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Spuren im mexikanischen Sand

NCIS: Los Angeles
von

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Videos und Telefongespräche

Kapitel 06 – Videos und Telefongespräche
 

„Ich hoffe doch stark, dass du Kaffee dabei hast, Kumpel“, begrüßte Callen seinen Partner durch das geöffnete Fenster des schwarzen Challengers, ehe er die Tür öffnete und sich erschöpft in den Beifahrersitz fallen ließ.

„Ansonsten werden das nämlich verdammt ungemütliche zwei Stunden.“
 

Sam, der eben noch die wenigen Momente der Ruhe genossen hatte, öffnete unwillig die Augen und sah seinen besten Freund mit einer Mischung aus Verwunderung und nur mäßig verschleiertem Ärger an.

„Kaffee?“, fragte er in herausforderndem Tonfall. „Sehe ich etwa aus wie deine persönliche Starbucks-Bedienung?“
 

Auf Callens Gesicht breitete sich ein gemeines Grinsen aus, während er Sam von Kopf bis Fuß musterte und schließlich zu einer Antwort ansetzte:

„Nein, dazu fehlt dir ehrlich gesagt das passende Dekolleté. Außerdem würdest du von dem ganzen Lächeln mit Sicherheit Krämpfe bekommen.“
 

Sam rollte genervt mit den Augen und lenkte seine Aufmerksamkeit voll und ganz darauf, den Challenger über das dunkle Rollfeld des Airports zurück in Richtung Freeway zu steuern.

Callen jedoch ließ sich so schnell nicht abwimmeln.
 

„Aber weißt du, an wen du mich gerade viel eher erinnerst?“, stichelte er weiter, ohne auch nur einen Moment lang Notiz von der Laune seines Partners zu nehmen, der weiterhin stur auf die Fahrbahn blickte.

„Ich kann’s kaum erwarten, DIE Antwort zu hören …“, kommentierte Sam trocken und so leise, dass man es selbst vom Beifahrersitz kaum verstehen konnte.
 

„Du siehst aus wie einer dieser griesgrämigen Taxifahrer, die immer zweimal um den Block fahren, um noch mehr Kohle aus ihren Fahrgästen herauszupressen“, erklärte Callen schließlich großspurig, woraufhin selbst Sams sorgfältig aufgebaute ernste Fassade erste Risse bekam.
 

„Taxifahrer, ja?“, fragte er also in herausforderndem Tonfall und wandte sich seinem Partner direkt zu. „Dann zähl mal besser deine Scheine, Kumpel. In dem Schlitten hier wird dich eine Fahrt nach L.A. ne schöne Stange Geld kosten.“
 

Zur Antwort gähnte Callen herzhaft und streckte seine durch den Flug verspannten Gliedmaßen aus.

„Kein Problem“, verkündete er dann. „Mein Flug in der ‚Businessclass‘ ging auch schon auf Hettys Konto. Und ich freue mich schon darauf, dir zuzusehen, wie du deine Gebühren bei ihr als Spesen abzurechnen versuchst.“
 

Daraufhin wusste selbst der sonst so schlagfertige Sam nichts zu erwidern.

Kopfschüttelnd wandte der ehemalige Navy-Seal sich wieder dem Verkehr zu.
 

„Da wir gerade beim Thema Hetty sind …“, begann Callen nach einiger Zeit des Schweigens, in der die beiden Agenten stumm der Radio-Musik gelauscht hatten. „Was ist das eigentlich für ein Fall, wegen dem ich von ihr per Militärmaschine aus D. C. zurückbeordert werde?“
 

Sam seufzte.

„Kurzfassung oder Vollversion?“
 

„Ich habe Zeit …“

Und so begann Sam zu erzählen…
 

~*~*~*~*~*~*~
 

Eine gefühlte Ewigkeit schon hockte Kensi auf dem einzigen Stuhl, den das spartanisch eingerichtete Hotelzimmer zu bieten hatte, und versuchte, die aufkommende Müdigkeit mit Kaffee und einer Ausgabe der „Los Angeles Times“ niederzukämpfen.

Allerdings war der sogenannte Kaffee nicht viel mehr als eine Tasse lauwarmen Wassers mit einer Prise Instant-Pulver, und die Zeitung, die sie auf die Schnelle in der Hotellobby besorgt hatte, war wohl genauso weit von ‚aktuell‘ entfernt, wie Kensi davon, Kindergärtnerin zu werden.
 

