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Vergiss mein nicht

Sess& Kago
von

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Keine Kälte

Nur zögerlich krochen die ersten Strahlen der morgendlichen Sonne über das Land und offenbarten das, was die Dunkelheit der Nacht bisher so sorgsam verborgen hatte. Noch immer glühten einige trockene Äste am Rande der Ebene. Die morgendliche Ruhe wurde einzig und allein von den krächzenden Schreien der Raben unterbrochen, die inmitten der Kadaver hin- und her sprangen, versuchten den sich langsam einfindenden Wölfen auszuweichen und gleichzeitig noch einige gute Bissen zu erhaschen.

Der typische Geruch nach Verwesung und Tod hing über dem Gebiet, wurde vom Wind weiter getragen bis hin in die empfindlichen Nasen der Dämonen, die sich langsam dem Lager der Hundedämonen näherten.

“Es stinkt.”, grummelte ein junger, hellhaariger Inuyoukai leicht angefressen.

“Seit Still, Kazuo.”, gab ein weiterer, großer Hundedämon bissig zurück. Der dritte, braunhaarige Inuyoukai in der Gruppe zeigte sich gänzlich unbeeindruckt von dem kurzen Wortwechsel, nur die beiden Drachenyoukai, die zwischen den dreien gingen, sahen immer wieder interessiert von dem schwarzhaarigem Dämon zu seinem jüngeren Artgenossen.

Riko hatte sich schon gefragt, wie lange Ichiro es schaffen würde, zu den Bemerkungen Kazuos zu Schweigen. Er war zwar seit dem gestrigen Vorfall eindeutig kleinlauter und stiller geworden, aber ganz zurückhalten konnte er sich dennoch nicht. Trotzdem hatte er sich länger unter Kontrolle gehabt, als Riko erwartet hätte. Schließlich hatte Rokuko, ihr braunhaariger Anführer, mitten in der Nacht die Nachricht erhalten, dass der Kampf gewonnen sei. Kurz darauf waren sie aufgebrochen. Obwohl Kazuo nach dieser recht überraschenden Mitteilung in einen ziemlichen Redefluss verfallen war, hatte Ichiro auf keine seiner Aussagen hin reagiert geschweige denn selbst angefangen zu sprechen. Anscheinend hatte Rokukos Drohung, ihn bei seinem nächsten Fehltritt zu töten, gewirkt. Der Schwarzhaarige schien wirklich mehr an seinem Leben zu hängen, als man es bei einem vorlauten Draufgänger wie ihm im ersten Moment erwartet hätte.

Innerlich aufseufzend wandte Riko seine Aufmerksamkeit der ebenfalls schwarzhaarigen Drachenyoukai neben sich zu. Er war wirklich froh, dass sie nicht mitgekämpft hatte. Sakura war zwar mehr als nur angefressen darüber, dass er selbst sich “einfach so” hatte gefangen nehmen lassen und sie ihm dann hatte folgen müssen, aber ihm machte das seltsam wenig aus. Schließlich waren sie beide noch am Leben und das war doch das einzige, was im Moment zählte, oder? Dennoch hatte die Drachendämonin seit der Nachricht, dass ihr Heer verloren hatte und Kenshin tot war, kein einziges Wort mehr gesprochen. Nicht, dass es ihn allzu sehr verwundert hätte. Immerhin hatte Sakura hart kämpfen müssen, um ihren Platz in den Streitkräften der Drachen sichern zu können. Nun hatten sie verloren und die Schwarzhaarige war nicht einmal da gewesen, um vielleicht etwas daran ändern zu können. Da war es doch natürlich, dass sie frustriert, wütend war? Aber wieso zeigte sie ihre Wut dann nicht deutlicher, so, wie sie es normalerweise tat? Wieso wirkte sie so… gefasst? Fast so, als würde man sie gerade zu ihrer eigenen Hinrichtung bringen? Er wusste es nicht.

In diesem Augenblick warf die Schwarzhaarige ihm einen drohenden Blick zu und er wandte instinktiv beschämt seinen Kopf ab. Er wusste doch, dass die Andere es gar nicht mochte, so angestarrt zu werden. Kurz lauschte der junge Drache den Geräuschen seiner Umgebung, ehe er sich nervös auf die Unterlippe biss. Jetzt, wo er seine Gedanken nicht mehr auf Andere konzentrieren konnte, machte sich auch in ihm Unruhe breit. Die Drachen hatten den Kampf gegen die Hunde verloren. Was würde nun aus Sakura, den restlichen Drachen des Nordens und ihm werden? Würde man sie in ihr Land zurückkehren lassen? Oder lag Sakura mit ihrer düsteren Miene gar nicht so falsch und man würde zumindest sie beide als unnütze Kriegsgefangene hinrichten? Alle zwei Möglichkeiten wären plausibel, auch, wenn Hideaki bisher nicht den Anschein erweckt hatte, als wolle er ihn töten. Nun, egal was auch kommen mochte, er würde es sowieso nicht mehr ändern können. Das hieß allerdings noch lange nicht, dass er es auch zu akzeptieren hatte.
 

