein Kollege neben ihm am telefonieren war. In wenigen Schritten stand er hinter dem anderen.
 

„Hier bin ich. Also, was ist los? Ich dachte es wäre jemand da?“, fragte er. Hatte Oikawa nur wieder versucht ihn zu mehr Bewegung am Arbeitsplatz zu bringen? Der angesprochene drehte sich mit einem wissenden Grinsen zu ihm um. Da war wieder dieses mulmige Gefühl.
 

„Außenrum, hinten bei den Stühlen“, sagte er, wieder ohne weitere Erklärung. War es doch seine Schwester und sie wollten ihn nur verarschen? Würde zumindest zu ihnen passen. Hätte er die beiden doch nur nie einander vorgestellt... Mit einem Seufzen schlängelte er sich also durch das Drehkreuz hinaus und ging einmal um den Empfang herum.
 

Auf der anderen Seite, parallel zu den Drehkreuzen, war ein kleiner Wartebereich mit Sitzmöglichkeiten eingerichtet, der Teilweise vom hohen Tresen verdeckt wurde. Dort saß auf den ersten Blick niemand. Erst als er den ganzen Bereich einsehen konnte saß da jemand auf einem der Stühle, die direkt am Marmor standen.
 

Der Mann, zumindest schien es von der Statur her ein Mann zu sein, trug einen dunkelblauen Hoodie dessen Kapuze er so weit übergezogen hatte, dass Kuroo sein Gesicht nicht sehen konnte. Er saß etwas nach vorn gelehnt da, ein Bein ausgestreckt, das andere wippte angewinkelt unter dem Stuhl. Er trug eine Schiene über der grauen Jogginghose am Knie des ausgestreckten Beins. Das war mal neu. Normalerweise traf er bei seiner Arbeit eher auf Menschen in Anzügen. Kuroo hatte keine Ahnung wer das sein sollte, aber er würde gleich erfahren, wer ihn mitten am Tag in Jogginghose und Kapuzenpullover besuchen kam.
 

„Hallo, Sie wollten mich sprechen?“, fragte er höflich und setzte sein charmantestes Lächeln auf. Er machte sich auf alles gefasst als die Person fast erschrocken den Kopf zu ihm drehte, scheinbar hatte er ihn nicht kommen hören.
 

Allerdings war er nicht darauf vorbereitet, dass sich zwei große goldene Augen auf ihn richteten und Kotaro Bokuto ihn einen Moment wie ein Reh im Scheinwerferlicht ansah. Unter seiner Kapuze lugten die hellen Strähnen seines Haars hervor. Nach seinem kurzen Schreck machte sich sein berühmtes strahlendes Lächeln auf seinem Gesicht breit. Er wirkte müde und doch schien er vor Energie geradezu zu vibrieren. Bokuto hatte den Spitznamen 'Beam Weapon' nicht umsonst und im Raum schien es heller zu werden. Es war das erste Mal, dass er seine Grübchen, die immer nur bei seinem breitesten Lächeln auftauchten, aus der Nähe sah.
 

„Hi!“, sagte der andere und nun war Kuroo es, der ihn anstarrte.

Wie ein Teenager

Bokuto starrte auf den Tisch vor sich und knetete die Finger der einen Hand mit der anderen. Atsumu saß ihm gegenüber, Hinata und Thomas beugten sich über seine Schulter und alle drei starrten auf den kleinen Handybildschirm. Aus den schlechten Lautsprechern ertönte leise ein 'Man, du bist wirklich verdammt hübsch!' und Bokuto verzog das Gesicht, bevor er sich mit einem Murren hinter seinen Händen versteckte. Am liebsten würde er sich in Luft auflösen.
 

„Wow. Ich meine... Es überrascht mich nicht, aber irgendwie hab ich es nicht so erwartet, Bokkun“, sagte Atsumu schließlich nach einem Moment der Stille. Bokuto gab hinter seinen Händen nur einen gequälten Laut von sich.
 

„Als Meian meinte, du hättest was Dummes gemacht, habe ich auch irgendwie was anderes erwartet“, sagte Hinata lachend, „aber deine Follower scheinen es zu lieben.“
 

„Im Grunde war es doch aber nur abzusehen, dass ihm mal so was in der Art raus rutscht, oder? So wie er diesen Typen anhimmelt und keinen seiner Beiträge verpasst“, kicherte Barnes in seine Kaffeetasse, aus der er schlürfend einen Schluck nahm. Wieder jammerte Bokuto leidend in seine Hände. Sie machten sich alle über ihn lustig und das schon seitdem er wieder bei ihnen im Hotel war. Dabei wusste er selbst nicht, warum er es gesagt hatte. Es war ihm einfach herausgerutscht. Vielleicht hatte sein Hirn einfach einen Kurzschluss gehabt, da es nicht fassen konnte Tetsuro Kuroo wirklich vor sich zu haben. Vielleicht hatte er auch einfach gedacht es wäre ein Traum gewesen.
 

Aber Barnes hatte recht, er himmelte den charmanten und – in seinen Augen – unfassbar gut aussehenden Korrespondenten des Tokioter Sportsenders an. Er nervte die anderen vermutlich, wenn sie gemeinsam Spiele von anderen Teams in Tokio sahen oder nur ein kurzer Zusammenschnitt seines Beitrags in der Zusammenfassung erschien und er alles und jeden für diesen Moment ausblendete, in dem Tetsuro Kuroo seinen Auftritt hatte. Er hatte ihn bisher nicht einmal verpasst. Und dann, wenn sie selbst in Tokio spielten, blieb er nervös auf Abstand wenn er ihn am Pressegang sah und war doch jedes Mal enttäuscht, dass der andere ihn nicht bemerkte. Ein Widerspruch in sich. Er war wie ein verfluchtes Schulmädchen!
 

„Ihr hättet seinen Gesichtsausdruck dabei sehen sollen“, sagte Meian amüsiert, der gerade den Konferenzraum des Hotels betrat, gefolgt vom Trainer und dem Teammanager. Atsumu lachte sein dreckiges Lachen und meinte eher zu sich selbst, dass er das gern gesehen hätte. Bokuto tauchte wieder aus seinen Händen auf und blickte zu ihrem Kapitän.
 

„Wir haben beim Sender angerufen und uns bei ihnen für diese 'Unannehmlichkeit' entschuldigt. Allerdings solltest du es auch noch einmal persönlich und offiziell direkt bei ihm tun“, sagte der Teammanager an ihn gerichtet und Bokuto nickte. Machte ja nur Sinn. Kuroo hatte sich scheinbar nicht weiter dazu geäußert, aber er konnte nicht wissen, wie sehr ihn sein dummer Kommentar beeinflusste. Es waren ja auch noch keine 24 Stunden seitdem vergangen, aber so wie sein Twitter über Nacht explodiert war ging es dem anderen bestimmt auch. Er verzog dennoch das Gesicht. Das bedeutete, dass er nach dieser peinlichen Aktion noch einmal direkten Kontakt mit ihm aufnehmen musste. Das würde er nicht überleben.
 

„Gut, dann wollen wir mal anfangen. Zuerst die wichtigsten Dinge“, sagte Trainer Forster und setzte sich an den Konferenztisch, ignorierte einfach das Dilemma vor dem sich Bokuto wiederfand. Die anderen taten es ihm gleich und sammelten sich.
 

Da Bokuto und Atsumu nach dem Spiel zur Untersuchung ihrer Verletzungen noch ins Krankenhaus gebracht worden waren, war die Nachbesprechung am Abend ausgefallen. Er selbst hatte sogar die Nacht dort verbracht, nachdem sie ihn für einige weitere Untersuchungen vor Ort behalten wollten. Damit war er erst vor ein paar Stunden wieder zu ihnen gestoßen.
 

„Atsumus Finger sah schlimmer aus, als es im Endeffekt war. Du hörst aber bitte auf den Arzt und schonst dich noch ein paar Wochen, so gut es eben mit den anstehenden Spielen geht. Kotaro allerdings...“ Forster ignorierte den murrenden Mann zu seiner rechten und holte ein paar Zettel aus einem Umschlag heraus, der auf seinen Unterlagen gelegen hatte. „Riss des vorderen Kreuzbandes und stark überdehnte Bänder im Knöchel. Der Arzt empfiehlt eine Operation am Knie.“ Durch die Gruppe fuhr ein Murmeln. Für Bokuto war diese Information nichts neues, hatte er sich mit der weiteren Planung seiner Genesung schon die letzte Nacht um die Ohren geschlagen, da er trotz Schmerzmittel kaum hatte ruhig liegen und damit schlafen können.
 

„Wir haben heute Morgen schon kurz drüber gesprochen, wie es weiter gehen soll“, sagte Meian und Bokuto nickte bevor er den anderen im Team den Plan mitteilte.
 

„Die OP ist nächste Woche, wenn die Schwellung etwas zurückgegangen ist. Ich überlege hier in Tokio bei meiner Familie bleiben und auch für die erste Reha einen Physiotherapeuten hier zu suchen, aber das muss ich erst noch klären“, sagte er und betrachtete dabei seine Finger mit denen er an kleinen Hautfetzen an seinen Nagelbetten zupfte.
 

„Mit dem Knie fällst du schätzungsweise mindestens zwei bis drei Monate aus, richtig?“, fragte Sakusa, der sonst eher desinteressiert wirkte.
 

„Wenn es schlecht läuft sogar länger, aber wir hoffen einfach das Beste“, verkündete Forster optimistisch und Bokuto entschuldigte sich zum gefühlt hundertsten Mal für diesen Unfall. Hinata protestierte, dass sein Freund nicht mit zurück nach Osaka kam, aber ändern konnte er damit an der Situation auch nichts.
 

Er fühlte sich wirklich schlecht. Nicht nur, dass er kein Volleyball spielen konnte – was er brauchte wie die Luft zum Atmen – er ließ auch noch sein Team für diese Zeit im Stich und wenn er nicht gut genug an sich arbeitete würde seine Genesung auch nur schleppend voran gehen. Trotzdem hatte es auch etwas schönes, wie Meian es bei ihrem ersten Treffen am Morgen formuliert hatte: Bokuto hatte seine Eltern seit Neujahr nicht mehr besucht und er war ein absoluter Familienmensch. Er solle die Zeit nicht nur negativ sehen sondern auch genießen, aber das war leichter gesagt als getan.
 

„Damit ist die schlechteste Nachricht überbracht. Wenden wir uns jetzt dem Spiel von gestern zu. Jungs, ich bin ganz ehrlich zu euch, das war nicht das schlechteste Spiel meiner Karriere als Trainer, aber es kommt nah ran“, sagte Forster und schob die DVD mit der Aufzeichnung des Spiels Thomas zu, der am Ende des Tisches und damit am nächsten zum großen Flachbildfernseher an der Wand saß.
 

* * *
 

Er betrachtete seine Mutter über die kalte Misosuppe hinweg, die sie ihm zum Frühstück hingestellt hatte. Es war schon fast Mittag und trotzdem hatte sie ihn ausschlafen lassen und servierte ihm nun auch noch Frühstück, obwohl hinter ihr bereits das Mittagessen in einem großen Topf köchelte. Dabei hatte er gar nicht so lang schlafen wollen, die Schmerzmittel machten ihn einfach unfassbar müde.
 

„Es ist so schön dich mal wieder hier zu haben“, sagte sie nun schon zum zehnten mal, seitdem er am Vortag mit seiner Tasche vor dem Haus von einem Fahrer abgesetzt worden war. Ihr Lächeln war strahlend und ehrlich. Endlich hatte sie ihr Küken wieder im Nest, ihren kleinen Jungen, der ihr schon seit der Mittelschule schon weit über den Kopf gewachsen war. Sie streckte die Hand nach ihm aus und streichelte ihm sanft über die Wange.
 

Seine Eltern hatten selbstverständlich das Spiel und seinen Sturz im Fernsehen gesehen, trotzdem hatte seine Mutter fast geweint, als sie ihn auf Krücken gesehen hatte. Sie war schon immer sehr emotional gewesen und reagierte manchmal etwas über. Vermutlich hatte er diese Eigenschaft von ihr.
 

Er lächelte sie an und sie lehnte sich zu ihm, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu geben. Danach wandte sie sich wieder ihrer Arbeit in der Küche zu, allerdings nicht ohne seine leere Reisschale noch einmal zu befüllen.
 

Sein Handy, das neben ihm auf dem Tisch lag, begann zu klingeln und er nahm den Anruf ohne auf den Bildschirm zu schauen an, da er ihn bereits erwartete. Mit einem Mal hatte er das gleiche mulmige Gefühl wie zu dem Moment, als der Arzt ihm im Krankenhaus aufgezählt hatte, was bei seinem Sturz alles an ihm kaputt gegangen war. Man hatte ihm zwar versichert, dass seine Verletzungen seine Karriere nicht unbedingt gefährdeten, dennoch hatte sich genau dieser Gedanke in seinen Hinterkopf gepflanzt. Er war noch nie so verletzt gewesen. Neunzigprozentige Chance auf vollkommene Genesung ohne größere Einschränkungen und trotzdem hatte er Angst, dass sein Traum nun zu Ende ging.
 

„Bokuto?“, fragte die ruhige und höfliche Stimme am anderen Ende der Leitung und holte ihn aus seinem Kopf zurück. Er war ans Telefon gegangen und hatte sich nicht einmal gemeldet, eindeutig ein neues Tief. Er rieb sich mit einer Hand übers Gesicht und setzte ein Lächeln auf.
 

