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Sherlock Holmes

das unheilvolle Familienerbstück
von

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Endlich ein klärendes Gespräch?

Gerade dabei sich die Wunde an seiner Schulter zu säubern, saß der blonde Mann komplett nackt und nur halb vom Schaum bedeckt in der Badewanne. Hatte unwillkürlich mit seiner Waschaktion stoppen müssen, nachdem Sherlock so plötzlich ins Bad gestürmt gekommen war. “Sherlock, was…” Doch weiter kam er nicht. Der Angesprochene drehte sich noch einmal kurz zur Tür, verschloss diese, zog den Schlüssel raus und verstaute diese in seiner Hosentasche, während er sich wieder zu seinem Mitbewohner wandte. Johns Augen wurden größer. Er verstand nun rein gar nichts mehr. Hatte er doch endlich einfach nur mal seine Ruhe haben und sich waschen wollen. War denn das schon wieder zu viel verlangt? … “Wir müssen reden!” Ah. Schön, dass ER jetzt reden wollte. Vielleicht war der Doktor momentan aber ganz und gar nicht in Stimmung für ein Gespräch, von welchem er insgeheim schon sehr genau ahnte, ‘was genau’ für ein Gespräch der Detektiv da anstrebte. Doch als der Kleinere so über die verschlossene Tür nach dachte, konnte er sich schon denken, dass er hier so oder so nicht mehr rauskommen, bevor sie beide nicht wenigstens mal versucht hatten miteinander zu reden. … Nun gut - sei’s drum. Mehr widerwillig als erfreut, setzte sich der ehemalige Militärarzt aufrecht hin und verschränkte die Arme vor der Brust. War nun voll und ganz auf seinen Kollegen konzentriert und sah diesem direkt und wartend in die Augen.
 

“Also dann. Ich bin ganz Ohr.” Johns Stimme war ernst und ließ den Größeren spüren, dass dieser - wenn Sherlock hier schon rein geplatzt kam und reden wollte - kein drum herum Gerede dulden würde, und störende Zwischenpausen schon gar nicht. Der Detektiv ließ trotzdem noch kurz seinen Blick durch das Badezimmer schweifen. Johns altbekannter Notfallkoffer stand geöffnet neben der Badewanne auf dem gefliesten Boden. Ein paar zusammengeknüllte Papiertücher, die direkt daneben lagen, schienen an manchen Stellen voller Blut zu sein. Sherlock sah genauer hin. Plötzlich schoss dem Jüngeren unwillkürlich etwas durch den Kopf. Er erinnerte sich daran, wann genau er beim Barcode Vauxhall angekommen war. Kurz bevor er den Nachtclub betreten hatte wollen, hatte er einen lauten Ruf gehört. //“Wenn ihr euch nicht sofort verpisst schreie ich die ganze Straße zusammen!!”// Genau das waren Johns Worte gewesen. Sofort hatte sich Sherlock zur anderen Straßenseite begeben und den Revolver gezückt - kurz nachdem John einen Schlag in den Magen bekommen hatte. Ab da wäre es mit dem Detektiv beinahe durchgegangen… Er hatte sehr an sich halten müssen, diese zwei Kerle nicht einfach kurzerhand nieder zu schießen, die es gewagt hatte, sich an... SEINEM Freund zu vergreifen.
 