Unruhig flackerte Kagomes Blick von dem Inuyoukai neben ihr zu den beiden am Boden knienden Drachen bis hin zu vier weiteren Inuyoukai, die sowohl als Wachen als auch als Berater fungierten.

Die beiden Drachenyoukai, die offensichtlich die ranghöchsten in ihrem Heer waren, gestanden ihre Niederlage in diesem Moment höchst farbenprächtig ein, doch das kümmerte Kagome im Augenblick wenig. Ihre gesamte Aufmerksamkeit lag auf Sesshoumaru. Obwohl der Inuyoukai sich sehr erfolgreich gegen ihre Versuche ihn zu behandeln ausgesprochen hatte, war sie sich ziemlich sicher, dass er Schmerzen haben musste. Selbst der stärkste Youkai konnte einige Rippenbrüche und andere größere und kleinere Wunden nicht einfach so wegstecken. Aber was konnte sie schon tun, wenn er sich weigerte, sich behandeln zu lassen? Wenn die anderen Youkai nicht hier wären, hätte sie alles daran gelegt sich durchzusetzen aber so…. Sie hatte mittlerweile eine ungefähre Ahnung davon, wie überzogen wichtig der Stolz bei Youkai war. Wahrscheinlich käme es einem Sakrileg gleich, wenn sie jetzt noch versuchen würde, auf Sesshoumaru einzureden. Also schwieg sie, ging im Geiste allerdings schon durch, wie sie sich später durchsetzten könnte.
 

“… und so hat Kenshin-sama keinen einzigen Erben hinterlassen, der einen rechtmäßigen Anspruch auf seine Position hat. Seine weitere Verwandtschaft ist aufgrund… unglücklicher Umstände auch recht begrenzt. Es gibt niemanden, der genug Blut mit ihm teilt, um offiziell zu seiner Familie zu gehören.”, beendete einer der fremden Drachendämonen in diesem Moment seinen Bericht.

Kurz musterte Sesshoumaru die beiden vor ihm knienden prüfend. Die Nervosität war den beiden höchsten Offizieren der Drachen fast anzusehen. Nun, wahrscheinlich war diese Emotion auch berechtigt, wussten sie schließlich nicht, was er mit ihnen und ihrem Volk tun würde.

“Rein theoretisch gesehen hatte er aber Verwandte?”, das war mehr eine Feststellung als eine Frage.

“Ja… Sesshoumaru-sama.”, nur zögerlich kamen die Worte über die Lippen des braunhaarigen Drachen. “Es gibt da noch die Tochter einer Cousine der ersten Frau Kenshin-samas Vater. Da Kenshin-sama jedoch von der zweiten Frau seines Vaters geboren wurde, besteht keine direkte Blutsverwandtschaft. Sie ist keine würdige Erbin und außerdem...”

“Ihr Name.”, kühl unterbrach der Inuyoukai seinen Gegenüber. Er hatte keine Lust, sich jetzt noch irgendwelche sinnlosen Ausflüchte anhören zu müssen.

“Es würde doch sowieso nichts bringen, sie zu suchen. Sie ist schon vor einer Weile spurlos verschwunden, vielleicht lebt sie auch gar nicht mehr…”

“Ich werde mich nicht wiederholen.”, erneut unterbrach Sesshoumaru den Drachenyoukai, doch dieses Mal schwang ein leicht ungeduldiger Unterton in seiner Stimme mit. Scheinbar nahm der Braunhaarige die aufkommende Bedrohung für sein Leben nicht wahr, denn er wollte wieder zu einer längeren Rede ansetzten, als er von dem neben ihm sitzenden General der Drachen plötzlich unterbrochen wurde.

“Ihr Name ist Sakura, Lord Sesshoumaru.”

Sofort wanderten die goldenen Iriden des Inuyoukai zu einem blassen Dämon, der an einer Seite des Zeltes stand und sich bisher zurückgehalten hatte. Doch nun trat der ebenfalls Weißhaarige vor und durchbohrte die in der Mitte des Zeltes knienden geradezu mit seinen blassgrünen Augen.

“Eine vergleichsweise junge, schwarzhaarige Drachendämonin mit aufbrausendem Temperament?”