„Akaashi! Sorry, ich bin noch super erledigt. Die Schmerzmittel“, lachte er und überspielte so seine negativen Gedanken, auch wenn der andere ihn ohne Probleme durchschauen konnte. Trotzdem wurde er dieses mulmige Gefühl von zuvor nicht los und nun gesellte sich auch noch Nervosität hinzu. „Und, wie sieht es bei euch aus?“
 

„Das ganze Team ist im Moment leider vollkommen ausgebucht“, begann der andere nach kurzem zögern und Bokuto spürte bereits wie die Enttäuschung die Nervosität verdrängte. Er gab einen etwas niedergeschlagenen Laut von sich und sah seine Mutter an, die sich wieder zu ihm umgedreht hatte als sie den Namen seines Freundes gehört hatte. Der andere war seit ihrer Schulzeit fast wie ein zweiter Sohn für sie.
 

„Ich kann dir allerdings anbieten dich außerhalb der Praxiszeiten zu behandeln, wenn dir das Abends nicht zu spät ist. Es wäre auch deutlich diskreter für dich und die Praxis. Ich bin ehrlich gesagt kein Fan davon, wenn mir die Presse wegen dir den Laden einrennt“, fuhr Akaashi fort und klang dabei so ruhig wie immer, auch wenn Bokuto sich den wenig begeisterten Gesichtsausdruck des anderen in diesem Moment bildlich vorstellen konnte. Bokuto atmete beruhigt auf.
 

„Wirklich? Das ist klasse! Überhaupt kein Problem für mich! Ich komme zu dir, wann immer es am besten passt!“, versicherte er sofort mit einem Grinsen im Gesicht. Er war erleichtert, dass er seine ersten Rehaschritte mit seinem besten Freund gehen konnte. Seine Gedanken bezüglich seiner Genesung machten ihm Angst und er fühlte sich mit Akaashi an seiner Seite wohler als mit jedem anderen Physiotherapeuten. Der andere hatte schon immer ein Talent dafür gehabt ihn aus seinem Kopf zurück zu holen, wenn die Spiralen immer enger wurden und in düstere Bereiche vordrangen.
 

„Wunderbar!“ Auch Akaashi klang irgendwie erleichtert. Wenn er es nicht besser wusste würde er meinen der andere lachte ein wenig. „Dann sehe ich dich das erste Mal nach deiner Operation. Bring bitte deine Befunde mit.“
 

„Natürlich! Dann... sehen wir uns dann! Ich danke dir!“ Kurz darauf verabschiedeten sie sich. Bokuto hätte gern noch etwas mit seinem Freund gesprochen, zumindest ein wenig seine Nerven von den Sorgen befreit, die langsam an ihnen nagten, aber Akaashi hatte zu arbeiten. Er hatte ja gesagt, dass das ganze Team ausgelastet war und sicher hatte dieser kurze Anruf schon eine Menge seiner kostbaren Zeit für andere Patienten in Anspruch genommen. Wenn Akaashi noch immer so war wie damals in der Schule hatte er gerade allerdings seine Pausenzeit dafür geopfert und kümmerte sich jetzt noch um Organisatorisches statt etwas zu essen und sich zu erholen.
 

* * *
 

Zum wievielten Mal er gerade tief ein und wieder ausatmete wusste er nicht. Er stand schon eine ganze Weile auf der anderen Straßenseite gegenüber des großen, fast ganz in Glas gehüllten Gebäudes über dessen Eingang so unscheinbar „Tokyo Sport News“ prangte. So im Nachhinein betrachtet war es bestimmt nicht seine beste Idee gewesen wirklich hier her zu kommen, aber am Vorabend hatte das alles in seinen Gedanken noch so perfekt geklungen.
 

Nachdem ihn Meian noch einmal daran erinnert hatte, dass er sich noch offiziell entschuldigen musste hatte er erneut eine kurze Krise gehabt. Wie sollte er sich denn entschuldigen? Offiziell bedeutete ja, dass er es entweder über Twitter oder die Pressestelle machen musste. Wenn er ehrlich war waren sie alle ganz schön blöd gewesen ihm die Entscheidung zu überlassen welchen Weg er gehen wollte, denn er war gewaltig überfordert. Das lag allerdings eher an der Person, die er damit erreichen sollte.
 

Einfach eine Entschuldigung zu posten oder über andere Kanäle an die Außenwelt zu bringen, wirkte so unpersönlich. Und eigentlich wollte er sich nicht dafür entschuldigen, dass er die Wahrheit gesagt hatte. Doch Meian und Forster hatten recht. Er wusste nicht, in wie weit diese Sache Kuroos Leben beeinflusste. Bisher hatte er wenig aus der Öffentlichkeit mitbekommen, allerdings hatte bereits in einem Artikel in einer der Klatschzeitschriften, die die ältere Nachbarin seiner Eltern las, eine sehr bunte Spekulation über seine sexuelle Gesinnung gestanden. Sogar das PR-Team war kaum eine Stunde später mit der Bitte an ihn heran getreten sich endlich darum zu kümmern, wenn er seine Ruhe behalten wollte.
 

Seine Mutter hatte ihm letztendlich die Idee in den Kopf gepflanzt, wegen der er nun hier stand und sich nicht traute das Gebäude zu betreten. Warum sich nicht erst bei ihm melden, bevor er die Öffentlichkeit einschaltete? Vielleicht fühlte sich Kuroo damit ja auch unwohl, wenn er es einfach irgendwo las satt es von ihm selbst zu hören. Sicher, er hätte ihn bestimmt auch anders kontaktieren können, aber wie groß war die Chance, dass der andere ihn in seinen Direktnachrichten auf Twitter nicht sah? Vielleicht ignorierte er diese genau so sehr wie er selbst? Und wenn er sowieso schon für spätere Termine mit den Ärzten im Krankenhaus in der Stadt war...
 

Bokuto atmete erneut zu seiner eigenen Beruhigung tief ein, als das nervöse Kribbeln in seinem Bauch wieder schlimmer wurde. Genug davon! Seine Eltern hatten keinen Angsthasen großgezogen! Ohne sich noch mehr Zeit zum Überdenken zu geben zog er sich seine Kapuze tiefer ins Gesicht und setzte sich mit der nächsten grünen Ampelphase in Bewegung. Er spürte wie die Griffe seiner Krücken mit jedem Meter dem er der Drehtür des Gebäudes näher kam rutschiger wurden.
 

Er versuchte seine Nervosität herunter zu schlucken als er relativ leere Halle betrat. Ein paar Pflanzen waren an den Wänden und Fenstern entlang aufgestellt, ein paar Stühle auf einer Seite des Empfangstresens und Drehkreuze mit Ausweislesern auf anderen Seite vor einigen Aufzügen. Bis auf die beiden Angestellten am Empfang war es leer. Soweit so gut. Wenigstens keine Passanten. Als ob es das besser machte.
 

Die Geräusche seiner Krücken klangen erschrecken Laut in diesem großen, stillen Raum und die beiden Männer hinter dem Tresen hoben den Blick als er näher kam. Einer von ihnen telefonierte leise und tippte auf den Computer vor sich ein, statt Bokuto weiter zu beachten. Der andere Allerdings konnte nur schlecht überspielen, dass er ihn erkannt hatte.
 

„Hi, was kann ich für Sie tun?“, fragte der brünette Mann und lächelte ihn breit an. Sein Ausdruck wirkte aufgeregt, doch schien es nicht wirklich daran zu liegen, dass hier ein (mehr oder weniger) Prominenter vor ihm stand, es war ein ganz anderer Ausdruck. Abgesehen davon, dass er mit einem Ton sprach, als würden sie sich schon seit Jahren kennen. Einen Moment lang starrte er den anderen bloß an und suchte nach Worten bis sein Gegenüber fragend die Augenbrauen hob. Bokuto räusperte sich als er sich endlich wieder fing.
 

„Ich würde gern mit Tetsuro Kuroo sprechen“, sagte er leise und sein Blick wanderte zu dem anderen Rezeptionisten, der noch immer telefonierte und mittlerweile etwas genervt wirkte. Als er wieder den Mann vor sich ansah schien dessen Lächeln noch breiter geworden zu sein.
 

„Ich gehe davon aus, dass Sie keinen Termin haben? Gut, dann schauen wir doch mal ob er gerade Zeit hat“, sagte der andere als Bokuto seine Frage mit einem Kopfschütteln verneinte. Er griff nach dem Telefon vor sich und tippte ohne zu zögern eine Abfolge an Zahlen in das Gerät. Kannte er die Nummer des Reporters etwa auswendig? Oder gab es eine Zentrale Verteilung wie in diesen alten Filmen, als es noch Telefonisten gab? Als der andere dann einfach mit einem Lächeln zu ihm aufsah musste Bokuto beeindruckt feststellen dass er die Nummer wohl wirklich auswendig kannte.
 

Eine ganze Weile sahen sie sich schweigend an und nichts geschah. Es war ein ziemlich unangenehmes Schweigen, zumindest für Bokuto, der schon die ganze Zeit etwas unruhig war. Das Lächeln auf dem Gesicht seines Gegenübers wurde immer kleiner je mehr Zeit verging. Schließlich zog er irritiert die Augenbrauen zusammen. Bokuto spürte ebenfalls wie seine Nervosität langsam von einem seltsamen Gefühl der Niedergeschlagenheit abgelöst wurde. Was hatte er sich denn dabei gedacht? Natürlich würde Kuroo genug zu tun haben, als dass er auch noch die Zeit hätte sich um sehr plötzliche Besucher mit zugegebenermaßen recht dämlichen Anliegen zu kümmern. Er hatte ja schon Glück gehabt, dass der andere zumindest im Haus war! Und nun stapfte er einfach durch die Tür und erwartete, dass der nur darauf wartete dass Bokuto zu ihm kam?
 

„Mh, scheinbar ist er gerade nicht an seinem Platz. Wollen Sie vielleicht eine Nachricht hinterlassen? Oh, Moment, ich glaube da ist er! Kuroo?“ Das Gesicht des anderen Mannes hellte auf, als endlich jemand seinen Anruf entgegen nahm und Bokuto hielt tatsächlich kurz den Atem an. Schließlich lachte der andere und begann zu grinsen.
 

„Komm doch bitte mal runter, mein Lieber, du hast Besuch“, sang er regelrecht und lehnte sich über seinen Schreibtisch, bevor er zu Bokuto aufsah und dieser das verschwörerische Glitzern in seinen Augen sah. „Es ist nicht deine Schwester! Komm runter!“
 

Seine Schwester? Kuroo hatte also eine Schwester, die ihn auf der Arbeit besuchte? Etwas merkwürdig war das schon, oder erwartete er sie vielleicht sogar? Hatte er einen Termin mit ihr und er stahl nun von ihrer gemeinsamen Zeit? War Kuroo vielleicht sogar in Eile?
 

Bevor seine Gedanken weiter um Kuroos Schwester und sein potenzielles Crashen ihres Treffens kreisen konnte, legte der Mann am Empfang den Höher des Telefons etwas zu energisch wieder auf und sah ihn mit einem siegreichen Grinsen an. Wenn der andere die Verwirrung in seinem Gesicht ablesen konnte entschied er sich nicht auf sie einzugehen und stattdessen auf die Sitzgruppe neben dem Empfang zu deuten.
 

„Er macht sich auf den Weg. Wenn Sie möchten können Sie sich dort hinsetzten und ihr Bein ausruhen, ich werde ihn zu Ihnen schicken“, sagte er übertrieben höflich, ganz anders als er eben am Telefon gesprochen hatte. Kuroo und er schienen sich wohl gut zu kennen, wenn er so mit ihm umsprang. Vielleicht waren sie sogar befreundet? Mit einem kurzen Nicken bedankte er sich bei dem jungen Mann, dessen Namensschild er nun das erste Mal bemerkte und ihn als Oikawa auswies, bevor er sich auf den Weg zum Wartebereich machte und dort auf einen Stuhl niederließ.
 

Kuroo war auf dem Weg zu ihm. Irgendwie konnte er nicht ganz glauben, dass er das wirklich durchgezogen und es bis hier hin geschafft hatte. Aber was nun? Wie entschuldigte er sich am besten? Würde er überhaupt einen Ton raus bekommen, wenn der andere vor ihm stand? Bokuto begann nachdenklich auf seiner Lippe zu kauen und zog seine Kapuze wieder tiefer in sein Gesicht. Oh man, er hätte das wirklich besser durchdenken sollen, bevor er her kam. Akaashi hatte wie immer recht, er war viel zu impulsiv.
 

Während seine Gedanken fast panisch um die Frage kreisten, wie die Entschuldigung formulieren sollte kamen ihm plötzlich die Worte seiner Mutter in den Sinn, die sie ihm als Kind und Jugendlicher geradezu vorgebetet hatte. „Wenn du jemandem Unannehmlichkeiten bereitet hast, entschuldige dich ehrlich und mache es wieder gut, soweit du es kannst und wie es der Situation entspricht.“
 

Es der Situation entsprechend wieder gut machen? Sie hatten beide Glück gehabt, dass das Auge der Öffentlichkeit sich nicht so sehr auf diesen 'Patzer' gerichtet hatte und sie beide doch sehr glimpflich davon gekommen waren. Von daher war es noch relativ leicht es „wieder gut“ zu machen, oder nicht? Aber wie? Er konnte beim Team anfragen, ob er Dauerkarten für den Rest der Saison bekäme, aber irgendwie fühlte sich das nicht richtig an. Sie spielten immerhin in Osaka, das war ein ziemlich weiter Weg von Tokio nur für ein Volleyballspiel. Vielleicht Dauerkarten für Tokio? Aber was hatten die Adlers oder die Sporthalle denn damit zu tun?
 