Nichtsdestotrotz waren diese beiden Dinge – einmal abgesehen von der beharrlich tickenden Wanduhr, die Kensi langsam auch den letzten Nerv rauben wollte – ihre einzigen ‚Gesprächspartner‘.

Ian Nicholls hatte sich bereits gegen zweiundzwanzig Uhr dreißig unter dem Vorwand, sich schlafen legen zu wollen, ins Nebenzimmer verzogen, nachdem er zuvor die ganze Zeit wie ein Löwe im Käfig auf und ab gelaufen war.

Kensi bezweifelte stark, dass er in dieser Nacht auch nur ein Auge zutun würde, allerdings respektierte sie seinen Wunsch, allein zu sein, und beschränkte sich nun darauf, zwei Tage alte Wetterberichte zu lesen und nachzudenken.
 

Seit dem Verschwinden der kleinen Nancy waren nun schon fast vierundzwanzig Stunden vergangen, und mittlerweile machte sich Kensi ernsthafte Sorgen um das Überleben des Mädchens. Natürlich verlief jede Entführung anders und man konnte niemals wirklich vorhersagen, was der nächste Schritt des Täters sein könnte, aber die absolute Funkstille, die seit dem Anruf vom Morgen herrschte, war mehr als nur bedenklich.
 

Hatten die Täter Panik bekommen und das Kind getötet, um alle Zeugen ihres Verbrechens aus dem Weg zu räumen? Oder hatten sie erfahren, dass Petty Officer Nicholls zum NCIS gegangen war, und warteten jetzt darauf, bis die Ermittlungen sich festfuhren?

War es vielleicht sogar ein kluger Schachzug der Entführer, um Nicholls unter Druck zu setzen?
 

Mit einem leisen Seufzen auf den Lippen faltete Kensi die Zeitung zusammen und ließ ihre Blicke durch den Raum wandern, ohne jedoch wirklich hinzusehen. Vor ihrem geistigen Auge spielten sich noch einmal die letzten Szenen des Gesprächs ab, das Petty Officer Nicholls mit ihr geführt hatte, ehe er sich ins Nebenzimmer zurückgezogen hatte.
 

"Haben Sie Kinder, Agent Blye?", hatte er tonlos gefragt und ihr dabei zum ersten Mal überhaupt direkt ins Gesicht gesehen, sodass sie seinen tiefen Schmerz fast schon körperlich hatte spüren können.
 

"Nein", hatte sie ihm schließlich nach kurzem Zögern geantwortet, und hatte dabei so niedergeschlagen geklungen, dass wohl jeder halbwegs begabte, aber unbeteiligte Psychologe einige ernsthafte Überlegungen über ihre verborgenen Träume und Wünsche angestellt hätte.
 

Ian Nicholls jedoch war kein Psychologe … und er hatte ganz offensichtlich keinerlei Bedürfnis nach freundlichen Worten.
 

"Dann hören Sie gefälligst auf, mir vorzugaukeln, dass Sie mich verstehen ...", hatte er schroff erwidert; rasiermesserscharfe Worte, aus denen nur zu deutlich seine Verzweiflung sprach.

Direkt danach war die Tür zum Schlafzimmer hinter ihm mit einem lauten Knall ins Schloss gefallen und hatte Kensi mit ihren Gedanken allein gelassen.
 

Natürlich hatte Kensi vollstes Verständnis für die Situation und den derzeitigen Gemütszustand des Petty Officers, doch in einem Punkt hatte er unrecht.
 

Sie wusste genau, was er gerade fühlte. Sie hatte es selbst erlebt.

Und auch wenn Ihre Erinnerungen schon seit über zehn Jahren im hintersten Winkel ihrer Seele versteckt waren, so hatte sich doch an der Intensität der Gefühle nie etwas geändert.

Als wäre es gestern gewesen, konnte Kensi noch immer die lähmende Angst in sich spüren, die ihr damals gleich einem tonnenschweren Gewicht auf der Brust das Atmen erschwert hatte, bis aus der Furcht schließlich bittere Gewissheit geworden war.
 

Ihr Vater war nicht zurückgekehrt – und Kensi Herz war an diesem Tag in tausend Splitter zerbrochen.
 

Doch für Nancy Nicholls gab es noch Hoffnung. Und Kensi würde alles daran setzen, dass diese Hoffnung sich erfüllte.
 