“Ja.”, antwortete der zweite General der Drachen.

“Ein aufbrausendes, nerviges Gör mit zu viel Selbstbewusstsein. Hält sich für einen Krieger!”, knurrte der erste Drachendämon mit leicht bebender Stimme.

Stille breitete sich aus. Eine Sekunde verstrich, dann eine weitere.

“Niemand hat dich zum Sprechen aufgefordert, Drache.”, Hideakis Stimme hätte in diesem Augenblick der Sesshoumarus Konkurrenz machen können.

Leicht irritiert wagte der braunhaarige General einen schnellen Blick von dem Herrn der Hunde, der ihn mit eiskalter Miene betrachtete, zu dem blassen Inuyoukai neben ihm. Kurz musste er schlucken. Die Ereignisse der letzten Tage mussten ihn wirklich ziemlich mitgenommen haben, wenn seine Selbstbeherrschung schon derart anfing zu bröckeln. Er sollte sich glücklich schätzen, wenn er heute noch aus diesem Zelt mit eigener Kraft würde gehen können.

“Ich bitte um Verzeihung für mein unwürdiges Verhalten, Herr.”, murmelte er daher mit einer tiefen Verbeugung, wobei er sich wieder zum Herrn der Hunde wandte. Er war zu erfahren, um das Zeichen, dass der Ranghöchste im Zelt es nicht mehr als nötig erachtete mit ihm zu sprechen, zu übersehen. Erleichtert stellte er fest, dass sich die angespannte Stimmung im Zelt nach seiner Entschuldigung wenigstens wieder ein bisschen lockerte, die allgemeine Aufmerksamkeit wieder von ihm wich. Anscheinend waren selbst ihre Feinde nicht an noch mehr Toten interessiert, sonst hätten sie die Angelegenheit nie so auf sich beruhen lassen.

Dennoch war es sein Begleiter, der die nächsten Fragen beantworten musste, obwohl dies eigentlich seine Pflicht gewesen wäre. Nun, er hatte alles andere vor als sich zu beschweren. Immerhin wollte er das Schicksal nicht erneut unnötig herausfordern. Trotz dieses festen Vorsatzes presste er die Kiefer während der restlichen Befragung fest zusammen, damit er gar nicht erst die Gelegenheit haben würde, zu sprechen. So verharrte er noch eine Weile, bevor er und sein Begleiter offiziell entlassen wurden.

Innerlich froh verließ der Drachenyoukai schon fast hastig das Zelt. Er war am Leben, war zudem noch unverletzt und das war mehr, als so manch anderer von sich behaupten konnte. In seiner Euphorie bemerkte er die anderen beiden, sich ebenfalls dem Lager nähernden Drachenyoukai nicht. Doch selbst wenn er sie bemerkt hätte, so wäre er ihnen trotzdem nicht begegnet, denn er und sein Begleiter wurden sogleich von fünf Hundedämon eingekreist und aus dem Lager eskortiert.
 

Nachdem die beiden Drachen das Zelt verlassen hatten breitete sich kurzzeitig Schweigen. Sakura sollte also die einzige mögliche Nachfolgerin Kenshins sein? Kagome konnte es kaum glauben. Wie hatte die Drachenyoukai offensichtlich so einfach aus der Armee verschwinden können, wenn sie die einzige Thronerbin war? Hätte man nicht eigentlich viel mehr auf sie Acht geben müssen? Oder hatte niemand daran gedacht, dass Kenshin auch verlieren könnte? Anscheinend nicht, sonst hätte man auf die einzige Erbin bestimmt mehr Acht gegeben. Außerdem hatten die beiden Offiziere der Drachen auch nicht gerade so gewirkt, als hätten sie die Situation schon verarbeitet.

Aber darum konnte sie sich später noch Gedanken machen. Kurz warf die junge Miko den noch immer im Zelt stehenden Dämonen einen giftigen Blick zu. Ihre Anwesenheit war ein eindeutiges Zeichen dafür, dass das Ganze hier noch nicht vorbei war. Wie, um ihre innere Unruhe zu bekämpfen, kaute sie auf ihrer Unterlippe herum. Leider war diese Methode nicht allzu wirkungsvoll. Es würde wohl kaum etwas nützen, wenn sie die Wachen anschrie, sie anwies, endlich zu verschwinden? Obwohl sie die Antwort auf diese Frage ganze genau kannte stieg ihre innere Anspannung von einer Sekunde auf die andere und sie musste sich immer stärker konzentrieren, um nicht laut zu werden.

