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Sherlock Holmes

das unheilvolle Familienerbstück
von

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Neue Regeln & die Sache mit dem Duschkopf

Die beiden Männer sahen sich urverwandt an. Ja, wie leicht es nun wäre, dachte sich Sherlock plötzlich bitter, sich seiner Kleidung zu entledigen und einfach zu John in die Wanne zu steigen. Dieser würde sich mit Sicherheit nicht wehren, dass sah der Detektiv dem Doktor deutlich an. Er würde sicherlich auch nichts dagegen haben, wenn dieser sich ihm dann nähern, ihn in eine Umarmung ziehen, in einen Kuss verwickeln, noch ganz andere Dinge mit ihm tun würde, doch... STOP! Er musste sofort in seinen Gedanken inne halten, sonst würden diese wahrscheinlich schneller Realität werden, als dem Größeren lieb wahr. Was der selbsternannten Consulting Detektiv zuerst nicht ahnen, dann jedoch an den, sich langsam mit Röte überziehenden, Wagen des Kleineren sehr deutlich ablesen konnte, war, dass dieser gerade Ähnliches dachte. Ja, auch Johns Gedanken waren unwillkürlich in diese Richtung abgedriftet, sein Gehirn hatte ebenso begonnen, vor seinem inneren Auge eine fiktive Szene zu erschaffen, die damit geendet hatte, als sich der Doktor endlich selbst wieder in den Griff bekommen hatte, dass er sich stöhnend an einen nassen, nackten Sherlock geklammert hatte. Das war doch wirklich zum verrückt werden.
 

Selbst wenn John sich darauf einließe, wie lange würde es dauern, bis der exzentrische Detektiv das Interesse an ihm wieder verlor?! Dass er auch diesen Gedanken mit Sherlock teilte, konnte der Ältere nicht ahnen und das er auch zum selben Schluss kam, wenn dies passieren würde. Der mit dem 'gebrochenen Herzen' würde sicherlich John sein. Der Doktor wusste, dass er sich nicht damit würde zufrieden geben können, Sherlock nur dazu dienen zu können, seine kürzlich entdeckte Neugierde auf diesem Gebiet zu stillen. Er würde, selbst wenn er es verhindern wollen würde, sich da emotional viel zu sehr rein fühlen und mit Emotionen konnte der Detektiv, wie John wusste, nur sehr wenig anfangen. Am Ende würde er nur ein gescheiterte Experiment sein und Sherlock würde wahrscheinlich sogar von ihm erwarten, danach mit ihrer gemeinsamen Arbeit und Zusammenleben weiter zu machen, wie zuvor. Sherlock ging gar nicht so weit in seinen Gedanken. Ihm machte es viel mehr Sorgen, wie schwach ihn die, unweigerlich mit der von ihm gewünschten Nähe, verbundenen, nervenden Gefühlen machen würden.
 

Schon zwei Mal hatten diese Ihn behindert, das erste Mal, als er deswegen nicht gleich George hinter gerannt war und das zweite Mal, als er beinahe zwei Morde begannen hatte, weil jemand es gewagt hatte, John ein Leid zuzufügen. Nein, es war sicherlich mehr als unklug sich jetzt seiner aufbäumenden Männlichkeit hinzugeben, nachdem er sie doch bis dato so erfolgreich unter Kontrolle und hinter Schloss und Riegel gehalten hatte. Der Consulting Detektiv, obwohl er doch der Initiator diese Gespräches gewesen war, begann sich langsam aber sicher, bei all den zweideutigen und parallel dazu grübelnden Gedanken, in dem kleinen Raum immer unwohler zu fühlen - Er musste so schnell es ging ihr Gespräch zu Ende führen und von hier verschwinden. Raus. Raus aus diesem Badezimmer.
 