Seufzend wollte sich die NCIS-Agentin gerade wieder ihrer Zeitung zuwenden, als plötzlich ein Geräusch ihre Aufmerksamkeit erregte. Es war kaum mehr als ein leises Flüstern, doch in der absoluten Stille des Zimmers war es deutlich genug, um nicht als alberner Streich ihrer übermüdeten Sinne durchzugehen.

Aufmerksam sah sich Kensi im Raum um und erhob sich dann so leise wie möglich von ihrem Stuhl, um dem Urheber des Geräusches auf die Spur zu kommen. Mit angehaltenem Atem lauschte sie der nächtlichen Stille, doch bis auf das stetige Tick-Tack der Uhr an der Wand war eine ganze Weile lang nichts zu hören.

Doch gerade, als sie sich wieder hinsetzen wollte, hörte sie es erneut – und es schien aus dem Zimmer des Petty Officers zu kommen.
 

Angespannt und so lautlos wie möglich schlich Kensi durchs Zimmer und zur geschlossenen Verbindungstür. Das Geräusch war jetzt ein wenig lauter und deutlicher, aber durch das massive Holz konnte Kensi keine Einzelheiten verstehen.

Vorsichtig ließ sie sich an der Tür hinabgleiten, bis ihr Ohr sich etwa auf Höhe des Schlüssellochs befand.
 

"… Einen Dreck auf deine Pläne, Nolo …"

Die Stimme war schwach und undeutlich, aber Kensi konnte sie eindeutig als die von Ian Nicholls identifizieren.

Doch wer war die Person, mit der er sprach?
 

"… Ich hab's gesehen, sie haben es mir gezeigt …"
 

Ein Besucher konnte es wohl kaum sein, denn den hätte Kensi selbst dann bemerkt, wenn er durchs offene Fenster eingestiegen wäre – immerhin lag das Hotelzimmer im fünften Stockwerk.

Doch auch ein Anruf gestaltete sich schwierig, immerhin hatte Nicholls ihr sein Mobiltelefon vor einer knappen Stunde zur Aufbewahrung übergeben, damit sie einen möglichen Anruf der Entführer zurückverfolgen konnte. Und auch das schnurlose Haustelefon steckte noch immer in seiner Ladestation auf der Kommode.
 

Besaß Nicholls noch ein zweites Handy, von dem er ihr nichts erzählt hatte?
 

Leise erhob sich Kensi wieder und griff vorsichtig nach der Türklinke, um den Petty Officer und seinen ominösen Telefonpartner im nächsten Augenblick zu überraschen, als plötzlich ein lautstarkes Klopfen an der Eingangstür sie heftig zusammenschrecken ließ.
 

"Verdammter Mist", entfuhr es ihr unwillkürlich, als sie gleich darauf laute Geräusche aus dem Zimmer des Petty Officers vernahm. In einem letzten verzweifelten Versuch, ihre missglückte Überraschungsaktion zu retten, drückte sie die Klinke herunter und stürmte ins Nebenzimmer.
 

Ian Nicholls stand mit dem Rücken zu ihr am geöffneten Fenster, den Oberkörper tief gebeugt und die Unterarme aufs Fensterbrett gestützt. Er regte sich nicht, sondern starrte stur in den finsteren Nachthimmel hinaus.

Mit einem raschen Blick sah sich Kensi im Zimmer um, doch es gab nichts, was ihre Aufmerksamkeit erweckte. Von dem ominösen zweiten Handy fehlte jede Spur.
 

"Mit wem haben Sie gerade gesprochen?", fragte Kensi einen Tick schroffer als beabsichtigt, während sie ihre linke Hand in die Hüfte stemmte und Nicholls' Silhouette mit den Augen fixierte.

Es dauerte eine ganze Zeit lang, bis der Petty Officer überhaupt eine Reaktion zeigte, und Kensi war schon drauf und dran, den Geduldsfaden zu verlieren, als er sich schließlich zu ihr umwandte und sie mit einem missbilligenden Blick bedachte.
 

"Ich habe mit niemandem gesprochen, Agent Blye", antwortete er langsam und ließ seinen Blick wieder nach draußen abdriften. "Und jetzt lassen Sie mich bitte in Ruhe, ich möchte allein sein."
 