Die Tatsache, dass sich die Bilder des Kampfes der vergangenen Nacht unweigerlich in ihr Gedächtnis eingegraben hatten, half ihr nicht gerade bei ihren Bemühungen. Immer und immer wieder spielten sich die Szenen vor ihrem inneren ab. Kurzzeitig hatte sie sogar schon ein- oder zweimal vergessen, dass das Geschehen schon Vergangen, niemand mehr in direkter Lebensgefahr war. Dann hatte sie sich selbst wieder mit Gewalt zurück in die Realität reißen, ihre eigenen Empfindungen zurückhalten müssen. Nur die Sorge um Sesshoumaru, der noch immer mit ausdrucksloser Miene neben ihr saß, hielt ihre Erinnerungen davon ab, sie endgültig zu überschwemmen.

“Meiner Meinung nach ist diese Drachenyoukai zu unerfahren, um schon allzu viel Verantwortung zu übernehmen. Außerdem ist zu viel Zorn in ihr. Sie würde wahrscheinlich bald versuchen, ihre Kameraden zu rächen. Vermutlich würde sie sich nicht mit der Niederlage ihrer Art abfinden.”, erklärte in diesem Augenblick der blasse Inuyoukai, der auch zwischenzeitlich den General der Drachen zurechtgewiesen hatte.

“Ich habe nicht vor, einem Drachen schon jetzt die ganze Befehlsgewalt für sein Volk zukommen zu lassen.”, meinte Sesshoumaru ruhig. “Dieser andere, junge Drache. Du wirst die Verantwortung für ihn tragen.”

“Ich danke Euch für Euer Vertrauen, Herr.”

Leicht irritiert musterte Kagome den anderen Inuyoukai, der sich nun tief verbeugte, ehe er das Zelt verließ. Sie wusste nicht genau warum, aber auch die anderen Wachen schwanden nun durch die Tür, fast so, als hätte ein unsichtbares Zeichen es ihnen befohlen.

Was war jetzt los? Was hatte Sesshoumaru gemeint, als er dem einen Hundedämon die Verantwortung für einen Drachen gegeben hatte? Und warum hatte der Angesprochene sich für das Vertrauen seines Herrn bedankt? Irgendetwas musste ihr entgangen sein, nur was? Sie wusste es nicht. Vielleicht war das wieder so eine Gepflogenheit unter Dämonen, die dazu führte, dass man nur die Hälfte des Gemeinten preisgab?

Nur langsam wurde der jungen Miko bewusst, dass sie nun endlich allein mit Sesshoumaru war.

“Lass mich mal deine Wunden sehen.”, verlangte sie prompt.

Ruhig wandten sich zwei goldene Iriden ihr zu.

“Meine Wunden heilen schneller als die eines Menschen.”, die Worte des Inuyoukais waren kalt wie immer. Vielleicht war es ja das, was nun so etwas wie Wut in Kagome weckte. Wie konnte der Inuyoukai nur so kalt sein, nach allem, was passiert war? Konnte er nicht wenigstens einmal wirkliche Gefühle zeigen oder zugeben, dass er vielleicht sogar Hilfe brauchen könnte?

“Natürlich tun sie das.”, antwortete die schwarzhaarige daher leicht giftig. “Sonst wärst du jetzt nämlich schon längst verblutet!”

Abwartend starrte die junge Miko ihren Gegenüber an, der ihren Blick lediglich unbeeindruckt erwiderte.

“Lässt du mich nun deine Wunden behandeln?”, fragte sie in die sich ausbreitende Stille hinein.

“Was könnte die Medizin einer Miko schon bewirken?”, scheinbar desinteressiert stellte der Inuyoukai diese Frage und dennoch ging Kagome davon aus, dass man sie sehr großzügig interpretiert als ein “Ja” deuten könnte. Innerlich triumphierend griff Kagome nach dem Verbandszeug, dass sie sich aus dem selbst in einem Youkailager existierendem Lazarett besorgt hatte und machte einen Schritt auf den Inuyoukai zu. Wahrscheinlich hätte dieser sogar eine Behandlung zugelassen, wäre in diesem Augenblick nicht eine leicht abgehetzt wirkende Wache in das Zelt hereingeplatzt, die sich hastig verbeugte.

Wenn Blicke töten könnten dann wäre der Bote wahrscheinlich sofort leblos zu Boden gesackt, den Kagome fixierte ihn mit einem lang ungesehenem Feuer in den Augen, dass auch nicht verlosch, als Sesshoumaru den Inuyoukai zum Sprechen aufforderte. In ihrer Wut entging ihr sogar der ebenfalls leicht aggressive Unterton in seiner Stimme. Nur die Nachricht des Fremden bekam sie mit allen Sinnen mit.

