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Gute Werbung für fremde Sachen Essen, Freiheit, Individualität, Müsli

Autor:  Yu_B_Su
Gute Werbung für fremde Sachen

Eigentlich bin ich nicht so. Obwohl, eigentlich doch. Naja. Also, ich bin eher nicht begeistert von etwas, als dass ich es bin. Aber diesmal bin ich es schon:

Ich liebe meinen Müsliladen!

Man hörte ja schon lange, dass es Firmen gibt, die individuelles Müsli anbieten. Und es ist total krass, was man dort reinmischen kann – sogar Gummibärchen! Es gibt vermutlich 10 000 Millionen Möglichkeiten sein ganz eigenes Müsli zu kreieren. Aber das Internet hat einen Nachteil: man kann es nicht anfassen, man kann es nicht probieren und muss ganz genau wissen, was man reinhaben will. Und man muss es sich in drei Tagen von der Post schicken lassen, was auch doof ist.

Daher war ich total begeistert, als ich gelesen habe, dass es jetzt auch bei uns einen gibt. Denn der Laden ist echt super! Vielleicht ist die Auswahl nicht super-super-riesig – aber vieles haben die auch – nur keine Gummibärchen :-D und das tolle ist: man kann sich einfach hinsetzen und eine Schüssel essen – da kann man gleich mal checken, ob das Me-Müsli auch so toll schmeckt, wie man vermutet. Außerdem gibt es dort verschiedene Milch- und Zuckersorten, man kann also auch mal rumexperimentieren.

Am tollsten ist aber, dass man wirklich total freie Hand hat – man wählt sich eine Zutat aus und kann dann entscheiden, wie viel man reinhaben will – manche wollen es superschokoladig, andere nur einen Hauch, manche lieben viele Körner, andere weniger, andere mögen es total fruchtig. Außerdem kann man die Zutaten auch probieren, wenn man jetzt gar keine Ahnung hat, wie es schmeckt.

Danach wird alles abgewogen, gemixt und dann kann man noch mal gucken, ob alles stimmt – denn meistens nimmt man auf die Grundmischung z. B. Haferflocken zu viele Zutaten, man verschätzt sich in der Menge.

Auch für die Ernähung ist das gut: wie oft muss man auf der Zutatenliste lesen, dass viel Zucker drin ist oder Geschmacksstoffe, man ist sowieso an die Müsli-Mixer in der Müsli-Fabrik gebunden; hier kann man ganz genau gucken, ob es süßer oder weniger süß sein soll.

Man kann sein Müsli übrigens auch im auslaufsicheren Pappbecher mitnehmen und unterwegs essen.

Und der Kaffee – aus der Espressomaschine – mit handgestreuten Schokostreuseln und Miniamarettini schmeckt toll – und ist sogar viel billiger als das Innenstadtpendant! Aber das nur nebenbei.

Und nein: es ist nicht mein Laden, ich gehe nur gerne hin.

Obwohl ich mich trotzdem frage, ob das so in Ordnung ist. Ich meine, in einer Welt, in der immer gleicher werdende Produkte existieren, die genau deswegen billiger sind, darf man da statt 1,49 EUR für 500 g Müsli auch mal 5 EUR für die Hälfte ausgeben? Ist es ein Luxus, dem nur die Reichen frönen dürfen? Meistens wird uns doch suggeriert: Individualität ist teuer – und erstaunlicherweise ist der Mut, den man für seine Eigenheiten aufbringen muss, groß – ein Maßanzug kostet mehr als einer von der Stange, eine eigene Schoki ist teuerer als das Billig-Pendant, schon ein Schuh einer Edelmarke kostet mehr als ein Billigschuh. Natürlich ist das mit der Auslastung der Maschinen, der Berechenbarkeit zu erklären. Aber sie ist bezahlbar, wenn man sie genießen kann: man muss nicht jeden Tag einen Maßanzug tragen, man genießt die einzigartigen Geschmack seiner Schokolade und man übersieht alle Blasen in seinem schönen Schuh. Ein anderer, viel wichtiger Aspekt ist aber die Freiheit. Obwohl wir immer mehr danach schreien, hat uns dieser Weg nur tausende anderer Möglichkeiten beschert – die Verkäufer haben zwar ihre Produkte den vermeintlichen Bedürfnissen des Kunden angepasst, aber der Effekt ist, dass man immer mehr überfordert ist – man muss sich dauernd fragen, ob man etwas haben will, oder nicht – lieber Plasma oder LCD, mit Puffärmeln und normal, mit Glanzeffekt oder ohne. Wir haben die Macht selber zu entscheiden. Anstatt unsere Bedürfnisse auf unserer imaginären Liste abzuharken, müssen wir endlich selber feststellen, WAS wir für Bedürfnisse haben – nicht OB. Wir müssen selber sagen können: ich hätte gerne einen grünen Monitor mit Holzoptik und die Blümchen gefallen mir auch ganz gut, aber keine Rosen, Rosen sind kitschig, ich mag Magariten. Es ist die Neugier, die uns abhanden kommt, weil wir überall eingeschränkt werden: man darf nichts anfassen, nichts ausprobieren (zumindest bei Lebensmitteln), gar nichts.

Und genau deswegen sind diese Läden so toll: man darf probieren, man soll sogar probieren, weil man dann das Gefühl hat, eine wirklich eigene Entscheidung getroffen zu haben – und das fühlt sich gut an; man ist nie überfordert von sich selbst, man ist nur von den Möglichkeiten überfordert, die andere einem aufzeigen.

Deswegen sollten wir es genießen. Auch wenn diese Freiheit vielleicht etwas teurer ist, wir sollten genießen, für diesen Moment wirklich selbst sein zu können, nicht den Druck zu verspüren sich entscheiden zu müssen, sondern zu können.

Und deshalb liebe ich meinen Müsliladen.

PS: Ich wollte auch eine Kritik über das Magnum-Gold-Eis schreiben; ich wollte berichten, wie ich in James-Bond-Manier durch die mysteriöse Pyramide des Einkaufszentrums springe, hopse, humpel, wie ich verprügelt werde und mich anschleichen muss und auch noch den Code knacken muss. Aber dann habe ich das dreckig-gelbe, supersüße Irgendwas probiert und mir geschworen, diesem Haufen verschwendeter Energie nicht mehr Worte als nötig zu widmen. Wenigstens knackt es wie in der Werbung – toll!

Bis zum nächsten Mal!