Kensi glaubte ihm kein Wort, doch noch ehe sie weiter nachbohren konnte, zerriss das Klingeln ihres Handys die aufkommende Stille und sie musste sich wohl oder übel ins Nebenzimmer zurückziehen.
 

~*~*~*~*~*~*~
 

"Blye."

"Hallo Kensi, mein Schatz. Hast du mich vermisst?"

Genervt rollte Kensi mit den Augen, als sie die Stimme des Anrufers erkannte.

"Renko, was willst du denn jetzt?"
 

Am anderen Ende der Leitung ertönte verhaltenes Gelächter.

"Also zuerst hätte ich gegen eine freundlichere Begrüßung nichts einzuwenden, immerhin spiele ich heute deinen Ritter in strahlender Rüstung", erklärte Mike Renko belustigt und Kensi konnte das blasierte Grinsen des Special Agents geradezu vor sich sehen.
 

"Lass den Quatsch, Mike", fuhr sie ihn schroff an. "Und sag mir lieber, weshalb du wirklich anrufst."

Renko seufzte theatralisch.

"Und da sagt man immer, ihr Frauen steht auf Ritterlichkeit", meinte er schließlich. "Aber gut, wie du willst. Sam schickt mich, um dich abzulösen. Also wäre es wirklich nett, wenn du mich nicht wie einen Idioten hier auf dem Gang warten lässt."
 

"Das hättest du mir auch gleich sagen können", brummte Kensi übellaunig und öffnete die Eingangstür.

Mike Renko stand, ganz wie es seine Art war, mit dem Rücken an die gegenüberliegende Wand gelehnt und sah seine Kollegin mit einem schelmischen Grinsen an.
 

"Hätte ich", sagte er und ließ das Mobiltelefon sinken. "Aber wir haben noch gerade so schön geplaudert."

Kensi rollte mit den Augen, zwang sich aber zu einem freundlichen Lächeln.

"Komm rein, bevor du hier noch Wurzeln schlägst", forderte sie ihn auf und trat dann einen Schritt zurück, um ihm Platz zu machen.

Renko bedankte sich mit einer angedeuteten Verbeugung und folgte ihr schließlich ins Zimmer.
 

"Unser Gast ist im Nebenzimmer?", erkundigte sich Renko und sah dabei zu, wie Kensi ihre wenigen Sachen zusammensuchte.

"Ja, und er sagt, dass er nicht gestört werden will", erklärte Kensi, während sie ihren Kaffeebecher und die alte Zeitung im Mülleimer entsorgte. "Aber wenn du mir einen Gefallen tun willst, dann lausche ab und zu an der Zimmertür. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er eben mit jemandem gesprochen hat, und ich würde zu gern wissen, wer das war."
 

"Frag ihn doch einfach", schlug Renko vor.

"Meine Güte, wieso bin ich nicht darauf gekommen?", antwortete Kensi sarkastisch. "Nein, im Ernst. Er sagt, dass ich mir das alles nur eingebildet habe."

"Aber das hast du nicht ..."
 

Kensi bedachte ihren Kollegen mit einem vernichtenden Blick.

"Okay, schon gut, ich werde darauf achten", meinte Renko mit einem Achselzucken. "Aber dann musst du mir den Gefallen tun und dich schlafen legen. Du bist unausstehlich, wenn du müde bist."
 

"Nur zu gern", gab Kensi zurück und musste unwillkürlich lächeln. "Gute Nacht."

"Gute Nacht, Süße."
 

~*~*~*~*~*~*~
 

Etwa zur selben Zeit, zu der Kensi aus der stickigen Hotellobby in die kühle Nacht hinaustrat, passierten mehrere Dinge:

Deeks fuhr Officer Bailey zu ihrer Wohnung in Marina del Rey und lehnte mit einem charmanten Lächeln die Einladung der jungen Polizistin ab, noch auf einen Kaffee mit reinzukommen.

Sam und Callen lieferten sich ein hitziges Wortgefecht mit Hetty, das damit endete, dass sie beide sich zumindest für ein paar Stunden im Keller aufs Ohr legen mussten.
 

Und Eric und Nell?

Ja, die beiden saßen wie üblich vor ihren Monitoren und versuchten, das Unmögliche möglich zu machen.
 

"So ein Mist aber auch", fluchte Eric niedergeschlagen und ließ seine tragbare Tastatur unsanft mit der Tischplatte kollidieren – ein sicheres Zeichen dafür, dass er nicht mehr weiter wusste.

