Entscheidung
~Yami~
„Hey, Aibou, du kommst genau richtig zum Essen.“ Fröhlich strahle ich meinem Süßen entgegen. Der sieht ein bisschen mitgenommen aus, nimmt sein Begrüßungsküsschen aber gerne entgegen. „Du hast wirklich gekocht?“ Fragt er mich skeptisch.
„Naja, Spaghetti kriege selbst ich noch zu Stande. Aber wir sollten uns beeilen, weil Atemu gerade Frustessen macht. Eigentlich wollte er ja nichts, aber jetzt hat er sich’s wohl anders überlegt.“
„Geht es ihm besser?“
„Den Umständen entsprechend würd ich sagen.“
Wir gehen zu Atemu in die Küche und ich reiche meinem Schatz einen Teller mit Nudeln und setze mich zu den Beiden an den Tisch.
„Was war eigentlich los bei euch? Du bist etwas später gekommen, als ich dachte.“
Yugi schnuppert skeptisch an seinem Essen, steckt es aber schließlich doch in den Mund, glaubt der ich würde ihn vergiften oder was?
„Hm, schmeckt gar nicht schlecht, hätte ich dir gar nicht zugetraut. Also, bei uns ging alles drunter und drüber, ich hab dir doch am Telefon schon erzählt, dass mein Bruder einen riesen Krach mit seiner Freundin hatte.“
Atemu sieht von seinem Teller zu Yugi. „Er streitet mit Dr. Eisklotz?“
„Man spricht nicht mit vollem Mund!“
„Geht dich garnicht’s an, Yami!“ Beleidigt mümmelt er weiter an seinen Nudeln herum.
„Naja, streiten ist vielleicht zu milde gesagt. Das ganze hat damit geendet, dass Kisako meinem Bruder eine Bratpfanne gegen den Schädel gedonnert hat. Ob sie ihn nun treffen wollte oder nicht, ist ja egal. Auf jeden Fall sind sie dann zusammen ins Krankenhaus und Hikaru war so sauer, dass er kein Wort mehr geredet hat, mit niemandem. So hab ich ihn wirklich selten erlebt.“
„Zum Glück ist dir nichts passiert.“ Fest drücke ich meinen kleinen Yugi an mich, diese Kisako ist ja gemeingefährlich, auf keinen Fall lasse ich Aibou wieder in ihre Nähe!
„Gibt’s noch Spaghetti?“ Unterbricht mein Bruder unsere Kuschelei und wedelt mir mit dem leeren Teller unter der Nase herum.
„Friss nicht so viel, sonst hast du wirklich keine Chance mehr bei Hikaru!“
„Die hab ich auch so nicht, also Essen her!“
Gut, wenn der Herr fett werden will, bitte! Ich stelle ihm eine extra große Portion vor die Nase, die er auch gleich in sich rein schaufelt.
„Was machen wir denn jetzt wegen Hikaru, wie bringen wir ihn dazu sich bei deinem Bruder zu entschuldigen.“ Nachdenklich legt Yugi den Kopf schief und sieht von mir zu Atemu und zurück. Ja, dass ist eine wirklich gute Frage, unsicher schiele ich zu meinem Bruder, der ist aber zu sehr mit Essen beschäftigt, als das er etwas zum Gespräch beitragen könnte.
„Wie wäre es, wenn sich die beiden einfach aussprechen, sobald Hikaru den Grund für Atemu’s verhalten kennt wird er bestimmt einsehen, dass er einen Fehler gemacht hat.“
„Jetzt sollten wir aber nicht mit ihm sprechen, allerfrühestens Morgen, besser noch später. Ich glaube, wenn wir meinen Bruder aufregen, dann geht er nur wieder an die Decke, hat ja noch genug Zündstoff von der Auseinandersetzung mit seiner verrückten Freundin…“
„Hey, darf ich dazu vielleicht auch mal was sagen?!! Ich werd hier mit überhaupt niemandem über mein Verhalten diskutieren, dass geht euch alle nämlich überhaupt nichts an!!“
Atemu ist wütend aufgesprungen und schießt mit seinen Augen wütende rote Blitze auf uns ab. Yugi zuckt erschrocken zusammen, so kennt er meinen Bruder noch nicht. „Wenn ich mit ihm darüber reden wollte, dann hätte ich das Problem doch gar nicht.“
Wütend ballt er die Fäuste zusammen. „Hier ein guter Rat, haltet euch aus meinem Liebesleben raus und zwar ein für allemal!“
Damit dreht er sich wutschnaubend um, humpelt hoch in sein Zimmer und knallt die Tür mit einem lauten Schlag zu. Yugi neben mir hat etwas zu zittern angefangen, Atemu hat ihm einen gehörigen Schreck eingejagt. „Wow, dein Bruder kann ja richtig böse werden, er macht mir Angst.“ Beschützend lege ich einen Arm um Yugi und drücke ihn an mich. „Du hast ihn noch nicht bei Mathenachhilfe erlebt, wenn du das erstmal mitgemacht hast, dann weißt du, was Angst ist.“ Ich hauche ihm einen sanften Kuss auf die Backe und schmiege anschließend meinen Kopf in sein Haar.