“Einige Soldaten haben eine ziemlich… mächtige, weißhaarige Dämonin aufgegriffen, die scheinbar zu fliehen versuchte, Sesshoumaru-sama. Sie sagte, ihr Name sei Rei und wir hätten nicht das Recht, sie gefangen zu nehmen, doch da sie von Kopf bis Fuß nach Drachen stank…. Was sollen wir mit ihr tun, Herr?”

Kagomes Augen weiteten sich leicht, als sie die Bedeutung dieser Worte verstand. War es möglich, dass die weißhaarige Dämonin sie damals aus ganz eigennützigen Gründen zurück in die Vergangenheit geschickt hatte? War es ihr vielleicht weder um Sesshoumaru noch um sie gegangen, sondern einzig und allein um sie selbst? Ein leises Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. So etwas wäre durchaus möglich, wie sie fand. Dennoch hatte sie nicht vor, die Bemühungen der Dämonin nun ganz sinnlos sein zu lassen. Schließlich war es zu einem großen Teil ihr zu verdanken, dass sie nun wieder bei Sesshoumaru war.

“Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte?”, setzte sie daher so höflich wie möglich an. “Wie wäre es, sie für 499 Jahre aus diesen Ländereien zu verbannen, anstatt sie zu töten? Ist nicht bereits genug Blut geflossen?”
 

Innerlich leicht überrascht musterte Sesshoumaru die junge Miko neben sich. Sie wollte diese Rei für genau 499 Jahre verbannen lassen? Leicht verengten sich seine Augen. Nein, das konnte kein Zufall sein. Immerhin hatte Kagome einmal erwähnt, dass sie selbst in einer 500 Jahre entfernten Zukunft geboren wurde. Also musste sie die weißhaarige Dämonin dort getroffen haben, oder vielleicht spielte sie dort auch eine wichtige Rolle, auch, wenn er sich nicht genau denken konnte, welche. Nun, im Moment war das auch gleich. Er kannte den Grund dafür nicht, aber in diesem Punkt vertraute er der Einschätzung der Miko, der Einschätzung eines einfachen Menschen…

“So soll es geschehen.”, wandte er sich daher an den Boten, dessen Augen sich bei dieser Nachricht irritiert weiteten. Fast sah es so aus, als wolle er zu einem Widerwort ansetzten, doch dann verbeugte er sich tief und verließ das Zelt wieder.
 

Riko, Sakura und ihre Wachen waren noch nicht ganz am Lager der Hunde angekommen, als ihnen Hideaki entgegen kam. Kurz musterte Riko den blassen Hundedämon. Er trug ein anderes Gewandt als noch vor der Schlacht und halb unter einem Ärmel verborgen konnte er einen frischen Verband ausmachen. Also war der andere nicht ganz von Verwundungen verschont geblieben, aber wenigstens lebte er noch. Verwundert bemerkte der junge Drachenyoukai, dass sich etwas von der Anspannung in ihm löste. Hatte er sich wirklich Sorgen um einen Hundedämonen gemacht? Um jemanden, den er eigentlich als “Feind” betiteln sollte?

“Es ist nicht mehr nötig, dass ihr die beiden noch zum Lager bringt.”, erklärte Hideaki, der in diesem Moment bei ihnen ankam, plötzlich. “Ab jetzt werde ich sie begleiten.”

“… wie ihr wünscht… Herr.”, erwiderte Rokuko leicht zweifelhaft, ehe er einen Schritt zur Seite trat, so den Weg zwischen den Weißhaarigen und den Drachen räumte, seinen Begleitern das Zeichen gab, es ihnen gleichzutun.

“Ihr könnt jetzt gehen.”, meinte der blasse Inuyoukai nach kurzer Zeit ruhig und dieses Mal verstrich etwas Zeit, ehe der Braunhaarige Anführer ihrer Wachen sich mit einer leichten Verbeugung geschlagen gab und verschwand. Ichiro und Kazuo folgten ihm, wobei der jüngere von beiden sehr nahe an seinem älteren Bruder vorbei schritt.

Angestrengt lauschte Riko, als er sah, wie Hideaki dem jungen Hundedämon etwas ins Ohr flüsterte, doch der andere sprach zu leise, als das der Drachendämon seine Worte hätte verstehen können.

In diesem Moment ging Kazuo auch schon weiter und der blasse Inuyoukai wandte sich ihm und Sakura zu.

“Kommt mit. Wir haben noch einiges zu erledigen.”, meinte er ruhig.

“Ich wüsste nicht, was das noch wäre.”, erwiderte Sakura kalt.

“Oh, ich glaube, das weißt du sehr wohl. Oder etwa nicht, einzige Thronerbin der Drachen?”