Bokuto betrachtete den kaum richtig gebundenen Turnschuh an seinem verletzten Fuß und wünschte sich, dass er da eher drüber nachgedacht hätte. Wiedereinmal blieb ihm nichts anderes übrig als sein Vergangenheits-Ich leise zu verfluchen. Bevor allerdings ein guter Einfall über ihn kommen konnte riss ihn eine warme, freundliche Stimme aus seinen Überlegungen die er vermutlich überall erkennen würde. Der Schreck ließ ihn geradezu den Kopf herumreißen und ja, da stand er.
 

Tetsuro Kuroo. Die Ärmel seines Hemdes zu den Ellenbogen hochgekrempelt, die obersten zwei Knöpfe waren offen, sein Gebäudeausweis hing an einem roten Band um seinen Hals. Casual Business mit dunkler Jeans und Turnschuhen. Bokuto riss seinen Blick hinauf zum Gesicht seines Gegenübers, bevor er sich in den Details an ihm verlor und sah gerade noch wie das unfassbar charmante Lächeln, dass er nur zu gut aus dem Fernsehen kannte, etwas ermattete und einem überraschten Ausdruck wich.
 

Der andere hatte wirklich nicht mit ihm gerechnet, warum auch? Eigentlich sollte ihn das noch mehr verunsichern, wenn alles nach seinem normalen Muster verlief. Trotzdem konnte er nicht anders als zu Grinsen. Es wuchs in seinem Gesicht einfach wie von selbst und ein wenig später schien auch das Lächeln des anderen wieder etwas präsenter zu werden.
 

„Hi“, rutschte ihm geradezu dümmlich raus und innerlich raufte er sich sofort die Haare. Der anderer, sicher immer noch überrascht von seinem Auftauchen, betrachtete ihn ohne etwas zu sagen und schließlich fiel Bokuto wieder ein weswegen er eigentlich hier war. Er stand etwas zu schnell auf und vergaß wiedereinmal sein Handicap als er zu viel Gewicht auf sein verletztes Bein lagerte. Ein stechender Schmerz schoss durch seinen Knöchel hinauf, sein Knie war weniger das Problem. Trotzdem ließ er sich bis auf ein kurzes Schwanken als er sein Gewicht verlagerte nichts anmerken sondern strahlte den anderen einfach weiter an.
 

„Also ich bin hier, weil... ähm... Ich wollte“, begann er zu stottern und merkte wie leer sein Kopf mit einem Mal war. Als hätte er sämtliche Worte in seinem Sprachschatz vergessen. Und seine Manieren, aber er war noch nie jemand der sich steif an Förmlichkeiten gehalten hatte. Trotzdem war genau das, was seine Mutter immer so verzweifelt versucht hatte beizubringen, das Erste was ihm nun einfiel und er verbeugte sich vor dem anderen, wenn auch etwas steif, um seinem Kopf mehr Zeit zum finden und sortieren von Worten zu verschaffen.
 

„Ich möchte mich bei dir dafür entschuldigen, was vor ein paar Tagen nach dem Spiel zu dir gesagt habe!“ Seine Stimme hallte an den Steinwänden der Eingangshalle wieder. Hatte er wirklich so laut gesprochen? Während er begann das Gesicht zu verziehen vernahm er ein amüsiertes Kichern. Er hob seinen Kopf uns sah wie Kuroo mit einer Hand über seinem Mund gelegt vor ihm stand und sichtlich versuchte sich zu beherrschen. Warum lachte er denn jetzt? Nicht, dass es ihn stören würde, denn die kleinen Fältchen um seine Augen machten ihn noch hübscher, aber er verstand nicht, was gerade so lustig war.
 

„Und dafür kommst du extra persönlich hier her und holst mich von der Arbeit weg?“, fragte der andere Mann immer noch amüsiert, aber nicht mehr am Lachen. Oh! Richtig! Er war so so blöd! Bevor der andere weitersprechen konnte stotterte er selbst erneut drauf los.
 

„Es...Also... Tschuldigung, dass ich dich von der Arbeit abhalte, dass... ich meine...“ Während er versuchte eine weitere Entschuldigung in Worte zu fassen, sah er wie sein Gegenüber gegen ein weiteres Lachen ankämpfte. „Und... Entschuldige, dass ich dich so informell anspreche.“ Bokuto wich dem Blick des anderen aus, der ihn immer noch so amüsiert ansah. Ja, er hatte sich gerade wunderbar zum Affen gemacht, aber war das denn etwas neues? Normalerweise störte ihn das auch nicht so sehr, aber eigentlich hatte er einen guten Eindruck bei dem anderen machen wollen nachdem er es schon bei ihrer ersten direkten Begegnung so verhauen hatte. Und nun?
 

„Schon in Ordnung. So viel unfassbar wichtige Sachen habe ich gerade nicht zu tun, dass ich dir nicht fünf Minuten meiner wertvollen Zeit schenken könnte“, sagte Kuroo mit freundlich mit einem schiefen Grinsen in seinem Gesicht. „Allerdings überrascht es mich wirklich, dass du her gekommen bist um... um das persönlich zu machen. Ich meine, so etwas wird normalerweise nicht auf dieser Eben von 'persönlich' geregelt, oder nicht?“
 

Kuroo hatte ja recht. Sie waren beide Personen des öffentlichen Lebens, die sonst kaum direkt miteinander zu tun hatten. Da gäbe es normalerweise vielleicht ein Schreiben, unter das Bokuto seine Unterschrift setzte, eine Email, nichts was den anderen dazu verpflichtete sich lang und direkt damit auseinander zu setzten. Und dann kam das öffentliche, falls man bei seinem Fehltritt noch eine große Welle an Reaktionen losgetreten hatte.
 

„Ich weiß, aber... Naja, mir wurde immer beigebracht Verantwortung zu übernehmen“, sagte er und begann dann über sich selbst und diese Aussage zu lachen. Wenn seine Mutter wüsste das er wirklich hier stand. „Außerdem habe ich mit meiner Aussage ja leider dafür gesorgt, dass es zu ein paar Spekulationen kam. Die haben sich zwar kaum gegen dich gerichtet, aber ich habe dich trotzdem mit rein gezogen. Das würde ich gern wieder gut machen. Irgendwie.“
 

Ja, 'irgendwie' traf es ganz gut, denn er hatte immer noch keine Idee. Da er es nun allerdings ausgesprochen hatte und sein Gegenüber ihn nun fragend ansah – er wirkte geradezu irritiert – musste ihm schnell etwas einfallen. Er könnte auch dem anderen die Entscheidung überlassen und sich dann um die Umsetzung kümmern, das würde ihn zumindest aus dieser peinlichen Lage retten. Doch das machte es irgendwie unpersönlicher, zumindest fühlte sich dieser Gedanke für ihn so an. Und irgendwie wollte er dem anderen auch im Gedächtnis bleiben, natürlich eher positiv. Kuroo betrachtete ihn in dem Moment, indem er selbst versuchte sich schnell etwas Schlaues einfallen zu lassen, verwundert und hob dann abwehrend die Hände.
 

„Ach nein, das ist nicht nötig“, sagte er wieder mit diesem charmanten Lächeln, dass Bokuto nach so vielen schlechten Trainings wieder aufgemuntert hatte, wenn er nach einer viel zu heißen Dusche die Sportnachrichten hatte laufen lassen. Nun sah er es live vor sich und es war nur auf ihn gerichtet. Sicher, es war von seinem Gefühl her ein merkwürdiges Gespräch was sie hier führten, aber ihm gehörte Kuroos ungeteilte Aufmerksamkeit. Und wenn er wieder ging, egal wie sie sich einigten, würden sich ihre Wege wieder genau so selten und unpersönlich kreuzen wie zuvor. Er wäre lediglich eine Erinnerung an ein unangenehmes Ereignis.

Und endlich kam ihm eine Idee. Vielleicht nicht die Beste und auch eine etwas egoistische, aber einen Versuch war es wert.
 

„Ich würde sich gern auf ein Essen einladen, wenn dir das recht ist. Oder etwas anderes“, platze es schließlich aus ihm heraus und Kuroos Lächeln wich wieder Verwunderung. Er meinte auch neben sich jemanden scharf einatmen zu hören, doch als er den Kopf drehte schienen beide Männer an der Rezeption mit der Arbeit an ihnen Computern beschäftigt zu sein.
 

„Also, das ich wirklich nett, aber das musst du nicht. Wirklich“, begann der andere auszuweichen und brachte damit Bokutos Aufmerksamkeit wieder zu sich. Mit einem Mal wirkte Kuroo steif und angespannt. War er zu weit gegangen? Dachte er er wollte ihn jetzt sofort mit sich nehmen? Warum wurde diese Situation mit einem Mal immer unangenehmer? Er hatte zwar keine überschwängliche Begeisterung erwartet, aber seine Reaktion verunsicherte Bokuto doch sehr. Bevor der andere weiterreden konnte unterbrach er ihn lieber.
 

„Du musst das nicht jetzt entscheiden. Ich bin eine Weile hier in Tokio. Wegen meinem Knie und ähm... ja! Ich... ich lasse dir einfach meine Nummer da und du kannst dich jeder Zeit melden, wenn du die Zeit und Lust dazu hast.“ Damit schnappte er sich seine Krücken und humpelte mit rasendem Herzen an dem sprachlosen Kuroo vorbei hin zur Anmeldung, wo er sich wieder an den freundlichen Mitarbeiter wandte der den anderen Mann zuvor herbestellt hatte. Dieser legte ihm ungefragt einen kleinen Post-it Block und einen Kugelschreiber auf den Tresen. Also hatte er ihnen doch zugehört! Bokuto war allerdings viel zu aufgeregt um sich darüber zu ärgern oder noch mehr in Panik zu verfallen, sondern versuchte seine private Handynummer so leserlich wie nur möglich auf das Papier zu bringen bevor er den Zettel vom Block trennte um ihn Kuroo zu reichen. Der andere war ihm mit immer noch irritiertem Blick gefolgt, sodass Bokuto sich um ein Haar erschreckte als er sich zu ihm umdrehte.
 

„Hier, also – wann immer du es dir überlegst, melde dich einfach. Ich habe im Moment nicht viel zu tun“, sagte er mit dem breitesten Lächeln, dass er gerade zustande bringen konnte. Entweder war es nicht breit genug oder man sah ihm sein Unwohlsein und die Nervosität an, denn Kuroo erwiderte es nicht sondern betrachtete erst nur den Zettel mit seiner Nummer. Durch das Zögern des anderen wurde er nur noch unruhiger, doch dann nahm er den kleinen Zettel endlich an sich. Schließlich hob er seinen Blick wieder und sah Bokuto einen Moment einfach nur an, bevor er kurz angespannt nickte.
 

Er war nicht der Beste darin Situationen zu lesen, das wusste er, aber dass sie beide angespannter wurden bemerkte auch er nun langsam. Vielleicht war es besser, wenn er Kuroo wieder seinen Freiraum und in Ruhe ließ? Sollte er einfach gehen? Wenn er noch länger darüber nachdachte war das wirklich die beste Lösung. Das würde seiner Anspannung sicher auch helfen und er musste später noch zu seinen Ärzten was ihn jetzt schon ganz kribbelig machte.
 

„Ich lasse dich dann wieder in Ruhe“, begann er und verbeugte sich noch einmal so überraschend, dass Kuroo einen halben Schritt zurückging. „Bitte entschuldige meine Störung und auch war nach dem Spiel passiert ist. Ich werde auch auf Twitter eine öffentliche Entschuldigung posten. Das war dumm daher gesagt und ich hätte einfach den Mund halten sollen. Bitte nimm meine Einladung an, ich möchte es wieder gut machen. Bis... bis bald! Hoffentlich.“
 

Oh man, hatte er viel geredet. Er richtete sich wieder auf, Kuroo sah ihn immer noch angespannt an, doch da war es wieder. Er lächelte, zumindest ein wenig. Das beruhigte ihn irgendwie, auch wenn der andere nichts weiter sagte sondern nur ein weiteres Mal nickte. Das war sein Zeichen zu gehen.
 

Er hätte das alles wirklich erst einmal mit jemanden – vorzugsweise mit Akaashi – durchsprechen sollen, dann wäre er sich jetzt nicht so unsicher und insgesamt nicht so nervös gewesen. Jetzt, wo er Kuroo getroffen und gesagt hatte was er sagen wollte ging es ihm nicht wirklich besser. Die eine Unruhe war der anderen gewichen. Würde der andere auf sein Angebot eingehen?

Ein erster Schritt - Teil 1

Sie blickten Bokuto einen Moment nach wie er regelrecht durch die Drehtür auf die Straße floh. Kuroo senkte seinen Blick auf den kleinen gelben Zettel mit der blauen Zahlenfolge darauf in seiner Hand. So sehr ihn das plötzliche auftauchen des anderen überrascht und geradezu amüsiert hatte, so seltsam fühlte es sich nun an Bokutos Telefonnummer in der Hand zu halten.
 