Ein Räuspern ließ den Detektiv wieder aufschauen. John wurde langsam ungeduldig - und das zu Recht. Kurz und leise räusperte sich der Größere nun ebenfalls einmal, kam ein paar Schritte näher und versuchte mehr oder weniger den Anfang zu machen. “Zu aller erst,…wie geht es Ihrem Rücken?” Leicht erstaunt hob John ein wenig seine Schultern und ließ sie mit einem mehr desinteressierten Blick und einem kurzen Ausatmen wieder sinken. “Dem geht es gut. Das wird schon wieder.” Kurz, knapp und schnell. Sherlock konnte nur zu gut jene Ungeduld heraus hören. “Und ihrem Magen?-” “Sherlock, jetzt komm endlich zum Punkt!” Augenblicklich wandte sich der Angesprochene zu einem kleinen Holzstuhl, der in der Nähe der Badewanne stand, nahm geschwind Platz und legte die Beine übereinander. Er machte es sich im wahrsten Sinne des Wortes bequem - wie John mal wieder nur kopfschüttelnd hinnehmen konnte. Solang der Meisterdetektiv dann aber auch endlich mit der Sprache rausrückte, sollte es dem Älteren ausnahmsweise egal sein. “Nun gut. Dann komme ich wohl gleich zur Sache.” Mann merkte schon, wie schwer es dem selbsternannten Consulting Detektive fiel, ein vernünftiges Gespräch zu beginnen - davon mal abgesehen, dass es um das Thema ‘Gefühle’ ging. Doch John wollte sich davon nicht beirren lassen und blieb weiterhin standhaft.
 

“Ich beginne gleich mit der Sache vor dem Nachtclub. Ihr... Dein Handeln war ohne Zweifel vorschnell und unvernünftig. Durch deinen unvorsichtigen Plan hättest du dich selbst ernsthaft in Gefahr bringen und nicht zu vergessen unseren Fall aufs Spiel setzen können.” Die ganze Zeit über schaute Sherlock beim Reden geradeaus, sah nicht zur Seite zu seinem eigentlichen Gesprächspartner. Wollte somit, sich auf seine Worte konzentrierend, ein Thema nach dem anderen abhandeln, damit es auch ja nicht wieder zu irgendwelchen neuen Missverständnisse kommen könnte. Außerdem war es ihm fast peinlich, so offen mit dem Doktor zu sprechen. Dieser wollte schon etwas erwidern, wurde aber sogleich von dem Größeren davon abgehalten. “Lass mich ausreden…” John blieb still. “Denn obwohl deine Aktion riskant war,… hast du dennoch gute Arbeit geleistet. John... das hast du... wirklich... gut gemacht.” Der Kleinere drehte nun langsam seinen Kopf zu Sherlock, sah diesen mit einer Mischung aus Überraschung und Verwunderung an. Meinte der Detektiv das Gesagte wirklich ernst? War es wirklich DAS was Sherlock dachte? …
 

John wusste nicht so recht, ob er sich über das Lob jetzt freuen sollte, da er wie es aussah, noch immer an Sherlocks Worten zu zweifeln schien. Johns andauernde Zweifel blieben selbstverständlich vor dem  Detektiv nicht unbemerkt, er wollte jetzt aber auch nicht zu sentimental werden und ließ sich deshalb auch nicht weiter darauf ein. Er gab ja innerlich schon zu, dass er sich hiermit echt etwas schwer tat. Ihm wurde gleichzeitig aber auch  mal wieder klar vor Augen geführt wurde, dass er, WENN er denn Mal ein Lob aussprach, dafür sofort wieder misstrauische Blick kassierte. Die Leute konnten sich aber auch nie entscheiden. Mann sollte auf andere zugehen, ab und zu Bitte und Danke sagen - aber WENN man es einmal tat, wurde dies sofort in Frage gestellt… Typisch Menschen… “Außerdem…”, setzte Sherlock erneut an, “…war ich nicht sauer wegen deiner Aktion an sich, John…” Nun wurde der Jüngere fragend angesehen. “…Sondern wegen der Tatsache, dass dir etwas hätte zustoßen können.” Erstaunt über diese plötzliche Offenheit, lehnte sich der Veteran nun etwas mehr zur Seite, stützte sich mit einem Arm auf den Wannenrand ab und musterte seinen Mitbewohner. Wenn das so war,... dann hatte sich Sherlock also wirklich nur Sorgen um ihn gemacht. John begriff so langsam. Doch wollte er seine langsam aufkommende Erleichterung noch für sich behalten. “Ist ja auch verständlich, du bist schließlich mein Kollege,... mein Freund. Ich brauche dich… als... nun…”
 