Fassungslos wanderte Rikos Blick zwischen den beiden Gesprächspartnern hin und her. Das war doch ein schlechter Scherz, oder? Irgendjemand würde bestimmt gleich anfangen zu lachen…? Aber sowohl die Miene der Schwarzhaarigen als auch die des blassen Hundes blieben wie versteinert.

“Was… soll das bedeuten…?”, fragte er überrascht darüber, wie schwer es ihm fiel, seine eigene Stimme zu kontrollieren.

“Nun, das wird die Prinzessin der Drachen dir bestimmt bald erklären, nicht wahr? Immerhin wirst du es sein, der sich bald Prinz der Drachen wird nennen müssen.”, erklärte Hideaki scheinbar seelenruhig, während sich ein dicker Kloß in Rikos Kehle bildete.

,Prinz der Drachen?!’, schoss es ihm durch den Kopf. Aber wenn Sakura bereits die Prinzessin der Drachen war, dann hieße das ja, das sie beide… zusammen…. Aus irgendeinem Grund weigerte sich sein Verstand, diesen Gedanken zu Ende zu denken. Viel zu viel war in letzter Zeit passiert, als das er noch an ein wirklich gutes Ende hätte glauben können. Er wäre auf so einiges vorbereitet gewesen, doch ganz bestimmt nicht auf das, was der Weißhaarige ihm da gerade eröffnet hatte. Langsam wanderte sein Blick zu Sakura, die diesen direkt erwiderte. Und zum ersten Mal spiegelten sich dieselben Emotionen in ihrer beiden Iriden wider.
 

Die Sonne schickte ihre letzten, schwachen Strahlen über den Horizont, fast so, als wolle sie jeden beschwören sie in der baldigen Nacht nicht zu vergessen, ehe sie endgültig verschwand. Lange sah Kagome ihr hinterher. Viel war in den letzten Tagen geschehen, zu viel, als das sie alles schon in sich aufnehmen hätte können. Das war auch der Grund, warum sie hier her gekommen war. Es gab so viel, über das sie noch nachzudenken hatte, so viel, was noch ungeklärt war. Und trotzdem blickte sie einfach nur starr auf den sich immer weiter verdunkelnden Nachthimmel, während sie fast darauf wartete, dass sich ihre Gedanken von alleine einstellten. Doch in ihrem Kopf herrschte weiterhin nur eine betäubende Leere.

Sie wusste nicht, wie lange sie schon so da gestanden hatte, als ein leises Geräusch sie dazu brachte, sich umzudrehen. Sesshoumaru stand direkt hinter ihr. Er musste ihrer Spur bis hierher gefolgt sein, hier, wo sie ein wenig Ruhe vor den Geschehnissen gesucht hatte. Trotzdem war es ihr nur Recht, dass er hier war. Sie konnte ihre Gedanken ohnehin nicht sammeln.

“Was soll nun geschehen?”, fragte sie leise, ihre braunen Augen richteten sich fest auf seine goldenen Iriden, die ihrem undurchdringlich wie immer standhielten. Sie erhielt keine Antwort.

“Wirst du mich wegschicken, nun, da die Drachen keine Bedrohung mehr darstellen?”

“Nein.”

“Gut.”, ein ehrliches Lächeln schlich sich auf Kagomes Lippen. Sie musste Sesshoumaru nicht mehr verlassen, nie mehr. Er würde sie nicht mehr fortschicken, nun, da er sein Wort gegeben hatte. Und trotzdem…

“Und was ist… nun… mit uns?” Unsicherheit schlich sich in ihre Stimme. Wo war nur die Zeit hin, in der sie ihr Herz auf der Zunge getragen hatte? Warum fiel es ihr mit einem Mal so schwer, über ihre Gefühle zu sprechen? Sie hatte dem Inuyoukai doch schon ihre Gefühle offenbart. Warum zögerte sie nun, es ein zweites Mal zu tun? Unwillkürlich senkte sie leicht ihren Blick, während ihr Herz unregelmäßig in ihrer Brust schlug. Warum konnte sie sich nicht kontrollieren? Jetzt, wo sie endlich die Gelegenheit eines klärenden Gesprächs hatte? Wieso…?

Ohne, dass sie es wollte wandte sich ihr Körper von dem Inuyoukai ab, bis sie zu dem langsam aufgehendem Mond blicken konnte. Ein dicker Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet. War es das nun? Jetzt, da sie die Möglichkeit hatte, mit dem anderen offen über ihre Gefühle zu sprechen hinderte sie sich selbst daran? War sie wirklich so unfähig?

“Menschen sind wahrlich seltsame Geschöpfe.”