„Du hast ihn ganz schon nervös gemacht“, sagte Oikawa plötzlich. Kuroo drehte sich zu dem anderen Mann, der sich mit einem schlecht unterdrückten Grinsen über den Tresen zu ihm lehnte.
 

„Was soll denn das heißen?“, fragte er als sein Freund versuchte einen Blick auf den Zettel zu erhaschen. Als sich ihre Blicke erneut trafen konnte er die Begeisterung in Oikawas Augen geradezu strahlen sehen.
 

„Er wirkte schon so aufgeregt, als er nach dir gefragt hat. Aber als du dann vor ihm standest habe ich für einen Moment geglaubt, dass er kein Wort raus bringt“, sagte er und sein Grinsen wurde immer breiter. „Was hast du nur mit dem armen Mann gemacht?“
 

Während das helle Lachen des anderen den Rezeptionisten neben ihnen von seiner Arbeit aufblicken ließ verzog Kuroo das Gesicht. Oikawa roch wohl einen Braten, den es nicht gab. Gerüchte, Storys, Dramen – der Mann lebte regelrecht davon. Er war wie diese ewig schwatzenden Damen, die vor Supermärkten oder an Gartentoren standen und sich stundenlang über andere unterhielten. Kuroo schob den Zettel in seine Hosentasche und drehte sich endlich zum Gehen um. Im Gegensatz zu manch anderen hatte er tatsächlich noch einiges an Arbeit zu erledigen.
 

„Du wirst doch annehmen, oder?“, fragte Oikawa schließlich, als Kuroo durch das Drehkreuz ging. Seine Stimme hatte den neckenden Ton verloren und nun war da nur noch das reine Interesse daran, ob sein Freund „diese Chance“ ergreifen würde. Was auch immer „diese Chance“ sein sollte. Kuroo drehte sich zu dem anderen um und musterte ihn einen Moment. In Oikawas Gesicht konnte er nur Neugierde erkennen und... war das Sorge? Wieso schaute er ihn an wie seine Schwester ihn so oft betrachtete. Ihm wurde wiedereinmal bewusst was es für ein Fehler gewesen war sie damals einander vorzustellen.
 

„Weiß ich noch nicht. Eher nicht“, begann er und sah wie sich der Blick des anderen etwas verhärtete. „Ich meine – Warum soll ich das annehmen? Es ist ja kein großer Schaden entstanden, oder? Also gibt es auch nichts, was er entschädigen müsste.“ Wieso war ihm das so unangenehm? Oikawas Blick, die Tatsache dass ihm ein eigentlich vollkommen fremder Mann seine Telefonnummer und damit eine Entscheidung aufgedrängt hatte, die er gerade gar nicht treffen wollte oder konnte...
 

Der andere streckte die Faust nach ihm aus und stieß ihm damit sanft gegen den Oberarm. „Denk darüber nach. Es könnte spaßig werden und du bist in letzter Zeit immer so grummelig.“ Mit einem schiefen Lächeln wandte sich Oikawa wieder von ihm ab und ließ sich auf seinen Platz nieder. Der andere hatte erstaunlich schnell locker gelassen. Damit war das kurze Gespräch beendet und das einzige waren Kuroo gerade denken konnte war, dass er unrecht hatte. Er war nicht grummelig!
 

* * *
 

Er hob den Saum seines T-Shirts um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen, während Oikawa und Kai sich auf der anderen Seite des Netzes ein High Five gaben. Asahi, der vor einigen Minuten verspätet von der Arbeit zu ihnen gestoßen war blätterte die Punkteanzeige zu Gunsten des anderen Teams um. Noch zwei Punkte, dann hatten sie das Spiel verloren mussten an diesem Abend die Rechnung in ihrer Stammkneipe übernehmen.
 

„Yuuji, dein Zuspiel ist beschissen“, murrte er, als dieser sich schwer atmend auf seinen Knien abstützte. Der Blonde hob den Blick und sah Kuroo angriffslustig an.
 

„Liegt vielleicht daran, dass ich kein Zuspieler bin“, fauchte er zurück, aber der größere hatte sich bereits abgewandt, um sich zurück auf seine Position weiter links zu verziehen.
 

„Hey, hey! Nicht streiten ihr zwei! Vielleicht habt ihr das nächste Mal eine Chance gegen uns, wenn Suga und Daichi wieder aus dem Urlaub zurück sind“, lachte Nishinoya und fing den Ball auf, den Tanaka übers Netz warf. Es war jedes mal eine unfaire Verteilung wenn einer der beiden einzigen Zuspieler der Gruppe nicht bei ihrem Freitagabend Volleyballspiel teilnahm, was an sich glücklicherweise recht selten vor kam.
 

Die Verteilung der Spieler wurde jedes Mal ausgelost, es stand lediglich fest dass Sugawara und Oikawa nicht im gleichen Team spielten. Und bisher hatte Oikawa die wenigsten Rechnungen von allen beglichen, was zu einer gewissen Rivalität zwischen den beiden Zuspielern geführt hatte. Trotzdem war es mit Sugawara deutlich angenehmer zu spielen als ohne ihn. Mit ihm konnten sie sich immerhin noch eine Chance ausmalen, so aber war das wöchentliches Spiel am Ende ihres Trainings ein sehr kurzes und unbefriedigendes. Vor allem, wenn auch noch Nishinoya im gegnerischen Team quasi alles annahm und Kuroo so sehr neben sich stand wie heute und fast jeden Ball durch ließ.
 

Es kam wie es kommen musste. Keine zehn Minuten später donnerte Kuroo den Matchball ins aus. Mit einem erschöpften Seufzen ließ er den Kopf in den Nacken fallen während die andere Seite sich mit einem übertriebenen Jubel selbst gratulierte als wäre ihr Sieg nicht abzusehen gewesen. Er spürte den Blick seiner beiden Teammitglieder auf sich und Tanaka war der erste, der ihm auf die Schulter klopfte.
 

„Alles gut, Mann? Was war denn heute los?“, fragte er und Terushima betrachtete ihn mit einem zweifelnden Blick als er den Kopf wieder hob. Die während dem Spiel immer dicker gewordene Luft zwischen ihnen verflüchtigte sich, sobald der Ball den Boden berührt hatte.
 

„Ich weiß, dass ich ein beschissener Zuspieler bin. Was ist deine Ausrede, Tetsuro? So scheiße hast du schon lang nicht mehr gespielt.“ In seiner Stimme schwang eher Sorge als ein Vorwurf mit. Sie hatten beide recht. Er fühlte sich seit Tagen irritiert und es wurde nur schlimmer, aber er konnte einfach nicht festlegen warum.
 

„Arbeit“, gab er als lahme Antwort und machte sich auf den Weg den Ball aufzusammeln, den Asahi in ihre Richtung rollte um ihnen beim Aufräumen zu helfen. „Lasst uns schnell fertig werden und duschen. Ich brauche ein Bier.“ Als er sich wieder aufrichtete sah er Oikawas Blick auf sich gerichtet, bevor dieser begann mit Terushima das Netz abzubauen.
 

Das Aufräumen war schnell erledigt und Asahi bestand sogar darauf die Halle zu wischen, damit die anderen sich in der Zeit duschen und Umziehen konnten, da er selbst heute nicht mitgespielt hatte.
 

„Ich sage euch eins: wenn Sawarmura und Koshi in diesem Urlaub nicht endlich ihren Scheiß geregelt bekommen und aufhören so umeinander herum zu tanzen muss ich nachhelfen“, sagte Terushima als er zu den anderen im Duschbereich der Umkleide stieß. Während Kuroo sein Gesicht in den Wasserstrahl hielt um das Shampoo aus seinen Haaren zu waschen hörte er Oikawa neben sich Wasser aus seiner Nase schnauben.
 

„War das nicht Sugas Plan?“, fragte er und Nishinoya lachte auf.

„Schon, aber Daichi ist leider schwer von Begriff.“

„Immerhin ist er auch nach Tokio gezogen, obwohl er das gar nicht gemusst hätte.“

„Es ist auf jeden Fall nicht mehr auszuhalten“, schloss Terushima und stellte des Duschstrahl auf Kuroos anderer Seite ein. Danach unterhielten sich Nishinoya und Tanaka miteinander währen Kai bereits fertig war und mit seinem Handtuch zurück in die Umkleide ging. Kuroo tauchte wieder aus dem Wasserstrahl auf und bemerkte sofort Oikawas aufmerksamen Blick auf sich. Mit einer gehobenen Augenbraue forderte er den anderen auf die Frage zu stellen, die ihn offensichtlich beschäftigte.
 

„Hast du dich schon bei Bokuto gemeldet?“, fragte er schließlich frei heraus und Kuroo bereute es gleich, dass er ihn dazu aufgefordert hatte. Er sah Terushima auf seiner anderen Seite nicht, aber er konnte geradezu spüren wie er aufhorchte.
 

„Nein, habe ich nicht“, antwortete er und sah schon wie der andere etwas den Mund verzog.

„Wieso nicht?“
 

„Moment Mal! Stopp! Was? Bokuto? Kotaro Bokuto? Und wieso bei ihm gemeldet? Was habe ich verpasst?“, kam der Strom an Fragen von der Seite und der blonde Mann lehnte sich näher zu Kuroo um ihn forschend anzusehen. Bevor er allerdings selbst antworten konnte übernahm Oikawa einfach und berichtete dem anderen kurz was vor einigen Tagen passiert war. Daraufhin sahen beide Kuroo an, dass dieser sich fühlte wie in einer dieser schlechten Soaps, die seine Oma immer geschaut hatte.
 

„Wieso erfahre ich eigentlich erst jetzt davon, dass Kotaro Bokuto sogar in das Senderhauptgebäude gekommen ist um dich zu sehen?!“ Die Bestürzung in Terushimas Blick war nur gespielt und sein Ton ebenso übertrieben, dennoch konnte Kuroo nicht anders als die Augen zu verdrehen.
 

„Er wollte sich nur persönlich entschuldigen“, sagte er schließlich und begann sich einzuseifen.
 

„Und seine private Handynummer da lassen, falls du Lust hast dich mit ihm zu treffen“, sang Oikawa geradezu neben ihm.
 

Die beiden waren neben Kenma und Kai seine engsten Freunde, aber sie waren leider manchmal etwas zu investiert in sein „Liebes“-Leben, das – zugegebener Maßen – seit einiger Zeit kaum noch existierte. Vor allem Terushima der fast jede zweite Woche eine andere Flamme hatte und sich wirklich Sorgen um seinen Kumpel machte. Seitdem Bokuto ihn hübsch genannt hatte waren Oikawa und er auch der Meinung, dass das weder ein Zufall gewesen war noch das Kuroo sich davor verschließen sollte. Vor was auch immer...
 

Kuroo warf Oikawa einen nüchternen Blick zu, der den anderen zum Lachen brachte. Das war es für ihn. Den Rest seiner Duschzeit schwieg er sich aus und bedachte die beiden neben sich lediglich mit neutralen Blicken, wenn sie wieder besonders „lustig“ waren.
 

Dass das allerdings nicht das Ende des Liedes sein würde wurde ihm schnell klar. Noch als sie sich wieder anzogen und bereit machten zu ihrer Stammkneipe aufzubrechen bekamen auch die anderen Anwesenden mit, dass Kuroo einen Besuch des Außenangreifers der Black Jackals erhalten und was dieser ihm vorgeschlagen hatte. Als sie sich endlich auf den Weg machten wurden auch Asahi von Nishinoya eingeweiht. Der hatte vor der Halle mit dem Schlüssel auf sie gewartet und übergab diesen nun wieder an Oikawa. Dabei hatte Asahi nicht einmal danach gefragt sonder wurde von dem kleineren Mann einfach mit den „Neuigkeiten“ überrumpelt. Kuroo hatte bereits vor Jahren aufgegeben so etwas in dieser Gruppe zu verhindern. Wenn es einmal raus war war es eben raus.
 

„Und? Was wirst du tun?“, fragte Tanaka, der gerade zu ihnen aufschloss. Oikawa, der neben ihm ging, stimmte ihm zu und betrachtete ihn eindringlich. Der Rezeptionist hatte ihm diese Frage seit Bokutos Besuch mehrmals täglich gestellt, immer darauf bedacht dieses Ereignis so frisch wie möglich in seiner Erinnerung zu bewahren, damit er sich endlich damit auseinandersetzte. Kuroo seufzte und richtete den Träger der Tasche über seiner Schulter.
 

„Nichts? Warum soll ich etwas tun?“, fragte er und drehte den Kopf zu den anderen beiden Männern. Oikawa verzog wie jedes Mal unzufrieden den Mund und Tanaka wirkte überrascht.
 

„Wirklich? Ist das nicht... unhöflich?“

„Als ob du das beurteilen könntest!“, lachte Nishinoya, der vor ihnen immer noch voller Energie den Gehweg entlang sprang. Allerdings hatte er ganz schnell wieder das Interesse verloren und redete weiter auf Asahi ein, als ob sie sich nicht erst vor ein paar Stunden auf der Arbeit zuletzt gesehen hätten.
 

Da Tanaka sich mit einem lauten „Hey!“ über diese Aussage beschwerte nahm Kuroo das als Anlass nicht auf diese Frage zu antworten sondern nur darüber zu lachen, wie die beiden Freunde begannen sich zu beharken. Trotzdem spürte er Oikawas Blick noch immer auf sich, entschied sich aber es zu ignorieren.
 