… Inzwischen war sich der Doktor auch ganz und gar nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee gewesen war, sich hier mit seinem Kollegen einschließen zu lassen. Hätte er vielleicht doch lieber etwas dagegen einwenden sollen? Denn neben den ganzen komischen Gedanken in seinem Kopf wurde es dem Kleineren mittlerweile oben rum nun doch ein wenig frisch und außerdem bemerkte er, leicht peinlich berührt, das sich der Schaum in der Badewanne langsam aufzulösen begann. Weshalb sich John auch gleich noch ein weiteres Stück ins Wasser sinken ließ, ohne dabei den Blick von seinem Mitbewohner zu nehmen. Noch immer sahen sie sich in die Augen, blieben die ganze Zeit lang still, wussten beide nicht so Recht, was sie jetzt sagen sollten. Dabei gab es doch so Vieles. So Vieles, worüber sie reden könnten und eigentlich auch endlich mal 'sollten'.
 

Doch kaum standen - oder wie in diesem Falle - saßen sie sich erst einmal gegenüber, fingen sie entweder an, von einer kleinen Diskussion in einen Streit über zu gehen, oder aber sie schwiegen sich, während sie ihre Augen nicht von einander lassen konnten an, beharrlich an. Nicht zu vergessen, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu werden. … Was John auch gleich zum nächsten großen Thema brachte - Ihr kleines nicht ganz jugendfreies Erlebnis! Ja, das könnten Sie doch endlich einmal hier und jetzt ansprechen. Gedacht, getan. Der Doktor versuchte den Anfang zu machen. “Hmmm… Sherlock... wegen der Sache in meinem Zimmer. …”, fing er mit leicht belegter Stimme an. Räusperte sich daraufhin einmal leise und sprach ungehindert weiter, während der Detektiv,  aus seiner Starre gerissen, seine Aufmerksamkeit auf Johns nächste Worte lenkte. “Ich weiß bei Gott nicht was da in dich gefahren ist, wobei ich letztendlich auch nicht ganz unschuldig bin, aber….Warum und Was auch immer mit uns los war, hier geht es mir persönlich nur darum eine Lösung zu finden.” Sherlocks Augenbrauen zuckten kurz, während er seinen Freund ein wenig unsicher an sah. “John-” “Nein Sherlock, jetzt lass du MICH bitte mal ausreden.” Abrupt schloss dieser seinen Mund, tat ausnahmsweise wie ihm geheißen, lehnte sich wieder auf seinen Stuhl zurück und hörte dem Doktor aufmerksam, mit ernster Miene, zu.
 

“…Ich weiß nicht, ob du das wirklich ernst gemeint hast, als du meintest es wäre 'keine große Sache' gewesen, aber... Diese Bezeichnung hat mich zugegebenermaßen getroffen. Ich will mich da natürlich auch nicht rein steigern, aber ich wollte nur das du das weißt." Sherlock schluckte hörbar, während John bereits weiter sprach" Ich stehe auf Frauen, habe eine Beziehung mit Sarah und ich denke es ist das Vernünftigste, wenn wir uns in diesem Punkt von einander fern halten, weil es mit Sicherheit nicht funktionieren würde, dazu sind wir... emotional... zu verschieden. Also 'ob kleine oder große Sache', ich bin der Meinung, dass es das Beste für unser Zusammenleben und unsere gemeinsame Arbeit ist, wenn wir solche Sachen und jegliche andere Vertraulichkeiten zukünftig unterlassen. Sind wir uns da einig?" John hatte kaum geendet, da bereute er diese Worte auch schon wieder. Jedes einzelne davon. Ja, sie waren vernünftig, erwachsen und alle 100% wahr und trotzdem fühlten sie sich so unglaublich falsch und verlogen an.
 