"Schon wieder eine Sackgasse?", erkundigte sich Nell mit mitleidigem Gesichtsausdruck. Eric nickte.

"Egal, über welche Router ich die Suche laufen lasse, ich lande immer wieder bei einem Server in Bangladesch", erklärte er seiner Kollegin. "Und dann bricht das totale Chaos aus."
 

Nell runzelte die Stirn.

"Hast du schon versucht, die Suche mit modifizierten Parametern rückwärts laufen zu lassen?", fragte sie schließlich. Erneutes Nicken.

"Schon vor über zwei Stunden", erzählte Eric. "Aber dafür empfängt der Server in Bangladesch viel zu viele Daten."

Nell seufzte.

"Das heißt also, wir kommen mit der Rückverfolgung des Videos nicht weiter", stellte sie nüchtern fest.

"So sieht's aus."
 

"Aber vielleicht …", überlegte Nell für sich. "… müssen wir das auch gar nicht."

Eric sah seine Kollegin mit großen Augen an.

"Im Prinzip wollen wir doch wissen, wo das Video aufgenommen wurde, und nicht, wo es hochgeladen wurde, oder?", fuhr die junge Technikerin ungehindert fort.

"Aber wie zur Hölle willst du das auf dem Video herauslesen?", wandte Eric skeptisch ein, doch Nell ließ sich nicht aus dem Konzept bringen.
 

"Schatten", sagte Nell und klang dabei ganz so, als würde sich nun alles von selbst erklären. "Ich weiß, es klingt ziemlich weit hergeholt und ist verdammt schwierig, aber mit ein bisschen Glück könnte es funktionieren."

Eric sah aus, als hätte man ihm eben gesagt, dass er in Zukunft mit einem Lastwagen voller Zitronen durch Land fahren müsse. Kurzum, er hatte keinen blassen Schimmer, was seine junge Kollegin von ihm wollte.
 

"Ähm, Nell." Er räusperte sich verlegen. "Nichts gegen deinen brillanten Verstand, aber was zum Teufel hast du vor?"

Nell grinste wie ein Honigkuchenpferd.

"Okay, zu der Zeit, als das Video aufgenommen wurde, schien die Sonne. Das heißt, in den einzelnen Szenen wimmelt es nur von Schatten. Wenn jetzt die Schatten auf dem Boden und den Winkel des Lichteinfalls vom Fenster analysieren, müssten wir Rückschlüsse daraus ziehen können, wo die Aufnahmen gemacht worden sind."
 

So langsam dämmerte es Eric.

"Das ist brillant, aber es gibt einen Haken", meinte er. "Mal abgesehen davon, dass eine solche Berechnung unsere Serverkapazitäten weit überschreiten würde, bräuchten wir die exakte Uhrzeit, damit wir vernünftige Ergebnisse bekommen."
 

"Nicht unbedingt", konterte Nell. "Wenn wir nun nicht davon ausgehen, dass wir einen exakten Ort suchen, müssten wir relativ einfach ein Programm schreiben können, das uns sagt, ob ein bestimmter Ort für die Videoaufnahmen geeignet wäre."

"Natürlich, dann könnten wir, ausgehend von der maximalen Entfernung, die die Entführer zurückgelegt haben, die Gebiete immer mehr einengen."

Nun war auch Eric Feuer und Flamme und setzte sich sofort wieder vor seiner Tastatur.
 

"Ich könnte mich auch in die Server des Wetterdienstes einklinken und die Gebiete ausschließen, in denen heute früh nicht die Sonne schien", fuhr Nell begeistert fort. "Aber ich befürchte, wir müssen ein paar externe Netzwerke anzapfen, sonst brauchen unsere Computer 100 Jahre, bis sie das ausgerechnet haben."

Eric sah noch einmal von seinem Rechner auf.

"Ähm, Nell, das ist illegal."
 

Nell grinste breit.

"Das ist deine private Suchmaschine für die Pentagondatenbank auch. Und ich glaube kaum, dass Hetty etwas dagegen hätte, wenn wir so das Versteck der Entführer finden."
 

"Na gut", gab sich Eric schließlich geschlagen. "Aber wehe, du verpetzt mich wegen der Datenbank."
 

Und so stürzten sich die beiden Techniker auf ihre Arbeit und eine ganze Zeit lang war aus der Kommandozentrale nichts außer dem beständigen Klicken der Tastaturen zu hören.



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