Er hatte nicht um diese Behandlung gebeten. Er war sich ja nicht einmal sicher ob Bokuto das wirklich ernst gemeint hatte. Warum sollte etwas bei ihm wieder gut machen müssen? Einen Skandal hatte er mit einer Aussage ja nicht losgetreten. Oikawa hatte es ja selbst gesagt: Der Sportler war nervös gewesen. Sicher hatte ihn das unüberlegt handeln lassen. So wie damals nach dem Spiel. Vermutlich hatte er ihm gar nicht seine Nummer geben wollen. Genauso wenig wie er ihm damals hatte sagen wollen, dass er ihn hübsch fand.
 

Als ihn plötzlich die warme Luft der kleinen Bar einhüllte schaute er auf. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass sie den Weg von der Sporthalle hier her so schnell hinter sich gebracht hatten. Der ältere Herr hinter der Theke grüßte die Gruppe mit einem lauten Lachen und rief seiner Frau in der Küche hinter der Bar zu, dass „ihre Jungs“ jetzt da wären. Diese kam gleich in den Gastraum, wo sie bei weitem nicht die einzigen waren. Ehrlich gesagt war es recht voll, wie jeden Freitag, dennoch kam sie zu ihnen und kniff jedem von ihnen zur Begrüßung in die Wange, wobei sich jeder zu ihr herunter beugen musste außer Nishinoya.
 

„Kommt, kommt! Das Nebenzimmer ist noch wie immer für euch frei! Ich bringe euch gleich ein paar Kleinigkeiten zu essen. Kommen noch mehr, oder seid ihr diesmal alle?“ Sie führte die Gruppe zu einem gemütlichen Raum, der mit Tatami-Matten ausgelegt war, und während Oikawa ihr dankte und sie wissen ließ, dass heute niemand mehr zu ihnen stoßen würde, machten Kuroo und die anderen es sich auf den Kissen auf dem Boden bequem. Terushima rückte näher zu ihm heran als nötig und hatte bereits sein Handy hervor geholt um sich gleich darüber zu beugen. Oikawa schloss die Shoji Tür und gesellte sich zu ihnen.
 

„Wow, und gleich hängt er an der Technik. Welches Mädchen aus der Verwaltung ist es diesmal?“, fragte er den Blonden süffisant, aber der Angesprochene hob nicht einmal den Blick und tippte stattdessen etwas ein. Wenig später gab er einen überraschten Laut von sich.
 

„Die Entschuldigung ging ja wirklich ohne viel wirbel über die Bühne, oder?“, fragte er und legte das Smartphone so hin, dass es die anderen beiden gut sehen konnten. Er hatte Bokutos Post auf Twitter geöffnet, der tatsächlich einiges an Reaktion bekommen, aber für deutlich weniger Aufmerksamkeit gesorgt hatte als sein Versprecher. Tatsächlich war der Tweet noch am selben Abend veröffentlicht worden, als der Sportler bei ihm aufgetaucht war.
 

„Wenn du dir die Kommentare anschaust ist da das übliche gespaltene hin und her, aber sonst was es wirklich ruhig“, sagte Kuroo und spürte bereits den Blick Oikawas auf sich. Ja, er hatte etwas durch die Kommentare gescrollt als er Zeit dazu gehabt hatte. Er hatte ja auch selbst auf den Tweet reagiert und sich dafür bedankt, wie man das eben macht. Das hatte noch weniger Aufmerksamkeit bekommen. Seine Followerzahl war zwar dank Bokutos Versprecher gestiegen, aber lag noch deutlich unter der des Sportlers.
 

„Wenn du sie dir angesehen hast, dann hast doch aber auch bestimmt gesehen wie enttäuscht manche waren, oder?“ Der verschmitzte Tonfall Oikawas wollte ihm nicht wirklich gefallen.

„Enttäuscht?“, fragte Terushima und zog das Handy wieder zu sich heran um selbst einmal die Kommentare durchzusehen, in der Hoffnung er würde das finden wovon der andere sprach.

„Naja, einige hatten sich wohl Hoffnungen gemacht, dass zwei attraktive junge Männer zueinander finden.“
 

„So wie du offensichtlich“, seufzte Kuroo. Der andere öffnete schon den Mund um sich zu verteidigen, doch in diesem Moment öffnete sich die Shoji Tür wieder und sie wurden mit Schälchen über Schälchen an Essen und Getränken versorgt, die wohl einer der anderen für sie alle bestellt hatte. Das lenkte sie genug von dem Thema Kotaro Bokuto ab.
 

Für eine Weile beschäftigten sie sich mit den kleinen Köstlichkeiten, die die Dame des Hauses für sie zubereitet hatte und unterhielten sich über Urlaubspläne, lustige Begegnungen und die kommenden Wochen an Arbeit. Asahi, der im mit Sugawara im Planungsteam war, verkündete ihnen daraufhin inoffiziell, dass bereits über die Berichterstattung für Olympia beraten wurde. Das lag zwar noch fast ein Jahr in der Zukunft, aber ein so großes Event im eigenen Land musste gut durchdacht werden.
 

„Also wie bei Länderspielen ein Team mit Kamera, Ton, Reporter und Assistent?“, fragte Kai, woraufhin Nishinoya mit einem fragenden Blick sein Glas abstellte.

„Ist das nicht ein bisschen wenig?“

„Du musst auch bedenken, dass für fast jede Nation so ein Team kommt und es ja nicht nur Volleyball gibt. Wir überlegen auch einige Teams für mehrere Sportarten hinschicken, je nach Expertise des Reporters und Assistenten“, erklärte Asahi in die Runde.
 

„Was muss man denn da planen? Ist doch eigentlich schon klar, wer es für die Volleyballer macht, oder?“, fragte Kuroo mit einem bitteren Lachen, bevor er einen Schluck aus seinem Glas nahm. Er konnte Kai bereits seufzen hören und Oikawa nuschelte ein leises „Oh nein...“ bevor Tanaka den Fehler machte und den Namen erwähnte.
 

„Meinst du Daisho?“

„Wen sollte er sonst meinen, außer unseren Suguru, mein lieber Glatzkopf“, seufzte Oikawa dramatisch und warf Kuroo einen warnenden Blick zu. Dieser bemerkte den Blick, konnte aber nicht anders als das zu empfinden, was dieser Name immer in ihm auslöste: Selbstzweifel, Abneigung, Eifersucht und die Niedergeschlagenheit in der alles gipfelte.
 

„Aber das steht doch noch gar nicht fest, Kuroo. Das ist doch auch für euch beide die erste Gelegenheit ein Länderspiel zu betreuen, nachdem sich Nekomata zurückgezogen hat. Und der spricht in sehr hohen Tönen von dir“, sagte Asahi in seiner nervösen aber besänftigenden Art, als er den Blick des anderen Mannes sah, der immer säuerlicher wurde.
 

„Ich sag dir, was passieren wir: das Redaktionsteam wird sich für ihn entscheiden und Daisho wird Kai als Kameramann vorschlagen, einfach um es mir unter die Nase zu reiben. Und wenn er er schlechte Laune hat die arme Yachi noch als Assistenz, die das auch noch nie gemacht hat, damit er sich hinterher darüber beschweren kann, dass sie so wenig Erfahrung hat. Vielleicht sollte ich Mika schon mal bitten in der Zeit nett zu ihm zu sein.“ Nachdem er das raus gelassen hatte ging es ihm zumindest ein wenig besser, aber die schwache Nackenschelle, die er daraufhin von Oikawa bekam ließ ihn zusammenfahren.
 

„Wie wäre es es, wenn DU stattdessen mal nett zu Suguru bist? Warum könnt ihr beide euch eigentlich nicht leiden? Ich verstehe es nicht.

Und ich halte dagegen! Ich bin mir sicher, dass du den Auftrag für Olympia bekommst, wenn du dich weiter so anstrengst und zeigst, dass du es willst!“
 

„Ich wette ich behalte recht“, sagte er und bereute seine Worte bereits. Solche Aussagen hatten ihnen allen schon manch unangenehme Erfahrung eingebracht. Doch nun konnte er es nicht mehr zurückziehen, denn Oikawa grinste bereits viel zu breit und die anderen am Tisch wirkten in der Hoffnung auf absurde Wetteinsätze auch sehr begeistert. Außer Asahi, wie immer.
 

„Deal! Wenn ich verliere übernehme ich eine Woche lang die Kosten deiner Kaffeesucht. Und wenn du verlierst bist du eine Woche lang nett zu Suguru. Und zwar wirklich nett, nicht dieses zynisch-hinterhältige nett!“ Einen Moment lang dachte er darüber nach. Allein bei dem Gedanken daran nett zu dem anderen sein zu müssen, wenn es nicht wirklich einen Grund dafür gab ließ ihm die Galle hoch kommen. Doch wenn er die Wette wirklich verlor, dann würde er die Berichterstattung für Olympia übernehmen. Etwas von dem er nur träumen konnte...
 

„Mach aus einer Woche Kaffee zwei Wochen“, sagte er und betrachtete den anderen mit einer unausgesprochenen Herausforderung. Oikawa nahm sie an und heilt ihm die Hand hin zum einschlagen. Als Kuroo sie nahm gab Nishinoya einen enttäuschten Laut von sich.
 

„Wirklich? Wie langweilig! Warum denn nichts spannendes? Mit irgendwem flirten, Tattoos, Piercings oder so?“

„Und was soll ich dann als Wetteinsätze verlangen?“, fragte Terushima und die Stimmung lockerte sich wieder, als alle zu lachen begannen. Niemand wettete gern gegen ihn, denn der Blonde gewann seine Wetten oft und hatte so bei einigen von ihnen für eher unfreiwilligen Körperschmuck gesorgt.
 

Nach einer weiteren Stunde mit deutlich heitereren Themen erhob sich Oikawa und verkündete in die Runde, dass er nun aufbrechen würde. Schließlich spielte am nächsten Tag sein Junior Volleyballteam ihr erstes richtiges Spiel gegen eine andere Mannschaft, da musste er als verantwortungsvoller Trainer natürlich fit und munter sein. Kuroo warf einen Blick auf seine Uhr und beschloss den anderen zu seiner U-Bahnstation zu begleiten.
 

„Sagt mir Montag, was ihr noch von mir bekommt“, sagte er zu Terushima und sie verabschiedeten sich.
 

„Du machst aber überraschend früh Schluss“, sagte Oikawa, als sie das Lokal verlassen hatten. Das gleiche könnte er auch dem anderen antworten, aber der hatte wenigstens einen Grund sich früher von der Gruppe abzusetzen. Er hingegen war einfach nur erschöpfter als sonst an einem Freitag und auch die heitere Stimmung der anderen hatte seine Reserven wieder auffüllen können.
 

„Ich bin einfach fertig“, sagte er und schob seine Hände in die Hosentaschen. Der andere Mann betrachtete ihn einen Moment lang forschend, bevor er sich wieder auf den Weg vor sich konzentrierte um nicht in etwas hinein zu laufen. Eben war es ihm noch wie eine gute Idee erschienen mit dem anderen zusammen dem Heimweg anzutreten, aber das leise murmeln neben sich ließ ihn nun daran zweifeln.
 

„Ist es immer noch wegen der Bevorzugung von Suguru? Sonst nimmt dich das doch nie so extrem mit. Oder ist das nur wie Spitze des Eisbergs?“
 

„Was meinst du?“, fragte er als würde er nicht wissen wovon Oikawa sprach, doch der machte ihm mit einem schnauben sehr klar, dass er ihm das nicht abkaufte.
 

„Tetsuro, du bist in letzter Zeit irritiert und irritierend. So reizbar und neben dir habe ich dich schon sehr lange nicht mehr erlebt, es ist unangenehm. Du hättest heute fast einen Streit mit Yuuji vom Zaun gebrochen. Mit Yuuji! Ihr beide habt nie streit! Ihr macht dumme Kommentare, lacht übereinander und seid nicht aggressiv miteinander. Was ist los?“
 

Die anderen waren vielleicht zu nett um etwas zu sagen, oder fanden es nicht so irritierend, aber Oikawa sprach wie immer einfach aus was er dachte. Und hatte leider auch noch recht damit. Er war irritiert. Er war grummelig, wie er es vor einigen Tagen so nett formuliert hatte. Er war erschöpft. Und statt Kuroo alles einfach in sich hineinfressen zu lassen wollte sein Freund den Grund wissen.
 

„Vielleicht ist einfach gerade alles etwas zu viel. Daisho, die ewige Schreibtischarbeit, die Sache mit Bokuto und die möglichen Auswirkungen deswegen... Ich weiß einfach nicht, was ich im Moment machen soll“, sagte er nach einer recht dramatischen Pause in der sie einfach schweigend nebeneinander her gegangen waren. Oikawa nickte und schien einen Moment zu überlegen, bevor er wieder den Kopf zu ihm drehte.
 

„Nimm Bokutos Einladung an.“

„Hast du mir gerade nicht zugehört?“

„Doch, habe ich. Aber ich bin mir sicher, dass es dir auch nicht helfen wird, wenn du ihn einfach ignorierst. Denn so wie ich dich kenne wirst du deswegen spätestens in einer Woche zusätzlich noch ein schlechtes Gewissen bekommen.“
 

Kuroo war aufgrund des durchaus harten Treffers mitten ins Schwarze stehen geblieben, sodass nun auch der andere anhielt und sich zu ihm umdrehen musste. Als sich ihre Blicke trafen verschränkte Oikawa die Arme. Bevor Kuroo den Mund auf machen konnte begann sein Gegenüber schon mit dem Kopf zu schütteln als wüsste er, was als nächstes kommen würde.
 