Überrascht weiteten sich ihre Augen, als sie Sesshoumarus tiefe Stimme direkt hinter sich vernahm. Unwillkürlich stockte ihr Atem, während ihr Herz ein wahres Trommelfeuer in ihrer Brust veranstaltete. Sie wollte sich umdrehen, ihm in die Augen sehen, doch ihre Beine weigerten sich standhaft, ihrem Befehl Folge zu leisten.
 

Sesshoumaru war derweil mit seinen ganz eigenen Gedanken beschäftigt. Warum war er Kagome hinterher gegangen, als sie so plötzlich nach der Behandlung seiner Wunden verschwunden war? Wieso hatte er sich zu ihr gestellt, als er sie so ganz allein hier hatte stehen sehen? Er wusste es nicht. Zum ersten Mal seit langem verstand er seine eigenen Entscheidungen nicht mehr. Das allein wäre ja noch nicht allzu schlimm gewesen, denn es war weitaus schwerwiegender, dass ihn dieser Umstand gar nicht allzu sehr interessierte.
 

“Es tut mir leid…”, murmelte Kagome in diesem Moment.

“Was tut dir leid?” Hätte die junge Miko sich nun umgewandt, sie hätte kurzzeitig echte Verwirrung in den sonst so kühlen Augen des Inuyoukais aufblitzen sehen.

“Es tut mir leid, dass ich dir immer so viele Umstände bereite…”

“Darüber solltest du dir keine Gedanken machen.”

“Doch! Natürlich sollte ich das!”, empört fuhr Kagome herum, nur um sogleich festzustellen, dass sie einen wahrscheinlich folgenschweren Fehler begangen hatte, denn nun stand sie Sesshoumaru genau gegenüber. Kurz blickte sie in seine bernsteinfarbenen Augen, die in der Nacht raubtierhaftgleich glitzerten. Schnell wandte die junge Miko ihren Kopf ab, denn sie wusste, hätte sie ihn noch länger angesehen, so hätte sie sich in seinen Augen verloren.

“Selbst jetzt musst du dich noch um mich kümmern. Ich muss dir unglaublich auf die Nerven gehen.”, flüsterte sie beschämt. Jetzt, wo sie darüber nachdachte, musste sie zugeben, dass es stimmte. Selbst als sie ins Mittelalter zurückgekehrt war, um Sesshoumaru zu helfen, war es doch schlussendlich sie gewesen, die ihn gebraucht hatte und nicht umgekehrt. Schützend schlang sie die Arme um sich selbst. Sie konnte es drehen und wenden, wie sie wollte, sie würde dem Inuyoukai niemals mehr als eine unnötige Belastung sein. Er hatte nun zwar nicht mehr vor, sie wegzuschicken, aber wäre es nicht eigentlich besser, wenn sie gehen würde? Sie konnte dem Weißhaarigen keine Hilfe sein, dass sah sie mittlerweile ein. Sie sollte wirklich nicht mehr versuchen, sich an eine Hoffnung zu klammern, die es schon lange nicht mehr gab. Mit trüben Augen blickte sie zu Boden. Müsste sie nicht eigentlich traurig über ihre Erkenntnis sein? Doch das einzige, was sie spürte, war eine allumfassende Taubheit in ihr, die alles andere in weite Ferne zu rücken schien.

Eine kühle Windböe wehte gleich einer Erinnerung an den sich langsam verabschiedenden Winter über das Land, fuhr der jungen Miko durch das lange, schwarze Haar. Instinktiv zuckte sie zusammen, als sie die Kälte spürte, doch dieses Gefühl währte nicht lange.

Es dauerte eine Weile, ehe Kagome die plötzliche Wärme um sich herum Sesshoumaru zuordnen konnte, der von ihr unbemerkt den Abstand zwischen ihnen überwunden haben musste. Die feinen Härchen seines Schulterfells kitzelten in ihrer Nase, während Schmetterlinge anfingen in ihrem Bauch zu tanzen, als sie sich ihrer Position und den Armen des Inuyoukais um sie herum bewusst wurde.

“Was…?”, war das einzige Wort, dass sie über ihre Lippen brachte. In diesem Augenblick hätte sie sich für ihre Ungeschicktheit schlagen können. Sie hätte jetzt wahrscheinlich ein halbes dutzend verschiedener Reaktionen zur Wahl gehabt und sie hatte natürlich wieder die wahrscheinlich schlechteste gewählt. Ein leichter rötlicher Schimmer bildete sich auf ihren Wangen, während sie ihr Gesicht in das weiche Fell, dass um die Schulter des Inuyoukais geschlungen war, presste. Sie rechnete nicht damit, dass er ihr jetzt antworten würde. Wenn sie ehrlich war, dann erwartete sie es auch gar nicht von ihm. Umso verwunderter war sie, als sie tatsächlich seine Stimme ganz nahe an ihrem Ohr wahrnehmen konnte.