Sherlock derweilen ging es mit diesen auch nicht viel besser, vor allem mit der letzten Frage. Diese Frage. Warum nur diese eine unumgängliche Frage, die so klar zu beantworten und doch so schwer zu akzeptieren war. Sherlock wunderte sich im gleichen Augenblick über seine Gehirnströme, die selbstständig versuchten einen anderen Lösungsweg für jene Frage zu finden… Doch… blieb ihm wohl nichts anderes übrig. Sein Körper sträubte sich ein wenig dagegen - wusste der Detektiv doch sehr wohl was hier gerade schief lief und seiner körperlichen Kontrolle nicht passte, ihm geradezu im Wege stand. Er überlegte, dachte scharf über die Worte seines Mitbewohners nach. Wusste im tiefsten Innern, dass John vollkommen Recht hatte und doch wehrte sich etwas in ihm vehement dagegen… Er biss hinter verschlossenen Lippen die Zähne aufeinander, strengte sich unbewusst an, konzentrierte sich, nicht den falschen Weg zu wählen. Einen, den er wohl schon lange gegangen wäre, wenn sein soziopathisches Verhalten, seinen Charakter nicht, so wie er heute war, durch sein bisheriges Leben auf diese Weise zurecht geschliffen worden wäre. Kurz bedauerte er diesen Umstand.
 

Er hatte nun etwas für sich entdeckt, was ihn bis aufs Äußerste interessierte und neugierig machte,… aber eben nun mal nur mit John und dieser wollte das alles, irgendwo auch verständlicherweise, nicht, weshalb Sherlock diese Sache wohl nie für sich erforschen und entdecken würde können. Es ging eben nicht… Er durfte es einfach nicht… Sherlocks Gedanken arbeiteten so schnell und analytisch, dass für John dieser Moment gefühlt gerade mal ein paar Sekunden andauerte. Dann hatte Sherlock die richtige Antwort. Er würde nicht wieder lügen, er würde so ehrlich wie möglich sein, ohne enttäuscht oder gar beleidigt zu wirken. “Gewiss. Wenn Sie es wünschen, wird das wohl das Beste sein.” Diese Antwort, deutlich betont ausgesprochen und doch so ernst, ohne einen Hauch von Gefühl…
 

John verstand komischerweise sofort, wie Sherlock das Gesagte meinte, weil es so passend zu dem war, was er, im Nachhinein, über seine eigenen Worte dachte. Doch was gesagt wurde, wurde nun mal gesagt und damit die ganze, anscheinend unangenehme, Angelegenheit für beide, zumindest augenscheinlich, hier und jetzt endgültig geklärt. … Leise seufzend lehnte sich der Veteran etwas nach vorne. Konnte seinem Kollegen und Freund dabei immer noch nicht in die Augen sehen. Wollte und musste nun mit seiner beziehungsweise ihrer Entscheidung auskommen und zusammen mit dem Detektiv normal ihren Fall weiter bearbeiten. Egal wie falsch es sich vielleicht anfühlen mochte, nützte es allen nichts und brachte sie beide kein Stück weiter, wegen solchen privaten Sachen alles stehen und liegen zu lassen - so ein Unsinn. John riss sich zusammen. “Gut dann,…darf ich bitten?” Die hörbare Aufforderung sofort realisierend, sah Sherlock zur Seite. Verstand Johns Nicken, welches in Richtung Tür wies und wäre sogar beinahe wie auf Befehl aufgestanden, wenn ihm dabei nicht allerdings noch eine allerletzte Frage durch den Kopf geschossen wäre. “Einen Moment, eine Frage hätte ich da noch.”
 