„Dann sage ich ihm eben ab. Das ist auch eine Lösung und ich schätze, dass es sogar die bessere ist“, sagte er. Oikawa verdrehte die Augen und ließ seine Arme wieder sinken. Ein Seufzen entwich ihm und er überbrückte den Abstand zu Kuroo mit wenigen Schritten, bevor er ihm eine Hand auf die Schulter legte.
 

„Ist die Aussicht darauf, dass du Spaß haben könntest so schlimm?“, fragte er und sah den größeren ernst an. „Du bist angespannt und keines deiner regulären Ventile hilft dir. Bokuto scheint ein netter und aufrichtiger Kerl zu sein und selbst wenn er diese Einladung aus reinem Pflichtgefühl ausgesprochen hat könnte es trotzdem angenehm werden. Vielleicht versteht ihr beiden euch. Vielleicht löst etwas neues deine Unruhe. In jedem Fall gibt es ein Essen für umsonst.“
 

Oikawa beendete seine Predigt und machte sich weiter auf den Weg zur U-Bahn, wartete aber nach einigen Metern doch auf seinen Begleiter, der auf seine Worte hin immer noch den Kopf schüttelte. Nachdem Kuroo endlich zu ihm aufgeschlossen hatte setzten sie ihren Weg schweigend fort. Er versuchte zwar die Worte des anderen zu verdrängen, doch eine kleine leise Stimme in seinem Hinterkopf stimmte Oikawa auch zu.
 

„Melde dich bei ihm. Wenn du annimmt übernehme ich deinen Teil der Rechnung heute“, sagte der andere plötzlich und als Kuroo aufsah bemerkte er, dass sie bereits vor der Station standen. Oikawa hatte sich zum Abschied zu ihm gewandt und schien auf eine Antwort zu warten. Er verzog nach einem Moment des zögernd das Gesicht.
 

„Ich überlegs mir“, murrte er und der andere begann breit zu grinsen.

„Na, immerhin das. Ich glaube auch, dass sich Bokuto sehr darüber freuen würde wenn du annimmst.“

„Hör auf mir in mein schlechtes Gewissen zu reden!“ Oikawa lachte nur und drehte sich zum Gehen um, winkte ihm noch einmal, bevor er die Treppen erreichte.

„Gute Nacht, Tetsuro!“

Ein erster Schritt - Teil 2

Er hörte das Kinderlachen noch bevor er den Spielplatz überhaupt sehen konnte. Es war Samstag und das Wetter fantastisch. Im Park waren viele Leute unterwegs und damit auch viele Familien mit ihren Kindern auf dem Spielplatz. Die Bänke und Rasenflächen um den Bereich mit der Kletterkuppel aus Seilen, dem Sandkasten, der Rutsche, Schaukel und diversen Balance-Spielen waren genau wie die Geräte fest schon überfüllt.
 

Es war ein recht großer Spielplatz. Die meisten Eltern saßen auf den Bänken und Decken auf den Rasenflächen, einige hatten kleine Picknicks aufgebaut, ein paar Mütter und Väter standen an den Schaukeln oder dem Klettergerüst, um auf ihre Sprösslinge aufzupassen oder ihnen Schwung zu geben.
 

Kuroo blickte sich um. Kurz verfluchte er die beiden Becher in seinen Händen, die ihn davon abhielten seiner Schwester eine Nachricht zu senden, dass er endlich angekommen war und er ihren viel zu süßen Karamelltraum von einem Kaffee dabei hatte. Er beschloss einfach einmal näher an die Ansammlung von Menschen heran zu treten, als er hinter sich seinen Namen hörte.
 

„Tettsun! Hier!“ Kuroo drehte sich um und sah dort Haruko auf einer Bank umringt von Kinderwagen, Taschen und einigen Freundinnen sitzen. Als er zu ihnen kam sprang seine Schwester geradezu auf um ihn in den Arm zu nehmen, bevor er ihr ihren Becher in die Hand drücken konnte.
 

„Du bist ein Schatz, danke! Den habe ich bitter nötig. Hab die Nacht kaum geschlafen“, sagte sie und räumte eine Tasche von der Bank neben sich auf den Boden um ihm einen Platz zum sitzen frei zu machen. Er grüßte die anderen Mütter der Runde, die er zumindest vom Sehen her kannte. Sie waren es gewohnt, dass er bei Spielplatzbesuchen gerne mal zu seiner Schwester stieß, wenn er die Zeit dazu fand.
 

Einer der Gründe dafür kam auf ihn zugerannt sobald er sich auf seinem Platz nieder gelassen hatte. So musste er schnell seinen Kaffeebecher abstellen und sich wieder erheben. Kuroo kam dem kleinen „Tettsun! Tettsun!“ rufenden Jungen ein paar Schritte entgegen, bevor er ihn sich schnappte und mit Schwung hoch hob, dass er für einen Moment flog. Lang würde er das nicht mehr machen können, bald würde sein Neffe dafür wohl zu schwer sein, also wiederholte er es ein paar mal bis der Junge vor Lachen quietschte.
 

„Hallo, Großer. Lange nicht gesehen“, sagte er nachdem seine Arme der Bewegung zu müde wurden. Kuroo hielt ihn noch einen Moment auf dem Arm, wo sich der kleine nicht unbedingt wieder beruhigte und ließ ihn dann wieder auf den Boden.
 

„Er hat schon die ganze Zeit gefragt wo du bleibst“, sagte seine Schwester, während sein Neffe versuchte ihn irgendwie dazu zu bewegen mit ihm in Richtung Sandkasten zu kommen, wo ein anderer Junge nach ihm rief. Sie wirkte wirklich müde, strahlte aber trotzdem während sie ihren Bruder und ihren Sohn betrachtete. Sie hatten sich schon eine Weile nicht mehr gesehen, was im Grunde Kuroos Schuld war. Er ertränkte sich selbst in Arbeit und Kaffee.
 

„Lass mich noch ein bisschen mit deiner Mama reden, Makoto. Wenn du willst kann ich dich nachher auf der Schaukel an schubsen?“, fragte er den Jungen und ging vor ihm in die Hocke, als er zu schmollen begann. Einen Moment schien er zu überlegen, ob es wirklich ok war, dass sein Onkel nicht sofort mit ihm spielen kam. Schließlich nickte er, nachdem ihn dieser darauf aufmerksam machte, dass seine Freunde immer noch nach ihm riefen.
 

„Eigentlich willst du doch nur nicht in den Sandkasten“, lachte Haruko, nachdem ihr Sohn wieder davon gehüpft war und ihr Bruder sich neben sie setzte.

„Das auch“, antwortete er lachend und nahm einen Schluck von seinem mittlerweile stark abgekühlten Kaffee. „Aber ich will auch wissen, wie es meiner Lieblingsschwester geht.“
 

Die Frau neben ihm gab einen gepsielten Würgelaut von sich bevor sie zu lachen begann. Es war das gleiche unschöne Gackern das er von sich gab. Sie konnten nicht nur anhand ihres Aussehens kaum leugnen verwandt zu sein. Seine Schwester war zwar um einiges älter als er, doch das war auch einer der einzigen Gründe die Leute davon abhalten konnte sie für Zwillinge zu halten. Und die Tatsache, dass sie deutlich kleiner war als er.
 

„Das ist ja ekelhaft. Was willst du von mir? Warum bist du so Handzahm?“, fragte sie während ihr Blick weiterhin nach vorn gerichtet war um die Kinder im Auge zu behalten, die im Sandkasten Löcher mit ihren kleinen Plastikschaufeln gruben.
 

„Ich will wirklich wissen wie es dir geht, wenn du mir das schon nie selbst sagst. Du wirkst müde“, kommentierte er. Sie war immer besorgt um ihn und wie es ihm ging, kommunizierte aber kaum wie sie sich fühlte. Wenn sie nicht ewig bei ihm nachbohren würde bis sie eine Antwort bekam, würde er es ja genauso machen. Haruko seufzte, lächelte ihn dann aber wieder an.
 

„Es ist nichts schlimmes. Makoto wacht nur neuerdings Nachts ständig auf und kommt uns dann wecken. Damit Aki nicht ständig geweckt wird bin ich auf die Couch umgezogen. Die Phase geht auch wieder vorbei“, sagte sie mit einem Lachen. Einen Moment betrachtete er seine Schwester und schloss dann, dass sie ihn deswegen wohl nicht anlog. Er bildete sich einiges darauf ein, sie ganz gut lesen zu können und ihr ging es mit ihm ja genauso. Nachdem sich ihre Eltern geschieden hatten, ihr Vater sie danach beide versorgen und damit immer sehr lang arbeiten musste, waren sie als Geschwister immer enger zusammengewachsen.
 

„Wie geht es Yoshida? Muss er heute arbeiten?“, fragte er dann und erhielt ein Nicken.

„Ja, muss er, aber nur einen halben Tag. Wir treffen ihn nachher in der Stadt zum Mittagessen und gehen dann gemeinsam heim. Willst du mit kommen?“

„Nein, nein, schon gut. Ich will eure Familienzeit nicht stören. Er hat ja scheinbar auch nicht so viel von euch“, sagte er dann mit einem Lachen. Seine Schwester betrachtete ihn einen Moment und gab dann einen zustimmenden Laut von sich.
 

Aki Yoshida war Harukos Freund. Er war zwar nicht Makotos leiblicher Vater, aber er behandelte den Jungen, als wäre er es. Der Exmann seiner Schwester hatte sich bald nach der Geburt des Kindes von ihr scheiden lassen. Er hatte sich damals schon nie für das Kind interessiert und tat es auch heute nicht. Es war eine schwere und unschöne Zeit für die ganze Familie Kuroo gewesen.
 

„Und wie geht es dir? Du wirkst auch sehr müde. Ist etwas passiert?“, fragte Haruko bereits mit einem Unterton der Kuroo erahnen ließ, dass seine Schwester meinte etwas im Argen liegendes zu wittern. Und wenn er ehrlich war würde er es sowieso nicht lang vor ihr verstecken können. Sie erzählten sich alles und wenn einer von ihnen schweigsam wurde war es für den jeweils anderen das deutlichste Zeichen, dass es für ihn gerade etwas schwierig war.
 

So betrachtete Kuroo den Kaffeebecher in seinen Händen für eine ganze Weile in der ihn seine Schwester schweigend betrachtete. Er haderte nicht wirklich damit ihr zu erzählen, was ihm durch den Kopf ging, er wusste nur nicht wie er anfangen sollte. Der Park war vielleicht auch nicht der angenehmste Ort um ihr seine Klagen zu berichten, aber alle um sie herum waren zu sehr mit sich selbst und ihren Kindern beschäftigt, als dass sie auf sie achten würden.
 

Haruko streckte die Hand nach ihm aus und stieß ihn leicht an. Sie wollte gerade dazu ansetzten, dass er es ihr nicht jetzt sagen musste, doch er fiel ihr einfach ins Wort. Er berichtete von seiner miesen Woche auf der Arbeit und was ihn daran so aufwühlte, seinen dadurch schlechten Schlaf und... ach ja! Die Sache mit Bokutos Besuch und dass er sich nicht sicher war, was er tun sollte.
 

„Du wirkst, als würde dich dieses Angebot stören. Warum?“ Seine Schwester betrachtete ihn forschend. Sie merkte, dass es in erster Linie dieser Bokuto war, der ihren Bruder so anspannte und ignorierte sein immer wiederkehrendes Gejammer über seinen Stress und Daisho.

„Also... Es stört mich nicht. Ich finde es nur...“, begann er, doch diesmal war es Haruko die ihn unterbrach.

„Upassend?“, fragte sie mit einem wissenden Lächeln. Dass sie damit zumindest in die richtige Richtung ging konnte sie sicher seinem Blick entnehmen und lachte kurz auf.
 

„Unangenehm“, sagte Kuroo nach einem Moment und seine Schwester sagte ihm mit einem Nicken, dass sie verstand was er meinte. Sie kannte ihn, sie wusste wie er in solchen Situationen empfand. Allein wie er sich in der Oberschule angestellt hatte als die Mädchen langsam begonnen hatten ihn für sich zu entdecken. Wie er sich angestellt hatte, als er ihr erzählte, dass er einen Jungen geküsst hatte. Wie rot er wurde, wenn jemand mit dem er nicht schon seit Jahren befreundet war um ein Date bat oder gar die „Dreistigkeit“ besaß mit ihm auch nur aus Spaß zu flirten. Was Kuroo ihr sagen wollte war, dass Bokuto ihn mit seiner Direktheit überrumpelt und verunsichert hatte. Ihr Bruder war bei weitem nicht so selbstsicher, wie er immer tat.
 

„Du lässt dich viel zu leicht verunsichern, Tettsun. Es könnte doch Spaß machen, wenn du erst einmal warm mit ihm wirst“, sagte Haruko mit sanfter Stimmte und griff plötzlich nach seiner Hand. „Du solltest annehmen. Es muss ja kein Flirt draus werden. Vielleicht findest du ja einfach einen neuen Freund.“
 

Kuroo betrachtete zunächst ihre Hand für einen langen Moment, bevor er zu ihr aufsah. Ihr Lächeln war noch immer verständnisvoll und sanft. Sie sah aus wie ihre Mutter, nur dass Harukos Lächeln ein ehrliches war. Dennoch konnte er nicht anders als das Gesicht zu verziehen. Er drückte leicht ihre Finger, bevor er seine Hand zurückzog.
 