“Ich sagte es bereits: Menschen vertragen keine Kälte.”
 

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Nun, das hier war das letzte, offizielle Kapitel. Der Epilog kommt höchstwahrscheinlich auch bald on. Ich würde mich dennoch wie immer über eure Meinung freuen, da mich dieses abschließende Kap echt viel Mühe gekostet hat^^

Bye,

_Corchen_



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von: abgemeldet
2008-11-13T18:38:13+00:00 13.11.2008 19:38
ooo nein sessy zerstört die ganze romantik!!!!!

es ist so süss dass die beiden drachenyoukai heiraten werden...^^

einfach klasse!!!
Von:  Aionke
2008-10-25T18:14:40+00:00 25.10.2008 20:14
wow! das ist echt supi!!
du beschreibst soo schön! ich habe das gefühl genau da zu sein! ><
Von:  SesshomaruFluffy
2008-10-24T18:45:45+00:00 24.10.2008 20:45
Wow^^ Echt klasse gemacht bzw. geschrieben!
Besonders Sessys Schlusswort war super;)
Das bildete perfekt zum One-Shot, der diese Story eingeleitet hat!
Ich bin auf den Epilog gespannt, bis gleich.
*schnell weiter les*

LG
SessFluff
Von: abgemeldet
2008-10-24T15:39:07+00:00 24.10.2008 17:39
Ein tolles Kapitel!!
Was das für eine Wendung genommen hat
Sakura und riku zusammen, supiii
die letzte Szene war einfach super romantisch
wirklich schön
"gleich mal den Epilog lesen geh"
lg
fireflys
Von: abgemeldet
2008-10-24T12:46:04+00:00 24.10.2008 14:46
*"riko und sakura"-fähnchen schwenk*
sesshys letzter satz war gut, so ne schöne anspielung auf den anfang ihrer...wie soll ich das denn jezz nennen?
jedenfalls n schönes kapitel
sofort den epilog lesen geh

lg^^/
arkansaw
Von:  Yagyuu
2008-10-24T11:52:34+00:00 24.10.2008 13:52
Dieses Kap war echt romantisch.^^
Irgendwie ein süßes "Pärchen", die beiden Drachen...*kicher*
Sakura als Thronerbind und Riko als Prinz.
Äußerst spannend. Hoffentlich bringen sie Frieden...

Das Ende des Kaps fand ich echt toll.

*applaudier*
hdl

Sakura-Subaru
Von:  Buffy12
2008-10-24T11:52:17+00:00 24.10.2008 13:52
das kap is klasse echt super
Von:  Krylia
2008-10-24T11:21:43+00:00 24.10.2008 13:21
Oho, Sakura als Thronerbin. Da wird Riko wohl als Wutdämpfer dienen müssen. XD

Und die Szene mit Sesshoumaru und Kagome war ja soo romantisch. Echt schön.
Von:  night-blue-dragon
2008-10-24T11:04:35+00:00 24.10.2008 13:04
Hi,

wie immer ein klasse Kapitel.

Sakura ist die Thronerbin der Drachen, hoffentlich wird sie
ihr Temperament für den Frieden nutzen. Einen guten Prinzen
hat sie ja schon.....auch wenn es die Inuyoukai eher wissen, als
sie selbst. Für Riko jedenfalls keine leichte Aufgabe *grins*

Ein schönes Ende, Sess hat recht, Menschen vertragen keine
Kälte, weder die äußerliche noch die innerliche. Er gibt Kagome
die Wärme, die sie am dringendsten braucht und er schickt sie
nicht mehr weg.

Ich freu mich auf den Epilog

Bis dann
night-blue-dragon

Von:  Amalia-chan
2008-10-23T21:53:27+00:00 23.10.2008 23:53
Das hast du sehr, sehr gut gemacht. Also, brauchst dir keine Gedanken machen, bin überglücklich und zufrieden damit. Gefühlvolles Happy-End!
Danke! Sess Worte und Reaktion war super! Und Sakura, das war ja eine Überraschung, Kags hat recht, nun ja, Hochmut kommt ja bekanntlich vor dem Fall! (Was die Drachen ja jetzt gelernt haben sollten!)

Und ich bin natürlich noch erleichterter und glücklicher, dass du noch einen Epilog versprichst. Darauf freue ich mich schon immens.

Also, mehr als überschwengliches Lob gibt es dazu nicht zu sagen: Volltreffliches, offizielles Ende.

Und bis demnächst,
VLG deine Amalia-chan


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