Nein, NEIN. Keine Fragen mehr. Doch wurde Johns gedankliches Flehen nicht erhört. Der Doktor wollte doch einfach nur, dass sein Mitbewohner die Badezimmertür wieder aufschloss und endlich von hier verschwand. “Im Barcode Vauxhall, von wem genau haben Sie dort diese Adresse bekommen?“ Erst ein wenig überrascht, anschließend erleichtert, dass es sich offensichtlich 'nur' um eine, ihren jetzigen Fall betreffende, Frage handelte, fasste sich John durchs noch nasse Haar, dachte angestrengt nach. “Ganz einfach, von einem der Barkeeper. Wieso?” Diese ‘Wieso’ mal wieder gekonnt ignorierend, fuhr Sherlock sogleich in seiner Befragung fort. “Kannten Sie ihn zufälligerweise, bzw. kannte Er Sie noch vom letzten Mal?” “Ähm,…ich glaube schon, ja.” “Das habe ich geahnt… Und diese anderen Typen vor dem Nachtclub, die Sie... belästigt haben. Was ist mit denen, kannten Sie die auch oder die Sie?” Fragend runzelte der Arzt die Stirn. “Ich weiß nicht genau,…ich glaube nicht, nein. Einer von diesen Dreien meinte, dass er von einem Barkeeper die Info bekommen hätte, dass wir beide schon einmal dort gewesen sind.”
 

Abrupt hob Sherlock auf diese Aussage hin seinen Kopf, als wäre er wieder auf einen neuen Lösungspfad gekommen. Dessen Blick veränderte sich von einer zur nächsten Sekunde, wobei seine aufeinander gelegten Handflächen wieder ihr Übriges taten. Nachdenklich schwieg der Detektiv für einen kleinen Moment, während sich seine Augen abermals verdächtig verengen. So war das also. Doch wenn John auf einen aufklärenden Satz gewartet hatte, so wartete er wie gewohnt vergeblich. Sollte Sherlock doch denken was er wollte - nur nicht HIER! “Wenn das also alles war…”, kam es betont und etwas lauter von der Seite. Der Angesprochene allerdings bewegte seinen Kopf nur ein wenig in Johns Richtung, jedoch ohne diesen wirklich zu beachten. Viel zu konzentriert war er nun, hatte sein Vorhaben, Johns Wunsch zu entsprechen und das Badezimmer zu verlassen, darüber schon wieder vollkommen vergessen. Der Doktor allerdings ließ nicht locker. “Sherlock. Könnten Sie ‘Bitte’ das Badezimmer wieder verlassen?” Aufrecht kniete der Veteran nun in der Wanne, hatte eine leicht verärgerte Miene aufgesetzt und musterte den Detektiv eindringlich, wollte diesen geradezu mit seinen Blicken aus dem Bad jagen.
 

Sherlock - noch immer in seinen Gedanken versunken und mit gekreuzten Beinen auf den kleinen Holzstuhl sitzend - störte sich derweil nicht im Geringsten an der erneute Aufforderung seines Mitbewohners, würde dieser Bitte auch höchstwahrscheinlich nicht Folge leisten. So langsam aber sicher schaffte es sein Kollege mit Erfolg, ihn mal wieder zur Weißglut zu bringen, oder wohl eher trieb er ihm die Röte ins Gesicht. Schließlich war es doch Sherlock gewesen, der zuvor ins Bad geplatzt war, während er versucht hatte sich zu waschen und nun, obwohl doch nun eigentlich längst alles geklärt war, einfach nicht wieder aus diesem verschwinden wollte. John reichte es so langsam. Es war aber auch immer das gleiche mit diesem Mann.
 

Und um nicht länger hier wartend, im immer kälter werdenden Wasser herumzusitzen - wie bestellt und nicht abgeholt - griff der Doktor mit der rechten Hand sogleich nach dem erstbesten Gegenstand in seiner Nähe, hob ihn drohend in Sherlocks Richtung. “Sherlock, wenn Sie jetzt nicht sofort diesen Raum verlassen, werde ich nicht länger zögern Sie hiermit raus zu jagen!” Schlagartig wandte sich des Detektivs Kopf ganz zu dem Kleineren. Seine Augen weiteten sich kurz unmerklich, doch dann schüttelte er leicht den Kopf. Sein Blick fixierte für einen kurzen Moment den Duschkopf, welcher ihm gerade als Druckmittel entgegen gehalten wurde. Ob John nun bluffte oder nicht, Sherlocks unbeeindrucktes Verhalten wies auf keinerlei Gegenwehr hin. “Wir wissen beide, dass Sie das sowie nie tun würden.” Und ob der Doktor das wusste, nur irgendwie musste er doch den Größeren endlich zum Gehen bewegen. Zumindest hatte er nun wieder dessen ungeteilte Aufmerksamkeit. “Glauben Sie mir, ich werde es ganz sicher tun, wenn Sie ihre Deduktionen nicht gefälligst im Wohnzimmer oder sonst wo weiter ausführen.” “Dieses Verhalten ist kindisch und unnötig.” “Und Sie sind stur und bockig wie ein Kleinkind.”
 