“Ja?”, hakte der kleinere von beiden mit ruhiger Stimme nach. “…Ich brauche dich bei meinen Ermittlungen als gedankliche Stütze an meiner Seite.” Langsam, ohne großartig Geräusche oder Bewegungen dabei zu machen, lehnte sich John Watson wieder zurück, rutschte ein wenig weiter nach unten ins warme Wasser. Er blieb still. “Hör zu John, ich weiß selbst, dass ich nicht gut in solchen Dingen bin. Also was das Reden über solche Themen betrifft meine ich. Aber ich schwöre dir, dass jedes einzelne Wort der Wahrheit entspricht. Ich meine es Ernst.” Mit diesem Nachdruck hatte John innerlich schon gerechnet. Er konnte sich gut vorstellen, was momentan in dem Detektiv vor sich ging und wie dieser mit sich kämpfen musste, um ehrlich zu dem Doktor zu sein und dabei trotz allem seinen Stolz und das sein Gesicht zu wahren. Der Ältere wollte sich seine Antwort nun gut überlegen. Wenn ihm sein Kollege schon so ehrlich entgegen kam, wollte auch ER höflich und aufrichtig zu ihm sein. Somit seufzte er einmal leise auf, sah aus dem Augenwinkel wie sich Sherlocks Kopf etwas zur Seite in seine Richtung drehte, wohl darauf wartend, dass John nun etwas sagte.
 

“Ich glaube dir, Sherlock. Es ist in Ordnung und ich habe auch verstanden was du mir damit sagen willst. … Außerdem….” Sollte er es sagen? Sollte John das wirklich seinem Mitbewohner sagen?… “Außerdem?” Nun wurde Sherlock wirklich neugierig. “Außerdem…schätze ich es sehr, daß du mich als Hilfe siehst.” Das war es. Dieses eine einfache kleine Wort, worum es John die ganze Zeit gegangen war, woran er so sehr gezweifelt hatte. Sherlock hatte offen zugegeben, dass er John brauchte, das er die Fähigkeiten des Doktors für seine Arbeit zu schätzen wusste.
 

Aber konnte der Detektiv auch Johns Gefühle, seine Bedenken ernst nehmen? Das, was in den letzten Tagen vorgefallen war hinterließ ohne Zweifel gewisse Narben, vor allem seelischer Natur, die Sherlock und John durcheinander brachten. Aber auch geistige Narben, die ihren Verstand komplett über den Haufen rannten und alles zuvor Geschehene in Frage stellten und körperliche Narben… süße, schmerzhafte und nie für möglich gehaltene Narben,… die es beiden Körpern fast unmöglich machten, sich noch voneinander fern zu halten. Mittlerweile war der Begriff ‘Freundschaft’ zwischen ihnen so zerbrechlich und durchsichtig, dass es nur noch wenige Anstöße brauchte, um dieses Wort durch ein Neues zu ersetzen. So langsam aber sicher hieß es für sie, entweder nur noch strikt Kollegen… oder… etwas, was über Freundschaft hinaus ging… Sherlock sowie John wusste, dass es schwer werden würde eine sogenannte Freundschaft vorzutäuschen, wenn die Wahrnehmungen, Gefühle und Wertschätzungen in eine ganz andere und intensivere Richtung gingen. Werder der Detektiv noch der Doktor konnten zu diesem Zeitpunkt sagen, ob sie das überhaupt wollten, zulassen konnten. Vor allem John wehrte sich, obwohl Sherlock eigentlich derjenige hätte sein sollen, der mehr dagegen haben hätte sollen, sich einem anderen Menschen so zu nähern, gegen den Gedanken, sich auf diese Weise auf den Größeren einzulassen, ob es sich nun gut anfühlte oder nicht. Er konnte sich einfach nicht vorstellen mit Sherlock eine 'Beziehung' zu führen. …. Es war schwer,… so schwer… Diese verfluchten Gefühle… …
 