„Mein armer Yami, aber jetzt hast du ja mich. Ich bin übrigens sehr stolz auf dich, eine drei plus ist für den Anfang gar nicht so schlecht.“ Ich erröte leicht, wegen dem Kompliment.
„Ich war sogar besser als Ryou. Aber ohne meinen süßen Nachhilfelehrer hätte ich das nie geschafft.“
Zärtlich knabbere ich an der Haut in seinem Nacken, er schmeckt unglaublich gut, süßlich, wie Vanille. „Yami, ich hab dir doch schon so oft gesagt, dass du mich nicht so berühren sollst!“ Gespielt böse droht er mir mit dem Zeigefinger. „Ach Aibou, nur ein ganz klein bisschen.“ Ich versuche einen möglichst herzerweichenden Dackelblick in seine Richtung. „Oh, Yami, sieh mich bitte nicht so an, da krieg ich immer ein ganz schlechtes Gewissen.“
Er windet sich aus meiner Umarmung und zieht mich auf die Beine. „Komm schon Yugi, nur ganz wenig.“ Neckend knabbere ich an seinem Ohr und ernte ein wohliges Stöhnen. „Ach, na gut, aber gehen wir lieber auf dein Zimmer, ich hab keine Lust Hikaru Gesellschaft zu leisten, wenn Atemu uns erwischt.“
„Du meinst mein Bruder wirft mit Bratpfannen?“
„In Punkto Temperament steht er Kisako in nichts nach, ich würde es jedenfalls nicht drauf ankommen lassen.“
~Atemu~
Was bilden die sich eigentlich ein? Niemand hat sich in meine Beziehungen oder auch Nichtbeziehungen, wie man es eben sehen will, einzumischen. Wütend lasse ich mich aufs Bett fallen und vergrabe mein Gesicht in den Kissen. Die Beiden haben vielleicht Nerven, wenn ich Hikaru sagen könnte, was passiert ist, dann würde er jetzt hier bei mir sein und sich nicht von der Superärztin zusammen flicken lassen.
Aber wie ich es auch drehe und wende, ich muss es ihm erzählen, wenn ich es nicht tue, wird er mich auf ewig verachten. Seine Worte brennen mir jetzt noch im Gehörgang.
,Du bist ein egoistischer kleiner Bengel, der mal eine ordentliche Tracht Prügel verdient hätte!‘
Es tut so verdammt weh, dass er derart von mir denkt und schlimmer noch, jetzt hat er ja endlich damit rausgerückt, dass er mit dieser Hexe verlobt ist. Geschieht ihm ganz recht, dass die ihm fast den Schädel eingeschlagen hat! Wer tut sich sowas auch freiwillig an! Traurig rolle ich mich so, dass ich die Wand ansehen kann. Ich strecke einen Arm nach ihr aus und male unsichtbare Muster auf die weiße Tapete. „Und wenn ich ihm alles erzähle, wer sagt mir dann, dass alles zwischen uns gut wird. Was wenn er Kisako heiratet und mich im Regen stehen lässt?“ Ich halte inne in meinen Bewegungen. „Was wenn er mich am Ende sogar verachtet?“ Frustriert ziehe ich die Beine an den Bauch und umschlinge sie mit den Armen. In dieser Position fühle ich mich sicher, zusammengerollt, wie ein Igel.
Wenn man länger über das alles nachdenkt, dann stellt sich heraus, dass er mich ja ohnehin schon verachtet, so gesehen hätte ich nichts zu verlieren. Aber wie soll ich es ihm nur erzählen, allein wenn ich daran denke kriege ich einen Heulkrampf, wie soll ich das denn dann in klare Worte fassen. Selbst wenn er mich anhört schmeißt er mich doch sofort wieder raus, wenn ich ihm keine logische Erklärung gebe.
Was mach ich nur, was mach ich nur? Nachdenklich wälze ich mich auf dem Bett herum, so wird das alles nichts. Doch dann berühren meine Fingerspitzen etwas in meiner Hosentasche. Die Lösung? Schnell ziehe ich das zusammengeknüllte Papier hervor, falte es auseinander und überfliege noch einmal seinen Inhalt. Er wird mir wohl doch nicht weiterhelfen, der Brief erklärt rein Garnichts, aber vielleicht hilft es ja trotzdem ihn zu haben. Zumindest würde er mein Gestammel beweisen. Hikaru muss mir einfach glauben!