Bei diesen Worten legte der blonde Mann seine linke Hand demonstrativ auf den Drehknauf mit dem blauen Punkt fürs kalte Wasser und fing schon leicht an daran zu drehen, Millimeter um Millimeter. “John. …”, kam es nun doch mit etwas aufkommendem Unbehagen und einem dezenten warnenden Unterton. Trotz allem ließ der Doktor nicht locker, beugte sich noch ein Stück nach vorne und hielt dem Consulting Detective die Dusch Brause direkt vors Gesicht. Nur um sicher zu gehen und der Situation keinen anderen Ausweg zu lassen, schnellte sofort darauf Sherlocks linke Hand ebenfalls in die Höhe, packte sich eine freie Stelle am Griff der Dusch Brause und hielt diese fest. Ohne den Blick von den Augen seines blonden Freundes zu nehmen, fing er mit tiefer und provokanter Stimme an zu reden. “Einen ziemlich guten Ausblick hat man von hier oben.” Verdutzt wurde Sherlock angesehen, bis Mann das Gesagte schließlich begriff. Mit einem kurzen Blick nach unten ließ sich der Doktor sofort, peinlich berührt, wieder nach hinten ins Wasser sinken. Sogleich suchte die, seinen Wangen inzwischen, gut bekannte Röte diese Heim. Vor nicht mal fünf Minuten hatten sie darüber gesprochen und nun tat Sherlock schon wieder etwas, was John so aus der Fassung brachte.
 

“Hören Sie auf damit.” Er wollte so etwas nicht hören. Nicht von Sherlock. Zu zweideutig und verwirrend waren solche Aussagen, als dass sie sie beide so einfach aussprechen konnten. Um das zukünftige Zusammenleben nicht noch schwerer und komplizierter zu machen, als es sowie schon werden würde, durften solche Andeutungen einfach nicht mehr gemacht werden... Nur schien Sherlock… gerade das anscheinend, beinahe mutwillig, zu nutzen, nur um seinen Mitbewohner kurzzeitig zu verwirren. Denn kaum hatte sich John nach hinten gelehnt, entriss dieser ihm auch schon den Duschkopf und hatte damit den gerade erst begonnenen Kampf schon erfolgreich gewonnen. “Jetzt gehen Sie endlich!” - knurrte John daraufhin beinahe verzweifelt. Das gemeine Schmunzeln, welches sich Sherlock momentan einfach nicht verkneifen konnte, blieb weiter bestehen. Auch er hatte sich inzwischen von dem kleinen Holzstuhl erhoben, hockte nun direkt vor der Badewanne auf dem Boden.
 