“Ja,…”, durchbrach plötzlich eine tiefe und ruhige Stimme die beinahe schreiende Stille. “…das ist wahr… Du warst und bist bisher mein einziger Freund, ein ’wirklicher’ Freund… ” //…Und das nicht nur während der Arbeit…// - doch jene gedachten Worte schaffte Sherlock einfach nicht über die Lippen zu bringen. Es ging nicht. Ob es sich 'sein' Doktor nun selbst schon denken konnte oder nicht,… Sherlock würde wohl nie über seinen selbst erschaffenen Schatten springen können… Jedenfalls jetzt noch nicht. Doch John müsste 'seinen' Detektiv doch im Grunde schon gut genug kennen, um sich ausmalen zu können, was dieser nicht in Worte zu fassen vermochte. Und das tat er. War tatsächlich etwas baff, musste zugeben, dass er mit Sherlocks Wertschätzung etwas überfordert war. Aber hatte er sich nicht genau diese so sehr gewünscht, hatte er sich nicht gerade deshalb allein zum Barcode begeben, um die Anerkennung des selbsternannten Consulting Detektivs zu erreichen, die er, wie er nun feststellen musste, zuvor längst genossen hatte. Konnten sie beide wirklich keine normalen Freunde sein, musste es unweigerlich darauf hinaus laufen? War aus der Faszination, dem Vertrauen, welches der Veteran seltsamerweise vom ersten Augenblick für den Meisterdetektiv empfunden hatte, die einfache, freundschaftliche Zuneigung überspringend, so schnell etwas anderes geworden, was ihn die Nähe des Größeren genießen, ja herbeisehnen ließ?
 

Sherlock strahlte Gefahr aus und wie Mycoft so schön gesagt hatte, fürchtete John diese, bevor er anfing mit Sherlock zu arbeiten und zusammen zu leben, nicht, sondern er vermisste sie. War der Veteran also 'nur' ein Adrenalinjunckie, der in dem Meisterdetektiv die perfekte 'Droge' gefunden hatte? Nein, da war definitiv noch mehr, das ging über eine einfache Abhängigkeit hinaus. Er fühlte sich dem exzentrischen Genie verbunden, nicht weil er glaubte, es vor dem Wahnsinn retten zu können, sondern weil er wusste, dass nur er es im Gleichgewicht halten konnte. Er war Sherlocks Gegenstück, in jeder Beziehung, war er deshalb etwas Besonderes... für den Detektiv? Dass so einfachen Worten aber auch so unglaublich schwer verbal Ausdruck zu verleihen war. Besonders wenn man Sherlock Holmes hieß. John fing innerlich an zu schmunzeln, dieser Consulting Detective war schon echt eine Nummer für sich. Da konnte man nur resigniert den Kopf schütteln. Und dennoch…freute sich der Doktor tatsächlich ein wenig darüber, mit seiner Ratlosigkeit ausnahmsweise nicht alleine zu sein. …
 

Ein leises Platschen war zu hören, als sich John nochmals etwas mehr ins warme Nass sinken ließ. Beide Männer sahen gleichzeitig in die Richtung des jeweils Anderen. Stillschweigend musterten sie sich. Interessiert und mit einem Hauch noch Neugierde. Was der Andere wohl gerade dachte? … Sie sollten es nicht erfahren, denn Gedanken lesen gehörte weder zu Sherlocks noch zu Johns Fähigkeiten. Letztendlich war nur noch das widerhallende Geräusch der einzelnen Wassertropfen in dem kleinen Raum zu hören, die aus dem Wasserhahn in die halbvolle Badewanne hinab tropften. Die nicht unangenehme Stille und der warmen Wasserdampf um John und Sherlock war mal wieder zum Greifen nahe… Sie waren sich so nah... Alleine… Ungestört.... Sie kannten dieses Spiel bereits. Eines welches mit verwirrenden Gedankengängen begann, nur um dann in neuartigen und unkontrollierbaren Gefühlen zu enden… …Der reinste Teufelskreis.…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  White-Orchidee
2023-12-16T07:59:51+00:00 16.12.2023 08:59
Ich will ja nicht klugscheißen…. Aber das funktioniert doch niemals Jungs. XD


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