„Ich denk darüber nach“, sagte er und fühlte sich an den Vorabend mit Oikawa erinnert. Er hätte die beiden wirklich nie einander vorstellen sollen.
 

„Oh, da wird nach deiner Person verlangt“, meinte seine Schwester plötzlich und Kuroo blickte auf. Makoto war auf dem Weg zu ihnen hingefallen und hatte sich mindestens das Knie aufgeschürft. Er rappelte sich gerade langsam auf und sie konnten bereits die Tränen erahnen.
 

„Er ist dein Sohn“, sagte er vorwurfsvoll, war aber schon dabei aufzustehen. Seine Schwester nahm ihm den Kaffeebecher ab und lächelte ihn entschuldigend an.

„Du tröstest viel besser.“
 

* * *
 

Seine Lunge brannte, er quälte sich selbst. Während ihm andere gemütlich joggend entgegen kamen rannte er so schnell er mit seinen langen, ausholenden Schritten konnte den Weg des Parks entlang. Innerhalb von fünf Minuten hatte er in komplett durchquert, hielt aber nicht an sondern rannte nun weiter über den Gehweg, der ihn nach Hause führte.
 

Laufen machte ihm den Kopf frei. Allerdings konnte er Oikawa und Terushima bereits in seinem Kopf sagen hören, dass das hier kein Laufen mehr sei sondern eine Hetzjagd. Genau so fühlte es sich auch an und es war genau das, was er jetzt brauchte.
 

Kuroo hatte seine Runde langsam und gemächlich begonnen und war immer schneller geworden. Nichts außergewöhnliches. Doch dass er rannte, bis es sich anfühlte als würde der Sauerstoff aus seinen Lungen kaum noch bei seinen Muskeln ankommen war selten. Er atmete schon schwer seit er den Park erreicht hatte. Nun kam langsam sein Apartmentgebäude in sein Blickfeld und das Einzige, was seinem Kopf einfiel war „Sprint“. Es war vermutlich eine dumme Idee, da er sich jetzt schon fühlte als würde er entweder erstickten oder über seine eigenen Beine fallen wenn er noch an Geschwindigkeit zulegte, doch er biss die Zähne zusammen.
 

Er spürte wie der Laufwind an seiner Jacke zog, er hörte nur seinen Atem und seine eigenen Schritte auf dem gepflasterten Gehweg, spürte seinen Puls in seinem Hals pochen. Langsam fühlten sich seine Beine schwer an und dann auch wieder so leicht, dass er kaum wahrnahm wie er den Boden berührte.
 

Ursprünglich hatte er nachdenken wollen, doch als seine Gedanken sich immer wieder um die gleichen Themen kreisten, ihm aber keine Lösungsvorschläge einbrachten hatte er begonnen zu rennen und mit dem Wind und der Anstrengung seinen Kopf leer zu fegen. Er musste sich zu sehr auf seine Bewegungen konzentrieren. Nicht stolpern, nicht fallen, Atmen.
 

Mit einem Japsen erreichte er das Tor zu dem kleinen Hof vorm Eingang seines Gebäudes, das von den Straßenlaternen erhellt wurde. Sofort drosselte er seine Geschwindigkeit und lief ein paar Meter weiter aus, bis er schwer atmend zu stehen kam. Es war nicht kalt, aber der Laufwind hatte ausgereicht ihn herunter zu kühlen, sodass er nun innerhalb weniger Augenblicke merkte wie heiß ihm war und wie sehr er eigentlich schwitzte.
 

Sein Blick ging zu seiner Armbanduhr. So lang war er gar nicht unterwegs gewesen und seine Strecke war auch nicht sehr lang. Seine Ausdauer hatte seit der Oberschule stark nachgelassen, aber was erwartete er auch wenn er nun nicht mehr jeden Tag für mehrere Stunden Sport trieb.
 

Kuroo ging zurück zum Tor und betrat den Hof, wo er sich an einer Wand des Zaunes abstützte und zu dehnen begann. Seine Beine fühlten sich an wie Pudding, sein Mund war trocken und ihm war unerträglich warm. Und doch war das Einzige was er gerade wollte eine Flasche Wasser und ein heißes Bad. Noch war sein Kopf herrlich leer, aber spätestens in der Wanne würde er genug Ruhe gefunden haben um nachzudenken.
 

Nachdem er sich genug halbherzig gedehnt hatte machte er sich mit einigermaßen festen Schritten auf den Weg zurück in seine Wohnung im vierten Stock. Zum Glück funktionierte der Aufzug, denn die Treppe hätte so ausgepowert ewig gedauert. In seiner Wohnung angekommen schnappte er sich eine Wasserflasche und begann dann sich aus seiner verschwitzten Kleidung zu schälen. Er verfrachtete sie gleich in den Korb zur restlichen Dreckwäsche und wanderte eine Weile durch die dunklte Wohnung während er sein Wasser trank und darauf wartete, dass er zu schwitzen aufhörte. Sobald die Luft unangenehm kalt wurde und seine nackte Haut zu kleben begann hörte er auf Löcher in seine Wände zu starren. Er sammelte sein Handy ein und begab sich in sein Badezimmer, aus dem er wohl die nächste Stunde nicht mehr herauskommen würde.
 

Es war ein schlechter Tag gewesen. Anstrengend auf einer mentalen, arbeitstechnischen und menschlichen Ebene. Viel hätte nicht mehr gefehlt und er wäre ausfallend geworden. Mehr als ein freundschaftlich neckendes „Du Arsch“, denn Daisho war nicht sein Freund. Einer der Redaktionsassistenten hätte auch um ein Haar etwas abbekommen, als er ihn in seiner Mittagspause von der begrünten Dachterrasse holte, für quasi nichts.
 

Während er auf dem kleinen Hocker im Duschbereich seines Nassbades saß und sich die Haare wusch überkam ihn wieder diese unterschwellige Wut, die er fast den ganzen Tag mit sich herumgeschleppt hatte. Wo sie her kam konnte er nur ahnen, aber er musste sich wirklich beruhigen. Was brachte es ihm denn, wenn er tagtäglich einen Groll gegen die ganze Welt und die Menschen um sich herum hegte. Der Einzige, der etwas für seine miese Laune konnte war doch in Wirklichkeit er selbst. Mit etwas Nachhilfe von anderen.
 

Vielleicht brauchte er wirklich einmal einen Tapetenwechsel? Einen Urlaub? Sollte er mal etwas machen, das er sich noch nie getraut hatte? Fallschirmspringen? Bungeesjumping? Auch wenn er gerade in das heiße Wasser seiner Badewanne stieg fröstelte es ihm bei diesen Gedanken. Warum war das Einzige was ihm dazu einfiel Dinge, die mit Höhe zu tun hatten. Und das mit seiner Höhenangst...
 

Mit einem Seufzen streckte er sich in seiner Badewanne aus. Sie war nicht groß genug, dass er sich bequem der Länge nach hineinlegen konnte – welche Wanne konnte dieses Kriterium schon erfüllen? – aber sie war so tief, dass seine Knie nicht über den Beckenrand lugten, selbst wenn er sich ganz zurücklehnte.
 

Er nahm ein kleines Handtuch, dass er zuvor zurecht gelegt hatte, und trocknete seine Hände daran ab bevor er es gefaltet in seinen Nacken legte. Eine Weile starrte er gegen die Decke und versuchte seine Gedanken von den Momenten des Tages weg zu lenken, die in seinen Augen nicht optimal gelaufen waren. Das funktionierte nun leider nur nicht sonderlich gut, denn das Einzige was es ihm brachte war jeder Moment, der seinen Tag hatte immer schlechter werden lassen hintereinander abgespielt.
 

Kuroo seufzte und rieb sich die Augen, bevor er nach seinem Handy griff, das er ebenfalls bereit gelegt hatte. Als hätte er geahnt, dass er sich nicht einfach entspannen konnte. So jemand war er noch nie gewesen. Er musste seinen Kopf beschäftigen, sich ablenken, um langsam wieder zur Ruhe zu kommen und seine Energie aufzuladen. Nur fiel ihm das in letzter Zeit immer schwerer. Das Laufen – oder besser gesagt Rennen – hatte ihm zwar gut getan, aber nur für eine kurze Zeit. Und wenn er ehrlich war, dann war es ein Wunder dass er nicht irgendwann einfach gegen eine Laterne oder eine andere Person gerannt war. Er war abgelenkt gewesen, aber nicht auf die hilfreiche Weise.
 

Erst öffnete er die Chatapp und überlegte, wem er schreiben sollte. Er scrollte durch die ganzen Verläufe, öffnete einige, las etwas darin und schloss sie wieder. Oikawa, Terushima, seine Schwester? „Hey, ich sitze gerade in der Badewanne und hab Langeweile. Erzähl mal was!“ Kuroo schnaubte und schloss die App.
 

Stattdessen öffnete er nun die Nachrichtenapp und scrollte durch die Überschriften der Artikel. Wollte er sich gerade durch Meldungen und Diskussionen von Polizeieinsätzen, politischen Entscheidungen und die kleineren bis größeren Existenzkrisen arbeiten, die die Nachrichten regelmäßig in ihm auslösten? Eigentlich nicht. Das war doch eher kontraproduktiv. Lieber stumpf berieseln lassen?
 

Sein Daumen schwebte für einen Moment über dem kleinen blauen Vogel-Icon. Twitter war oft genug kaum besser als die Nachrichten, aber wenn er diese Tweets in seiner Timeline einfach überlas und sich stattdessen mit Sport beschäftigte?
 

Er registrierte erst dass er sie angeklickt hatte, als die App sich bereits öffnete. Kuroo hatte die App stumm schalten müssen, nachdem sie sich selbst Tage nach seiner Begegnung mit Bokuto nicht wieder beruhigt hatte. Die kleine rote Zahl bei seinen Benachrichtigungen war noch höher als das letzte Mal, als er nachgeschaut hatte. Nicht mehr lang und seine Followeranzahl wäre ebenfalls sechsstellig. Wenigstens das hätte er Daisho dann voraus, auch wenn das nie auf seiner Wunschliste an Erfolgen gestanden hatte.
 

Kuroo machte es sich in seiner Wanne bequemer und ignorierte die ganzen Direktnachrichten, die die App ihm anzeigte. Stattdessen begann die Timeline der Accounts denen er folgte entlang zu scrollen. Spielergebnisse, ein kurzer Clip von Kenma wie er sich in einen Stream über etwas „aufregte“, mehr Spielergebnisse, mehr Retweets dieses Videos mit ihm und Bokuto, wieder Kenma, Kenma, Kenma, Bokuto im Krankenhaus, Spielergenbisse, Oikawa...
 

Er hielt inne und scrollte zurück zu Bokutos Tweet. Es war ein Bild von ihm, wie er in einem Krankenhausbett saß. Er machte mit beiden Händen Peacezeichen und grinste mit diesem alles erhellenden Lächeln in die Kamera. Man sah noch den Arm von jemandem im Bild, der ebenfalls ein Peacezeichen zur Kamera hin machte und das grinsende Gesicht Atsumu Miyas, der das Bild als Selfie schoss. Als er das Bild antippte um es zu vergrößern tauchte Hinata neben Bokuto auf und lächelte ebenfalls strahlend. Er musste bei dem Anblick des offensichtlich gut gelaunten Trios selbst schmunzeln.
 

„Hey! Hey! Hey!!! Danke für die vielen Genesungswünsche! Mir geht es gut und ich hoffe bald wieder mit den Jungs spielen zu können!“ Auf die kurze Nachricht an seine Follower folgen noch eine Menge Herzen, auch in den Kommentaren. Bokuto war in Sachen Fankommunikation wirklich gut und an vorderster Front im Vergleich zu anderen professionellen Spielern. Im Moment hatte er wohl auch deutlich mehr Zeit dafür als sonst. So hatte er es mit diesem Post auch geschafft, dass Kuroo nun auf sein Profil geklickt hatte um zu sehen, wie es ihm in den letzten Tagen so ergangen war.
 

Viele seiner Tweets wurden von Bildern und Erinnerungen von vergangenen Spielen begleitet, dazwischen fand man immer wieder ein Update zu seinen Verletzungen und dort – ganz unauffällig und versteckt – der Tweet mit seiner Entschuldigung an Kuroo. Noch am selben Tag veröffentlicht, an dem er zum Sender gekommen war. Davon hatte er kein Wort verloren, das war wohl ihr kleines Geheimnis.
 

Er beachtete den Entschuldigungstweet nicht weiter, dazu war er viel zu sehr von den emotionalen Bilder der letzten Siege und diversen Schnappschüssen aus den Trainings abgelenkt. Diese wurden jetzt von immer mehr reinen Texten abgelöst, in denen der Volleyballer kurze Tagesupdates gab. Und wenn Bokuto dann mal in die Kamera strahlte, dann wirkte er müder als auf den anderen Bildern. Kuroo wollte nicht wissen wie anstrengend das Leben als Profisportler war, aber es war deutlich dass ihn die aktuelle Situation noch mehr anstrengte. Kuroo konnte nicht beurteilen, bei wie vielen Ärzten und Terminen er im Moment vorsprechen musste oder wie sehr ihn die Schmerzen vielleicht wach hielten. Aber auch wenn er müde wirkte, sein Lächeln gab seinen Fans das Vertrauen, dass es ihm gut ging und er bald wieder auf dem Spielfeld stehen würde.
 