Sherlock konnte nicht anders, der Anblick, den John ihm geboten hatte, hatte ihn unwillkürlich an ihr Erlebnis Dienstag Abend erinnert und die Gedanken von vorhin wieder aufgewühlt, was in dieser Wanne noch so alles passieren hätte können, wenn sie sich beide etwas weniger unter Kontrolle gehabt hätten. Sie waren, trotz Johns Ansage von vorhin, in dieser Situation hier noch lange nicht über den Berg. “Was würden Sie tun wenn ich dennoch bleibe?” Mit einem mal verhärtete sich der Ausdruck auf Johns Gesicht. Jetzt reichte es! Ohne weiter darüber nachzudenken, bewegte sich seine linke Hand automatisch zurück zum Drehknauf vom Wasserhahn, platzierte sich gezielt auf dem für die Kaltwasserzufuhr und drehte diesen kurzerhand mit einem Schwung voll auf. Sherlock hatte nicht einmal mehr überrascht blinzeln können, als ihm auch schon ein eiskalter und harter Wasserstrahl ins Gesicht schoss.
 

Auch das emotionsloseste Gesicht eines Sherlock Holmes konnte so einen Schock der Kälte nicht verkraften. Es wurde nun deshalb von einem deutlich zerknirschten Ausdruck geziert, während der selbsternannten Consulting Detektiv, welcher, mehr aus Reflex, nach hinten auf den Boden gefallen war, nun dort auf seinem Hintern saß. Dummerweise hatte er nicht aufgepasst und den Duschkopf noch in der Hand gehabt, als sein freundlicher Kollege netterweise den Hahn aufgedreht hatte. Die Überraschung war dem Doktor mehr als gelungen, auch wenn der Detektiv es eigentlich hätte ahnen müssen. Nun, da hatte er den Kleineren wohl definitiv unterschätzt. Noch immer saß er dort vor der Badewanne, die Dusch Brause direkt neben ihm. Das Wasser wurde sogleich wieder abgestellt und ein schmunzelnder John beugte sich halb über den Wannenrand zu seinem Mitbewohner herunter. “Das haben Sie jetzt davon  und nun gehen Sie Bitte, sonst werde ich heute gar nicht mehr fertig!” Die Sache war klar und deutlich. So sollte ihr kleines albernes Spielchen also heute ein Ende finden. Doch der Consulting Detective war von seiner ‘kleinen Erfrischung’ ganz und gar nicht begeistert. Mehr grimmig als gelassen richtete sich dieser wieder mit einem Schwung auf, kniete sich wieder vor die Wanne und war nun mit John auf Augenhöhe.
 

Beide Männer musterten sich, wobei anscheinend immer noch keiner von beiden nachgeben wollte. Aber Sie hatten schließlich eine Grenze einzuhalten - so seltsam und wahrlich albern es sich auch anhören mochte, sogar für John… Vereinzelte Wassertropfen glitten an den dunkelbraunen Locken hinab, trafen auf blasse glatte Haut, während sie ihren Weg langsam nach unten fortsetzten. Sein Schmunzeln verblasste. Genauso wie sein Sinn für Humor oder die davor noch bestandene Wut. Momentan war er einzig und allein damit beschäftigt, mal wieder, diese verdammten Wassertropfen bei ihrem Weg über das so bekannte Gesicht vor ihm zu verfolgen, welches im Übrigen, schon wieder, seinem viel zu nahe war. Bekam Sherlock das selbst überhaupt mit? Unwillkürlich kam dem Doktor die fiktive Szene wieder ins Gedächtnis, die sein Hirn zuvor aus der seltsamen Situation zwischen ihnen hier drinnen gebastelt hatte und die er erst unterbrechen hatte können, als er sich bereits selbst dabei gesehen hatte, wie er sich stöhnend an einen nassen, nackten Sherlock geklammerte hatte. Oh je. Der Detektiv wusste mal wieder sofort so ziemlich genau, was sein Freund dachte und er konnte es sich nicht verkneifen, sich hier und jetzt noch für die kalte Dusche zu rächen.
 

Deshalb begann er sogleich mit einer Seelenruhe, den Doktor dabei keine Sekunde aus den Augen lassend, langsam sein Hemd aufzuknöpfen. John war nun vollends überfordert und schluckte hörbar. Er konnte sich selbst nicht davon abhalten, gebannt den feingliedrigen Fingern dabei zuzusehen, wie sie einen um den anderen Knopf öffneten und je mehr der blassen Haut des Detektivs dadurch zum Vorschein kam, desto mehr verstärkte sich die erneut anwesende Röte auf des Doktors Wangen. Würde seine Vision nun doch noch Wirklichkeit werden, was zum Teufel hatte der Größere bloß vor? Ob John wollte oder nicht, der Gedanke an das, was vielleicht gleich tatsächlich passieren könnte, bescherte ihm einen leichten erregenden Schauer. Der Jüngere registrierte jede Gefühlsregung des Kleineren mit einer gewissen Genugtuung, bewiesen diese ihm doch, dass der Ältere bei seiner vernünftigen Ansprache vorhin, genau so unehrlich zu dem Größeren gewesen war, wie dieser einige Tage zuvor im Fahrstuhl zu ihm.
 

John reagierte sehr wohl auf Sherlock, genau so, wie dieser es geahnt und auch ein bisschen erhofft hatte und dieser Umstand könnte für den Consulting Detektiv früher oder später tatsächlich noch nützlich werden, denn so leicht wollte er die Sache mit seinem Doktor eigentlich noch nicht aufgeben. Aber nun ging es nur darum, Johns Reaktion zu analysieren, weshalb sich Sherlock darauf konzentriere, lediglich noch sein, inzwischen offenes Hemd von seinen Schultern zu streifen, dieses schließlich vollständig auszuziehen, dem Doktor noch einen vielsagenden Blick zuzuwerfen und sich dann mit einer fließenden Bewegung zu erheben. … “Gut, wenn das so ist,….”, kam es dann plötzlich von dem Detektiv, woraufhin der Doktor nur irritiert den Kopf heben konnte. “... dann will ich Sie mal nicht länger stören.” “Dafür lasse ich Ihnen das hier da.”
 

Er wusste es. John hatte sich mal wieder von dem Größeren veralbern lassen. Aber vor allem musste er sich dafür gedanklich selbst ohrfeigen. Warum zum Teufel war er nur so fest davon überzeugt gewesen und hatte es, tief in sich drin, sogar regelrecht herbei gesehnt, das Sherlock nun wirklich das tun würde, was John sich zuvor gedanklich ausgemalt hatte?! Was war nur mit ihm los? Währenddessen legte Sherlock, äußerlich vollkommen gelassen, sein nasses Hemd auf den Toiletten Deckel, schlenderte dann lässig zur Tür, wobei der Doktor einen guten Blick auf dessen blassen, schmalen und doch muskulösen Rücken hatte und griff sich dann, dort angekommen, in die Hosentasche, um den Schlüssel für die Badezimmertür hervor zu holen. “Ich will später keine Falten drin haben, also passen Sie beim Trocknen schön auf.” Rief der Detektiv noch demonstrativ gelangweilt über seine linke Schulter, schloss die Tür auf und verschwand dann auch schon durch diese endlich nach draußen. John glaubte sich verhört zu haben, ignorierte für einen Moment die immer noch bestehende, leichte Erregung in seinem Körper und richtete sich geschwind auf. Dabei griff er gleichzeitig nach einem größeren Handtuch, welches er sich schnell um die Hüfte band, nachdem er sich nun direkt in der Badewanne hingestellt hatte. “Sehe ich aus wie Ihr Hausmädchen?”
 