Während er so durch Bokutos Profil scrollte vergaß er vollkommen die Zeit, bis er schauderte. Das Wasser um ihn herum war stark abgekühlt und endlich erhob er sich daraus, um sich eng in ein paar Handtücher zu wickeln. Wenigstens war es in dem Moment als er das Bad verließ nicht so kalt wie sonst, wenn er aus noch heißem Wasser gestiegen war. Es gab nichts was er mehr hasste als frieren. Als er sich in seinem Schlafzimmer anzog und noch überlegte, ob ein Sweatshirt zu übertrieben war ging eine Nachricht auf sein Handy ein.
 

Oikawa:

>>> Ich habe immer noch keine Antwort von dir

>>> Was wirst du tun?
 

Er musste noch nicht einmal nachfragen um zu wissen worum es ging. So sehr wie bei ihm im Moment jeder auf dem Thema Bokuto herumzukauen schien war nur klar, dass er immer noch die Einladung des anderen meinte. Etwas anderes verlangte auch nicht nach Kuroos Entscheidung und einer Antwort. Er wollte es schon wieder ignorieren, bevor ihm der müde Ausdruck in Bokutos Augen wieder in den Sinn kam. Und wie er gestrahlt hatte als er beim Sender war. Und wie er ihn angesehen hatte, bei diesem kleinen dummen Satz nach dem Spiel.
 

Kuroo durchquerte mehr oder weniger entschlossen seine Wohnung und wühlte in seiner Tasche nach seinem Notizbuch, in das er den kleinen gelben Zettel mit Bokutos Telefonnummer geklebt hatte. Einen Moment drehte er unschlüssig das Stück Papier in seinen Fingern. Vielleicht war Bokuto gerade auch zu sehr in seiner kleinen Welt gefangen und konnte mit dieser Verletzung einfach nicht ausbrechen. Vielleicht brauchte er auch einfach mal einen Tapetenwechsel, so wie Kuroo. Und vielleicht hatten seine Schwester und Oikawa ja recht. Im schlimmsten Fall gab es was Gutes zu essen...
 

* * *
 

Akaashi öffnete auf sein Klopfen hin die Tür. Es war eine Stunde nach Ladenschluss, bis auf sie beide war die Praxis leer. Das Licht brannte noch in allen Räumen, alles war fein säuberlich aufgeräumt und bereit dafür, dass der Inhaber nach hause gehen und am nächsten Tag wieder von vorn starten konnte. Doch stattdessen stand Bokuto auf seinem Krücken vor ihm, eine Hand hielt noch krampfhaft einen Umschlag mit Unterlagen von Untersuchungen und seiner Operation. Akaashi schnappte ihn sich, bevor er dem anderen herunter fallen konnte.
 

„Hallo, Bokuto. Wie geht es deinem Knie?“, fragte er ruhig wie eh und je und Bokuto spürte wie sich diese Ruhe auch in ihm ausbreitete. Das war schon immer einer seiner Superkräfte gewesen.
 

„Tut weh, aber die Schmerzmittel helfen ganz gut“, sagte er und trat endlich durch die Tür, die Akaashi hinter ihm schloss.
 

„Und wie geht es dir?“, fragte sein Freund und sah ihn eindringlich an. Bokuto fühlte sich mit einem Mal ertappt. Sie hatten zwar in den letzten Tagen öfter miteinander geschrieben oder telefoniert, wenn es der Zeitplan des anderen erlaubte, doch Bokuto hatte kaum über seine Gedanken gesprochen. Er wollte sie auch nicht wirklich aussprechen. Doch vor Akaashi war es in Ordnung, das wusste er...
 

„Unruhig, gelangweilt... Ich hätte beinah die Lampe im Wohnzimmer beim Pritschen zerschossen. Mama war vielleicht sauer“, murmelte er und folgte dem anderen in eines seiner Behandlungszimmer. Auch wenn Akaashi nicht lachte hörte er seine Belustigung, als er ihn bat sich auf die Liege im Raum zu setzen.
 

„Hättest du das nicht auch draußen machen können?“

„Es hat geregnet, da wollte Mama mich auch nicht raus lassen. Und das Wohnzimmer ist der einzige Raum, in dem die Decke dafür hoch genug ist. Ich fühl mich so eingeengt, ich will mich wieder bewegen können!“ Er jammerte nicht, würde er nie tun. Auch wenn er gerade zu schmollen begann.
 

„Wenn es deinem Knöchel wieder besser geht, sollte das auch langsam wieder möglich sein“, sagte Akaashi während der die Unterlagen durchblätterte, die Bokuto mitgebracht hatte. Er blickte auf und bedachte den anderen mit einem kleinen Lächeln. „Mit der Schiene ist dein Knie stabilisiert, bis alles ausgeheilt ist. Nur übertreiben solltest du es nicht. Die Betonung liegt auf langsam. Das meine ich ernst.“
 

Selbst wenn die Aussicht sich bald wieder mehr und freier bewegen zu können immer näher kam musste er bei dem ernsten Tonfall des anderen nur noch mehr schmollen. Ihm war ja bewusst, dass er wirklich genau darauf achten musste wie er sich in der Heilungsphase verhielt, aber es war so schwer. Wenn man sein Leben lang oft und viel Sport gemacht hatte und einem das plötzlich mit der Auflage drei Mal am Tag vorsichtig und langsam den Hausflur auf und wieder ab zu gehen entrissen wird... Langsam aber sicher wurde er wahnsinnig. Und es war auch nicht das Einzige, was ihn beschäftigte.
 

„Vielleicht habe ich noch was anderes Dummes gemacht, was nichts mit meinem Knie zu tun hat“, begann er und beobachtete wie der Blick des anderen zunächst fragend wurde und schließlich eine Art Resignation zeigte, die er schon lang nicht mehr bei ihm gesehen hatte.
 

„Wieso fürchte ich, dass es wieder etwas mit diesem Kuroo zu tun hat?“

„Vielleicht weil es stimmt?“ Bokuto lächelte vorsichtig und als Akaashi die Mappe mit seinen medizinischen Unterlagen senkte ohne den Blick von ihm abzuwenden nahm er das als Zeichen ihm zu erzählen, was er „angestellt“ hatte. Und dass er immer noch nichts von Kuroo gehört hatte, nachdem er bei ihm gewesen war. Akaashi hörte es sich schweigend an und bedachte ihn mit einem Blick, der alles bedeuten könnte.
 

„Sehe ich das richtig, dass du ihn erst in Verlegenheit gebracht, dann überrumpelt und zum Abschluss in Zugzwang gebracht hast? Und das alles ohne große Erklärungen?“, sagte er und schob seine Brille zurecht. Bokuto sah ihn verwundert an, was den anderen zu seufzen brachte. „Und so wie du schaust hast du auch nicht wirklich darüber nachgedacht, oder? Vielleicht ist es ihm Unangenehm, Bokuto.“
 

„So habe ich das wirklich nicht gesehen“, sagte er und blickte nachdenklich auf seine Knie. Was, wenn er Kuroo damit nervte? Wenn der andere ihn am liebsten gar nicht mehr gesehen und die ganze Sache am liebsten einfach vergessen hätte? Was, wenn er es für ihn damit nur schlimmer gemacht hatte?
 

Akaashi erhob sich und kam zu Bokuto an die Liege, wo er diesem bedeutete sich darauf auszustrecken. Bokuto folgte den Anweisungen und mit geübten Handgriffen zog Akaashi seinem Patienten den Schuh aus und beide Schienen von seinem verletzten Bein.
 

„Überrumpeln ist eben nicht immer die besten Strategie. Sag, wenn es weh tut“, sagte er bevor er seine Ferse in die Hand nahm und begann langsam sein Bein anzuwinkeln. Weit schafften sie es nicht, bevor Bokuto sich bemerkbar machte. Die Schwellung der Operation und das Ziehen an der Naht gaben einen unangenehmen Widerstand. Mit einem Nicken streckte Aksaashi das Bein des anderen wieder aus und begann seinen Knöchel zu kreisen. Das ging deutlich flüssiger und verursachte auch so gut wie keine Schmerzen mehr.
 

Bokuto schwieg in Gedanken versunken und bemerkte den forschenden Blick des anderen nicht, der regelrecht beobachtete wie er versuchte zu einer Erklärung für das schweigen des Reporters zu kommen. Da hatte Akaashi was losgetreten. Und recht hatte er. Er war einfach egoistisch vorgegangen. Bokuto hatte gar nicht daran gedacht, wie es für den anderen sein musste. Vermutlich würde er nie wieder von ihm hören.
 

„Vielleicht braucht er auch einfach nur etwas länger für eine Entscheidung“, begann Akaashi schließlich wieder und legte Bokutos Bein auf der Liege ab. Der Blick des anderen wanderte von der Zimmerdecke zurück zu ihm.
 

„Ja, vielleicht... Oh man, was hab ich mir dabei nur gedacht“, stöhnte Bokuto und fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht. Akaashi wusste, was er an Kuroo fand und hatte ihm so oft geraten in der Hinsicht nichts Dummes zu machen. Und jetzt lag er hier, hatte dem anderen Mann gesagt, dass er ihn hübsch fand, war einfach zu ihm gegangen um mit ihm zu reden und hatte ihm seine Nummer in der Hoffnung gegeben, dass sie sich tatsächlich noch einmal treffen würden.
 

Zwischen Akaashis seufzen und seinem Stöhnen über seine eigene Dummheit wäre das leise „Ping“ in seiner Hosentasche beinah untergegangen. Bokuto erwartete keine Nachrichten. Seine Teamkollegen und Schwestern waren alle beschäftigt und seine Eltern schrieben keine Textnachrichten. Irritiert fischte er sein Handy hervor, während Akaashi weiter seine Gelenke abtastete. Als er es entsperrte und die Nachricht las wäre ihm das Gerät beinah aus der Hand auf sein Gesicht gerutscht. Er las sie noch einmal. Und noch einmal. Schließlich setzte er sich mit einem überraschten Laut auf.
 

„Was ist?“, fragte Akaashi und Bokuto blickte kurz von dem kleinen Bildschirm auf.
 

„Es ist Kuroo“, antwortete er leise und las noch einmal über die wenigen Zeilen die der andere ihm geschrieben hatte. Auch Akaashi gab ein leises „Oh?“ von sich. Sein Herz schlug ihm mit einem Mal wieder bis zum Hals. „Und er möchte sich mit mir treffen.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Edit: Das Kapitel wurde noch einmal ordentlich korrigiert. Ich hoffe ich habe alles erwischt :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Der einzige Grund warum Grübchen existieren ist - per Definition - dem anderen Charakter das Leben zur Hölle zu machen :) (RIP Kuroo)

Edit: Das Kapitel wurde noch einmal ordentlich korrigiert. Ich hoffe ich habe alles erwischt :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Edit: Das Kapitel wurde noch einmal ordentlich korrigiert. Ich hoffe ich habe alles erwischt :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich habe jetzt einen Twitteraccount . Wer möchte kann mich dort gern belästigen und für Updates folgen :)
Vielleicht lerne ich dort auch endlich etwas Nützliches für diese FF, hahaha :D Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  _Zirkonia_
2021-11-12T15:19:45+00:00 12.11.2021 16:19
Ein wieder sehr tolles Kapitel freue mich schon aufs das nächste
Antwort von:  Jimini
12.11.2021 19:30
Vielen Dank! Ich gebe weiterhin mein Bestes :)
Von:  _Zirkonia_
2021-10-15T06:31:05+00:00 15.10.2021 08:31
Hi,
Hab deine Geschichte entdeckt und sie auchvglwich gelesen ^-^
Sie gefällt mir bisher sehr gut und und freue mich schon jetzt auf ein neues Kapitel.

Ich muss aber gestehen das es manchmal etwas schwer ist sie zu lesen da sich vereinzelte flüchtigkeitsfehler eingeschlichen haben das ist allerdings keine Kritik von mir sondern nur eine Feststellung ^-^
Meine eigene Rechtschreibung ist viel zu schlecht um jemanden anderen kritisieren zu können xD
Antwort von:  Jimini
15.10.2021 13:26
Hallo!
Vielen Dank für dein Kommentar. Es freut mich, dass sie dir bisher gefällt und ich hoffe du hast auch weiterhin Spaß beim Lesen :)

Das mit den Fehlern tut mir schrecklich leid. Ich habe wie gesagt niemanden, der korrekturließt und man selbst übersieht ja auch gerne beim drüber lesen zum Abschluss was :(
(Immer ärgerlich, dass die Korrekturprogramme auch nicht alles als Fehler erkennen, haha)

LG Jimini
Antwort von:  _Zirkonia_
15.10.2021 13:37
Klar werde ich weiter Spaß beim lesen haben ^-^

Wie gestern das sollte keine Kritik sein ^^'
Es sind auch nicht unbedingt Fehler sondern ehr doppelte Worte kurz nacheinander in einem Satz und gelegentlich ein komischer Satzbau
Antwort von:  Jimini
15.10.2021 19:18
Ich werde bei Gelegenheit noch einmal drüber lesen und für Ordnung sorgen. Vielen Dank :)


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