Sherlock, der noch mit dem Rücken draußen an der Badezimmertür lehnte, verkniff sich, nur mit Mühe, jegliche Antwort, die mit Sicherheit im Moment, für sie beide, alles nur noch schlimmer gemacht hätte. Sherlock war gerade nämlich tatsächlich alles andere als lässig oder gar gelangweilt zu Mute. Er hatte von John die gewünschte Reaktion bekommen, dafür hatte er sich selbst aber auch in eine eher unangenehme Situation bringen müssen. Unangenehm im Sinne von gefährlich für seine Selbstbeherrschung. Während er sein Hemd geöffnet hatte, war ihm nämlich mehr als deutlich Johns beinahe flehender Blick, den dieser mit ziemlicher Sicherheit vollkommen unbewusst aufgelegt hatte, aufgefallen und dieser hatte unweigerlich dafür gesorgt, dass die Gedanken daran, wie leicht es nun wäre sich dem Kleineren zu nähern, wieder in seinem Verstand aufgetaucht waren und natürlich auch prompt 'praktischerweise' ein paar passende Bilder dazu geliefert hatten. Der Detektiv hatte sich enorm zusammen reißen müssen. So ein Mist aber auch. Was brachte ihm die Erkenntnis, dass John dieses Mal derjenige war, der ihn belogen hatte? Er stand nun schließlich hier, ein hartnäckiges Kribbeln im Bauch und mit etwas zu eng gewordener Hose. Na toll. Das hatte er ja Mal wieder super hinbekommen und nur, weil er mal wieder Recht behalten hatte müssen. Nun genervt aufstöhnend entfernte sich Sherlock schließlich doch von der Tür, begab sich in sein Zimmer nebenan zum Kleiderschrank und zog sich dort ein frisches Hemd über. Das Zusammenleben mit John konnte nun ja heiter werden, dachte er dabei noch beinahe mürrisch.
 

John beruhigte sich derweil wieder, schüttelte innerlich über sich selbst und den Jüngeren gleichermaßen den Kopf, setzte sich, beim Weglegen des Handtuches, zurück in die Wanne und  wollte nun seine Arbeit beenden. Kurze Zeit später wurde er dann auch zum Glück auch damit fertig, betrat anschließend, tief ausatmen, völlig geschafft und müde, fast schon im Halbschlaf, sein Zimmer. Schlurfte nun mehr oder weniger zu seinem Kleiderschrank. Schnell noch alles für den nächsten Tag vorbereiten, griff sich der Doktor dabei mit halb geschlossenen Augen ins, noch feuchte, Haar. Hätte sie sich am liebsten, der jetzigen Situation mit Sherlock wegen, dieses am Liebsten gerauft, beruhigte sich jedoch selbst, nützte es ja schließlich doch alles nichts... Bald schon ließ er sich schlapp auf sein Bett fallen, deckte sich, die Augen bereits geschlossen, zu. Sichtlich erleichtert und für einen kurzen Wimpernschlag rundum glücklich, seufzte er unbewusst und kaum hörbar… Fand dann auch recht schnell in der Schlaf, der tief, fest und voller Träume war. Die Zeit verstrich, ließ Sekunden, Minuten und Stunden vergehen und dabei auch den Detektiven mehr oder weniger in Ruhe schlafen.
 

… Bis-…. “BLLIIIINNGGgggg!!!!” Wie vom Blitz getroffen öffnete Sherlock die Augen, setzte sich abrupt auf und ertastete sich im Dunkeln mit seiner Hand einen Weg zu seinem Handy. Endlich gefunden bemerkte er jedoch, dass dies noch immer in seiner Hand vibrierte. Im Halbschlaf begriff er, dass er angerufen wurde und sofort war er hellwach, gefasst auf das, was ihn gleich erwarten würde. Denn sein Anrufer war anonym. Kein Lestrade und schon gar kein Mycroft. George oder Noah Brown? - Ausgeschlossen. Er ahnte es. Eine Schlussfolgerung, ein Blitzgedanke. Er zögerte keine Sekunde, drückte auf die passende Taste und nahm das Gespräch an. Während er darauf hin der Stimme am anderen Ende der Leitung aufmerksam lauschte, stahl sich ein vielversprechendes Grinsen auf seinen Mund.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  White-Orchidee
2023-12-16T08:53:55+00:00 16.12.2023 09:53
Ich habe es ja gleich gesagt, das wird nix.
Findet euch damit ab tztz


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